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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 98. Leipzig (Sachsen), 16. November 1854.

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[Beginn Spaltensatz] bald löste sich die Versammlung in der Kirche bis auf
einige Gläubige auf. Am schlimmsten erging es nun
dem armen Propheten. Nicht nur, daß Spott und
Hohn ihn traf, nein, auch unzählige Vorwürfe mußte
er von solchen Leuten anhören, welche ihr Hab und
Gut hingegeben hatten und nun verarmt dastanden.
Er aber blieb noch immer auf der Kanzel stehen, denn
er glaubte seiner Sache ganz gewiß zu sein, doch die
Erbitterung der Gemeindeglieder wuchs. Sie stürmten
endlich auf den Prediger ein, zogen ihn von der Kan-
zel herab, banden ihn und schleppten ihn nach Wit-
tenberg, um ihn als einen falschen Propheten der
[Spaltenumbruch] Strafe der höhern Behörden zu überliefern. Das Ge-
richt war nicht so streng, als es die Ankläger begehr-
ten. Stifel wurde zwar auf längere Zeit seines Am-
tes entsetzt, damit er seinen Jrrwahn vergessen lernen
sollte; aber später machte man ihn zum Prediger in
Holzdorf bei Schweinitz. Hier begann er seine astro-
logischen Studien aufs neue, prophezeite wiederholt
allerlei und wurde abermals verjagt. Doch fand er
wieder eine Anstellung als Pfarrer in Habestrom bei Kö-
nigsberg und endlich wendete er sich, als sein Lebens-
abend kam, nach Jena, wo er, 81 Jahre alt, im
Jahre 1567 starb.

[Ende Spaltensatz]

Mandrills.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Der Mandrill bietet eine höchst widerwärtige Ver-
mengung von thierischen und menschlichen Formen dar
und erreicht die bedeutende Höhe von3 1 / 2 -- 5 Fuß.
Jn seinem massenhaften Körper wohnt eine entspre-
chende Kraft, aber auch eine höchst gefahrdrohende
Wildheit. Die Eingeborenen von Guinea und der
Westküste Afrikas überhaupt fürchten ihn in hohem
Grade. Jn seinen Wäldern lebt er in Truppen ver-
einigt, die jedem andern wilden Thiere die Spitze zu
bieten vermögen und, häufig in Felder und Gärten
einbrechend, Plünderungen und Verwüstungen unge-
straft vornehmen. Er bewegt sich auf ebener Erde
mit mehr Sicherheit und Leichtigkeit als die übrigen
Affen, indessen springt und klettert er auch mit vieler
Gewandtheit. Seine Stimme klingt hohl und tief in
Kehltönen, jedoch infolge eines den Ton schwächen-
den Kehlsacks niemals sehr laut; sie drückt großen Zorn
und Bosheit aus, wenn sie in abgebrochene Laute
[Spaltenumbruch] übergeht. Daß die Mandrills im westlichen Afrika
häufig sein müssen, folgert man aus der großen Zahl
von jungen, von Zeit zu Zeit nach Europa gebrach-
ten Jndividuen, die jedoch selten alt werden, in-
dem der Zahnwechsel, der mit der erwähnten bedeu-
tenden körperlichen Entwickelung verbunden ist, ihnen
gewöhnlich tödtlich wird. Jn der Gefangenschaft sind
sie sehr bösartig und pflegen alle Thiere der Mena-
gerie zu tödten, die in ihren Bereich kommen. Jn der
berühmten Menagerie von Croß in London befand sich
vor einigen Jahren ein Mandrill, der, in einem Arm-
stuhle sitzend, mit großem Ernste aus einem Kruge
Porterbier trank und Taback rauchte, indessen von un-
gemein heftigem Temperament war und durch die
kleinste Beleidigung in solche Wuth versetzt wurde, daß
sein Anblick dann dem Kühnsten Furcht einflößte und
der stärkste Mann, wenn er unbewaffnet sich mit ihm
eingelassen hätte, besiegt worden sein würde.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] bald löste sich die Versammlung in der Kirche bis auf
einige Gläubige auf. Am schlimmsten erging es nun
dem armen Propheten. Nicht nur, daß Spott und
Hohn ihn traf, nein, auch unzählige Vorwürfe mußte
er von solchen Leuten anhören, welche ihr Hab und
Gut hingegeben hatten und nun verarmt dastanden.
Er aber blieb noch immer auf der Kanzel stehen, denn
er glaubte seiner Sache ganz gewiß zu sein, doch die
Erbitterung der Gemeindeglieder wuchs. Sie stürmten
endlich auf den Prediger ein, zogen ihn von der Kan-
zel herab, banden ihn und schleppten ihn nach Wit-
tenberg, um ihn als einen falschen Propheten der
[Spaltenumbruch] Strafe der höhern Behörden zu überliefern. Das Ge-
richt war nicht so streng, als es die Ankläger begehr-
ten. Stifel wurde zwar auf längere Zeit seines Am-
tes entsetzt, damit er seinen Jrrwahn vergessen lernen
sollte; aber später machte man ihn zum Prediger in
Holzdorf bei Schweinitz. Hier begann er seine astro-
logischen Studien aufs neue, prophezeite wiederholt
allerlei und wurde abermals verjagt. Doch fand er
wieder eine Anstellung als Pfarrer in Habestrom bei Kö-
nigsberg und endlich wendete er sich, als sein Lebens-
abend kam, nach Jena, wo er, 81 Jahre alt, im
Jahre 1567 starb.

