Reichspost. Nr. 41, Wien, 11.02.1896.41 Wien, Dienstag Reichspost 11. Februar 1896 [Spaltenumbruch] 1896 der Entfall der Wagen III. Classe bei den Zügen Nr. 103, 104 Wien--Amstetten, Nr. 5 Wien--Salzburg, Nr. 3 und 4 Wien--Eger und Nr. 1105/1205, 1206/110, 6/405 Budweis--Linz, beziehungsweise Linz--Wessely in Aussicht genommen und bei den übrigen Schnellzügen die im Sommer- fahrplan 1895 bestandenen Wagenausrüstung beibe- halten. Da einzelne dieser Züge dem stärksten Touristenverkehr dienen, so wird diese Maß nahme in Touristenkreisen, soweit sie den minder bemittelten Theil derselben trifft, mit Recht schmerzlich empfunden werden. Tagebericht. * Vom Hofe. Der Kaiser, der sich am 9. d. * Friedl Herrnfeld ist ä talentvolles Jüngel, * FML. Ritter v. Joly +. In militärischer Weise * Abreise der Fürstin von Bulgarien. Fürstin * Das lenkbare Luftschiff. Graf Zeppellin in * Verlorene Ringe. In der Nacht von Frei- * Goldstern und Löwenherz, zwei "Polen" * Selbstmord eines Knaben. Samstag um 8 Uhr * Gestörte Andacht. Eine höchst betrübende Er- * Das Feuer in der Franz Joseph-Kaserne. Das Feuer, das heute Vormittags um 11 Uhr im mittleren * Sicherheitswachstellen bei der k. k. Sicherheits- wache. Gegenwärtig kommen bei der k. k. Sicherheits- * Brandwunden erlitten. Von einem tragischen Ge- * Selbstmordversuch auf den Schienen. Gräßlich * Auswanderer. Heute Abends kam am Nord- * Ein jüdifches Leichenbegängniß mit Glocken- geläute. In Dindes-Mellek wurde dieser Tage der Rabbiner * Orgelpfeifen aus Porzellan. Solche gehören * Raub. Heute Nachmittags gab die Wichs- * Der Kirchendienerssohn als Opferstockdieb. Seit mehreren Wochen wurden aus den Opferstöcken in der [Spaltenumbruch] Telegramme. Die Landtage. Czernowitz, 10. Februar. Der Landtag beschloß, der Prag, 10. Februar. In der heutigen Abendsitzung Prag, 10. Februar. In der Abendsitzung sprach der Brünn, 10. Februar. Es wird beschlossen, dem Justiz- Der greise Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Schatzlar in Flammen. Prag, 10. Februar. Die Post- und Telegraphen- Die Arbeitslosen in Prag. Prag, 10. Februar. Heute Nachmittags hat Die Socialdemokraten und die Milleniums- Feier. Budapest, 10. Februar. Die socialdemokratische Affaire Pulßky. Budapest, 10. Februar. Minister-Präsident 41 Wien, Dienſtag Reichspoſt 11. Februar 1896 [Spaltenumbruch] 1896 der Entfall der Wagen III. Claſſe bei den Zügen Nr. 103, 104 Wien—Amſtetten, Nr. 5 Wien—Salzburg, Nr. 3 und 4 Wien—Eger und Nr. 1105/1205, 1206/110, 6/405 Budweis—Linz, beziehungsweiſe Linz—Weſſely in Ausſicht genommen und bei den übrigen Schnellzügen die im Sommer- fahrplan 1895 beſtandenen Wagenausrüſtung beibe- halten. Da einzelne dieſer Züge dem ſtärkſten Touriſtenverkehr dienen, ſo wird dieſe Maß nahme in Touriſtenkreiſen, ſoweit ſie den minder bemittelten Theil derſelben trifft, mit Recht ſchmerzlich empfunden werden. Tagebericht. * Vom Hofe. Der Kaiſer, der ſich am 9. d. * Friedl Herrnfeld iſt ä talentvolles Jüngel, * FML. Ritter v. Joly †. In militäriſcher Weiſe * Abreiſe der Fürſtin von Bulgarien. Fürſtin * Das lenkbare Luftſchiff. Graf Zeppellin in * Verlorene Ringe. In der Nacht von Frei- * Goldſtern und Löwenherz, zwei „Polen“ * Selbſtmord eines Knaben. Samſtag um 8 Uhr * Geſtörte Andacht. Eine höchſt betrübende Er- * Das Feuer in der Franz Joſeph-Kaſerne. Das Feuer, das heute Vormittags um 11 Uhr im mittleren * Sicherheitswachſtellen bei der k. k. Sicherheits- wache. Gegenwärtig kommen bei der k. k. Sicherheits- * Brandwunden erlitten. Von einem tragiſchen Ge- * Selbſtmordverſuch auf den Schienen. Gräßlich * Auswanderer. Heute Abends kam am Nord- * Ein jüdifches Leichenbegängniß mit Glocken- geläute. In Dindes-Mellek wurde dieſer Tage der Rabbiner * Orgelpfeifen aus Porzellan. Solche gehören * Raub. Heute Nachmittags gab die Wichs- * Der Kirchendienersſohn als Opferſtockdieb. Seit mehreren Wochen wurden aus den Opferſtöcken in der [Spaltenumbruch] Telegramme. Die Landtage. Czernowitz, 10. Februar. Der Landtag beſchloß, der Prag, 10. Februar. In der heutigen Abendſitzung Prag, 10. Februar. In der Abendſitzung ſprach der Brünn, 10. Februar. Es wird beſchloſſen, dem Juſtiz- Der greiſe Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Schatzlar in Flammen. Prag, 10. Februar. Die Poſt- und Telegraphen- Die Arbeitsloſen in Prag. Prag, 10. Februar. Heute Nachmittags hat Die Socialdemokraten und die Milleniums- Feier. Budapeſt, 10. Februar. Die ſocialdemokratiſche Affaire Pulßky. Budapeſt, 10. Februar. Miniſter-Präſident <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="5"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">41 Wien, Dienſtag Reichspoſt 11. Februar 1896</hi></fw><lb/><cb/> 1896 der <hi rendition="#g">Entfall</hi> der <hi rendition="#g">Wagen</hi> <hi rendition="#aq">III.</hi> Claſſe<lb/> bei den Zügen Nr. 103, 104 Wien—Amſtetten, Nr. 5<lb/> Wien—Salzburg, Nr. 3 und 4 Wien—Eger und<lb/> Nr. 1105/1205, 1206/110, 6/405 Budweis—Linz,<lb/> beziehungsweiſe Linz—Weſſely in Ausſicht genommen<lb/> und bei den übrigen Schnellzügen die im Sommer-<lb/> fahrplan 1895 beſtandenen Wagenausrüſtung beibe-<lb/> halten. Da einzelne dieſer Züge dem <hi rendition="#g">ſtärkſten<lb/> Touriſtenverkehr</hi> dienen, ſo wird dieſe Maß<lb/> nahme in Touriſtenkreiſen, ſoweit ſie den <hi rendition="#g">minder<lb/> bemittelten</hi> Theil derſelben trifft, mit Recht<lb/> ſchmerzlich empfunden werden.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Tagebericht.