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Reichspost. Nr. 19, Wien, 24.01.1899.

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19 Wien, Dienstag Reichspost 24. Jänner 1899

[Spaltenumbruch]
Streiflichter.
Die Criminalität der Juden,

deren hoher
Percentsatz für Oesterreich statistisch jüngst nachgewiesen
wurde, ist umso auffallender, als die Juden im Allge-
meinen, mit Ausnahme von Galizien, meist nicht
darben, vielmehr vermögend bis reich sind. Wenn
Rabbi Bloch neuerdings speciell für Berlin aus dem
Jahrbuch der Stadt Berlin eine verhältnißmäßig
geringe Betheiligung des jüdischen Elementes am Ver-
brechen nachweisen zu können glaubt, so liegt die Ur-
sache gerade in Berlin großentheils an dem Umstande,
daß die Berliner Juden, die nur 5% der Bevölkerung
ausmachen, überwiegend in guten wirthschaftlichen Ver-
hältnissen sind. Daß Armuth, Noth und Elend zum
Verbrechen vielfach den Anlaß geben, ist bekannt.

Socialdemokratischer Terrorismus

-- anders
kann man es nicht nennen -- was die "Genossen" an
einem armen Mitgenossen verübt haben, der zu fünf
Monaten Gefängniß verurtheilt worden war und nach
drei Monaten Haft vom Fürsten von Reuß ä. L. Be-
gnadigung erbeten und erhalten hatte. Der "Genosse",
Expedient Schenderlin, wurde wegen dieses Verbrechens
nämlich aus der Partei ausgeschlossen. Ein
rechter Socialdemokrat darf nie um Begnadigung
bitten.

Ein Trost für die Juden.

Rabbi Bloch hat
einen solchen im Briefkasten seiner Wochenschrift auf
Lager. Er schreibt dem Professor M. N.: "Wenn der
schwerhörige Treitschke und der blinde
Dühring
die Meinung vertraten, daß man von
den Juden weder Gutes höre noch
sehe,
so können sich die Juden über dieses abfällige
Urtheil wohl trösten." Der Trost ist allerdings sehr
hinfällig; denn der blinde Dühring hat eben von
den Juden nichts Gutes gehört und der schwer-
hörige Treitsche an den Juden nichts Gutes gesehen.
Zudem konnte Treitschke trotz seiner Schwerhörigkeit
viel Schlechtes von den Juden hören, denn manche
ihrer Thaten schreien zum Himmel.

Wohin sollen die Schönerianer -- ab-
fallen
?

Dem Ruf: "Los von Rom!" folgt die Frage:
"Wohin abfallen?" auf dem Fuße. Von Rom
sollen sie abfallen, weil die katholische Kirche verjudet und
vom Papste abhängig sein soll. Ironisch bemerkt Rabbi
Bloch in seiner Wochenschrift: "Da die meisten Juden,
die ihrer Religion abtrünnig werden, sich zum Pro-
testantismus bekehrten (namentlich in Deutschland),
werden die Schönerianer sich schließlich doch einen eigenen
Wotan-Cultus zurechtlegen müssen." Der Rabbi hat
ja so Recht, aber er vergißt, daß die Schönerianer
neuerdings den Abfall zum Altkatholicismus propa-
gieren. Sie wollen z. B. in Böhmen lieber vom
Czechen Milos-Czech sich commandiren lassen als vom
Papste in Rom. Auch recht leicht macht es ja der Alt-
katholicismus den Uebertretenden. Die "Ostdeutsche"
bedeutet ja den Abfallslüsternen, daß die altkatholischen
"Seelsorger" von ihnen keine persönliche Beitritts-
erklärung, sondern nur eine schriftliche ver-
langen. Wenn jetzt dem Altkatholicismus durch die --
frommen "Schöneriauer" nicht auf die Strümpfe ge-
holfen wird, dann wissen wir ihm wirklich nicht mehr
zu rathen und zu helfen.




Vereinsnachrichten.

§ General- und Festversammlung des Vereines
zur Heranbildung katholischer Lehrer (Werk des sel. Johann
Baptist de la Salle). Dieselbe findet Donnerstag, den
2. Februar, um 1/27 Uhr Abends im großen Musikvereins-
saale mit nachstehendem Programm statt: Eröffnung durch
den Präsidenten des Vereines Robert Prinz Windisch-
grätz;
Rede, gehalten von Reichsraths-Abgeordneten Alois
Prinz Liechtenstein; Rechenschaftsbericht über das
verflossene Vereinsjahr 1898; Rede, gehalten von P. Heinrich
Abel S. J.; Neuwahl des Verwaltungs-Comites und des
Damen-Hilfscomites; Schlußworte des Präsidenten. Die
Zwischenpausen werden von der k. u. k. Hofballmusikcapelle
unter personlicher Leitung des Herrn k. u. k. Hofballmusik-
Directors Eduard Strauß, der dieselbe in liebens-
würdigster Weise unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat,
ausgefüllt. Während der Versammlung werden durch die
Mitglieder des Damen- und Herren-Comites Liebesgaben
zur Förderung des Werkes des sel. Joh. Bapt. de la Salle
entgegengenommen. -- Beim Präsidententische können auch
Anmeldungen neuer Vereinsmitglieder stattfinden. Der
mindeste Mitgliedsbeitrag ist jährlich fl. 1.20. -- Karten
sind erhältlich: In der Vereins-Centrale, Wien, 15. Bez.,
Tellgasse Nr. 6; im k. k. Waisenhause, Wien, 9. Bez.,
Waisenhausgasse 5; bei Herrn Tuchhändler Johann Leb,
Wien, 1. Bez, Wollzeile 3; bei Herrn Joh. Heindl, 1. Bez.,
Stephansplatz; im St. Norbertus-Bildergeschäft, Wien,
1. Bezirk, Curhausgasse 1; bei dem Bilderstand vor der
Lazaristenkirche in Wien, 7. Bezirk, Kaiserstraße; bei
Herrn Laurenz Fuchs, Pfarrmeßner an der Paulanerkirche,
Wien, 4. Bezirk; bei Herrn Josef Janauschek u. Cie.,
Singerstraße 18; in der "St. Norbertus"-Druckerei, Wien,
3. Bezirk, Seidlgasse 8.

§ Frauen-Pfarrgruppe "zu den hl. Schutzengelu"
des Katholischen Schulvereines. Die
Jahresversammlung dieser Pfarrgruppe findet
Donnerstag, den 26. d. um 6 Uhr Abends im Gemeinde-
rathssaale, 4. Bez., Schäffergasse 3 mit nachstehender Tages-
ordnung statt: Eröffnung durch den Consulenten der Pfarr-
gruppe, Hochw. Franz Kasche, Pfarrer bei den "heiligen
Schutzengeln"; Ansprache des P. Georg Freund C. SS. R.;
Rechenschaftsbericht; Neuwahl des Ausschusses; Rede des
Präsidenten Dr. Caspar Schwarz; Ansprache des hochw.
Profesors am Lehrerseminar in Strebersdorf, Johann
Dörfler. -- Die hl. Vereinsmesse wird jeden ersten
Freitag im Monate um 8 Uhr Früh in der Pfarrkirche "zu
den hl. Schutzengeln" für alle lebenden und verstorbenen
Mitglieder der Frauen-Pfarrgruppe gelesen.


[Spaltenumbruch]

§ Pfarrgruppe "St. Leopold" in Gersthof des
Katholischen Schulvereines. Mittwoch, den
25. und Samstag, den 28. Jänner 1899, um 1/28 Uhr
Abends finden in Kratzer's Gartensalon, 18. Bez., Gerst-
hoferstraße 14[8] Faschings-Unterhaltungen
sta[t]t. Zur Aufführung gelangt: "Da Kletzenwabi sei Friedl".
Bauerncomödie mit Gesang von Josef Schlicht. Samstag,
den 28. Jänner zum Schlnsse Tanzkränzchen. Die
Tanzmusik besorgt die Vereinscapelle. Eintritt am 25. Jänner
30 kr., am 28. Jänner 50 kr. Karten sind zu haben bei
sämmtlichen Vorstandsmitgliedern, in der Sacristei und im
Pfarrhof.

