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Reichspost. Nr. 27, Wien, 28.01.1896.

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Wien, Dienstag Reichspost 28. Jänner 1896 27

[Spaltenumbruch] Schwarzenau, Kautzen, Geras, Al-
tenburg, Wappoltenreith, Kirchberg
am Wald
und zahlreicher kleinerer Dörfer.

Präcise um 1/22 Uhr eröffnete der Präsident des
Waldviertler Bauernvereins, Pfarrer Döller, die
Versammlung mit einer Ansprache, in der er zunächst
die erschienenen Abgeordneten unter stürmischen Hoch-
rufen der Versammlung begrüßte und dann die Zwecke
und Ziele des Bauernvereins erörterte, dem gewiß das
judenliberale Schreckgespenst des Clericalismus fremd
sei und der nicht nur die Interessen des Bauernstandes,
sondern auch die der Gewerbetreibenden und aller
anderen ehrlich arbeitenden Berufsstände zu fördern sich
zur Aufgabe mache. Die kernigen, echt volksthümlichen
Worte wurden mit stürmischem Beifalle aufgenommen.

Hierauf ergriff Abg. Dr. Geßmann das Wort,
um eingehend die traurigen Erwerbsverhältnisse des
Bauern- und Gewerbestandes zu schildern, und die
Nothwendigkeit einer festen Organisation derselben und
eines festen, gegenseitigen Zusammenhaltens beider mit
den anderen Berufsständen des Mittelstandes besonders
gegen die zerstörenden Tendenzen der Umsturzparteien
zu betonen. Seine Ausführungen über die Bedeutung
der nationalen Idee und den Vorwurf der Judenpresse
über die angebliche Reaction der antisemitischen Partei
fanden den einstimmigen, frenetisch ausgedrückten Bei-
fall der Versammlung.

Als Dr. Lueger das Wort ergriff, empfing ihn
ein minutenlanger Beifallssturm. Er besprach die trau-
rige Lage des deutschen Volkes in Oesterreich, das mehr
und mehr in den Hintergrund gedrängt werde, und
beleuchtete in seiner bekannten sarkastischen Weise unter
zahllosen Beifalls- und Lachsalven der Versammelten
die politischen Vorgänge der letzten Zeit. Als er u. A.
die famose Affaire Richter mit den jüdischen Confectio-
nären, anläßlich der jüngsten Gemeinderathswahlen er-
zählte und den Ausspruch des Gerichtshofes citirte,
daß die betreffende Handlung wohl verwerflich sei, daß
aber im Gesetze eine Lücke bestehe, und daran die Be-
merkung knüpfte, daß gewöhnlich die Christen sich in
den Maschen des Gesetzes verfangen, während die Juden-
liberalen diese Lücken prächtig zu benützen verständen,
erhob sich plötzlich der anwesende Regierungsvertreter,
Herr Bezirkshauptmann Ritter v. Keller und
wollte aus seinem Stenogramme den Vorwurf einer
Parteilichkeit der Gerichte seitens des Dr. Lueger
construiren, indem er den Vorsitzenden aufforderte, den
Redner zu unterbrechen. Dr. Lueger bewies aus den
ganz mißverständlich aufgenommenen Worten des Herrn
Regierungsvertreters, das Unberechtigte des Eingreifens.
Auf die Versammlung aber brachte der Zwischenfall
eine förmlich elektrische Wirkung hervor, denn die Zu-
stimmung und die sichtliche Erregung der Anwesenden
machte sich nunmehr in noch stürmischeren Kund-
gebungen Luft.

Am Schlusse seiner Rede wurde dem Dr. Lueger
vom Präsidenten des Vereines, dem hochw. Herrn
Pfarrer Döller, ein prachtvolles Bouquet aus
Rosen, Nelken und Orangeblüthen überreicht mit dem
Wunsche, er möge stets so blühen, wie diese Blumen.
Hierauf schloß der Vorsitzende die Versammlung,
nachdem er noch der so werkthätigen Theilnahme des
hochw. Bischofs Rößler für die Interessen des christ-
lichen Volkes gedacht, mit einem Hoch auf Papst
und Kaiser.

Die Abfahrt der Wiener Gäste zur Station
Göpfritz gestaltete sich zu einem Triumphzuge durch die
Stadt. Viele Hunderte umdrängten die Schlitten und
endlose Hochrufe und Tücherschwenken begleiteten die
Führer der Wiener Bewegung durch die ganze Stadt.
Und die auf der Straße heimkehrenden Landleute
riefen ihnen bei jeder Begegnung ein herzliches "B'hüt
Gott!"
und "Auf baldiges Wieder-
sehen"
zu. Der Waldviertler Bauernverein aber,
der bereits über 3000 Mitglieder zählt, hatte einen
Ehrentag zu verzeichnen, der ihn in seiner ferneren
Wirksamkeit gewiß aufs kräftigste fördern wird.




Gerichtssaal.
Schuster und Ordensgründer.

(Fortsetzung aus
dem Abendblatte.) Schuster Heger ist eine originelle Figur
mit bis über die Schultern reichenden langen Haaren. Er
bekannte sich nichtschuldig. -- Vors.: Was sind Sie? --
Angekl.: Lehrer, da ich für das Gymnasium vorbereite.
Vors.: So, also Lehrer sind Sie? Da müssen Sie auch
Sprachen sprechen. -- Angekl.: Höchst unvollkommen,
aber die lateinische Gottessprache verstehe ich. -- Vors.:
Sie sind aber doch eigentlich nur Schuhmacher, nicht? --
Angekl.: O, nur zeitweise benützte ich die Gewerbe-
freiheit zur Ausübung dieses Handwerkes. -- Vors.: Sie
haben Gymnasialclassen hinter sich, wie viele? -- Angekl.:
Ein Semester. -- Vors.: Und da sind Sie durchgefallen?
-- Angekl.: Ich erinnere mich nicht. -- Vors.: Nun
wenn man nur ein Semester durchgemacht, kann
man das Durchfallen nicht so leicht vergessen. Sie
waren auch in Holland? -- Angekl.: Und in Italien.
Bors.: In Italien? Das ist uns ganz neu. -- An-
gekl.;
Ja, und von da ging ich nach Egypten, wo ich
übernachtete. -- Vors.: Sie werden uns doch nicht vor-
machen wollen, daß Sie, um zu übernachten, von Italien
nach Egypten gingen? -- Angekl.: Später erst ging ich
nach Holland in ein Missionshaus. -- Vors.: Was waren
Sie dort? -- Angekl.: Zögling. -- Vors.: Das ist
nicht wahr, denn aus der Note des dortigen Missionshaufes
waren Sie Commorant, und fanden Verwendung in der
Schusterei. -- Angekl.: Ja, ich habe aber auch einen
Schnitt für Missionsschuhe erfunden. -- Vors.: Sehen
Sie, Sie sind doch mehr Schuster als Lehrer gewesen.
Warum sind Sie denn von dort fort? -- Angekl.: Weil
[Spaltenumbruch] mir die Ordensregeln zu wenig strenge waren. -- Vors.:
Dann sind Sie nach Wien und haben den großen Sprung
von der Schusterei zum Lehrfach gemacht. -- Angekl.:
Ich habe sieben Schüler gehabt und auch gut unterrichtet. --
Vors.: Sie können ja nicht einmal ordentlich ortho-
graphisch schreiben. Sie haben auch Religion gelehrt? --
Angekl.: Ja, denn ich bin von Gott zu
einer Mission auserlesen.
Die Zukunft
wird lehren -- -- Vors.: Bleiben wir hübsch bei Ihrer
Vergangenheit. -- Angekl.: Ich habe zu diesem Zwecke einen
heiligen Orden gegründet, und das Weitere wird Gott thun.
Vors. Der Vater des von Ihnen unterrichteten Sohnes
hat Giovinetto geheißen, und den Namen des Sohnes kann
man fast gar nicht aussprechen Giuseppo di Lombardo di
Redinetti, das ist Ihre Erfindung nicht? Angekl. Nein
Vors. Sie haben auch Tramway-Actien gehabt und länger
bei sich behalten. Angekl. Weil ich wußte, daß sie steigen
würden. Vors. Also speculirt? Das vereinigt sich
mit Ihrer Religiösität nicht. Wie sind Sie mit der Loidl
bekannt geworden? Angekl. Sie ist mir in einer
Vision erschienen, nach dieser Vision hab' ich ihr Bild
gemacht, welches sehr schön geworden ist, und die weinende
Muttergottes darstellt: Vors. Also Maler sind Sie auch
noch? Angekl. Ja wohl, dieses gelungene Bild habe
ich in Druck legen lassen, und eines der Loidl geschickt.
Vors. Na, und der Loidl hat diese Vision sammt
dem Bilde natürlich über alle Massen gefallen. --
Angekl.: Natürlich, es mußte ihr ja gefallen. Sie
ging dann gleich auf meinen Antrag, den Orden zu gründen,
ein, hat mir Geld geschenkt und die Zukunft, sie wird lehren,
daß sie überzeugt sein wird, daß ich das Geld nicht für meine
Person, sondern für jene heiligen Zwecke verwende, die das
Reich -- Vors.: Machen Sie uns keine solchen Sachen
vor, uns kriegen Sie für Ihren Orden
doch nicht.
(Heiterkeit.) Was ist's denn mit der Hob-
ler? -- Angekl.:
O, das ist ein großartiges Weib! --
Vors.: Seit wann beschäftigen Sie sich mit der Ordens-
gründung? -- Angekl.: Seit meinem 24. Jahre. Die
Hauptsache des Ordens ist Buße und Gebet ... -- Vors.:
Und Geld. Es wäre überhaupt besser gewesen, Sie wären
ein ehrlicher Schuster geblieben, als sich von Frauenzimmern
aushalten zu lassen, denn das paßt für einen Ordensgründer
nicht. -- Angekl.: Ich that Alles, was ich thun mußte.
-- Vors.: Wer hat Ihnen denn die Macht verliehen, den
Ordensschleier zu vergeben? -- Angekl.: Gott! Die
Schwestern trugen Ordenskleidern, da die weltlichen das
fromme Gemüth nur zerstreuen. -- Vors.: Sie lebten zu
Dritt in Stangenberg; die dortige fromme Bevölkerung
jedoch nahm an diesem Scandal Aergerniß und Sie mußten
fort. -- Angekl.: Da war nur der Cooperator
schuld, der gegen mich von der Kanzel predigte. -- Vors.:
Das war höchst nothwendig.
-- Darauf wird
die Verhandlung bis morgen Früh 9 Uhr unterbrochen.