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Vom Hofe.</hi> </head> <p>Der <hi rendition="#g">Kaiſer,</hi> der ſich am 9. d.<lb/> Früh zum Beſuche des Erzherzogs <hi rendition="#g">Franz Sal-<lb/> vator</hi> und der Erzherzogin <hi rendition="#g">Marie Valerie</hi><lb/> n<supplied>a</supplied>ch Lichtenegg begeben hat, iſt heute Abends wieder in<lb/> Wien eingetroffen. — Erzherzog <hi rendition="#g">Leopold Ferdi-<lb/> nand,</hi> der im vorigen Monate an den Maſern hier<lb/> erkrankt war, iſt heute Nachmittags nach vollſtändiger<lb/> Geneſung in ſeine Garniſon nach Brünn abgereiſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Friedl Herrnfeld</hi> </head> <p>iſt ä talentvolles Jüngel,<lb/> der in Peſt bedienſtet war. Nun ſchickte ſich auf ein-<lb/> mal ä gute Gelegenheit, ä Rutſcher nach Wien zu<lb/> machen, — ſein Chef ſchickt ihn mit 600 fl. auf der<lb/> Poſt, Friedl <hi rendition="#g">Herrnfeld</hi> überlegt nix lang, er<lb/> nimmt ſich ä Fahrkarte nach Wien, fährt her und<lb/> begibt ſich ſogleich nach der Ankunft in der Leopold-<lb/> ſtadt. Da is ä großes, ſchönes Nachtkaffeehaus, Friedl<lb/> Herrnfeld geht herein, unterhält ſich gut, auf einmal<lb/> hat er 400 fl. durchgejubelt. Weil aber Wien is anti-<lb/> ſemitiſch, hat Friedl Herrnſeld, der Talentvolle, kein<lb/> Glück, ein Detective bemerkt ihn und ladet in ein mit-<lb/> zugehen in die große Sperlgaſſe, wo iſt die Polizei.<lb/> Dort verſtehen ſe kane „Lozelech“, ſe erkennen, daß<lb/> Friedl is ä Dieb und liefern ihn ein dem Landes-<lb/> gericht. So werden die Talente verkannt!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* FML. Ritter v. Joly †.</hi> </head> <p>In militäriſcher Weiſe<lb/> wurde heute Nachmittags der k. u. k. FML. d. R. Emil<lb/> Ritter von <hi rendition="#g">Joly</hi> zu Grabe getragen. Den Conduct be-<lb/> fehligte Graf von <hi rendition="#g">Rehn,</hi> Commandant der 49. Infanterie-<lb/> Brigade. Vor dem Trauerhauſe, Krugerſtraße Nr. 13,<lb/> hatte eine Compagnie mit der Fahne und Muſik des In-<lb/> fanterie-Regimentes Erzherzog Carl Nr. 3 Aufſtellung ge-<lb/> nommen. Dieſe und ein ambulantes Spalier des Regi-<lb/> mentes, der geharniſchte Ritter zu Roß und das Trauer-<lb/> pferd geleiteten den ſechsſpännigen Leichenwagen zur Dom-<lb/> und Metropolitankirche zu Stephan, in der die Einſegnung<lb/> erfolgte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Abreiſe der Fürſtin von Bulgarien.</hi> </head> <p>Fürſtin<lb/><hi rendition="#g">Marie Louiſe von Bulgarien</hi> hat ſich heute<lb/> Nachmittags mit dem Prinzen <hi rendition="#g">Cyrill</hi> zu längerem<lb/> Aufenthalte nach dem Süden begeben. Die Abfahrt erfolgte<lb/> mit dem Blitzzuge der Weſtbahn. Die Reiſe geht zunächſt<lb/> nach Nizza und dann an die Riviera.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Das lenkbare Luftſchiff.</hi> </head> <p>Graf <hi rendition="#g">Zeppellin</hi> in<lb/> Berlin, der ein lenkbares Luftſchiff erfunden haben will und<lb/> darüber im Stuttgarter Ingenieurverein vor dem König<lb/> Vortrag hielt, berechnet die Koſten des Verſuchsſchiffes auf<lb/> etwa 300.00E Mark. Einige Banken und Großcapitaliſten<lb/> ſollen zur Financirung des Unternehmens bereit ſein. Zeppelin<lb/> erſann zur Gasaufnahme eine Porenverdichtung des Seiden-<lb/> ſtoffes, welche monatelang kein Gas ausſtrömen läßt. Sein<lb/> Apparat ſoll bis 38 Centner tragen und 7½ Tage ununter-<lb/> brochen mit einer Geſchwindigkeit von ſechs Meilen in der<lb/> Stunde ſchweben können.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Verlorene Ringe.</hi> </head> <p>In der Nacht von Frei-<lb/> tag auf Samſtag, nach der Vorſtellung der „Afri-<lb/> kanerin“ in der Hofoper verlor Frau Louiſe von<lb/><hi rendition="#g">Ehrenſtein</hi> ein ſogenanntes Ridicule, in welchem<lb/> ſich elf Ringe im Werthe von 3000 fl. befanden. Frau<lb/> v. Ehrenſtein hat den Weg von der Hofoper bis zu<lb/> ihrer Wohnung in der Türkenſtraße Nr. 29 im Wagen<lb/> zurückgelegt und glaubt, daß ihr die Taſche beim Ein-<lb/> ſteigen oder Verlaſſen der Equipage entglitt. Die Künſt-<lb/> lerin hat die Anzeige bei der Polizei erſtattet und ſichert<lb/> dem Finder eine Belohnung von 300 fl. zu.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Goldſtern und Löwenherz,</hi> </head> <p>zwei „Polen“<lb/> aus der „Polakei“ haben bekanntlich, die für ſie ſeit<lb/> längerer Zeit reſervirten „Sperrſitze“ eingenommen.<lb/> Ueber dieſes gewiß erfreuliche Ereigniß wird gemeldet:<lb/> Die Verhaſtung Goldſtern und Löwenherz erfolgte auf<lb/> Anordnung des Staatsanwaltes Seredowski, (muß das<lb/> ein Antiſemit ſein) Löwenherz weilte bis vorgeſtern in<lb/> Wien und ſuchte da den gewiſſen „Freunden“, die ihn<lb/> durchaus auf den „Sperrſitz“ bringen wollten, zu ent-<lb/> weichen. Da er ſich nun hier unſicher fühlte — entwich<lb/> er einfach nach Lemberg wo er verhaftet wurde.<lb/> Goldſtern wurde von der Polizei in ſeiner Privat-<lb/> wohnung arretirt. Das Hauptmotiv der Verhaftung iſt<lb/> das rechtswidrige Verfahren bei der Converſion der<lb/> Serbiſchen Rente, welche bei der Bank deponirt wurde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Selbſtmord eines Knaben.