§ Ortsgruppe Währing des Christlichen
Wiener Frauenbundes.
Freitag, den
10. Februar findet im "Apollosaal", 18. Bez., Gentzgasse
Nr. 54 ein Unterhaltungsabend verbunden
mit einem Tanzkränzchen. einem Juxbazar und einer Juxpost
statt. Das Reinerträgniß wird zur Anschaffung einer Ver-
einsfahne verwendet. Preis der Karte im Vorverkaufe 40 kr.,
an der Cassa 60 kr.

§ Verein der Hausbesitzer im 5. Bezirke.
Dienstag. den 24. Jänner, Abends 1/28 Uhr findet in
Hamberger's Saallocalitäten, 5. Bez., Schloßgasse Nr. 5 die
ordentliche Generalversammlung des Vereines
statt. Auf der Tagesordnung befindet sich u. A. auch ein
Vortrag über Versicherungswesen von Herrn Carl
Krause, Beamter der niederösterreichischen Landes-Brand-
schaden-Versicherungs-Anstalt.




Aus dem Gerichtssaale.
Eine Jüngerin Diefenbach's des Diebstahls
angeklagt.

Die Postmanipulantin Mathilde Oborny
in Hütteldorf war längere Zeit hindurch Mitglied der
Diefenbach'schen "Familie" am Himmelhof. Als sie
dieselbe verließ, wurde gegen sie die Anzeige erstattet,
daß sie eine Mantille entwendet habe. Das Bezirks-
gericht Hietzing verurtheilte die Postmanipulantin wegen
Veruntreuung zu 24 Stunden Arrests, wogegen
sowohl diese, als auch der staatsanwaltschaftliche
Functionär die Berufung anmeldeten, Letzterer deshalb,
weil die Oborny nicht des Diebstahls schuldig
erkannt wurde. Ueber die Berufung wurde vor einem
Appellsenate unter Vorsitz des Landesgerichts-Viceprä-
sidenten Dr. Böhm verhandelt, wobei Meister
Diesenbach als Zeuge angab, Mathilde Oborny
(welche inzwischen wieder in die Colonie zurückgekehrt
ist), sei nach der in der "Familie" geltenden Güter-
gemeinschaft nicht in der Lage gewesen, zu erkennen,
daß sie durch die Mitnahme der Mantille ein Unrecht
begehe. In Folge dessen fällte der Gerichtshof ein
freisprechendes Urtheil.

In einer höchst sonderbaren Weise

gab der
Hausbesitzer Mathias Kitzberger in Urfahr seiner
Abneigung gegen die Hebamme Aloisia Bayreder
Ausdruck. Er nahm nämlich, als er sie eines Tages be-
gegnete, den Hut ab, kniete nieder, machte das
Kreuz und schlug sich an die Brust. In
diesem Vorgehen erblickte die Linzer Staatsanwaltschaft
ein Vergehen der Religionsstörung, weil
Kitzberger durch seine Verspottung der Hebamme paro-
distisch die Verehrung beim Versehgang dargestellt und
hiermit die Gebräuche der katholischen Kirche herab-
gewürdigt habe. Das Gericht verurtheilte den geist-
reichen Hausbesitzer zu sechs Wochen strengen, mit Fast-
tagen verschärften Arrests, welches der Oberste Gerichts-
hof bestätigte.

Wegen Beleidigung des Abg. Mitter-
mayer

wurde vom Schwurgerichte der Herausgeber
der "Oesterr. Kellner-Zeitung", Hans Rothbach,
zu drei Monaten strengen Arrests verurtheilt. In dem
incriminirten Artikel war nämlich Abg. Mittermayer
von seinem eigenen Bruder Leopold verschiedener
Vergehen gegen das Eigenthum beschuldigt worden. In
der gegen dieses Urtheil ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde
führte Dr. Porzer aus, daß der Gerichtshof die
einer Gegenklage Rothbach's gegen Mittermayer zu
Grunde liegenden Artikel nicht verlesen ließ, wodurch
die Geschwornen sich kein richtiges Bild vom Kläger
Mittermayer machen konnten. Mittermayer führte seine
Sache selbst und ergriff nun das Wort, um dem Cas-
sationshof darzulegen, daß er nicht der "schreckliche"
Mittermayer sei, sondern der "verfolgte", und wenn
Recht und Gerechtigkeit existire, dann müsse der
Schreiber dieses Artikels, durch den er und seine Fa-
milie ruinirt sei, verurtheilt werden. Der Senat unter
Vorsitz des Präsidenten Dr. Steinbach ver-
warf
die Beschwerde und zwar mit folgender Be-
gründung: Dem Nichtigkeitsgrunde hätte Folge ge-
geben werden können, wenn das österreichische Straf-
gesetz eine Compensation bei gegenseitigen
Ehrenbeleidigungsklagen kennen würde Dies sei jedoch
nicht der Fall, da über jede Injurie selbstständig
judicirt werden muß. Es wäre sogar bedenklich ge-
wesen und hätte zur Irreführung der Geschworenen
führen können, die der Gegenklage zu Grunde liegen-
den Artikel zu verlesen, weil die Geschworenen sich
hätten veranlaßt fühlen können, eine Art Compen-
sation der Ehrenbeleidigungen vorzunehmen. Daher
waren die Schriftstücke, als zur Sache nicht gehörig,
auch nicht zu verlesen.




Sportnachrichten.
Eine beherzigenswerthe Bitte an die Rad-
fahrer

veröffentlicht die "Allgemeine Thierschutz-Zeitung":
"Das Zweirad hat sich bei uns eingebürgert, und wir
haben nichts dagegen zu erinnern; nur bemerken wir
manchmal auf Seiten der Radfahrer eine Gedankenlosigkeit,
die wegen der damit verbundenen Grausamkeit eine so un-
schuldige und heilsame Körperübung nicht entstellen sollte.
[Spaltenumbruch] Der Radfahrer kann weiter und schneller rennen als das
Pferd; zuweilen aber vergißt er, daß das, was für Pferde
unmöglich und für ihn leicht ist, für einen Hund
beinahe tödtlich sein kann. Radfahrer sollten
ihre Hunde zu Hause lassen.
Die gewöhnliche
Schnelligkeit in der Stunde (15 bis 18 Kilometer), mit der
sie sich unter vollkommster Behaglichkeit fortbewegen und
die sie ohne Mühe stundenlang beibehalten können, über-
steigt die Kräfte eines Hundes, und selbst wenn sie lang-
samer fahren, strengt die gewöhnliche Fahrt den Hund
auf's Aeußerste an. Es hat uns geschmerzt, sehen zu
müssen, wie nicht wenige Hunde ihren Herrn oder (was
oft genug vorkommt) ihren Herrinnen mühsam mit Zeichen
offenbarer Erschöpfung folgen, und das Alles geschah,
davon sind wir überzeugt, nicht mit Absicht oder aus
Grausamkeit, sondern aus reiner Gedankenlosigkeit. Sollten
wir da nicht die Radfahrer bitten, zu bedenken, daß
der Hund kein passender Gefährte für einen Radfahrer ist?"

Fürst Scipio Borghese als Hochtourist.

Bei dem
Versuch, den Adamellogipfel zur Winterszeit von Pinzolo
aus zu ersteigen, gerieth Fürst Seipio Borghese aus
Rom mit seinen Führern auf dem Gletscher von Salarno
in einen Schneesturm. Der Führer Collini und der
Träger Cherigini retteten den Fürsten mit der
größten Mühe, erfroren sich aber dabei die Füße derart,
daß Amputationen nöthig waren. Collini verlor alle Zehen
beider Füße und die Schienbeinknochen, Cherigni den rechten
Unterfuß und die Zehen des linken Fußes.

Schachwettkampf Petersburg-Wien.

