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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 24. Leipzig (Sachsen), 17. Juni 1843.

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[Beginn Spaltensatz] welche er Avalon nannte. Zehn Jahre darauf folgte
Lord Falkland und diesem Sir David Kirk. Die Fran-
zosen hatten in dieser Zeit ebenfalls eine Niederlassung
gegründet, aber sie konnten nicht recht aufkommen, weil
sie fünf Procent von ihrem Fange an die britische Re-
gierung abtreten mußten, als Anerkennung ihrer Ober-
herrlichkeit über die Jnsel. Als Karl II. den Franzo-
sen im J. 1675 diesen Tribut erließ, nahm die fran-
zösische Fischerei einen reißenden Aufschwung. Die engli-
schen und französischen Fischer waren aber immer mitein-
ander in Streit und ihre Häkeleien gehörten zu den Veran-
lassungen des Kriegs, den endlich Wilhelm III. Frankreich
erklärte und der den englischen wie den französischen
Niederlassungen verderblich war. Jm J. 1708 wurde
St.=John beinahe zerstört und fast alle englischen Be-
sitzungen sielen in französische Hände, aber im utrechter
Frieden, vom Jahre 1714, wurde die Oberherrlichkeit
Englands wieder anerkannt. Die Franzosen durften da-
für die kleinen Jnseln St.=Pierre und Miquelon am
Placentiabusen jede mit 50 Mann besetzen; das Recht
der Fischerei sollte ihnen unter gewissen Einschränkungen
zustehen, die aber bis auf den heutigen Tag streitig
geblieben sind.

Neufundland ist größer als England und Wales zu-
sammen. Das Jnnere ist wenig bekannt. Die Küsten
sind von tiefen Meerbusen zerschnitten, welche 8--10
Meilen ins Land hineinreichen. Die Ostküste ist fast
überall rauh und gebirgig, aber die Westseite besteht nur
aus niedrigen Hügeln. Das Klima ist feucht und vor-
züglich zu Anfang und Ende des Winters unangenehm,
ebenso wenn die von Norden nach Süden schwimmen-
den Eisfelder an den Küsten vorüberziehen und der Wind
von der See kommt. Dies geschieht immer im April
und Mai. Jm Sommer ist die Hitze sehr groß.

Der Ackerbau wird nie bedeutend werden, obgleich
es an den Flußufern große Strecken fruchtbaren ange-
schwemmten Landes gibt, denn der Fischfang an den
Küsten wirft weit mehr ab, als der mühsame Anbau
eines im Ganzen unwirthlichen Bodens.

Wenn der Fischfang nicht so gewinnreich wäre, so
würde die Jnsel wahrscheinlich gar keine Niederlassungen
haben, auch kommen die meisten Menschen hier während
der Fischzeit zusammen. Die Bevölkerung findet sich
übrigens nur auf den Küsten, die zahlreichste auf der
Halbinsel Avalon, welche durch eine kaum1 1 / 2 Stunde
breite Landenge mit dem Körper der Jnsel in Verbin-
dung steht. Die einzelnen Niederlassungen haben äu-
ßerst wenig Verkehr mit einander, daher es in jeder
anders aussieht. Die Sitten und Einrichtungen der er-
sten Ansiedler, welche aus Jersey, England, Jrland,
Schottland oder Frankreich hierherkamen, gehen von
einer Generation auf die andere über; an ein Fortschrei-
ten ist nicht zu denken, wol aber ist die Verwilderung
in Folge des Mangels an Unterricht an vielen Orten
so groß, daß sich die Ansiedler wenig von wirklichen
Wilden unterscheiden. An manchen Orten weiß man
nicht mehr, an welchen Wochentagen man lebt und es
werden auf der Jnsel alle Tage der Woche als Sonn-
tage gefeiert, hier der eine, dort der andere.

Die Hauptstadt Neufundlands, von welcher wir um-
stehend eine Abbildung erblicken, ist St.=Johns. Sie
befindet sich auf der äußersten Südspitze der Halbinsel
Avalon und ist der Sitz des Gouverneurs. Sie besteht
aus einer einzigen, fast eine halbe Stunde langen Straße,
welche nördlich um den Hafen herumläuft, und hat im
Winter an 15,000 Einwohner, von denen über 2000
im Sommer mit Fischfang beschäftigt sind. Der hiesige
Hafen ist einer der besten auf der ganzen Jnsel. Der
[Spaltenumbruch] Eingang dazu ist so eng, daß kaum zwei Schiffe zu-
gleich einlaufen können. Der Hafen selbst ist sehr ge-
räumig, auf allen Seiten durch hohe Felsen geschützt
und durch die unangreifbaren Forts Amherst, Townsend
und William vertheidigt. Nur wenige der Häuser sind
von Stein oder Ziegeln, die meisten von Holz. Das
Hauptgewerbe der Einwohner ist hier, wie überall auf
der Jnsel, das Trocknen des Kabeljaus, zu welchem
Zwecke ganz besonders die zahlreichen Klippen benutzt
werden.