</hi> </head> <p>Samſtag um 8 Uhr<lb/> Abends ſtürzte ſich der 15jährige Lederarbeiter Joſef <hi rendition="#g">Hai-<lb/> dinger</hi> vom dritten Stocke ſeines Wohnhauſes, Neubau,<lb/> Burggaſſe Nr. 74, in den Hofraum hinab und blieb mit<lb/> gebrochenem Schädel ſofort todt auf dem Platze. Aerzte<lb/> konnten nicht mehr helfend eingreifen. Bei dem Todten fand<lb/> man einen Zettel, auf dem die Worte ſtanden: „Bevor mich<lb/> mein Vater erſchlägt, ſpringe ich ſelbſt hinunter. Ich ſpringe<lb/> wegen Verdruß hinunter.“ Der Burſche war über ſein Alter<lb/> entwickelt und zeigte Hang zum Leichtſinn und zum Schulden-<lb/> machen. Deshalb mußte er auch geſtern von ſeiner Mutter<lb/> verdiente Vorwürfe hören. Sie hatte ihm auch gedroht, daß<lb/> ihn der Vater ſtrafen werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Geſtörte Andacht.</hi> </head> <p>Eine höchſt betrübende Er-<lb/> ſcheinung, die wohl jeden ehrlich denkenden Menſchen auf<lb/> das Innerſte empören muß, iſt die Thatſache, daß ſich in<lb/> größeren Kirchen, und zwar während der Zeit, wo die<lb/><cb/> heiligen Meſſen geleſen oder andere Andachtsübungen abge-<lb/> halten werden, Fremde von zudringlichen jüdiſchen Führern<lb/> geleiten laſſen. Daß dabei der führende Hebräer durch ſein<lb/> unangenehmes Gekrächze ſich höchſt unliebſam bemerkbar<lb/> macht, iſt zwar ſelbſtverſtändlich, unverſtändlich bleibt es,<lb/> daß ſolche Durchreiſende ſich keines anderen Führers zu be-<lb/> dienen wiſſen. Wäre es da nicht an der Zeit, wenn das<lb/> hochw. f.-e. Ordinariat dagegen Abhilfe treffen würde?</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Das Feuer in der Franz Joſeph-Kaſerne.</hi> </head><lb/> <p>Das Feuer, das heute Vormittags um 11 Uhr im mittleren<lb/> gegen den Donaucanal zugelegenen Tract, in dem das In-<lb/> fanterie-Regiment Nr. 66 bequartirt iſt, entſtanden war,<lb/> war recht unbedeutend, erregte aber großes Aufſehen. Nach<lb/> einer halben Stunde war es der ſtädtiſchen Feuerwehr im<lb/> Vereine mit der Feuerbereitſchaft gelungen, den Brand zu<lb/> lo<supplied>c</supplied>aliſiren. Die Flammen waren in einem Kleidermagazin<lb/> auf der Dachbodenabtheilung zum Ausbruche gekommen.<lb/> Die Entſtehungsurſache war ein ſchadhafter Rauchfang, aus<lb/> dem ein Funke geſprüht ſein mochte. Als der Rauch da-<lb/> durch, daß man in das Blechdach Breſche ſchlug, Abzug fand,<lb/> ging die Löſcharbeit raſch von Statten, und gegen Mittag<lb/> war das Feuer völlig gelöſcht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Sicherheitswachſtellen bei der k. k. Sicherheits-<lb/> wache.</hi> </head> <p>Gegenwärtig kommen bei der k. k. Sicherheits-<lb/> wache in Wien 110 Sicherheitswachmannſtellen zur Be-<lb/> ſetzung. Bewerber müſſen öſterreichiſche Staatsbürger, voll-<lb/> kommen geſund, zwiſchen 24 und 35 Jahre alt, unbe-<lb/> ſcholten, der deutſchen Sprache in Wort und Schrift mächtig<lb/> ſein, die Fähigkeit beſitzen, ſchriftliche Meldungen zu ver-<lb/> faſſen und ſich verpflichten, wenigſtens drei Jahre in der<lb/> k. k. Sicherheitswache dienen zu wollen. Derzeit wird nur<lb/> auf ledige Bewerber reflectirt. Die vorſchriftsmäßig ge-<lb/> ſtempelten, entſprechend inſtruirten Geſuche ſind bei der<lb/> k. k. Polizeidirection in Wien einzureichen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Brandwunden erlitten.</hi> </head> <p>Von einem tragiſchen Ge-<lb/> ſchicke wurde in der Nacht von Dienſtag auf Mittwoch die<lb/> 87jährige Katharina <hi rendition="#g">Doller,</hi> Witwe des im Jahre 1890<lb/> verſtorbenen Bürgermeiſters von Sechshaus, ereilt. Die alte<lb/> Frau, welche in Rudolfsheim wohnt und von der Köchin<lb/> Magdalena <hi rendition="#g">Kalſer</hi> ſeit mehreren Jahren betraut, wird,<lb/> erlitt in der erwähnten Nacht am ganzen Körper Brand-<lb/> wunden ſchweren Grades. Eine Stunde nach Mitternacht<lb/> hörte plötzlich die Köchin, welche nämlich im Vorzimmer<lb/> ihre Ruheſtätte hat, aus dem Schlafzimmer ihrer Dienſt-<lb/> geberin ein leiſes Wimmern. Sie eilte in das Zimmer und<lb/> erblickte zu ihrem Schrecken die Matrone, am Fußende des<lb/> Bettes ſtehend, lichterloh brennend. Das Mädchen erſtickte<lb/> raſch die Flammen, doch Frau Doller hatte bereits Brand-<lb/> wunden erlitten, welchen ſie wahrſcheinlich erliegen wird.<lb/> Nachdem die Frau in der letzten Zeit wiederholt geäußert<lb/> hat, daß ſie lebensüberdrüſſig ſei und einen Selbſtmord aus-<lb/> führen werde, iſt es nicht ausgeſchloſſen, daß ſie ihren Tod<lb/> durch Verbrennung geſucht hat. Die Unglückliche ſelbſt gibt<lb/> an, daß ſie in jener Nacht nicht ſchlafeu konnte, aus dem<lb/> Bette geſtiegen ſei und Licht gemacht habe. Sie ſei der<lb/> Flamme zu nahe gekommen und ihre leichte Nachtrobe<lb/> hätte ſich eutzündet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Selbſtmordverſuch auf den Schienen.</hi> </head> <p>Gräßlich<lb/> verſtümmelt, aber noch lebend, wurde geſtern Abends auf<lb/> dem Schienenſtrange der Weſtbahn nächſt Preßbaum ein<lb/> junger Burſche, anſcheinend ein Lehrling, aufgefunden, der<lb/> ſich von einem die Strecke paſſirendem Zuge hatte überfahren<lb/> laſſen. Der Burſche wurde im Kaiſerin Eliſabeth-Spitale,<lb/> wohin man ihn brachte, von ſeinem Vater als der ſiebzehn-<lb/> jährige Kaufmannslehrling Rudolf <hi rendition="#g">Tamms,</hi> beim Kauf-<lb/> mann <hi rendition="#g">Behal,</hi> Ottakringerſtraße 23, bedienſtet und wohn-<lb/> haft, agnoscirt. Sein Zuſtand iſt bedenklich. Das Motiv der<lb/> That iſt unbekannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Auswanderer.