Der zwischen
der Petersburger Schachgesellschaft und
dem Wiener Schachclub auf telegraphischem Wege
um den Betrag von 2000 Francs ausgetragene Wettkampf
endete nach 13 monatlicher Dauer mit 11/2 : 1/2 zu
Gunsten des Wiener Schachclubs. Dieser
Erfolg ist umso höher anzuschlagen, als die Petersburger
nach ihren Siegen über London (1887), Steinitz (1891) und
nach dem unentschiedenen Kampfe gegen Paris (1895) im
Rufe der Unüberwindlichkeit standen.

XX. Krummholz-Kranzchen.

Der Kartenverkauf für
dieses, am Samstag. 4. Februar, stattfindenden alpinen Ball
fest hat bereits begonnen und befindet sich das Comitelocal
Wien, 6. Bezirk, Gumpendorferstraße 9, woselbst mündlich
und schriftlich Auskünfte ertheilt werden. Die diesjährige
Saaldecoration wird ein Meisterstück moderner
Decorationskünste sein. Der Maler Herr Benesch hat
eine zweimalige Tour in das Ennsthal nicht gescheut, um
an Ort und Stelle eine der schönsten Ansichten derselben im
Bilde festzustellen, während Herr Porteletto hiebei
den Aufbau und die übrige Ausstattung übernimmt. Die
hochalpinen Damenspenden dürfen wir natürlich
nicht verrathen, doch können sich die Kränzchenbesucherinnen
schon jetzt auf eine sehr hübsche sinnige Ueber-
raschung
vorbereiten.




Versammlung des christlichen Wähler-
Vereines in Korneuburg.

Die liberale Gemeindevertretung hatte dem christ-
lichen Wählervere ine am 13. Jänner zur Abhaltung
einer Vereinsversammlung den Rathhaussaal überlassen,
aber 24 Stunden vor der Versammlung hatte der
geschäftsführende Gemeinderath, Advocat Dr. Jesch, die
Bewilligung der Benützung nur mit dem Grunde ver-
weigert, daß er nicht dulden könne, daß der Rathhaus-
saal zu politischen Zwecken mißbraucht werde. Es
mußte deshalb die Versammlung in Swoboda's Saal
abgehalten werden. Der Besuch derselben war trotz
dieser in der letzten Stunde erfolgten Absage des Locales
ein glänzender und ohne Ausnahme der Parteien waren
die Besucher über die Rücksichtslosigkeit der herrschenden
Clique in der Gemeinde entrüstet.

Nachdem nun der Vorsitzende des Vereines, Herr
Fetty, diesen Vorgang der Gemeindevertretung ent-
sprechend gekennzeichnet hatte, ergriff Landesausschuß
Dr. Geßmann das Wort und besprach zunächst
die Versicherungsaction des niederösterreichischen Land-
tages in eingehender Weise. Er behandelte dann aus-
führlich die sociale Bedeutung der Alters- und Invali-
ditäts-Versicherung und besprach die Frage der genossen-
schaftlichen Organisation des Gewerbe- und Bauern-
standes. Hierauf ging er auf die großen wirthschaft-
lichen Fragen über, welche der Reichsrath zu behandeln
hätte und die leider in Folge des heftigen nationalen
Kampfes völlig in den Hintergrund gedrängt wurden.

Hierauf besprach er die innerpolitische Lage und
fchilderte in großen Zügen die unglückselige Politik,
welche von allen Ministerien in Oesterreich seit 1861
in nationalen Fragen betrieben worden war. Vor
1879 hatte die damals herrschende judenliberale
Clique unter dem Schlagworte des Deutschliberalismus
die Geschäfte des großen jüdischen Capitals besorgt;
nach 1879 spielten die folgenden Ministerien eine
Nation gegen die andere aus und verursachten so
jenen furchtbaren Nationalitätenkampf, der die Grund-
lage des Staates zu erschüttern droht.

Wer wahrhaft national sein wollte, müßte vor
Allem für eine Verbesserung der materiellen Lage der
breiten Volksschichten eintreten. Man müsse sich
namentlich vor dem gefährlichen Irrthum hüten, zu
glauben, eine nationale Politik sei ohne die innigste
Antheilnahme der breiten Volksschichten überhaupt ein-
zuhalten. Für die Massen des deutschen Volkes, wie
aller übrigen Völker aber sind die wirthschaftlichen
Probleme von der größten Bedeutung, und wer deren
Bedeutung nicht erkenne und sie nicht im Sinne der
großen Volksmassen zu lösen suche, der werde gewiß
auch mit dem Versuche einer nationalen Politik in
kürzester Zeit scheitern.

Darum habe die christlich-sociale Partei mit aller
Strammheit, mit der sie für die politischen und
sprachlichen Rechte des deutschen Volkes in Oesterreich
eintrete, doch nie auf die volle Wahrung der wirth-
schaftlichen Interessen des deutschen Volkes im weitesten
Sinne vergessen, und gerade darin liege ihre Macht

19 Wien, Dienſtag Reichspoſt 24. Jänner 1899

[Spaltenumbruch]
Streiflichter.
Die Criminalität der Juden,

deren hoher
Percentſatz für Oeſterreich ſtatiſtiſch jüngſt nachgewieſen
wurde, iſt umſo auffallender, als die Juden im Allge-
meinen, mit Ausnahme von Galizien, meiſt nicht
darben, vielmehr vermögend bis reich ſind. Wenn
Rabbi Bloch neuerdings ſpeciell für Berlin aus dem
Jahrbuch der Stadt Berlin eine verhältnißmäßig
geringe Betheiligung des jüdiſchen Elementes am Ver-
brechen nachweiſen zu können glaubt, ſo liegt die Ur-
ſache gerade in Berlin großentheils an dem Umſtande,
daß die Berliner Juden, die nur 5% der Bevölkerung
ausmachen, überwiegend in guten wirthſchaftlichen Ver-
hältniſſen ſind. Daß Armuth, Noth und Elend zum
Verbrechen vielfach den Anlaß geben, iſt bekannt.

Socialdemokratiſcher Terrorismus

— anders
kann man es nicht nennen — was die „Genoſſen“ an
einem armen Mitgenoſſen verübt haben, der zu fünf
Monaten Gefängniß verurtheilt worden war und nach
drei Monaten Haft vom Fürſten von Reuß ä. L. Be-
gnadigung erbeten und erhalten hatte. Der „Genoſſe“,
Expedient Schenderlin, wurde wegen dieſes Verbrechens
nämlich aus der Partei ausgeſchloſſen. Ein
rechter Socialdemokrat darf nie um Begnadigung
bitten.

Ein Troſt für die Juden.

Rabbi Bloch hat
einen ſolchen im Briefkaſten ſeiner Wochenſchrift auf
Lager. Er ſchreibt dem Profeſſor M. N.: „Wenn der
ſchwerhörige Treitſchke und der blinde
Dühring
die Meinung vertraten, daß man von
den Juden weder Gutes höre noch
ſehe,
ſo können ſich die Juden über dieſes abfällige
Urtheil wohl tröſten.“ Der Troſt iſt allerdings ſehr
hinfällig; denn der blinde Dühring hat eben von
den Juden nichts Gutes gehört und der ſchwer-
hörige Treitſche an den Juden nichts Gutes geſehen.
Zudem konnte Treitſchke trotz ſeiner Schwerhörigkeit
viel Schlechtes von den Juden hören, denn manche
ihrer Thaten ſchreien zum Himmel.

Wohin ſollen die Schönerianer — ab-
fallen
?

Dem Ruf: „Los von Rom!“ folgt die Frage:
„Wohin abfallen?“ auf dem Fuße. Von Rom
ſollen ſie abfallen, weil die katholiſche Kirche verjudet und
vom Papſte abhängig ſein ſoll. Ironiſch bemerkt Rabbi
Bloch in ſeiner Wochenſchrift: „Da die meiſten Juden,
die ihrer Religion abtrünnig werden, ſich zum Pro-
teſtantismus bekehrten (namentlich in Deutſchland),
werden die Schönerianer ſich ſchließlich doch einen eigenen
Wotan-Cultus zurechtlegen müſſen.“ Der Rabbi hat
ja ſo Recht, aber er vergißt, daß die Schönerianer
neuerdings den Abfall zum Altkatholicismus propa-
gieren. Sie wollen z. B. in Böhmen lieber vom
Czechen Milos-Czech ſich commandiren laſſen als vom
Papſte in Rom. Auch recht leicht macht es ja der Alt-
katholicismus den Uebertretenden. Die „Oſtdeutſche“
bedeutet ja den Abfallslüſternen, daß die altkatholiſchen
„Seelſorger“ von ihnen keine perſönliche Beitritts-
erklärung, ſondern nur eine ſchriftliche ver-
langen. Wenn jetzt dem Altkatholicismus durch die —
frommen „Schöneriauer“ nicht auf die Strümpfe ge-
holfen wird, dann wiſſen wir ihm wirklich nicht mehr
zu rathen und zu helfen.




