Reichspost. Nr. 27, Wien, 28.01.1896.27 Wien, Dienstag Reichspost 28. Jänner 1896 [Spaltenumbruch] Fall Miklos und verlangt die Ent[send]ung einer parlamentarischen Untersuchungs- Comission. Redner beantragt die Ergänzung der Resolution Csaky dahin, daß die Incompati- bilität auch bezüglich der Mitglieder des Magnatenhauses ausgesprochen werde. Redner spricht über die zweite Wahl in Neutra und fragt den Minister des Innern, ob es wahr sei, daß der Wahl- präsident Szulyavszky nach der Wahl eine staatliche Pacht erhalten habe. Schließlich bespricht Redner den Verkauf einer Vicinalbahn-Concession durch Koloman Rado. -- Cultusminister Wlassics erklärt die Verleihung der erwähnten Pacht sei erfolgt. (!) Ausland. Auch Fürst Bismarck befindet sich, wie Der Fall Hammerstein kam dieser Tage "Ich bin zunächst dankbar für das große Aufsehen "Es ist ja selbstverständlich, daß meines Wissens kein Herr v. Kröcher stellte dann fest, daß Ende "Dann kam die Sache wegen der Papier- [Spaltenumbruch] "Alsdann die Sache mit den Wechseln. Da war "Ebenso war es bei dem sogenannten Stöcker- "Und dann das Verhältniß mit Fräulein Flora Der Schluß der Rede des Herrn v. Kröcher Ueber die Romreise des Grafen Nigra schreibt die "Pol. Corr.", daß angesichts der Kleine Chronik. Wien, 27. Jänner. * Kalender für Dienstag, den 28. Jänner. Katholiken: Carl d. Gr. -- Griechen (16.): * Hof- und Personalnachrichten. Der Statthalter * Die Kaiserin an der Riviera. Die Kaiserin, * Verlobung. Fräulein Marie von Fuchs * Rohheiten von Schülern. Man schreibt uns: * Sterbefall. Gestern Morgens um 6 Uhr ist in * Plötzlicher Tod. Die Weißnäherin Karoline * Zehntausend Gulden abhanden gekommen. Ein in Budapest etablirter Tuchhändler reiste Samstag Das Waldviertel für die Christlich- Socialen. Die gestern stattgefundene Versammlung des Als die Abg. Dr. Lueger und Dr. Geß- In der Stadt selbst aber war in den verschiedenen Präcise um 1/22 Uhr begann die Versammlung; Im Saale selbst waren alle Stände vertreten. 27 Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896 [Spaltenumbruch] Fall Miklos und verlangt die Ent[ſend]ung einer parlamentariſchen Unterſuchungs- Comiſſion. Redner beantragt die Ergänzung der Reſolution Csaky dahin, daß die Incompati- bilität auch bezüglich der Mitglieder des Magnatenhauſes ausgeſprochen werde. Redner ſpricht über die zweite Wahl in Neutra und fragt den Miniſter des Innern, ob es wahr ſei, daß der Wahl- präſident Szulyavszky nach der Wahl eine ſtaatliche Pacht erhalten habe. Schließlich beſpricht Redner den Verkauf einer Vicinalbahn-Conceſſion durch Koloman Rado. — Cultusminiſter Wlaſſics erklärt die Verleihung der erwähnten Pacht ſei erfolgt. (!) Ausland. Auch Fürſt Bismarck befindet ſich, wie Der Fall Hammerſtein kam dieſer Tage „Ich bin zunächſt dankbar für das große Aufſehen „Es iſt ja ſelbſtverſtändlich, daß meines Wiſſens kein Herr v. Kröcher ſtellte dann feſt, daß Ende „Dann kam die Sache wegen der Papier- [Spaltenumbruch] „Alsdann die Sache mit den Wechſeln. Da war „Ebenſo war es bei dem ſogenannten Stöcker- „Und dann das Verhältniß mit Fräulein Flora Der Schluß der Rede des Herrn v. Kröcher Ueber die Romreiſe des Grafen Nigra ſchreibt die „Pol. Corr.“, daß angeſichts der Kleine Chronik. Wien, 27. Jänner. * Kalender für Dienſtag, den 28. Jänner. Katholiken: Carl d. Gr. — Griechen (16.): * Hof- und Perſonalnachrichten. Der Statthalter * Die Kaiſerin an der Riviera. Die Kaiſerin, * Verlobung. Fräulein Marie von Fuchs * Rohheiten von Schülern. Man ſchreibt uns: * Sterbefall. Geſtern Morgens um 6 Uhr iſt in * Plötzlicher Tod. Die Weißnäherin Karoline * Zehntauſend Gulden abhanden gekommen. Ein in Budapeſt etablirter Tuchhändler reiſte Samſtag Das Waldviertel für die Chriſtlich- Socialen. Die geſtern ſtattgefundene Verſammlung des Als die Abg. Dr. Lueger und Dr. Geß- In der Stadt ſelbſt aber war in den verſchiedenen Präciſe um ½2 Uhr begann die Verſammlung; Im Saale ſelbſt waren alle Stände vertreten. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0003" n="3"/><fw place="top" type="header">27 Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896</fw><lb/><cb/> Fall <hi rendition="#g">Miklos</hi> und verlangt die Ent<supplied>ſend</supplied>ung einer<lb/><hi rendition="#g">parlamentariſchen Unterſuchungs-<lb/> Comiſſion.</hi> Redner beantragt die Ergänzung der<lb/> Reſolution <hi rendition="#g">Csaky</hi> dahin, daß die <hi rendition="#g">Incompati-<lb/> bilität</hi> auch bezüglich der <hi rendition="#g">Mitglieder des<lb/> Magnatenhauſes</hi> ausgeſprochen werde. Redner<lb/> ſpricht über die zweite Wahl in Neutra und fragt den<lb/> Miniſter des Innern, ob es wahr ſei, daß der Wahl-<lb/> präſident Szulyavszky nach der Wahl eine ſtaatliche<lb/> Pacht erhalten habe. Schließlich beſpricht Redner den<lb/> Verkauf einer Vicinalbahn-Conceſſion durch Koloman<lb/> Rado. — Cultusminiſter <hi rendition="#g">Wlaſſics</hi> erklärt die<lb/> Verleihung der erwähnten Pacht ſei erfolgt. (!)