</hi> </head> <p>Heute Abends kam am Nord-<lb/> bahnhofe eine Truppe Auswanderer, (Männer, Weiber,<lb/> Greiſe und Säuglinge) an, Sie wurden von dem<lb/> Agenten des Auswandereramtes übernommen und in<lb/> der kleinen Stadtgutgaſſe in zwei kleinen Zimmern ab-<lb/> geſchloſſen. Die Leute ſchlafen auf dem bloßen Fußboden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ein jüdifches Leichenbegängniß mit Glocken-<lb/> geläute.</hi> </head> <p>In Dindes-Mellek wurde dieſer Tage der Rabbiner<lb/><hi rendition="#g">Adler</hi> begraben. Zum Leichenbegängniß kamen auch<lb/> viele Calviner, und als die Leiche in den Leichenwagen ge-<lb/> hoben wurde, ertönte von der calviniſchen Kirche Glocken-<lb/> geläute, welches bis zum Anlangen des Leichenwagens auf<lb/> dem Friedhofe andauerte. Da widmete nun über dem<lb/> offenen Grabe der calviniſche Geiſtliche dem Rabbiner einen<lb/> Nachruf.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Orgelpfeifen aus Porzellan.</hi> </head> <p>Solche gehören<lb/> zu den neueſten Producten der berühmten Meiſſner Porzellan-<lb/> fabrik. Im Gegenſatze zu den bisher verwendeten Holz-<lb/> oder Zinnpfeifen, in welchen der Ton dem Einfluſſe der<lb/> Temperatur unterlag, bleibt der Ton in Porzellanpfeifen un-<lb/> verändert, mag die Luft kalt oder warmtrocken oder feucht<lb/> ſein. Der Ton der letzteren ſei auch viel ſchöner und voller,<lb/> als jener der Holz- oder Zinnpfeifen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Raub.</hi> </head> <p>Heute Nachmittags gab die Wichs-<lb/> erzeugerin Katharina <hi rendition="#g">Liczka,</hi> Fünfhaus, März-<lb/> ſtraße Nr. 23 auf dem Polizeicommiſſariate Schmelz<lb/> an, daß Vormittags ein ungefähr 35jähriger Mann von<lb/> ihr drei Dutzend Schachteln mit Wichs zu kaufen ver-<lb/> langt habe. Als ſie ſich nun umgekehrt hatte, um aus<lb/> dem Nebenzimmer Papier zum Einwickeln zu holen,<lb/> habe der Unbekannte mit einem ſtumpfen Inſtrumente<lb/> einen Schlag gegen ihren Kopf geführt, der ſie bewußt-<lb/> los zu Boden ſtreckte. Als ſie aus der Ohnmacht er-<lb/> wachte, ſei der Fremde fort geweſen und Frau Liczka<lb/> habe nun conſtatirt, daß der Strolch eine Brieftaſche<lb/> mit 60 fl. und drei Stück 3 % ige Bodencreditloſe im<lb/> Curswerthe von 350 fl., ferner Leinwand und Bett-<lb/> wäſchſtücke geraubt, das Andere aber zurückgelaſſen habe.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Der Kirchendienersſohn als Opferſtockdieb.</hi> </head><lb/> <p>Seit mehreren Wochen wurden aus den Opferſtöcken in der<lb/> Kirche unter den Kaiſermühlen die eingeworfenen Spenden<lb/> geſtohlen. Das Polizei-Commiſſariat Prater, welchem am<lb/> 7. d. M. die Anzeige erſtattet worden iſt, leitete ſofort Er-<lb/> hebungen ein, die ergaben, daß der 23jährige Taglöhner<lb/> Carl <hi rendition="#g">Renner,</hi> der Sohn des Kirchendiners dieſe Di<supplied>e</supplied>b-<lb/> ſtähle verübt hat. Er wurde verhaftet.</p><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Telegramme.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Landtage.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Czernowitz,</hi> 10. Februar.</dateline> <p>Der Landtag beſchloß, der<lb/> Landesausſchuß ſolle einen Geſetzentwurf wegen Einführung<lb/> des <hi rendition="#g">Unterichtes einer zweiten Landes-<lb/> ſprache</hi> als obligaten Lehrgegenſtand an der Realſchule<lb/> für die nächſte Seſſion vorbereiten und die Regierung an-<lb/> gehen, in gleicher Richtung die Lehrpläne an den Gym-<lb/> naſien und am Pädagogium abzuändern. Der Landtag be-<lb/> ſchloß ferner, die Regierung wegen Errichtung einer niederen<lb/><hi rendition="#g">Thonwaarenſchule</hi> im Bezirke Wiznitz mit ruthe-<lb/> niſcher Unterrichtsſprache auf Staatskoſten anzugehen und<lb/> die Regierung aufzufordern, an den vier unteren Claſſen<lb/> des Obergymnaſiums in Czernowitz <hi rendition="#g">rumäniſche<lb/> Parallelclaſſen</hi> ehethunlichſt zu errichten. Nach<lb/> den üblichen Dankesreden wurde der Landtag vom Landes-<lb/> hauptmann <hi rendition="#g">Lupul</hi> mit Hochrufen auf den Kaiſer um<lb/> 3 Uhr Nachmittags geſchloſſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Prag,</hi> 10. Februar.</head> <p>In der heutigen Abendſitzung<lb/> des Landtages begann die <hi rendition="#g">Budgetdebatte,</hi> als<lb/> erſter Redner ſprach Abg. Dr. <hi rendition="#g">Forſcht.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Prag,</hi> 10. Februar.</head> <p>In der Abendſitzung ſprach der<lb/> Abg. Dr. <hi rendition="#g">Baxa</hi> über die Dynaſtie. Von allen Seiten des<lb/> Hauſes tönen ihm Rufe der <hi rendition="#g">Entrüſtung und Em-<lb/> pörung</hi> entgegen. Minutenlang erſtickten „Oho!-Rufe<lb/> die Worte des Redners. Der Oberſtlandmarſchall, der ſchon<lb/> zuvor den Redner ermahnt hatte, die Dynaſtie nicht in die<lb/> Debatte zu ziehen, ruft denſelben unter begeiſtertem Beifalle<lb/> des Hauſes zur Ordnung.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Brünn,</hi> 10. Februar.</head> <p>Es wird beſchloſſen, dem Juſtiz-<lb/> miniſterium die Errichtung eines neuen <hi rendition="#g">Bezirksge-<lb/> richtsſprengels in Zlin</hi> zu empfehlen und die Re-<lb/> gierung um Abgabe billigen Viehſalzes an Viehzüchter zu erſuchen.<lb/> Die Erweiterung der Brünner Landesirrenanſtalt mit<lb/> einem Koſtenbetrage von 135.000 fl. wird genehmigt. Für<lb/> das Jahr 1896 wird die Einhebung einer Umlage von<lb/> 44 kr. auf die directen Steuern zur Bedeckung des Ab-<lb/> ganges per 5,375.816 beſchloſſen. Abg. <hi rendition="#g">Bubela</hi> erklärt<lb/> die Gründe, weshalb die Czechen wieder im Landtage er-<lb/> ſchienen ſind.