Gemeindezeitung.
Die elektrischen Bahnen in Wien.

Die
Wiener Tramway-Gesellschaft hat die zur Umwandlung
auf elektrischen Betrieb concessionirte Transversalstrecke
nöthigen Maschinen und Materialien bereits ausge-
schrieben. Ein Passus der Ausschreibung, der theoretisch
den "inländischen" Erzeugnissen den Vorzug
einräumt, muthet uns sympathisch an. Nur möchten wir
rechtzeitig daran erinnern: daß Ungarn trotz gemein-
samen Zollgebietes unsere Reichshälfte bekanntermaßen
als Ausland zu behandeln pflegt. Reciprocität der
Handlungsweise scheint speciell in vorliegendem Falle
am Platze. Man wisse und merke, gerade vor dem ab-
zuschließenden Ausgleiche, daß wir auch hinüberzu-
schießen wissen. Es ist uns bekannt, daß sich, ganz im
Stillen, bescheiden und indirect, wie es sich für ein
Mädchen aus der Fremde ziemt, eine Pester Fabrik
um die zu vergebenden Arbeiten bewirbt. An kräftiger
Unterstützung fehlt es nicht. Da ist eine mit
diesem Fabriksunternehmen eng liirte ungarische
Bank, deren in Wien domicilirende Mama, ein soge-
nanntes leitendes Institut fördernd im Hintergrunde
steht.

Man kann ja Opfer bringen, was möglicher Weise
später an den übernommenen Arbeiten verloren wird,
hat man, dank der froheren Anregung schon vielfach als
"wohl informirt" an der inscenirten Actienhausse ver-
dient. Von Bankesgnaden hat jene geschäftlich rührige
und strebsame Pester-Fabrik -- nominell deren cis-
leithanische Filiale -- eine große elektrische Anlage in
Böhmen übernommen, und deren Ausführung ist gänz-
lich mißglückt. Ein ebenso eclatantes technisches Fiasco
hat dieses Haus mit für Bulgarien übernommenen
Arbeiten hinter sich. Es wird lange dauern, bevor
dieses für unsern Export so aufnahmsfähige Land
wieder Vertrauen zu österreichischen Firmen dieser
Branche faßt. Nun, im Süden ist man ausgesperrt,
-- was schadet es -- Cisleithanien ist offen. Caveant
consules, Hungaria ante portas.

Die Gemeinderathswahlen werden nicht
verschoben.

Heute Nachmittags fand eine Sitzung des
Bezirksausschusses Wieden unter dem Vorsitze des Be-
zirksvorstehers Baier statt, in der ein auf die zu-
künftigen Gemeinderathswahlen bezughabendes Schrift-
stück des Bezirkshauptmannes Friebeis zur Ver-
lesung gelangte und aus dem hervorgeht, daß die
Ausschreibung der Gemeinderathswahl für die aller-
nächste Zeit zu erwarten ist. Der Bezirkshauptmann
ersucht nämlich die Bezirksvertretung, schleunigst die
Zusammenstellung der Wahlcommissionen, sowie die
Nominirung der Vertrauensmänner vorzunehmen. Der
Bezirksausschuß kam diesem Verlangen sofort nach und
constituirte die Wahlcommissionen. Nach diesem, auch
an die übrigen Bezirksvertretungen gerichteten Circulare
des Chefs der Communalverwaltung ist die Wahlaus-
schreibung ohne Zweifel bereits für den kommenden
Monat zu gewärtigen.


[Spaltenumbruch]
Vereinsnachrichten.
§ Der katholische Lehrer-Bund für Oester-
reich

veranstaltet am 30. d. im Saale des "Reiterbundes"
3. Bez., Beatrixgasse, den ersten seiner diesjährigen Vor-
tragsabende, bei welcher Dialectdichtungen des Dialect-
forschers Dr. Matosch vorgetragen werden. Beginn 1/28 Uhr.
Eintritt frei.

§ Oesterreichischer Völker-Verein.

Die "Kreuzer"
der Massen sind das unbeachtete offen zu
Tage
liegende -- "Geld" menschlicher Theilnahme und
könnten durch ein System, wie jenes, durch Wohlthätigkeits-
Postkarten leicht behoben und so die Thränen vieler Unglück-
licher getrocknet werden. Oesterreich hat 28.000 Ortschaften
und wenn in jedem Orte im Durchschnitte nur
zehn Kreuzer durch den Pfarrer, oder wen immer über
Zeitungs-Aufrufe gesammelt werden, so laufen 2800 Gulden
binnen einem oder zwei Tagen ein, die als "erste
rasche Hilfe"
den Nothständlern gewiß willkommen
sein könnten. In dem Prospecte dieses Vereines sind auch
Getreidesammlungen in den Ortschaften in praktischer Art
angedeutet und bliebe dieses bei einem Insassen aufbewahrt,
um bei Bedarf an die Nothstätten versendet zu werden. --
Zahlreiche Stadt- und Landgemeinden haben in öffentlichen
Sitzungen sich amtlich für die Gründung des "öster-
reichischen Völker-Vereines"
erklärt, und
dem eben im Entstehen begriffenen Gründungs-Comite sind
bereits zwei Mitglieder des Herrenhauses und vier
Reichsrathsabgeordnete beigetreten.

§ Der Brigittenauer Humanitätsverein hielt am
24. d. seine neunte Jahres-Generalversammlung ab. Ob-
mann-Stellvertreter Herr Georg Hütter hielt einen Rück-
blick auf das abgelaufene Vereinsjahr. Dem Rechenschafts-
bericht des Cassiers Herrn Franz Michtner wurde das
Absolutorium ertheilt. Hierauf erfolgten die Ergänzungs-
wahlen in den Ausschuß. Zum Obmann wurde der Lehrer
Otto Rippl und zum Obmann-Stellvertreter der Milch-
meier Carl Lang, zu Schriftführern Carl Hladik und
Franz Schrom, zu Ausschüssen Otto Poppek und
Robert Behnert gewählt.

