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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 24. Leipzig (Sachsen), 17. Juni 1843.

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[Beginn Spaltensatz] bemerkbar zu machen. Auch schien es wirklich, als wür-
den sie bemerkt, aber bald mußten sie in ihrem unsagli-
chen Elende auch noch den Schmerz der getäuschten Hoff-
nung empfinden, denn die Schiffe verschwanden plötz-
lich ihren Augen.

Wenig Tage darauf trafen sie mit der Brigg zu-
sammen, von welcher sie aber die Bewegung des Meeres
und die Unzulänglichkeit der Rettungsmittel ohne die Ent-
schlossenheit des Capitains auch bald getrennt hätte. Die
Magerkeit der Unglücklichen und ihr leidendes Aussehen
erregte das Mitleid der Bemannung auf das lebhafteste,
denn in ihren Zügen malten sich die Leiden, die sie in
den 46 Tagen zu erdulden gehabt hatten.



Die Arrakatscha.
[Abbildung]

Die Arrakatscha ist ein Doldengewächs, wie die Möhre
und die Pastinake. Sie hat mit dem Schierling große
Ähnlichkeit, ohne jedoch dessen giftige Eigenschaft zu thei-
len und mit der Kartoffel gleiches Vaterland, denn
sie findet sich am häufigsten an dem Andengebirge in
Südamerika, besonders in den Provinzen von Santa
Fe und Bogota, doch soll sie auch am Atlasgebirge vor-
kommen. Der Umstand, daß sie mit der Kartoffel das
Vaterland theilt, hat die Handelsgärtner verleitet, ihren
Namen auf eine kleine, längliche Frühkartoffel überzu-
tragen, was aber ziemlich allgemein wieder abgekommen
ist, seit man die eigentliche Arrakatscha näher kennen ge-
lernt und eingesehen hat, daß es keine verschiedenern
Pflanzen geben kann als die Arrakatscha und die Kar-
toffel sind.

Jn England hat man zuerst Versuche gemacht, sie
anzubauen, und von da ist sie auch nach Deutschland
gekommen, wo sie sich aber erst an das Klima wird ge-
wöhnen müssen und daher zunächst nur im Süden ge-
deihen möchte. Doch liebt sie keineswegs sehr heiße Ge-
genden, sondern ein gemäßigtes Klima, wenn sie nicht
zu sehr in Blätter und Stengel schießen soll.

[Spaltenumbruch]

Was der Pflanze ihren Werth gibt ist die weiße,
gelbe, oft auch purpurrothe Wurzel, welche die Eigen-
schaften der Kartoffel besitzt und diese noch bei weitem
übertrifft. Zu ihrer Anpflanzung bedarf man einen tie-
fen, leichten, schwarzen Boden. Jn diesen legt man
die in mehre Stücke zerschnittene Wurzel, nicht allzu
tief. Wenn man dafür gesorgt hat, daß jedes Stück
ein Auge behielt, so bildet sich aus jedem Auge eine
Pflanze, welche nach drei bis vier Monaten eine genieß-
bare Wurzel getrieben hat, die an Gestalt und Größe
einem Kuhhorn gleicht. Läßt man die Wurzel noch
länger in der Erde, so wird sie noch viel größer, ohne
deshalb das Geringste von ihrem guten Geschmacke zu
verlieren. Sie gleicht an Festigkeit den besten Wallnüs-
sen, wird wie die Kartoffel zubereitet und ist, ohne so
mehlig zu sein wie diese, eine sehr wohlschmeckende und
dabei leichte und gesunde Speise. Zu Brei gekocht und
der Gährung ausgesetzt, gibt sie ein magenstärkendes
Getränk.



Vergiftung des Biers durch Wasser.

Läßt man ein beliebiges Quantum gutes, reines Braun-
bier auf einem Porzellanteller an der Luft verdampfen,
so bleibt zuletzt ein kleiner Rest von syrupartiger Con-
sistenz zurück, welcher nicht bitter schmeckt und nicht
narkotisch, nicht betäubend ist; läßt man dagegen von
demselben Biere ein mit einem Drittheil frischen Brun-
nenwassers versetztes Quantum auf dieselbe Weise ver-
dampfen, so erhält man einen Rückstand, welcher höchst
bitter schmeckt und betäubend ist. Der Wasserzusatz
hat also das Bier nicht blos geschwächt, sondern
auch verstärkt, geschwächt in seiner wohlthätigen nähren-
den, verstärkt in seiner verderblichen betäubenden Eigen-
schaft. Der Grund dieser Erscheinung ist folgender: Das
Narkotische und Bittere des Hopfens steht in einem gut-
gebrauten Biere mit dem unvergohrenen, durch den Brau-
proceß aus dem Stärkemehl der Gerste entstandenen
Malzzucker und Malzgummi in einer innigen, chemischen
Verbindung. Durch das zugesetzte Brunnenwasser wird
aber diese Verbindung zersetzt, das Narkotische und Bit-
tere folglich wieder frei. Der Verkäufer eines durch Was-
ser verdünnten Biers ist also nicht blos ein Betrüger, er
ist auch ein Vergifter der Gesundheit seiner Mitmenschen.