</p><lb/> <p>Der greiſe Landeshauptmann-Stellvertreter Dr.<lb/> v. <hi rendition="#g">Srom</hi> nahm unter allgemeiner Rührung von dem<lb/> Landtage Abſchied, dem er 35 Jahre angehört. Dann wurde<lb/> unter den üblichen Formalitäten die Seſſion <hi rendition="#g">geſchloſſen.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schatzlar in Flammen.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Prag,</hi> 10. Februar.</dateline> <p>Die Poſt- und Telegraphen-<lb/> Direction in Prag hat ſoeben aus <hi rendition="#g">Schatzlar</hi> eine<lb/> Depeſche erhalten, der zu Folge der <hi rendition="#g">Ringplatz<lb/> der Stadt Schatzlar in Flammen</hi> ſteht<lb/> und das Poſtamtsgebäude brennt. Aus Trautenau<lb/> wurde ein Löſchtrain auf den Brandplatz dirigirt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Arbeitsloſen in Prag.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Prag,</hi> 10. Februar.</dateline> <p>Heute Nachmittags hat<lb/> in der Stadt <hi rendition="#g">Königl. Weinberge</hi> bei Prag<lb/> im Circus eine <hi rendition="#g">Verſammlung</hi> der Arbeits-<lb/> loſen ſtattgefunden, die von 2000 Perſonen beſucht<lb/> war. Die Verſammlung berieth mehrere Stunden<lb/> über die Mittel, Arbeit zu erlangen. Gegen ½6 Uhr<lb/> zogen die Arbeitsloſen in die Stadt Prag ein, wurden<lb/> aber auf dem Wenzelsplatze von der Polizei <hi rendition="#g">zer-<lb/> ſtreut,</hi> wobei wegen Widerſetzlichkeit gegen die<lb/> Wache 3 Perſonen verhaftet wurden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Socialdemokraten und die Milleniums-<lb/> Feier.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 10. Februar.</dateline> <p>Die ſocialdemokratiſche<lb/> Arbeiterpartei hatte für geſtern <hi rendition="#g">mehrere Ver-<lb/> ſammlungen</hi> einberufen, auf deren Tagesordnung<lb/> die von den Arbeitern anläßlich der <hi rendition="#g">Milleniums-<lb/> feier</hi> zu beobachtende Haltung ſtand. Die Verſamm-<lb/> lungen verliefen mit Ausnahme derjenigen der Tiſchler-<lb/> arbeiter ruhig. Die letztere verlief ſo tumultuös, daß<lb/> ſie wegen maßloſer Angriffe eines Redners behördlich<lb/> aufgelöſt wurde. Es kam hiebei zu argen Ausſchreitun-<lb/> gen, denen erſt eine größere Abtheilung von Polizei-<lb/> mannſchaft ein Ende bereiten konnte. Elf Perſonen<lb/> wurden verhaftet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Affaire Pulßky.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 10. Februar.</dateline> <p>Miniſter-Präſident<lb/><hi rendition="#g">Banffy</hi> ſucht des Langen und Breiten nachzuweiſen,<lb/> daß die Landescommiſſion nicht der Controle des<lb/> Reichstages unterſtellt war. Der geweſene Miniſter-<lb/> präſident Dr. <hi rendition="#g">Wekerle</hi> habe ſeinerzeit dieſer Com-<lb/> miſſion einen Bericht unterbreitet, daß die ungünſtigen<lb/> Finanzverhältniſſe Italiens ſehr günſtige Kaufverhält-<lb/> niſſe geſchaffen hätten und deshalb ſei es am<lb/> Platze, auch einige <hi rendition="#g">Bilderkäufe</hi> vorzunehmen.<lb/> Die Ausgaben ſeien unter <hi rendition="#g">voller Verant-<lb/> wortung der Regierung</hi> vorgenommen<lb/> worden, „doch anerkenne ich (wie gütig!), daß es jetzt<lb/> (alſo doch!) an der Zeit iſt, das Haus bezüglich der<lb/><hi rendition="#g">Koſten der Millenniums-Feſtlich-<lb/> keiten</hi> zu orientiren, nachdem auch die Re-<lb/> gierung diesbezüglich orientirt iſt.“ (Rufe links:<lb/><hi rendition="#g">Jetzt erſt</hi> iſt man orientirt.) „Jawohl, <hi rendition="#g">jetzt<lb/> erſt.</hi>“ In der Pulszky-Affare halte er<lb/> die Entſendung einer parlamentariſchen Unterſuchungs-<lb/> commiſſion für <hi rendition="#g">überflüſſig,</hi> (das iſt ſelbſt für<lb/> einen Banffy ſtark!), darum bitte er, den Beſchlußantrag<lb/> des Abg. Grafen Apponyi <hi rendition="#g">abzulehnen.</hi> (Beifall<lb/> rechts bei den Mameluken!) Cultus- und Unterrichts-<lb/> miniſter <hi rendition="#g">Wlaſſics</hi> erklärt, er könne conſtatiren,<lb/> daß nur bezüglich 7000 Gulden die Belege fehlen.<lb/> Sonſt ſei Alles in Ordnung befunden worden. (O Du<lb/> — Million! Iſt das eine Einfalt!) Nachdem einzelne<lb/> Regelwidrigkeiten conſtatirt worden, habe die Regierung<lb/> die Strafanzeige erſtattet. Rufe: (Gegen wen denn?)<lb/> Die Geiſtesſtörung (Lachen) hinderte die Unterſuchung<lb/> nicht. Er ſchildert die vorgenommen Käufe für das<lb/> Muſeum und erklärt, man habe doch, da kein concretes<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0005]
41 Wien, Dienſtag Reichspoſt 11. Februar 1896
1896 der Entfall der Wagen III. Claſſe
bei den Zügen Nr. 103, 104 Wien—Amſtetten, Nr. 5
Wien—Salzburg, Nr. 3 und 4 Wien—Eger und
Nr. 1105/1205, 1206/110, 6/405 Budweis—Linz,
beziehungsweiſe Linz—Weſſely in Ausſicht genommen
und bei den übrigen Schnellzügen die im Sommer-
fahrplan 1895 beſtandenen Wagenausrüſtung beibe-
halten. Da einzelne dieſer Züge dem ſtärkſten
Touriſtenverkehr dienen, ſo wird dieſe Maß
nahme in Touriſtenkreiſen, ſoweit ſie den minder
bemittelten Theil derſelben trifft, mit Recht
ſchmerzlich empfunden werden.
Tagebericht.
* Vom Hofe. Der Kaiſer, der ſich am 9. d.
Früh zum Beſuche des Erzherzogs Franz Sal-
vator und der Erzherzogin Marie Valerie
nach Lichtenegg begeben hat, iſt heute Abends wieder in
Wien eingetroffen. — Erzherzog Leopold Ferdi-
nand, der im vorigen Monate an den Maſern hier
erkrankt war, iſt heute Nachmittags nach vollſtändiger
Geneſung in ſeine Garniſon nach Brünn abgereiſt.
