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Reichspost. Nr. 53, Wien, 22.02.1909.

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Nr. 53 Wien, Montag Reichspost 22. Februar 1909.

[Spaltenumbruch]
Bluttat in Favoriten.

Eine entsetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger
Mann in Favoriten verübt. Erschoß seine Braut
und deren Vater an und verletzte beide
schwer.
Der Schauplatz der Tat war das Haus
Laaerstraße Nr. 61. Dort wohnt der Platzmeister der
Wienerberger Ziegelfabriksaktiengesellschaft Alois Kocarnik.
Er hat eine Tochter Marie, die mit dem Tischler
Franz. Müller, Laaerstraße Nr. 20 wohnhaft,
verlobt war. Der Vater und die Tochter
hatten mit dem Bräutigam gestern abend eine
Faschingsonntagunterhaltung in einem benachbarten Gast-
haus besucht und waren in bester Stimmung gegen
Mitternacht heimgekehrt. Müller begleitete die Braut
nach Hause. In der Wohnung angelangt, zog er plötzlich
einen Revolver und schoß auf die Braut und deren
Vater. Drei Projektile trafen den Platzmeister Kocarnik.
zwei die Braut. Im Revolver stak noch eine Patrone,
und auch diese wollte Müller noch abfeuern. Trotz seiner
sehr schweren Verletzung stürzte sich der Vater
auf den Rasenden und kämpfte mit ihm um
den Besitz der Waffe. Nach verzweifeltem
Ringen überwältigte Kocarnik den Müller
und drängte ihn zur Türe hinaus. Der Täter verließ
das Haus und stellte sich selbst dem Polizeikommissariat
Favoriten. Die Aerzte fanden Vater und Tochter schwer
verletzt. -- Von anderer Seite erfahren wir: Müller
hatte im Gasthaus vier Krügel Bier getrunken. Er ist
sehr eifersüchtig veranlagt. Im Gasthaus hatte es
keinen Streit gegeben. Man war auch ohne jeden
Verdruß heimgekehrt. Er hat von dem Mädchen an-
geblich einen Kuß verlangt und die Braut soll sich
gesträubt haben. Diese Weigerung soll der Grund des
Attentats sein.




Reichsverbandstag der Schuh-
machergenossenschaften.

Der "Reichsfachverband der Einzelverbände der
Schuhmachergenossenschaften Oesterreichs" hielt gestern
Sonntag seine Generalversammlung ab, der auch Rabg.
Magistratsrat Dr. Heilinger und Genossenschaftsinstruktor
Muuß beiwohnten. Nach der Begrüßung der Ver-
sammlung durch den Präsidenten Zesewitz und der
Erledigung der geschäftlichen, internen Verbands-
angelegenheiten wurde Verbandspräsident Zesewitz zum
Mitglied des Gewerberates gewählt und versprach,
ganz in den Intentionen des Gewerbes zu arbeiten.
(Beifall.) Landesverbandsobmann Schwarz (Mödling)
verlangte, daß die Zahl der Mitglieder des Gewerberates
entsprechend den Bedürfnissen des Gewerbestandes ver-
mehrt werde. Ueber seinen Antrag wurde beschlossen, bei
der Konstituierung des Gewerberates die Forderung nach
Vermehrung seiner Mitglieder zu stellen. Sodann wurde
die Sozialversicherung in Beratung ge-
zagen. Delegierter Fidrant (Wien) bemerkte, daß der
Gewerbetreibende viel besser daran sei, wenn er im
Bedarfsfalle ins Versorgungshaus gehe, als eine so
lächerliche Rente zu beziehen, wie sie im Entwurfe
gedacht sei, und dabei jahrzehntelang hindurch eine un-
erhörte Belastung zu ertragen. Lieber wollen die
Gewerbetreibenden gar keine Altersversicherung als eine
solche. (Zustimmung.)

