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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 155. Leipzig (Sachsen), 19. März 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Sterblichkeit verursachte, da das frisch gesäete Getreide da-
durch zu Grunde gerichtet ward. Fig. 4 bezeichnet die
Taufe eines Jndianers durch einen spanischen Priester;
Fig. 5 den Aufstand und die Bestrafung der Neger in
Mexico im Jahre 1537; Fig. 6 die Erscheinung zweier
Kometen, die bildlich durch ein Ungethüm angedeutet
werden, in den Jahren 1490 und 1529, und Fig. 7
die durch die Pocken unter den Mexicanern angerichteten
Verheerungen im Jahre 1538.

Wir haben ein Bild des gesellschaftlichen Zustan-
des zu geben versucht, worin sich die Bewohner Mexi-
cos befanden, als die Spanier ankamen, und wollen
nun, ehe wir zu der Schilderung der alten Hauptstadt
übergehen, einen Blick auf die Geschichte des Landes
seit der Eroberung werfen. Die Spanier hatten seit
1508 die Jnsel Cuba aufgefunden und schon lange nach
den Goldländern im Westen des amerikanischen Fest-
landes getrachtet, als 1519 der spanische Statthalter
auf Cuba dem tapfern Ferdinand Cortez den Auf-
trag gab, Mexico zu unterjochen. Kaum aber war Cor-
tez von Cuba abgesegelt, da gebot ihm der Statthalter,
den Oberbefehl abzugeben. Erbittert über diese Krän-
kung und von seinen Kriegern unterstützt, beschloß Cor-
tez, das Unternehmen auf eigne Gefahr mit 500 Mann
Fußvolk und 60 Reitern zu wagen. Montezuma be-
herrschte damals Mexico, dem einige benachbarte Län-
der unterworfen waren. Cortez landete und verbrannte
seine Schiffe, um seinen Gefährten jede Hoffnung der
Rückkehr abzuschneiden. Er baute an der Küste die
Feste Vera Cruz und brach dann gegen Mexico auf.
Nach einem beschwerlichen Zuge kamen die Spanier in
die weite fruchtbare Ebene, wo die Hauptstadt aus ei-
nem großen See mit ihren Tempeln und Thürmen so
prachtvoll hervorstieg, daß sie in das Land der Träume
versetzt zu sein glaubten. Vor den Thoren der Stadt
angekommen, sahen sie einen langen Zug vornehmer
Männer, die mit Federn geschmückt waren und Män-
tel von feinem Baumwollenzeuch trugen. Ehrerbietig
grüßten sie den spanischen Heerführer und verkündigten
die Ankunft Montezuma's, der bald nachher in könig-
licher Pracht erschien. Er ward in einer Sänfte von
vier Dienern getragen, während andere einen zierlich
gearbeiteten Baldachin über seinem Haupte hielten. Voran
gingen drei Hofbeamte mit goldenen Stäben in der Hand,
die sie von Zeit zu Zeit erhoben, worauf alle anwe-
senden Mexicaner demüthig das Haupt senkten. Monte-
zuma stieg aus der Sänfte und, gestützt auf zwei sei-
ner nächsten Verwandten, näherte er sich langsam den
Spaniern, während seine Begleiter die Straße mit
baumwollenen Zeuchen bedeckten, damit sein Fuß nicht
den Boden berühre. Nach der feierlichen Begrüßung
führte Montezuma den Anführer mit allen Kriegern
in einen großen Palast und schied dann mit den Wor-
ten: "Du bist nun mit deinen Brüdern in deinem eig-
nen Hause; erfrischt euch nach euren Beschwerden und
seid glücklich, bis ich wiederkomme."

Die erste Sorge des spanischen Heerführers war,
an seine Sicherheit zu denken, und da der Palast mit
einer Mauer umgeben war, so ward es ihm leicht, sich
gegen jeden Überfall zu schützen. Jn den Abendstun-
den kehrte Montezuma zurück und es erfolgte eine lange
Besprechung, worin er seine abergläubige Ehrfurcht ge-
gen die Fremdlinge verrieth, und, wie die Spanier er-
zählen, sie als die Herren seines Gebiets erkannte. Am
nächsten Morgen wurden Cortez und seine vornehmsten
Offiziere vor Montezuma geführt und brachten dann die
nächsten drei Tage damit zu, die wundervolle Stadt
zu besehen.