* Friedl Herrnfeld iſt ä talentvolles Jüngel,
der in Peſt bedienſtet war. Nun ſchickte ſich auf ein-
mal ä gute Gelegenheit, ä Rutſcher nach Wien zu
machen, — ſein Chef ſchickt ihn mit 600 fl. auf der
Poſt, Friedl Herrnfeld überlegt nix lang, er
nimmt ſich ä Fahrkarte nach Wien, fährt her und
begibt ſich ſogleich nach der Ankunft in der Leopold-
ſtadt. Da is ä großes, ſchönes Nachtkaffeehaus, Friedl
Herrnfeld geht herein, unterhält ſich gut, auf einmal
hat er 400 fl. durchgejubelt. Weil aber Wien is anti-
ſemitiſch, hat Friedl Herrnſeld, der Talentvolle, kein
Glück, ein Detective bemerkt ihn und ladet in ein mit-
zugehen in die große Sperlgaſſe, wo iſt die Polizei.
Dort verſtehen ſe kane „Lozelech“, ſe erkennen, daß
Friedl is ä Dieb und liefern ihn ein dem Landes-
gericht. So werden die Talente verkannt!
* FML. Ritter v. Joly †. In militäriſcher Weiſe
wurde heute Nachmittags der k. u. k. FML. d. R. Emil
Ritter von Joly zu Grabe getragen. Den Conduct be-
fehligte Graf von Rehn, Commandant der 49. Infanterie-
Brigade. Vor dem Trauerhauſe, Krugerſtraße Nr. 13,
hatte eine Compagnie mit der Fahne und Muſik des In-
fanterie-Regimentes Erzherzog Carl Nr. 3 Aufſtellung ge-
nommen. Dieſe und ein ambulantes Spalier des Regi-
mentes, der geharniſchte Ritter zu Roß und das Trauer-
pferd geleiteten den ſechsſpännigen Leichenwagen zur Dom-
und Metropolitankirche zu Stephan, in der die Einſegnung
erfolgte.
* Abreiſe der Fürſtin von Bulgarien. Fürſtin
Marie Louiſe von Bulgarien hat ſich heute
Nachmittags mit dem Prinzen Cyrill zu längerem
Aufenthalte nach dem Süden begeben. Die Abfahrt erfolgte
mit dem Blitzzuge der Weſtbahn. Die Reiſe geht zunächſt
nach Nizza und dann an die Riviera.
* Das lenkbare Luftſchiff. Graf Zeppellin in
Berlin, der ein lenkbares Luftſchiff erfunden haben will und
darüber im Stuttgarter Ingenieurverein vor dem König
Vortrag hielt, berechnet die Koſten des Verſuchsſchiffes auf
etwa 300.00E Mark. Einige Banken und Großcapitaliſten
ſollen zur Financirung des Unternehmens bereit ſein. Zeppelin
erſann zur Gasaufnahme eine Porenverdichtung des Seiden-
ſtoffes, welche monatelang kein Gas ausſtrömen läßt. Sein
Apparat ſoll bis 38 Centner tragen und 7½ Tage ununter-
brochen mit einer Geſchwindigkeit von ſechs Meilen in der
Stunde ſchweben können.
* Verlorene Ringe. In der Nacht von Frei-
tag auf Samſtag, nach der Vorſtellung der „Afri-
kanerin“ in der Hofoper verlor Frau Louiſe von
Ehrenſtein ein ſogenanntes Ridicule, in welchem
ſich elf Ringe im Werthe von 3000 fl. befanden. Frau
v. Ehrenſtein hat den Weg von der Hofoper bis zu
ihrer Wohnung in der Türkenſtraße Nr. 29 im Wagen
zurückgelegt und glaubt, daß ihr die Taſche beim Ein-
ſteigen oder Verlaſſen der Equipage entglitt. Die Künſt-
lerin hat die Anzeige bei der Polizei erſtattet und ſichert
dem Finder eine Belohnung von 300 fl. zu.
* Goldſtern und Löwenherz, zwei „Polen“
aus der „Polakei“ haben bekanntlich, die für ſie ſeit
längerer Zeit reſervirten „Sperrſitze“ eingenommen.
Ueber dieſes gewiß erfreuliche Ereigniß wird gemeldet:
Die Verhaſtung Goldſtern und Löwenherz erfolgte auf
Anordnung des Staatsanwaltes Seredowski, (muß das
ein Antiſemit ſein) Löwenherz weilte bis vorgeſtern in
Wien und ſuchte da den gewiſſen „Freunden“, die ihn
durchaus auf den „Sperrſitz“ bringen wollten, zu ent-
weichen. Da er ſich nun hier unſicher fühlte — entwich
er einfach nach Lemberg wo er verhaftet wurde.
Goldſtern wurde von der Polizei in ſeiner Privat-
wohnung arretirt. Das Hauptmotiv der Verhaftung iſt
das rechtswidrige Verfahren bei der Converſion der
Serbiſchen Rente, welche bei der Bank deponirt wurde.
* Selbſtmord eines Knaben. Samſtag um 8 Uhr
Abends ſtürzte ſich der 15jährige Lederarbeiter Joſef Hai-
dinger vom dritten Stocke ſeines Wohnhauſes, Neubau,
Burggaſſe Nr. 74, in den Hofraum hinab und blieb mit
gebrochenem Schädel ſofort todt auf dem Platze. Aerzte
konnten nicht mehr helfend eingreifen. Bei dem Todten fand
man einen Zettel, auf dem die Worte ſtanden: „Bevor mich
mein Vater erſchlägt, ſpringe ich ſelbſt hinunter. Ich ſpringe
wegen Verdruß hinunter.“ Der Burſche war über ſein Alter
entwickelt und zeigte Hang zum Leichtſinn und zum Schulden-
machen. Deshalb mußte er auch geſtern von ſeiner Mutter
verdiente Vorwürfe hören. Sie hatte ihm auch gedroht, daß
ihn der Vater ſtrafen werde.
* Geſtörte Andacht. Eine höchſt betrübende Er-
ſcheinung, die wohl jeden ehrlich denkenden Menſchen auf
das Innerſte empören muß, iſt die Thatſache, daß ſich in
größeren Kirchen, und zwar während der Zeit, wo die
heiligen Meſſen geleſen oder andere Andachtsübungen abge-
halten werden, Fremde von zudringlichen jüdiſchen Führern
geleiten laſſen. Daß dabei der führende Hebräer durch ſein
unangenehmes Gekrächze ſich höchſt unliebſam bemerkbar
macht, iſt zwar ſelbſtverſtändlich, unverſtändlich bleibt es,
daß ſolche Durchreiſende ſich keines anderen Führers zu be-
dienen wiſſen. Wäre es da nicht an der Zeit, wenn das
hochw. f.-e. Ordinariat dagegen Abhilfe treffen würde?
* Das Feuer in der Franz Joſeph-Kaſerne.