Hochzeitsgebräuche in der Umgegend von
Peterwardein.

Hier befragt der heirathslustige Bursche das Mädchen
um ihre Zuneigung nicht selbst, sondern wählt sich einen
Vermittler ( Snohok ) , dem die Gewählte entweder die
Heirath zusagt oder sich auf die Einwilligung der Ältern
beruft. Zeigen sich diese zu solchem Schritte geneigt,
dann wird auch der Tag festgesetzt, am welchem der
Bräutigam mit seinem Beistand ( Kum ) oder dem leibli-
chen Vater zum Mädchen geht, um sie offen zum Weibe
zu begehren. Die Einleitung bildet die Rücksprache über
das Ausstattungsgut des Mädchens und des Burschen,
sei es einstweilen oder zur gänzlichen Abfertigung. Erst
wenn das Materielle der Verbindung zur gegenseitigen
Zufriedenheit abgemacht ist, wird das Herz des Mädchens
zu Rathe gezogen. Jst dieses dem Burschen geneigt,
dann bekommt es von ihm einen Dukaten oder einige
Thaler als Daraufgabe ( Kapara ) . Während des darauf
folgenden Mahls wird über die Art und Zeit des Hei-
rathscontractes, den Ankauf des Brautkleides ( Kruvo ) ,
die Bestreitung der Hochzeitsunkosten und Anzahl der
Gäste entschieden. Zur Zeit der kirchlichen Verkündi-
gung geschehen die beiderseitigen Ankäufe und die Wahlen
zweier Brautführer mit ebenso vielen Kranzjungfern. Am
dritten Verkündigungstage begeben sich die Gewählten
zur Braut. Der Anzug der Brautführer ist der Natio-
naltracht ganz entfremdet und zeigt, daß den östlichen
Saum Slavoniens nur der riesige Donauspiegel vom
Ungarlande scheidet. Sie bekommen bei der Braut zwei
Blumensträuße, welche einem am linken, dem andern am
rechten Arme mit schönen Bändern befestigt werden, große
seidene Tücher und eine mit Wein gefüllte Csutura, welche
die Braut mit einem Rosmarinkranze schmückt. Nach
dieser Ausrüstung geschieht die Einladung der Hochzeits-
gäste. Einige Pistolenschüsse geben das Signal, daß sich
der Wagen in Bewegung setze, und die Einladung ge-
schieht mit folgenden Worten, die sich durch gewissenhafte
Tradition vom Vater auf den Sohn fortpflanzen und
gleichsam stereotyp geworden sind: Gelobt sei Jesus! Es
grüßen Euch Braut und Bräutigam, damit Jhr sie zur
Verlobung und von der Verlobung nach Haus geleitet,
daß Jhr kommt auf einen Löffel Fleisch und eine Gabel
Suppe, auf ein Paar Gespräche und Tänze, wie es
unser christlicher Glaube mit sich bringt. Darauf reichen
sie die Csutura den Hausgenossen mit der Auffoderung:
Trinket, noch unter dem Brautkranze! Am Abende
vor dem Verlobungstage kommen die Brautführer und
Kranzjungfern mit einigen Freundinnen bei der Braut
zusammen, um für den Bräutigam den Rosmarinkranz
zu winden. Die Wechselgesänge, welche diesen Act be-
gleiten, stimmen die Gesellschaft so lustig, daß sie oft
der Tagesanbruch noch bei der Braut überrascht.

Am Hochzeitstage finden sich die vom Bräutigam
eingeladenen Gäste zur verabredeten Zeit in dessen Woh-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] welche er Avalon nannte. Zehn Jahre darauf folgte
Lord Falkland und diesem Sir David Kirk. Die Fran-
zosen hatten in dieser Zeit ebenfalls eine Niederlassung
gegründet, aber sie konnten nicht recht aufkommen, weil
sie fünf Procent von ihrem Fange an die britische Re-
gierung abtreten mußten, als Anerkennung ihrer Ober-
herrlichkeit über die Jnsel. Als Karl II. den Franzo-
sen im J. 1675 diesen Tribut erließ, nahm die fran-
zösische Fischerei einen reißenden Aufschwung. Die engli-
schen und französischen Fischer waren aber immer mitein-
ander in Streit und ihre Häkeleien gehörten zu den Veran-
lassungen des Kriegs, den endlich Wilhelm III. Frankreich
erklärte und der den englischen wie den französischen
Niederlassungen verderblich war. Jm J. 1708 wurde
St.=John beinahe zerstört und fast alle englischen Be-
sitzungen sielen in französische Hände, aber im utrechter
Frieden, vom Jahre 1714, wurde die Oberherrlichkeit
Englands wieder anerkannt. Die Franzosen durften da-
für die kleinen Jnseln St.=Pierre und Miquelon am
Placentiabusen jede mit 50 Mann besetzen; das Recht
der Fischerei sollte ihnen unter gewissen Einschränkungen
zustehen, die aber bis auf den heutigen Tag streitig
geblieben sind.

