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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 174. Leipzig (Sachsen), 30. Juli 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Abbildung] Der Neptunstempel in Pästum.
[Beginn Spaltensatz] der sich dem von Neapel kommenden Reisenden zuerst
zeigt, der kleinst. Er hat 6 Säulen in der Fronte
und 13 in der Länge; die Säulen stehen enger anein-
ander, als man insgemein bei griechischen Tempeln fin-
det. Der zweite ist der Neptunstempel, den vor-
stehende Abbildung darstellt. Er ist ebenfalls nicht
der größte, allein unstreitig der imposanteste und massen-
hafteste unter den dreien; er hat 6 Säulen in der
Front und 14 in der Tiefe, von denen die Ecksäule
auf der Westseite einmal vom Blitz getroffen und theil-
weise zerstört ist. Sie drohte bereits einzustürzen und
so die schöne Symmetrie eines der schönsten, aus dem
Alterthume aufbewahrten Baudenkmale zu zerstören, al-
lein man hat sie mittels metallener Krampen wieder
zu verfestigen gewußt. Jm Jnnern erhebt sich fast ganz
unversehrt ein schönes Peristyl auf schlanken leichten
Pfeilern, und von hier aus betrachtet, erscheint der wun-
dervolle Bau beinahe noch größer, obgleich überall Stein-
blöcke und Schutt den Fuß des Beschauenden hindern.
Eine feierliche Stille herrscht um diese alten Göttertem-
pel; nur Schwärme von Krähen und Raubvögeln, die
darin nisten, flattern krächzend auf, wenn sie der Tritt
des Wanderers stört.

[Spaltenumbruch]

Das dritte schon genannte Bauwerk, die Basilika,
ist das ausgedehnteste von allen, und in Hinsicht auf
die abweichende Architektur das merkwürdigste. Es hat
9 Säulen in der Breite und 18 in der Tiefe, und
eine Reihe von Pfeilern in der Mitte, welche mit den
Seiten parallel läuft, theilt den Tempel oder was im-
mer es gewesen sein mag, in zwei gleiche Theile.

Diese Gebäude sind sämmtlich im dorischen Styl
und aus gleichem Material erbaut, was auch bei den
meisten altrömischen Tempeln der Fall ist. Es ist ein
ungemein harter, aber poröser und brüchiger Stein von
bräunlich=grauer Farbe, welcher sich in der Gegend von
Pästum findet.

Hoch ist das Alterthum der hier beschriebenen Ge-
bäude, man gibt es mit guten Gründen auf 22 Jahr-
hunderte an. Welchen Stürmen, welchen Aufruhr der
Natur, welchen Angriffen vielleicht selbst von Menschen-
hand trotzten diese ehrwürdigen Kunstwerke innerhalb die-
ses langen Zeitraums. Was ereignete sich seitdem um sie
her; was blühte, welkte, entstand und verschwand wieder
spurlos. Sie selbst aber stehen fest und unerschütterlich, und
wie viele Geschlechter der Menschen mögen sie vielleicht noch
überdauern und die Bewunderung der Nachwelt erregen.

[Ende Spaltensatz]

Die Ricinusölpflanze.
[Beginn Spaltensatz]

Diese Pflanze gehört zu einer Classe, welche noch
nicht genau von den Botanikern bestimmt wor-
den ist; man hat jedoch angenommen, daß sie we-
nigstens 1500 Arten enthält, die in allen Gegenden
der Erde zerstreut sind, theils in der Gestalt großer
Bäume, theils als Büsche, häufiger jedoch als kleines
Kraut und zuweilen auch als verkrüppelte, blätterlose, saf-
tige Pflanzen. Die dargestellte Ricinusölpflanze ( Ricinus
communis
) erreicht in Europa nur selten eine baumartige
Höhe; nur im Departement Aveyron fand man 1818 ei-
[Spaltenumbruch] nige dieser Pflanzen in einer Höhe von ungefähr 40 F., die
einzigen Beispiele, daß diese Pflanze in unserm Welttheile
eine solche Höhe außerhalb des Treibhauses erreicht. Da-
gegen in Asien, Afrika und Amerika ist die Pflanze ein-
heimisch und erreicht hier gewöhnlich die genannte Höhe.