Vereinsnachrichten.

§ General- und Feſtverſammlung des Vereines
zur Heranbildung katholiſcher Lehrer (Werk des ſel. Johann
Baptiſt de la Salle). Dieſelbe findet Donnerſtag, den
2. Februar, um ½7 Uhr Abends im großen Muſikvereins-
ſaale mit nachſtehendem Programm ſtatt: Eröffnung durch
den Präſidenten des Vereines Robert Prinz Windiſch-
grätz;
Rede, gehalten von Reichsraths-Abgeordneten Alois
Prinz Liechtenſtein; Rechenſchaftsbericht über das
verfloſſene Vereinsjahr 1898; Rede, gehalten von P. Heinrich
Abel S. J.; Neuwahl des Verwaltungs-Comités und des
Damen-Hilfscomités; Schlußworte des Präſidenten. Die
Zwiſchenpauſen werden von der k. u. k. Hofballmuſikcapelle
unter perſonlicher Leitung des Herrn k. u. k. Hofballmuſik-
Directors Eduard Strauß, der dieſelbe in liebens-
würdigſter Weiſe unentgeltlich zur Verfügung geſtellt hat,
ausgefüllt. Während der Verſammlung werden durch die
Mitglieder des Damen- und Herren-Comités Liebesgaben
zur Förderung des Werkes des ſel. Joh. Bapt. de la Salle
entgegengenommen. — Beim Präſidententiſche können auch
Anmeldungen neuer Vereinsmitglieder ſtattfinden. Der
mindeſte Mitgliedsbeitrag iſt jährlich fl. 1.20. — Karten
ſind erhältlich: In der Vereins-Centrale, Wien, 15. Bez.,
Tellgaſſe Nr. 6; im k. k. Waiſenhauſe, Wien, 9. Bez.,
Waiſenhausgaſſe 5; bei Herrn Tuchhändler Johann Leb,
Wien, 1. Bez, Wollzeile 3; bei Herrn Joh. Heindl, 1. Bez.,
Stephansplatz; im St. Norbertus-Bildergeſchäft, Wien,
1. Bezirk, Curhausgaſſe 1; bei dem Bilderſtand vor der
Lazariſtenkirche in Wien, 7. Bezirk, Kaiſerſtraße; bei
Herrn Laurenz Fuchs, Pfarrmeßner an der Paulanerkirche,
Wien, 4. Bezirk; bei Herrn Joſef Janauſchek u. Cie.,
Singerſtraße 18; in der „St. Norbertus“-Druckerei, Wien,
3. Bezirk, Seidlgaſſe 8.

§ Frauen-Pfarrgruppe „zu den hl. Schutzengelu“
des Katholiſchen Schulvereines. Die
Jahresverſammlung dieſer Pfarrgruppe findet
Donnerſtag, den 26. d. um 6 Uhr Abends im Gemeinde-
rathsſaale, 4. Bez., Schäffergaſſe 3 mit nachſtehender Tages-
ordnung ſtatt: Eröffnung durch den Conſulenten der Pfarr-
gruppe, Hochw. Franz Kaſché, Pfarrer bei den „heiligen
Schutzengeln“; Anſprache des P. Georg Freund C. SS. R.;
Rechenſchaftsbericht; Neuwahl des Ausſchuſſes; Rede des
Präſidenten Dr. Caſpar Schwarz; Anſprache des hochw.
Profeſors am Lehrerſeminar in Strebersdorf, Johann
Dörfler. — Die hl. Vereinsmeſſe wird jeden erſten
Freitag im Monate um 8 Uhr Früh in der Pfarrkirche „zu
den hl. Schutzengeln“ für alle lebenden und verſtorbenen
Mitglieder der Frauen-Pfarrgruppe geleſen.


[Spaltenumbruch]

§ Pfarrgruppe „St. Leopold“ in Gerſthof des
Katholiſchen Schulvereines. Mittwoch, den
25. und Samſtag, den 28. Jänner 1899, um ½8 Uhr
Abends finden in Kratzer’s Gartenſalon, 18. Bez., Gerſt-
hoferſtraße 14[8] Faſchings-Unterhaltungen
ſta[t]t. Zur Aufführung gelangt: „Da Kletzenwabi ſei Friedl“.
Bauerncomödie mit Geſang von Joſef Schlicht. Samſtag,
den 28. Jänner zum Schlnſſe Tanzkränzchen. Die
Tanzmuſik beſorgt die Vereinscapelle. Eintritt am 25. Jänner
30 kr., am 28. Jänner 50 kr. Karten ſind zu haben bei
ſämmtlichen Vorſtandsmitgliedern, in der Sacriſtei und im
Pfarrhof.

§ Ortsgruppe Währing des Chriſtlichen
Wiener Frauenbundes.
Freitag, den
10. Februar findet im „Apolloſaal“, 18. Bez., Gentzgaſſe
Nr. 54 ein Unterhaltungsabend verbunden
mit einem Tanzkränzchen. einem Juxbazar und einer Juxpoſt
ſtatt. Das Reinerträgniß wird zur Anſchaffung einer Ver-
einsfahne verwendet. Preis der Karte im Vorverkaufe 40 kr.,
an der Caſſa 60 kr.

§ Verein der Hausbeſitzer im 5. Bezirke.
Dienſtag. den 24. Jänner, Abends ½8 Uhr findet in
Hamberger’s Saallocalitäten, 5. Bez., Schloßgaſſe Nr. 5 die
ordentliche Generalverſammlung des Vereines
ſtatt. Auf der Tagesordnung befindet ſich u. A. auch ein
Vortrag über Verſicherungsweſen von Herrn Carl
Krauſe, Beamter der niederöſterreichiſchen Landes-Brand-
ſchaden-Verſicherungs-Anſtalt.




Aus dem Gerichtsſaale.
Eine Jüngerin Diefenbach’s des Diebſtahls
angeklagt.

Die Poſtmanipulantin Mathilde Oborny
in Hütteldorf war längere Zeit hindurch Mitglied der
Diefenbach’ſchen „Familie“ am Himmelhof. Als ſie
dieſelbe verließ, wurde gegen ſie die Anzeige erſtattet,
daß ſie eine Mantille entwendet habe. Das Bezirks-
gericht Hietzing verurtheilte die Poſtmanipulantin wegen
Veruntreuung zu 24 Stunden Arreſts, wogegen
ſowohl dieſe, als auch der ſtaatsanwaltſchaftliche
Functionär die Berufung anmeldeten, Letzterer deshalb,
weil die Oborny nicht des Diebſtahls ſchuldig
erkannt wurde. Ueber die Berufung wurde vor einem
Appellſenate unter Vorſitz des Landesgerichts-Viceprä-
ſidenten Dr. Böhm verhandelt, wobei Meiſter
Dieſenbach als Zeuge angab, Mathilde Oborny
(welche inzwiſchen wieder in die Colonie zurückgekehrt
iſt), ſei nach der in der „Familie“ geltenden Güter-
gemeinſchaft nicht in der Lage geweſen, zu erkennen,
daß ſie durch die Mitnahme der Mantille ein Unrecht
begehe. In Folge deſſen fällte der Gerichtshof ein
freiſprechendes Urtheil.