[Ende Spaltensatz]

Mandrills.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Der Mandrill bietet eine höchst widerwärtige Ver-
mengung von thierischen und menschlichen Formen dar
und erreicht die bedeutende Höhe von3 1 / 2 — 5 Fuß.
Jn seinem massenhaften Körper wohnt eine entspre-
chende Kraft, aber auch eine höchst gefahrdrohende
Wildheit. Die Eingeborenen von Guinea und der
Westküste Afrikas überhaupt fürchten ihn in hohem
Grade. Jn seinen Wäldern lebt er in Truppen ver-
einigt, die jedem andern wilden Thiere die Spitze zu
bieten vermögen und, häufig in Felder und Gärten
einbrechend, Plünderungen und Verwüstungen unge-
straft vornehmen. Er bewegt sich auf ebener Erde
mit mehr Sicherheit und Leichtigkeit als die übrigen
Affen, indessen springt und klettert er auch mit vieler
Gewandtheit. Seine Stimme klingt hohl und tief in
Kehltönen, jedoch infolge eines den Ton schwächen-
den Kehlsacks niemals sehr laut; sie drückt großen Zorn
und Bosheit aus, wenn sie in abgebrochene Laute
[Spaltenumbruch] übergeht. Daß die Mandrills im westlichen Afrika
häufig sein müssen, folgert man aus der großen Zahl
von jungen, von Zeit zu Zeit nach Europa gebrach-
ten Jndividuen, die jedoch selten alt werden, in-
dem der Zahnwechsel, der mit der erwähnten bedeu-
tenden körperlichen Entwickelung verbunden ist, ihnen
gewöhnlich tödtlich wird. Jn der Gefangenschaft sind
sie sehr bösartig und pflegen alle Thiere der Mena-
gerie zu tödten, die in ihren Bereich kommen. Jn der
berühmten Menagerie von Croß in London befand sich
vor einigen Jahren ein Mandrill, der, in einem Arm-
stuhle sitzend, mit großem Ernste aus einem Kruge
Porterbier trank und Taback rauchte, indessen von un-
gemein heftigem Temperament war und durch die
kleinste Beleidigung in solche Wuth versetzt wurde, daß
sein Anblick dann dem Kühnsten Furcht einflößte und
der stärkste Mann, wenn er unbewaffnet sich mit ihm
eingelassen hätte, besiegt worden sein würde.