Hausirhandel der Slowaken des thuroczer
Comitats.

Die Slowaken aus dem thuroczer Comitat in Ungarn
( im Nordwesten von Ungarn, nördlich von Kremnitz )
treiben einen ausgebreiteten und großartigen Hausirhan-
del mit östreichischen Naturerzeugnissen nicht nur nach
den Ländern an der untern Donau, sondern sogar über
Trapezunt nach Persien, den trans= und ciskaukasischen
Provinzen Rußlands und einem großen Theile des asia-
tischen und europäischen Rußlands. Mit ihrem Kram
auf dem Rücken durchziehen sie die genannten Länder.
Sie sind ein kraftvoller Menschenschlag, ausdauernd,
nüchtern und ganz für dies Geschäft geboren. Sie woh-
nen sämmtlich im thuroczer Comitat und bilden je nach
den Ortschaften verschiedene Handelscompagnien, deren
jeder ein eigenes Land, wo sie ihren Hausirhandel trei-
ben, angewiesen ist, sodaß sie einander nicht im Wege
sind. Sie stehen aber stets in wechselseitiger Verbindung
und haben auch in den entferntesten Ländern gewisse
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] bemerkbar zu machen. Auch schien es wirklich, als wür-
den sie bemerkt, aber bald mußten sie in ihrem unsagli-
chen Elende auch noch den Schmerz der getäuschten Hoff-
nung empfinden, denn die Schiffe verschwanden plötz-
lich ihren Augen.

Wenig Tage darauf trafen sie mit der Brigg zu-
sammen, von welcher sie aber die Bewegung des Meeres
und die Unzulänglichkeit der Rettungsmittel ohne die Ent-
schlossenheit des Capitains auch bald getrennt hätte. Die
Magerkeit der Unglücklichen und ihr leidendes Aussehen
erregte das Mitleid der Bemannung auf das lebhafteste,
denn in ihren Zügen malten sich die Leiden, die sie in
den 46 Tagen zu erdulden gehabt hatten.



Die Arrakatscha.
[Abbildung]

Die Arrakatscha ist ein Doldengewächs, wie die Möhre
und die Pastinake. Sie hat mit dem Schierling große
Ähnlichkeit, ohne jedoch dessen giftige Eigenschaft zu thei-
len und mit der Kartoffel gleiches Vaterland, denn
sie findet sich am häufigsten an dem Andengebirge in
Südamerika, besonders in den Provinzen von Santa
Fé und Bogota, doch soll sie auch am Atlasgebirge vor-
kommen. Der Umstand, daß sie mit der Kartoffel das
Vaterland theilt, hat die Handelsgärtner verleitet, ihren
Namen auf eine kleine, längliche Frühkartoffel überzu-
tragen, was aber ziemlich allgemein wieder abgekommen
ist, seit man die eigentliche Arrakatscha näher kennen ge-
lernt und eingesehen hat, daß es keine verschiedenern
Pflanzen geben kann als die Arrakatscha und die Kar-
toffel sind.

Jn England hat man zuerst Versuche gemacht, sie
anzubauen, und von da ist sie auch nach Deutschland
gekommen, wo sie sich aber erst an das Klima wird ge-
wöhnen müssen und daher zunächst nur im Süden ge-
deihen möchte. Doch liebt sie keineswegs sehr heiße Ge-
genden, sondern ein gemäßigtes Klima, wenn sie nicht
zu sehr in Blätter und Stengel schießen soll.

[Spaltenumbruch]

Was der Pflanze ihren Werth gibt ist die weiße,
gelbe, oft auch purpurrothe Wurzel, welche die Eigen-
schaften der Kartoffel besitzt und diese noch bei weitem
übertrifft. Zu ihrer Anpflanzung bedarf man einen tie-
fen, leichten, schwarzen Boden. Jn diesen legt man
die in mehre Stücke zerschnittene Wurzel, nicht allzu
tief. Wenn man dafür gesorgt hat, daß jedes Stück
ein Auge behielt, so bildet sich aus jedem Auge eine
Pflanze, welche nach drei bis vier Monaten eine genieß-
bare Wurzel getrieben hat, die an Gestalt und Größe
einem Kuhhorn gleicht. Läßt man die Wurzel noch
länger in der Erde, so wird sie noch viel größer, ohne
deshalb das Geringste von ihrem guten Geschmacke zu
verlieren. Sie gleicht an Festigkeit den besten Wallnüs-
sen, wird wie die Kartoffel zubereitet und ist, ohne so
mehlig zu sein wie diese, eine sehr wohlschmeckende und
dabei leichte und gesunde Speise. Zu Brei gekocht und
der Gährung ausgesetzt, gibt sie ein magenstärkendes
Getränk.