In einer höchſt ſonderbaren Weiſe

gab der
Hausbeſitzer Mathias Kitzberger in Urfahr ſeiner
Abneigung gegen die Hebamme Aloiſia Bayreder
Ausdruck. Er nahm nämlich, als er ſie eines Tages be-
gegnete, den Hut ab, kniete nieder, machte das
Kreuz und ſchlug ſich an die Bruſt. In
dieſem Vorgehen erblickte die Linzer Staatsanwaltſchaft
ein Vergehen der Religionsſtörung, weil
Kitzberger durch ſeine Verſpottung der Hebamme paro-
diſtiſch die Verehrung beim Verſehgang dargeſtellt und
hiermit die Gebräuche der katholiſchen Kirche herab-
gewürdigt habe. Das Gericht verurtheilte den geiſt-
reichen Hausbeſitzer zu ſechs Wochen ſtrengen, mit Faſt-
tagen verſchärften Arreſts, welches der Oberſte Gerichts-
hof beſtätigte.

Wegen Beleidigung des Abg. Mitter-
mayer

wurde vom Schwurgerichte der Herausgeber
der „Oeſterr. Kellner-Zeitung“, Hans Rothbach,
zu drei Monaten ſtrengen Arreſts verurtheilt. In dem
incriminirten Artikel war nämlich Abg. Mittermayer
von ſeinem eigenen Bruder Leopold verſchiedener
Vergehen gegen das Eigenthum beſchuldigt worden. In
der gegen dieſes Urtheil ergriffenen Nichtigkeitsbeſchwerde
führte Dr. Porzer aus, daß der Gerichtshof die
einer Gegenklage Rothbach’s gegen Mittermayer zu
Grunde liegenden Artikel nicht verleſen ließ, wodurch
die Geſchwornen ſich kein richtiges Bild vom Kläger
Mittermayer machen konnten. Mittermayer führte ſeine
Sache ſelbſt und ergriff nun das Wort, um dem Caſ-
ſationshof darzulegen, daß er nicht der „ſchreckliche“
Mittermayer ſei, ſondern der „verfolgte“, und wenn
Recht und Gerechtigkeit exiſtire, dann müſſe der
Schreiber dieſes Artikels, durch den er und ſeine Fa-
milie ruinirt ſei, verurtheilt werden. Der Senat unter
Vorſitz des Präſidenten Dr. Steinbach ver-
warf
die Beſchwerde und zwar mit folgender Be-
gründung: Dem Nichtigkeitsgrunde hätte Folge ge-
geben werden können, wenn das öſterreichiſche Straf-
geſetz eine Compenſation bei gegenſeitigen
Ehrenbeleidigungsklagen kennen würde Dies ſei jedoch
nicht der Fall, da über jede Injurie ſelbſtſtändig
judicirt werden muß. Es wäre ſogar bedenklich ge-
weſen und hätte zur Irreführung der Geſchworenen
führen können, die der Gegenklage zu Grunde liegen-
den Artikel zu verleſen, weil die Geſchworenen ſich
hätten veranlaßt fühlen können, eine Art Compen-
ſation der Ehrenbeleidigungen vorzunehmen. Daher
waren die Schriftſtücke, als zur Sache nicht gehörig,
auch nicht zu verleſen.




Sportnachrichten.
Eine beherzigenswerthe Bitte an die Rad-
fahrer

veröffentlicht die „Allgemeine Thierſchutz-Zeitung“:
„Das Zweirad hat ſich bei uns eingebürgert, und wir
haben nichts dagegen zu erinnern; nur bemerken wir
manchmal auf Seiten der Radfahrer eine Gedankenloſigkeit,
die wegen der damit verbundenen Grauſamkeit eine ſo un-
ſchuldige und heilſame Körperübung nicht entſtellen ſollte.
[Spaltenumbruch] Der Radfahrer kann weiter und ſchneller rennen als das
Pferd; zuweilen aber vergißt er, daß das, was für Pferde
unmöglich und für ihn leicht iſt, für einen Hund
beinahe tödtlich ſein kann. Radfahrer ſollten
ihre Hunde zu Hauſe laſſen.
Die gewöhnliche
Schnelligkeit in der Stunde (15 bis 18 Kilometer), mit der
ſie ſich unter vollkommſter Behaglichkeit fortbewegen und
die ſie ohne Mühe ſtundenlang beibehalten können, über-
ſteigt die Kräfte eines Hundes, und ſelbſt wenn ſie lang-
ſamer fahren, ſtrengt die gewöhnliche Fahrt den Hund
auf’s Aeußerſte an. Es hat uns geſchmerzt, ſehen zu
müſſen, wie nicht wenige Hunde ihren Herrn oder (was
oft genug vorkommt) ihren Herrinnen mühſam mit Zeichen
offenbarer Erſchöpfung folgen, und das Alles geſchah,
davon ſind wir überzeugt, nicht mit Abſicht oder aus
Grauſamkeit, ſondern aus reiner Gedankenloſigkeit. Sollten
wir da nicht die Radfahrer bitten, zu bedenken, daß
der Hund kein paſſender Gefährte für einen Radfahrer iſt?“

Fürſt Scipio Borgheſe als Hochtouriſt.

Bei dem
Verſuch, den Adamellogipfel zur Winterszeit von Pinzolo
aus zu erſteigen, gerieth Fürſt Seipio Borgheſe aus
Rom mit ſeinen Führern auf dem Gletſcher von Salarno
in einen Schneeſturm. Der Führer Collini und der
Träger Cherigini retteten den Fürſten mit der
größten Mühe, erfroren ſich aber dabei die Füße derart,
daß Amputationen nöthig waren. Collini verlor alle Zehen
beider Füße und die Schienbeinknochen, Cherigni den rechten
Unterfuß und die Zehen des linken Fußes.

Schachwettkampf Petersburg-Wien.

Der zwiſchen
der Petersburger Schachgeſellſchaft und
dem Wiener Schachclub auf telegraphiſchem Wege
um den Betrag von 2000 Francs ausgetragene Wettkampf
endete nach 13 monatlicher Dauer mit 1½ : ½ zu
Gunſten des Wiener Schachclubs. Dieſer
Erfolg iſt umſo höher anzuſchlagen, als die Petersburger
nach ihren Siegen über London (1887), Steinitz (1891) und
nach dem unentſchiedenen Kampfe gegen Paris (1895) im
Rufe der Unüberwindlichkeit ſtanden.

XX. Krummholz-Kranzchen.

Der Kartenverkauf für
dieſes, am Samſtag. 4. Februar, ſtattfindenden alpinen Ball
feſt hat bereits begonnen und befindet ſich das Comitélocal
Wien, 6. Bezirk, Gumpendorferſtraße 9, woſelbſt mündlich
und ſchriftlich Auskünfte ertheilt werden. Die diesjährige
Saaldecoration wird ein Meiſterſtück moderner
Decorationskünſte ſein. Der Maler Herr Beneſch hat
eine zweimalige Tour in das Ennsthal nicht geſcheut, um
an Ort und Stelle eine der ſchönſten Anſichten derſelben im
Bilde feſtzuſtellen, während Herr Porteletto hiebei
den Aufbau und die übrige Ausſtattung übernimmt. Die
hochalpinen Damenſpenden dürfen wir natürlich
nicht verrathen, doch können ſich die Kränzchenbeſucherinnen
ſchon jetzt auf eine ſehr hübſche ſinnige Ueber-
raſchung
vorbereiten.




Verſammlung des chriſtlichen Wähler-
Vereines in Korneuburg.

Die liberale Gemeindevertretung hatte dem chriſt-
lichen Wählervere ine am 13. Jänner zur Abhaltung
einer Vereinsverſammlung den Rathhausſaal überlaſſen,
aber 24 Stunden vor der Verſammlung hatte der
geſchäftsführende Gemeinderath, Advocat Dr. Jeſch, die
Bewilligung der Benützung nur mit dem Grunde ver-
weigert, daß er nicht dulden könne, daß der Rathhaus-
ſaal zu politiſchen Zwecken mißbraucht werde. Es
mußte deshalb die Verſammlung in Swoboda’s Saal
abgehalten werden. Der Beſuch derſelben war trotz
dieſer in der letzten Stunde erfolgten Abſage des Locales
ein glänzender und ohne Ausnahme der Parteien waren
die Beſucher über die Rückſichtsloſigkeit der herrſchenden
Clique in der Gemeinde entrüſtet.

