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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 72. Leipzig (Sachsen), 11. Mai 1854.

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[Beginn Spaltensatz] hin, die von jeder Pflanzung aus zu demselben Zwecke
-- daher man Kähne darauf findet -- angelegt sind
und allmälig in Sumpf übergehen, oder auf umge-
stürzten Bäumen hin balancirend oder geradezu wa-
tend, begegnet selten einem Menschen. Am meisten
sieht man noch Männer, welche Holz fortschaffen oder
auf kleinen Kähnen fortfahren oder Bäume fällen, so-
wie ärmere Frauen, besonders deutsche, irische und far-
bige, welche des Jahrs fünf bis sechs Monate lang
die großen, süßen Beeren der an manchen Stellen in
Menge wachsenden Brombeersträucher einsammeln oder
Krebse und Schildkröten suchen oder die als lange
graue, mit kleinen Seitenblättchen versehene Fäden um
die Zweige der Bäume geschlungenen und ellenlang
herabhängenden Luftflechten ( tillandsia ) in Massen her-
abreißen, an der Sonne trocknen, wodurch sie schwarz-
braun und den Roßhaaren ähnlich werden, und dann
als spanisches Moos zum Ausstopfen der Matratzen
verkaufen.

Gewähren aber auch diese Wälder auf solche Art
manchem Armen dann und wann einen kleinen Theil
seines Unterhalts, so kann man sich doch der [unleserliches Material - 12 Zeichen fehlen]Betrach-
tung nicht erwehren, daß ein Raum von mehren Qua-
dratmeilen in einem an Holz so reichen Lande dicht
bei einer bedeutenden Stadt als Acker= und Garten-
land besser benutzt wäre. Unheimlich aber wird ihr
Anblick, wenn man bedenkt, daß aus ihnen in der
warmen Jahreszeit, wo das Thermometer monatelang
über 30, mitunter wol auf 40° R. steht, jene verpe-
stenden Dünste emporsteigen, wodurch die nach ihrer
Beschreibung manchen Leser vielleicht ohnedies nicht sehr
[Spaltenumbruch] anlockenden Wälder zu einer Werkstätte des Todes
werden. Denn sie sind durch die Vereinigung von
Hitze und Sumpfluft die Hauptquelle des Gelben Fie-
bers, welches in Neuorleans im Sommer 1853 unge-
wöhnlich schrecklich gewüthet hat, alljährlich aber von
der Bevölkerung oder vielmehr von den des Klimas
ungewohnten und durch ihre Verhältnisse an der Flucht
gehinderten Einwanderern aus dem Norden, aus Frank-
reich, besonders aber aus Deutschland und Jrland
Hunderte und Tausende, die man oft als Namenlose
verscharrt, hinwegrafft und durch diesen furchtbaren
Tribut den hiesigen blühenden Handel und die regen
Geschäfte mehr als mancher Krieg in Schranken hält.



Wirkung von Bienenstichen.

Jn der Nähe von Orleans starben fünf kräftige
Pferde innerhalb vier Stunden, nachdem sie von einer
Menge von Bienen gestochen worden waren. Bei der
Section fanden sich in der Haut zahllose abgebrochene
Stacheln, namentlich in den Umgebungen der Augen
und Nasenlöcher. Mehre der Pferde hatten sich in
ihren Schmerzanfällen die Zähne zersprengt. Als Mit-
tel gegen den Bienenstich wird der Saft der frisch aus-
gedrückten Beeren von Jelängerjelieber ( Lonicera capri-
folium
) empfohlen, den man in Gläsern aufbewahren
kann, um die gestochene Stelle mit dem Safte be-
streichen zu können.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Die beiden Wächter.
Nach Gellert's bekannter Fabel.


[Beginn Spaltensatz] hin, die von jeder Pflanzung aus zu demselben Zwecke
— daher man Kähne darauf findet — angelegt sind
und allmälig in Sumpf übergehen, oder auf umge-
stürzten Bäumen hin balancirend oder geradezu wa-
tend, begegnet selten einem Menschen. Am meisten
sieht man noch Männer, welche Holz fortschaffen oder
auf kleinen Kähnen fortfahren oder Bäume fällen, so-
wie ärmere Frauen, besonders deutsche, irische und far-
bige, welche des Jahrs fünf bis sechs Monate lang
die großen, süßen Beeren der an manchen Stellen in
Menge wachsenden Brombeersträucher einsammeln oder
Krebse und Schildkröten suchen oder die als lange
graue, mit kleinen Seitenblättchen versehene Fäden um
die Zweige der Bäume geschlungenen und ellenlang
herabhängenden Luftflechten ( tillandsia ) in Massen her-
abreißen, an der Sonne trocknen, wodurch sie schwarz-
braun und den Roßhaaren ähnlich werden, und dann
als spanisches Moos zum Ausstopfen der Matratzen
verkaufen.

Gewähren aber auch diese Wälder auf solche Art
manchem Armen dann und wann einen kleinen Theil
seines Unterhalts, so kann man sich doch der [unleserliches Material – 12 Zeichen fehlen]Betrach-
tung nicht erwehren, daß ein Raum von mehren Qua-
dratmeilen in einem an Holz so reichen Lande dicht
bei einer bedeutenden Stadt als Acker= und Garten-
land besser benutzt wäre. Unheimlich aber wird ihr
Anblick, wenn man bedenkt, daß aus ihnen in der
warmen Jahreszeit, wo das Thermometer monatelang
über 30, mitunter wol auf 40° R. steht, jene verpe-
stenden Dünste emporsteigen, wodurch die nach ihrer
Beschreibung manchen Leser vielleicht ohnedies nicht sehr
[Spaltenumbruch] anlockenden Wälder zu einer Werkstätte des Todes
werden. Denn sie sind durch die Vereinigung von
Hitze und Sumpfluft die Hauptquelle des Gelben Fie-
bers, welches in Neuorleans im Sommer 1853 unge-
wöhnlich schrecklich gewüthet hat, alljährlich aber von
der Bevölkerung oder vielmehr von den des Klimas
ungewohnten und durch ihre Verhältnisse an der Flucht
gehinderten Einwanderern aus dem Norden, aus Frank-
reich, besonders aber aus Deutschland und Jrland
Hunderte und Tausende, die man oft als Namenlose
verscharrt, hinwegrafft und durch diesen furchtbaren
Tribut den hiesigen blühenden Handel und die regen
Geschäfte mehr als mancher Krieg in Schranken hält.



Wirkung von Bienenstichen.

Jn der Nähe von Orleans starben fünf kräftige
Pferde innerhalb vier Stunden, nachdem sie von einer
Menge von Bienen gestochen worden waren. Bei der
Section fanden sich in der Haut zahllose abgebrochene
Stacheln, namentlich in den Umgebungen der Augen
und Nasenlöcher. Mehre der Pferde hatten sich in
ihren Schmerzanfällen die Zähne zersprengt. Als Mit-
tel gegen den Bienenstich wird der Saft der frisch aus-
gedrückten Beeren von Jelängerjelieber ( Lonicera capri-
folium
) empfohlen, den man in Gläsern aufbewahren
kann, um die gestochene Stelle mit dem Safte be-
streichen zu können.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Die beiden Wächter.
Nach Gellert's bekannter Fabel.


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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 72. Leipzig (Sachsen), 11. Mai 1854, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig072_1854/7>, abgerufen am 21.11.2024.