Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 175. Leipzig (Sachsen), 6. August 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Fuß im Durchmesser haltenden Scheiben, mit Entfer-
nung des mittlern Theiles, in zwei halbkreisförmige
Theile geschnitten, woher der Name Mondglas rührt.

Die Verfertigung des Walzenglases ist eine deutsche
Erfindung und erfodert ebenfalls, daß die Glasmasse
zuerst walzen= oder birnförmig aufgeblasen ( Fig. 9 ) werde.
Hierauf wird der Boden der Blase mit einem Eisen
durchbrochen ( Fig. 10 ) , allmälig erweitert ( Fig. 11 ) ,
dann an der Seite aufgeschnitten ( Fig. 12 ) in Walzen-
form gebracht und das Glas auf eine eiserne Tafel ge-
legt ( Fig. 13 ) , wo es die letzte Form erhält.

[Abbildung]

Das Spiegelglas wird vorzüglich sorgfältig theils
wie das Tafelglas verfertigt, theils gegossen, indem man
die geschmolzene Glasmasse auf eine kupferne oder bron-
zene Tafel leitet, die an den Seiten mit Metallleisten
versehen ist, deren Höhe der gewünschten Dicke des Gla-
ses gleich kommt. Damit sich aber die Glasmasse gleich-
mäßig verbreite, läßt man auf den Leisten noch eine
glatte Metallwalze über den Guß hinlaufen. Jst die
Glastafel fest genug, so wird sie wie das auf andere
Weise verfertigte Tafelglas im Kühlofen aufgestellt, um
allmälig ganz zu verhärten.

Am Mannichfaltigsten sind die Formen des Hohl-
glases, bei deren Darstellung vielerlei Handgriffe, Übung
u. s. w. sehr in Betracht kommen. Das Meiste wird
geblasen. Man benutzt jetzt aber auch thönerne und
metallene Formen dabei und vermag nämentlich mittels
letzterer den darin gegossenen Gefäßen ein Ansehen zu
geben, das dem der geschliffenen Glaswaaren sehr ähn-
lich ist. Zu den letzten wird vorzugsweise Krystallglas
genommen, das weniger hart als Tafelglas ist, allein
bei gewöhnlich ansehnlicher Dicke die Durchsichtigkeit des
Krystalls besitzt, wegen einer stärkern Beimischung von
Blei aber auch sehr schwer ist. Durch Zusatz von an-
dern metallischen Theilen kann das Glas verschiedenartig
gefärbt werden, welche Kunst schon in älterer Zeit be-
kannt war und neuerdings wieder sehr vervollkommt
worden ist; auch werden auf diesem Wege die künstli-
chen Edelsteine hervorgebracht, welche nichts Anderes sind,
als bleihaltiges Glas, welches durch Verbindung mit
gewissen Metalloxyden, z. B. durch Kupferoxyd grün,
Kobaltoxyd blau, gefärbt worden ist.



Erinnerung aus der Perückenzeit.

Der ehemalige speiersche Leibarzt, Johann Peter Frank,
sagt in seinem schätzbaren System der medicinischen
Policei ( dritter Band, Seite 208 ) , welches 1783 er-
schien: "Wie elend kommt es doch heraus, wenn
man eine ganze Nation mit weißgepuderten Köpfen in
Fehljahren den Himmel über Fruchtmangel laut anklagen
hört, da doch eine ganze Provinz eben von dem nahr-
haften Staube schicklich zu leben hätte, mit welchem
so viele tausend Perückenmacher sich zu Lungensüchtigen
stäuben, indem sie das feinste Mehl in die Luft streuen
[Spaltenumbruch] und dem hungrigen Bürger entziehen." An solche
Äußerungen muß man Diejenigen erinnern, welche die
Gegenwart zu sehr herabsetzen. Wir sind durch die
allgemeine Verbreitung der Kartoffeln mehr als unsere
Großväter vor Hungersnoth gesichert, streuen aber den-
noch kein Weizenmehl in die Haare und haben nicht
mehr viele tausend Perückenmacher.