Die Eigenschaften dieser Pflanzenclasse sind sehr ver-
schieden und in der Medicin von sehr großem Werthe. Die
besondern Kräfte der Pflanze sind in einer milchigen Feuch-
tigkeit enthalten, welche sie hervorbringt. Einige Arten ha-
ben einen aromatischen, andere einen unangenehmen und
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Abbildung] Der Neptunstempel in Pästum.
[Beginn Spaltensatz] der sich dem von Neapel kommenden Reisenden zuerst
zeigt, der kleinst. Er hat 6 Säulen in der Fronte
und 13 in der Länge; die Säulen stehen enger anein-
ander, als man insgemein bei griechischen Tempeln fin-
det. Der zweite ist der Neptunstempel, den vor-
stehende Abbildung darstellt. Er ist ebenfalls nicht
der größte, allein unstreitig der imposanteste und massen-
hafteste unter den dreien; er hat 6 Säulen in der
Front und 14 in der Tiefe, von denen die Ecksäule
auf der Westseite einmal vom Blitz getroffen und theil-
weise zerstört ist. Sie drohte bereits einzustürzen und
so die schöne Symmetrie eines der schönsten, aus dem
Alterthume aufbewahrten Baudenkmale zu zerstören, al-
lein man hat sie mittels metallener Krampen wieder
zu verfestigen gewußt. Jm Jnnern erhebt sich fast ganz
unversehrt ein schönes Peristyl auf schlanken leichten
Pfeilern, und von hier aus betrachtet, erscheint der wun-
dervolle Bau beinahe noch größer, obgleich überall Stein-
blöcke und Schutt den Fuß des Beschauenden hindern.
Eine feierliche Stille herrscht um diese alten Göttertem-
pel; nur Schwärme von Krähen und Raubvögeln, die
darin nisten, flattern krächzend auf, wenn sie der Tritt
des Wanderers stört.

[Spaltenumbruch]

Das dritte schon genannte Bauwerk, die Basilika,
ist das ausgedehnteste von allen, und in Hinsicht auf
die abweichende Architektur das merkwürdigste. Es hat
9 Säulen in der Breite und 18 in der Tiefe, und
eine Reihe von Pfeilern in der Mitte, welche mit den
Seiten parallel läuft, theilt den Tempel oder was im-
mer es gewesen sein mag, in zwei gleiche Theile.

Diese Gebäude sind sämmtlich im dorischen Styl
und aus gleichem Material erbaut, was auch bei den
meisten altrömischen Tempeln der Fall ist. Es ist ein
ungemein harter, aber poröser und brüchiger Stein von
bräunlich=grauer Farbe, welcher sich in der Gegend von
Pästum findet.

Hoch ist das Alterthum der hier beschriebenen Ge-
bäude, man gibt es mit guten Gründen auf 22 Jahr-
hunderte an. Welchen Stürmen, welchen Aufruhr der
Natur, welchen Angriffen vielleicht selbst von Menschen-
hand trotzten diese ehrwürdigen Kunstwerke innerhalb die-
ses langen Zeitraums. Was ereignete sich seitdem um sie
her; was blühte, welkte, entstand und verschwand wieder
spurlos. Sie selbst aber stehen fest und unerschütterlich, und
wie viele Geschlechter der Menschen mögen sie vielleicht noch
überdauern und die Bewunderung der Nachwelt erregen.

[Ende Spaltensatz]

Die Ricinusölpflanze.
[Beginn Spaltensatz]

Diese Pflanze gehört zu einer Classe, welche noch
nicht genau von den Botanikern bestimmt wor-
den ist; man hat jedoch angenommen, daß sie we-
nigstens 1500 Arten enthält, die in allen Gegenden
der Erde zerstreut sind, theils in der Gestalt großer
Bäume, theils als Büsche, häufiger jedoch als kleines
Kraut und zuweilen auch als verkrüppelte, blätterlose, saf-
tige Pflanzen. Die dargestellte Ricinusölpflanze ( Ricinus
communis
) erreicht in Europa nur selten eine baumartige
Höhe; nur im Departement Aveyron fand man 1818 ei-
[Spaltenumbruch] nige dieser Pflanzen in einer Höhe von ungefähr 40 F., die
einzigen Beispiele, daß diese Pflanze in unserm Welttheile
eine solche Höhe außerhalb des Treibhauses erreicht. Da-
gegen in Asien, Afrika und Amerika ist die Pflanze ein-
heimisch und erreicht hier gewöhnlich die genannte Höhe.

