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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 174. Leipzig (Sachsen), 30. Juli 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] durch Gewalt oder durch List zu bewirken, und beson-
ders sind die Weiber sinnreich in Erfindungen zur Er-
lösung eines Verwandten. Die Mutter oder die
Schwester des Gefangenen geht in das Lager, wo sie
in einem Zelte gastfreundlich empfangen wird. Hat
sie ausgekundschaftet, in welchem Zelte er gefangen
liegt, so geht sie in der Nacht zu ihm, mit einem
Bindfadenknäuel in der Hand, wovon sie ihm ein
Ende in den Mund steckt oder an den Fuß bindet.
Dann geht sie, das Knäuel abwindend, in ein anderes
Zelt, weckt den Eigenthümer, legt den Faden auf seine
Brust und spricht: "Siehe mich an, bei deiner Liebe
zu Gott und zu dir selbst, Dies ist unter deinem
Schutze." Der Araber steht auf, faßt den Faden in
die Hand und folgt ihm, bis er zu dem Zelte gelangt,
wo der Räuber gefangen liegt. Dann weckt er den
Eigenthümer und erklärt sich zum Beschützer des Ge-
fangenen, der nun sogleich aus seinem Grabe befreit,
wie ein neu angekommener Gast bewirthet und endlich
ungekränkt entlassen wird.

Feuergewehre sind jetzt sehr gewöhnlich unter den
Beduinen. Sie sind freilich sehr roh gearbeitet, und
nur Reiche haben bessere, mit Elfenbein eingelegte
oder sonst verzierte Gewehre. Der Beduine ist sehr
geschickt in dem Gebrauche derselben und zielt sicherer
als es bei einer so plumpen Waffe möglich zu sein
scheint. Die gewöhnliche und eigenthümliche Waffe
des Arabers ist die Lanze. Einige sind von Holz, an-
dere von starkem Rohr, und diese die beliebtesten, weil
sie die leichtesten sind. Die Lanze hat eine Spitze von
[Spaltenumbruch] Eisen oder Stahl an jedem Ende, und die untere
dient hauptsächlich dazu, sie in die Erde zu stecken,
wenn sie nicht gebraucht wird. Der Schaft ist ge-
wöhnlich über zehn Fuß lang, die eigentliche Lan-
zenspitze nie kürzer als einen Fuß. Unter der Spitze
ist die Lanze oft mit Straußfedern verziert. Fast
jeder Beduine trägt stets einen Säbel, selbst wenn
er in seines Nachbars Zelt geht, um Kaffee zu
trinken. Überdies steckt in seinem Gürtel ein langes
gekrümmtes Messer, dessen Griff vorn nach der linken
Seite gekehrt ist. Keulen, zwei bis drei Fuß lang,
werden häufig gebraucht, sowol zu Pferde als zu Fuße,
wenn man nicht mit der Lanze bewaffnet ist. Diese
furchtbare Waffe ist zuweilen von Eisen, gewöhnlich aber
von Holz und mit Eisen beschwert oder mit eisernen
Stiften besetzt. Hirten, welche sich mit den Heerden
weit vom Lager entfernen müssen, haben eine kurze
Lanze und sind sehr geschickt im Gebrauche der Stein-
schleuder. Als Schutzwaffe dient ein runder Schild,
der 1 --1 1 / 2 Fuß im Durchmesser hat, und bald von
Metall oder hartem Holze und mit Leder überzogen,
bald von Büffel=oder Nilpferdhaut ist. Auch trägt
man zuweilen Panzerhemden, die theils von den El-
bogen über die Schultern bis auf die Knie gehen,
theils nur bis auf die Hüften reichen, während die
Unterarme bis auf die Finger mit Stahlschienen be-
deckt sind. Dazu kommt eine Blechhaube. Diese
Schutzwaffen sind jedoch nur in eigentlichen Kriegen
bei den Arabern gebräuchlich und auch dann nicht
sehr häufig.

[Ende Spaltensatz] [Abbildung] Beduinen.