Züge aus dem Leben König Karl XII.
von Schweden.

Nach der Schlacht bei Clissow, welche Karl XII. am
9. Juli 1702 gegen den König August von Polen ge-
wann, fielen den Schweden, welche nur 700 männ-
liche Gefangene gemacht hatten, noch 500 Frauenzim-
mer in die Hände, welche dem feindlichen Heere gefolgt
waren, und unter denen sich auch einige von Stande
befanden. Karl, der bekanntlich aller Frivolität höchst
abhold war, mochte diese weibliche Cohorte weder in
seinem Lager behalten, noch sie unbeschützt dem Feinde
nachsenden, zumal da sie große Furcht vor dem Muth-
willen der polnischen Bauern hegten. Er gab ihnen
also einige Schwadronen zur Bedeckung mit, welche den
strengsten Befehl hatten, ihren Schützlingen weder etwas
zu entfremden, noch ihnen sonst die geringste Ungebühr
zuzufügen. Diese Schonung gefiel dem Könige Au-
gust so wohl, daß er seinem Gegner eine Höflichkeit
schuldig zu sein glaubte. Ein schwedischer Rittmeister
war in der Schlacht von seinem wild gewordenen
Pferde mitten unter die Sachsen getragen worden, wel-
che ihn gefangen nahmen. August ließ ihn auf das
Beste bewirthen und schickte ihn dann dem Könige
zurück. Aber Karl war nicht der Mann, um irgend
Jemand etwas schuldig zu bleiben. Kaum hatte der
Rittmeister das Geschehene berichtet, als er 25 gefangene
sächsische Offiziere auf das Beste mit Speise und Trank
versehen ließ und ihnen dann, ohne das damals noch
übliche Lösegeld, die Freiheit gab.

Bei der Belagerung von Thorn 1703 hatte der
König sein Zelt an einem so gefährlichen Orte aufschla-
gen lassen, daß unaufhörlich Kugeln in seiner Nähe
niederfielen. Vergebens suchte man ihn zu bewegen,
daß er entweder einen andern Ort wählen, oder doch
einen Wall von Erde vor seinem Zelte möchte aufführen
lassen. Endlich entschloß sich der Graf Piper, in der
Abwesenheit des Königs einen großen Haufen Heu vor
dessen Zelt bringen zu lassen. Kaum aber war der
König zurück, als man augenblicklich das Heu wieder
wegschaffen mußte. Jndeß gestattete er doch, daß andere
Personen, und namentlich auch seine Trabanten, ihre
Heuhaufen behalten durften.

Als der König Thorn erobert hatte, schenkte er die
Glocken in den Kirchen und Klöstern der Stadt seinen
Artillerieoffizieren, und zwar weil man während der
Belagerung geläutet hatte, statt nach Kriegsgebrauch
eine gänzliche Stille herrschen zu lassen. Die Offiziere
verkauften ihr Geschenk theils an die Stadt wieder,
theils an den König selbst, der sie baar bezahlte und
die Glocken nach Schweden schickte.

Eine Fürstin Lubomirska, welche mit bedeutenden
Schätzen Polen verlassen und sich nach Sachsen begeben
wollte, war von einem schwedischen Oberstlieutenant an der
Grenze angehalten worden. Auf den Bericht davon schrieb
Karl eigenhändig zurück: "Der Oberstlieutenant hat au-
genblicklich seine Gefangene loszugeben, mit Allem, was
ihr zugehört, indem Wir nicht gesonnen sind, mit
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Fuß im Durchmesser haltenden Scheiben, mit Entfer-
nung des mittlern Theiles, in zwei halbkreisförmige
Theile geschnitten, woher der Name Mondglas rührt.