Vergiftung des Biers durch Wasser.

Läßt man ein beliebiges Quantum gutes, reines Braun-
bier auf einem Porzellanteller an der Luft verdampfen,
so bleibt zuletzt ein kleiner Rest von syrupartiger Con-
sistenz zurück, welcher nicht bitter schmeckt und nicht
narkotisch, nicht betäubend ist; läßt man dagegen von
demselben Biere ein mit einem Drittheil frischen Brun-
nenwassers versetztes Quantum auf dieselbe Weise ver-
dampfen, so erhält man einen Rückstand, welcher höchst
bitter schmeckt und betäubend ist. Der Wasserzusatz
hat also das Bier nicht blos geschwächt, sondern
auch verstärkt, geschwächt in seiner wohlthätigen nähren-
den, verstärkt in seiner verderblichen betäubenden Eigen-
schaft. Der Grund dieser Erscheinung ist folgender: Das
Narkotische und Bittere des Hopfens steht in einem gut-
gebrauten Biere mit dem unvergohrenen, durch den Brau-
proceß aus dem Stärkemehl der Gerste entstandenen
Malzzucker und Malzgummi in einer innigen, chemischen
Verbindung. Durch das zugesetzte Brunnenwasser wird
aber diese Verbindung zersetzt, das Narkotische und Bit-
tere folglich wieder frei. Der Verkäufer eines durch Was-
ser verdünnten Biers ist also nicht blos ein Betrüger, er
ist auch ein Vergifter der Gesundheit seiner Mitmenschen.



Hausirhandel der Slowaken des thuroczer
Comitats.

Die Slowaken aus dem thuroczer Comitat in Ungarn
( im Nordwesten von Ungarn, nördlich von Kremnitz )
treiben einen ausgebreiteten und großartigen Hausirhan-
del mit östreichischen Naturerzeugnissen nicht nur nach
den Ländern an der untern Donau, sondern sogar über
Trapezunt nach Persien, den trans= und ciskaukasischen
Provinzen Rußlands und einem großen Theile des asia-
tischen und europäischen Rußlands. Mit ihrem Kram
auf dem Rücken durchziehen sie die genannten Länder.
Sie sind ein kraftvoller Menschenschlag, ausdauernd,
nüchtern und ganz für dies Geschäft geboren. Sie woh-
nen sämmtlich im thuroczer Comitat und bilden je nach
den Ortschaften verschiedene Handelscompagnien, deren
jeder ein eigenes Land, wo sie ihren Hausirhandel trei-
ben, angewiesen ist, sodaß sie einander nicht im Wege
sind. Sie stehen aber stets in wechselseitiger Verbindung
und haben auch in den entferntesten Ländern gewisse
[Ende Spaltensatz]

