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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 158. Leipzig (Sachsen), 9. April 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] abfließen und ihr Gewässer verschiedenen Meeren zufüh-
ren. Früher stand hier das von Karl Borromäus
1618 erbaute Kloster der Capuciner. Die frommen
Bewohner desselben nahmen, wie noch die Mönche des
St.=Bernhardsberg, jeden Reisenden gastlich auf, ohne
Bezahlung zu verlangen, und suchten bei schlechtem
Wetter mit ihren Hunden die verirrten Wanderer auf,
welchen auch Abends durch Glocken Zeichen gegeben wur-
den. Die Revolutionskriege haben jedoch diese wohl-
thätige Anstalt zerstört, sodaß von ihr nur noch die
Mauern stehen. Jn dem neuerdings hier angelegten
Wirthshause wohnt während der Sommermonate ein
Wirth von Airolo. Von dem Hospiz an steigt man
die südliche oder italienische Seite des Gotthard herab,
und gelangt zunächst in das Val di Tremola oder Thal
des Schreckens. Dieses Tremolathal ist von der ganzen
Gotthardstraße die gefährlichste Stelle, da es in seiner
ganzen Länge den Schneelavinen ausgesetzt ist. Vorzüglich
schauerlich und gefährlich ist der enge Schlund bei der
untern Brücke über den Tessin, schauriger noch durch die
schwarze Farbe der sie umgebenden Felsen, die fast im-
mer feucht und naß sind, da vom Ende des October bis
zum Juni kein Sonnenstrahl in diese Schlucht dringt.
Hier war es, wo im Herbste 1799 die Russen in dicht
geschlossenen Reihen die Franzosen angriffen, welche mit
großer Hartnäckigkeit den Paß vertheidigten. Jn dem
vom Val di Tremola an immer mehr sich erweitern-
den Thale gelangt man nach2 1 / 2 Stunden schnellen
Herabsteigens nach Airolo, einem von schönen Bergwiesen
umgebenen Dörfchen am Fuße des Gotthard, und in
der Nähe von Faido, einem Dorfe in der Mitte des
Livinerthals, hat der Reisende die letzte wilde Gegend
der Gotthardstraße zu durchwandern. Hier verengt sich
das Thal des Tessin wieder, ungeheuere Granitblöcke liegen
umher, wüthend schäumt und drängt sich der Tessin über
die rauhen Felstrümmer hinab und befeuchtet mit seinem
Wasserstaube die schroffen Felsen und die längs derselben
erbaute Straße, die zweimal mittels schöner Brücken
den tobenden Strom überspringt. Von hier an wer-
den die Dorfschaften immer freundlicher und einladen-
der, das Thal des Tessins wird angebauter, und man
überzeugt sich an den Weinpflanzungen, die sich bei
Bellinzona ausbreiten, daß man sich nun an der
Grenze eines südlichern Landes und unter einem mil-
dern Himmel befindet.



Gußeisernes Pianoforte.

Die Herren Eder und Gaugain zu Rouen haben eine
Medaille für ein Pianoforte aus Gußeisen zuerkannt
bekommen. Da das Eisen bei gleicher Festigkeit einen
geringen Raum einnimmt, so hat der Resonanzboden
mehr Freiheit der Schwingungen, auch gibt das dem
Eisen eigenthümliche Anhalten des Klanges den Mittel-
tönen vorzüglich einen besondern Reiz. Sowol in der
Höhe als der Tiefe zeichnet sich das Jnstrument durch
Wohlklang aus, und es verstimmt sich weit schwerer,
da das Eisen unbiegsamer ist.



Die Korkeiche.