Die Verfertigung des Walzenglases ist eine deutsche
Erfindung und erfodert ebenfalls, daß die Glasmasse
zuerst walzen= oder birnförmig aufgeblasen ( Fig. 9 ) werde.
Hierauf wird der Boden der Blase mit einem Eisen
durchbrochen ( Fig. 10 ) , allmälig erweitert ( Fig. 11 ) ,
dann an der Seite aufgeschnitten ( Fig. 12 ) in Walzen-
form gebracht und das Glas auf eine eiserne Tafel ge-
legt ( Fig. 13 ) , wo es die letzte Form erhält.

[Abbildung]

Das Spiegelglas wird vorzüglich sorgfältig theils
wie das Tafelglas verfertigt, theils gegossen, indem man
die geschmolzene Glasmasse auf eine kupferne oder bron-
zene Tafel leitet, die an den Seiten mit Metallleisten
versehen ist, deren Höhe der gewünschten Dicke des Gla-
ses gleich kommt. Damit sich aber die Glasmasse gleich-
mäßig verbreite, läßt man auf den Leisten noch eine
glatte Metallwalze über den Guß hinlaufen. Jst die
Glastafel fest genug, so wird sie wie das auf andere
Weise verfertigte Tafelglas im Kühlofen aufgestellt, um
allmälig ganz zu verhärten.

Am Mannichfaltigsten sind die Formen des Hohl-
glases, bei deren Darstellung vielerlei Handgriffe, Übung
u. s. w. sehr in Betracht kommen. Das Meiste wird
geblasen. Man benutzt jetzt aber auch thönerne und
metallene Formen dabei und vermag nämentlich mittels
letzterer den darin gegossenen Gefäßen ein Ansehen zu
geben, das dem der geschliffenen Glaswaaren sehr ähn-
lich ist. Zu den letzten wird vorzugsweise Krystallglas
genommen, das weniger hart als Tafelglas ist, allein
bei gewöhnlich ansehnlicher Dicke die Durchsichtigkeit des
Krystalls besitzt, wegen einer stärkern Beimischung von
Blei aber auch sehr schwer ist. Durch Zusatz von an-
dern metallischen Theilen kann das Glas verschiedenartig
gefärbt werden, welche Kunst schon in älterer Zeit be-
kannt war und neuerdings wieder sehr vervollkommt
worden ist; auch werden auf diesem Wege die künstli-
chen Edelsteine hervorgebracht, welche nichts Anderes sind,
als bleihaltiges Glas, welches durch Verbindung mit
gewissen Metalloxyden, z. B. durch Kupferoxyd grün,
Kobaltoxyd blau, gefärbt worden ist.



Erinnerung aus der Perückenzeit.

Der ehemalige speiersche Leibarzt, Johann Peter Frank,
sagt in seinem schätzbaren System der medicinischen
Policei ( dritter Band, Seite 208 ) , welches 1783 er-
schien: „Wie elend kommt es doch heraus, wenn
man eine ganze Nation mit weißgepuderten Köpfen in
Fehljahren den Himmel über Fruchtmangel laut anklagen
hört, da doch eine ganze Provinz eben von dem nahr-
haften Staube schicklich zu leben hätte, mit welchem
so viele tausend Perückenmacher sich zu Lungensüchtigen
stäuben, indem sie das feinste Mehl in die Luft streuen
[Spaltenumbruch] und dem hungrigen Bürger entziehen.“ An solche
Äußerungen muß man Diejenigen erinnern, welche die
Gegenwart zu sehr herabsetzen. Wir sind durch die
allgemeine Verbreitung der Kartoffeln mehr als unsere
Großväter vor Hungersnoth gesichert, streuen aber den-
noch kein Weizenmehl in die Haare und haben nicht
mehr viele tausend Perückenmacher.



Züge aus dem Leben König Karl XII.
von Schweden.