</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ausland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Auch Fürſt Bismarck</hi> </head> <p>befindet ſich, wie<lb/> telegraphiſch bereits kurz gemeldet, unter jenen<lb/> Perſonen, welche Kaiſer Wilhelm jüngſt zu<lb/> „ſtimmfähigen Rittern des Ordens <hi rendition="#aq">»pour le<lb/> mérite«</hi> für <hi rendition="#g">Kunſt und Wiſſenſchaft</hi>“<lb/> ernannt hat. Dazu bemerkt treffend die „Ger-<lb/> mania“: „Welche Verdienſte ſich Bismarck für die<lb/><hi rendition="#g">Wiſſenſchaft</hi> erworben hat, wird nicht ge-<lb/> ſagt. So iſt man auf die Vermuthung angewieſen,<lb/> daß ihm die Auszeichnung für ſeine literariſchen<lb/> Verdienſte als Mitarbeiter der „Hamburger Nach-<lb/> richten“ zu Theil geworden iſt. Was die Ver-<lb/> dienſte um die <hi rendition="#g">Kunſt</hi> betrifft, ſo wiſſen wir nur<lb/> ſo viel, daß er mit den „Künſten“ der Politik<lb/> ſehr vertraut war; welche Künſte er ſonſt gepflegt<lb/> hat, wiſſen wir freilich nicht.“ — Die anderen<lb/> Herren, welche dieſelbe Auszeichnung erhielten,<lb/> ſind ſämmtlich Hochſchulprofeſſoren erſten Ranges.<lb/> Mit ſolchen wiſſenſchaftlichen Großen auf eine<lb/> Stufe geſtellt und der gleichen Auszeichnung ge-<lb/> würdigt zu werden, iſt allerdings eine hohe Ehre<lb/> für den ehemaligen Göttinger Corpsſtudenten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Fall Hammerſtein</hi> </head> <p>kam dieſer Tage<lb/> im preußiſchen Abgeordnetenhauſe zur Sprache.<lb/> Der Abg. Dr. <hi rendition="#g">Bachem</hi>-Centrum hatte betont,<lb/> daß das nothwendige Zuſammengehen der Prote-<lb/> ſtanten mit den Katholiken durch den Fall<lb/> Hammerſtein nicht geſtört werden könne. Das<lb/> benützte der Abg. v. <hi rendition="#g">Kröcher,</hi> ein gläubiger<lb/> Proteſtant und ehemals Mitglied des Heraus-<lb/> geber-Comites der „Kreuzztg.“, um den Fall<lb/> Hammerſtein eingehend zu beleuchten und zu be-<lb/> weiſen, daß die conſervative Parteileitung für<lb/> die bedauerliche Verſchleppung der Hammerſtein-<lb/> ſchen Angelegenheit nicht verantwortlich gemacht<lb/> werden könne. Seine intereſſante Rede lautete im<lb/> Weſentlichen:</p><lb/> <p>„Ich bin zunächſt dankbar für das große Aufſehen<lb/> und die große ſittliche Entrüſtung, die die Schandthaten des<lb/> Freiherrn v. Hammerſtein in den Zeitungen aller Parteien<lb/> gefunden haben; nur die Centrumsblätter haben ſich am<lb/> wenigſten darüber aufgeregt. Es iſt ſelbſtverſtändlich ſittlich<lb/> viel verwerflicher und tadelnswerther, wenn ein Mitglied<lb/> einer Partei ſolche Schandthaten begeht, die die Worte<lb/> Chriſtenthum und Monarchie auf ihre Fahne ſchreibt, als<lb/> wenn dies ein Mitglied einer anderen Partei thut. (Lebhafte<lb/> Proteſtrufe links. Abg. Rickert: Natürlich, Sie ſind ja die<lb/> Privilegirten! Die einzigen echten Chriſten!) Wenn ſolche<lb/> Dinge in anderen Parteien vorkamen, ſo war man bisher<lb/> nicht ſo entrüſtet. Ich will zugeben, daß man durch mehr<lb/> oder minder große Schandthaten zum Schuft werden kann,<lb/> und daß Freiherr v. Hammerſtein ganze und völlige Arbeit<lb/> gemacht hat. (Heiterkeit.)</p><lb/> <p>„Es iſt ja ſelbſtverſtändlich, daß meines Wiſſens kein<lb/> Menſch von den wirklichen juriſtiſchen Schandthaten des<lb/> Freiherrn v. Hammerſtein, von Wechſelfälſchung, öffentlicher<lb/> Urkundenfälſchung ꝛc., etwas gewußt hat; Sie werden das<lb/> auch pſychologiſch ſchon ganz natürlich finden. Ich muß<lb/> ſagen, ich habe den Freiherrn v. Hammerſtein für einen<lb/> ſtarknervigen Herrn gehalten, aber für einen Mann, der eine<lb/> ſolche Starknervigkeit hätte, daß er für Chriſtenthum, Mon-<lb/> archie und alles Mögliche eiutreten könnte in ſeiner Zeitung<lb/> und in den Parlamenten und dabei das Bewußtſein hatte,<lb/> daß er, wenn auch noch nicht juriſtiſch, ſo doch <hi rendition="#g">factiſch<lb/> ein Zuchthäusler</hi> ſei, für ſo etwas habe ich ihn<lb/> doch nicht gehalten und ich glaube, Sie werden mir zugeben,<lb/> däs auch kein Menſch gethan haben wird.“ (Zuſtimmung.)</p><lb/> <p>Herr v. Kröcher ſtellte dann feſt, daß Ende<lb/> December 1894 Freiherrn v. Hammerſtein ſechs-<lb/> monatlich gekündigt wurde, dieſer hatte daher nur<lb/> noch bis zum 1. Juli 1895 im Amte zu bleiben.<lb/> Zu dem Ankaufe des „Deutſchen Tagblatt“ habe<lb/> Hammerſtein nicht das Recht gehabt, den Penſions-<lb/> fonds zu verwenden; er that es ohne die Erlaubniß<lb/> irgend eines Comitemitgliedes, die er auch nie er-<lb/> halten haben würde.</p><lb/> <p>„Dann kam die Sache wegen der <hi rendition="#g">Papier-<lb/> lieferungen.