§ Katholischer Schulverein.

Die Pfarrgruppe
"St. Andreas" zu Hütteldorf veranstaltet 9. Februar
um 5 Uhr Nachmittags im städtischen Casino zu Baum-
garten
(13. Bez., Linzerstraße 297, Restaurateur Georg
Raschenberger ihre Jahresversammlung, die einen besonders
festlichen Charakter tragen wird. Spenden für den Glücks-
hafen nimmt entgegen der Obmann-Stellvertreter der Pfarr-
gruppe Hochw. Rudolf Graf Mels-Colloredo,
Wien, XIII/5, Hütteldorf (Pfarrhof).

§ Die St. Severinus-Vereins-Abtheilung "Wäh-
ring"
hält Sonntag, 2. Februar, 4 Uhr Nachmittags, im
Turnsaale des katholischen Lehrerseminars, 18. Bez,, Semper-
straße Nr. 45, eine Plenarversammlung ab, bei welcher der
Missionspriester Josef Berghold und Professor Franz
Müllner sprechen werden.




Ballnachrichten.

§ Die Studentenverbindung "Tirolia" veran-
staltete 29. d., 8 Uhr, Abends ihren Stiftungscommers im
im Hotel "Goldner Stern", 6. Bez., Mariahilferstraße
Nr. 99.

§ Das Kränzchen des Pensions-Vereines
"Existenz"
findet Dienstag, den 28. d., in den Sälen
"zum grünen Thor", Wien, 8. Bez., Lerchenfelderstraße 14,
statt. Das Reinerträgniß wird dem Witwen- und Waisen-
fonde des unter dem Protectorate des Fürst-Crzbischofs
Dr. Anton Josef Gruscha stehenden Vereines katholischer
Messner, Kirchendiener und Pfarrkanzlisten zugewendet.
Herren erscheinen schwarz. Anfang 8 Uhr. Eintrittskarten
bei allen Vereinsmitgliedern, sowie im Vereinslocale, Wien,
1. Bez., Freiung 6. Früher gelöste a 50 kr., an der Cassa
a 80 kr.




Tagesbericht.
* Vom Hofe.

Beim Erzherzog Rainer und
der Erzherzogin Marie fand Sonntag Abends um
6 Uhr ein Familien-Diner statt. An demselben nahmen
theil: Se. Majestät der Kaiser, die hier weilenden
Mitglieder des kaiserlichen Hauses, shwie Prinz Alfons
und Prinzessin Louise von Baiern.

* Vergiftung durch Leuchtgas.

Der Fragner Josef
Rabbauer, seine Gattin Therese und ihre Kinder
Maria 17 Jahre alt, Franz 10 Jahre alt und Karoline
6 Jahre alt, sowie die dort wohnhafte 37 jährige Karoline
Rath erwachten gestern Früh in der Wohnung, Josef-
stadt Laudongasse Nr. 44 unter Vergiftungserscheinungen
in dem neben dem Gassenladen befindlichen Wohnzimmer.
Der herbeigerufene Polizeibezirksarzt Dr. Munk b[r]achte
alle 6 Personen außer Gefahr. Ein auf der Straße neben
dem Hause liegendes Gasrohr dürfte schadhaft geworden
sein, so daß Gas durch das Mauerwerk in das Zimmer
strömte. Die Familie athmete das Gas ein und erkrankte
an Leuchtgasvergiftung.

* Selbstmord.

Die 33 jährige Magazinsarbeitersgattin
Maria Stuffler, Floridsdorf wohnhaft, trank gestern
Abends eine Phosphorlösung und erlitt schwere innere Ver-
letzungen. Maria Stuffler, die schon vor 2 Jahren einen
Selbstmordversuch durch Sprung in die Donau unternahm
jedoch gerettet wurde, hat die That diesmal wegen häuslicher
Zerwürfnisse begangen.

Drechslermeister-Versammlung.

Dienstag den
28. Jänner 1896, um halb 7 Uhr Abends findet in K. Ober-
mayer's Gasthaussaal, 6. Bez., Stumpergasse 19 eine
Drechslermeister-Versammlung statt, behufs Besprechung über
die bevorstehenden Wahlen in die Genossenschaftsvertretung.
Tagesordnung: 1. Bericht über die stattgehabten Gruppen-
Versammlungen. 2. Wahl von 12 Herren, welche die Can-
didaten zur Genossenschafts-Wahl zu nominiren und die
Wahl zu leiten haben. 3. Besprechung über gewerbliche An-
gelegenheiten und Annahme einer Resolution gegen die Ein-
beziehung der Kleingewerbetreibenden in die Unfallversicherung.
4. Entgegennahme von Wünschen und Beschwerden von den
Delegirten aus dem Stande der Gehilfen. 5. Anträge und
Interpellationen.


Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896 27

[Spaltenumbruch] Schwarzenau, Kautzen, Geras, Al-
tenburg, Wappoltenreith, Kirchberg
am Wald
und zahlreicher kleinerer Dörfer.

Präciſe um ½2 Uhr eröffnete der Präſident des
Waldviertler Bauernvereins, Pfarrer Döller, die
Verſammlung mit einer Anſprache, in der er zunächſt
die erſchienenen Abgeordneten unter ſtürmiſchen Hoch-
rufen der Verſammlung begrüßte und dann die Zwecke
und Ziele des Bauernvereins erörterte, dem gewiß das
judenliberale Schreckgeſpenſt des Clericalismus fremd
ſei und der nicht nur die Intereſſen des Bauernſtandes,
ſondern auch die der Gewerbetreibenden und aller
anderen ehrlich arbeitenden Berufsſtände zu fördern ſich
zur Aufgabe mache. Die kernigen, echt volksthümlichen
Worte wurden mit ſtürmiſchem Beifalle aufgenommen.

Hierauf ergriff Abg. Dr. Geßmann das Wort,
um eingehend die traurigen Erwerbsverhältniſſe des
Bauern- und Gewerbeſtandes zu ſchildern, und die
Nothwendigkeit einer feſten Organiſation derſelben und
eines feſten, gegenſeitigen Zuſammenhaltens beider mit
den anderen Berufsſtänden des Mittelſtandes beſonders
gegen die zerſtörenden Tendenzen der Umſturzparteien
zu betonen. Seine Ausführungen über die Bedeutung
der nationalen Idee und den Vorwurf der Judenpreſſe
über die angebliche Reaction der antiſemitiſchen Partei
fanden den einſtimmigen, frenetiſch ausgedrückten Bei-
fall der Verſammlung.

Als Dr. Lueger das Wort ergriff, empfing ihn
ein minutenlanger Beifallsſturm. Er beſprach die trau-
rige Lage des deutſchen Volkes in Oeſterreich, das mehr
und mehr in den Hintergrund gedrängt werde, und
beleuchtete in ſeiner bekannten ſarkaſtiſchen Weiſe unter
zahlloſen Beifalls- und Lachſalven der Verſammelten
die politiſchen Vorgänge der letzten Zeit. Als er u. A.
die famoſe Affaire Richter mit den jüdiſchen Confectio-
nären, anläßlich der jüngſten Gemeinderathswahlen er-
zählte und den Ausſpruch des Gerichtshofes citirte,
daß die betreffende Handlung wohl verwerflich ſei, daß
aber im Geſetze eine Lücke beſtehe, und daran die Be-
merkung knüpfte, daß gewöhnlich die Chriſten ſich in
den Maſchen des Geſetzes verfangen, während die Juden-
liberalen dieſe Lücken prächtig zu benützen verſtänden,
erhob ſich plötzlich der anweſende Regierungsvertreter,
Herr Bezirkshauptmann Ritter v. Keller und
wollte aus ſeinem Stenogramme den Vorwurf einer
Parteilichkeit der Gerichte ſeitens des Dr. Lueger
conſtruiren, indem er den Vorſitzenden aufforderte, den
Redner zu unterbrechen. Dr. Lueger bewies aus den
ganz mißverſtändlich aufgenommenen Worten des Herrn
Regierungsvertreters, das Unberechtigte des Eingreifens.
Auf die Verſammlung aber brachte der Zwiſchenfall
eine förmlich elektriſche Wirkung hervor, denn die Zu-
ſtimmung und die ſichtliche Erregung der Anweſenden
machte ſich nunmehr in noch ſtürmiſcheren Kund-
gebungen Luft.