Nach der Schlacht bei Clissow, welche Karl XII. am
9. Juli 1702 gegen den König August von Polen ge-
wann, fielen den Schweden, welche nur 700 männ-
liche Gefangene gemacht hatten, noch 500 Frauenzim-
mer in die Hände, welche dem feindlichen Heere gefolgt
waren, und unter denen sich auch einige von Stande
befanden. Karl, der bekanntlich aller Frivolität höchst
abhold war, mochte diese weibliche Cohorte weder in
seinem Lager behalten, noch sie unbeschützt dem Feinde
nachsenden, zumal da sie große Furcht vor dem Muth-
willen der polnischen Bauern hegten. Er gab ihnen
also einige Schwadronen zur Bedeckung mit, welche den
strengsten Befehl hatten, ihren Schützlingen weder etwas
zu entfremden, noch ihnen sonst die geringste Ungebühr
zuzufügen. Diese Schonung gefiel dem Könige Au-
gust so wohl, daß er seinem Gegner eine Höflichkeit
schuldig zu sein glaubte. Ein schwedischer Rittmeister
war in der Schlacht von seinem wild gewordenen
Pferde mitten unter die Sachsen getragen worden, wel-
che ihn gefangen nahmen. August ließ ihn auf das
Beste bewirthen und schickte ihn dann dem Könige
zurück. Aber Karl war nicht der Mann, um irgend
Jemand etwas schuldig zu bleiben. Kaum hatte der
Rittmeister das Geschehene berichtet, als er 25 gefangene
sächsische Offiziere auf das Beste mit Speise und Trank
versehen ließ und ihnen dann, ohne das damals noch
übliche Lösegeld, die Freiheit gab.

Bei der Belagerung von Thorn 1703 hatte der
König sein Zelt an einem so gefährlichen Orte aufschla-
gen lassen, daß unaufhörlich Kugeln in seiner Nähe
niederfielen. Vergebens suchte man ihn zu bewegen,
daß er entweder einen andern Ort wählen, oder doch
einen Wall von Erde vor seinem Zelte möchte aufführen
lassen. Endlich entschloß sich der Graf Piper, in der
Abwesenheit des Königs einen großen Haufen Heu vor
dessen Zelt bringen zu lassen. Kaum aber war der
König zurück, als man augenblicklich das Heu wieder
wegschaffen mußte. Jndeß gestattete er doch, daß andere
Personen, und namentlich auch seine Trabanten, ihre
Heuhaufen behalten durften.

Als der König Thorn erobert hatte, schenkte er die
Glocken in den Kirchen und Klöstern der Stadt seinen
Artillerieoffizieren, und zwar weil man während der
Belagerung geläutet hatte, statt nach Kriegsgebrauch
eine gänzliche Stille herrschen zu lassen. Die Offiziere
verkauften ihr Geschenk theils an die Stadt wieder,
theils an den König selbst, der sie baar bezahlte und
die Glocken nach Schweden schickte.

