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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 177. Leipzig (Sachsen), 20. August 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] kommt, seien es körperliche oder geistige Gegenstände,
so lange festzuhalten, bis er sich Alles tief eingeprägt
hat. Dadurch, und weil ihm nicht, wie bei Sehenden,
durch häufig neue Eindrücke die vorigen so leicht wieder
geschwächt oder verlöscht werden, entsteht jenes getreue
Gedächtniß,
welches die meisten Blinden und man-
che in einem bewundernswürdigen Grade besitzen, und
welches ihren Unterricht eben so sehr erleichtert, als es
ihnen im gemeinen Leben und bei wissenschaftlichen
Beschäftigungen nützlich ist.

Da der Blinde jeden Gegenstand einzeln mit un-
getheilter Aufmerksamkeit und so genau als möglich ge-
wöhnlich im eigentlichen Sinne von allen Seiten betrach-
tet, so kann man sich nicht wundern, daß er, die meistens
zufällige Beschaffenheit der Farbe abgerechnet, manche
Sache genauer und richtiger kennen lernt, als
ein Sehender, der es nicht selten bei einem flüchtigen
oberflächlichen Blick bewenden läßt, dagegen der Blinde
die ganze ihm übriggebliebene Sinnlichkeit, besonders
Tastsinn und Gehör aufbietet, um in die Natur des
vorliegenden Gegenstandes einzudringen und ihn nach
allen Beziehungen auszuforschen. Es ist merkwürdig
und rührend zugleich, das innere Streben und die An-
strengung zu beobachten, durch welche der Blinde das
wichtige äußere Hinderniß zu überwinden sucht.

Diese genaue Betrachtung und reife Beurtheilung
leitet den unterrichteten Blinden auch bei der Behand-
lung geistiger Gegenstände, so daß er aus Vorsicht zwar
etwas langsamer, aber oft bestimmter und richtiger
urtheilen wird, als der Sehende. Weniger gebildete
Blinde werden jedoch durch das ihnen eigenthümliche
Beharren auf der einmal gefaßten Ansicht eines Gegen-
standes hin und wieder zu einseitigen Urtheilen verleitet,
welche durch zweckmäßige Erziehung und Unterricht um
so mehr verhindert werden müssen, da es für ihren
Zustand, bei dem sie öfter als Andere in Gefahr ge-
rathen, wichtig ist, sie bei steter Besonnenheit und
Geistesgegenwart zu erhalten.

Weil der Blinde durch seine Umstände in seltenere
Berührung mit der äußern Welt und mit ihren Ver-
hältnissen kommt, so behalten diese immer den Reiz
der Neuheit für ihn, und er richtet sich nicht nur in
seinen Handlungen gern nach andern Menschen, sondern
auch sein Jdeengang bleibt gern auf dem gewöhnlichen
Wege. Der Blinde ist weniger zum Erfinden und
speculativen Denken geeignet, als er schon vorhandenen
geistigen Stoff gut bearbeiten kann, ohne daß er jedoch
gehindert wäre, durch höhere Bildung in die Tiefen
der Wissenschaften und schönen Künste einzudringen.

Der Blinde wird durch seinen Zustand unaufhör-
lich an seine Hülfsbedürftigkeit erinnert, und dieses ver-
anlaßt ihn, sich fest an andere Menschen anzuschließen.
Gewöhnlich hängt er mit ganzer Seele und mit unbe-
gränztem Zutrauen an Denen, die sich seiner annehmen.

Die meisten Blinden, welche es nicht erst in rei-
fern Jahren geworden sind, haben eine ruhige, sich
Andern gern anschmiegende Sinnesart, sind offen und
unbefangen, zufrieden und heiter. Diese glückliche Ge-
müthsstimmung fließt größtentheils aus dem Zustande
der Blindheit selbst. Jene Hülfsbedürftigkeit setzt den
Blinden von Kindheit an in die Lage, dem Willen
und der Leitung Anderer zu folgen, und lehret ihn, sich
Denen gefällig zu zeigen, die er niemals entbehren kann.
Da der Blinde vielen Sinnesreizen entgeht und ihm
manche entbehrliche Genüsse unbekannt bleiben, so trägt
dieses mit dazu bei, ihm innere Ruhe und Zufrieden-
heit zu erhalten. Durch lange Gewohnheit mit seinem
Zustande vertraut und in dem Bewußtsein, manche
[Spaltenumbruch] Schwierigkeit glücklich überwunden zu haben, hört man
den Blinden nicht selten über sich und seinen Zustand
scherzen und sich auf seine Fertigkeiten etwas zu gute
thun.