Neufundland ist größer als England und Wales zu-
sammen. Das Jnnere ist wenig bekannt. Die Küsten
sind von tiefen Meerbusen zerschnitten, welche 8—10
Meilen ins Land hineinreichen. Die Ostküste ist fast
überall rauh und gebirgig, aber die Westseite besteht nur
aus niedrigen Hügeln. Das Klima ist feucht und vor-
züglich zu Anfang und Ende des Winters unangenehm,
ebenso wenn die von Norden nach Süden schwimmen-
den Eisfelder an den Küsten vorüberziehen und der Wind
von der See kommt. Dies geschieht immer im April
und Mai. Jm Sommer ist die Hitze sehr groß.

Der Ackerbau wird nie bedeutend werden, obgleich
es an den Flußufern große Strecken fruchtbaren ange-
schwemmten Landes gibt, denn der Fischfang an den
Küsten wirft weit mehr ab, als der mühsame Anbau
eines im Ganzen unwirthlichen Bodens.

Wenn der Fischfang nicht so gewinnreich wäre, so
würde die Jnsel wahrscheinlich gar keine Niederlassungen
haben, auch kommen die meisten Menschen hier während
der Fischzeit zusammen. Die Bevölkerung findet sich
übrigens nur auf den Küsten, die zahlreichste auf der
Halbinsel Avalon, welche durch eine kaum1 1 / 2 Stunde
breite Landenge mit dem Körper der Jnsel in Verbin-
dung steht. Die einzelnen Niederlassungen haben äu-
ßerst wenig Verkehr mit einander, daher es in jeder
anders aussieht. Die Sitten und Einrichtungen der er-
sten Ansiedler, welche aus Jersey, England, Jrland,
Schottland oder Frankreich hierherkamen, gehen von
einer Generation auf die andere über; an ein Fortschrei-
ten ist nicht zu denken, wol aber ist die Verwilderung
in Folge des Mangels an Unterricht an vielen Orten
so groß, daß sich die Ansiedler wenig von wirklichen
Wilden unterscheiden. An manchen Orten weiß man
nicht mehr, an welchen Wochentagen man lebt und es
werden auf der Jnsel alle Tage der Woche als Sonn-
tage gefeiert, hier der eine, dort der andere.

Die Hauptstadt Neufundlands, von welcher wir um-
stehend eine Abbildung erblicken, ist St.=Johns. Sie
befindet sich auf der äußersten Südspitze der Halbinsel
Avalon und ist der Sitz des Gouverneurs. Sie besteht
aus einer einzigen, fast eine halbe Stunde langen Straße,
welche nördlich um den Hafen herumläuft, und hat im
Winter an 15,000 Einwohner, von denen über 2000
im Sommer mit Fischfang beschäftigt sind. Der hiesige
Hafen ist einer der besten auf der ganzen Jnsel. Der
[Spaltenumbruch] Eingang dazu ist so eng, daß kaum zwei Schiffe zu-
gleich einlaufen können. Der Hafen selbst ist sehr ge-
räumig, auf allen Seiten durch hohe Felsen geschützt
und durch die unangreifbaren Forts Amherst, Townsend
und William vertheidigt. Nur wenige der Häuser sind
von Stein oder Ziegeln, die meisten von Holz. Das
Hauptgewerbe der Einwohner ist hier, wie überall auf
der Jnsel, das Trocknen des Kabeljaus, zu welchem
Zwecke ganz besonders die zahlreichen Klippen benutzt
werden.



Hochzeitsgebräuche in der Umgegend von
Peterwardein.