Eine Fürstin Lubomirska, welche mit bedeutenden
Schätzen Polen verlassen und sich nach Sachsen begeben
wollte, war von einem schwedischen Oberstlieutenant an der
Grenze angehalten worden. Auf den Bericht davon schrieb
Karl eigenhändig zurück: „Der Oberstlieutenant hat au-
genblicklich seine Gefangene loszugeben, mit Allem, was
ihr zugehört, indem Wir nicht gesonnen sind, mit
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0005" n="253"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Pfennig=Magazin.</hi></fw><cb type="start"/>
Fuß im Durchmesser haltenden Scheiben, mit Entfer-<lb/>
nung des mittlern Theiles, in zwei halbkreisförmige<lb/>
Theile geschnitten, woher der Name Mondglas rührt.</p><lb/>
        <p>Die Verfertigung des Walzenglases ist eine deutsche<lb/>
Erfindung und erfodert ebenfalls, daß die Glasmasse<lb/>
zuerst walzen= oder birnförmig aufgeblasen ( Fig. 9 ) werde.<lb/>
Hierauf wird der Boden der Blase mit einem Eisen<lb/>
durchbrochen ( Fig. 10 ) , allmälig erweitert ( Fig. 11 ) ,<lb/>
dann an der Seite aufgeschnitten ( Fig. 12 ) in Walzen-<lb/>
form gebracht und das Glas auf eine eiserne Tafel ge-<lb/>
legt ( Fig. 13 ) , wo es die letzte Form erhält.</p><lb/>
        <figure/><lb/>
        <p>Das Spiegelglas wird vorzüglich sorgfältig theils<lb/>
wie das Tafelglas verfertigt, theils gegossen, indem man<lb/>
die geschmolzene Glasmasse auf eine kupferne oder bron-<lb/>
zene Tafel leitet, die an den Seiten mit Metallleisten<lb/>
versehen ist, deren Höhe der gewünschten Dicke des Gla-<lb/>
ses gleich kommt. Damit sich aber die Glasmasse gleich-<lb/>
mäßig verbreite, läßt man auf den Leisten noch eine<lb/>
glatte Metallwalze über den Guß hinlaufen. Jst die<lb/>
Glastafel fest genug, so wird sie wie das auf andere<lb/>
Weise verfertigte Tafelglas im Kühlofen aufgestellt, um<lb/>
allmälig ganz zu verhärten.</p><lb/>
        <p>Am Mannichfaltigsten sind die Formen des Hohl-<lb/>
glases, bei deren Darstellung vielerlei Handgriffe, Übung<lb/>
u. s. w. sehr in Betracht kommen. Das Meiste wird<lb/>
geblasen. Man benutzt jetzt aber auch thönerne und<lb/>
metallene Formen dabei und vermag nämentlich mittels<lb/>
letzterer den darin gegossenen Gefäßen ein Ansehen zu<lb/>
geben, das dem der geschliffenen Glaswaaren sehr ähn-<lb/>
lich ist. Zu den letzten wird vorzugsweise Krystallglas<lb/>
genommen, das weniger hart als Tafelglas ist, allein<lb/>
bei gewöhnlich ansehnlicher Dicke die Durchsichtigkeit des<lb/>
Krystalls besitzt, wegen einer stärkern Beimischung von<lb/>
Blei aber auch sehr schwer ist. Durch Zusatz von an-<lb/>
dern metallischen Theilen kann das Glas verschiedenartig<lb/>
gefärbt werden, welche Kunst schon in älterer Zeit be-<lb/>
kannt war und neuerdings wieder sehr vervollkommt<lb/>
worden ist; auch werden auf diesem Wege die künstli-<lb/>
chen Edelsteine hervorgebracht, welche nichts Anderes sind,<lb/>
als bleihaltiges Glas, welches durch Verbindung mit<lb/>
gewissen Metalloxyden, z. B. durch Kupferoxyd grün,<lb/>
Kobaltoxyd blau, gefärbt worden ist.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Erinnerung aus der Perückenzeit</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er ehemalige speiersche Leibarzt, Johann Peter Frank,<lb/>
sagt in seinem schätzbaren System der medicinischen<lb/>
Policei ( dritter Band, Seite 208 ) , welches 1783 er-<lb/>
schien: &#x201E;Wie elend kommt es doch heraus, wenn<lb/>
man eine ganze Nation mit weißgepuderten Köpfen in<lb/>
Fehljahren den Himmel über Fruchtmangel laut anklagen<lb/>
