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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 54. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] und desto häufiger findet man ihn. Aber nicht allein
in Afrika selbst, sondern auch auf einigen benach-
barten Jnseln, ingleichen in den Afrika nach Osten
hin gegenüber liegenden arabischen Wüsten und in
andern sandigen Strecken des heißern Asiens, selbst
bis Ostindien wohnen Strauße; doch sind sie dort
seltener, und jenseits des Ganges, wo nach den
Zeugnissen der Alten Strauße waren, sieht man jetzt
keine mehr. Sie lieben heiße Gegenden, und ent-
fernen sich auf beiden Halbkugeln nicht weit über
den 25ten Grad vom Aequator. *)

Den Mangel des Fluges ersetzt bei dem Strauße
die erstaunliche Schnelligkeit im Laufeu. Die Be-
wegung der Flügel = und Schwanzfedern soll aber
nicht, wie man bisher dafür hielt, den Lauf beschleu-
nigen, sondern nur eine Wirkung der Verbindung
der Muskeln seyn. Dieß scheint freilich auch dar-
aus zu erhellen, daß der Vogel, wie man gesehen
hat, sie auch dann bewegt, wenn er gegen den Wind
läuft. Er soll alle übrigen Thiere im Laufen über-
treffen, und das beste Jagdpferd weit hinter sich
zurücklassen. Dabei ist dieser Vogel ungeheuer stark,
Adanson beobachtete in der Faktorei Podor am
Senegal 2 Strauße, die zahm gemacht, und noch
nicht völlig ausgewachsen waren. Zwei Kinder be-
stiegen zu gleicher Zeit den größten derselben, und
der Vogel fing, sobald er die Bürde fühlte, augen-
blicklich an, aus allen Kräften zu laufen, ohne sich
auf eine andere Art aufhalten zu lassen, als dadurch,
daß man ihm den Weg versperrte. Adanson ließ
einen der stärksten Neger aus den kleinern, und 2
andere auf den größern Strauß sich setzen. Die
Ladung schien ihnen gar nicht beschwerlich, sie fingen
vielmehr an, einen kurzen Galopp zu machen; als
man sie aber ein wenig anspornte, rannten sie so
schnell davon, daß es schien, als berührten sie die
Erde nicht. Dieser Beobachter gesteht es selbst, daß
die raschesten englischen Wettrenner im Kampfe mit
dem Strauße weit zurückbleiben würden, und setzt
hinzu, sie müßten vortrefflich zu gebrauchen seyn,
um eine nicht gar anhaltende Reise mit der größten
Schnelligkeit auf ihrem Rücken zu vollenden. Auch
Sparrmann, der 2 zahme Strauße am Vorge-
birge der guten Hoffnung zu beobachten Gelegenheit
hatte, ist überzeugt, daß man diesen Vogel zum
Lasttragen abrichten und gebrauchen könne. Der
Strauß beweist auch in anderer Rücksicht seine
Stärke. Mit seinen Füssen, welche die kräftigsten
Waffen sind, die die Natur ihm verlieh, oder viel-
mehr mit der Klaue, vermag er dem Menschen durch
einen einzigen Schlag den Bauch aufzureißen. Auch
mit den Flügeln kann er tödtliche Streiche versetzen.
Bei aller Stärke zeigt er sich aber doch furchtsam
und menschenscheu. Selten setzt er sich zur Wehre,
wenn er angegriffen wird, sondern sucht sich lieber
durch die Flucht zu retten. Nur beim Brüten scheint
er, einer Erfahrung Thunbergs zu Folge, mehr
Muth zu haben. Dieser Reisende ritt vor einer
Straußhenne vorbei, welche auf dem Neste brütete.
Plötzlich sprang sie auf, um ihn zu verfolgen, doch
floh sie jedesmal einige Schritte zurück, wenn er
das Pferd umwandte. Setzt man den Strauß in
Zorn, so blähet er den Schlund, und sperrt den
Schnabel auf, und läßt ein zischendes Getöse hören.
[Spaltenumbruch] Zur Nachtzeit soll er einen ächzenden, klagenden
Laut von sich geben. Nach Sparrmann ist die
Stimme des Straußes dem Brüllen des Löwen
ähnlich, nur gebrochener und kürzer. Seine Nah-
rung besteht blos in Produkten des Gewächsreiches:
in Datteln, andern Baumfrüchten und Saamen, in
Gras und Kräutern. Er weidet auf den Ebenen,
wie Trappen und Gänse. Weil man gesehen hat,
daß er bisweilen Steine, Stückchen Metalle, Knochen
oder dergleichen verschluckt, so ist daraus die Fabel
entstanden, daß er sich zum Theil von solchen har-
ten Körpern nähre. Einige glaubten sogar treuher-
zig genug, daß der Strauß glühende Kohlen ohne
Schaden verschlucken könne. Die Araber behaupten,
daß er nie saufe. Dieß mag aber ein Jrrthum
seyn! Jndeß läßt sich wohl glauben, daß dieser
Bewohner der dürren Wüsten eben so lange dürsten
könne, wie das Kameel, und es scheint fast, als ob
die Natur ihn so hätte einrichten müssen, da in seiner
Heimath so selten Wasser gefunden wird, und der Re-
gen wenigstens in vielen Monaten so sparsam fällt.