[Spaltenumbruch]

Mexico, von den Azteken im Jahre 1325 erbaut
und anfänglich Tenochtitlan genannt, lag auf einer Jn-
sel im See Tezcuco und war mit dem Festlande durch
drei Dämme verbunden. Ein vierter Dammweg war
die Grundlage einer Wasserleitung, welche der Stadt
Wasser aus der Nachbarschaft zuführte, da der See kein
gutes Trinkwasser gab. Die Stadt war sehr regelmä-
ßig gebaut und ein Soldat im spanischen Heere, der
eine getreue Geschichte der Eroberung Mexicos hinterlas-
sen hat, verglich sie wegen der genau abgemessenen An-
ordnung ihrer Freiplätze mit einem ungeheuern Schach-
bret. Jeder Freiplatz war mit Wegen oder Kanälen
umgeben und auf jedem stand ein Tempel. Einige
Hauptstraßen, eng, aber lang, waren halb trocken,
halb von Kanälen durchschnitten, über welche gut ge-
baute hölzerne Brücken führten. Der Marktplatz war
von sehr bedeutendem Umfange und mit einer großen Halle
umgeben. Hier fand man Waaren aller Art, Natur-
erzeugnisse und Fabrikate. Die Waaren jeder Gattung
wurden in besondern Abtheilungen des Marktes ver-
kauft. Aufseher zogen fortwährend durch das Gedränge,
um darauf zu achten, daß die richtigen Preise gefodert
wurden, und nahmen den Kaufleuten falsche Maße weg,
die sie dann zerbrachen. Die Spanier bewunderten die
von Vogelfedern verfertigten Arbeiten, die Schmet-
terlinge, Blumen und andere Naturgegenstände vor-
stellten und von den Eingeborenen mit ungemeiner Ge-
schicklichkeit gemacht wurden. Die Goldschmiede liefer-
ten vorzügliche Arbeiten, obgleich die Mexicaner zu je-
ner Zeit den Bergbau noch nicht kannten, sondern das
Gold blos aus Flüssen und Bächen gewannen. Man
goß, wie die gleichzeitigen spanischen Berichterstatter ver-
sichern, Schüsseln mit acht Ecken, von welchen jede aus
verschiedenem Metall, abwechselnd Gold und Silber, be-
stand, ohne daß man eine Löthung daran bemerkte, ja
sogar Fische, bei welchen eine Schuppe auf dem Rücken
von Gold, die andere von Silber war, einen Papagei,
der die Zunge rührte, den Kopf bewegte und mit den
Flügeln schlug, und einen Affen, der Hände und Füße
bewegte, eine Spindel hielt, als ob er spänne und einen
Apfel in der Hand hatte. Der Haupttempel stand in
der Mitte der Stadt, von Ziegeln erbaut, der Pyra-
mide von Cholula *) ähnlich. Auf der flachen Spitze, zu
welcher 114 Stufen führten, sah man große Steine,
auf welche die Opfer gestellt wurden. Hier stand auch
eine große Figur, einem Drachen gleich, um welche man
Spuren von frisch vergossenem Blute sah. Das eigent-
liche Heiligthum der Götter, das Montezuma selber dem
spanischen Feldherrn zeigte, war reich verziert. Das
Bild des Kriegsgottes war ganz mit Gold und Edel-
steinen bedeckt, sein Leib mit goldenen Schlangen um-
wunden, und um den Hals hingen goldene und silberne
Nachbildungen von menschlichen Köpfen und Herzen.
Jn einer vor dem Bilde stehenden Pfanne mit Räu-
cherwerk brannten drei Menschenherzen. Ein anderes
großes Götzenbild in Bärengestalt, war ebenso reich ver-
ziert und es wurden ihm ähnliche Opfer gebracht. Zu
diesem Tempel gehörten sehr viele Priester, und in den
von der äußern Mauer umschlossenen Gebäuden wohn-
ten überhaupt 5000 Menschen, die behaglich im Dienste
der Götter lebten. Der König zeigte, nach den Schil-
derungen der Spanier, den Prunk asiatischer Fürsten.
Niemand, einige Lehnfürsten ausgenommen, durften ihm
ins Gesicht sehen. Er änderte seinen Anzug und badete sich
täglich viermal, und legte die einmal getragenen Kleider nie
[Ende Spaltensatz]

*) Vergl. Pfennig=Magazin Nr. 119.

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Sterblichkeit verursachte, da das frisch gesäete Getreide da-
durch zu Grunde gerichtet ward. Fig. 4 bezeichnet die
Taufe eines Jndianers durch einen spanischen Priester;
Fig. 5 den Aufstand und die Bestrafung der Neger in
Mexico im Jahre 1537; Fig. 6 die Erscheinung zweier
Kometen, die bildlich durch ein Ungethüm angedeutet
werden, in den Jahren 1490 und 1529, und Fig. 7
die durch die Pocken unter den Mexicanern angerichteten
Verheerungen im Jahre 1538.