Nachdem nun der Vorſitzende des Vereines, Herr
Fetty, dieſen Vorgang der Gemeindevertretung ent-
ſprechend gekennzeichnet hatte, ergriff Landesausſchuß
Dr. Geßmann das Wort und beſprach zunächſt
die Verſicherungsaction des niederöſterreichiſchen Land-
tages in eingehender Weiſe. Er behandelte dann aus-
führlich die ſociale Bedeutung der Alters- und Invali-
ditäts-Verſicherung und beſprach die Frage der genoſſen-
ſchaftlichen Organiſation des Gewerbe- und Bauern-
ſtandes. Hierauf ging er auf die großen wirthſchaft-
lichen Fragen über, welche der Reichsrath zu behandeln
hätte und die leider in Folge des heftigen nationalen
Kampfes völlig in den Hintergrund gedrängt wurden.

Hierauf beſprach er die innerpolitiſche Lage und
fchilderte in großen Zügen die unglückſelige Politik,
welche von allen Miniſterien in Oeſterreich ſeit 1861
in nationalen Fragen betrieben worden war. Vor
1879 hatte die damals herrſchende judenliberale
Clique unter dem Schlagworte des Deutſchliberalismus
die Geſchäfte des großen jüdiſchen Capitals beſorgt;
nach 1879 ſpielten die folgenden Miniſterien eine
Nation gegen die andere aus und verurſachten ſo
jenen furchtbaren Nationalitätenkampf, der die Grund-
lage des Staates zu erſchüttern droht.

Wer wahrhaft national ſein wollte, müßte vor
Allem für eine Verbeſſerung der materiellen Lage der
breiten Volksſchichten eintreten. Man müſſe ſich
namentlich vor dem gefährlichen Irrthum hüten, zu
glauben, eine nationale Politik ſei ohne die innigſte
Antheilnahme der breiten Volksſchichten überhaupt ein-
zuhalten. Für die Maſſen des deutſchen Volkes, wie
aller übrigen Völker aber ſind die wirthſchaftlichen
Probleme von der größten Bedeutung, und wer deren
Bedeutung nicht erkenne und ſie nicht im Sinne der
großen Volksmaſſen zu löſen ſuche, der werde gewiß
auch mit dem Verſuche einer nationalen Politik in
kürzeſter Zeit ſcheitern.

Darum habe die chriſtlich-ſociale Partei mit aller
Strammheit, mit der ſie für die politiſchen und
ſprachlichen Rechte des deutſchen Volkes in Oeſterreich
eintrete, doch nie auf die volle Wahrung der wirth-
ſchaftlichen Intereſſen des deutſchen Volkes im weiteſten
Sinne vergeſſen, und gerade darin liege ihre Macht