Ehemals glaubte man, der Strauß brüte seine
Eier nie aus, sondern überlasse dieses Geschäft den
brennenden Sonnenstrahlen seiner Heimath; doch
hat man sich in der neuern Zeit vom Gegentheile
überzeugt. Sparrmann meint, daß beide Ge-
schlechter brüten, weil er ein Männchen vom Neste
aufscheuchte, welches 11 Eier enthielt. Jn einem
andern Neste fand er 15 Stück derselben. Die
gewöhnliche Zahl der Eier soll nach seiner Vermu-
thung 16 bis 20 seyn; dagegen hatten Andere
Gründe, zu behaupten, daß ein Weibchen 50 und
mehrere Eier lege. Le Vaillant fand einmal in einem
Neste, von welchem er einen Strauß aufscheuchte, 11
noch warme Eier und 4 andere, etwa 3 oder 5 Fuß
entfernt umher liegen. Die Wilden berichteten dem Rei-
senden, daß der Strauß beim Brüten allemal eine hin-
längliche Anzahl von Eiern um das Nest herum lege.
Diese hielten sich lange genug frisch, um den ausge-
schlüpften Jungen sogleich zur Nahrung zu dienen. Jn
der folge fand Le Vaillant diese Erzählung völ-
lig gegründet; denn so oft er ein Straußennest ent-
deckte, lagen auch einige Eier außen um dasselbe.
Er sah auch öfter Männchen über den Eiern sitzen,
und bestätigt dadurch Sparrmanns Vermuthung.
Uebrigens scheint es auch diesem Reisenden nicht
gegründet, daß der Strauß höher gegen den Aequa-
tor hinauf und diesseits desselben am Senegal seine
Eier der Sonnenhitze überlasse. Was seine Anzahl
der Eier betrifft, so waren es seinen Erfahrungen
nach gewöhnlich 10, die der Strauß brütete. Gewiß
ist aber, daß man bisweilen in einem Neste 30 bis
40 Eier findet. Diese rühren aber nicht von
Einem, sondern von mehreren Weibchen her,
die ein gemeinschaftliches Nest machen. Diesen
Umstand hat Le Vaillant aufs Gewisseste dar-
gethan. Er sah auf seiner Reise in einem Neste
38 Eier liegen, worunter 9 kleiner als die gewöhn-
lichen waren. Dreizehn Stück lagen in kleinen Ver-
tiefungen um das Nest herum. Von Wißbegierde
gereizt, suchte der Wanderer diese Sonderbarkeit zu
enträthseln; er versteckte sich im Gebüsch, und sah
bald ein Weibchen, bald hernach noch 3 andere
sich nach einander auf das Nest setzen und brüten.
Le Vaillant erklärt diese Erscheinung aus der
Vorsicht dieser Vögel, gemeinschaftlich ihre Brut
desto besser gegen wilde Thiere vertheidigen zu kön-
nen. Der Engländer Barrow, welcher nach ihm
[Ende Spaltensatz]

*) Gleicher, der von beiden Polen gleich weit entfernte Kreis
um die ganze Erdkugel, der dieselbe in zwei gleiche Hälf-
ten theilt.

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] und desto häufiger findet man ihn. Aber nicht allein
in Afrika selbst, sondern auch auf einigen benach-
barten Jnseln, ingleichen in den Afrika nach Osten
hin gegenüber liegenden arabischen Wüsten und in
andern sandigen Strecken des heißern Asiens, selbst
bis Ostindien wohnen Strauße; doch sind sie dort
seltener, und jenseits des Ganges, wo nach den
Zeugnissen der Alten Strauße waren, sieht man jetzt
keine mehr. Sie lieben heiße Gegenden, und ent-
fernen sich auf beiden Halbkugeln nicht weit über
den 25ten Grad vom Aequator. *)