Verantwortliche Herausgeber: Friedrich Brockhaus in Leipzig und Dr. C. Dräxler=Manfred in Wien.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] durch Gewalt oder durch List zu bewirken, und beson-
ders sind die Weiber sinnreich in Erfindungen zur Er-
lösung eines Verwandten. Die Mutter oder die
Schwester des Gefangenen geht in das Lager, wo sie
in einem Zelte gastfreundlich empfangen wird. Hat
sie ausgekundschaftet, in welchem Zelte er gefangen
liegt, so geht sie in der Nacht zu ihm, mit einem
Bindfadenknäuel in der Hand, wovon sie ihm ein
Ende in den Mund steckt oder an den Fuß bindet.
Dann geht sie, das Knäuel abwindend, in ein anderes
Zelt, weckt den Eigenthümer, legt den Faden auf seine
Brust und spricht: „Siehe mich an, bei deiner Liebe
zu Gott und zu dir selbst, Dies ist unter deinem
Schutze.“ Der Araber steht auf, faßt den Faden in
die Hand und folgt ihm, bis er zu dem Zelte gelangt,
wo der Räuber gefangen liegt. Dann weckt er den
Eigenthümer und erklärt sich zum Beschützer des Ge-
fangenen, der nun sogleich aus seinem Grabe befreit,
wie ein neu angekommener Gast bewirthet und endlich
ungekränkt entlassen wird.

Feuergewehre sind jetzt sehr gewöhnlich unter den
Beduinen. Sie sind freilich sehr roh gearbeitet, und
nur Reiche haben bessere, mit Elfenbein eingelegte
oder sonst verzierte Gewehre. Der Beduine ist sehr
geschickt in dem Gebrauche derselben und zielt sicherer
als es bei einer so plumpen Waffe möglich zu sein
scheint. Die gewöhnliche und eigenthümliche Waffe
des Arabers ist die Lanze. Einige sind von Holz, an-
dere von starkem Rohr, und diese die beliebtesten, weil
sie die leichtesten sind. Die Lanze hat eine Spitze von
[Spaltenumbruch] Eisen oder Stahl an jedem Ende, und die untere
dient hauptsächlich dazu, sie in die Erde zu stecken,
wenn sie nicht gebraucht wird. Der Schaft ist ge-
wöhnlich über zehn Fuß lang, die eigentliche Lan-
zenspitze nie kürzer als einen Fuß. Unter der Spitze
ist die Lanze oft mit Straußfedern verziert. Fast
jeder Beduine trägt stets einen Säbel, selbst wenn
er in seines Nachbars Zelt geht, um Kaffee zu
trinken. Überdies steckt in seinem Gürtel ein langes
gekrümmtes Messer, dessen Griff vorn nach der linken
Seite gekehrt ist. Keulen, zwei bis drei Fuß lang,
werden häufig gebraucht, sowol zu Pferde als zu Fuße,
wenn man nicht mit der Lanze bewaffnet ist. Diese
furchtbare Waffe ist zuweilen von Eisen, gewöhnlich aber
von Holz und mit Eisen beschwert oder mit eisernen
Stiften besetzt. Hirten, welche sich mit den Heerden
weit vom Lager entfernen müssen, haben eine kurze
Lanze und sind sehr geschickt im Gebrauche der Stein-
schleuder. Als Schutzwaffe dient ein runder Schild,
der 1 --1 1 / 2 Fuß im Durchmesser hat, und bald von
Metall oder hartem Holze und mit Leder überzogen,
bald von Büffel=oder Nilpferdhaut ist. Auch trägt
man zuweilen Panzerhemden, die theils von den El-
bogen über die Schultern bis auf die Knie gehen,
theils nur bis auf die Hüften reichen, während die
Unterarme bis auf die Finger mit Stahlschienen be-
deckt sind. Dazu kommt eine Blechhaube. Diese
Schutzwaffen sind jedoch nur in eigentlichen Kriegen
bei den Arabern gebräuchlich und auch dann nicht
sehr häufig.

[Ende Spaltensatz] [Abbildung] Beduinen.