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[9/0009] 19 Wien, Dienſtag Reichspoſt 24. Jänner 1899 Streiflichter. Die Criminalität der Juden, deren hoher Percentſatz für Oeſterreich ſtatiſtiſch jüngſt nachgewieſen wurde, iſt umſo auffallender, als die Juden im Allge- meinen, mit Ausnahme von Galizien, meiſt nicht darben, vielmehr vermögend bis reich ſind. Wenn Rabbi Bloch neuerdings ſpeciell für Berlin aus dem Jahrbuch der Stadt Berlin eine verhältnißmäßig geringe Betheiligung des jüdiſchen Elementes am Ver- brechen nachweiſen zu können glaubt, ſo liegt die Ur- ſache gerade in Berlin großentheils an dem Umſtande, daß die Berliner Juden, die nur 5% der Bevölkerung ausmachen, überwiegend in guten wirthſchaftlichen Ver- hältniſſen ſind. Daß Armuth, Noth und Elend zum Verbrechen vielfach den Anlaß geben, iſt bekannt. Socialdemokratiſcher Terrorismus — anders kann man es nicht nennen — was die „Genoſſen“ an einem armen Mitgenoſſen verübt haben, der zu fünf Monaten Gefängniß verurtheilt worden war und nach drei Monaten Haft vom Fürſten von Reuß ä. L. Be- gnadigung erbeten und erhalten hatte. Der „Genoſſe“, Expedient Schenderlin, wurde wegen dieſes Verbrechens nämlich aus der Partei ausgeſchloſſen. Ein rechter Socialdemokrat darf nie um Begnadigung bitten. Ein Troſt für die Juden. Rabbi Bloch hat einen ſolchen im Briefkaſten ſeiner Wochenſchrift auf Lager. Er ſchreibt dem Profeſſor M. N.: „Wenn der ſchwerhörige Treitſchke und der blinde Dühring die Meinung vertraten, daß man von den Juden weder Gutes höre noch ſehe, ſo können ſich die Juden über dieſes abfällige Urtheil wohl tröſten.“ Der Troſt iſt allerdings ſehr hinfällig; denn der blinde Dühring hat eben von den Juden nichts Gutes gehört und der ſchwer- hörige Treitſche an den Juden nichts Gutes geſehen. Zudem konnte Treitſchke trotz ſeiner Schwerhörigkeit viel Schlechtes von den Juden hören, denn manche ihrer Thaten ſchreien zum Himmel. Wohin ſollen die Schönerianer — ab- fallen? Dem Ruf: „Los von Rom!“ folgt die Frage: „Wohin abfallen?“ auf dem Fuße. Von Rom ſollen ſie abfallen, weil die katholiſche Kirche verjudet und vom Papſte abhängig ſein ſoll. Ironiſch bemerkt Rabbi Bloch in ſeiner Wochenſchrift: „Da die meiſten Juden, die ihrer Religion abtrünnig werden, ſich zum Pro- teſtantismus bekehrten (namentlich in Deutſchland), werden die Schönerianer ſich ſchließlich doch einen eigenen Wotan-Cultus zurechtlegen müſſen.“ Der Rabbi hat ja ſo Recht, aber er vergißt, daß die Schönerianer neuerdings den Abfall zum Altkatholicismus propa- gieren. Sie wollen z. B. in Böhmen lieber vom Czechen Milos-Czech ſich commandiren laſſen als vom Papſte in Rom. Auch recht leicht macht es ja der Alt- katholicismus den Uebertretenden. Die „Oſtdeutſche“ bedeutet ja den Abfallslüſternen, daß die altkatholiſchen „Seelſorger“ von ihnen keine perſönliche Beitritts- erklärung, ſondern nur eine ſchriftliche ver- langen. Wenn jetzt dem Altkatholicismus durch die — frommen „Schöneriauer“ nicht auf die Strümpfe ge- holfen wird, dann wiſſen wir ihm wirklich nicht mehr zu rathen und zu helfen. Vereinsnachrichten. § General- und Feſtverſammlung des Vereines zur Heranbildung katholiſcher Lehrer (Werk des ſel. Johann Baptiſt de la Salle). Dieſelbe findet Donnerſtag, den 2. Februar, um ½7 Uhr Abends im großen Muſikvereins- ſaale mit nachſtehendem Programm ſtatt: Eröffnung durch den Präſidenten des Vereines Robert Prinz Windiſch- grätz; Rede, gehalten von Reichsraths-Abgeordneten Alois Prinz Liechtenſtein; Rechenſchaftsbericht über das verfloſſene Vereinsjahr 1898; Rede, gehalten von P. Heinrich Abel S. J.; Neuwahl des Verwaltungs-Comités und des Damen-Hilfscomités; Schlußworte des Präſidenten. Die Zwiſchenpauſen werden von der k. u. k. Hofballmuſikcapelle unter perſonlicher Leitung des Herrn k. u. k. Hofballmuſik- Directors Eduard Strauß, der dieſelbe in liebens- würdigſter Weiſe unentgeltlich zur Verfügung geſtellt hat, ausgefüllt. Während der Verſammlung werden durch die Mitglieder des Damen- und Herren-Comités Liebesgaben zur Förderung des Werkes des ſel. Joh. Bapt. de la Salle entgegengenommen. — Beim Präſidententiſche können auch Anmeldungen neuer Vereinsmitglieder ſtattfinden. Der mindeſte Mitgliedsbeitrag iſt jährlich fl. 1.20. — Karten ſind erhältlich: In der Vereins-Centrale, Wien, 15. Bez., Tellgaſſe Nr. 6; im k. k. Waiſenhauſe, Wien, 9. Bez., Waiſenhausgaſſe 5; bei Herrn Tuchhändler Johann Leb, Wien, 1. Bez, Wollzeile 3; bei Herrn Joh. Heindl, 1. Bez., Stephansplatz; im St. Norbertus-Bildergeſchäft, Wien, 1. Bezirk, Curhausgaſſe 1; bei dem Bilderſtand vor der Lazariſtenkirche in Wien, 7. Bezirk, Kaiſerſtraße; bei Herrn Laurenz Fuchs, Pfarrmeßner an der Paulanerkirche, Wien, 4. Bezirk; bei Herrn Joſef Janauſchek u. Cie., Singerſtraße 18; in der „St. Norbertus“-Druckerei, Wien, 3. Bezirk, Seidlgaſſe 8. § Frauen-Pfarrgruppe „zu den hl. Schutzengelu“ des Katholiſchen Schulvereines. Die Jahresverſammlung dieſer Pfarrgruppe findet Donnerſtag, den 26. d. um 6 Uhr Abends im Gemeinde- rathsſaale, 4. Bez., Schäffergaſſe 3 mit nachſtehender Tages- ordnung ſtatt: Eröffnung durch den Conſulenten der Pfarr- gruppe, Hochw. Franz Kaſché, Pfarrer bei den „heiligen Schutzengeln“; Anſprache des P. Georg Freund C. SS. R.; Rechenſchaftsbericht; Neuwahl des Ausſchuſſes; Rede des Präſidenten Dr. Caſpar Schwarz; Anſprache des hochw. Profeſors am Lehrerſeminar in Strebersdorf, Johann Dörfler. — Die hl. Vereinsmeſſe wird jeden erſten Freitag im Monate um 8 Uhr Früh in der Pfarrkirche „zu den hl. Schutzengeln“ für alle lebenden und verſtorbenen Mitglieder der Frauen-Pfarrgruppe geleſen. § Pfarrgruppe „St. Leopold“ in Gerſthof des Katholiſchen Schulvereines. Mittwoch, den 25. und Samſtag, den 28. Jänner 1899, um ½8 Uhr Abends finden in Kratzer’s Gartenſalon, 18. Bez., Gerſt- hoferſtraße 148 Faſchings-Unterhaltungen ſtatt. Zur Aufführung gelangt: „Da Kletzenwabi ſei Friedl“. Bauerncomödie mit Geſang von Joſef Schlicht. Samſtag, den 28. Jänner zum Schlnſſe Tanzkränzchen. Die Tanzmuſik beſorgt die Vereinscapelle. Eintritt am 25. Jänner 30 kr., am 28. Jänner 50 kr. Karten ſind zu haben bei ſämmtlichen Vorſtandsmitgliedern, in der Sacriſtei und im Pfarrhof. § Ortsgruppe Währing des Chriſtlichen Wiener Frauenbundes. Freitag, den 10. Februar findet im „Apolloſaal“, 18. Bez., Gentzgaſſe Nr. 54 ein Unterhaltungsabend verbunden mit einem Tanzkränzchen. einem Juxbazar und einer Juxpoſt ſtatt. Das Reinerträgniß wird zur Anſchaffung einer Ver- einsfahne verwendet. Preis der Karte im Vorverkaufe 40 kr., an der Caſſa 60 kr. § Verein der Hausbeſitzer im 5. Bezirke. Dienſtag. den 24. Jänner, Abends ½8 Uhr findet in Hamberger’s Saallocalitäten, 5. Bez., Schloßgaſſe Nr. 5 die ordentliche Generalverſammlung des Vereines ſtatt. Auf der Tagesordnung befindet ſich u. A. auch ein Vortrag über Verſicherungsweſen von Herrn Carl Krauſe, Beamter der niederöſterreichiſchen Landes-Brand- ſchaden-Verſicherungs-Anſtalt. Aus dem Gerichtsſaale. Eine Jüngerin Diefenbach’s des Diebſtahls angeklagt. Die Poſtmanipulantin Mathilde Oborny in Hütteldorf war längere Zeit hindurch Mitglied der Diefenbach’ſchen „Familie“ am Himmelhof. Als ſie dieſelbe verließ, wurde gegen ſie die Anzeige erſtattet, daß ſie eine Mantille entwendet habe. Das Bezirks- gericht Hietzing verurtheilte die Poſtmanipulantin wegen Veruntreuung zu 24 Stunden Arreſts, wogegen ſowohl dieſe, als auch der ſtaatsanwaltſchaftliche Functionär die Berufung anmeldeten, Letzterer deshalb, weil die Oborny nicht des Diebſtahls ſchuldig erkannt wurde. Ueber die Berufung wurde vor einem Appellſenate unter Vorſitz des Landesgerichts-Viceprä- ſidenten Dr. Böhm verhandelt, wobei Meiſter Dieſenbach als Zeuge angab, Mathilde Oborny (welche inzwiſchen wieder in die Colonie zurückgekehrt iſt), ſei nach der in der „Familie“ geltenden Güter- gemeinſchaft nicht in der Lage geweſen, zu erkennen, daß ſie durch die Mitnahme der Mantille ein Unrecht begehe. In Folge deſſen fällte der Gerichtshof ein freiſprechendes Urtheil. In einer höchſt ſonderbaren Weiſe gab der Hausbeſitzer Mathias Kitzberger in Urfahr ſeiner Abneigung gegen die Hebamme Aloiſia Bayreder Ausdruck. Er nahm nämlich, als er ſie eines Tages be- gegnete, den Hut ab, kniete nieder, machte das Kreuz und ſchlug ſich an die Bruſt. In dieſem Vorgehen erblickte die Linzer Staatsanwaltſchaft ein