</hi> Es ſtand feſt, daß Frhr. v. Hammer-<lb/> ſtein das Papier immer zu einem bedeutend höheren Preiſe<lb/> genommen hatte, wie es nach dem Marktpreiſe nöthig war.<lb/> Frhr. v. Hammerſtein, zur Rede geſtellt, ſagte: Ja, das iſt<lb/> ſchon möglich, ich habe aber den Contract vor ſo und ſo<lb/> viel Jahren gemacht, ich habe große politiſche Gedanken im<lb/> Kopf (Heiterkeit), ich habe vielleicht ein bischen zu viel be-<lb/> zahlt, ich kann mich um dieſe Kleinigkeiten nicht kümmern.<lb/> (Heiterkeit.) Es wurde uns aber bekannt, daß Freiherr<lb/> v. Hammerſtein <hi rendition="#g">auch perſönlich</hi> bei dem Papier-<lb/> lieferanten verſchuldet ſein ſollte. Er gab das mit den<lb/> gemüthvollen Worten zu: „Ja, meine Herren, ich bin noch<lb/> bei ganz anderen Leuten verſchuldet!“ (Große Heiterkeit.)</p><lb/> <cb/> <p>„Alsdann die Sache mit den <hi rendition="#g">Wechſeln.</hi> Da war<lb/> ein guter Freund von ihm, zu dem war er hingekommen<lb/> und hatte zu ihm geſagt: Gib mir die Unterſchrift unter<lb/> einem Wechſel. Wohl, hatte der geſagt, ich werde es thun,<lb/> aber unter zwei Bedingungen: erſtens daß der und<lb/> der als dritter mitunterſchreibt und zweitens, daß er<lb/> den Wechſel bei der und der Darlehenscaſſe in<lb/> Berlin discontirt. Nun, den dritten hatte er angeblich<lb/> nicht getroffen; er wird wohl ſchon eine gewiſſe Vermuthung<lb/> gehabt haben, und hatte geſagt, er unterſchreibe den Wechſel<lb/> nicht. Dann kam er zu mir; ich glaube, es war Ende De-<lb/> cember. Ich ſage: Nein, auf den Wechſel laſſe ich mich nicht<lb/> ein, den discontiren wir nicht. Was macht er nun? Er geht<lb/> mit dem Wechſel nach Dresden und nimmt das Geld dort<lb/> auf von Jemand, der es auf die gute Unterſchrift des<lb/> Anderen hin hergibt und nachher auch hat bezahlen müſſen.<lb/> Nun werden Sie mir zugeben, die Sache iſt nicht ſchön,<lb/> aber vor den Staatsanwalt konnte man ſie doch nicht<lb/> bringen.</p><lb/> <p>„Ebenſo war es bei dem ſogenannten <hi rendition="#g">Stöcker-<lb/> Fonds.</hi> Da iſt einmal ein Fonds für Stöcker ge-<lb/> ſammelt und an die „Kreuzzeitung“ abgeliefert<lb/> worden, wahrſcheinlich weil die einen Geldſchrank hatte<lb/> und Stöcker keinen. (Heiterkeit.) Er ſollte verzinſt werden.<lb/> Dieſes Geld hat <hi rendition="#g">Hammerſtein</hi> genommen, und<lb/> zwar hat er geſagt: das hat ein Beamter bei Seite gebracht,<lb/> der nun todt iſt. (Bewegung.) Das iſt ja auch eine ſolche<lb/> Sache, einem Beamten das nachzuſagen, der todt iſt. Die<lb/> ihn gekannt haben, ſagen, es wäre ein anſtändiger Mann<lb/> geweſen, dem wäre das nicht zuzutrauen. Aber ſchließlich<lb/> kam es doch immer darauf an, ob man es dem Hammerſtein<lb/> glaube oder nicht glaubte. Das war die Frage.</p><lb/> <p>„Und dann das Verhältniß mit Fräulein <hi rendition="#g">Flora<lb/> Gaß.</hi> (Heiterkeit.) Darüber will ich weiter nichts ſagen.<lb/> Es iſt mir auch ganz unzweifelhaft: ich würde nie als Ver-<lb/> leger einen Mann als erſten Redacteur einer Zeitung be-<lb/> halten haben, der ſolche Charfreitags-, Weihnachts- und<lb/> Pfingſtartikel ſchreibt und in ſolchen Beziehungen lebt.<lb/> (Lebhafter Beifall.) Und zur Sache ſage ich: Wer ſich frei<lb/> von Sünde fühlt, in Wort und Werken und Gedanken, der<lb/> werfe den erſten Stein auf ihn.“ (Große Heiterkeit.)</p><lb/> <p>Der Schluß der Rede des Herrn v. Kröcher<lb/> legte überzeugend dar, daß das Comite dem Frei-<lb/> herr v. Hammerſtein nicht gewachſen war und keines-<lb/> wegs für die Möglichkeit der Flucht verantwortlich<lb/> gemacht werden kann. Herr v. Kröcher hat mit<lb/> ſeiner offenen Darlegung der ganzen Hammer-<lb/> ſteinerei ſeiner Partei zweifellos einen großen<lb/> Dienſt erwieſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ueber die Romreiſe des Grafen Nigra</hi> </head><lb/> <p>ſchreibt die „Pol. Corr.“, daß angeſichts der<lb/> ſtrengſten Geheimhaltung welche die maßgebenden<lb/> Kreiſe über die Beſprechungen beobachten, irgend<lb/> etwas Verläßliches nicht zu erfahren ſei. „Zu<lb/> verzeichnen wäre allenfalls die Vermuthung poli-<lb/> tiſcher Kreiſe, daß die Reiſe des genannten Diplo-<lb/> maten mit der Geſtaltung der Beziehungen zwiſchen<lb/> Deutſchland und England in Zuſammenhang ſtehen<lb/> dürfte, da die Cabinette von Rom und Wien es<lb/> ſich zum Ziele geſetzt hätten, die Keime von Miß-<lb/> verſtändniſſen, die zwiſchen dieſen beiden Staaten<lb/> aufgetaucht ſein mögen, zu beſeitigen. Unter allen<lb/> Umſtänden könne jedoch conſtatirt werden, daß<lb/><hi rendition="#g">zwiſchen Italien und Oeſterreich-<lb/> Ungarn</hi> auf dem geſammten Gebiete der inter-<lb/> nationalen Politik eine vollſtändige Solidarität<lb/> der Intereſſen beſteht, welche zur Wirkung hat,<lb/> daß die Cabinette von Nom und Wien auch in<lb/> der gegenwärtigen Phaſe der europäiſchen Lage<lb/> ſich mit einander im engſten Einvernehmen be-<lb/> finden.