Wir haben ein Bild des gesellschaftlichen Zustan-
des zu geben versucht, worin sich die Bewohner Mexi-
cos befanden, als die Spanier ankamen, und wollen
nun, ehe wir zu der Schilderung der alten Hauptstadt
übergehen, einen Blick auf die Geschichte des Landes
seit der Eroberung werfen. Die Spanier hatten seit
1508 die Jnsel Cuba aufgefunden und schon lange nach
den Goldländern im Westen des amerikanischen Fest-
landes getrachtet, als 1519 der spanische Statthalter
auf Cuba dem tapfern Ferdinand Cortez den Auf-
trag gab, Mexico zu unterjochen. Kaum aber war Cor-
tez von Cuba abgesegelt, da gebot ihm der Statthalter,
den Oberbefehl abzugeben. Erbittert über diese Krän-
kung und von seinen Kriegern unterstützt, beschloß Cor-
tez, das Unternehmen auf eigne Gefahr mit 500 Mann
Fußvolk und 60 Reitern zu wagen. Montezuma be-
herrschte damals Mexico, dem einige benachbarte Län-
der unterworfen waren. Cortez landete und verbrannte
seine Schiffe, um seinen Gefährten jede Hoffnung der
Rückkehr abzuschneiden. Er baute an der Küste die
Feste Vera Cruz und brach dann gegen Mexico auf.
Nach einem beschwerlichen Zuge kamen die Spanier in
die weite fruchtbare Ebene, wo die Hauptstadt aus ei-
nem großen See mit ihren Tempeln und Thürmen so
prachtvoll hervorstieg, daß sie in das Land der Träume
versetzt zu sein glaubten. Vor den Thoren der Stadt
angekommen, sahen sie einen langen Zug vornehmer
Männer, die mit Federn geschmückt waren und Män-
tel von feinem Baumwollenzeuch trugen. Ehrerbietig
grüßten sie den spanischen Heerführer und verkündigten
die Ankunft Montezuma's, der bald nachher in könig-
licher Pracht erschien. Er ward in einer Sänfte von
vier Dienern getragen, während andere einen zierlich
gearbeiteten Baldachin über seinem Haupte hielten. Voran
gingen drei Hofbeamte mit goldenen Stäben in der Hand,
die sie von Zeit zu Zeit erhoben, worauf alle anwe-
senden Mexicaner demüthig das Haupt senkten. Monte-
zuma stieg aus der Sänfte und, gestützt auf zwei sei-
ner nächsten Verwandten, näherte er sich langsam den
Spaniern, während seine Begleiter die Straße mit
baumwollenen Zeuchen bedeckten, damit sein Fuß nicht
den Boden berühre. Nach der feierlichen Begrüßung
führte Montezuma den Anführer mit allen Kriegern
in einen großen Palast und schied dann mit den Wor-
ten: „Du bist nun mit deinen Brüdern in deinem eig-
nen Hause; erfrischt euch nach euren Beschwerden und
seid glücklich, bis ich wiederkomme.“

Die erste Sorge des spanischen Heerführers war,
an seine Sicherheit zu denken, und da der Palast mit
einer Mauer umgeben war, so ward es ihm leicht, sich
gegen jeden Überfall zu schützen. Jn den Abendstun-
den kehrte Montezuma zurück und es erfolgte eine lange
Besprechung, worin er seine abergläubige Ehrfurcht ge-
gen die Fremdlinge verrieth, und, wie die Spanier er-
zählen, sie als die Herren seines Gebiets erkannte. Am
nächsten Morgen wurden Cortez und seine vornehmsten
Offiziere vor Montezuma geführt und brachten dann die
nächsten drei Tage damit zu, die wundervolle Stadt
zu besehen.

[Spaltenumbruch]