Delegierter Wimasal (Wien) verlangte Schaffung
einer allgemeinen Altersversicherung. (Zustimmung.)
Delegierter Kauber (Wien) kritisierte in eingeyender
Weise den Gesetzentwurf und erklärte, es sei unbe-
greiflich, wie ein Gewerbetreibender mit einer Rente
von 160 bis 246 Kronen leben soll. Er verlangte unter
anderen die Ausdehnung der Versicherungspflicht auf
alle Selbständigen ohne Rücksicht auf Arbeiter und Ein-
kommen. Landesverbandsobmann Vorsteher Pöll
(Linz) forderte die Gewerbetreibenden auf, sich nicht
absolut gegen die Sozialversicherung auszusprechen,
doch müsse verlangt werden, daß die Versicherung den
Bedürfnissen der Gewerbetreibenden angepaßt werde.
Er schlug eine Reihe von Abänderungen, vor allem die
Erweiterung der Versicherungspflicht auf alle Gewerbe-
und Handeltreibenden ohne Unterschied des Einkommens
vor und beantragte schließlich eine Resolution, in der
die Verbandsversammlung es mit Befriedigung begrüßt,
daß in dem Gesetzentwurfe betreffend die Sozial-
versicherung zum erstenmal das Prinzip der obligatori-
schen Altersversicherung für Kleingewerbe und Klein-
handel unter Gewährung eines staatlichen Zu-
schusses anerkannt wird und als einen besonderen
Vorzug des Gesetzentwurfes, daß es gestattet
sein soll, durch freiwillige Einzahlungen die spärlichen
Versicherungsleistungen des Gesetzes zu erhöhen. Eine
Invalidenfürsorge bei vollkommener Erwerbsunfähigkeit
hält die Versammlung für eine unbedingte Notwendigkeit,
wogegen es keinem Bedenken unterliegt, nach einer ge-
wissen Uebergangsfrist die Wartezeit für die Alters-
versicherung auszudehnen. Dagegen steht der Selbst-
ständigenversicherung gegenüber die Versammlung auf
dem Standpunkte, daß der Gewerbe- und Handelsstand
für die Versicherungsleistungen durch seine Prämien
auch voll aufkommen und er lehnt es
aber ab, mit den Prämien des Gewerbestandes
für die Versicherung der Kleinbauern beizutragen,
und fordert sie dagegen, daß im Gesetze die Bürgschaft
geboten wird, daß die Beiträge der Gewerbe- und
Handeltreibenden auch nur für deren Versicherung be-
nützt werden, ferner daß die Versicherungspflicht auf alle
Gewerbe- und Handeltreibenden ohne Unterschied des
Einkommens ausgedehnt werde. Von den Landesverwal-
tungen erhofft man, daß sie durch ausgiebige Zuschüsse
[Spaltenumbruch] nach belgischem Muster zur freiwilligen Mehr-
versicherung aneifern.
An die gewerbe-
freundlichen Abgeordneten, insbesondere die freie
gewerbliche Vereinigung des Abgeordnetenhauses
wird nun die nachdrückliche Bitte gerichtet
mit allen Miteln darauf hinzuwirken, daß die Alters-
und Invaliditätsversicherung der Gewerbe- und Handels-
treibenden sobald als möglich zur Verwirklichung ge-
lange. Die Resolution wurde angenommen.

Delegierter Christof (Graz) besprach hierauf
das Kartellwesen und sagte, daß ein Kartell
für Schuhmaterialien gebildet worden sei und eine
schwere Schädigung des Schuhmacherhandwerkes bedeute.
Man solle die kartellierten Materialien meiden. Es sei
eine stramme Organisation notwendig, um der Kartellbildung
Einhalt zu tun.

Er brachte eine Resolution zur Verlesung, in der von der
Regierung die Schaffung ein es Kartellgesetzes verlangt
und das Verbandspräsidium beauftragt wird, bei Wieder-
zusammentritt des Abgeordnetenhauses diesbezüglich die
entsprechenden Schritte zu unternehmen.

Ueber Antrag des Vorstehers Pöll (Linz) wurde
beschlossen, an die Regierung und Abgeordnrten mit dem
Ersuchen heranzutreten, das Vertragsverhältnis der Fach-
lehrer und Werkmeister der Gewerbeförderungsinstitute
aufzuheben und es in definitive Anstellung umzuwandeln.

Einer Einladung desselben Delegierten zum Besuche
der im September in Linz stattfindenden Handwerker-
und Industrieansstellung verbunden mit einer Reichs-
handwerkertagung entsprechend wurde beschlossen, einen
Sonderzug dorthin zu arrangieren. Nach fünfstündiger
Dauer schloß Präsident Kammerrat Zesewitz mit
herzlichen Dankesworten die Tagung.