“</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Kleine Chronik.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Wien,</hi> 27. Jänner.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Kalender für Dienſtag, den 28. Jänner.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Katholiken:</hi> Carl d. Gr. — <hi rendition="#g">Griechen</hi> (16.):<lb/> Petri Kett. — Sonnenaufg. 7 Uhr 36 Minuten Morgens.<lb/> Sonnenuntergang 4 Uhr 51 Minuten Abends. — Mon-<lb/> desaufgang 2 Uhr 16 Minuten Abends. — Mondesunter-<lb/> gang 6 Uhr 35 Minuten Morgens. — Tageslänge 9<lb/> Stunden 15 Minuten. — Nachtlänge 14 Stunden 45 Mi-<lb/> nuten. — 28—339.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Hof- und Perſonalnachrichten.</hi> </head> <p>Der Statthalter<lb/> in Oberöſterreich Freiherr von <hi rendition="#g">Pouthon</hi> iſt heute Vor:<lb/> mittags von hier nach Linz zurückgekehrt. Der k. und k. Le-<lb/> gationsſecretär in Belgrad, Rudolf Graf <hi rendition="#g">Coronini</hi> hat<lb/> ſich heute von hier nach Berlin begeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Die Kaiſerin an der Riviera.</hi> </head> <p>Die Kaiſerin,<lb/> welche gegenwärtig in Nizza in Begleitung der Gräfin<lb/><hi rendition="#g">Sztaray</hi> und der Frau v. <hi rendition="#g">Feifalik</hi> weilt, beſuchte<lb/> am 23. d. den leidenden Großfürſten Georg von <hi rendition="#g">Ruß-<lb/> land,</hi> den ſie aber nicht antraf. Vorher beſuchte Kaiſerin<lb/><hi rendition="#g">Eliſabeth</hi> die Ex-Kaiſerin <hi rendition="#g">Eugenie</hi> in der Villa<lb/> Cyrnos. Um die Mitte des Februar wird der Ankunft des<lb/><hi rendition="#g">Kaiſers Franz Joſef</hi> am Cap Martin entgegen-<lb/> geſehen, deſſen Aufenthalt auf 14 Tage berechnet iſt. Der<lb/> Kaiſer wird über Italien reiſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Verlobung.</hi> </head> <p>Fräulein Marie von <hi rendition="#g">Fuchs</hi><lb/> Tochter des Herrn Dr. Victor von <hi rendition="#g">Fuchs,</hi> Reichs-<lb/> raths- und Landtags-Abgeordneter, Hof- und Gerichts-<lb/> advocat hat ſich mit Herrn Dr. Otto <hi rendition="#g">Stöger,</hi><lb/> k. k. Miniſterial-Concipiſten, verlobt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Rohheiten von Schülern.</hi> </head> <p>Man ſchreibt uns:<lb/> Im 3. Bezirke wurde durch Werfen mit Eisklumpen die<lb/> Sicherheit der Paſſanten arg gefährdet, jüngſt erſt einer<lb/> Dame am Halſe eine Wunde beigebracht u. ſ. w. Wäre<lb/> es nicht angezeigt, wenn die „freiſinnige“ Schulbehörde, ge-<lb/> nannt Wiener Bezirksſchulrath, ſich mit den Rohheiten ſo<lb/> mancher ſeiner Pfleglinge befaſſen und Abhilfe ſchaffen<lb/><cb/> würde, als zu Gericht zu ſitzen über den Cooperator<lb/> hochw. Herrn <hi rendition="#g">Dittrich,</hi> wofür ſie nicht einmal com-<lb/> petent iſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Sterbefall.</hi> </head> <p>Geſtern Morgens um 6 Uhr iſt in<lb/> ſeiner Wohnung, Joſefſtadt, Alſerſtraße Nr. 33, der königl.<lb/> ungariſche Honved-Oberſt-Brigadier i. P. Anton Ritter<lb/> v. <hi rendition="#g">Durſt-Dreznicki</hi> im 59. Lebensjahre geſtorben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Plötzlicher Tod.</hi> </head> <p>Die Weißnäherin Karoline<lb/><hi rendition="#g">Schwarzer,</hi> Erdbergerſtraße Nr. 95 wohnhaft, wurde<lb/> ſeit dem 24. d. M. von ihren Nachbarn nicht geſehen. Man<lb/> verſtändigte geſtern Abends das Polizeicommiſſariat, das die<lb/> Wohnung öffnen ließ. Man fand die Näherin todt im<lb/> Bette auf. Sie dürfte, ärztlichem Ausſpruche zu Folge, einem<lb/> Schlaganfall erlegen ſein. — Der Bäckergehilfe Caſpar<lb/><hi rendition="#g">Schwarz</hi> iſt geſtern Vormittags während der Arbeit<lb/> beim Bäckermeiſter Johann <hi rendition="#g">Pekarek,</hi> Mariahilferſtraße<lb/> Nr. 88, die 79jährige Beamtenswitwe Johanna <hi rendition="#g">Roſen-<lb/> baum</hi> geſtern Früh plötzlich geſtorben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Zehntauſend Gulden abhanden gekommen.</hi> </head><lb/> <p>Ein in Budapeſt etablirter Tuchhändler reiſte Samſtag<lb/> Abends nach Brünn und nahm eine Summe von 10.000<lb/> Gulden in einer Brieftaſche mit ſich. In Marchegg angelangt,<lb/> ſtieg der Kaufmann in ein Coupe des nach Brünn ver-<lb/> kehrenden Zuges und auf der Strecke dahin kam ihm die<lb/> Brieftaſche mit der früher erwähnten Summe abhanden.<lb/> Mit dem Kaufmanne befand ſich noch ein junger Mann,<lb/> welcher aus Budapeſt kam, in demſelben Coupe und gegen<lb/> dieſen Mann liegt der Verdacht vor, den Diebſtahl verübt<lb/> zu haben. Der Tuchhändler vermuthet, daß ihm die Brief-<lb/> taſche im Coupe, während er ſchlief, oder in der Toilette<lb/> geſtohlen wurde. In der Toilette hatte er nämlich ſeinen<lb/> Rock abgelegt und ſich gewaſchen. In der Bruſttaſche des<lb/> Rockes war die Brieftaſche verwahrt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Waldviertel für die Chriſtlich-<lb/> Socialen.