Der Baum, dessen äußere schwammige Rinde den viel-
benutzten Kork liefert, die Korkeiche ( Quercus suber ) , hat
zwei Abarten, die breitblätterige und die schmalblätterige,
und unterscheidet sich von der immergrünen Eiche ( Quer-
cus ilex
) nur durch das rissige Aussehen der Rinde. Sie
wächst in Spanien, Portugal, Südfrankreich, Jtalien
[Spaltenumbruch] und der Berberei, ist ein hoher und starker Baum und
erreicht ein Alter von 100 Jahren. Die Blätter sind
von hellgrüner Farbe, eirund und gezackt, glatt auf der
obern, wollig auf der untern Seite. Die Frucht ist
länglich, glatt, nach erlangter Reife braun und an Ge-
stalt der gewöhnlichen Eichel ähnlich, doch süßer, sehr
nahrhaft und wird in Spanien gegessen wie Kastanien.
Die äußere Rinde ist dicker als bei andern Bäumen
und läßt sich leichter ablösen. Hat der Baum ein ge-
wisses Alter der Reife erlangt, so wirft er von selbst
seine Rinde ab, doch ist diese von geringerer Güte als
die zu bestimmten Zeiten abgeschälte. Hat man den
Baum abgeschält, was gewöhnlich einmal in zehn Jah-
ren geschieht, so bildet sich aus dem Bast oder der in-
nern Rinde eine neue. Die Rinde auf dem Stamme
und den Hauptästen ist rauh und sehr schwammig, auf
den kleinern Zweigen weich und grau, auf den jungen
Schößlingen weiß und wollig. Der echte Kork kommt
nur von der breitblätterigen Korkeiche, und der meiste
aus Catalonien. Den besten im Handel vorkommen-
den Kork liefern die ältesten Bäume; die Rinde junger
Bäume ist zu schwammig zum Gebrauche. Die Bäume
werden jedoch, ehe sie 20 Jahre alt sind, abgeschält,
und dies ist nöthig, um für das nächste Abschälen eine
bessere Rinde zu erhalten, da man bemerkt hat, daß
nach jeder Abschälung die Rinde besser wird. Die erste
Ernte gibt eine dünne, harte, sehr rissige und wenig
brauchbare Rinde. Bei dem Einsammeln des Korks
werden mit einem Messer in senkrechter Richtung vom
obern Ende des Stammes bis zum Wurzelende in ge-
wissen Entfernungen Einschnitte gemacht und dann oben
und unten Querschnitte. Zuweilen werden die Kork-
stücke in ihrer ganzen Länge abgeschält, zuweilen aber
in kleinern Theilen, und in diesem Falle macht man
mehre Querschnitte in gewissen Entfernungen. Zum
Ablösen der Rinde bedient man sich eines gekrümmten
Messers mit einer Handhabe an jedem Ende. Die
Rinde bleibt zuweilen, nachdem man die Einschnitte ge-
macht hat, auf dem Baume und wird nicht eher abge-
schält, bis sich unter ihr eine neue gebildet hat, und sie
läßt sich dann leicht mit der Hand ablösen. Die abge-
lösten Stücke werden in Wasser eingeweicht, und wenn
sie bald trocken sind, über ein Kohlenfeuer gehalten, wo-
durch die äußere Oberfläche geschwärzt wird. Die Rinde
wird durch dieses Verfahren weich und alle kleinern
Mängel lassen sich verbergen; die größern Löcher und
Risse werden mit einer Mischung von Ruß und nasser
Erde ausgefüllt. Endlich werden die Rinden mit Ge-
wichten beschwert, um sie eben zu machen, und dann
getrocknet und verpackt.