[Ende Spaltensatz]

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[364/0004] 364 bald löste sich die Versammlung in der Kirche bis auf einige Gläubige auf. Am schlimmsten erging es nun dem armen Propheten. Nicht nur, daß Spott und Hohn ihn traf, nein, auch unzählige Vorwürfe mußte er von solchen Leuten anhören, welche ihr Hab und Gut hingegeben hatten und nun verarmt dastanden. Er aber blieb noch immer auf der Kanzel stehen, denn er glaubte seiner Sache ganz gewiß zu sein, doch die Erbitterung der Gemeindeglieder wuchs. Sie stürmten endlich auf den Prediger ein, zogen ihn von der Kan- zel herab, banden ihn und schleppten ihn nach Wit- tenberg, um ihn als einen falschen Propheten der Strafe der höhern Behörden zu überliefern. Das Ge- richt war nicht so streng, als es die Ankläger begehr- ten. Stifel wurde zwar auf längere Zeit seines Am- tes entsetzt, damit er seinen Jrrwahn vergessen lernen sollte; aber später machte man ihn zum Prediger in Holzdorf bei Schweinitz. Hier begann er seine astro- logischen Studien aufs neue, prophezeite wiederholt allerlei und wurde abermals verjagt. Doch fand er wieder eine Anstellung als Pfarrer in Habestrom bei Kö- nigsberg und endlich wendete er sich, als sein Lebens- abend kam, nach Jena, wo er, 81 Jahre alt, im Jahre 1567 starb. Mandrills. [Abbildung] Der Mandrill bietet eine höchst widerwärtige Ver- mengung von thierischen und menschlichen Formen dar und erreicht die bedeutende Höhe von3 1 / 2 — 5 Fuß. Jn seinem massenhaften Körper wohnt eine entspre- chende Kraft, aber auch eine höchst gefahrdrohende Wildheit. Die Eingeborenen von Guinea und der Westküste Afrikas überhaupt fürchten ihn in hohem Grade. Jn seinen Wäldern lebt er in Truppen ver- einigt, die jedem andern wilden Thiere die Spitze zu bieten vermögen und, häufig in Felder und Gärten einbrechend, Plünderungen und Verwüstungen unge- straft vornehmen. Er bewegt sich auf ebener Erde mit mehr Sicherheit und Leichtigkeit als die übrigen Affen, indessen springt und klettert er auch mit vieler Gewandtheit. Seine Stimme klingt hohl und tief in Kehltönen, jedoch infolge eines den Ton schwächen- den Kehlsacks niemals sehr laut; sie drückt großen Zorn und Bosheit aus, wenn sie in abgebrochene Laute übergeht. Daß die Mandrills im westlichen Afrika häufig sein müssen, folgert man aus der großen Zahl von jungen, von Zeit zu Zeit nach Europa gebrach- ten Jndividuen, die jedoch selten alt werden, in- dem der Zahnwechsel, der mit der erwähnten bedeu- tenden körperlichen Entwickelung verbunden ist, ihnen gewöhnlich tödtlich wird. Jn der Gefangenschaft sind sie sehr bösartig und pflegen alle Thiere der Mena- gerie zu tödten, die in ihren Bereich kommen. Jn der berühmten Menagerie von Croß in London befand sich vor einigen Jahren ein Mandrill, der, in einem Arm- stuhle sitzend, mit großem Ernste aus einem Kruge Porterbier trank und Taback rauchte, indessen von un- gemein heftigem Temperament war und durch die kleinste Beleidigung in solche Wuth versetzt wurde, daß sein Anblick dann dem Kühnsten Furcht einflößte und der stärkste Mann, wenn er unbewaffnet sich mit ihm eingelassen hätte, besiegt worden sein würde.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 98. Leipzig (Sachsen), 16. November 1854, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig098_1854/4>, abgerufen am 21.11.2024.