Verantwortliche Herausgeber: Friedrich Brockhaus in Leipzig und Dr. C. Dräxler=Manfred in Wien.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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[248/0008] Das Pfennig=Magazin. durch Gewalt oder durch List zu bewirken, und beson- ders sind die Weiber sinnreich in Erfindungen zur Er- lösung eines Verwandten. Die Mutter oder die Schwester des Gefangenen geht in das Lager, wo sie in einem Zelte gastfreundlich empfangen wird. Hat sie ausgekundschaftet, in welchem Zelte er gefangen liegt, so geht sie in der Nacht zu ihm, mit einem Bindfadenknäuel in der Hand, wovon sie ihm ein Ende in den Mund steckt oder an den Fuß bindet. Dann geht sie, das Knäuel abwindend, in ein anderes Zelt, weckt den Eigenthümer, legt den Faden auf seine Brust und spricht: „Siehe mich an, bei deiner Liebe zu Gott und zu dir selbst, Dies ist unter deinem Schutze.“ Der Araber steht auf, faßt den Faden in die Hand und folgt ihm, bis er zu dem Zelte gelangt, wo der Räuber gefangen liegt. Dann weckt er den Eigenthümer und erklärt sich zum Beschützer des Ge- fangenen, der nun sogleich aus seinem Grabe befreit, wie ein neu angekommener Gast bewirthet und endlich ungekränkt entlassen wird. Feuergewehre sind jetzt sehr gewöhnlich unter den Beduinen. Sie sind freilich sehr roh gearbeitet, und nur Reiche haben bessere, mit Elfenbein eingelegte oder sonst verzierte Gewehre. Der Beduine ist sehr geschickt in dem Gebrauche derselben und zielt sicherer als es bei einer so plumpen Waffe möglich zu sein scheint. Die gewöhnliche und eigenthümliche Waffe des Arabers ist die Lanze. Einige sind von Holz, an- dere von starkem Rohr, und diese die beliebtesten, weil sie die leichtesten sind. Die Lanze hat eine Spitze von Eisen oder Stahl an jedem Ende, und die untere dient hauptsächlich dazu, sie in die Erde zu stecken, wenn sie nicht gebraucht wird. Der Schaft ist ge- wöhnlich über zehn Fuß lang, die eigentliche Lan- zenspitze nie kürzer als einen Fuß. Unter der Spitze ist die Lanze oft mit Straußfedern verziert. Fast jeder Beduine trägt stets einen Säbel, selbst wenn er in seines Nachbars Zelt geht, um Kaffee zu trinken. Überdies steckt in seinem Gürtel ein langes gekrümmtes Messer, dessen Griff vorn nach der linken Seite gekehrt ist. Keulen, zwei bis drei Fuß lang, werden häufig gebraucht, sowol zu Pferde als zu Fuße, wenn man nicht mit der Lanze bewaffnet ist. Diese furchtbare Waffe ist zuweilen von Eisen, gewöhnlich aber von Holz und mit Eisen beschwert oder mit eisernen Stiften besetzt. Hirten, welche sich mit den Heerden weit vom Lager entfernen müssen, haben eine kurze Lanze und sind sehr geschickt im Gebrauche der Stein- schleuder. Als Schutzwaffe dient ein runder Schild, der 1 --1 1 / 2 Fuß im Durchmesser hat, und bald von Metall oder hartem Holze und mit Leder überzogen, bald von Büffel=oder Nilpferdhaut ist. Auch trägt man zuweilen Panzerhemden, die theils von den El- bogen über die Schultern bis auf die Knie gehen, theils nur bis auf die Hüften reichen, während die Unterarme bis auf die Finger mit Stahlschienen be- deckt sind. Dazu kommt eine Blechhaube. Diese Schutzwaffen sind jedoch nur in eigentlichen Kriegen bei den Arabern gebräuchlich und auch dann nicht sehr häufig. [Abbildung Beduinen. ] Verantwortliche Herausgeber: Friedrich Brockhaus in Leipzig und Dr. C. Dräxler=Manfred in Wien. Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 174. Leipzig (Sachsen), 30. Juli 1836, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig174_1836/8>, abgerufen am 21.11.2024.