hört, da doch eine ganze Provinz eben von dem nahr-<lb/>
haften Staube schicklich zu leben hätte, mit welchem<lb/>
so viele tausend Perückenmacher sich zu Lungensüchtigen<lb/>
stäuben, indem sie das feinste Mehl in die Luft streuen<lb/><cb n="2"/>
und dem hungrigen Bürger entziehen.&#x201C; An solche<lb/>
Äußerungen muß man Diejenigen erinnern, welche die<lb/>
Gegenwart zu sehr herabsetzen. Wir sind durch die<lb/>
allgemeine Verbreitung der Kartoffeln mehr als unsere<lb/>
Großväter vor Hungersnoth gesichert, streuen aber den-<lb/>
noch kein Weizenmehl in die Haare und haben nicht<lb/>
mehr viele tausend Perückenmacher.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Züge aus dem Leben König Karl</hi> <hi rendition="#aq">XII.</hi><lb/> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">von Schweden</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">N</hi>ach der Schlacht bei Clissow, welche Karl <hi rendition="#aq">XII</hi>. am<lb/>
9. Juli 1702 gegen den König August von Polen ge-<lb/>
wann, fielen den Schweden, welche nur 700 männ-<lb/>
liche Gefangene gemacht hatten, noch 500 Frauenzim-<lb/>
mer in die Hände, welche dem feindlichen Heere gefolgt<lb/>
waren, und unter denen sich auch einige von Stande<lb/>
befanden. Karl, der bekanntlich aller Frivolität höchst<lb/>
abhold war, mochte diese weibliche Cohorte weder in<lb/>
seinem Lager behalten, noch sie unbeschützt dem Feinde<lb/>
nachsenden, zumal da sie große Furcht vor dem Muth-<lb/>
willen der polnischen Bauern hegten. Er gab ihnen<lb/>
also einige Schwadronen zur Bedeckung mit, welche den<lb/>
strengsten Befehl hatten, ihren Schützlingen weder etwas<lb/>
zu entfremden, noch ihnen sonst die geringste Ungebühr<lb/>
zuzufügen. Diese Schonung gefiel dem Könige Au-<lb/>
gust so wohl, daß er seinem Gegner eine Höflichkeit<lb/>
schuldig zu sein glaubte. Ein schwedischer Rittmeister<lb/>
war in der Schlacht von seinem wild gewordenen<lb/>
Pferde mitten unter die Sachsen getragen worden, wel-<lb/>
che ihn gefangen nahmen. August ließ ihn auf das<lb/>
Beste bewirthen und schickte ihn dann dem Könige<lb/>
zurück. Aber Karl war nicht der Mann, um irgend<lb/>
Jemand etwas schuldig zu bleiben. Kaum hatte der<lb/>
Rittmeister das Geschehene berichtet, als er 25 gefangene<lb/>
sächsische Offiziere auf das Beste mit Speise und Trank<lb/>
versehen ließ und ihnen dann, ohne das damals noch<lb/>
übliche Lösegeld, die Freiheit gab.</p><lb/>
        <p>Bei der Belagerung von Thorn 1703 hatte der<lb/>
König sein Zelt an einem so gefährlichen Orte aufschla-<lb/>
gen lassen, daß unaufhörlich Kugeln in seiner Nähe<lb/>
niederfielen. Vergebens suchte man ihn zu bewegen,<lb/>
daß er entweder einen andern Ort wählen, oder doch<lb/>
einen Wall von Erde vor seinem Zelte möchte aufführen<lb/>
lassen. Endlich entschloß sich der Graf Piper, in der<lb/>
Abwesenheit des Königs einen großen Haufen Heu vor<lb/>
dessen Zelt bringen zu lassen. Kaum aber war der<lb/>
König zurück, als man augenblicklich das Heu wieder<lb/>
wegschaffen mußte. Jndeß gestattete er doch, daß andere<lb/>
Personen, und namentlich auch seine Trabanten, ihre<lb/>
Heuhaufen behalten durften.</p><lb/>
        <p>Als der König Thorn erobert hatte, schenkte er die<lb/>
Glocken in den Kirchen und Klöstern der Stadt seinen<lb/>
Artillerieoffizieren, und zwar weil man während der<lb/>
Belagerung geläutet hatte, statt nach Kriegsgebrauch<lb/>
eine gänzliche Stille herrschen zu lassen. Die Offiziere<lb/>
