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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 111. Leipzig (Sachsen), 16. Februar 1855.

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[Beginn Spaltensatz] für ein gemeinschaftliches Werk von ihm und Leo Judä
halten konnte. Jm Jahre 1529 konnte er ihr das
erste vollständige Exemplar der kleinen Handbibel brin-
gen. Diese blieb ihr Lieblingsbuch bis zum Tode und
durch ihre Empfehlung kam sie schnell in die Haus-
haltungen der Bürger. Anna selbst konnte jetzt sich
auch selber in der Schrift erbauen und brauchte nicht
daheim zu kurz zu kommen, während ihr Mann von
den Auswärtigen und von Geschäften ganz in Be-
schlag genommen wurde.

Um so fleißiger ging Anna für ihn zu den Kran-
ken, besonders zu den Wöchnerinnen, und brachte
Speise und Trank, Arznei und Kleidung. Die Armen
fanden bei ihr stets Gehör und sie war auch darin
ganz die rechte Hand ihres Eheherrn, der mit stetem
Eifer für Anstalten zu wohlthätigen Zwecken predigte
und wirkte. Durch ihn kam es dazu, daß die Ein-
künfte der reichen Frauenmünsterabtei zu solchen Zwecken
bestimmt und ein Almosenamt für den Canton an-
geordnet wurde, in welches bald bedeutende Vermächt-
[Spaltenumbruch] nisse flossen; daß das Augustinerkloster sich in eine
Küche für Arme umgestaltete; daß aus dem Barfüßer-
gebäude ein Speicher des Almosens, aus den Klöstern
am Oetenbach und Selnau ein Hospital für Kranke
und eine Herberge für Fremde, später ein Waisenhaus
wurde.

Ebenso freundlich und zuvorkommend wie gegen die
Armen war Anna gegen Fremde, besonders solche,
welche anderwärts vertrieben in Zürich Schutz und Un-
terkommen suchten. Jhr Haus war selten von Frem-
den leer und Alle bewunderten, wie ihr heiteres Ge-
müth und ihre Selbstverleugnung unerschöpflich an
Mitteln war, die Gäste zu erfreuen und zu erheitern.
Man hieß sie ebendaher nur die apostolische Rehe; sie
war zu einer Pflege= und Herbergsmutter wie ge-
schaffen. Bis Zwingli den Vertriebenen in Zürich
Brot und Anstellung verschafft hatte, sorgte sie gewöhn-
lich für einstweilige Nahrung und Kleidung, theils aus
eigenen Mitteln, theils durch Fürsprache bei Andern.

( Beschluß folgt. )

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Der Kreml in Moskau.

Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1834, Nr. 63; Jahrgang 1836, Nr. 169.



[Beginn Spaltensatz] für ein gemeinschaftliches Werk von ihm und Leo Judä
halten konnte. Jm Jahre 1529 konnte er ihr das
erste vollständige Exemplar der kleinen Handbibel brin-
gen. Diese blieb ihr Lieblingsbuch bis zum Tode und
durch ihre Empfehlung kam sie schnell in die Haus-
haltungen der Bürger. Anna selbst konnte jetzt sich
auch selber in der Schrift erbauen und brauchte nicht
daheim zu kurz zu kommen, während ihr Mann von
den Auswärtigen und von Geschäften ganz in Be-
schlag genommen wurde.

Um so fleißiger ging Anna für ihn zu den Kran-
ken, besonders zu den Wöchnerinnen, und brachte
Speise und Trank, Arznei und Kleidung. Die Armen
fanden bei ihr stets Gehör und sie war auch darin
ganz die rechte Hand ihres Eheherrn, der mit stetem
Eifer für Anstalten zu wohlthätigen Zwecken predigte
und wirkte. Durch ihn kam es dazu, daß die Ein-
künfte der reichen Frauenmünsterabtei zu solchen Zwecken
bestimmt und ein Almosenamt für den Canton an-
geordnet wurde, in welches bald bedeutende Vermächt-
[Spaltenumbruch] nisse flossen; daß das Augustinerkloster sich in eine
Küche für Arme umgestaltete; daß aus dem Barfüßer-
gebäude ein Speicher des Almosens, aus den Klöstern
am Oetenbach und Selnau ein Hospital für Kranke
und eine Herberge für Fremde, später ein Waisenhaus
wurde.