</hi> </head><lb/> <p>Die geſtern ſtattgefundene Verſammlung des<lb/><hi rendition="#g">Waldviertler Bauernvereines</hi> in<lb/><hi rendition="#g">Waidhofen a. d. Thaya</hi> geſtaltete ſich durch<lb/> die Anweſenheit der Abg. Dr. <hi rendition="#b">Lueger</hi> und Dr. <hi rendition="#b">Geß-<lb/> mann</hi> zu einer wahrhaften Volkskundgebung ſo ziem-<lb/> lich des ganzen Waldviertels für die Wiener anti-<lb/> ſemitiſche Bewegung und deren Führer. Der von<lb/> Gmünd berab- und von Wien heraufkommende<lb/> Zug ſetzte bereits in Schwarzenau ſo viele Perſonen<lb/> ab, daß der ſonſt nur aus wenigen Waggons be-<lb/> ſtehende Localzug von Schwarzenau nach Waidhofen<lb/> a. d. Thaya zu einem mächtig langen Train anſchwoll,<lb/> dem eine ſchwere Locomotive vorgeſpannt werden<lb/> mußte. Und dabei mußten die Paſſagiere noch in den<lb/> Waggons ſtehen, ähnlich wie an einem Sommer<lb/> Sonntags-Abend auf der Weſt- oder Südbahn vor<lb/> Wien. Als der Zug in die Station Waidhofen einfuhr,<lb/> erwarteten Tauſende denſelben, ſo daß beſondere Vor-<lb/> kehrungen als nöthig erachtet worden waren. Die Ge-<lb/> leiſe waren von dem Bahnhofsplatze durch Stricke auf<lb/> einen weiten Umkreis abgeſperrt und zahlreiche Gen-<lb/> darmerie war <hi rendition="#g">zu Ehren des Tages</hi> ausgerückt<lb/> ohne freilich zu irgend einem Eingreifen Anlaß zu<lb/> finden.</p><lb/> <p>Als die Abg. Dr. <hi rendition="#b">Lueger</hi> und Dr. <hi rendition="#b">Geß-<lb/> mann</hi> den Waggon verließen, ertönten aus Tauſenden<lb/> von Kehlen Hochrufe, welche die klare Winterluft er-<lb/> zittern machten und die Trompetentöne einer in dieſem<lb/> Augenblicke einfallenden Muſikbande völlig übertönten.<lb/> Nach einer kurzen Begrüßung ſetzte ſich der impoſante<lb/> Zug in Bewegung und unter beſtändigen Hochrufen<lb/> und Tücherſchwenken wurden die Abgeordneten zum<lb/> Hotel <hi rendition="#g">„goldener Löwe“</hi> geleitet, wo die Ver-<lb/> ſammlung ſtattfinden ſollte.</p><lb/> <p>In der Stadt ſelbſt aber war in den verſchiedenen<lb/> Gaſthäuſern kein Platz mehr zu finden, wo Schlitten<lb/> hätten eingeſtellt werden können. In Hunderten von<lb/> Gefährten war die Bevölkerung aus den nicht an der<lb/> Bahn gelegenen Ortſchaften herbeigeeilt, ſo daß in den<lb/> Einkehrgaſthäuſern überall Schlittenburgen den Verkehr<lb/> hemmten.</p><lb/> <p>Präciſe um ½2 Uhr begann die Verſammlung;<lb/> der große Saal des Hotels „<hi rendition="#g">zum goldenen<lb/> Löwen“</hi> ſammt den beiden Nebenſälen war bereits<lb/> um dieſe Stunde dicht gefüllt und immer noch drängten<lb/> neue Maſſen nach. Als das um ½1 Uhr begonnene<lb/> Gaſſel-Wettfahren vor 2 Uhr beendet war, kamen<lb/> neuerlich viele Hunderte, die Einlaß in den<lb/> Saal begehrten. Wohl über 1500 Perſonen hatten,<lb/> Kopf an Kopf gedrängt, in den geſammten Saallocali-<lb/> täten Platz gefunden und nun mußten die beiden<lb/> Stiegeneingänge unten abgeſchloſſen werden, obwohl<lb/> noch Tauſende im Hofe und auf der Gaſſe ſtanden,<lb/> denen der Eintritt aus Sicherheitsrückſichten verwehrt<lb/> werden mußte.</p><lb/> <p>Im Saale ſelbſt waren alle Stände vertreten.<lb/> Nebſt Mitgliedern der <hi rendition="#g">Waidhofener Ge-<lb/> meindevertretung</hi> ſah man Aerzte, Ad-<lb/> vocaten, Profeſſoren, Lehrer, ſehr zahlreiche Fabrikanten<lb/> und Gewerbetreibende, dann ſehr viele Bauern, darunter<lb/> zumeiſt die Bürgermeiſter und Gemeindevertreter der<lb/> betreffenden Ortſchaften. Weit über ein halbes Hundert<lb/> Mitglieder des hochw. Clerus aus allen Theilen des<lb/> Waldviertels, an ihrer Spitze der hochw. Herr Propſt<lb/> von Eisgarn und der hochw. Dechant i. P. und<lb/> 83jährige Jubelprieſter von Waidhofen waren in der<lb/> Verſammlung erſchienen. Officiell als anweſend notirt<lb/> waren Angehörige der Städte und Orte <hi rendition="#g">Groß-<lb/> Siegharts, Zwettl, Litſchau, Gmünd,<lb/> Horn, Thaya, Heidenreichſtein, Puch,<lb/> Eisgarn, Göpfritz, Pfaffenſchlag,<lb/> Windigſteig, Vitis, Wildberg,</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
27 Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896
Fall Miklos und verlangt die Entſendung einer
parlamentariſchen Unterſuchungs-
Comiſſion. Redner beantragt die Ergänzung der
Reſolution Csaky dahin, daß die Incompati-
bilität auch bezüglich der Mitglieder des
Magnatenhauſes ausgeſprochen werde. Redner
ſpricht über die zweite Wahl in Neutra und fragt den
Miniſter des Innern, ob es wahr ſei, daß der Wahl-
präſident Szulyavszky nach der Wahl eine ſtaatliche
Pacht erhalten habe. Schließlich beſpricht Redner den
Verkauf einer Vicinalbahn-Conceſſion durch Koloman
Rado. — Cultusminiſter Wlaſſics erklärt die
Verleihung der erwähnten Pacht ſei erfolgt. (!)
Ausland.