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[188/0004] 188 bemerkbar zu machen. Auch schien es wirklich, als wür- den sie bemerkt, aber bald mußten sie in ihrem unsagli- chen Elende auch noch den Schmerz der getäuschten Hoff- nung empfinden, denn die Schiffe verschwanden plötz- lich ihren Augen. Wenig Tage darauf trafen sie mit der Brigg zu- sammen, von welcher sie aber die Bewegung des Meeres und die Unzulänglichkeit der Rettungsmittel ohne die Ent- schlossenheit des Capitains auch bald getrennt hätte. Die Magerkeit der Unglücklichen und ihr leidendes Aussehen erregte das Mitleid der Bemannung auf das lebhafteste, denn in ihren Zügen malten sich die Leiden, die sie in den 46 Tagen zu erdulden gehabt hatten. Die Arrakatscha. [Abbildung] Die Arrakatscha ist ein Doldengewächs, wie die Möhre und die Pastinake. Sie hat mit dem Schierling große Ähnlichkeit, ohne jedoch dessen giftige Eigenschaft zu thei- len und mit der Kartoffel gleiches Vaterland, denn sie findet sich am häufigsten an dem Andengebirge in Südamerika, besonders in den Provinzen von Santa Fé und Bogota, doch soll sie auch am Atlasgebirge vor- kommen. Der Umstand, daß sie mit der Kartoffel das Vaterland theilt, hat die Handelsgärtner verleitet, ihren Namen auf eine kleine, längliche Frühkartoffel überzu- tragen, was aber ziemlich allgemein wieder abgekommen ist, seit man die eigentliche Arrakatscha näher kennen ge- lernt und eingesehen hat, daß es keine verschiedenern Pflanzen geben kann als die Arrakatscha und die Kar- toffel sind. Jn England hat man zuerst Versuche gemacht, sie anzubauen, und von da ist sie auch nach Deutschland gekommen, wo sie sich aber erst an das Klima wird ge- wöhnen müssen und daher zunächst nur im Süden ge- deihen möchte. Doch liebt sie keineswegs sehr heiße Ge- genden, sondern ein gemäßigtes Klima, wenn sie nicht zu sehr in Blätter und Stengel schießen soll. Was der Pflanze ihren Werth gibt ist die weiße, gelbe, oft auch purpurrothe Wurzel, welche die Eigen- schaften der Kartoffel besitzt und diese noch bei weitem übertrifft. Zu ihrer Anpflanzung bedarf man einen tie- fen, leichten, schwarzen Boden. Jn diesen legt man die in mehre Stücke zerschnittene Wurzel, nicht allzu tief. Wenn man dafür gesorgt hat, daß jedes Stück ein Auge behielt, so bildet sich aus jedem Auge eine Pflanze, welche nach drei bis vier Monaten eine genieß- bare Wurzel getrieben hat, die an Gestalt und Größe einem Kuhhorn gleicht. Läßt man die Wurzel noch länger in der Erde, so wird sie noch viel größer, ohne deshalb das Geringste von ihrem guten Geschmacke zu verlieren. Sie gleicht an Festigkeit den besten Wallnüs- sen, wird wie die Kartoffel zubereitet und ist, ohne so mehlig zu sein wie diese, eine sehr wohlschmeckende und dabei leichte und gesunde Speise. Zu Brei gekocht und der Gährung ausgesetzt, gibt sie ein magenstärkendes Getränk. Vergiftung des Biers durch Wasser. Läßt man ein beliebiges Quantum gutes, reines Braun- bier auf einem Porzellanteller an der Luft verdampfen, so bleibt zuletzt ein kleiner Rest von syrupartiger Con- sistenz zurück, welcher nicht bitter schmeckt und nicht narkotisch, nicht betäubend ist; läßt man dagegen von demselben Biere ein mit einem Drittheil frischen Brun- nenwassers versetztes Quantum auf dieselbe Weise ver- dampfen, so erhält man einen Rückstand, welcher höchst bitter schmeckt und betäubend ist. Der Wasserzusatz hat also das Bier nicht blos geschwächt, sondern auch verstärkt, geschwächt in seiner wohlthätigen nähren- den, verstärkt in seiner verderblichen betäubenden Eigen- schaft. Der Grund dieser Erscheinung ist folgender: Das Narkotische und Bittere des Hopfens steht in einem gut- gebrauten Biere mit dem unvergohrenen, durch den Brau- proceß aus dem Stärkemehl der Gerste entstandenen Malzzucker und Malzgummi in einer innigen, chemischen Verbindung. Durch das zugesetzte Brunnenwasser wird aber diese Verbindung zersetzt, das Narkotische und Bit- tere folglich wieder frei. Der Verkäufer eines durch Was- ser verdünnten Biers ist also nicht blos ein Betrüger, er ist auch ein Vergifter der Gesundheit seiner Mitmenschen. Hausirhandel der Slowaken des thuroczer Comitats. Die Slowaken aus dem thuroczer Comitat in Ungarn ( im Nordwesten von Ungarn, nördlich von Kremnitz ) treiben einen ausgebreiteten und großartigen Hausirhan- del mit östreichischen Naturerzeugnissen nicht nur nach den Ländern an der untern Donau, sondern sogar über Trapezunt nach Persien, den trans= und ciskaukasischen Provinzen Rußlands und einem großen Theile des asia- tischen und europäischen Rußlands. Mit ihrem Kram auf dem Rücken durchziehen sie die genannten Länder. Sie sind ein kraftvoller Menschenschlag, ausdauernd, nüchtern und ganz für dies Geschäft geboren. Sie woh- nen sämmtlich im thuroczer Comitat und bilden je nach den Ortschaften verschiedene Handelscompagnien, deren jeder ein eigenes Land, wo sie ihren Hausirhandel trei- ben, angewiesen ist, sodaß sie einander nicht im Wege sind. Sie stehen aber stets in wechselseitiger Verbindung und haben auch in den entferntesten Ländern gewisse

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 24. Leipzig (Sachsen), 17. Juni 1843, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig024_1843/4>, abgerufen am 01.06.2024.