Am Schluſſe ſeiner Rede wurde dem Dr. Lueger
vom Präſidenten des Vereines, dem hochw. Herrn
Pfarrer Döller, ein prachtvolles Bouquet aus
Roſen, Nelken und Orangeblüthen überreicht mit dem
Wunſche, er möge ſtets ſo blühen, wie dieſe Blumen.
Hierauf ſchloß der Vorſitzende die Verſammlung,
nachdem er noch der ſo werkthätigen Theilnahme des
hochw. Biſchofs Rößler für die Intereſſen des chriſt-
lichen Volkes gedacht, mit einem Hoch auf Papſt
und Kaiſer.

Die Abfahrt der Wiener Gäſte zur Station
Göpfritz geſtaltete ſich zu einem Triumphzuge durch die
Stadt. Viele Hunderte umdrängten die Schlitten und
endloſe Hochrufe und Tücherſchwenken begleiteten die
Führer der Wiener Bewegung durch die ganze Stadt.
Und die auf der Straße heimkehrenden Landleute
riefen ihnen bei jeder Begegnung ein herzliches „B’hüt
Gott!“
und „Auf baldiges Wieder-
ſehen“
zu. Der Waldviertler Bauernverein aber,
der bereits über 3000 Mitglieder zählt, hatte einen
Ehrentag zu verzeichnen, der ihn in ſeiner ferneren
Wirkſamkeit gewiß aufs kräftigſte fördern wird.




Gerichtsſaal.
Schuſter und Ordensgründer.

(Fortſetzung aus
dem Abendblatte.) Schuſter Heger iſt eine originelle Figur
mit bis über die Schultern reichenden langen Haaren. Er
bekannte ſich nichtſchuldig. — Vorſ.: Was ſind Sie? —
Angekl.: Lehrer, da ich für das Gymnaſium vorbereite.
Vorſ.: So, alſo Lehrer ſind Sie? Da müſſen Sie auch
Sprachen ſprechen. — Angekl.: Höchſt unvollkommen,
aber die lateiniſche Gottesſprache verſtehe ich. — Vorſ.:
Sie ſind aber doch eigentlich nur Schuhmacher, nicht? —
Angekl.: O, nur zeitweiſe benützte ich die Gewerbe-
freiheit zur Ausübung dieſes Handwerkes. — Vorſ.: Sie
haben Gymnaſialclaſſen hinter ſich, wie viele? — Angekl.:
Ein Semeſter. — Vorſ.: Und da ſind Sie durchgefallen?
Angekl.: Ich erinnere mich nicht. — Vorſ.: Nun
wenn man nur ein Semeſter durchgemacht, kann
man das Durchfallen nicht ſo leicht vergeſſen. Sie
waren auch in Holland? — Angekl.: Und in Italien.
Borſ.: In Italien? Das iſt uns ganz neu. — An-
gekl.;
Ja, und von da ging ich nach Egypten, wo ich
übernachtete. — Vorſ.: Sie werden uns doch nicht vor-
machen wollen, daß Sie, um zu übernachten, von Italien
nach Egypten gingen? — Angekl.: Später erſt ging ich
nach Holland in ein Miſſionshaus. — Vorſ.: Was waren
Sie dort? — Angekl.: Zögling. — Vorſ.: Das iſt
nicht wahr, denn aus der Note des dortigen Miſſionshaufes
waren Sie Commorant, und fanden Verwendung in der
Schuſterei. — Angekl.: Ja, ich habe aber auch einen
Schnitt für Miſſionsſchuhe erfunden. — Vorſ.: Sehen
Sie, Sie ſind doch mehr Schuſter als Lehrer geweſen.
Warum ſind Sie denn von dort fort? — Angekl.: Weil
[Spaltenumbruch] mir die Ordensregeln zu wenig ſtrenge waren. — Vorſ.:
Dann ſind Sie nach Wien und haben den großen Sprung
von der Schuſterei zum Lehrfach gemacht. — Angekl.:
Ich habe ſieben Schüler gehabt und auch gut unterrichtet. —
Vorſ.: Sie können ja nicht einmal ordentlich ortho-
graphiſch ſchreiben. Sie haben auch Religion gelehrt? —
Angekl.: Ja, denn ich bin von Gott zu
einer Miſſion auserleſen.
Die Zukunft
wird lehren — — Vorſ.: Bleiben wir hübſch bei Ihrer
Vergangenheit. — Angekl.: Ich habe zu dieſem Zwecke einen
heiligen Orden gegründet, und das Weitere wird Gott thun.
Vorſ. Der Vater des von Ihnen unterrichteten Sohnes
hat Giovinetto geheißen, und den Namen des Sohnes kann
man faſt gar nicht ausſprechen Giuſeppo di Lombardo di
Redinetti, das iſt Ihre Erfindung nicht? Angekl. Nein
Vorſ. Sie haben auch Tramway-Actien gehabt und länger
bei ſich behalten. Angekl. Weil ich wußte, daß ſie ſteigen
würden. Vorſ. Alſo ſpeculirt? Das vereinigt ſich
mit Ihrer Religiöſität nicht. Wie ſind Sie mit der Loidl
bekannt geworden? Angekl. Sie iſt mir in einer
Viſion erſchienen, nach dieſer Viſion hab’ ich ihr Bild
gemacht, welches ſehr ſchön geworden iſt, und die weinende
Muttergottes darſtellt: Vorſ. Alſo Maler ſind Sie auch
noch? Angekl. Ja wohl, dieſes gelungene Bild habe
ich in Druck legen laſſen, und eines der Loidl geſchickt.
Vorſ. Na, und der Loidl hat dieſe Viſion ſammt
dem Bilde natürlich über alle Maſſen gefallen. —
Angekl.: Natürlich, es mußte ihr ja gefallen. Sie
ging dann gleich auf meinen Antrag, den Orden zu gründen,
ein, hat mir Geld geſchenkt und die Zukunft, ſie wird lehren,
daß ſie überzeugt ſein wird, daß ich das Geld nicht für meine
Perſon, ſondern für jene heiligen Zwecke verwende, die das
Reich — Vorſ.: Machen Sie uns keine ſolchen Sachen
vor, uns kriegen Sie für Ihren Orden
doch nicht.
(Heiterkeit.) Was iſt’s denn mit der Hob-
ler? — Angekl.:
O, das iſt ein großartiges Weib! —
Vorſ.: Seit wann beſchäftigen Sie ſich mit der Ordens-
gründung? — Angekl.: Seit meinem 24. Jahre. Die
Hauptſache des Ordens iſt Buße und Gebet ... — Vorſ.:
Und Geld. Es wäre überhaupt beſſer geweſen, Sie wären
ein ehrlicher Schuſter geblieben, als ſich von Frauenzimmern
aushalten zu laſſen, denn das paßt für einen Ordensgründer
nicht. — Angekl.: Ich that Alles, was ich thun mußte.
Vorſ.: Wer hat Ihnen denn die Macht verliehen, den
Ordensſchleier zu vergeben? — Angekl.: Gott! Die
Schweſtern trugen Ordenskleidern, da die weltlichen das
fromme Gemüth nur zerſtreuen. — Vorſ.: Sie lebten zu
Dritt in Stangenberg; die dortige fromme Bevölkerung
jedoch nahm an dieſem Scandal Aergerniß und Sie mußten
fort. — Angekl.: Da war nur der Cooperator
ſchuld, der gegen mich von der Kanzel predigte. — Vorſ.:
Das war höchſt nothwendig.
— Darauf wird
die Verhandlung bis morgen Früh 9 Uhr unterbrochen.




Gemeindezeitung.
Die elektriſchen Bahnen in Wien.