Auch Fürſt Bismarck befindet ſich, wie
telegraphiſch bereits kurz gemeldet, unter jenen
Perſonen, welche Kaiſer Wilhelm jüngſt zu
„ſtimmfähigen Rittern des Ordens »pour le
mérite« für Kunſt und Wiſſenſchaft“
ernannt hat. Dazu bemerkt treffend die „Ger-
mania“: „Welche Verdienſte ſich Bismarck für die
Wiſſenſchaft erworben hat, wird nicht ge-
ſagt. So iſt man auf die Vermuthung angewieſen,
daß ihm die Auszeichnung für ſeine literariſchen
Verdienſte als Mitarbeiter der „Hamburger Nach-
richten“ zu Theil geworden iſt. Was die Ver-
dienſte um die Kunſt betrifft, ſo wiſſen wir nur
ſo viel, daß er mit den „Künſten“ der Politik
ſehr vertraut war; welche Künſte er ſonſt gepflegt
hat, wiſſen wir freilich nicht.“ — Die anderen
Herren, welche dieſelbe Auszeichnung erhielten,
ſind ſämmtlich Hochſchulprofeſſoren erſten Ranges.
Mit ſolchen wiſſenſchaftlichen Großen auf eine
Stufe geſtellt und der gleichen Auszeichnung ge-
würdigt zu werden, iſt allerdings eine hohe Ehre
für den ehemaligen Göttinger Corpsſtudenten.
Der Fall Hammerſtein kam dieſer Tage
im preußiſchen Abgeordnetenhauſe zur Sprache.
Der Abg. Dr. Bachem-Centrum hatte betont,
daß das nothwendige Zuſammengehen der Prote-
ſtanten mit den Katholiken durch den Fall
Hammerſtein nicht geſtört werden könne. Das
benützte der Abg. v. Kröcher, ein gläubiger
Proteſtant und ehemals Mitglied des Heraus-
geber-Comites der „Kreuzztg.“, um den Fall
Hammerſtein eingehend zu beleuchten und zu be-
weiſen, daß die conſervative Parteileitung für
die bedauerliche Verſchleppung der Hammerſtein-
ſchen Angelegenheit nicht verantwortlich gemacht
werden könne. Seine intereſſante Rede lautete im
Weſentlichen:
„Ich bin zunächſt dankbar für das große Aufſehen
und die große ſittliche Entrüſtung, die die Schandthaten des
Freiherrn v. Hammerſtein in den Zeitungen aller Parteien
gefunden haben; nur die Centrumsblätter haben ſich am
wenigſten darüber aufgeregt. Es iſt ſelbſtverſtändlich ſittlich
viel verwerflicher und tadelnswerther, wenn ein Mitglied
einer Partei ſolche Schandthaten begeht, die die Worte
Chriſtenthum und Monarchie auf ihre Fahne ſchreibt, als
wenn dies ein Mitglied einer anderen Partei thut. (Lebhafte
Proteſtrufe links. Abg. Rickert: Natürlich, Sie ſind ja die
Privilegirten! Die einzigen echten Chriſten!) Wenn ſolche
Dinge in anderen Parteien vorkamen, ſo war man bisher
nicht ſo entrüſtet. Ich will zugeben, daß man durch mehr
oder minder große Schandthaten zum Schuft werden kann,
und daß Freiherr v. Hammerſtein ganze und völlige Arbeit
gemacht hat. (Heiterkeit.)
„Es iſt ja ſelbſtverſtändlich, daß meines Wiſſens kein
Menſch von den wirklichen juriſtiſchen Schandthaten des
Freiherrn v. Hammerſtein, von Wechſelfälſchung, öffentlicher
Urkundenfälſchung ꝛc., etwas gewußt hat; Sie werden das
auch pſychologiſch ſchon ganz natürlich finden. Ich muß
ſagen, ich habe den Freiherrn v. Hammerſtein für einen
ſtarknervigen Herrn gehalten, aber für einen Mann, der eine
ſolche Starknervigkeit hätte, daß er für Chriſtenthum, Mon-
archie und alles Mögliche eiutreten könnte in ſeiner Zeitung
und in den Parlamenten und dabei das Bewußtſein hatte,
daß er, wenn auch noch nicht juriſtiſch, ſo doch factiſch
ein Zuchthäusler ſei, für ſo etwas habe ich ihn
doch nicht gehalten und ich glaube, Sie werden mir zugeben,
däs auch kein Menſch gethan haben wird.“ (Zuſtimmung.)
Herr v. Kröcher ſtellte dann feſt, daß Ende
December 1894 Freiherrn v. Hammerſtein ſechs-
monatlich gekündigt wurde, dieſer hatte daher nur
noch bis zum 1. Juli 1895 im Amte zu bleiben.
Zu dem Ankaufe des „Deutſchen Tagblatt“ habe
Hammerſtein nicht das Recht gehabt, den Penſions-
fonds zu verwenden; er that es ohne die Erlaubniß
irgend eines Comitemitgliedes, die er auch nie er-
halten haben würde.
„Dann kam die Sache wegen der Papier-
lieferungen. Es ſtand feſt, daß Frhr. v. Hammer-
ſtein das Papier immer zu einem bedeutend höheren Preiſe
genommen hatte, wie es nach dem Marktpreiſe nöthig war.
Frhr. v. Hammerſtein, zur Rede geſtellt, ſagte: Ja, das iſt
ſchon möglich, ich habe aber den Contract vor ſo und ſo
viel Jahren gemacht, ich habe große politiſche Gedanken im
Kopf (Heiterkeit), ich habe vielleicht ein bischen zu viel be-
zahlt, ich kann mich um dieſe Kleinigkeiten nicht kümmern.
(Heiterkeit.) Es wurde uns aber bekannt, daß Freiherr
v. Hammerſtein auch perſönlich bei dem Papier-
lieferanten verſchuldet ſein ſollte. Er gab das mit den
gemüthvollen Worten zu: „Ja, meine Herren, ich bin noch
bei ganz anderen Leuten verſchuldet!“ (Große Heiterkeit.)
„Alsdann die Sache mit den Wechſeln. Da war
ein guter Freund von ihm, zu dem war er hingekommen
und hatte zu ihm geſagt: Gib mir die Unterſchrift unter
einem Wechſel. Wohl, hatte der geſagt, ich werde es thun,
aber unter zwei Bedingungen: erſtens daß der und
der als dritter mitunterſchreibt und zweitens, daß er
den Wechſel bei der und der Darlehenscaſſe in
Berlin discontirt. Nun, den dritten hatte er angeblich
nicht getroffen; er wird wohl ſchon eine gewiſſe Vermuthung
gehabt haben, und hatte geſagt, er unterſchreibe den Wechſel
nicht. Dann kam er zu mir; ich glaube, es war Ende De-
cember. Ich ſage: Nein, auf den Wechſel laſſe ich mich nicht
ein, den discontiren wir nicht. Was macht er nun? Er geht
mit dem Wechſel nach Dresden und nimmt das Geld dort
auf von Jemand, der es auf die gute Unterſchrift des
Anderen hin hergibt und nachher auch hat bezahlen müſſen.