Die Eigenschaften dieser Pflanzenclasse sind sehr ver-
schieden und in der Medicin von sehr großem Werthe. Die
besondern Kräfte der Pflanze sind in einer milchigen Feuch-
tigkeit enthalten, welche sie hervorbringt. Einige Arten ha-
ben einen aromatischen, andere einen unangenehmen und
[Ende Spaltensatz]

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[244/0004] Das Pfennig=Magazin. [Abbildung Der Neptunstempel in Pästum. ] der sich dem von Neapel kommenden Reisenden zuerst zeigt, der kleinst. Er hat 6 Säulen in der Fronte und 13 in der Länge; die Säulen stehen enger anein- ander, als man insgemein bei griechischen Tempeln fin- det. Der zweite ist der Neptunstempel, den vor- stehende Abbildung darstellt. Er ist ebenfalls nicht der größte, allein unstreitig der imposanteste und massen- hafteste unter den dreien; er hat 6 Säulen in der Front und 14 in der Tiefe, von denen die Ecksäule auf der Westseite einmal vom Blitz getroffen und theil- weise zerstört ist. Sie drohte bereits einzustürzen und so die schöne Symmetrie eines der schönsten, aus dem Alterthume aufbewahrten Baudenkmale zu zerstören, al- lein man hat sie mittels metallener Krampen wieder zu verfestigen gewußt. Jm Jnnern erhebt sich fast ganz unversehrt ein schönes Peristyl auf schlanken leichten Pfeilern, und von hier aus betrachtet, erscheint der wun- dervolle Bau beinahe noch größer, obgleich überall Stein- blöcke und Schutt den Fuß des Beschauenden hindern. Eine feierliche Stille herrscht um diese alten Göttertem- pel; nur Schwärme von Krähen und Raubvögeln, die darin nisten, flattern krächzend auf, wenn sie der Tritt des Wanderers stört. Das dritte schon genannte Bauwerk, die Basilika, ist das ausgedehnteste von allen, und in Hinsicht auf die abweichende Architektur das merkwürdigste. Es hat 9 Säulen in der Breite und 18 in der Tiefe, und eine Reihe von Pfeilern in der Mitte, welche mit den Seiten parallel läuft, theilt den Tempel oder was im- mer es gewesen sein mag, in zwei gleiche Theile. Diese Gebäude sind sämmtlich im dorischen Styl und aus gleichem Material erbaut, was auch bei den meisten altrömischen Tempeln der Fall ist. Es ist ein ungemein harter, aber poröser und brüchiger Stein von bräunlich=grauer Farbe, welcher sich in der Gegend von Pästum findet. Hoch ist das Alterthum der hier beschriebenen Ge- bäude, man gibt es mit guten Gründen auf 22 Jahr- hunderte an. Welchen Stürmen, welchen Aufruhr der Natur, welchen Angriffen vielleicht selbst von Menschen- hand trotzten diese ehrwürdigen Kunstwerke innerhalb die- ses langen Zeitraums. Was ereignete sich seitdem um sie her; was blühte, welkte, entstand und verschwand wieder spurlos. Sie selbst aber stehen fest und unerschütterlich, und wie viele Geschlechter der Menschen mögen sie vielleicht noch überdauern und die Bewunderung der Nachwelt erregen. Die Ricinusölpflanze. Diese Pflanze gehört zu einer Classe, welche noch nicht genau von den Botanikern bestimmt wor- den ist; man hat jedoch angenommen, daß sie we- nigstens 1500 Arten enthält, die in allen Gegenden der Erde zerstreut sind, theils in der Gestalt großer Bäume, theils als Büsche, häufiger jedoch als kleines Kraut und zuweilen auch als verkrüppelte, blätterlose, saf- tige Pflanzen. Die dargestellte Ricinusölpflanze ( Ricinus communis ) erreicht in Europa nur selten eine baumartige Höhe; nur im Departement Aveyron fand man 1818 ei- nige dieser Pflanzen in einer Höhe von ungefähr 40 F., die einzigen Beispiele, daß diese Pflanze in unserm Welttheile eine solche Höhe außerhalb des Treibhauses erreicht. Da- gegen in Asien, Afrika und Amerika ist die Pflanze ein- heimisch und erreicht hier gewöhnlich die genannte Höhe. Die Eigenschaften dieser Pflanzenclasse sind sehr ver- schieden und in der Medicin von sehr großem Werthe. Die besondern Kräfte der Pflanze sind in einer milchigen Feuch- tigkeit enthalten, welche sie hervorbringt. Einige Arten ha- ben einen aromatischen, andere einen unangenehmen und

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 174. Leipzig (Sachsen), 30. Juli 1836, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig174_1836/4>, abgerufen am 21.11.2024.