Der Gebrauch des Korks war schon den Alten
bekannt und wurde ziemlich in der Art wie heutiges
Tages benutzt. Seine Elasticität macht ihn besonders
zum Verstopfen von Gefäßen brauchbar, doch soll die
Benutzung des Korks zu Stöpseln auf Glasflaschen erst
im 15. Jahrhundert aufgekommen sein. Auch der Ge-
brauch des Korks zur Erleichterung des Schwimmens
ist sehr alt. Die Schwimmweste, eine alte, ursprüng-
lich in Deutschland gemachte Erfindung, ist in neuern
Zeiten wieder ins Leben gerufen worden. Korkstücke,
drei Zoll lang und zwei Zoll breit, von gewöhnlicher
Dicke, werden zwischen zwei Lagen Leinwand gelegt und
alle Stücke ringsum gesteppt, daß sie ihre Lage behal-
ten. Am untern, die Hüften bedeckenden Ende ist die
Weste wie eine Schnürbrust gemacht, um die freie Be-
wegung der Beine bei dem Schwimmen nicht zu hin-
dern. Die Weste wird durch die an das hintere Ende
angenähten starken Streifen um den Leib befestigt und
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] abfließen und ihr Gewässer verschiedenen Meeren zufüh-
ren. Früher stand hier das von Karl Borromäus
1618 erbaute Kloster der Capuciner. Die frommen
Bewohner desselben nahmen, wie noch die Mönche des
St.=Bernhardsberg, jeden Reisenden gastlich auf, ohne
Bezahlung zu verlangen, und suchten bei schlechtem
Wetter mit ihren Hunden die verirrten Wanderer auf,
welchen auch Abends durch Glocken Zeichen gegeben wur-
den. Die Revolutionskriege haben jedoch diese wohl-
thätige Anstalt zerstört, sodaß von ihr nur noch die
Mauern stehen. Jn dem neuerdings hier angelegten
Wirthshause wohnt während der Sommermonate ein
Wirth von Airolo. Von dem Hospiz an steigt man
die südliche oder italienische Seite des Gotthard herab,
und gelangt zunächst in das Val di Tremola oder Thal
des Schreckens. Dieses Tremolathal ist von der ganzen
Gotthardstraße die gefährlichste Stelle, da es in seiner
ganzen Länge den Schneelavinen ausgesetzt ist. Vorzüglich
schauerlich und gefährlich ist der enge Schlund bei der
untern Brücke über den Tessin, schauriger noch durch die
schwarze Farbe der sie umgebenden Felsen, die fast im-
mer feucht und naß sind, da vom Ende des October bis
zum Juni kein Sonnenstrahl in diese Schlucht dringt.
Hier war es, wo im Herbste 1799 die Russen in dicht
geschlossenen Reihen die Franzosen angriffen, welche mit
großer Hartnäckigkeit den Paß vertheidigten. Jn dem
vom Val di Tremola an immer mehr sich erweitern-
den Thale gelangt man nach2 1 / 2 Stunden schnellen
Herabsteigens nach Airolo, einem von schönen Bergwiesen
umgebenen Dörfchen am Fuße des Gotthard, und in
der Nähe von Faido, einem Dorfe in der Mitte des
Livinerthals, hat der Reisende die letzte wilde Gegend
der Gotthardstraße zu durchwandern. Hier verengt sich
das Thal des Tessin wieder, ungeheuere Granitblöcke liegen
umher, wüthend schäumt und drängt sich der Tessin über
die rauhen Felstrümmer hinab und befeuchtet mit seinem
Wasserstaube die schroffen Felsen und die längs derselben
erbaute Straße, die zweimal mittels schöner Brücken
den tobenden Strom überspringt. Von hier an wer-
den die Dorfschaften immer freundlicher und einladen-
der, das Thal des Tessins wird angebauter, und man
überzeugt sich an den Weinpflanzungen, die sich bei
Bellinzona ausbreiten, daß man sich nun an der
Grenze eines südlichern Landes und unter einem mil-
dern Himmel befindet.



Gußeisernes Pianoforte.

Die Herren Eder und Gaugain zu Rouen haben eine
Medaille für ein Pianoforte aus Gußeisen zuerkannt
bekommen. Da das Eisen bei gleicher Festigkeit einen
geringen Raum einnimmt, so hat der Resonanzboden
mehr Freiheit der Schwingungen, auch gibt das dem
Eisen eigenthümliche Anhalten des Klanges den Mittel-
tönen vorzüglich einen besondern Reiz. Sowol in der
Höhe als der Tiefe zeichnet sich das Jnstrument durch
Wohlklang aus, und es verstimmt sich weit schwerer,
da das Eisen unbiegsamer ist.



Die Korkeiche.