verkauften ihr Geschenk theils an die Stadt wieder,<lb/>
theils an den König selbst, der sie baar bezahlte und<lb/>
die Glocken nach Schweden schickte.</p><lb/>
        <p>Eine Fürstin Lubomirska, welche mit bedeutenden<lb/>
Schätzen Polen verlassen und sich nach Sachsen begeben<lb/>
wollte, war von einem schwedischen Oberstlieutenant an der<lb/>
Grenze angehalten worden. Auf den Bericht davon schrieb<lb/>
Karl eigenhändig zurück: &#x201E;Der Oberstlieutenant hat au-<lb/>
genblicklich seine Gefangene loszugeben, mit Allem, was<lb/>
ihr zugehört, indem Wir nicht gesonnen sind, mit<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0005] Das Pfennig=Magazin. Fuß im Durchmesser haltenden Scheiben, mit Entfer- nung des mittlern Theiles, in zwei halbkreisförmige Theile geschnitten, woher der Name Mondglas rührt. Die Verfertigung des Walzenglases ist eine deutsche Erfindung und erfodert ebenfalls, daß die Glasmasse zuerst walzen= oder birnförmig aufgeblasen ( Fig. 9 ) werde. Hierauf wird der Boden der Blase mit einem Eisen durchbrochen ( Fig. 10 ) , allmälig erweitert ( Fig. 11 ) , dann an der Seite aufgeschnitten ( Fig. 12 ) in Walzen- form gebracht und das Glas auf eine eiserne Tafel ge- legt ( Fig. 13 ) , wo es die letzte Form erhält. [Abbildung] Das Spiegelglas wird vorzüglich sorgfältig theils wie das Tafelglas verfertigt, theils gegossen, indem man die geschmolzene Glasmasse auf eine kupferne oder bron- zene Tafel leitet, die an den Seiten mit Metallleisten versehen ist, deren Höhe der gewünschten Dicke des Gla- ses gleich kommt. Damit sich aber die Glasmasse gleich- mäßig verbreite, läßt man auf den Leisten noch eine glatte Metallwalze über den Guß hinlaufen. Jst die Glastafel fest genug, so wird sie wie das auf andere Weise verfertigte Tafelglas im Kühlofen aufgestellt, um allmälig ganz zu verhärten. Am Mannichfaltigsten sind die Formen des Hohl- glases, bei deren Darstellung vielerlei Handgriffe, Übung u. s. w. sehr in Betracht kommen. Das Meiste wird geblasen. Man benutzt jetzt aber auch thönerne und metallene Formen dabei und vermag nämentlich mittels letzterer den darin gegossenen Gefäßen ein Ansehen zu geben, das dem der geschliffenen Glaswaaren sehr ähn- lich ist. Zu den letzten wird vorzugsweise Krystallglas genommen, das weniger hart als Tafelglas ist, allein bei gewöhnlich ansehnlicher Dicke die Durchsichtigkeit des Krystalls besitzt, wegen einer stärkern Beimischung von Blei aber auch sehr schwer ist. Durch Zusatz von an- dern metallischen Theilen kann das Glas verschiedenartig gefärbt werden, welche Kunst schon in älterer Zeit be- kannt war und neuerdings wieder sehr vervollkommt worden ist; auch werden auf diesem Wege die künstli- chen Edelsteine hervorgebracht, welche nichts Anderes sind, als bleihaltiges Glas, welches durch Verbindung mit gewissen Metalloxyden, z. B. durch Kupferoxyd grün, Kobaltoxyd blau, gefärbt worden ist. Erinnerung aus der Perückenzeit. Der ehemalige speiersche Leibarzt, Johann Peter Frank, sagt in seinem schätzbaren System der medicinischen Policei ( dritter Band, Seite 208 ) , welches 1783 er- schien: „Wie elend kommt es doch heraus, wenn man eine ganze Nation mit weißgepuderten Köpfen in Fehljahren den Himmel über Fruchtmangel laut anklagen hört, da doch eine ganze Provinz eben von dem nahr- haften Staube schicklich zu leben hätte, mit welchem so viele tausend Perückenmacher sich zu Lungensüchtigen stäuben, indem sie das feinste Mehl in die Luft streuen und dem hungrigen Bürger entziehen.