Den Mangel des Fluges ersetzt bei dem Strauße
die erstaunliche Schnelligkeit im Laufeu. Die Be-
wegung der Flügel = und Schwanzfedern soll aber
nicht, wie man bisher dafür hielt, den Lauf beschleu-
nigen, sondern nur eine Wirkung der Verbindung
der Muskeln seyn. Dieß scheint freilich auch dar-
aus zu erhellen, daß der Vogel, wie man gesehen
hat, sie auch dann bewegt, wenn er gegen den Wind
läuft. Er soll alle übrigen Thiere im Laufen über-
treffen, und das beste Jagdpferd weit hinter sich
zurücklassen. Dabei ist dieser Vogel ungeheuer stark,
Adanson beobachtete in der Faktorei Podor am
Senegal 2 Strauße, die zahm gemacht, und noch
nicht völlig ausgewachsen waren. Zwei Kinder be-
stiegen zu gleicher Zeit den größten derselben, und
der Vogel fing, sobald er die Bürde fühlte, augen-
blicklich an, aus allen Kräften zu laufen, ohne sich
auf eine andere Art aufhalten zu lassen, als dadurch,
daß man ihm den Weg versperrte. Adanson ließ
einen der stärksten Neger aus den kleinern, und 2
andere auf den größern Strauß sich setzen. Die
Ladung schien ihnen gar nicht beschwerlich, sie fingen
vielmehr an, einen kurzen Galopp zu machen; als
man sie aber ein wenig anspornte, rannten sie so
schnell davon, daß es schien, als berührten sie die
Erde nicht. Dieser Beobachter gesteht es selbst, daß
die raschesten englischen Wettrenner im Kampfe mit
dem Strauße weit zurückbleiben würden, und setzt
hinzu, sie müßten vortrefflich zu gebrauchen seyn,
um eine nicht gar anhaltende Reise mit der größten
Schnelligkeit auf ihrem Rücken zu vollenden. Auch
Sparrmann, der 2 zahme Strauße am Vorge-
birge der guten Hoffnung zu beobachten Gelegenheit
hatte, ist überzeugt, daß man diesen Vogel zum
Lasttragen abrichten und gebrauchen könne. Der
Strauß beweist auch in anderer Rücksicht seine
Stärke. Mit seinen Füssen, welche die kräftigsten
Waffen sind, die die Natur ihm verlieh, oder viel-
mehr mit der Klaue, vermag er dem Menschen durch
einen einzigen Schlag den Bauch aufzureißen. Auch
mit den Flügeln kann er tödtliche Streiche versetzen.
Bei aller Stärke zeigt er sich aber doch furchtsam
und menschenscheu. Selten setzt er sich zur Wehre,
wenn er angegriffen wird, sondern sucht sich lieber
durch die Flucht zu retten. Nur beim Brüten scheint
er, einer Erfahrung Thunbergs zu Folge, mehr
Muth zu haben. Dieser Reisende ritt vor einer
Straußhenne vorbei, welche auf dem Neste brütete.
Plötzlich sprang sie auf, um ihn zu verfolgen, doch
floh sie jedesmal einige Schritte zurück, wenn er
das Pferd umwandte. Setzt man den Strauß in
Zorn, so blähet er den Schlund, und sperrt den
Schnabel auf, und läßt ein zischendes Getöse hören.
[Spaltenumbruch] Zur Nachtzeit soll er einen ächzenden, klagenden
Laut von sich geben. Nach Sparrmann ist die
Stimme des Straußes dem Brüllen des Löwen
ähnlich, nur gebrochener und kürzer. Seine Nah-
rung besteht blos in Produkten des Gewächsreiches:
in Datteln, andern Baumfrüchten und Saamen, in
Gras und Kräutern. Er weidet auf den Ebenen,
wie Trappen und Gänse. Weil man gesehen hat,
daß er bisweilen Steine, Stückchen Metalle, Knochen
oder dergleichen verschluckt, so ist daraus die Fabel
entstanden, daß er sich zum Theil von solchen har-
ten Körpern nähre. Einige glaubten sogar treuher-
zig genug, daß der Strauß glühende Kohlen ohne
Schaden verschlucken könne. Die Araber behaupten,
daß er nie saufe. Dieß mag aber ein Jrrthum
seyn! Jndeß läßt sich wohl glauben, daß dieser
Bewohner der dürren Wüsten eben so lange dürsten
könne, wie das Kameel, und es scheint fast, als ob
die Natur ihn so hätte einrichten müssen, da in seiner
Heimath so selten Wasser gefunden wird, und der Re-
gen wenigstens in vielen Monaten so sparsam fällt.