Ebenso freundlich und zuvorkommend wie gegen die
Armen war Anna gegen Fremde, besonders solche,
welche anderwärts vertrieben in Zürich Schutz und Un-
terkommen suchten. Jhr Haus war selten von Frem-
den leer und Alle bewunderten, wie ihr heiteres Ge-
müth und ihre Selbstverleugnung unerschöpflich an
Mitteln war, die Gäste zu erfreuen und zu erheitern.
Man hieß sie ebendaher nur die apostolische Rehe; sie
war zu einer Pflege= und Herbergsmutter wie ge-
schaffen. Bis Zwingli den Vertriebenen in Zürich
Brot und Anstellung verschafft hatte, sorgte sie gewöhn-
lich für einstweilige Nahrung und Kleidung, theils aus
eigenen Mitteln, theils durch Fürsprache bei Andern.

( Beschluß folgt. )

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Der Kreml in Moskau.

Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1834, Nr. 63; Jahrgang 1836, Nr. 169.



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[52/0004] 52 für ein gemeinschaftliches Werk von ihm und Leo Judä halten konnte. Jm Jahre 1529 konnte er ihr das erste vollständige Exemplar der kleinen Handbibel brin- gen. Diese blieb ihr Lieblingsbuch bis zum Tode und durch ihre Empfehlung kam sie schnell in die Haus- haltungen der Bürger. Anna selbst konnte jetzt sich auch selber in der Schrift erbauen und brauchte nicht daheim zu kurz zu kommen, während ihr Mann von den Auswärtigen und von Geschäften ganz in Be- schlag genommen wurde. Um so fleißiger ging Anna für ihn zu den Kran- ken, besonders zu den Wöchnerinnen, und brachte Speise und Trank, Arznei und Kleidung. Die Armen fanden bei ihr stets Gehör und sie war auch darin ganz die rechte Hand ihres Eheherrn, der mit stetem Eifer für Anstalten zu wohlthätigen Zwecken predigte und wirkte. Durch ihn kam es dazu, daß die Ein- künfte der reichen Frauenmünsterabtei zu solchen Zwecken bestimmt und ein Almosenamt für den Canton an- geordnet wurde, in welches bald bedeutende Vermächt- nisse flossen; daß das Augustinerkloster sich in eine Küche für Arme umgestaltete; daß aus dem Barfüßer- gebäude ein Speicher des Almosens, aus den Klöstern am Oetenbach und Selnau ein Hospital für Kranke und eine Herberge für Fremde, später ein Waisenhaus wurde. Ebenso freundlich und zuvorkommend wie gegen die Armen war Anna gegen Fremde, besonders solche, welche anderwärts vertrieben in Zürich Schutz und Un- terkommen suchten. Jhr Haus war selten von Frem- den leer und Alle bewunderten, wie ihr heiteres Ge- müth und ihre Selbstverleugnung unerschöpflich an Mitteln war, die Gäste zu erfreuen und zu erheitern. Man hieß sie ebendaher nur die apostolische Rehe; sie war zu einer Pflege= und Herbergsmutter wie ge- schaffen. Bis Zwingli den Vertriebenen in Zürich Brot und Anstellung verschafft hatte, sorgte sie gewöhn- lich für einstweilige Nahrung und Kleidung, theils aus eigenen Mitteln, theils durch Fürsprache bei Andern. ( Beschluß folgt. ) [Abbildung Der Kreml in Moskau. Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1834, Nr. 63; Jahrgang 1836, Nr. 169.]

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 111. Leipzig (Sachsen), 16. Februar 1855, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig111_1855/4>, abgerufen am 03.12.2024.