Bei Blinden, die es in irgend einer Kunst oder
Wissenschaft weit gebracht haben, artet dieses manchmal
in Stolz aus, der freilich um deswillen verzeihlicher er-
scheint, weil der Blinde die große Anstrengung in Rech-
nung bringt, die er anwenden mußte, um das ihm ent-
gegenstehende Naturhinderniß zu überwinden.

Jn ihren Urtheilen über Andere sind die Blinden
unbefangener und strenger als die Sehenden, weil sie
durch äußern Glanz und Hoheit oder durch die Zeichen
von Reichthum und Stand nicht geblendet werden. Für
Menschen und ihre Handlungen kennt der Blinde nur
den moralischen Maßstab, und das Beste denkt er sich
gewöhnlich auch als das Schönste.

Bei der durch stete innere und äußere Anstren-
gung entstehenden allgemeinen Reizbarkeit geräth der
Blinde leicht in Hitze, aber er kommt auch bald wieder
zurück. Diese Reizbarkeit und eine gewisse Verwöh-
nung durch häufiges Mitleiden und Hülfe von guten
Menschen, machen den Blinden etwas empfindlich, so-
daß er dadurch manchmal zu ungünstigen Urtheilen ge-
gen Andere verleitet wird.

Alle Blinde haben einen Anstrich von Eigensinn
oder vielmehr von Beharrung bei dem einmal Ge-
wohnten, welches sich auch sehr natürlich daraus er-
klärt, daß ihnen jede Veränderung ihrer Lage und Hand-
lungsweise weit schwerer fällt und sie mehr Mühe und
längere Zeit brauchen, sich in neuen Verhältnissen zu-
recht zu finden als ein Sehender. Hierzu kommt noch,
daß der Blinde, welcher in so manchen Beziehungen
auf sich allein beschränkt ist und nur aus sich selbst
schöpfen kann, dem Seinigen, das er so mühsam er-
worben hat, sei es nun körperliches oder geistiges Ei-
genthum, einen besondern Werth beilegt, und daß es
ihm schwer ankommt, etwas davon aufzugeben. Wer
wie der Blinde so oft isolirt unter den übrigen Men-
schen dasteht, gewöhnt sich leicht in einzelnen Fällen so
zu handeln, als ob er allein da wäre.

Viele Blinde, selbst junge Leute und Kinder, ha-
ben eine Neigung, Vorräthe zu sammeln, sind geldgie-
rig und eigennützig. Zu gleicher Zeit aber wird man
an ihnen eine diesem Alter ungewöhnliche Gesetztheit
und Überwindungsgabe antreffen. Die meisten Blin-
den haben ein reges Gefühl für Wahrheit und Recht.
Eigne Kränkungen, die leider dem Blinden so häufig
widerfahren, fühlt er zwar tief, aber sie machen ihn we-
niger betrübt als bitter; er zieht sich in sich selbst zurück
und wird verschlossen, selten aber wird man finden, daß
er sich auf eine andere Weise als durch Satire, zu der
überhaupt die erwachsenen Blinden aufgelegt sind, zu
rächen sucht.

Da der Blinde so manchen rührenden Auftritt
nicht sieht und die Kraft des augenblicklichen Eindrucks
auf ihn nicht wirkt, da er bei seinem leidenden Zu-
stande sich von Jugend auf an Entbehrungen aller Art
gewöhnt, mithin fremde Gebrechen ihm weniger auffal-
lend sind, so ist es kein Wunder, daß die meisten Blin-
den mehr kalt als gefühlvoll erscheinen, was ihnen
manchmal den Vorwurf der Unempfindlichkeit zuzieht.

