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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 9. Leipzig (Sachsen), 4. März 1843.

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Das Pfennig=Magazin
für
Belehrung und Unterhaltung.


Nr. 9. ] Neue Folge. Erster Jahrgang. [ 4. März 1843.


Der Barbier von Sevilla.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Die bekannte beliebte Oper von Rossini, aus welcher
vorliegende Abbildung eine Scene darstellt, fiel, als sie
in Paris zur Aufführung kam, mehre Male hinterein-
ander gänzlich durch und wurde hierauf durch eine ältere
gleichnamige Oper von Paisiello ersetzt; aber da das
Repertoire etwas Neues brauchte, so wurde das Werk
Rossini's wieder hervorgesucht, und siehe da, es erregte
nun Entzücken. So langweilig man anfangs die Musik
gefunden hatte, so kurzweilig fand man sie jetzt; so tief
man den Componisten erst unter Paisiello gesetzt hatte,
so hoch stellte man ihn nun über ihn.

Jn Rom, wo diese Oper componirt wurde, ging
es ihr noch schlechter. Die Zischenden verfolgten Rossini
aus dem Theater bis in seine Wohnung und thaten
ihm allen möglichen Hohn an, und einige Tage darauf
wurde der Verhöhnte gekrönt und mit Ehren überhäuft.
Seit 1813 hat Rossini über 40 Opern geliefert, von
denen außer dem Barbier von Sevilla "Tankred", "Die
[Spaltenumbruch] Jtalienerin in Algier", "Othello", "Die diebische Elster",
"Moses", "Aschenbrödel", "Die Jungfrau vom See",
"Die Belagerung von Korinth", "Graf Ory" und " Wil-
helm Tell" die berühmtesten sind.

Rossini wurde 1789 zu Pesano im Kirchenstaate von
armen Ältern geboren. Sein Vater war ein herumzie-
hender Musiker, seine Mutter eine untergeordnete Sän-
gerin an kleinen Theatern; beide wirkten indessen durch
Beispiel und Anleitung sehr vortheilhaft auf die Entwicke-
lung des sich schon früh kundgebenden Talents ihres
Sohnes für Gesang und Musik. Jn Bologna, wo er
als Knabe mit seiner Mutter auf dem Theater sang,
genoß er einige Zeit den Unterricht des Paters Mattei.
Von 1815--22 war er bei der italienischen Oper Bar-
baja 's in Neapel angestellt, besuchte dann mit derselben
Operngesellschaft Wien, Paris und London und wurde
1824 Director der italienischen Oper in Paris.

[Ende Spaltensatz]

Was hängen soll, ertrinkt nicht.
Aus den Erinnerungen eines Seeoffiziers.
[Beginn Spaltensatz]

Es war ein schöner mondheller Abend und so warm,
daß die Schiffsmannschaft in Gruppen fast ganz unbe-
kleidet und ohne Decken auf dem Verdecke lag. Einige
von den Offizieren vertrieben sich die Zeit mit Lesen,
welches ohne Anstrengung der Augen geschehen konnte,
da das Licht sehr hell und rein war, und bei der völli-
gen Windstille das Schiff nicht die geringste schwankende
Bewegung machte. Hier und da horchten die Matrosen
[Spaltenumbruch] den wunderbaren Erzählungen eines ergrauten Seemanns
vom "Fliegenden Holländer" und andern abenteuerlichen
Sagen, während vom andern Ende des Verdecks her
munterer Gesang und lautes Gelächter erschallte. Einige
Offiziere und Seecadetten gingen scherzend und plaudernd
auf und ab, blieben auch wol dann und wann stehen,
um den Historien auf dem Vorderdeck zuzuhören.

Tags zuvor hatten wir Port Royal, auf der Süd-
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin
für
Belehrung und Unterhaltung.


Nr. 9. ] Neue Folge. Erster Jahrgang. [ 4. März 1843.


Der Barbier von Sevilla.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Die bekannte beliebte Oper von Rossini, aus welcher
vorliegende Abbildung eine Scene darstellt, fiel, als sie
in Paris zur Aufführung kam, mehre Male hinterein-
ander gänzlich durch und wurde hierauf durch eine ältere
gleichnamige Oper von Paisiello ersetzt; aber da das
Repertoire etwas Neues brauchte, so wurde das Werk
Rossini's wieder hervorgesucht, und siehe da, es erregte
nun Entzücken. So langweilig man anfangs die Musik
gefunden hatte, so kurzweilig fand man sie jetzt; so tief
man den Componisten erst unter Paisiello gesetzt hatte,
so hoch stellte man ihn nun über ihn.

Jn Rom, wo diese Oper componirt wurde, ging
es ihr noch schlechter. Die Zischenden verfolgten Rossini
aus dem Theater bis in seine Wohnung und thaten
ihm allen möglichen Hohn an, und einige Tage darauf
wurde der Verhöhnte gekrönt und mit Ehren überhäuft.
Seit 1813 hat Rossini über 40 Opern geliefert, von
denen außer dem Barbier von Sevilla „Tankred“, „Die
[Spaltenumbruch] Jtalienerin in Algier“, „Othello“, „Die diebische Elster“,
„Moses“, „Aschenbrödel“, „Die Jungfrau vom See“,
„Die Belagerung von Korinth“, „Graf Ory“ und „ Wil-
helm Tell“ die berühmtesten sind.