“ An solche Äußerungen muß man Diejenigen erinnern, welche die Gegenwart zu sehr herabsetzen. Wir sind durch die allgemeine Verbreitung der Kartoffeln mehr als unsere Großväter vor Hungersnoth gesichert, streuen aber den- noch kein Weizenmehl in die Haare und haben nicht mehr viele tausend Perückenmacher. Züge aus dem Leben König Karl XII. von Schweden. Nach der Schlacht bei Clissow, welche Karl XII. am 9. Juli 1702 gegen den König August von Polen ge- wann, fielen den Schweden, welche nur 700 männ- liche Gefangene gemacht hatten, noch 500 Frauenzim- mer in die Hände, welche dem feindlichen Heere gefolgt waren, und unter denen sich auch einige von Stande befanden. Karl, der bekanntlich aller Frivolität höchst abhold war, mochte diese weibliche Cohorte weder in seinem Lager behalten, noch sie unbeschützt dem Feinde nachsenden, zumal da sie große Furcht vor dem Muth- willen der polnischen Bauern hegten. Er gab ihnen also einige Schwadronen zur Bedeckung mit, welche den strengsten Befehl hatten, ihren Schützlingen weder etwas zu entfremden, noch ihnen sonst die geringste Ungebühr zuzufügen. Diese Schonung gefiel dem Könige Au- gust so wohl, daß er seinem Gegner eine Höflichkeit schuldig zu sein glaubte. Ein schwedischer Rittmeister war in der Schlacht von seinem wild gewordenen Pferde mitten unter die Sachsen getragen worden, wel- che ihn gefangen nahmen. August ließ ihn auf das Beste bewirthen und schickte ihn dann dem Könige zurück. Aber Karl war nicht der Mann, um irgend Jemand etwas schuldig zu bleiben. Kaum hatte der Rittmeister das Geschehene berichtet, als er 25 gefangene sächsische Offiziere auf das Beste mit Speise und Trank versehen ließ und ihnen dann, ohne das damals noch übliche Lösegeld, die Freiheit gab. Bei der Belagerung von Thorn 1703 hatte der König sein Zelt an einem so gefährlichen Orte aufschla- gen lassen, daß unaufhörlich Kugeln in seiner Nähe niederfielen. Vergebens suchte man ihn zu bewegen, daß er entweder einen andern Ort wählen, oder doch einen Wall von Erde vor seinem Zelte möchte aufführen lassen. Endlich entschloß sich der Graf Piper, in der Abwesenheit des Königs einen großen Haufen Heu vor dessen Zelt bringen zu lassen. Kaum aber war der König zurück, als man augenblicklich das Heu wieder wegschaffen mußte. Jndeß gestattete er doch, daß andere Personen, und namentlich auch seine Trabanten, ihre Heuhaufen behalten durften. Als der König Thorn erobert hatte, schenkte er die Glocken in den Kirchen und Klöstern der Stadt seinen Artillerieoffizieren, und zwar weil man während der Belagerung geläutet hatte, statt nach Kriegsgebrauch eine gänzliche Stille herrschen zu lassen. Die Offiziere verkauften ihr Geschenk theils an die Stadt wieder, theils an den König selbst, der sie baar bezahlte und die Glocken nach Schweden schickte. Eine Fürstin Lubomirska, welche mit bedeutenden Schätzen Polen verlassen und sich nach Sachsen begeben wollte, war von einem schwedischen Oberstlieutenant an der Grenze angehalten worden. Auf den Bericht davon schrieb Karl eigenhändig zurück: „Der Oberstlieutenant hat au- genblicklich seine Gefangene loszugeben, mit Allem, was ihr zugehört, indem Wir nicht gesonnen sind, mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig175_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig175_1836/5
Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 175. Leipzig (Sachsen), 6. August 1836, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig175_1836/5>, abgerufen am 21.11.2024.