Blinde, welche mit schlechten Beispielen umgeben
sind, besonders solche, welche früher gesehen haben, ge-
rathen manchmal auf moralische Abwege, die ihnen um
so verderblicher werden, weil sie dann die der Blindheit
eigne Überlegung und Beharrlichkeit dazu misbrauchen,
ihr ganzes Dichten und Trachten auf die Ausführung
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] kommt, seien es körperliche oder geistige Gegenstände,
so lange festzuhalten, bis er sich Alles tief eingeprägt
hat. Dadurch, und weil ihm nicht, wie bei Sehenden,
durch häufig neue Eindrücke die vorigen so leicht wieder
geschwächt oder verlöscht werden, entsteht jenes getreue
Gedächtniß,
welches die meisten Blinden und man-
che in einem bewundernswürdigen Grade besitzen, und
welches ihren Unterricht eben so sehr erleichtert, als es
ihnen im gemeinen Leben und bei wissenschaftlichen
Beschäftigungen nützlich ist.

Da der Blinde jeden Gegenstand einzeln mit un-
getheilter Aufmerksamkeit und so genau als möglich ge-
wöhnlich im eigentlichen Sinne von allen Seiten betrach-
tet, so kann man sich nicht wundern, daß er, die meistens
zufällige Beschaffenheit der Farbe abgerechnet, manche
Sache genauer und richtiger kennen lernt, als
ein Sehender, der es nicht selten bei einem flüchtigen
oberflächlichen Blick bewenden läßt, dagegen der Blinde
die ganze ihm übriggebliebene Sinnlichkeit, besonders
Tastsinn und Gehör aufbietet, um in die Natur des
vorliegenden Gegenstandes einzudringen und ihn nach
allen Beziehungen auszuforschen. Es ist merkwürdig
und rührend zugleich, das innere Streben und die An-
strengung zu beobachten, durch welche der Blinde das
wichtige äußere Hinderniß zu überwinden sucht.

Diese genaue Betrachtung und reife Beurtheilung
leitet den unterrichteten Blinden auch bei der Behand-
lung geistiger Gegenstände, so daß er aus Vorsicht zwar
etwas langsamer, aber oft bestimmter und richtiger
urtheilen wird, als der Sehende. Weniger gebildete
Blinde werden jedoch durch das ihnen eigenthümliche
Beharren auf der einmal gefaßten Ansicht eines Gegen-
standes hin und wieder zu einseitigen Urtheilen verleitet,
welche durch zweckmäßige Erziehung und Unterricht um
so mehr verhindert werden müssen, da es für ihren
Zustand, bei dem sie öfter als Andere in Gefahr ge-
rathen, wichtig ist, sie bei steter Besonnenheit und
Geistesgegenwart zu erhalten.

Weil der Blinde durch seine Umstände in seltenere
Berührung mit der äußern Welt und mit ihren Ver-
hältnissen kommt, so behalten diese immer den Reiz
der Neuheit für ihn, und er richtet sich nicht nur in
seinen Handlungen gern nach andern Menschen, sondern
auch sein Jdeengang bleibt gern auf dem gewöhnlichen
Wege. Der Blinde ist weniger zum Erfinden und
speculativen Denken geeignet, als er schon vorhandenen
geistigen Stoff gut bearbeiten kann, ohne daß er jedoch
gehindert wäre, durch höhere Bildung in die Tiefen
der Wissenschaften und schönen Künste einzudringen.

Der Blinde wird durch seinen Zustand unaufhör-
lich an seine Hülfsbedürftigkeit erinnert, und dieses ver-
anlaßt ihn, sich fest an andere Menschen anzuschließen.
Gewöhnlich hängt er mit ganzer Seele und mit unbe-
gränztem Zutrauen an Denen, die sich seiner annehmen.

Die meisten Blinden, welche es nicht erst in rei-
fern Jahren geworden sind, haben eine ruhige, sich
Andern gern anschmiegende Sinnesart, sind offen und
unbefangen, zufrieden und heiter. Diese glückliche Ge-
müthsstimmung fließt größtentheils aus dem Zustande
der Blindheit selbst. Jene Hülfsbedürftigkeit setzt den
Blinden von Kindheit an in die Lage, dem Willen
und der Leitung Anderer zu folgen, und lehret ihn, sich
Denen gefällig zu zeigen, die er niemals entbehren kann.
Da der Blinde vielen Sinnesreizen entgeht und ihm
manche entbehrliche Genüsse unbekannt bleiben, so trägt
dieses mit dazu bei, ihm innere Ruhe und Zufrieden-
heit zu erhalten. Durch lange Gewohnheit mit seinem
Zustande vertraut und in dem Bewußtsein, manche
[Spaltenumbruch] Schwierigkeit glücklich überwunden zu haben, hört man
den Blinden nicht selten über sich und seinen Zustand
scherzen und sich auf seine Fertigkeiten etwas zu gute
thun.