Die
Wiener Tramway-Geſellſchaft hat die zur Umwandlung
auf elektriſchen Betrieb conceſſionirte Transverſalſtrecke
nöthigen Maſchinen und Materialien bereits ausge-
ſchrieben. Ein Paſſus der Ausſchreibung, der theoretiſch
den „inländiſchen“ Erzeugniſſen den Vorzug
einräumt, muthet uns ſympathiſch an. Nur möchten wir
rechtzeitig daran erinnern: daß Ungarn trotz gemein-
ſamen Zollgebietes unſere Reichshälfte bekanntermaßen
als Ausland zu behandeln pflegt. Reciprocität der
Handlungsweiſe ſcheint ſpeciell in vorliegendem Falle
am Platze. Man wiſſe und merke, gerade vor dem ab-
zuſchließenden Ausgleiche, daß wir auch hinüberzu-
ſchießen wiſſen. Es iſt uns bekannt, daß ſich, ganz im
Stillen, beſcheiden und indirect, wie es ſich für ein
Mädchen aus der Fremde ziemt, eine Peſter Fabrik
um die zu vergebenden Arbeiten bewirbt. An kräftiger
Unterſtützung fehlt es nicht. Da iſt eine mit
dieſem Fabriksunternehmen eng liirte ungariſche
Bank, deren in Wien domicilirende Mama, ein ſoge-
nanntes leitendes Inſtitut fördernd im Hintergrunde
ſteht.

Man kann ja Opfer bringen, was möglicher Weiſe
ſpäter an den übernommenen Arbeiten verloren wird,
hat man, dank der froheren Anregung ſchon vielfach als
„wohl informirt“ an der inſcenirten Actienhauſſe ver-
dient. Von Bankesgnaden hat jene geſchäftlich rührige
und ſtrebſame Peſter-Fabrik — nominell deren cis-
leithaniſche Filiale — eine große elektriſche Anlage in
Böhmen übernommen, und deren Ausführung iſt gänz-
lich mißglückt. Ein ebenſo eclatantes techniſches Fiasco
hat dieſes Haus mit für Bulgarien übernommenen
Arbeiten hinter ſich. Es wird lange dauern, bevor
dieſes für unſern Export ſo aufnahmsfähige Land
wieder Vertrauen zu öſterreichiſchen Firmen dieſer
Branche faßt. Nun, im Süden iſt man ausgeſperrt,
— was ſchadet es — Cisleithanien iſt offen. Caveant
consules, Hungaria ante portas.

Die Gemeinderathswahlen werden nicht
verſchoben.

Heute Nachmittags fand eine Sitzung des
Bezirksausſchuſſes Wieden unter dem Vorſitze des Be-
zirksvorſtehers Baier ſtatt, in der ein auf die zu-
künftigen Gemeinderathswahlen bezughabendes Schrift-
ſtück des Bezirkshauptmannes Friebeis zur Ver-
leſung gelangte und aus dem hervorgeht, daß die
Ausſchreibung der Gemeinderathswahl für die aller-
nächſte Zeit zu erwarten iſt. Der Bezirkshauptmann
erſucht nämlich die Bezirksvertretung, ſchleunigſt die
Zuſammenſtellung der Wahlcommiſſionen, ſowie die
Nominirung der Vertrauensmänner vorzunehmen. Der
Bezirksausſchuß kam dieſem Verlangen ſofort nach und
conſtituirte die Wahlcommiſſionen. Nach dieſem, auch
an die übrigen Bezirksvertretungen gerichteten Circulare
des Chefs der Communalverwaltung iſt die Wahlaus-
ſchreibung ohne Zweifel bereits für den kommenden
Monat zu gewärtigen.


[Spaltenumbruch]
Vereinsnachrichten.
§ Der katholiſche Lehrer-Bund für Oeſter-
reich

veranſtaltet am 30. d. im Saale des „Reiterbundes“
3. Bez., Beatrixgaſſe, den erſten ſeiner diesjährigen Vor-
tragsabende, bei welcher Dialectdichtungen des Dialect-
forſchers Dr. Matoſch vorgetragen werden. Beginn ½8 Uhr.
Eintritt frei.

§ Oeſterreichiſcher Völker-Verein.

Die „Kreuzer“
der Maſſen ſind das unbeachtete offen zu
Tage
liegende — „Geld“ menſchlicher Theilnahme und
könnten durch ein Syſtem, wie jenes, durch Wohlthätigkeits-
Poſtkarten leicht behoben und ſo die Thränen vieler Unglück-
licher getrocknet werden. Oeſterreich hat 28.000 Ortſchaften
und wenn in jedem Orte im Durchſchnitte nur
zehn Kreuzer durch den Pfarrer, oder wen immer über
Zeitungs-Aufrufe geſammelt werden, ſo laufen 2800 Gulden
binnen einem oder zwei Tagen ein, die als „erſte
raſche Hilfe“
den Nothſtändlern gewiß willkommen
ſein könnten. In dem Proſpecte dieſes Vereines ſind auch
Getreideſammlungen in den Ortſchaften in praktiſcher Art
angedeutet und bliebe dieſes bei einem Inſaſſen aufbewahrt,
um bei Bedarf an die Nothſtätten verſendet zu werden. —
Zahlreiche Stadt- und Landgemeinden haben in öffentlichen
Sitzungen ſich amtlich für die Gründung des „öſter-
reichiſchen Völker-Vereines“
erklärt, und
dem eben im Entſtehen begriffenen Gründungs-Comite ſind
bereits zwei Mitglieder des Herrenhauſes und vier
Reichsrathsabgeordnete beigetreten.

§ Der Brigittenauer Humanitätsverein hielt am
24. d. ſeine neunte Jahres-Generalverſammlung ab. Ob-
mann-Stellvertreter Herr Georg Hütter hielt einen Rück-
blick auf das abgelaufene Vereinsjahr. Dem Rechenſchafts-
bericht des Caſſiers Herrn Franz Michtner wurde das
Abſolutorium ertheilt. Hierauf erfolgten die Ergänzungs-
wahlen in den Ausſchuß. Zum Obmann wurde der Lehrer
Otto Rippl und zum Obmann-Stellvertreter der Milch-
meier Carl Lang, zu Schriftführern Carl Hladik und
Franz Schrom, zu Ausſchüſſen Otto Poppek und
Robert Behnert gewählt.

§ Katholiſcher Schulverein.

Die Pfarrgruppe
„St. Andreas“ zu Hütteldorf veranſtaltet 9. Februar
um 5 Uhr Nachmittags im ſtädtiſchen Caſino zu Baum-
garten
(13. Bez., Linzerſtraße 297, Reſtaurateur Georg
Raſchenberger ihre Jahresverſammlung, die einen beſonders
feſtlichen Charakter tragen wird. Spenden für den Glücks-
hafen nimmt entgegen der Obmann-Stellvertreter der Pfarr-
gruppe Hochw. Rudolf Graf Mels-Colloredo,
Wien, XIII/5, Hütteldorf (Pfarrhof).

§ Die St. Severinus-Vereins-Abtheilung „Wäh-
ring“
hält Sonntag, 2. Februar, 4 Uhr Nachmittags, im
Turnſaale des katholiſchen Lehrerſeminars, 18. Bez,, Semper-
ſtraße Nr. 45, eine Plenarverſammlung ab, bei welcher der
Miſſionsprieſter Joſef Berghold und Profeſſor Franz
Müllner ſprechen werden.




Ballnachrichten.

§ Die Studentenverbindung „Tirolia“ veran-
ſtaltete 29. d., 8 Uhr, Abends ihren Stiftungscommers im
im Hotel „Goldner Stern“, 6. Bez., Mariahilferſtraße
Nr. 99.

§ Das Kränzchen des Penſions-Vereines
„Exiſtenz“
findet Dienſtag, den 28. d., in den Sälen
„zum grünen Thor“, Wien, 8. Bez., Lerchenfelderſtraße 14,
ſtatt. Das Reinerträgniß wird dem Witwen- und Waiſen-
fonde des unter dem Protectorate des Fürſt-Crzbiſchofs
Dr. Anton Joſef Gruſcha ſtehenden Vereines katholiſcher
Meſſner, Kirchendiener und Pfarrkanzliſten zugewendet.
Herren erſcheinen ſchwarz. Anfang 8 Uhr. Eintrittskarten
bei allen Vereinsmitgliedern, ſowie im Vereinslocale, Wien,
1. Bez., Freiung 6. Früher gelöſte à 50 kr., an der Caſſa
à 80 kr.