Nun werden Sie mir zugeben, die Sache iſt nicht ſchön,
aber vor den Staatsanwalt konnte man ſie doch nicht
bringen.
„Ebenſo war es bei dem ſogenannten Stöcker-
Fonds. Da iſt einmal ein Fonds für Stöcker ge-
ſammelt und an die „Kreuzzeitung“ abgeliefert
worden, wahrſcheinlich weil die einen Geldſchrank hatte
und Stöcker keinen. (Heiterkeit.) Er ſollte verzinſt werden.
Dieſes Geld hat Hammerſtein genommen, und
zwar hat er geſagt: das hat ein Beamter bei Seite gebracht,
der nun todt iſt. (Bewegung.) Das iſt ja auch eine ſolche
Sache, einem Beamten das nachzuſagen, der todt iſt. Die
ihn gekannt haben, ſagen, es wäre ein anſtändiger Mann
geweſen, dem wäre das nicht zuzutrauen. Aber ſchließlich
kam es doch immer darauf an, ob man es dem Hammerſtein
glaube oder nicht glaubte. Das war die Frage.
„Und dann das Verhältniß mit Fräulein Flora
Gaß. (Heiterkeit.) Darüber will ich weiter nichts ſagen.
Es iſt mir auch ganz unzweifelhaft: ich würde nie als Ver-
leger einen Mann als erſten Redacteur einer Zeitung be-
halten haben, der ſolche Charfreitags-, Weihnachts- und
Pfingſtartikel ſchreibt und in ſolchen Beziehungen lebt.
(Lebhafter Beifall.) Und zur Sache ſage ich: Wer ſich frei
von Sünde fühlt, in Wort und Werken und Gedanken, der
werfe den erſten Stein auf ihn.“ (Große Heiterkeit.)
Der Schluß der Rede des Herrn v. Kröcher
legte überzeugend dar, daß das Comite dem Frei-
herr v. Hammerſtein nicht gewachſen war und keines-
wegs für die Möglichkeit der Flucht verantwortlich
gemacht werden kann. Herr v. Kröcher hat mit
ſeiner offenen Darlegung der ganzen Hammer-
ſteinerei ſeiner Partei zweifellos einen großen
Dienſt erwieſen.
Ueber die Romreiſe des Grafen Nigra
ſchreibt die „Pol. Corr.“, daß angeſichts der
ſtrengſten Geheimhaltung welche die maßgebenden
Kreiſe über die Beſprechungen beobachten, irgend
etwas Verläßliches nicht zu erfahren ſei. „Zu
verzeichnen wäre allenfalls die Vermuthung poli-
tiſcher Kreiſe, daß die Reiſe des genannten Diplo-
maten mit der Geſtaltung der Beziehungen zwiſchen
Deutſchland und England in Zuſammenhang ſtehen
dürfte, da die Cabinette von Rom und Wien es
ſich zum Ziele geſetzt hätten, die Keime von Miß-
verſtändniſſen, die zwiſchen dieſen beiden Staaten
aufgetaucht ſein mögen, zu beſeitigen. Unter allen
Umſtänden könne jedoch conſtatirt werden, daß
zwiſchen Italien und Oeſterreich-
Ungarn auf dem geſammten Gebiete der inter-
nationalen Politik eine vollſtändige Solidarität
der Intereſſen beſteht, welche zur Wirkung hat,
daß die Cabinette von Nom und Wien auch in
der gegenwärtigen Phaſe der europäiſchen Lage
ſich mit einander im engſten Einvernehmen be-
finden.“
Kleine Chronik.
Wien, 27. Jänner.
* Kalender für Dienſtag, den 28. Jänner.
Katholiken: Carl d. Gr. — Griechen (16.):
Petri Kett. — Sonnenaufg. 7 Uhr 36 Minuten Morgens.
Sonnenuntergang 4 Uhr 51 Minuten Abends. — Mon-
desaufgang 2 Uhr 16 Minuten Abends. — Mondesunter-
gang 6 Uhr 35 Minuten Morgens. — Tageslänge 9
Stunden 15 Minuten. — Nachtlänge 14 Stunden 45 Mi-
nuten. — 28—339.
* Hof- und Perſonalnachrichten. Der Statthalter
in Oberöſterreich Freiherr von Pouthon iſt heute Vor:
mittags von hier nach Linz zurückgekehrt. Der k. und k. Le-
gationsſecretär in Belgrad, Rudolf Graf Coronini hat
ſich heute von hier nach Berlin begeben.
* Die Kaiſerin an der Riviera. Die Kaiſerin,
welche gegenwärtig in Nizza in Begleitung der Gräfin
Sztaray und der Frau v. Feifalik weilt, beſuchte
am 23. d. den leidenden Großfürſten Georg von Ruß-
land, den ſie aber nicht antraf. Vorher beſuchte Kaiſerin
Eliſabeth die Ex-Kaiſerin Eugenie in der Villa
Cyrnos. Um die Mitte des Februar wird der Ankunft des
Kaiſers Franz Joſef am Cap Martin entgegen-
geſehen, deſſen Aufenthalt auf 14 Tage berechnet iſt. Der
Kaiſer wird über Italien reiſen.
* Verlobung. Fräulein Marie von Fuchs
Tochter des Herrn Dr. Victor von Fuchs, Reichs-
raths- und Landtags-Abgeordneter, Hof- und Gerichts-
advocat hat ſich mit Herrn Dr. Otto Stöger,
k. k. Miniſterial-Concipiſten, verlobt.
* Rohheiten von Schülern. Man ſchreibt uns:
Im 3. Bezirke wurde durch Werfen mit Eisklumpen die
Sicherheit der Paſſanten arg gefährdet, jüngſt erſt einer
Dame am Halſe eine Wunde beigebracht u. ſ. w. Wäre
es nicht angezeigt, wenn die „freiſinnige“ Schulbehörde, ge-
nannt Wiener Bezirksſchulrath, ſich mit den Rohheiten ſo
mancher ſeiner Pfleglinge befaſſen und Abhilfe ſchaffen
würde, als zu Gericht zu ſitzen über den Cooperator
hochw. Herrn Dittrich, wofür ſie nicht einmal com-
petent iſt.
* Sterbefall. Geſtern Morgens um 6 Uhr iſt in
ſeiner Wohnung, Joſefſtadt, Alſerſtraße Nr. 33, der königl.
ungariſche Honved-Oberſt-Brigadier i. P. Anton Ritter
v. Durſt-Dreznicki im 59. Lebensjahre geſtorben.