Die Messerstecher von Berlin.
Verhaftung eines Verdächtigen.


Gestern nacht ist ein Mann verhaftet worden, in dem
man einen der gesuchten Messerstecher vermutet. Gegen
Mitternacht erstattete ein Arbeiter auf der Polizei die An-
zeige, daß er von einem Burschen überfallen worden sei.
Der Täter wurde in der Person des 22jährigen arbeits-
losen Kochs Kurt Leo ausgeforscht und verhaftet. Tat-
sächlich passen die Personsbeschreibungen, die von den Messer-
stecher gemacht wurden, auf Leo.




Die Leichenfeier für den Groß-
fürsten Wladimir Alexandrowitsch.

Erzherzog Friedrich ist
heute früh hier eingetroffen und wurde im Bahnhofe
vom Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch empfangen, wo
auch die kaiserliche Suite und das Personal der öster-
reichisch-ungarischen Botschaft mit dem Botschafter an
der Spitze sich eingefunden hatten. Nachdem der Groß-
fürst den Erzherzog begrüßt hatte, schritt der hohe Gast
die aufgestellte Ehrenwache der Leibgarde des Ismailow-
regimentes ab, deren Musikkapelle die österreichische Volks-
hymne spielte. Hierauf fuhr der Erzherzog in Be-
gleitung des Großfürsten ins Winterpalais, wo für ihn
die Appartements hergerichtet sind.

Heute früh traf hier
König Ferdinand von Bulgarien ein, dem General-
adjutant Strukow und Flügeladjutant Graf Scheremetew
im Kaiserzuge bis an die Grenze entgegengefahren
waren. Im Auftrage Kaisers Nikolaus begrüßte Groß-
fürst Konstantin den hohen Gast im Bahnhofe. Als
der Zug hielt, bestieg der Großfürst den Waggon. Beim
Erscheinen des Königs spielte die Musikkapelle der am Perron
aufgestellten Ehrenwache der Leibgarde des Semenow-
regimentes die bulgarische Hymne. König Ferdinand
schritt die Front der Ehrenwache ab, an deren Spitze
sich der Kommandant des Gardekorps und der Brigade-
kommandant befanden. Nach Vorstellung der beiderseitigen
Suiten in den Kaisergemächern des Bahnhofes fuhr
König Ferdinand mit dem Großfürsten in die Peter-
Paulskirche zur Beisetzung des Großfürsten Wladimir.

Heute um 2 Uhr
nachmittags fand nach einem feierlichen Trauergottes-
dienste, dem Kaiser Nikolaus, die Großfürsten
und Großfürstinnen, die hier eingetroffenen aus-
ländischen Fürstlichkeiten, das diplomatische Korps
der Ministerrat, die Mitglieder des Reichsrates, die
Hofchargen und viele hohe Würdenträger beiwohnten, im
Mausoleum der Peter-Paulskathedrale die Beisetzung des
verstorbenen Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch statt.

Trauergottesdienst in Wien.

In der russischen Botschaftskirche im 3. Bezirke ist
am Sonntag ein feierlicher Trauergottesdienst für weiland
Großfürst Wladimir Alexandrowitsch von Rußland abge-
halten worden. Das Requiem hielt Erzpriester Nikola-
jewsky ab. Der Trauerfeier wohnten bei: Der vormalige
k. u. k. Botschafter in St. Petersburg Franz Prinz
Liechtenstein, der Minister des Aeußern Freiherr von
Aehrenthal, fast sämtliche Botschafter der fremden
Staaten und die Mitglieder der russischen Botschaft voll-
zählig.




Ein Begnadigungsversuch für
Hilsner -- abgewiesen.
Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti-
semitismus.

Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß
der nach Fug und Recht zu lebenslänglichem
Kerker veurteilte
Meuchelmörder Leopold
Hilsner
begnadigt wurde, worauf er nach der Meinung
[Spaltenumbruch] der ihm konfessionellen verwandten Kreise un-
bedingt vor allen anderen Mördern Anspruch
hatte, weil er ein Jude ist, hielt sich der Verein zur
Abwehr des Antisemitismus
für berufen,
ein Gnadengesuch beim Kaiser für den
den Mörder einzureichen. Diese unerhörte An-
maßung
des Vereines ist erfreulicherweise in der ge-
bührenden Form zurückgewiesen
worden.
Auf das Begnadigungsgesuch ist nämlich folgende
Antwort des Kreisgerichtes Pisek eingelaufen.

"Das k. k. Kreisgericht Pisek, Abtlg. VII, hat nach
Anhörung des k. k. Staatsanwaltes das von Seite des
"Vereines zur Abwehr des Antisemitismus" in Wien
eingebrachte, mit dem Erlasse des k. k. Justizministeriums
vom 21. Jänner 1909, GZ. 1466/9, respektive
5. Februar 1909, GZ. 3774/9, gemäß § 411 StPO
anher zur weiteren Verfügung abgetretene Gesuch samt
Nachtrag, in welchem die Bitte gestellt wird, womit dem
Leopold Hilsner, welcher mit dem Urteile des k. k. Kreis-
als Schwurgerichtes in Pisek vom 14. November 1900,
G.-Z. Nr. 171/776/00, des in den §§ 134, 135,
Z. 4, und § 136 StG. bezeichneten Verbrechens
des gemeinen Meuchelmordes, sowie des im
§ 209 StG. bezeichneten Verbrechens der Verleumdung
schuldig erkannt und deshalb nach § 136 StG. zur
Todesstrafe verurteilt wurde, dem jedoch diese Strafe von
Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät mit Allerhöchster
Entschließung vom 11. Juni 1901 allergnädigst nach-
gesehen worden ist, worauf der k. k. Oberste
Gerichts- und Kassationshof über

Leopold Hilsner die Strafe des lebenslangen schweren
Kerkers zu verhängen befunden hat, diese Strafe im
Wege der Allerhöchsten Gnade nachgesehen werde,
zurückgewiesen, da der genannte Verein
zur Ueberreichung des oberwähnten Gnaden-
gesuches nicht legitimiert ist.

K. k. Kreisgericht Pisek, Abt. VII, am 13. Februar 1909."

(Unterschrift.)

Wenn der Verein zur Abwehr des Antisemitismus
nun wegen Ueberschreitung seiner Kompetenzen nicht be-
hördlich aufgelöst wird, was ja nach dem Vereinsgesetze
möglich ist, so bleibt ihm wohl nichts übrig, als den
Meuchelmörder Hilsner zu seinem Ehren-
mitgliede zu ernennen.




Schiffskatastrophe.
200 Tote.


Der Dampfer "Presidente Roca" hat auf der Fahrt
von der südargentinischen Küste nach Buenos Aires
zwischen San Antonio und Puerto Madrin infolge
eines an Bord ausgebrochenen Brandes Schiffbruch ge-
litten. Man glaubt, daß alle Passagiere, zwei-
hundert an der Zahl,
und die Bemannung
hiebei den Tod gefunden haben. Der Dampfer soll ge-
sunken sein.




Sportnachrichten.
Wintersportfest in Mürzzuschlag.

An tausend Sport-
freunde wohnten dem gestern in Mürzzuschlag abgehaltenen
Wintersportfest bei, für Oesterreich eine erfreuliche Rekord-
ziffer. Ueber die Ergebnisse der bei dem denkbar besten
Wetter veranstalteten einzelnen Konkurrenzen wird uns
aus Mürzzuschlag berichtet: Jugendlaufen: 1. Ab-
teilung: Anton Schmidt 1., Gottfried Bauer, Ferdinand
Radosch, Karl Deininger, Ernst Lampe; 2. Abteilung
für Vorgeschrittene: Josef Zuadritsch 1., Johann Graf,
Johann Buchner, Adolf Bauer, Karl Kollerus.
Juniorensprung: Matthäus Daxeo (Kitzbühel) 1.,
Heinrich Rydiger (Graz), Paul Giger (St. Moritz in der
Schweiz), Egon Hampfstängel (München). Außer Kon-
kurrenz ließ sich der Norweger Thorleiftas sehen. Was
Sicherheit der Form anbelangt, kommt ihm keiner gleich;
er springt mit Grazie und erregte allgemeine Be-
wunderung. Auch der Schweizer Kapitti, welcher in
die Schanze trat, brillierte mit seinen Sprüngen.
Sein gestandener Sprung mit 23 Metern wurde
bejubelt. Schließlich bot noch Schneider (St. Anton),
der beste Skilehrer Oesterreichs, gelungene Leistungen.
Das Ereignis des Tages bildete der Meister-
schaftslauf des
Oe. S.-V. (1. Teil) und
der Seniorensprunglauf, welcher in zwei Klassen aus-
getragen wurde. Zur Meisterschaft erfolgten vier Nennungen.
Die Resultate sind folgende: Oskar Blich (Christiania)
Note 1·166, zwei gestandene Sprünge, weitester Sprung
27 Meter, 1.; Fritz Miller (Innsbruck) Note 1·666,
zwei gestandene Sprünge, weitester Sprung 16 Meter, 2.;
Alfred Walter (München) Note 1·89, ein gestandener
Sprung, weitester Sprung 19·5 Meter, 3.; Lutter
(München) Note 1·97, ein geständener Sprung, weitester
Sprung 18 Meter, 4. Sodann folgte der Seniorensprung-
lauf. Das Resultat war folgendes: Josef Filzer (Kitzbüchel) 1.,
Richard Baumgartner (Graz), Arno Kirschten, Gustav Jahn
(Wien), Matthäus Taxei.




[irrelevantes Material]


Nr. 53 Wien, Montag Reichspoſt 22. Februar 1909.

[Spaltenumbruch]
Bluttat in Favoriten.

Eine entſetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger
Mann in Favoriten verübt. Erſchoß ſeine Braut
und deren Vater an und verletzte beide
ſchwer.
Der Schauplatz der Tat war das Haus
Laaerſtraße Nr. 61. Dort wohnt der Platzmeiſter der
Wienerberger Ziegelfabriksaktiengeſellſchaft Alois Kocarnik.
Er hat eine Tochter Marie, die mit dem Tiſchler
Franz. Müller, Laaerſtraße Nr. 20 wohnhaft,
verlobt war. Der Vater und die Tochter
hatten mit dem Bräutigam geſtern abend eine
Faſchingſonntagunterhaltung in einem benachbarten Gaſt-
haus beſucht und waren in beſter Stimmung gegen
Mitternacht heimgekehrt. Müller begleitete die Braut
nach Hauſe. In der Wohnung angelangt, zog er plötzlich
einen Revolver und ſchoß auf die Braut und deren
Vater. Drei Projektile trafen den Platzmeiſter Kocarnik.
zwei die Braut. Im Revolver ſtak noch eine Patrone,
und auch dieſe wollte Müller noch abfeuern. Trotz ſeiner
ſehr ſchweren Verletzung ſtürzte ſich der Vater
auf den Raſenden und kämpfte mit ihm um
den Beſitz der Waffe. Nach verzweifeltem
Ringen überwältigte Kocarnik den Müller
und drängte ihn zur Türe hinaus. Der Täter verließ
das Haus und ſtellte ſich ſelbſt dem Polizeikommiſſariat
Favoriten. Die Aerzte fanden Vater und Tochter ſchwer
verletzt. — Von anderer Seite erfahren wir: Müller
hatte im Gaſthaus vier Krügel Bier getrunken. Er iſt
ſehr eiferſüchtig veranlagt. Im Gaſthaus hatte es
keinen Streit gegeben. Man war auch ohne jeden
Verdruß heimgekehrt. Er hat von dem Mädchen an-
geblich einen Kuß verlangt und die Braut ſoll ſich
geſträubt haben. Dieſe Weigerung ſoll der Grund des
Attentats ſein.




Reichsverbandstag der Schuh-
machergenoſſenſchaften.

Der „Reichsfachverband der Einzelverbände der
Schuhmachergenoſſenſchaften Oeſterreichs“ hielt geſtern
Sonntag ſeine Generalverſammlung ab, der auch Rabg.
Magiſtratsrat Dr. Heilinger und Genoſſenſchaftsinſtruktor
Muuß beiwohnten. Nach der Begrüßung der Ver-
ſammlung durch den Präſidenten Zeſewitz und der
Erledigung der geſchäftlichen, internen Verbands-
angelegenheiten wurde Verbandspräſident Zeſewitz zum
Mitglied des Gewerberates gewählt und verſprach,
ganz in den Intentionen des Gewerbes zu arbeiten.
(Beifall.) Landesverbandsobmann Schwarz (Mödling)
verlangte, daß die Zahl der Mitglieder des Gewerberates
entſprechend den Bedürfniſſen des Gewerbeſtandes ver-
mehrt werde. Ueber ſeinen Antrag wurde beſchloſſen, bei
der Konſtituierung des Gewerberates die Forderung nach
Vermehrung ſeiner Mitglieder zu ſtellen. Sodann wurde
die Sozialverſicherung in Beratung ge-
zagen. Delegierter Fidrant (Wien) bemerkte, daß der
Gewerbetreibende viel beſſer daran ſei, wenn er im
Bedarfsfalle ins Verſorgungshaus gehe, als eine ſo
lächerliche Rente zu beziehen, wie ſie im Entwurfe
gedacht ſei, und dabei jahrzehntelang hindurch eine un-
erhörte Belaſtung zu ertragen. Lieber wollen die
Gewerbetreibenden gar keine Altersverſicherung als eine
ſolche. (Zuſtimmung.)

Delegierter Wimaſal (Wien) verlangte Schaffung
einer allgemeinen Altersverſicherung. (Zuſtimmung.)
Delegierter Kauber (Wien) kritiſierte in eingeyender
Weiſe den Geſetzentwurf und erklärte, es ſei unbe-
greiflich, wie ein Gewerbetreibender mit einer Rente
von 160 bis 246 Kronen leben ſoll. Er verlangte unter
anderen die Ausdehnung der Verſicherungspflicht auf
alle Selbſtändigen ohne Rückſicht auf Arbeiter und Ein-
kommen. Landesverbandsobmann Vorſteher Pöll
(Linz) forderte die Gewerbetreibenden auf, ſich nicht
abſolut gegen die Sozialverſicherung auszuſprechen,
doch müſſe verlangt werden, daß die Verſicherung den
Bedürfniſſen der Gewerbetreibenden angepaßt werde.
Er ſchlug eine Reihe von Abänderungen, vor allem die
Erweiterung der Verſicherungspflicht auf alle Gewerbe-
und Handeltreibenden ohne Unterſchied des Einkommens
vor und beantragte ſchließlich eine Reſolution, in der
die Verbandsverſammlung es mit Befriedigung begrüßt,
daß in dem Geſetzentwurfe betreffend die Sozial-
verſicherung zum erſtenmal das Prinzip der obligatori-
ſchen Altersverſicherung für Kleingewerbe und Klein-
handel unter Gewährung eines ſtaatlichen Zu-
ſchuſſes anerkannt wird und als einen beſonderen
Vorzug des Geſetzentwurfes, daß es geſtattet
ſein ſoll, durch freiwillige Einzahlungen die ſpärlichen
Verſicherungsleiſtungen des Geſetzes zu erhöhen. Eine
Invalidenfürſorge bei vollkommener Erwerbsunfähigkeit
hält die Verſammlung für eine unbedingte Notwendigkeit,
wogegen es keinem Bedenken unterliegt, nach einer ge-
wiſſen Uebergangsfriſt die Wartezeit für die Alters-
verſicherung auszudehnen. Dagegen ſteht der Selbſt-
ſtändigenverſicherung gegenüber die Verſammlung auf
dem Standpunkte, daß der Gewerbe- und Handelsſtand
für die Verſicherungsleiſtungen durch ſeine Prämien
auch voll aufkommen und er lehnt es
aber ab, mit den Prämien des Gewerbeſtandes
für die Verſicherung der Kleinbauern beizutragen,
und fordert ſie dagegen, daß im Geſetze die Bürgſchaft
geboten wird, daß die Beiträge der Gewerbe- und
Handeltreibenden auch nur für deren Verſicherung be-
nützt werden, ferner daß die Verſicherungspflicht auf alle
Gewerbe- und Handeltreibenden ohne Unterſchied des
Einkommens ausgedehnt werde. Von den Landesverwal-
tungen erhofft man, daß ſie durch ausgiebige Zuſchüſſe
[Spaltenumbruch] nach belgiſchem Muſter zur freiwilligen Mehr-
verſicherung aneifern.
An die gewerbe-
freundlichen Abgeordneten, insbeſondere die freie
gewerbliche Vereinigung des Abgeordnetenhauſes
wird nun die nachdrückliche Bitte gerichtet
mit allen Miteln darauf hinzuwirken, daß die Alters-
und Invaliditätsverſicherung der Gewerbe- und Handels-
treibenden ſobald als möglich zur Verwirklichung ge-
lange. Die Reſolution wurde angenommen.

Delegierter Chriſtof (Graz) beſprach hierauf
das Kartellweſen und ſagte, daß ein Kartell
für Schuhmaterialien gebildet worden ſei und eine
ſchwere Schädigung des Schuhmacherhandwerkes bedeute.
Man ſolle die kartellierten Materialien meiden. Es ſei
eine ſtramme Organiſation notwendig, um der Kartellbildung
Einhalt zu tun.

Er brachte eine Reſolution zur Verleſung, in der von der
Regierung die Schaffung ein es Kartellgeſetzes verlangt
und das Verbandspräſidium beauftragt wird, bei Wieder-
zuſammentritt des Abgeordnetenhauſes diesbezüglich die
entſprechenden Schritte zu unternehmen.

Ueber Antrag des Vorſtehers Pöll (Linz) wurde
beſchloſſen, an die Regierung und Abgeordnrten mit dem
Erſuchen heranzutreten, das Vertragsverhältnis der Fach-
lehrer und Werkmeiſter der Gewerbeförderungsinſtitute
aufzuheben und es in definitive Anſtellung umzuwandeln.

Einer Einladung desſelben Delegierten zum Beſuche
der im September in Linz ſtattfindenden Handwerker-
und Induſtrieansſtellung verbunden mit einer Reichs-
handwerkertagung entſprechend wurde beſchloſſen, einen
Sonderzug dorthin zu arrangieren. Nach fünfſtündiger
Dauer ſchloß Präſident Kammerrat Zeſewitz mit
herzlichen Dankesworten die Tagung.




Die Meſſerſtecher von Berlin.
Verhaftung eines Verdächtigen.


Geſtern nacht iſt ein Mann verhaftet worden, in dem
man einen der geſuchten Meſſerſtecher vermutet. Gegen
Mitternacht erſtattete ein Arbeiter auf der Polizei die An-
zeige, daß er von einem Burſchen überfallen worden ſei.
Der Täter wurde in der Perſon des 22jährigen arbeits-
loſen Kochs Kurt Leo ausgeforſcht und verhaftet. Tat-
ſächlich paſſen die Perſonsbeſchreibungen, die von den Meſſer-
ſtecher gemacht wurden, auf Leo.




Die Leichenfeier für den Groß-
fürſten Wladimir Alexandrowitſch.

Erzherzog Friedrich iſt
heute früh hier eingetroffen und wurde im Bahnhofe
vom Großfürſten Nikolai Nikolajewitſch empfangen, wo
auch die kaiſerliche Suite und das Perſonal der öſter-
reichiſch-ungariſchen Botſchaft mit dem Botſchafter an
der Spitze ſich eingefunden hatten. Nachdem der Groß-
fürſt den Erzherzog begrüßt hatte, ſchritt der hohe Gaſt
die aufgeſtellte Ehrenwache der Leibgarde des Ismailow-
regimentes ab, deren Muſikkapelle die öſterreichiſche Volks-
hymne ſpielte. Hierauf fuhr der Erzherzog in Be-
gleitung des Großfürſten ins Winterpalais, wo für ihn
die Appartements hergerichtet ſind.

Heute früh traf hier
König Ferdinand von Bulgarien ein, dem General-
adjutant Strukow und Flügeladjutant Graf Scheremetew
im Kaiſerzuge bis an die Grenze entgegengefahren
waren. Im Auftrage Kaiſers Nikolaus begrüßte Groß-
fürſt Konſtantin den hohen Gaſt im Bahnhofe. Als
der Zug hielt, beſtieg der Großfürſt den Waggon. Beim
Erſcheinen des Königs ſpielte die Muſikkapelle der am Perron
aufgeſtellten Ehrenwache der Leibgarde des Semenow-
regimentes die bulgariſche Hymne. König Ferdinand
ſchritt die Front der Ehrenwache ab, an deren Spitze
ſich der Kommandant des Gardekorps und der Brigade-
kommandant befanden. Nach Vorſtellung der beiderſeitigen
Suiten in den Kaiſergemächern des Bahnhofes fuhr
König Ferdinand mit dem Großfürſten in die Peter-
Paulskirche zur Beiſetzung des Großfürſten Wladimir.