Ehemals glaubte man, der Strauß brüte seine
Eier nie aus, sondern überlasse dieses Geschäft den
brennenden Sonnenstrahlen seiner Heimath; doch
hat man sich in der neuern Zeit vom Gegentheile
überzeugt. Sparrmann meint, daß beide Ge-
schlechter brüten, weil er ein Männchen vom Neste
aufscheuchte, welches 11 Eier enthielt. Jn einem
andern Neste fand er 15 Stück derselben. Die
gewöhnliche Zahl der Eier soll nach seiner Vermu-
thung 16 bis 20 seyn; dagegen hatten Andere
Gründe, zu behaupten, daß ein Weibchen 50 und
mehrere Eier lege. Le Vaillant fand einmal in einem
Neste, von welchem er einen Strauß aufscheuchte, 11
noch warme Eier und 4 andere, etwa 3 oder 5 Fuß
entfernt umher liegen. Die Wilden berichteten dem Rei-
senden, daß der Strauß beim Brüten allemal eine hin-
längliche Anzahl von Eiern um das Nest herum lege.
Diese hielten sich lange genug frisch, um den ausge-
schlüpften Jungen sogleich zur Nahrung zu dienen. Jn
der folge fand Le Vaillant diese Erzählung völ-
lig gegründet; denn so oft er ein Straußennest ent-
deckte, lagen auch einige Eier außen um dasselbe.
Er sah auch öfter Männchen über den Eiern sitzen,
und bestätigt dadurch Sparrmanns Vermuthung.
Uebrigens scheint es auch diesem Reisenden nicht
gegründet, daß der Strauß höher gegen den Aequa-
tor hinauf und diesseits desselben am Senegal seine
Eier der Sonnenhitze überlasse. Was seine Anzahl
der Eier betrifft, so waren es seinen Erfahrungen
nach gewöhnlich 10, die der Strauß brütete. Gewiß
ist aber, daß man bisweilen in einem Neste 30 bis
40 Eier findet. Diese rühren aber nicht von
Einem, sondern von mehreren Weibchen her,
die ein gemeinschaftliches Nest machen. Diesen
Umstand hat Le Vaillant aufs Gewisseste dar-
gethan. Er sah auf seiner Reise in einem Neste
38 Eier liegen, worunter 9 kleiner als die gewöhn-
lichen waren. Dreizehn Stück lagen in kleinen Ver-
tiefungen um das Nest herum. Von Wißbegierde
gereizt, suchte der Wanderer diese Sonderbarkeit zu
enträthseln; er versteckte sich im Gebüsch, und sah
bald ein Weibchen, bald hernach noch 3 andere
sich nach einander auf das Nest setzen und brüten.
Le Vaillant erklärt diese Erscheinung aus der
Vorsicht dieser Vögel, gemeinschaftlich ihre Brut
desto besser gegen wilde Thiere vertheidigen zu kön-
nen. Der Engländer Barrow, welcher nach ihm
[Ende Spaltensatz]

*) Gleicher, der von beiden Polen gleich weit entfernte Kreis
um die ganze Erdkugel, der dieselbe in zwei gleiche Hälf-
ten theilt.
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Dieser Beobachter gesteht es selbst, daß die raschesten englischen Wettrenner im Kampfe mit dem Strauße weit zurückbleiben würden, und setzt hinzu, sie müßten vortrefflich zu gebrauchen seyn, um eine nicht gar anhaltende Reise mit der größten Schnelligkeit auf ihrem Rücken zu vollenden. Auch Sparrmann, der 2 zahme Strauße am Vorge- birge der guten Hoffnung zu beobachten Gelegenheit hatte, ist überzeugt, daß man diesen Vogel zum Lasttragen abrichten und gebrauchen könne. Der Strauß beweist auch in anderer Rücksicht seine Stärke. Mit seinen Füssen, welche die kräftigsten Waffen sind, die die Natur ihm verlieh, oder viel- mehr mit der Klaue, vermag er dem Menschen durch einen einzigen Schlag den Bauch aufzureißen. Auch mit den Flügeln kann er tödtliche Streiche versetzen. Bei aller Stärke zeigt er sich aber doch furchtsam und menschenscheu. Selten setzt er sich zur Wehre, wenn er angegriffen wird, sondern sucht sich lieber durch die Flucht zu retten. 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Der Engländer Barrow, welcher nach ihm *) Gleicher, der von beiden Polen gleich weit entfernte Kreis um die ganze Erdkugel, der dieselbe in zwei gleiche Hälf- ten theilt.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 54. Prag, 1834, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama54_1834/7>, abgerufen am 13.11.2024.