Der Baum, dessen äußere schwammige Rinde den viel-
benutzten Kork liefert, die Korkeiche ( Quercus suber ) , hat
zwei Abarten, die breitblätterige und die schmalblätterige,
und unterscheidet sich von der immergrünen Eiche ( Quer-
cus ilex
) nur durch das rissige Aussehen der Rinde. Sie
wächst in Spanien, Portugal, Südfrankreich, Jtalien
[Spaltenumbruch] und der Berberei, ist ein hoher und starker Baum und
erreicht ein Alter von 100 Jahren. Die Blätter sind
von hellgrüner Farbe, eirund und gezackt, glatt auf der
obern, wollig auf der untern Seite. Die Frucht ist
länglich, glatt, nach erlangter Reife braun und an Ge-
stalt der gewöhnlichen Eichel ähnlich, doch süßer, sehr
nahrhaft und wird in Spanien gegessen wie Kastanien.
Die äußere Rinde ist dicker als bei andern Bäumen
und läßt sich leichter ablösen. Hat der Baum ein ge-
wisses Alter der Reife erlangt, so wirft er von selbst
seine Rinde ab, doch ist diese von geringerer Güte als
die zu bestimmten Zeiten abgeschälte. Hat man den
Baum abgeschält, was gewöhnlich einmal in zehn Jah-
ren geschieht, so bildet sich aus dem Bast oder der in-
nern Rinde eine neue. Die Rinde auf dem Stamme
und den Hauptästen ist rauh und sehr schwammig, auf
den kleinern Zweigen weich und grau, auf den jungen
Schößlingen weiß und wollig. Der echte Kork kommt
nur von der breitblätterigen Korkeiche, und der meiste
aus Catalonien. Den besten im Handel vorkommen-
den Kork liefern die ältesten Bäume; die Rinde junger
Bäume ist zu schwammig zum Gebrauche. Die Bäume
werden jedoch, ehe sie 20 Jahre alt sind, abgeschält,
und dies ist nöthig, um für das nächste Abschälen eine
bessere Rinde zu erhalten, da man bemerkt hat, daß
nach jeder Abschälung die Rinde besser wird. Die erste
Ernte gibt eine dünne, harte, sehr rissige und wenig
brauchbare Rinde. Bei dem Einsammeln des Korks
werden mit einem Messer in senkrechter Richtung vom
obern Ende des Stammes bis zum Wurzelende in ge-
wissen Entfernungen Einschnitte gemacht und dann oben
und unten Querschnitte. Zuweilen werden die Kork-
stücke in ihrer ganzen Länge abgeschält, zuweilen aber
in kleinern Theilen, und in diesem Falle macht man
mehre Querschnitte in gewissen Entfernungen. Zum
Ablösen der Rinde bedient man sich eines gekrümmten
Messers mit einer Handhabe an jedem Ende. Die
Rinde bleibt zuweilen, nachdem man die Einschnitte ge-
macht hat, auf dem Baume und wird nicht eher abge-
schält, bis sich unter ihr eine neue gebildet hat, und sie
läßt sich dann leicht mit der Hand ablösen. Die abge-
lösten Stücke werden in Wasser eingeweicht, und wenn
sie bald trocken sind, über ein Kohlenfeuer gehalten, wo-
durch die äußere Oberfläche geschwärzt wird. Die Rinde
wird durch dieses Verfahren weich und alle kleinern
Mängel lassen sich verbergen; die größern Löcher und
Risse werden mit einer Mischung von Ruß und nasser
Erde ausgefüllt. Endlich werden die Rinden mit Ge-
wichten beschwert, um sie eben zu machen, und dann
getrocknet und verpackt.