* Plötzlicher Tod. Die Weißnäherin Karoline
Schwarzer, Erdbergerſtraße Nr. 95 wohnhaft, wurde
ſeit dem 24. d. M. von ihren Nachbarn nicht geſehen. Man
verſtändigte geſtern Abends das Polizeicommiſſariat, das die
Wohnung öffnen ließ. Man fand die Näherin todt im
Bette auf. Sie dürfte, ärztlichem Ausſpruche zu Folge, einem
Schlaganfall erlegen ſein. — Der Bäckergehilfe Caſpar
Schwarz iſt geſtern Vormittags während der Arbeit
beim Bäckermeiſter Johann Pekarek, Mariahilferſtraße
Nr. 88, die 79jährige Beamtenswitwe Johanna Roſen-
baum geſtern Früh plötzlich geſtorben.
* Zehntauſend Gulden abhanden gekommen.
Ein in Budapeſt etablirter Tuchhändler reiſte Samſtag
Abends nach Brünn und nahm eine Summe von 10.000
Gulden in einer Brieftaſche mit ſich. In Marchegg angelangt,
ſtieg der Kaufmann in ein Coupe des nach Brünn ver-
kehrenden Zuges und auf der Strecke dahin kam ihm die
Brieftaſche mit der früher erwähnten Summe abhanden.
Mit dem Kaufmanne befand ſich noch ein junger Mann,
welcher aus Budapeſt kam, in demſelben Coupe und gegen
dieſen Mann liegt der Verdacht vor, den Diebſtahl verübt
zu haben. Der Tuchhändler vermuthet, daß ihm die Brief-
taſche im Coupe, während er ſchlief, oder in der Toilette
geſtohlen wurde. In der Toilette hatte er nämlich ſeinen
Rock abgelegt und ſich gewaſchen. In der Bruſttaſche des
Rockes war die Brieftaſche verwahrt.
Das Waldviertel für die Chriſtlich-
Socialen.
Die geſtern ſtattgefundene Verſammlung des
Waldviertler Bauernvereines in
Waidhofen a. d. Thaya geſtaltete ſich durch
die Anweſenheit der Abg. Dr. Lueger und Dr. Geß-
mann zu einer wahrhaften Volkskundgebung ſo ziem-
lich des ganzen Waldviertels für die Wiener anti-
ſemitiſche Bewegung und deren Führer. Der von
Gmünd berab- und von Wien heraufkommende
Zug ſetzte bereits in Schwarzenau ſo viele Perſonen
ab, daß der ſonſt nur aus wenigen Waggons be-
ſtehende Localzug von Schwarzenau nach Waidhofen
a. d. Thaya zu einem mächtig langen Train anſchwoll,
dem eine ſchwere Locomotive vorgeſpannt werden
mußte. Und dabei mußten die Paſſagiere noch in den
Waggons ſtehen, ähnlich wie an einem Sommer
Sonntags-Abend auf der Weſt- oder Südbahn vor
Wien. Als der Zug in die Station Waidhofen einfuhr,
erwarteten Tauſende denſelben, ſo daß beſondere Vor-
kehrungen als nöthig erachtet worden waren. Die Ge-
leiſe waren von dem Bahnhofsplatze durch Stricke auf
einen weiten Umkreis abgeſperrt und zahlreiche Gen-
darmerie war zu Ehren des Tages ausgerückt
ohne freilich zu irgend einem Eingreifen Anlaß zu
finden.
Als die Abg. Dr. Lueger und Dr. Geß-
mann den Waggon verließen, ertönten aus Tauſenden
von Kehlen Hochrufe, welche die klare Winterluft er-
zittern machten und die Trompetentöne einer in dieſem
Augenblicke einfallenden Muſikbande völlig übertönten.
Nach einer kurzen Begrüßung ſetzte ſich der impoſante
Zug in Bewegung und unter beſtändigen Hochrufen
und Tücherſchwenken wurden die Abgeordneten zum
Hotel „goldener Löwe“ geleitet, wo die Ver-
ſammlung ſtattfinden ſollte.
In der Stadt ſelbſt aber war in den verſchiedenen
Gaſthäuſern kein Platz mehr zu finden, wo Schlitten
hätten eingeſtellt werden können. In Hunderten von
Gefährten war die Bevölkerung aus den nicht an der
Bahn gelegenen Ortſchaften herbeigeeilt, ſo daß in den
Einkehrgaſthäuſern überall Schlittenburgen den Verkehr
hemmten.
Präciſe um ½2 Uhr begann die Verſammlung;
der große Saal des Hotels „zum goldenen
Löwen“ ſammt den beiden Nebenſälen war bereits
um dieſe Stunde dicht gefüllt und immer noch drängten
neue Maſſen nach. Als das um ½1 Uhr begonnene
Gaſſel-Wettfahren vor 2 Uhr beendet war, kamen
neuerlich viele Hunderte, die Einlaß in den
Saal begehrten. Wohl über 1500 Perſonen hatten,
Kopf an Kopf gedrängt, in den geſammten Saallocali-
täten Platz gefunden und nun mußten die beiden
Stiegeneingänge unten abgeſchloſſen werden, obwohl
noch Tauſende im Hofe und auf der Gaſſe ſtanden,
denen der Eintritt aus Sicherheitsrückſichten verwehrt
werden mußte.
Im Saale ſelbſt waren alle Stände vertreten.
Nebſt Mitgliedern der Waidhofener Ge-
meindevertretung ſah man Aerzte, Ad-
vocaten, Profeſſoren, Lehrer, ſehr zahlreiche Fabrikanten
und Gewerbetreibende, dann ſehr viele Bauern, darunter
zumeiſt die Bürgermeiſter und Gemeindevertreter der
betreffenden Ortſchaften. Weit über ein halbes Hundert
Mitglieder des hochw. Clerus aus allen Theilen des
Waldviertels, an ihrer Spitze der hochw. Herr Propſt
von Eisgarn und der hochw. Dechant i. P. und
83jährige Jubelprieſter von Waidhofen waren in der
Verſammlung erſchienen. Officiell als anweſend notirt
waren Angehörige der Städte und Orte Groß-
Siegharts, Zwettl, Litſchau, Gmünd,
Horn, Thaya, Heidenreichſtein, Puch,
Eisgarn, Göpfritz, Pfaffenſchlag,
Windigſteig, Vitis, Wildberg,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |