Reichspost. Nr. 41b, Wien, 11.02.1896.[Spaltenumbruch]
Preis 2 kr. Redartion, Administration Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Unfrankirte Briefe werden nicht an- Ankündigungs-Bureau: Das Morgenblatt erscheint um [Spaltenumbruch] Abendblatt. Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 2 kr. Bezugspreise: Einzelne Nummern: Morgenblatt Für Oesterreich-Ungarn, sammt Für Deutschland mit einmaliger Abonnements werden ange- Telephon 1828. III. Jahrgang. Wien, Dienstag, den 11. Februar 1896. Nr. 41. [Spaltenumbruch] Politische Rundschau. Der Wiener Czas, das deutschgeschriebene "Die von mehreren Blättern lancirten Mittheilungen, Wenn man weiß, mit welcher Fixigkeit die Im böhmischen Landtage kam es gestern Laut einer officiösen Mittheilung werden Rascher als vielleicht anzunehmen war, hatten Das ehemals Stambulow'sche Organ "Svo [Spaltenumbruch] Der Spinnerlehrling. Von William Westall. Verdeutscht von Axel Albrecht. (Mit Genehmigung des Verfassers.) 33 [Nachdruck verboten.] Aber er konnte jetzt ohne Erregung hierüber sprechen Auch quälte ihn oftmals der Gedankte, daß Herr Ni[chtsde]stoweniger hielt Dr. Gockleton seine früher "Sobald die richtige Saite angeschlagen sein Ungefähr nach Ablauf einer Stunde kehrte Robin "Nun hast Du alle Bücher abgeliefert, Du Wind- "Jawohl, Salomon, König der Juden --" "König der Juden?! Warte, ich will Dich lehren Ein großer Foliant flog durch den Laden; dies- Unglücklicherweise war dies nun ein Tintenfaß, In diesem Augenblicke trat Bartlett unbemerkt von "Robin," rief er laut und ärgerlich, "was soll "Er nannte mich König der Juden," sagte Salomon "Aber er hat mich vorher Windbeutel und dann "Vergeltung mit dem Tintenfaß geübt. Nun, ich "Nur der alte Collis, welcher sich während einer "Das sieht ihm ähnlich. Er ist ein ebenso großer "Gewiß, Herr Bartlett." [Spaltenumbruch] "Wollt Ihr Frieden halten?" "Wenn Salomon mich in Ruhe läßt, so werde "Und wenn Robin mich in Ruhe läßt, so werde "Gut, der Friede ist wiederhergestellt, und ich kann "Gerne Herr Bartlett?" Nach einer kurzen Abwesenheit erschien der Buch- Seine Mittel hätten ihm zwar gestattet, einen Sitz Robin folgte mit dem Reisesack, der nur wenig schwerer Nachdem Bartlett sich von Salomon verab- "Hier wohnt der arme Herr Chubb," sagte er, "Warum sagen Sie, der arme Herr Chubb?" (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch]
Preis 2 kr. Redartion, Adminiſtration Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Unfrankirte Briefe werden nicht an- Ankündigungs-Bureau: Das Morgenblatt erſcheint um [Spaltenumbruch] Abendblatt. Reichspoſt. Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 2 kr. Bezugspreiſe: Einzelne Nummern: Morgenblatt Für Oeſterreich-Ungarn, ſammt Für Deutſchland mit einmaliger Abonnements werden ange- Telephon 1828. III. Jahrgang. Wien, Dienſtag, den 11. Februar 1896. Nr. 41. [Spaltenumbruch] Politiſche Rundſchau. Der Wiener Czas, das deutſchgeſchriebene „Die von mehreren Blättern lancirten Mittheilungen, Wenn man weiß, mit welcher Fixigkeit die Im böhmiſchen Landtage kam es geſtern Laut einer officiöſen Mittheilung werden Raſcher als vielleicht anzunehmen war, hatten Das ehemals Stambulow’ſche Organ „Svo [Spaltenumbruch] Der Spinnerlehrling. Von William Weſtall. Verdeutſcht von Axel Albrecht. (Mit Genehmigung des Verfaſſers.) 33 [Nachdruck verboten.] Aber er konnte jetzt ohne Erregung hierüber ſprechen Auch quälte ihn oftmals der Gedankte, daß Herr Ni[chtſde]ſtoweniger hielt Dr. Gockleton ſeine früher „Sobald die richtige Saite angeſchlagen ſein Ungefähr nach Ablauf einer Stunde kehrte Robin „Nun haſt Du alle Bücher abgeliefert, Du Wind- „Jawohl, Salomon, König der Juden —“ „König der Juden?! Warte, ich will Dich lehren Ein großer Foliant flog durch den Laden; dies- Unglücklicherweiſe war dies nun ein Tintenfaß, In dieſem Augenblicke trat Bartlett unbemerkt von „Robin,“ rief er laut und ärgerlich, „was ſoll „Er nannte mich König der Juden,“ ſagte Salomon „Aber er hat mich vorher Windbeutel und dann „Vergeltung mit dem Tintenfaß geübt. Nun, ich „Nur der alte Collis, welcher ſich während einer „Das ſieht ihm ähnlich. Er iſt ein ebenſo großer „Gewiß, Herr Bartlett.“ [Spaltenumbruch] „Wollt Ihr Frieden halten?“ „Wenn Salomon mich in Ruhe läßt, ſo werde „Und wenn Robin mich in Ruhe läßt, ſo werde „Gut, der Friede iſt wiederhergeſtellt, und ich kann „Gerne Herr Bartlett?“ Nach einer kurzen Abweſenheit erſchien der Buch- Seine Mittel hätten ihm zwar geſtattet, einen Sitz Robin folgte mit dem Reiſeſack, der nur wenig ſchwerer Nachdem Bartlett ſich von Salomon verab- „Hier wohnt der arme Herr Chubb,“ ſagte er, „Warum ſagen Sie, der arme Herr Chubb?“ (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <head> <hi rendition="#b">Preis 2 kr.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Redartion, Adminiſtration<lb/> Expedition und Druckerei:</hi><lb/><hi rendition="#aq">VIII.,</hi><hi rendition="#g">Strozzigaſſe</hi> 41.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Stadtexpedition</hi><hi rendition="#aq">I.,</hi> Wollzeile 15.<lb/> Zeitungsbureau <hi rendition="#b">Weis.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Unfrankirte Briefe werden nicht an-<lb/> genommen: Manuſkripte werden<lb/> nicht zurückgeſtellt. 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Man ſollte<lb/> nun glauben, daß Niemand etwas ein-<lb/> facheres und natürlicheres zu thun hätte,<lb/> als die — Geſchmackloſigkeit des Herrn<lb/> Baxa zurückzuweiſen und für den Mangel<lb/> an Tact nur dieſen, doch gewiß großjährigen<lb/> Herrn <supplied>v</supplied>erantwortlich zu machen. Das Schweigen<lb/> der Jungezechen gibt zwar zu denken, aber noch<lb/> kein Recht, daraus auf ihre Zuſtimmung zu den<lb/> Rodomontaden ihres Collegen zu ſchließen. Erſt<lb/> der genaue Bericht über die Sitzung wird ermög-<lb/> lichen, in dieſer Beziehung klar zu ſehen. Die<lb/> „N. Fr. Preſſe“ kann ſich aber mit ſolchen ſelbſt-<lb/> verſtändlichen Dingen nicht zufrieden geben, ſie<lb/> muß etwas Großes thun und ſchiebt die Schuld<lb/> für die Lücken der Baxa’ſchen Erziehung den —<lb/> Antiliberalen des niederöſterreichiſchen Landtages<lb/> in die Schuhe. Kein Widerſinn iſt ſo groß, als<lb/> daß er nicht von der Wienflußpythia orakelt<lb/> werden könnte. Baxa ein Schüler der Wiener Anti-<lb/> ſemiten, das iſt nicht mehr dumm, das iſt ſchon<lb/> geſundheitsſchädlich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Laut einer officiöſen Mittheilung werden<lb/> ſämmtliche <hi rendition="#b">Landtage</hi> <hi rendition="#g">geſchloſſen</hi> werden.<lb/> Die projectirte Vertagung des böhmiſchen Land-<lb/> tages ſcheint alſo fallen gelaſſen zu ſein, man<lb/> hofft mit Hilfe von Abendſitzungen auch in Prag<lb/> das Landesbudget zu erledigen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Raſcher als vielleicht anzunehmen war, hatten<lb/> die Interpellationen und die Debatte über die<lb/><hi rendition="#b">„Affaire Pulszky“</hi> im ungariſchen Abgeord-<lb/> netenhauſe begonnen. Der Führer der National-<lb/> partei, Graf Alb. <hi rendition="#g">Apponyi</hi> ſtellte diesbezüg-<lb/> lich eine Anfrage an die Regierung, welche<lb/> ebenſo tief in den Kern der Sache eindringt,<lb/> wie ſie maßvoll in den darauf geſtützten<lb/> Forderungen erſcheint, und die wir in der<lb/> Morgenausgabe wiedergaben. Weniger kann<lb/> doch ein Führer der Oppoſition nicht verlangen,<lb/><cb/> in einem Falle wie der vorliegende, als die Ein-<lb/> ſetzung einer parlamentariſchen Unterſuchungscom-<lb/> miſſion. Wäre Baron <hi rendition="#g">Banffy</hi> überzeugt, daß<lb/> die letztere in der Sache nicht ein <hi rendition="#g">Haar,</hi> ſondern<lb/> ein ganzes Büſchel findet, er hätte mit glücklichem<lb/> Antlitz ſeine Zuſtimmung zu dem Antrage<lb/><hi rendition="#g">Apponyi</hi> gegeben: der Ehrliche fordert die<lb/> Controle ſelbſt. Aber die <hi rendition="#g">Angſt</hi> vor der Com-<lb/> miſſion, welche aus der Antwortrede Banffy’s<lb/> hervorleuchtet, läßt die verſchiedenen Zwiſchenrufe<lb/> wie „Diebe! Hehler! Man darf nicht ſtehlen!“<lb/> u. ſ. w, gerechtfertigt erſcheinen. Jeder Unbefan-<lb/> gene in Ungarn wird den gleichen Eindruck von<lb/> der Rede Banffy’s erhalten. Beſtärkt wird dieſer<lb/> Eindruck noch durch die Auslaſſungen des<lb/> Miniſters <hi rendition="#g">Wlaſſics,</hi> der nach Banffy das<lb/> Wort ergriff. Dieſer Muſterminiſter weiß<lb/> ſogar bereits, <hi rendition="#g">wo</hi> die fehlenden 7000 fl. hinge-<lb/> kommen ſind: „<hi rendition="#g">wahrſcheinlich</hi> für die aus<lb/> Italien mitgebrachten Reſtauratoren!“ Der Miniſter<lb/> gibt zu, daß bei der jetzigen Organiſation der<lb/> National-Gallerie eine Controle unmöglich iſt<lb/> Die parlamentariſche Commiſſion weiſt er ab, denn<lb/> „es ſei nicht die Sache derſelben, die Handlungen<lb/> eines Wahnſinnigen oder Defraudanten zu be-<lb/> urtheilen.“ Wahrlich, frivoler iſt kaum je Re-<lb/> gierung und Parlamentarismus gehandhabt<lb/> worden, als es unter <hi rendition="#g">Banffy’s</hi> Regime in<lb/> Ungarn der Fall iſt.</p> </div><lb/> <div xml:id="sofia1" next="#sofia2" type="jArticle" n="2"> <p>Das ehemals Stambulow’ſche Organ <hi rendition="#g">„Svo<lb/> boda“</hi> in <hi rendition="#b">Sofia</hi> brachte jüngſt eine bemerkens<lb/> werthe Reminiscenz. Das Blatt führt aus, daß<lb/> die Jahre, die mit der Ziffer 6 endigen, für die<lb/> orientaliſchen Herrſcher unglücklich verliefen. So<lb/> wurde im Jahre 1866 der Fürſt <hi rendition="#g">Cuſa</hi> von den<lb/> Rumänen entthront; im Jahre 1876 entthronten<lb/> und tödteten die Türken den Sultan Abdul-Aziz,<lb/> und im Jahre 1886 entthronten die Bulgaren.<lb/> ihren erſten Fürſten, Alexander Battenberg. Welche</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Der Spinnerlehrling.</hi><lb/> Von <hi rendition="#g">William Weſtall.<lb/> Verdeutſcht von Axel Albrecht.</hi><lb/> (Mit Genehmigung des Verfaſſers.)</head><lb/> <p>33 <hi rendition="#et">[Nachdruck verboten.]</hi> </p><lb/> <p>Aber er konnte jetzt ohne Erregung hierüber ſprechen<lb/> und unterhielt ſich öfters darüber mit Herrn Bartlett.<lb/> Robin ſelbſt hatte das unbeſtimmte Gefühl, daß das<lb/> Verbot ſeiner Mutter, den Namen ſeines Vaters zu<lb/> nennen, etwas mit dieſer eigenthümlichen Erſcheinung<lb/> zu thun habe. Andererſeits hatte er den größten Wunſch,<lb/> ſich des Namens zu erinnern; denn er ſah ſehr wohl<lb/> ein, daß es ſonſt faſt unmöglich für ihn ſein würde,<lb/> ſeinen Vater wiederzufinden oder von ſeinem Vater auf-<lb/> gefunden zu werden.</p><lb/> <p>Auch quälte ihn oftmals der Gedankte, daß Herr<lb/> Bartlett <supplied>ſei</supplied>ner angeblichen Gedächtnißſchwäche in<lb/> dieſem <gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/> keinen Glauben ſchenken könnte.</p><lb/> <p>Ni<supplied>chtſde</supplied>ſtoweniger hielt Dr. Gockleton ſeine früher<lb/> ausgeſpro<supplied>che</supplied>ne Diagnoſe aufrecht.</p><lb/> <p>„Sobald die richtige Saite angeſchlagen ſein<lb/> wird, ſo wird ſich ſein Gedächtniß wieder einſtellen,“<lb/> ſagte er.</p><lb/> <p>Ungefähr nach Ablauf einer Stunde kehrte Robin<lb/> wieder in den Laden zurück.</p><lb/> <p>„Nun haſt Du alle Bücher abgeliefert, Du Wind-<lb/> beutel?“ fragte ihn Salomon.</p><lb/> <p>„Jawohl, Salomon, König der Juden —“</p><lb/> <p>„König der Juden?! Warte, ich will Dich lehren<lb/> — Du, namenloſer Findling, Du!“</p><lb/> <p>Ein großer Foliant flog durch den Laden; dies-<lb/> mal war Robin nicht ſchnell genug ausgewichen, das<lb/> Buch traf ihn mit großer Heftigkeit am Ohr. — Vor<lb/> Schmerz und Scham über dieſen Schimpf verlor Robin<lb/> jede Selbſtbeherrſchung und in dem blinden Eifer, ſich<lb/><cb/> zu vertheidigen und zu rächen, ergriff er den erſten<lb/> beſten Gegenſtand, um ihn nach Salomon zu werfen.</p><lb/> <p>Unglücklicherweiſe war dies nun ein Tintenfaß,<lb/> welches Salomon mit voller Gewalt am Kinn traf<lb/> und ihm das Geſicht und die Kleider beſudelte.</p><lb/> <p>In dieſem Augenblicke trat Bartlett unbemerkt von<lb/> den beiden Kämpfern in den Laden.</p><lb/> <p>„Robin,“ rief er laut und ärgerlich, „was ſoll<lb/> das heißen? wie kommſt Du dazu, den ganzen<lb/> Laden wit Tinte zu beſchmutzen? Und wie Sie ausſehen,<lb/> Langſam! Sie ſind ja über und über mit Tinte beſchmutzt!<lb/> Was geht hier vor? Ihr ſolltet doch wiſſen, wie ſehr<lb/> mir ſolche Kindereien verhaßt ſind. — Ich hoffe nicht,<lb/> daß Ihr Euch gezankt und geprügelt habt?“</p><lb/> <p>„Er nannte mich König der Juden,“ ſagte Salomon<lb/> ärgerlich, indem er ſich das Geſicht mit einem ſchmutzigen<lb/> Staubtuch abwiſchte, „und dann —“</p><lb/> <p>„Aber er hat mich vorher Windbeutel und dann<lb/> einen namenloſen Findling geſcholten und mir ein Buch<lb/> an den Kopf geworfen,“ begann Robin erregt, „und<lb/> dann habe ich —“</p><lb/> <p>„Vergeltung mit dem Tintenfaß geübt. Nun, ich<lb/> würde vielleicht ebenſo gehandelt haben; nichtsdeſto-<lb/> weniger wünſche ich nicht, daß ſich dieſe Scenen während<lb/> der Geſchäftsſtunden wiederholen. In welchen Ruf hätte<lb/> mein Geſchäft kommen können, wenn gerade ein Kunde<lb/> eingetreten wäre. Iſt jemand ſeit meiner Abweſenheit<lb/> hier geweſen, Salomon?“</p><lb/> <p>„Nur der alte Collis, welcher ſich während einer<lb/> Stunde im Laden aufgehalten und alle Bücher durch-<lb/> gekramt hat, um ſchließlich eine Broſchüre für zwei<lb/> Pennys zu kaufen.“</p><lb/> <p>„Das ſieht ihm ähnlich. Er iſt ein ebenſo großer<lb/> Geizhals wie mein Neffe Weevil. Ich reiſe heute Abend<lb/> mit der Schnellpoſt nach Portsmouth. Kann ich das<lb/> Geſchäft Eurer Obhut anvertrauen?“</p><lb/> <p>„Gewiß, Herr Bartlett.“</p><lb/> <cb/> <p>„Wollt Ihr Frieden halten?“</p><lb/> <p>„Wenn Salomon mich in Ruhe läßt, ſo werde<lb/> ich ihn auch in Ruhe laſſen,“ ſagte Robin.</p><lb/> <p>„Und wenn Robin mich in Ruhe läßt, ſo werde<lb/> ich ihn auch in Ruhe laſſen,“ antwortete Salomon<lb/> reſignirt.</p><lb/> <p>„Gut, der Friede iſt wiederhergeſtellt, und ich kann<lb/> meine Reiſe leichten Herzens antreten“, ſagte Bartlett<lb/> lächelnd. „Willſt Du mit mir zur Poſt gehen, Robin,<lb/> und meine Sachen tragen?“</p><lb/> <p>„Gerne Herr Bartlett?“</p><lb/> <p>Nach einer kurzen Abweſenheit erſchien der Buch-<lb/> händler wieder in ſeinem Laden und zwar in voller<lb/> Reiſeausrüſtung. Dieſe war ziemlich umfangreich, da<lb/> er volle zwölf Stunden auf dem Verdeck der Poſtkuſche<lb/> ſitzen mußte.</p><lb/> <p>Seine Mittel hätten ihm zwar geſtattet, einen Sitz<lb/> im Innern des Wagens zu bezahlen, aber er hielt dies<lb/> für eine überflüſſige Ausgabe. Er trug einen großen<lb/> Reiſemantel über dem einen Arm und einen Regenſchirm<lb/> unter dem anderen. Dies war ein rieſiges Inſtrument<lb/> aus Fiſchbein und blauer Baumwolle — groß genug<lb/> um einen ganzen Wagen zu beſchirmen. Der Mantel,<lb/> welcher mit einer Kaputze zum Schutze des Kopfes ver-<lb/> ſehen war, war ein Kleidungsſtück von bedeutender<lb/> Schwere und Länge.</p><lb/> <p>Robin folgte mit dem Reiſeſack, der nur wenig ſchwerer<lb/> als der Regenſchirm und nur halb ſo ſchwer als der<lb/> Mantel war</p><lb/> <p>Nachdem Bartlett ſich von Salomon verab-<lb/> ſchiedet hatte, trat er mit Robin den Weg zur<lb/> Poſt an.</p><lb/> <p>„Hier wohnt der arme Herr Chubb,“ ſagte er,<lb/> indem er auf ein hübſches, kleines Haus deutete, welches<lb/> in einem Garten lag.</p><lb/> <p>„Warum ſagen Sie, der arme Herr Chubb?“</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Preis 2 kr.
Redartion, Adminiſtration
Expedition und Druckerei:
VIII., Strozzigaſſe 41.
Stadtexpedition I., Wollzeile 15.
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genommen: Manuſkripte werden
nicht zurückgeſtellt. Unverſchloſſene
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VIII., Strozzigaſſe 41, ſowie bei
dem Annoncenbureau für kath.-con-
ſerb. Blätter, Hubert Fried!
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6 Uhr Früh täglich, mit Aus-
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tage folgenden Tage; das
Abendblatt an jedem Wochen-
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Telephon 1828.
III. Jahrgang. Wien, Dienſtag, den 11. Februar 1896. Nr. 41.
Politiſche Rundſchau.
Der Wiener Czas, das deutſchgeſchriebene
Badenileiblatt, auch „Reform-Preſſe“ genannt,
bringt heute ein ſehr lendenlahmes Dementi hin-
ſichtlich der zunehmenden Ausgleichsſchmerzen.
Dasſelbe lautet im vollen Glanze leibofficiöſer
Stiliſtik:
„Die von mehreren Blättern lancirten Mittheilungen,
wonach mit Rückſicht auf den prekären Stand der Aus-
gleichsverhandlungen beſchloſſen worden ſei, lediglich den status
quo um ein Jahr zu verlängern, werden an wohlunter-
richteter Stelle als ein oppoſitionelles Manöver bezeichnet.
Von Perſönlichkeiten, welche genauen Einblick in den Stand
der Verhandlungen haben, wird beſtimmt verſichert, daß
der Verlauf derſelben bisher eine derartige
peſſimiſtiſche Auffaſſung nicht rechtfertigt.
Die Verläßlichkeit der erwähnten Meldungen wird übrigens
am deutlichſten dadurch gekennzeichnet, daß dieſelben theil-
weiſe ſogar von einer Unterbrechung der Verhandlungen zu
berichten wiſſen, während dieſelben thatſächlich derzeit auf
ſchriftlichem Wege fortgeſetzt werden und deren Ergebniß die
Unterlage der für die Zeit um Ende Februar oder Anfangs
März in Ausſicht genommenen neuerlichen mündlichen Ver-
handlungen in Wien bilden wird.“
Wenn man weiß, mit welcher Fixigkeit die
officiöſen Scribifexe ſelbſt dann mit „aus der Luft
gegriffenen“, „läppiſchen Erfindungen“, „phantaſie-
vollen Combinationen“ herumwerfen, wenn eine
Nachricht nur in einigen Details von den
Thatſachen abweicht, ſo kann man ſich ungefähr
denken, wie wahr etwas ſein muß, was officiös
derartig matt dementirt wird.
Im böhmiſchen Landtage kam es geſtern
zu einer ſehr bedauerlichen Ausſchreitung, indem
der radical-jungezechiſche Abgeordnete Baxa ſich
in directen Angriffen gegen die Dynaſtie erging.
Dieſer Vorgang wird ſicherlich von jedem Patrioten
auf das ſchärfte verurtheilt werden und Herr
Baxa hat wohl kaum irgendwo eine Aufmunte-
rung gefunden, eine Repriſe ſeiner parlamentari-
ſchen Poltronnerie zu geben. Man ſollte
nun glauben, daß Niemand etwas ein-
facheres und natürlicheres zu thun hätte,
als die — Geſchmackloſigkeit des Herrn
Baxa zurückzuweiſen und für den Mangel
an Tact nur dieſen, doch gewiß großjährigen
Herrn verantwortlich zu machen. Das Schweigen
der Jungezechen gibt zwar zu denken, aber noch
kein Recht, daraus auf ihre Zuſtimmung zu den
Rodomontaden ihres Collegen zu ſchließen. Erſt
der genaue Bericht über die Sitzung wird ermög-
lichen, in dieſer Beziehung klar zu ſehen. Die
„N. Fr. Preſſe“ kann ſich aber mit ſolchen ſelbſt-
verſtändlichen Dingen nicht zufrieden geben, ſie
muß etwas Großes thun und ſchiebt die Schuld
für die Lücken der Baxa’ſchen Erziehung den —
Antiliberalen des niederöſterreichiſchen Landtages
in die Schuhe. Kein Widerſinn iſt ſo groß, als
daß er nicht von der Wienflußpythia orakelt
werden könnte. Baxa ein Schüler der Wiener Anti-
ſemiten, das iſt nicht mehr dumm, das iſt ſchon
geſundheitsſchädlich.
Laut einer officiöſen Mittheilung werden
ſämmtliche Landtage geſchloſſen werden.
Die projectirte Vertagung des böhmiſchen Land-
tages ſcheint alſo fallen gelaſſen zu ſein, man
hofft mit Hilfe von Abendſitzungen auch in Prag
das Landesbudget zu erledigen.
Raſcher als vielleicht anzunehmen war, hatten
die Interpellationen und die Debatte über die
„Affaire Pulszky“ im ungariſchen Abgeord-
netenhauſe begonnen. Der Führer der National-
partei, Graf Alb. Apponyi ſtellte diesbezüg-
lich eine Anfrage an die Regierung, welche
ebenſo tief in den Kern der Sache eindringt,
wie ſie maßvoll in den darauf geſtützten
Forderungen erſcheint, und die wir in der
Morgenausgabe wiedergaben. Weniger kann
doch ein Führer der Oppoſition nicht verlangen,
in einem Falle wie der vorliegende, als die Ein-
ſetzung einer parlamentariſchen Unterſuchungscom-
miſſion. Wäre Baron Banffy überzeugt, daß
die letztere in der Sache nicht ein Haar, ſondern
ein ganzes Büſchel findet, er hätte mit glücklichem
Antlitz ſeine Zuſtimmung zu dem Antrage
Apponyi gegeben: der Ehrliche fordert die
Controle ſelbſt. Aber die Angſt vor der Com-
miſſion, welche aus der Antwortrede Banffy’s
hervorleuchtet, läßt die verſchiedenen Zwiſchenrufe
wie „Diebe! Hehler! Man darf nicht ſtehlen!“
u. ſ. w, gerechtfertigt erſcheinen. Jeder Unbefan-
gene in Ungarn wird den gleichen Eindruck von
der Rede Banffy’s erhalten. Beſtärkt wird dieſer
Eindruck noch durch die Auslaſſungen des
Miniſters Wlaſſics, der nach Banffy das
Wort ergriff. Dieſer Muſterminiſter weiß
ſogar bereits, wo die fehlenden 7000 fl. hinge-
kommen ſind: „wahrſcheinlich für die aus
Italien mitgebrachten Reſtauratoren!“ Der Miniſter
gibt zu, daß bei der jetzigen Organiſation der
National-Gallerie eine Controle unmöglich iſt
Die parlamentariſche Commiſſion weiſt er ab, denn
„es ſei nicht die Sache derſelben, die Handlungen
eines Wahnſinnigen oder Defraudanten zu be-
urtheilen.“ Wahrlich, frivoler iſt kaum je Re-
gierung und Parlamentarismus gehandhabt
worden, als es unter Banffy’s Regime in
Ungarn der Fall iſt.
Das ehemals Stambulow’ſche Organ „Svo
boda“ in Sofia brachte jüngſt eine bemerkens
werthe Reminiscenz. Das Blatt führt aus, daß
die Jahre, die mit der Ziffer 6 endigen, für die
orientaliſchen Herrſcher unglücklich verliefen. So
wurde im Jahre 1866 der Fürſt Cuſa von den
Rumänen entthront; im Jahre 1876 entthronten
und tödteten die Türken den Sultan Abdul-Aziz,
und im Jahre 1886 entthronten die Bulgaren.
ihren erſten Fürſten, Alexander Battenberg. Welche
Der Spinnerlehrling.
Von William Weſtall.
Verdeutſcht von Axel Albrecht.
(Mit Genehmigung des Verfaſſers.)
33 [Nachdruck verboten.]
Aber er konnte jetzt ohne Erregung hierüber ſprechen
und unterhielt ſich öfters darüber mit Herrn Bartlett.
Robin ſelbſt hatte das unbeſtimmte Gefühl, daß das
Verbot ſeiner Mutter, den Namen ſeines Vaters zu
nennen, etwas mit dieſer eigenthümlichen Erſcheinung
zu thun habe. Andererſeits hatte er den größten Wunſch,
ſich des Namens zu erinnern; denn er ſah ſehr wohl
ein, daß es ſonſt faſt unmöglich für ihn ſein würde,
ſeinen Vater wiederzufinden oder von ſeinem Vater auf-
gefunden zu werden.
Auch quälte ihn oftmals der Gedankte, daß Herr
Bartlett ſeiner angeblichen Gedächtnißſchwäche in
dieſem _ keinen Glauben ſchenken könnte.
Nichtſdeſtoweniger hielt Dr. Gockleton ſeine früher
ausgeſprochene Diagnoſe aufrecht.
„Sobald die richtige Saite angeſchlagen ſein
wird, ſo wird ſich ſein Gedächtniß wieder einſtellen,“
ſagte er.
Ungefähr nach Ablauf einer Stunde kehrte Robin
wieder in den Laden zurück.
„Nun haſt Du alle Bücher abgeliefert, Du Wind-
beutel?“ fragte ihn Salomon.
„Jawohl, Salomon, König der Juden —“
„König der Juden?! Warte, ich will Dich lehren
— Du, namenloſer Findling, Du!“
Ein großer Foliant flog durch den Laden; dies-
mal war Robin nicht ſchnell genug ausgewichen, das
Buch traf ihn mit großer Heftigkeit am Ohr. — Vor
Schmerz und Scham über dieſen Schimpf verlor Robin
jede Selbſtbeherrſchung und in dem blinden Eifer, ſich
zu vertheidigen und zu rächen, ergriff er den erſten
beſten Gegenſtand, um ihn nach Salomon zu werfen.
Unglücklicherweiſe war dies nun ein Tintenfaß,
welches Salomon mit voller Gewalt am Kinn traf
und ihm das Geſicht und die Kleider beſudelte.
In dieſem Augenblicke trat Bartlett unbemerkt von
den beiden Kämpfern in den Laden.
„Robin,“ rief er laut und ärgerlich, „was ſoll
das heißen? wie kommſt Du dazu, den ganzen
Laden wit Tinte zu beſchmutzen? Und wie Sie ausſehen,
Langſam! Sie ſind ja über und über mit Tinte beſchmutzt!
Was geht hier vor? Ihr ſolltet doch wiſſen, wie ſehr
mir ſolche Kindereien verhaßt ſind. — Ich hoffe nicht,
daß Ihr Euch gezankt und geprügelt habt?“
„Er nannte mich König der Juden,“ ſagte Salomon
ärgerlich, indem er ſich das Geſicht mit einem ſchmutzigen
Staubtuch abwiſchte, „und dann —“
„Aber er hat mich vorher Windbeutel und dann
einen namenloſen Findling geſcholten und mir ein Buch
an den Kopf geworfen,“ begann Robin erregt, „und
dann habe ich —“
„Vergeltung mit dem Tintenfaß geübt. Nun, ich
würde vielleicht ebenſo gehandelt haben; nichtsdeſto-
weniger wünſche ich nicht, daß ſich dieſe Scenen während
der Geſchäftsſtunden wiederholen. In welchen Ruf hätte
mein Geſchäft kommen können, wenn gerade ein Kunde
eingetreten wäre. Iſt jemand ſeit meiner Abweſenheit
hier geweſen, Salomon?“
„Nur der alte Collis, welcher ſich während einer
Stunde im Laden aufgehalten und alle Bücher durch-
gekramt hat, um ſchließlich eine Broſchüre für zwei
Pennys zu kaufen.“
„Das ſieht ihm ähnlich. Er iſt ein ebenſo großer
Geizhals wie mein Neffe Weevil. Ich reiſe heute Abend
mit der Schnellpoſt nach Portsmouth. Kann ich das
Geſchäft Eurer Obhut anvertrauen?“
„Gewiß, Herr Bartlett.“
„Wollt Ihr Frieden halten?“
„Wenn Salomon mich in Ruhe läßt, ſo werde
ich ihn auch in Ruhe laſſen,“ ſagte Robin.
„Und wenn Robin mich in Ruhe läßt, ſo werde
ich ihn auch in Ruhe laſſen,“ antwortete Salomon
reſignirt.
„Gut, der Friede iſt wiederhergeſtellt, und ich kann
meine Reiſe leichten Herzens antreten“, ſagte Bartlett
lächelnd. „Willſt Du mit mir zur Poſt gehen, Robin,
und meine Sachen tragen?“
„Gerne Herr Bartlett?“
Nach einer kurzen Abweſenheit erſchien der Buch-
händler wieder in ſeinem Laden und zwar in voller
Reiſeausrüſtung. Dieſe war ziemlich umfangreich, da
er volle zwölf Stunden auf dem Verdeck der Poſtkuſche
ſitzen mußte.
Seine Mittel hätten ihm zwar geſtattet, einen Sitz
im Innern des Wagens zu bezahlen, aber er hielt dies
für eine überflüſſige Ausgabe. Er trug einen großen
Reiſemantel über dem einen Arm und einen Regenſchirm
unter dem anderen. Dies war ein rieſiges Inſtrument
aus Fiſchbein und blauer Baumwolle — groß genug
um einen ganzen Wagen zu beſchirmen. Der Mantel,
welcher mit einer Kaputze zum Schutze des Kopfes ver-
ſehen war, war ein Kleidungsſtück von bedeutender
Schwere und Länge.
Robin folgte mit dem Reiſeſack, der nur wenig ſchwerer
als der Regenſchirm und nur halb ſo ſchwer als der
Mantel war
Nachdem Bartlett ſich von Salomon verab-
ſchiedet hatte, trat er mit Robin den Weg zur
Poſt an.
„Hier wohnt der arme Herr Chubb,“ ſagte er,
indem er auf ein hübſches, kleines Haus deutete, welches
in einem Garten lag.
„Warum ſagen Sie, der arme Herr Chubb?“
(Fortſetzung folgt.)
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