Mexico, von den Azteken im Jahre 1325 erbaut
und anfänglich Tenochtitlan genannt, lag auf einer Jn-
sel im See Tezcuco und war mit dem Festlande durch
drei Dämme verbunden. Ein vierter Dammweg war
die Grundlage einer Wasserleitung, welche der Stadt
Wasser aus der Nachbarschaft zuführte, da der See kein
gutes Trinkwasser gab. Die Stadt war sehr regelmä-
ßig gebaut und ein Soldat im spanischen Heere, der
eine getreue Geschichte der Eroberung Mexicos hinterlas-
sen hat, verglich sie wegen der genau abgemessenen An-
ordnung ihrer Freiplätze mit einem ungeheuern Schach-
bret. Jeder Freiplatz war mit Wegen oder Kanälen
umgeben und auf jedem stand ein Tempel. Einige
Hauptstraßen, eng, aber lang, waren halb trocken,
halb von Kanälen durchschnitten, über welche gut ge-
baute hölzerne Brücken führten. Der Marktplatz war
von sehr bedeutendem Umfange und mit einer großen Halle
umgeben. Hier fand man Waaren aller Art, Natur-
erzeugnisse und Fabrikate. Die Waaren jeder Gattung
wurden in besondern Abtheilungen des Marktes ver-
kauft. Aufseher zogen fortwährend durch das Gedränge,
um darauf zu achten, daß die richtigen Preise gefodert
wurden, und nahmen den Kaufleuten falsche Maße weg,
die sie dann zerbrachen. Die Spanier bewunderten die
von Vogelfedern verfertigten Arbeiten, die Schmet-
terlinge, Blumen und andere Naturgegenstände vor-
stellten und von den Eingeborenen mit ungemeiner Ge-
schicklichkeit gemacht wurden. Die Goldschmiede liefer-
ten vorzügliche Arbeiten, obgleich die Mexicaner zu je-
ner Zeit den Bergbau noch nicht kannten, sondern das
Gold blos aus Flüssen und Bächen gewannen. Man
goß, wie die gleichzeitigen spanischen Berichterstatter ver-
sichern, Schüsseln mit acht Ecken, von welchen jede aus
verschiedenem Metall, abwechselnd Gold und Silber, be-
stand, ohne daß man eine Löthung daran bemerkte, ja
sogar Fische, bei welchen eine Schuppe auf dem Rücken
von Gold, die andere von Silber war, einen Papagei,
der die Zunge rührte, den Kopf bewegte und mit den
Flügeln schlug, und einen Affen, der Hände und Füße
bewegte, eine Spindel hielt, als ob er spänne und einen
Apfel in der Hand hatte. Der Haupttempel stand in
der Mitte der Stadt, von Ziegeln erbaut, der Pyra-
mide von Cholula *) ähnlich. Auf der flachen Spitze, zu
welcher 114 Stufen führten, sah man große Steine,
auf welche die Opfer gestellt wurden. Hier stand auch
eine große Figur, einem Drachen gleich, um welche man
Spuren von frisch vergossenem Blute sah. Das eigent-
liche Heiligthum der Götter, das Montezuma selber dem
spanischen Feldherrn zeigte, war reich verziert. Das
Bild des Kriegsgottes war ganz mit Gold und Edel-
steinen bedeckt, sein Leib mit goldenen Schlangen um-
wunden, und um den Hals hingen goldene und silberne
Nachbildungen von menschlichen Köpfen und Herzen.
Jn einer vor dem Bilde stehenden Pfanne mit Räu-
cherwerk brannten drei Menschenherzen. Ein anderes
großes Götzenbild in Bärengestalt, war ebenso reich ver-
ziert und es wurden ihm ähnliche Opfer gebracht. Zu
diesem Tempel gehörten sehr viele Priester, und in den
von der äußern Mauer umschlossenen Gebäuden wohn-
ten überhaupt 5000 Menschen, die behaglich im Dienste
der Götter lebten. Der König zeigte, nach den Schil-
derungen der Spanier, den Prunk asiatischer Fürsten.
Niemand, einige Lehnfürsten ausgenommen, durften ihm
ins Gesicht sehen. Er änderte seinen Anzug und badete sich
täglich viermal, und legte die einmal getragenen Kleider nie
[Ende Spaltensatz]