Vergehen der Religionsſtörung, weil Kitzberger durch ſeine Verſpottung der Hebamme paro- diſtiſch die Verehrung beim Verſehgang dargeſtellt und hiermit die Gebräuche der katholiſchen Kirche herab- gewürdigt habe. Das Gericht verurtheilte den geiſt- reichen Hausbeſitzer zu ſechs Wochen ſtrengen, mit Faſt- tagen verſchärften Arreſts, welches der Oberſte Gerichts- hof beſtätigte. Wegen Beleidigung des Abg. Mitter- mayer wurde vom Schwurgerichte der Herausgeber der „Oeſterr. Kellner-Zeitung“, Hans Rothbach, zu drei Monaten ſtrengen Arreſts verurtheilt. In dem incriminirten Artikel war nämlich Abg. Mittermayer von ſeinem eigenen Bruder Leopold verſchiedener Vergehen gegen das Eigenthum beſchuldigt worden. In der gegen dieſes Urtheil ergriffenen Nichtigkeitsbeſchwerde führte Dr. Porzer aus, daß der Gerichtshof die einer Gegenklage Rothbach’s gegen Mittermayer zu Grunde liegenden Artikel nicht verleſen ließ, wodurch die Geſchwornen ſich kein richtiges Bild vom Kläger Mittermayer machen konnten. Mittermayer führte ſeine Sache ſelbſt und ergriff nun das Wort, um dem Caſ- ſationshof darzulegen, daß er nicht der „ſchreckliche“ Mittermayer ſei, ſondern der „verfolgte“, und wenn Recht und Gerechtigkeit exiſtire, dann müſſe der Schreiber dieſes Artikels, durch den er und ſeine Fa- milie ruinirt ſei, verurtheilt werden. Der Senat unter Vorſitz des Präſidenten Dr. Steinbach ver- warf die Beſchwerde und zwar mit folgender Be- gründung: Dem Nichtigkeitsgrunde hätte Folge ge- geben werden können, wenn das öſterreichiſche Straf- geſetz eine Compenſation bei gegenſeitigen Ehrenbeleidigungsklagen kennen würde Dies ſei jedoch nicht der Fall, da über jede Injurie ſelbſtſtändig judicirt werden muß. Es wäre ſogar bedenklich ge- weſen und hätte zur Irreführung der Geſchworenen führen können, die der Gegenklage zu Grunde liegen- den Artikel zu verleſen, weil die Geſchworenen ſich hätten veranlaßt fühlen können, eine Art Compen- ſation der Ehrenbeleidigungen vorzunehmen. Daher waren die Schriftſtücke, als zur Sache nicht gehörig, auch nicht zu verleſen. Sportnachrichten. Eine beherzigenswerthe Bitte an die Rad- fahrer veröffentlicht die „Allgemeine Thierſchutz-Zeitung“: „Das Zweirad hat ſich bei uns eingebürgert, und wir haben nichts dagegen zu erinnern; nur bemerken wir manchmal auf Seiten der Radfahrer eine Gedankenloſigkeit, die wegen der damit verbundenen Grauſamkeit eine ſo un- ſchuldige und heilſame Körperübung nicht entſtellen ſollte. Der Radfahrer kann weiter und ſchneller rennen als das Pferd; zuweilen aber vergißt er, daß das, was für Pferde unmöglich und für ihn leicht iſt, für einen Hund beinahe tödtlich ſein kann. Radfahrer ſollten ihre Hunde zu Hauſe laſſen. Die gewöhnliche Schnelligkeit in der Stunde (15 bis 18 Kilometer), mit der ſie ſich unter vollkommſter Behaglichkeit fortbewegen und die ſie ohne Mühe ſtundenlang beibehalten können, über- ſteigt die Kräfte eines Hundes, und ſelbſt wenn ſie lang- ſamer fahren, ſtrengt die gewöhnliche Fahrt den Hund auf’s Aeußerſte an. Es hat uns geſchmerzt, ſehen zu müſſen, wie nicht wenige Hunde ihren Herrn oder (was oft genug vorkommt) ihren Herrinnen mühſam mit Zeichen offenbarer Erſchöpfung folgen, und das Alles geſchah, davon ſind wir überzeugt, nicht mit Abſicht oder aus Grauſamkeit, ſondern aus reiner Gedankenloſigkeit. Sollten wir da nicht die Radfahrer bitten, zu bedenken, daß der Hund kein paſſender Gefährte für einen Radfahrer iſt?“ Fürſt Scipio Borgheſe als Hochtouriſt. Bei dem Verſuch, den Adamellogipfel zur Winterszeit von Pinzolo aus zu erſteigen, gerieth Fürſt Seipio Borgheſe aus Rom mit ſeinen Führern auf dem Gletſcher von Salarno in einen Schneeſturm. Der Führer Collini und der Träger Cherigini retteten den Fürſten mit der größten Mühe, erfroren ſich aber dabei die Füße derart, daß Amputationen nöthig waren. Collini verlor alle Zehen beider Füße und die Schienbeinknochen, Cherigni den rechten Unterfuß und die Zehen des linken Fußes. Schachwettkampf Petersburg-Wien. Der zwiſchen der Petersburger Schachgeſellſchaft und dem Wiener Schachclub auf telegraphiſchem Wege um den Betrag von 2000 Francs ausgetragene Wettkampf endete nach 13 monatlicher Dauer mit 1½ : ½ zu Gunſten des Wiener Schachclubs. Dieſer Erfolg iſt umſo höher anzuſchlagen, als die Petersburger nach ihren Siegen über London (1887), Steinitz (1891) und nach dem unentſchiedenen Kampfe gegen Paris (1895) im Rufe der Unüberwindlichkeit ſtanden. XX. Krummholz-Kranzchen. Der Kartenverkauf für dieſes, am Samſtag. 4. Februar, ſtattfindenden alpinen Ball feſt hat bereits begonnen und befindet ſich das Comitélocal Wien, 6. Bezirk, Gumpendorferſtraße 9, woſelbſt mündlich und ſchriftlich Auskünfte ertheilt werden. Die diesjährige Saaldecoration wird ein Meiſterſtück moderner Decorationskünſte ſein. Der Maler Herr Beneſch hat eine zweimalige Tour in das Ennsthal nicht geſcheut, um an Ort und Stelle eine der ſchönſten Anſichten derſelben im Bilde feſtzuſtellen, während Herr Porteletto hiebei den Aufbau und die übrige Ausſtattung übernimmt. Die hochalpinen Damenſpenden dürfen wir natürlich nicht verrathen, doch können ſich die Kränzchenbeſucherinnen ſchon jetzt auf eine ſehr hübſche ſinnige Ueber- raſchung vorbereiten. Verſammlung des chriſtlichen Wähler- Vereines in Korneuburg. Die liberale Gemeindevertretung hatte dem chriſt- lichen Wählervere ine am 13. Jänner zur Abhaltung einer Vereinsverſammlung den Rathhausſaal überlaſſen, aber 24 Stunden vor der Verſammlung hatte der geſchäftsführende Gemeinderath, Advocat Dr. Jeſch, die Bewilligung der Benützung nur mit dem Grunde ver- weigert, daß er nicht dulden könne, daß der Rathhaus- ſaal zu politiſchen Zwecken mißbraucht werde. Es mußte deshalb die Verſammlung in Swoboda’s Saal abgehalten werden. Der Beſuch derſelben war trotz dieſer in der letzten Stunde erfolgten Abſage des Locales ein glänzender und ohne Ausnahme der Parteien waren die Beſucher über die Rückſichtsloſigkeit der herrſchenden Clique in der Gemeinde entrüſtet. Nachdem nun der Vorſitzende des Vereines, Herr Fetty, dieſen Vorgang der Gemeindevertretung ent- ſprechend gekennzeichnet hatte, ergriff Landesausſchuß Dr. Geßmann das Wort und beſprach zunächſt die Verſicherungsaction des niederöſterreichiſchen Land- tages in eingehender Weiſe. Er behandelte dann aus- führlich die ſociale Bedeutung der Alters- und Invali- ditäts-Verſicherung und beſprach die Frage der genoſſen- ſchaftlichen Organiſation des Gewerbe- und Bauern- ſtandes. Hierauf ging er auf die großen wirthſchaft- lichen Fragen über, welche der Reichsrath zu behandeln hätte und die leider in Folge des heftigen nationalen Kampfes völlig in den Hintergrund gedrängt wurden. Hierauf beſprach er die innerpolitiſche Lage und fchilderte in großen Zügen die unglückſelige Politik, welche von allen Miniſterien in Oeſterreich ſeit 1861 in nationalen Fragen betrieben worden war. Vor 1879 hatte die damals herrſchende judenliberale Clique unter dem Schlagworte des Deutſchliberalismus die Geſchäfte des großen jüdiſchen Capitals beſorgt; nach 1879 ſpielten die folgenden Miniſterien eine Nation gegen die andere aus und verurſachten ſo jenen furchtbaren Nationalitätenkampf, der die Grund- lage des Staates zu erſchüttern droht. Wer wahrhaft national ſein wollte, müßte vor Allem für eine Verbeſſerung der materiellen Lage der breiten Volksſchichten eintreten. Man müſſe ſich namentlich vor dem gefährlichen Irrthum hüten, zu glauben, eine nationale Politik ſei ohne die innigſte Antheilnahme der breiten Volksſchichten überhaupt ein- zuhalten. Für die Maſſen des deutſchen Volkes, wie aller übrigen Völker aber ſind die wirthſchaftlichen Probleme von der größten Bedeutung, und wer deren Bedeutung nicht erkenne und ſie nicht im Sinne der großen Volksmaſſen zu löſen ſuche, der werde gewiß auch mit dem Verſuche einer nationalen Politik in kürzeſter Zeit ſcheitern. Darum habe die chriſtlich-ſociale Partei mit aller Strammheit, mit der ſie für die politiſchen und ſprachlichen Rechte des deutſchen Volkes in Oeſterreich eintrete, doch nie auf die volle Wahrung der wirth- ſchaftlichen Intereſſen des deutſchen Volkes im weiteſten Sinne vergeſſen, und gerade darin liege ihre Macht

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 19, Wien, 24.01.1899, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost019_1899/9>, abgerufen am 21.11.2024.