Rossini wurde 1789 zu Pesano im Kirchenstaate von
armen Ältern geboren. Sein Vater war ein herumzie-
hender Musiker, seine Mutter eine untergeordnete Sän-
gerin an kleinen Theatern; beide wirkten indessen durch
Beispiel und Anleitung sehr vortheilhaft auf die Entwicke-
lung des sich schon früh kundgebenden Talents ihres
Sohnes für Gesang und Musik. Jn Bologna, wo er
als Knabe mit seiner Mutter auf dem Theater sang,
genoß er einige Zeit den Unterricht des Paters Mattei.
Von 1815—22 war er bei der italienischen Oper Bar-
baja 's in Neapel angestellt, besuchte dann mit derselben
Operngesellschaft Wien, Paris und London und wurde
1824 Director der italienischen Oper in Paris.

[Ende Spaltensatz]

Was hängen soll, ertrinkt nicht.
Aus den Erinnerungen eines Seeoffiziers.
[Beginn Spaltensatz]

Es war ein schöner mondheller Abend und so warm,
daß die Schiffsmannschaft in Gruppen fast ganz unbe-
kleidet und ohne Decken auf dem Verdecke lag. Einige
von den Offizieren vertrieben sich die Zeit mit Lesen,
welches ohne Anstrengung der Augen geschehen konnte,
da das Licht sehr hell und rein war, und bei der völli-
gen Windstille das Schiff nicht die geringste schwankende
Bewegung machte. Hier und da horchten die Matrosen
[Spaltenumbruch] den wunderbaren Erzählungen eines ergrauten Seemanns
vom „Fliegenden Holländer“ und andern abenteuerlichen
Sagen, während vom andern Ende des Verdecks her
munterer Gesang und lautes Gelächter erschallte. Einige
Offiziere und Seecadetten gingen scherzend und plaudernd
auf und ab, blieben auch wol dann und wann stehen,
um den Historien auf dem Vorderdeck zuzuhören.

Tags zuvor hatten wir Port Royal, auf der Süd-
[Ende Spaltensatz]

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[[65]/0001] Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Nr. 9. ] Neue Folge. Erster Jahrgang. [ 4. März 1843. Der Barbier von Sevilla. [Abbildung] Die bekannte beliebte Oper von Rossini, aus welcher vorliegende Abbildung eine Scene darstellt, fiel, als sie in Paris zur Aufführung kam, mehre Male hinterein- ander gänzlich durch und wurde hierauf durch eine ältere gleichnamige Oper von Paisiello ersetzt; aber da das Repertoire etwas Neues brauchte, so wurde das Werk Rossini's wieder hervorgesucht, und siehe da, es erregte nun Entzücken. So langweilig man anfangs die Musik gefunden hatte, so kurzweilig fand man sie jetzt; so tief man den Componisten erst unter Paisiello gesetzt hatte, so hoch stellte man ihn nun über ihn. Jn Rom, wo diese Oper componirt wurde, ging es ihr noch schlechter. Die Zischenden verfolgten Rossini aus dem Theater bis in seine Wohnung und thaten ihm allen möglichen Hohn an, und einige Tage darauf wurde der Verhöhnte gekrönt und mit Ehren überhäuft. Seit 1813 hat Rossini über 40 Opern geliefert, von denen außer dem Barbier von Sevilla „Tankred“, „Die Jtalienerin in Algier“, „Othello“, „Die diebische Elster“, „Moses“, „Aschenbrödel“, „Die Jungfrau vom See“, „Die Belagerung von Korinth“, „Graf Ory“ und „ Wil- helm Tell“ die berühmtesten sind. Rossini wurde 1789 zu Pesano im Kirchenstaate von armen Ältern geboren. Sein Vater war ein herumzie- hender Musiker, seine Mutter eine untergeordnete Sän- gerin an kleinen Theatern; beide wirkten indessen durch Beispiel und Anleitung sehr vortheilhaft auf die Entwicke- lung des sich schon früh kundgebenden Talents ihres Sohnes für Gesang und Musik. Jn Bologna, wo er als Knabe mit seiner Mutter auf dem Theater sang, genoß er einige Zeit den Unterricht des Paters Mattei. Von 1815—22 war er bei der italienischen Oper Bar- baja 's in Neapel angestellt, besuchte dann mit derselben Operngesellschaft Wien, Paris und London und wurde 1824 Director der italienischen Oper in Paris. Was hängen soll, ertrinkt nicht. Aus den Erinnerungen eines Seeoffiziers. Es war ein schöner mondheller Abend und so warm, daß die Schiffsmannschaft in Gruppen fast ganz unbe- kleidet und ohne Decken auf dem Verdecke lag. Einige von den Offizieren vertrieben sich die Zeit mit Lesen, welches ohne Anstrengung der Augen geschehen konnte, da das Licht sehr hell und rein war, und bei der völli- gen Windstille das Schiff nicht die geringste schwankende Bewegung machte. Hier und da horchten die Matrosen den wunderbaren Erzählungen eines ergrauten Seemanns vom „Fliegenden Holländer“ und andern abenteuerlichen Sagen, während vom andern Ende des Verdecks her munterer Gesang und lautes Gelächter erschallte. Einige Offiziere und Seecadetten gingen scherzend und plaudernd auf und ab, blieben auch wol dann und wann stehen, um den Historien auf dem Vorderdeck zuzuhören. Tags zuvor hatten wir Port Royal, auf der Süd-

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 9. Leipzig (Sachsen), 4. März 1843, S. [65]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig009_1843/1>, abgerufen am 21.11.2024.