*) Vergl. Pfennig=Magazin Nr. 119.
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Monte- zuma stieg aus der Sänfte und, gestützt auf zwei sei- ner nächsten Verwandten, näherte er sich langsam den Spaniern, während seine Begleiter die Straße mit baumwollenen Zeuchen bedeckten, damit sein Fuß nicht den Boden berühre. Nach der feierlichen Begrüßung führte Montezuma den Anführer mit allen Kriegern in einen großen Palast und schied dann mit den Wor- ten: „Du bist nun mit deinen Brüdern in deinem eig- nen Hause; erfrischt euch nach euren Beschwerden und seid glücklich, bis ich wiederkomme.“ Die erste Sorge des spanischen Heerführers war, an seine Sicherheit zu denken, und da der Palast mit einer Mauer umgeben war, so ward es ihm leicht, sich gegen jeden Überfall zu schützen. Jn den Abendstun- den kehrte Montezuma zurück und es erfolgte eine lange Besprechung, worin er seine abergläubige Ehrfurcht ge- gen die Fremdlinge verrieth, und, wie die Spanier er- zählen, sie als die Herren seines Gebiets erkannte. Am nächsten Morgen wurden Cortez und seine vornehmsten Offiziere vor Montezuma geführt und brachten dann die nächsten drei Tage damit zu, die wundervolle Stadt zu besehen. Mexico, von den Azteken im Jahre 1325 erbaut und anfänglich Tenochtitlan genannt, lag auf einer Jn- sel im See Tezcuco und war mit dem Festlande durch drei Dämme verbunden. Ein vierter Dammweg war die Grundlage einer Wasserleitung, welche der Stadt Wasser aus der Nachbarschaft zuführte, da der See kein gutes Trinkwasser gab. Die Stadt war sehr regelmä- ßig gebaut und ein Soldat im spanischen Heere, der eine getreue Geschichte der Eroberung Mexicos hinterlas- sen hat, verglich sie wegen der genau abgemessenen An- ordnung ihrer Freiplätze mit einem ungeheuern Schach- bret. Jeder Freiplatz war mit Wegen oder Kanälen umgeben und auf jedem stand ein Tempel. Einige Hauptstraßen, eng, aber lang, waren halb trocken, halb von Kanälen durchschnitten, über welche gut ge- baute hölzerne Brücken führten. Der Marktplatz war von sehr bedeutendem Umfange und mit einer großen Halle umgeben. Hier fand man Waaren aller Art, Natur- erzeugnisse und Fabrikate. Die Waaren jeder Gattung wurden in besondern Abtheilungen des Marktes ver- kauft. Aufseher zogen fortwährend durch das Gedränge, um darauf zu achten, daß die richtigen Preise gefodert wurden, und nahmen den Kaufleuten falsche Maße weg, die sie dann zerbrachen. Die Spanier bewunderten die von Vogelfedern verfertigten Arbeiten, die Schmet- terlinge, Blumen und andere Naturgegenstände vor- stellten und von den Eingeborenen mit ungemeiner Ge- schicklichkeit gemacht wurden. Die Goldschmiede liefer- ten vorzügliche Arbeiten, obgleich die Mexicaner zu je- ner Zeit den Bergbau noch nicht kannten, sondern das Gold blos aus Flüssen und Bächen gewannen. Man goß, wie die gleichzeitigen spanischen Berichterstatter ver- sichern, Schüsseln mit acht Ecken, von welchen jede aus verschiedenem Metall, abwechselnd Gold und Silber, be- stand, ohne daß man eine Löthung daran bemerkte, ja sogar Fische, bei welchen eine Schuppe auf dem Rücken von Gold, die andere von Silber war, einen Papagei, der die Zunge rührte, den Kopf bewegte und mit den Flügeln schlug, und einen Affen, der Hände und Füße bewegte, eine Spindel hielt, als ob er spänne und einen Apfel in der Hand hatte. Der Haupttempel stand in der Mitte der Stadt, von Ziegeln erbaut, der Pyra- mide von Cholula *) ähnlich. Auf der flachen Spitze, zu welcher 114 Stufen führten, sah man große Steine, auf welche die Opfer gestellt wurden. Hier stand auch eine große Figur, einem Drachen gleich, um welche man Spuren von frisch vergossenem Blute sah. Das eigent- liche Heiligthum der Götter, das Montezuma selber dem spanischen Feldherrn zeigte, war reich verziert. Das Bild des Kriegsgottes war ganz mit Gold und Edel- steinen bedeckt, sein Leib mit goldenen Schlangen um- wunden, und um den Hals hingen goldene und silberne Nachbildungen von menschlichen Köpfen und Herzen. Jn einer vor dem Bilde stehenden Pfanne mit Räu- cherwerk brannten drei Menschenherzen. Ein anderes großes Götzenbild in Bärengestalt, war ebenso reich ver- ziert und es wurden ihm ähnliche Opfer gebracht. Zu diesem Tempel gehörten sehr viele Priester, und in den von der äußern Mauer umschlossenen Gebäuden wohn- ten überhaupt 5000 Menschen, die behaglich im Dienste der Götter lebten. Der König zeigte, nach den Schil- derungen der Spanier, den Prunk asiatischer Fürsten. Niemand, einige Lehnfürsten ausgenommen, durften ihm ins Gesicht sehen. Er änderte seinen Anzug und badete sich täglich viermal, und legte die einmal getragenen Kleider nie *) Vergl. Pfennig=Magazin Nr. 119.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 155. Leipzig (Sachsen), 19. März 1836, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig155_1836/6>, abgerufen am 21.11.2024.