Bei Blinden, die es in irgend einer Kunst oder
Wissenschaft weit gebracht haben, artet dieses manchmal
in Stolz aus, der freilich um deswillen verzeihlicher er-
scheint, weil der Blinde die große Anstrengung in Rech-
nung bringt, die er anwenden mußte, um das ihm ent-
gegenstehende Naturhinderniß zu überwinden.

Jn ihren Urtheilen über Andere sind die Blinden
unbefangener und strenger als die Sehenden, weil sie
durch äußern Glanz und Hoheit oder durch die Zeichen
von Reichthum und Stand nicht geblendet werden. Für
Menschen und ihre Handlungen kennt der Blinde nur
den moralischen Maßstab, und das Beste denkt er sich
gewöhnlich auch als das Schönste.

Bei der durch stete innere und äußere Anstren-
gung entstehenden allgemeinen Reizbarkeit geräth der
Blinde leicht in Hitze, aber er kommt auch bald wieder
zurück. Diese Reizbarkeit und eine gewisse Verwöh-
nung durch häufiges Mitleiden und Hülfe von guten
Menschen, machen den Blinden etwas empfindlich, so-
daß er dadurch manchmal zu ungünstigen Urtheilen ge-
gen Andere verleitet wird.

Alle Blinde haben einen Anstrich von Eigensinn
oder vielmehr von Beharrung bei dem einmal Ge-
wohnten, welches sich auch sehr natürlich daraus er-
klärt, daß ihnen jede Veränderung ihrer Lage und Hand-
lungsweise weit schwerer fällt und sie mehr Mühe und
längere Zeit brauchen, sich in neuen Verhältnissen zu-
recht zu finden als ein Sehender. Hierzu kommt noch,
daß der Blinde, welcher in so manchen Beziehungen
auf sich allein beschränkt ist und nur aus sich selbst
schöpfen kann, dem Seinigen, das er so mühsam er-
worben hat, sei es nun körperliches oder geistiges Ei-
genthum, einen besondern Werth beilegt, und daß es
ihm schwer ankommt, etwas davon aufzugeben. Wer
wie der Blinde so oft isolirt unter den übrigen Men-
schen dasteht, gewöhnt sich leicht in einzelnen Fällen so
zu handeln, als ob er allein da wäre.

Viele Blinde, selbst junge Leute und Kinder, ha-
ben eine Neigung, Vorräthe zu sammeln, sind geldgie-
rig und eigennützig. Zu gleicher Zeit aber wird man
an ihnen eine diesem Alter ungewöhnliche Gesetztheit
und Überwindungsgabe antreffen. Die meisten Blin-
den haben ein reges Gefühl für Wahrheit und Recht.
Eigne Kränkungen, die leider dem Blinden so häufig
widerfahren, fühlt er zwar tief, aber sie machen ihn we-
niger betrübt als bitter; er zieht sich in sich selbst zurück
und wird verschlossen, selten aber wird man finden, daß
er sich auf eine andere Weise als durch Satire, zu der
überhaupt die erwachsenen Blinden aufgelegt sind, zu
rächen sucht.

Da der Blinde so manchen rührenden Auftritt
nicht sieht und die Kraft des augenblicklichen Eindrucks
auf ihn nicht wirkt, da er bei seinem leidenden Zu-
stande sich von Jugend auf an Entbehrungen aller Art
gewöhnt, mithin fremde Gebrechen ihm weniger auffal-
lend sind, so ist es kein Wunder, daß die meisten Blin-
den mehr kalt als gefühlvoll erscheinen, was ihnen
manchmal den Vorwurf der Unempfindlichkeit zuzieht.