Das Feuer, das heute Vormittags um 11 Uhr im mittleren
gegen den Donaucanal zugelegenen Tract, in dem das In-
fanterie-Regiment Nr. 66 bequartirt iſt, entſtanden war,
war recht unbedeutend, erregte aber großes Aufſehen. Nach
einer halben Stunde war es der ſtädtiſchen Feuerwehr im
Vereine mit der Feuerbereitſchaft gelungen, den Brand zu
localiſiren. Die Flammen waren in einem Kleidermagazin
auf der Dachbodenabtheilung zum Ausbruche gekommen.
Die Entſtehungsurſache war ein ſchadhafter Rauchfang, aus
dem ein Funke geſprüht ſein mochte. Als der Rauch da-
durch, daß man in das Blechdach Breſche ſchlug, Abzug fand,
ging die Löſcharbeit raſch von Statten, und gegen Mittag
war das Feuer völlig gelöſcht.
* Sicherheitswachſtellen bei der k. k. Sicherheits-
wache. Gegenwärtig kommen bei der k. k. Sicherheits-
wache in Wien 110 Sicherheitswachmannſtellen zur Be-
ſetzung. Bewerber müſſen öſterreichiſche Staatsbürger, voll-
kommen geſund, zwiſchen 24 und 35 Jahre alt, unbe-
ſcholten, der deutſchen Sprache in Wort und Schrift mächtig
ſein, die Fähigkeit beſitzen, ſchriftliche Meldungen zu ver-
faſſen und ſich verpflichten, wenigſtens drei Jahre in der
k. k. Sicherheitswache dienen zu wollen. Derzeit wird nur
auf ledige Bewerber reflectirt. Die vorſchriftsmäßig ge-
ſtempelten, entſprechend inſtruirten Geſuche ſind bei der
k. k. Polizeidirection in Wien einzureichen.
* Brandwunden erlitten. Von einem tragiſchen Ge-
ſchicke wurde in der Nacht von Dienſtag auf Mittwoch die
87jährige Katharina Doller, Witwe des im Jahre 1890
verſtorbenen Bürgermeiſters von Sechshaus, ereilt. Die alte
Frau, welche in Rudolfsheim wohnt und von der Köchin
Magdalena Kalſer ſeit mehreren Jahren betraut, wird,
erlitt in der erwähnten Nacht am ganzen Körper Brand-
wunden ſchweren Grades. Eine Stunde nach Mitternacht
hörte plötzlich die Köchin, welche nämlich im Vorzimmer
ihre Ruheſtätte hat, aus dem Schlafzimmer ihrer Dienſt-
geberin ein leiſes Wimmern. Sie eilte in das Zimmer und
erblickte zu ihrem Schrecken die Matrone, am Fußende des
Bettes ſtehend, lichterloh brennend. Das Mädchen erſtickte
raſch die Flammen, doch Frau Doller hatte bereits Brand-
wunden erlitten, welchen ſie wahrſcheinlich erliegen wird.
Nachdem die Frau in der letzten Zeit wiederholt geäußert
hat, daß ſie lebensüberdrüſſig ſei und einen Selbſtmord aus-
führen werde, iſt es nicht ausgeſchloſſen, daß ſie ihren Tod
durch Verbrennung geſucht hat. Die Unglückliche ſelbſt gibt
an, daß ſie in jener Nacht nicht ſchlafeu konnte, aus dem
Bette geſtiegen ſei und Licht gemacht habe. Sie ſei der
Flamme zu nahe gekommen und ihre leichte Nachtrobe
hätte ſich eutzündet.
* Selbſtmordverſuch auf den Schienen. Gräßlich
verſtümmelt, aber noch lebend, wurde geſtern Abends auf
dem Schienenſtrange der Weſtbahn nächſt Preßbaum ein
junger Burſche, anſcheinend ein Lehrling, aufgefunden, der
ſich von einem die Strecke paſſirendem Zuge hatte überfahren
laſſen. Der Burſche wurde im Kaiſerin Eliſabeth-Spitale,
wohin man ihn brachte, von ſeinem Vater als der ſiebzehn-
jährige Kaufmannslehrling Rudolf Tamms, beim Kauf-
mann Behal, Ottakringerſtraße 23, bedienſtet und wohn-
haft, agnoscirt. Sein Zuſtand iſt bedenklich. Das Motiv der
That iſt unbekannt.
* Auswanderer. Heute Abends kam am Nord-
bahnhofe eine Truppe Auswanderer, (Männer, Weiber,
Greiſe und Säuglinge) an, Sie wurden von dem
Agenten des Auswandereramtes übernommen und in
der kleinen Stadtgutgaſſe in zwei kleinen Zimmern ab-
geſchloſſen. Die Leute ſchlafen auf dem bloßen Fußboden.
* Ein jüdifches Leichenbegängniß mit Glocken-
geläute. In Dindes-Mellek wurde dieſer Tage der Rabbiner
Adler begraben. Zum Leichenbegängniß kamen auch
viele Calviner, und als die Leiche in den Leichenwagen ge-
hoben wurde, ertönte von der calviniſchen Kirche Glocken-
geläute, welches bis zum Anlangen des Leichenwagens auf
dem Friedhofe andauerte. Da widmete nun über dem
offenen Grabe der calviniſche Geiſtliche dem Rabbiner einen
Nachruf.
* Orgelpfeifen aus Porzellan. Solche gehören
zu den neueſten Producten der berühmten Meiſſner Porzellan-
fabrik. Im Gegenſatze zu den bisher verwendeten Holz-
oder Zinnpfeifen, in welchen der Ton dem Einfluſſe der
Temperatur unterlag, bleibt der Ton in Porzellanpfeifen un-
verändert, mag die Luft kalt oder warmtrocken oder feucht
ſein. Der Ton der letzteren ſei auch viel ſchöner und voller,
als jener der Holz- oder Zinnpfeifen.
* Raub. Heute Nachmittags gab die Wichs-
erzeugerin Katharina Liczka, Fünfhaus, März-
ſtraße Nr. 23 auf dem Polizeicommiſſariate Schmelz
an, daß Vormittags ein ungefähr 35jähriger Mann von
ihr drei Dutzend Schachteln mit Wichs zu kaufen ver-
langt habe. Als ſie ſich nun umgekehrt hatte, um aus
dem Nebenzimmer Papier zum Einwickeln zu holen,
habe der Unbekannte mit einem ſtumpfen Inſtrumente
einen Schlag gegen ihren Kopf geführt, der ſie bewußt-
los zu Boden ſtreckte. Als ſie aus der Ohnmacht er-
wachte, ſei der Fremde fort geweſen und Frau Liczka
habe nun conſtatirt, daß der Strolch eine Brieftaſche
mit 60 fl. und drei Stück 3 % ige Bodencreditloſe im
Curswerthe von 350 fl., ferner Leinwand und Bett-
wäſchſtücke geraubt, das Andere aber zurückgelaſſen habe.
* Der Kirchendienersſohn als Opferſtockdieb.
Seit mehreren Wochen wurden aus den Opferſtöcken in der
Kirche unter den Kaiſermühlen die eingeworfenen Spenden
geſtohlen. Das Polizei-Commiſſariat Prater, welchem am
7. d. M. die Anzeige erſtattet worden iſt, leitete ſofort Er-
hebungen ein, die ergaben, daß der 23jährige Taglöhner
Carl Renner, der Sohn des Kirchendiners dieſe Dieb-
ſtähle verübt hat. Er wurde verhaftet.