Tagesbericht.
* Vom Hofe.

Beim Erzherzog Rainer und
der Erzherzogin Marie fand Sonntag Abends um
6 Uhr ein Familien-Diner ſtatt. An demſelben nahmen
theil: Se. Majeſtät der Kaiſer, die hier weilenden
Mitglieder des kaiſerlichen Hauſes, ſhwie Prinz Alfons
und Prinzeſſin Louiſe von Baiern.

* Vergiftung durch Leuchtgas.

Der Fragner Joſef
Rabbauer, ſeine Gattin Thereſe und ihre Kinder
Maria 17 Jahre alt, Franz 10 Jahre alt und Karoline
6 Jahre alt, ſowie die dort wohnhafte 37 jährige Karoline
Rath erwachten geſtern Früh in der Wohnung, Joſef-
ſtadt Laudongaſſe Nr. 44 unter Vergiftungserſcheinungen
in dem neben dem Gaſſenladen befindlichen Wohnzimmer.
Der herbeigerufene Polizeibezirksarzt Dr. Munk b[r]achte
alle 6 Perſonen außer Gefahr. Ein auf der Straße neben
dem Hauſe liegendes Gasrohr dürfte ſchadhaft geworden
ſein, ſo daß Gas durch das Mauerwerk in das Zimmer
ſtrömte. Die Familie athmete das Gas ein und erkrankte
an Leuchtgasvergiftung.

* Selbſtmord.

Die 33 jährige Magazinsarbeitersgattin
Maria Stuffler, Floridsdorf wohnhaft, trank geſtern
Abends eine Phosphorlöſung und erlitt ſchwere innere Ver-
letzungen. Maria Stuffler, die ſchon vor 2 Jahren einen
Selbſtmordverſuch durch Sprung in die Donau unternahm
jedoch gerettet wurde, hat die That diesmal wegen häuslicher
Zerwürfniſſe begangen.

Drechslermeiſter-Verſammlung.

Dienſtag den
28. Jänner 1896, um halb 7 Uhr Abends findet in K. Ober-
mayer’s Gaſthausſaal, 6. Bez., Stumpergaſſe 19 eine
Drechslermeiſter-Verſammlung ſtatt, behufs Beſprechung über
die bevorſtehenden Wahlen in die Genoſſenſchaftsvertretung.
Tagesordnung: 1. Bericht über die ſtattgehabten Gruppen-
Verſammlungen. 2. Wahl von 12 Herren, welche die Can-
didaten zur Genoſſenſchafts-Wahl zu nominiren und die
Wahl zu leiten haben. 3. Beſprechung über gewerbliche An-
gelegenheiten und Annahme einer Reſolution gegen die Ein-
beziehung der Kleingewerbetreibenden in die Unfallverſicherung.
4. Entgegennahme von Wünſchen und Beſchwerden von den
Delegirten aus dem Stande der Gehilfen. 5. Anträge und
Interpellationen.


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[4/0004] Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896 27 Schwarzenau, Kautzen, Geras, Al- tenburg, Wappoltenreith, Kirchberg am Wald und zahlreicher kleinerer Dörfer. Präciſe um ½2 Uhr eröffnete der Präſident des Waldviertler Bauernvereins, Pfarrer Döller, die Verſammlung mit einer Anſprache, in der er zunächſt die erſchienenen Abgeordneten unter ſtürmiſchen Hoch- rufen der Verſammlung begrüßte und dann die Zwecke und Ziele des Bauernvereins erörterte, dem gewiß das judenliberale Schreckgeſpenſt des Clericalismus fremd ſei und der nicht nur die Intereſſen des Bauernſtandes, ſondern auch die der Gewerbetreibenden und aller anderen ehrlich arbeitenden Berufsſtände zu fördern ſich zur Aufgabe mache. Die kernigen, echt volksthümlichen Worte wurden mit ſtürmiſchem Beifalle aufgenommen. Hierauf ergriff Abg. Dr. Geßmann das Wort, um eingehend die traurigen Erwerbsverhältniſſe des Bauern- und Gewerbeſtandes zu ſchildern, und die Nothwendigkeit einer feſten Organiſation derſelben und eines feſten, gegenſeitigen Zuſammenhaltens beider mit den anderen Berufsſtänden des Mittelſtandes beſonders gegen die zerſtörenden Tendenzen der Umſturzparteien zu betonen. Seine Ausführungen über die Bedeutung der nationalen Idee und den Vorwurf der Judenpreſſe über die angebliche Reaction der antiſemitiſchen Partei fanden den einſtimmigen, frenetiſch ausgedrückten Bei- fall der Verſammlung. Als Dr. Lueger das Wort ergriff, empfing ihn ein minutenlanger Beifallsſturm. Er beſprach die trau- rige Lage des deutſchen Volkes in Oeſterreich, das mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt werde, und beleuchtete in ſeiner bekannten ſarkaſtiſchen Weiſe unter zahlloſen Beifalls- und Lachſalven der Verſammelten die politiſchen Vorgänge der letzten Zeit. Als er u. A. die famoſe Affaire Richter mit den jüdiſchen Confectio- nären, anläßlich der jüngſten Gemeinderathswahlen er- zählte und den Ausſpruch des Gerichtshofes citirte, daß die betreffende Handlung wohl verwerflich ſei, daß aber im Geſetze eine Lücke beſtehe, und daran die Be- merkung knüpfte, daß gewöhnlich die Chriſten ſich in den Maſchen des Geſetzes verfangen, während die Juden- liberalen dieſe Lücken prächtig zu benützen verſtänden, erhob ſich plötzlich der anweſende Regierungsvertreter, Herr Bezirkshauptmann Ritter v. Keller und wollte aus ſeinem Stenogramme den Vorwurf einer Parteilichkeit der Gerichte ſeitens des Dr. Lueger conſtruiren, indem er den Vorſitzenden aufforderte, den Redner zu unterbrechen. Dr. Lueger bewies aus den ganz mißverſtändlich aufgenommenen Worten des Herrn Regierungsvertreters, das Unberechtigte des Eingreifens. Auf die Verſammlung aber brachte der Zwiſchenfall eine förmlich elektriſche Wirkung hervor, denn die Zu- ſtimmung und die ſichtliche Erregung der Anweſenden machte ſich nunmehr in noch ſtürmiſcheren Kund- gebungen Luft. Am Schluſſe ſeiner Rede wurde dem Dr. Lueger vom Präſidenten des Vereines, dem hochw. Herrn Pfarrer Döller, ein prachtvolles Bouquet aus Roſen, Nelken und Orangeblüthen überreicht mit dem Wunſche, er möge ſtets ſo blühen, wie dieſe Blumen. Hierauf ſchloß der Vorſitzende die Verſammlung, nachdem er noch der ſo werkthätigen Theilnahme des hochw. Biſchofs Rößler für die Intereſſen des chriſt- lichen Volkes gedacht, mit einem Hoch auf Papſt und Kaiſer. Die Abfahrt der Wiener Gäſte zur Station Göpfritz geſtaltete ſich zu einem Triumphzuge durch die Stadt. Viele Hunderte umdrängten die Schlitten und endloſe Hochrufe und Tücherſchwenken begleiteten die Führer der Wiener Bewegung durch die ganze Stadt. Und die auf der Straße heimkehrenden Landleute riefen ihnen bei jeder Begegnung ein herzliches „B’hüt Gott!“ und „Auf baldiges Wieder- ſehen“ zu. Der Waldviertler Bauernverein aber, der bereits über 3000 Mitglieder zählt, hatte einen Ehrentag zu verzeichnen, der ihn in ſeiner ferneren Wirkſamkeit gewiß aufs kräftigſte fördern wird. Gerichtsſaal. Schuſter und Ordensgründer. (Fortſetzung aus dem Abendblatte.) Schuſter Heger iſt eine originelle Figur mit bis über die Schultern reichenden langen Haaren. Er bekannte ſich nichtſchuldig. — Vorſ.: Was ſind Sie? — Angekl.: Lehrer, da ich für das Gymnaſium vorbereite. Vorſ.: So, alſo Lehrer ſind Sie? Da müſſen Sie auch Sprachen ſprechen. — Angekl.: Höchſt unvollkommen, aber die lateiniſche Gottesſprache verſtehe ich. — Vorſ.: Sie ſind aber doch eigentlich nur Schuhmacher, nicht? — Angekl.: O, nur zeitweiſe benützte ich die Gewerbe- freiheit zur Ausübung dieſes Handwerkes. — Vorſ.: Sie haben Gymnaſialclaſſen hinter ſich, wie viele? — Angekl.: Ein Semeſter. — Vorſ.: Und da ſind Sie durchgefallen? — Angekl.: Ich erinnere mich nicht. — Vorſ.: Nun wenn man nur ein Semeſter durchgemacht, kann man das Durchfallen nicht ſo leicht vergeſſen. Sie waren auch in Holland? — Angekl.: Und in Italien. Borſ.: In Italien? Das iſt uns ganz neu. — An- gekl.; Ja, und von da ging ich nach Egypten, wo ich übernachtete. — Vorſ.: Sie werden uns doch nicht vor- machen wollen, daß Sie, um zu übernachten, von Italien nach Egypten gingen? — Angekl.: Später erſt ging ich nach Holland in ein Miſſionshaus. — Vorſ.: Was waren Sie dort? — Angekl.: Zögling. — Vorſ.: Das iſt nicht wahr, denn aus der Note des dortigen Miſſionshaufes waren Sie Commorant, und fanden Verwendung in der Schuſterei. — Angekl.: Ja, ich habe aber auch einen Schnitt für Miſſionsſchuhe erfunden. — Vorſ.: Sehen Sie, Sie ſind doch mehr Schuſter als Lehrer geweſen. Warum ſind Sie denn von dort fort? — Angekl.: Weil mir die Ordensregeln zu wenig ſtrenge waren. — Vorſ.: Dann ſind Sie nach Wien und haben den großen Sprung von der Schuſterei zum Lehrfach gemacht. — Angekl.: Ich habe ſieben Schüler gehabt und auch gut unterrichtet. — Vorſ.: Sie können ja nicht einmal ordentlich ortho- graphiſch ſchreiben. Sie haben auch Religion gelehrt? — Angekl.: Ja, denn ich bin von Gott zu einer Miſſion auserleſen. Die Zukunft wird lehren — — Vorſ.: Bleiben wir hübſch bei Ihrer Vergangenheit. — Angekl.: Ich habe zu dieſem Zwecke einen heiligen Orden gegründet, und das Weitere wird Gott thun. Vorſ. Der Vater des von Ihnen unterrichteten Sohnes hat Giovinetto geheißen, und den Namen des Sohnes kann man faſt gar nicht ausſprechen Giuſeppo di Lombardo di Redinetti, das iſt Ihre Erfindung nicht? Angekl. Nein Vorſ. Sie haben auch Tramway-Actien gehabt und länger bei ſich behalten. Angekl. Weil ich wußte, daß ſie ſteigen würden. Vorſ. Alſo ſpeculirt? Das vereinigt ſich mit Ihrer Religiöſität nicht. Wie ſind Sie mit der Loidl bekannt geworden? Angekl. Sie iſt mir in einer Viſion erſchienen, nach dieſer Viſion hab’ ich ihr Bild gemacht, welches ſehr ſchön geworden iſt, und die weinende Muttergottes darſtellt: Vorſ. Alſo Maler ſind Sie auch noch? Angekl. Ja wohl, dieſes gelungene Bild habe ich in Druck legen laſſen, und eines der Loidl geſchickt. Vorſ. Na, und der Loidl hat dieſe Viſion ſammt dem Bilde natürlich über alle Maſſen gefallen. — Angekl.: Natürlich, es mußte ihr ja gefallen. Sie ging dann gleich auf meinen Antrag, den Orden zu gründen, ein, hat mir Geld geſchenkt und die Zukunft, ſie wird lehren, daß ſie überzeugt ſein wird, daß ich das Geld nicht für meine Perſon, ſondern für jene heiligen Zwecke verwende, die das Reich — Vorſ.: Machen Sie uns keine ſolchen Sachen vor, uns kriegen Sie für Ihren Orden doch nicht. (Heiterkeit.) Was iſt’s denn mit der Hob- ler? — Angekl.: O, das iſt ein großartiges Weib! — Vorſ.: Seit wann beſchäftigen Sie ſich mit der Ordens- gründung? — Angekl.: Seit meinem 24. Jahre. Die Hauptſache des Ordens iſt Buße und Gebet ... — Vorſ.: Und Geld. Es wäre überhaupt beſſer geweſen, Sie wären ein ehrlicher Schuſter geblieben, als ſich von Frauenzimmern aushalten zu laſſen, denn das paßt für einen Ordensgründer nicht. — Angekl.: Ich that Alles, was ich thun mußte. — Vorſ.: Wer hat Ihnen denn die Macht verliehen, den Ordensſchleier zu vergeben? — Angekl.: Gott! Die Schweſtern trugen Ordenskleidern, da die weltlichen das fromme Gemüth nur zerſtreuen. — Vorſ.: Sie lebten zu Dritt in Stangenberg; die dortige fromme Bevölkerung jedoch nahm an dieſem Scandal Aergerniß und Sie mußten fort. — Angekl.: Da war nur der Cooperator ſchuld, der gegen mich von der Kanzel predigte. — Vorſ.: Das war höchſt nothwendig. — Darauf wird die Verhandlung bis morgen Früh 9 Uhr unterbrochen. Gemeindezeitung. Die elektriſchen Bahnen in Wien. Die Wiener Tramway-Geſellſchaft hat die zur Umwandlung auf elektriſchen Betrieb conceſſionirte Transverſalſtrecke nöthigen Maſchinen und Materialien bereits ausge- ſchrieben. Ein Paſſus der Ausſchreibung, der theoretiſch den „inländiſchen“ Erzeugniſſen den Vorzug einräumt, muthet uns ſympathiſch an. Nur möchten wir rechtzeitig daran erinnern: daß Ungarn trotz gemein- ſamen Zollgebietes unſere Reichshälfte bekanntermaßen als Ausland zu behandeln pflegt. Reciprocität der Handlungsweiſe ſcheint ſpeciell in vorliegendem Falle am Platze. Man wiſſe und merke, gerade vor dem ab- zuſchließenden Ausgleiche, daß wir auch hinüberzu- ſchießen wiſſen. Es iſt uns bekannt, daß ſich, ganz im Stillen, beſcheiden und indirect, wie es ſich für ein Mädchen aus der Fremde ziemt, eine Peſter Fabrik um die zu vergebenden Arbeiten bewirbt. An kräftiger Unterſtützung fehlt es nicht. Da iſt eine mit dieſem Fabriksunternehmen eng liirte ungariſche Bank, deren in Wien domicilirende Mama, ein ſoge- nanntes leitendes Inſtitut fördernd im Hintergrunde ſteht. Man kann ja Opfer bringen, was möglicher Weiſe ſpäter an den übernommenen Arbeiten verloren wird, hat man, dank der froheren Anregung ſchon vielfach als „wohl informirt“ an der inſcenirten Actienhauſſe ver- dient. Von Bankesgnaden hat jene geſchäftlich rührige und ſtrebſame Peſter-Fabrik — nominell deren cis- leithaniſche Filiale — eine große elektriſche Anlage in Böhmen übernommen, und deren Ausführung iſt gänz- lich mißglückt. Ein ebenſo eclatantes techniſches Fiasco hat dieſes Haus mit für Bulgarien übernommenen Arbeiten hinter ſich. Es wird lange dauern, bevor dieſes für unſern Export ſo aufnahmsfähige Land wieder Vertrauen zu öſterreichiſchen Firmen dieſer Branche faßt. Nun, im Süden iſt man ausgeſperrt, — was ſchadet es — Cisleithanien iſt offen. Caveant consules, Hungaria ante portas. Die Gemeinderathswahlen werden nicht verſchoben. Heute Nachmittags fand eine Sitzung des Bezirksausſchuſſes Wieden unter dem Vorſitze des Be- zirksvorſtehers Baier ſtatt, in der ein auf die zu- künftigen Gemeinderathswahlen bezughabendes Schrift- ſtück des Bezirkshauptmannes Friebeis zur Ver- leſung gelangte und aus dem hervorgeht, daß die Ausſchreibung der Gemeinderathswahl für die aller- nächſte Zeit zu erwarten iſt. Der Bezirkshauptmann erſucht nämlich die Bezirksvertretung, ſchleunigſt die Zuſammenſtellung der Wahlcommiſſionen, ſowie die Nominirung der Vertrauensmänner vorzunehmen. Der Bezirksausſchuß kam dieſem Verlangen ſofort nach und conſtituirte die Wahlcommiſſionen. Nach dieſem, auch an die übrigen Bezirksvertretungen gerichteten Circulare des Chefs der Communalverwaltung iſt die Wahlaus- ſchreibung ohne Zweifel bereits für den kommenden Monat zu gewärtigen. Vereinsnachrichten. § Der katholiſche Lehrer-Bund für Oeſter- reich veranſtaltet am 30. d. im Saale des „Reiterbundes“ 3. Bez., Beatrixgaſſe, den erſten ſeiner diesjährigen Vor- tragsabende, bei welcher Dialectdichtungen des Dialect- forſchers Dr. Matoſch vorgetragen werden. Beginn ½8 Uhr. Eintritt frei. § Oeſterreichiſcher Völker-Verein. Die „Kreuzer“ der Maſſen ſind das unbeachtete offen zu Tage liegende — „Geld“ menſchlicher Theilnahme und könnten durch ein Syſtem, wie jenes, durch Wohlthätigkeits- Poſtkarten leicht behoben und ſo die Thränen vieler Unglück- licher getrocknet werden. Oeſterreich hat 28.000 Ortſchaften und wenn in jedem Orte im Durchſchnitte nur zehn Kreuzer durch den Pfarrer, oder wen immer über Zeitungs-Aufrufe geſammelt werden, ſo laufen 2800 Gulden binnen einem oder zwei Tagen ein, die als „erſte raſche Hilfe“ den Nothſtändlern gewiß willkommen ſein könnten. In dem Proſpecte dieſes Vereines ſind auch Getreideſammlungen in den Ortſchaften in praktiſcher Art angedeutet und bliebe dieſes bei einem Inſaſſen aufbewahrt, um bei Bedarf an die Nothſtätten verſendet zu werden. — Zahlreiche Stadt- und Landgemeinden haben in öffentlichen Sitzungen ſich amtlich für die Gründung des „öſter- reichiſchen Völker-Vereines“ erklärt, und dem eben im Entſtehen begriffenen Gründungs-Comite ſind bereits zwei Mitglieder des Herrenhauſes und vier Reichsrathsabgeordnete beigetreten. § Der Brigittenauer Humanitätsverein hielt am 24. d. ſeine neunte Jahres-Generalverſammlung ab. Ob- mann-Stellvertreter Herr Georg Hütter hielt einen Rück- blick auf das abgelaufene Vereinsjahr. Dem Rechenſchafts- bericht des Caſſiers Herrn Franz Michtner wurde das Abſolutorium ertheilt. Hierauf erfolgten die Ergänzungs- wahlen in den Ausſchuß. Zum Obmann wurde der Lehrer Otto Rippl und zum Obmann-Stellvertreter der Milch- meier Carl Lang, zu Schriftführern Carl Hladik und Franz Schrom, zu Ausſchüſſen Otto Poppek und Robert Behnert gewählt. § Katholiſcher Schulverein. Die Pfarrgruppe „St. Andreas“ zu Hütteldorf veranſtaltet 9. Februar um 5 Uhr Nachmittags im ſtädtiſchen Caſino zu Baum- garten (13. Bez., Linzerſtraße 297, Reſtaurateur Georg Raſchenberger ihre Jahresverſammlung, die einen beſonders feſtlichen Charakter tragen wird. Spenden für den Glücks- hafen nimmt entgegen der Obmann-Stellvertreter der Pfarr- gruppe Hochw. Rudolf Graf Mels-Colloredo, Wien, XIII/5, Hütteldorf (Pfarrhof). § Die St. Severinus-Vereins-Abtheilung „Wäh- ring“ hält Sonntag, 2. Februar, 4 Uhr Nachmittags, im Turnſaale des katholiſchen Lehrerſeminars, 18. Bez,, Semper- ſtraße Nr. 45, eine Plenarverſammlung ab, bei welcher der Miſſionsprieſter Joſef Berghold und Profeſſor Franz Müllner ſprechen werden. Ballnachrichten. § Die Studentenverbindung „Tirolia“ veran- ſtaltete 29. d., 8 Uhr, Abends ihren Stiftungscommers im im Hotel „Goldner Stern“, 6. Bez., Mariahilferſtraße Nr. 99. § Das Kränzchen des Penſions-Vereines „Exiſtenz“ findet Dienſtag, den 28. d., in den Sälen „zum grünen Thor“, Wien, 8. Bez., Lerchenfelderſtraße 14, ſtatt. Das Reinerträgniß wird dem Witwen- und Waiſen- fonde des unter dem Protectorate des Fürſt-Crzbiſchofs Dr. Anton Joſef Gruſcha ſtehenden Vereines katholiſcher Meſſner, Kirchendiener und Pfarrkanzliſten zugewendet. Herren erſcheinen ſchwarz. Anfang 8 Uhr. Eintrittskarten bei allen Vereinsmitgliedern, ſowie im Vereinslocale, Wien, 1. Bez., Freiung 6. Früher gelöſte à 50 kr., an der Caſſa à 80 kr. Tagesbericht. * Vom Hofe. Beim Erzherzog Rainer und der Erzherzogin Marie fand Sonntag Abends um 6 Uhr ein Familien-Diner ſtatt. An demſelben nahmen theil: Se. Majeſtät der Kaiſer, die hier weilenden Mitglieder des kaiſerlichen Hauſes, ſhwie Prinz Alfons und Prinzeſſin Louiſe von Baiern. * Vergiftung durch Leuchtgas. Der Fragner Joſef Rabbauer, ſeine Gattin Thereſe und ihre Kinder Maria 17 Jahre alt, Franz 10 Jahre alt und Karoline 6 Jahre alt, ſowie die dort wohnhafte 37 jährige Karoline Rath erwachten geſtern Früh in der Wohnung, Joſef- ſtadt Laudongaſſe Nr. 44 unter Vergiftungserſcheinungen in dem neben dem Gaſſenladen befindlichen Wohnzimmer. Der herbeigerufene Polizeibezirksarzt Dr. Munk brachte alle 6 Perſonen außer Gefahr. Ein auf der Straße neben dem Hauſe liegendes Gasrohr dürfte ſchadhaft geworden ſein, ſo daß Gas durch das Mauerwerk in das Zimmer ſtrömte. Die Familie athmete das Gas ein und erkrankte an Leuchtgasvergiftung. * Selbſtmord. Die 33 jährige Magazinsarbeitersgattin Maria Stuffler, Floridsdorf wohnhaft, trank geſtern Abends eine Phosphorlöſung und erlitt ſchwere innere Ver- letzungen. Maria Stuffler, die ſchon vor 2 Jahren einen Selbſtmordverſuch durch Sprung in die Donau unternahm jedoch gerettet wurde, hat die That diesmal wegen häuslicher Zerwürfniſſe begangen. Drechslermeiſter-Verſammlung. Dienſtag den 28. Jänner 1896, um halb 7 Uhr Abends findet in K. Ober- mayer’s Gaſthausſaal, 6. Bez., Stumpergaſſe 19 eine Drechslermeiſter-Verſammlung ſtatt, behufs Beſprechung über die bevorſtehenden Wahlen in die Genoſſenſchaftsvertretung. Tagesordnung: 1. Bericht über die ſtattgehabten Gruppen- Verſammlungen. 2. Wahl von 12 Herren, welche die Can- didaten zur Genoſſenſchafts-Wahl zu nominiren und die Wahl zu leiten haben. 3. Beſprechung über gewerbliche An- gelegenheiten und Annahme einer Reſolution gegen die Ein- beziehung der Kleingewerbetreibenden in die Unfallverſicherung. 4. Entgegennahme von Wünſchen und Beſchwerden von den Delegirten aus dem Stande der Gehilfen. 5. Anträge und Interpellationen.

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 27, Wien, 28.01.1896, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost027_1896/4>, abgerufen am 21.11.2024.