Der Gebrauch des Korks war schon den Alten
bekannt und wurde ziemlich in der Art wie heutiges
Tages benutzt. Seine Elasticität macht ihn besonders
zum Verstopfen von Gefäßen brauchbar, doch soll die
Benutzung des Korks zu Stöpseln auf Glasflaschen erst
im 15. Jahrhundert aufgekommen sein. Auch der Ge-
brauch des Korks zur Erleichterung des Schwimmens
ist sehr alt. Die Schwimmweste, eine alte, ursprüng-
lich in Deutschland gemachte Erfindung, ist in neuern
Zeiten wieder ins Leben gerufen worden. Korkstücke,
drei Zoll lang und zwei Zoll breit, von gewöhnlicher
Dicke, werden zwischen zwei Lagen Leinwand gelegt und
alle Stücke ringsum gesteppt, daß sie ihre Lage behal-
ten. Am untern, die Hüften bedeckenden Ende ist die
Weste wie eine Schnürbrust gemacht, um die freie Be-
wegung der Beine bei dem Schwimmen nicht zu hin-
dern. Die Weste wird durch die an das hintere Ende
angenähten starken Streifen um den Leib befestigt und
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Hier verengt sich das Thal des Tessin wieder, ungeheuere Granitblöcke liegen umher, wüthend schäumt und drängt sich der Tessin über die rauhen Felstrümmer hinab und befeuchtet mit seinem Wasserstaube die schroffen Felsen und die längs derselben erbaute Straße, die zweimal mittels schöner Brücken den tobenden Strom überspringt. Von hier an wer- den die Dorfschaften immer freundlicher und einladen- der, das Thal des Tessins wird angebauter, und man überzeugt sich an den Weinpflanzungen, die sich bei Bellinzona ausbreiten, daß man sich nun an der Grenze eines südlichern Landes und unter einem mil- dern Himmel befindet. Gußeisernes Pianoforte. Die Herren Eder und Gaugain zu Rouen haben eine Medaille für ein Pianoforte aus Gußeisen zuerkannt bekommen. Da das Eisen bei gleicher Festigkeit einen geringen Raum einnimmt, so hat der Resonanzboden mehr Freiheit der Schwingungen, auch gibt das dem Eisen eigenthümliche Anhalten des Klanges den Mittel- tönen vorzüglich einen besondern Reiz. 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Hat der Baum ein ge- wisses Alter der Reife erlangt, so wirft er von selbst seine Rinde ab, doch ist diese von geringerer Güte als die zu bestimmten Zeiten abgeschälte. Hat man den Baum abgeschält, was gewöhnlich einmal in zehn Jah- ren geschieht, so bildet sich aus dem Bast oder der in- nern Rinde eine neue. Die Rinde auf dem Stamme und den Hauptästen ist rauh und sehr schwammig, auf den kleinern Zweigen weich und grau, auf den jungen Schößlingen weiß und wollig. Der echte Kork kommt nur von der breitblätterigen Korkeiche, und der meiste aus Catalonien. Den besten im Handel vorkommen- den Kork liefern die ältesten Bäume; die Rinde junger Bäume ist zu schwammig zum Gebrauche. Die Bäume werden jedoch, ehe sie 20 Jahre alt sind, abgeschält, und dies ist nöthig, um für das nächste Abschälen eine bessere Rinde zu erhalten, da man bemerkt hat, daß nach jeder Abschälung die Rinde besser wird. Die erste Ernte gibt eine dünne, harte, sehr rissige und wenig brauchbare Rinde. Bei dem Einsammeln des Korks werden mit einem Messer in senkrechter Richtung vom obern Ende des Stammes bis zum Wurzelende in ge- wissen Entfernungen Einschnitte gemacht und dann oben und unten Querschnitte. Zuweilen werden die Kork- stücke in ihrer ganzen Länge abgeschält, zuweilen aber in kleinern Theilen, und in diesem Falle macht man mehre Querschnitte in gewissen Entfernungen. Zum Ablösen der Rinde bedient man sich eines gekrümmten Messers mit einer Handhabe an jedem Ende. Die Rinde bleibt zuweilen, nachdem man die Einschnitte ge- macht hat, auf dem Baume und wird nicht eher abge- schält, bis sich unter ihr eine neue gebildet hat, und sie läßt sich dann leicht mit der Hand ablösen. Die abge- lösten Stücke werden in Wasser eingeweicht, und wenn sie bald trocken sind, über ein Kohlenfeuer gehalten, wo- durch die äußere Oberfläche geschwärzt wird. Die Rinde wird durch dieses Verfahren weich und alle kleinern Mängel lassen sich verbergen; die größern Löcher und Risse werden mit einer Mischung von Ruß und nasser Erde ausgefüllt. Endlich werden die Rinden mit Ge- wichten beschwert, um sie eben zu machen, und dann getrocknet und verpackt. Der Gebrauch des Korks war schon den Alten bekannt und wurde ziemlich in der Art wie heutiges Tages benutzt. Seine Elasticität macht ihn besonders zum Verstopfen von Gefäßen brauchbar, doch soll die Benutzung des Korks zu Stöpseln auf Glasflaschen erst im 15. Jahrhundert aufgekommen sein. Auch der Ge- brauch des Korks zur Erleichterung des Schwimmens ist sehr alt. Die Schwimmweste, eine alte, ursprüng- lich in Deutschland gemachte Erfindung, ist in neuern Zeiten wieder ins Leben gerufen worden. Korkstücke, drei Zoll lang und zwei Zoll breit, von gewöhnlicher Dicke, werden zwischen zwei Lagen Leinwand gelegt und alle Stücke ringsum gesteppt, daß sie ihre Lage behal- ten. Am untern, die Hüften bedeckenden Ende ist die Weste wie eine Schnürbrust gemacht, um die freie Be- wegung der Beine bei dem Schwimmen nicht zu hin- dern. Die Weste wird durch die an das hintere Ende angenähten starken Streifen um den Leib befestigt und

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 158. Leipzig (Sachsen), 9. April 1836, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig158_1836/7>, abgerufen am 21.11.2024.