Hier befragt der heirathslustige Bursche das Mädchen
um ihre Zuneigung nicht selbst, sondern wählt sich einen
Vermittler ( Snohok ) , dem die Gewählte entweder die
Heirath zusagt oder sich auf die Einwilligung der Ältern
beruft. Zeigen sich diese zu solchem Schritte geneigt,
dann wird auch der Tag festgesetzt, am welchem der
Bräutigam mit seinem Beistand ( Kum ) oder dem leibli-
chen Vater zum Mädchen geht, um sie offen zum Weibe
zu begehren. Die Einleitung bildet die Rücksprache über
das Ausstattungsgut des Mädchens und des Burschen,
sei es einstweilen oder zur gänzlichen Abfertigung. Erst
wenn das Materielle der Verbindung zur gegenseitigen
Zufriedenheit abgemacht ist, wird das Herz des Mädchens
zu Rathe gezogen. Jst dieses dem Burschen geneigt,
dann bekommt es von ihm einen Dukaten oder einige
Thaler als Daraufgabe ( Kapara ) . Während des darauf
folgenden Mahls wird über die Art und Zeit des Hei-
rathscontractes, den Ankauf des Brautkleides ( Kruvo ) ,
die Bestreitung der Hochzeitsunkosten und Anzahl der
Gäste entschieden. Zur Zeit der kirchlichen Verkündi-
gung geschehen die beiderseitigen Ankäufe und die Wahlen
zweier Brautführer mit ebenso vielen Kranzjungfern. Am
dritten Verkündigungstage begeben sich die Gewählten
zur Braut. Der Anzug der Brautführer ist der Natio-
naltracht ganz entfremdet und zeigt, daß den östlichen
Saum Slavoniens nur der riesige Donauspiegel vom
Ungarlande scheidet. Sie bekommen bei der Braut zwei
Blumensträuße, welche einem am linken, dem andern am
rechten Arme mit schönen Bändern befestigt werden, große
seidene Tücher und eine mit Wein gefüllte Csutura, welche
die Braut mit einem Rosmarinkranze schmückt. Nach
dieser Ausrüstung geschieht die Einladung der Hochzeits-
gäste. Einige Pistolenschüsse geben das Signal, daß sich
der Wagen in Bewegung setze, und die Einladung ge-
schieht mit folgenden Worten, die sich durch gewissenhafte
Tradition vom Vater auf den Sohn fortpflanzen und
gleichsam stereotyp geworden sind: Gelobt sei Jesus! Es
grüßen Euch Braut und Bräutigam, damit Jhr sie zur
Verlobung und von der Verlobung nach Haus geleitet,
daß Jhr kommt auf einen Löffel Fleisch und eine Gabel
Suppe, auf ein Paar Gespräche und Tänze, wie es
unser christlicher Glaube mit sich bringt. Darauf reichen
sie die Csutura den Hausgenossen mit der Auffoderung:
Trinket, noch unter dem Brautkranze! Am Abende
vor dem Verlobungstage kommen die Brautführer und
Kranzjungfern mit einigen Freundinnen bei der Braut
zusammen, um für den Bräutigam den Rosmarinkranz
zu winden. Die Wechselgesänge, welche diesen Act be-
gleiten, stimmen die Gesellschaft so lustig, daß sie oft
der Tagesanbruch noch bei der Braut überrascht.

Am Hochzeitstage finden sich die vom Bräutigam
eingeladenen Gäste zur verabredeten Zeit in dessen Woh-
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Am dritten Verkündigungstage begeben sich die Gewählten zur Braut. Der Anzug der Brautführer ist der Natio- naltracht ganz entfremdet und zeigt, daß den östlichen Saum Slavoniens nur der riesige Donauspiegel vom Ungarlande scheidet. Sie bekommen bei der Braut zwei Blumensträuße, welche einem am linken, dem andern am rechten Arme mit schönen Bändern befestigt werden, große seidene Tücher und eine mit Wein gefüllte Csutura, welche die Braut mit einem Rosmarinkranze schmückt. Nach dieser Ausrüstung geschieht die Einladung der Hochzeits- gäste. Einige Pistolenschüsse geben das Signal, daß sich der Wagen in Bewegung setze, und die Einladung ge- schieht mit folgenden Worten, die sich durch gewissenhafte Tradition vom Vater auf den Sohn fortpflanzen und gleichsam stereotyp geworden sind: Gelobt sei Jesus! Es grüßen Euch Braut und Bräutigam, damit Jhr sie zur Verlobung und von der Verlobung nach Haus geleitet, daß Jhr kommt auf einen Löffel Fleisch und eine Gabel Suppe, auf ein Paar Gespräche und Tänze, wie es unser christlicher Glaube mit sich bringt. Darauf reichen sie die Csutura den Hausgenossen mit der Auffoderung: Trinket, noch unter dem Brautkranze! Am Abende vor dem Verlobungstage kommen die Brautführer und Kranzjungfern mit einigen Freundinnen bei der Braut zusammen, um für den Bräutigam den Rosmarinkranz zu winden. Die Wechselgesänge, welche diesen Act be- gleiten, stimmen die Gesellschaft so lustig, daß sie oft der Tagesanbruch noch bei der Braut überrascht. Am Hochzeitstage finden sich die vom Bräutigam eingeladenen Gäste zur verabredeten Zeit in dessen Woh-

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Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 24. Leipzig (Sachsen), 17. Juni 1843, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig024_1843/2>, abgerufen am 18.06.2024.