Blinde, welche mit schlechten Beispielen umgeben
sind, besonders solche, welche früher gesehen haben, ge-
rathen manchmal auf moralische Abwege, die ihnen um
so verderblicher werden, weil sie dann die der Blindheit
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[Ende Spaltensatz]

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Da der Blinde jeden Gegenstand einzeln mit un- getheilter Aufmerksamkeit und so genau als möglich ge- wöhnlich im eigentlichen Sinne von allen Seiten betrach- tet, so kann man sich nicht wundern, daß er, die meistens zufällige Beschaffenheit der Farbe abgerechnet, manche Sache genauer und richtiger kennen lernt, als ein Sehender, der es nicht selten bei einem flüchtigen oberflächlichen Blick bewenden läßt, dagegen der Blinde die ganze ihm übriggebliebene Sinnlichkeit, besonders Tastsinn und Gehör aufbietet, um in die Natur des vorliegenden Gegenstandes einzudringen und ihn nach allen Beziehungen auszuforschen. Es ist merkwürdig und rührend zugleich, das innere Streben und die An- strengung zu beobachten, durch welche der Blinde das wichtige äußere Hinderniß zu überwinden sucht. 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Der Blinde ist weniger zum Erfinden und speculativen Denken geeignet, als er schon vorhandenen geistigen Stoff gut bearbeiten kann, ohne daß er jedoch gehindert wäre, durch höhere Bildung in die Tiefen der Wissenschaften und schönen Künste einzudringen. Der Blinde wird durch seinen Zustand unaufhör- lich an seine Hülfsbedürftigkeit erinnert, und dieses ver- anlaßt ihn, sich fest an andere Menschen anzuschließen. Gewöhnlich hängt er mit ganzer Seele und mit unbe- gränztem Zutrauen an Denen, die sich seiner annehmen. Die meisten Blinden, welche es nicht erst in rei- fern Jahren geworden sind, haben eine ruhige, sich Andern gern anschmiegende Sinnesart, sind offen und unbefangen, zufrieden und heiter. Diese glückliche Ge- müthsstimmung fließt größtentheils aus dem Zustande der Blindheit selbst. Jene Hülfsbedürftigkeit setzt den Blinden von Kindheit an in die Lage, dem Willen und der Leitung Anderer zu folgen, und lehret ihn, sich Denen gefällig zu zeigen, die er niemals entbehren kann. 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Hierzu kommt noch, daß der Blinde, welcher in so manchen Beziehungen auf sich allein beschränkt ist und nur aus sich selbst schöpfen kann, dem Seinigen, das er so mühsam er- worben hat, sei es nun körperliches oder geistiges Ei- genthum, einen besondern Werth beilegt, und daß es ihm schwer ankommt, etwas davon aufzugeben. Wer wie der Blinde so oft isolirt unter den übrigen Men- schen dasteht, gewöhnt sich leicht in einzelnen Fällen so zu handeln, als ob er allein da wäre. Viele Blinde, selbst junge Leute und Kinder, ha- ben eine Neigung, Vorräthe zu sammeln, sind geldgie- rig und eigennützig. Zu gleicher Zeit aber wird man an ihnen eine diesem Alter ungewöhnliche Gesetztheit und Überwindungsgabe antreffen. Die meisten Blin- den haben ein reges Gefühl für Wahrheit und Recht. Eigne Kränkungen, die leider dem Blinden so häufig widerfahren, fühlt er zwar tief, aber sie machen ihn we- niger betrübt als bitter; er zieht sich in sich selbst zurück und wird verschlossen, selten aber wird man finden, daß er sich auf eine andere Weise als durch Satire, zu der überhaupt die erwachsenen Blinden aufgelegt sind, zu rächen sucht. Da der Blinde so manchen rührenden Auftritt nicht sieht und die Kraft des augenblicklichen Eindrucks auf ihn nicht wirkt, da er bei seinem leidenden Zu- stande sich von Jugend auf an Entbehrungen aller Art gewöhnt, mithin fremde Gebrechen ihm weniger auffal- lend sind, so ist es kein Wunder, daß die meisten Blin- den mehr kalt als gefühlvoll erscheinen, was ihnen manchmal den Vorwurf der Unempfindlichkeit zuzieht. Blinde, welche mit schlechten Beispielen umgeben sind, besonders solche, welche früher gesehen haben, ge- rathen manchmal auf moralische Abwege, die ihnen um so verderblicher werden, weil sie dann die der Blindheit eigne Überlegung und Beharrlichkeit dazu misbrauchen, ihr ganzes Dichten und Trachten auf die Ausführung

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Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 177. Leipzig (Sachsen), 20. August 1836, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig177_1836/7>, abgerufen am 13.11.2024.