Telegramme.
Die Landtage.
Czernowitz, 10. Februar. Der Landtag beſchloß, der
Landesausſchuß ſolle einen Geſetzentwurf wegen Einführung
des Unterichtes einer zweiten Landes-
ſprache als obligaten Lehrgegenſtand an der Realſchule
für die nächſte Seſſion vorbereiten und die Regierung an-
gehen, in gleicher Richtung die Lehrpläne an den Gym-
naſien und am Pädagogium abzuändern. Der Landtag be-
ſchloß ferner, die Regierung wegen Errichtung einer niederen
Thonwaarenſchule im Bezirke Wiznitz mit ruthe-
niſcher Unterrichtsſprache auf Staatskoſten anzugehen und
die Regierung aufzufordern, an den vier unteren Claſſen
des Obergymnaſiums in Czernowitz rumäniſche
Parallelclaſſen ehethunlichſt zu errichten. Nach
den üblichen Dankesreden wurde der Landtag vom Landes-
hauptmann Lupul mit Hochrufen auf den Kaiſer um
3 Uhr Nachmittags geſchloſſen.
Prag, 10. Februar. In der heutigen Abendſitzung
des Landtages begann die Budgetdebatte, als
erſter Redner ſprach Abg. Dr. Forſcht.
Prag, 10. Februar. In der Abendſitzung ſprach der
Abg. Dr. Baxa über die Dynaſtie. Von allen Seiten des
Hauſes tönen ihm Rufe der Entrüſtung und Em-
pörung entgegen. Minutenlang erſtickten „Oho!-Rufe
die Worte des Redners. Der Oberſtlandmarſchall, der ſchon
zuvor den Redner ermahnt hatte, die Dynaſtie nicht in die
Debatte zu ziehen, ruft denſelben unter begeiſtertem Beifalle
des Hauſes zur Ordnung.
Brünn, 10. Februar. Es wird beſchloſſen, dem Juſtiz-
miniſterium die Errichtung eines neuen Bezirksge-
richtsſprengels in Zlin zu empfehlen und die Re-
gierung um Abgabe billigen Viehſalzes an Viehzüchter zu erſuchen.
Die Erweiterung der Brünner Landesirrenanſtalt mit
einem Koſtenbetrage von 135.000 fl. wird genehmigt. Für
das Jahr 1896 wird die Einhebung einer Umlage von
44 kr. auf die directen Steuern zur Bedeckung des Ab-
ganges per 5,375.816 beſchloſſen. Abg. Bubela erklärt
die Gründe, weshalb die Czechen wieder im Landtage er-
ſchienen ſind.
Der greiſe Landeshauptmann-Stellvertreter Dr.
v. Srom nahm unter allgemeiner Rührung von dem
Landtage Abſchied, dem er 35 Jahre angehört. Dann wurde
unter den üblichen Formalitäten die Seſſion geſchloſſen.
Schatzlar in Flammen.
Prag, 10. Februar. Die Poſt- und Telegraphen-
Direction in Prag hat ſoeben aus Schatzlar eine
Depeſche erhalten, der zu Folge der Ringplatz
der Stadt Schatzlar in Flammen ſteht
und das Poſtamtsgebäude brennt. Aus Trautenau
wurde ein Löſchtrain auf den Brandplatz dirigirt.
Die Arbeitsloſen in Prag.
Prag, 10. Februar. Heute Nachmittags hat
in der Stadt Königl. Weinberge bei Prag
im Circus eine Verſammlung der Arbeits-
loſen ſtattgefunden, die von 2000 Perſonen beſucht
war. Die Verſammlung berieth mehrere Stunden
über die Mittel, Arbeit zu erlangen. Gegen ½6 Uhr
zogen die Arbeitsloſen in die Stadt Prag ein, wurden
aber auf dem Wenzelsplatze von der Polizei zer-
ſtreut, wobei wegen Widerſetzlichkeit gegen die
Wache 3 Perſonen verhaftet wurden.
Die Socialdemokraten und die Milleniums-
Feier.
Budapeſt, 10. Februar. Die ſocialdemokratiſche
Arbeiterpartei hatte für geſtern mehrere Ver-
ſammlungen einberufen, auf deren Tagesordnung
die von den Arbeitern anläßlich der Milleniums-
feier zu beobachtende Haltung ſtand. Die Verſamm-
lungen verliefen mit Ausnahme derjenigen der Tiſchler-
arbeiter ruhig. Die letztere verlief ſo tumultuös, daß
ſie wegen maßloſer Angriffe eines Redners behördlich
aufgelöſt wurde. Es kam hiebei zu argen Ausſchreitun-
gen, denen erſt eine größere Abtheilung von Polizei-
mannſchaft ein Ende bereiten konnte. Elf Perſonen
wurden verhaftet.
Affaire Pulßky.
Budapeſt, 10. Februar. Miniſter-Präſident
Banffy ſucht des Langen und Breiten nachzuweiſen,
daß die Landescommiſſion nicht der Controle des
Reichstages unterſtellt war. Der geweſene Miniſter-
präſident Dr. Wekerle habe ſeinerzeit dieſer Com-
miſſion einen Bericht unterbreitet, daß die ungünſtigen
Finanzverhältniſſe Italiens ſehr günſtige Kaufverhält-
niſſe geſchaffen hätten und deshalb ſei es am
Platze, auch einige Bilderkäufe vorzunehmen.
Die Ausgaben ſeien unter voller Verant-
wortung der Regierung vorgenommen
worden, „doch anerkenne ich (wie gütig!), daß es jetzt
(alſo doch!) an der Zeit iſt, das Haus bezüglich der
Koſten der Millenniums-Feſtlich-
keiten zu orientiren, nachdem auch die Re-
gierung diesbezüglich orientirt iſt.“ (Rufe links:
Jetzt erſt iſt man orientirt.) „Jawohl, jetzt
erſt.“ In der Pulszky-Affare halte er
die Entſendung einer parlamentariſchen Unterſuchungs-
commiſſion für überflüſſig, (das iſt ſelbſt für
einen Banffy ſtark!), darum bitte er, den Beſchlußantrag
des Abg. Grafen Apponyi abzulehnen. (Beifall
rechts bei den Mameluken!) Cultus- und Unterrichts-
miniſter Wlaſſics erklärt, er könne conſtatiren,
daß nur bezüglich 7000 Gulden die Belege fehlen.
Sonſt ſei Alles in Ordnung befunden worden. (O Du
— Million! Iſt das eine Einfalt!) Nachdem einzelne
Regelwidrigkeiten conſtatirt worden, habe die Regierung
die Strafanzeige erſtattet. Rufe: (Gegen wen denn?)
Die Geiſtesſtörung (Lachen) hinderte die Unterſuchung
nicht. Er ſchildert die vorgenommen Käufe für das
Muſeum und erklärt, man habe doch, da kein concretes
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