Heute um 2 Uhr
nachmittags fand nach einem feierlichen Trauergottes-
dienſte, dem Kaiſer Nikolaus, die Großfürſten
und Großfürſtinnen, die hier eingetroffenen aus-
ländiſchen Fürſtlichkeiten, das diplomatiſche Korps
der Miniſterrat, die Mitglieder des Reichsrates, die
Hofchargen und viele hohe Würdenträger beiwohnten, im
Mauſoleum der Peter-Paulskathedrale die Beiſetzung des
verſtorbenen Großfürſten Wladimir Alexandrowitſch ſtatt.

Trauergottesdienſt in Wien.

In der ruſſiſchen Botſchaftskirche im 3. Bezirke iſt
am Sonntag ein feierlicher Trauergottesdienſt für weiland
Großfürſt Wladimir Alexandrowitſch von Rußland abge-
halten worden. Das Requiem hielt Erzprieſter Nikola-
jewsky ab. Der Trauerfeier wohnten bei: Der vormalige
k. u. k. Botſchafter in St. Petersburg Franz Prinz
Liechtenſtein, der Miniſter des Aeußern Freiherr von
Aehrenthal, faſt ſämtliche Botſchafter der fremden
Staaten und die Mitglieder der ruſſiſchen Botſchaft voll-
zählig.




Ein Begnadigungsverſuch für
Hilsner — abgewieſen.
Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti-
ſemitismus.

Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß
der nach Fug und Recht zu lebenslänglichem
Kerker veurteilte
Meuchelmörder Leopold
Hilsner
begnadigt wurde, worauf er nach der Meinung
[Spaltenumbruch] der ihm konfeſſionellen verwandten Kreiſe un-
bedingt vor allen anderen Mördern Anſpruch
hatte, weil er ein Jude iſt, hielt ſich der Verein zur
Abwehr des Antiſemitismus
für berufen,
ein Gnadengeſuch beim Kaiſer für den
den Mörder einzureichen. Dieſe unerhörte An-
maßung
des Vereines iſt erfreulicherweiſe in der ge-
bührenden Form zurückgewieſen
worden.
Auf das Begnadigungsgeſuch iſt nämlich folgende
Antwort des Kreisgerichtes Piſek eingelaufen.

„Das k. k. Kreisgericht Piſek, Abtlg. VII, hat nach
Anhörung des k. k. Staatsanwaltes das von Seite des
„Vereines zur Abwehr des Antiſemitismus“ in Wien
eingebrachte, mit dem Erlaſſe des k. k. Juſtizminiſteriums
vom 21. Jänner 1909, GZ. 1466/9, reſpektive
5. Februar 1909, GZ. 3774/9, gemäß § 411 StPO
anher zur weiteren Verfügung abgetretene Geſuch ſamt
Nachtrag, in welchem die Bitte geſtellt wird, womit dem
Leopold Hilsner, welcher mit dem Urteile des k. k. Kreis-
als Schwurgerichtes in Piſek vom 14. November 1900,
G.-Z. Nr. 171/776/00, des in den §§ 134, 135,
Z. 4, und § 136 StG. bezeichneten Verbrechens
des gemeinen Meuchelmordes, ſowie des im
§ 209 StG. bezeichneten Verbrechens der Verleumdung
ſchuldig erkannt und deshalb nach § 136 StG. zur
Todesſtrafe verurteilt wurde, dem jedoch dieſe Strafe von
Seiner k. u. k. Apoſtoliſchen Majeſtät mit Allerhöchſter
Entſchließung vom 11. Juni 1901 allergnädigſt nach-
geſehen worden iſt, worauf der k. k. Oberſte
Gerichts- und Kaſſationshof über

Leopold Hilsner die Strafe des lebenslangen ſchweren
Kerkers zu verhängen befunden hat, dieſe Strafe im
Wege der Allerhöchſten Gnade nachgeſehen werde,
zurückgewieſen, da der genannte Verein
zur Ueberreichung des oberwähnten Gnaden-
geſuches nicht legitimiert iſt.

K. k. Kreisgericht Piſek, Abt. VII, am 13. Februar 1909.“

(Unterſchrift.)

Wenn der Verein zur Abwehr des Antiſemitismus
nun wegen Ueberſchreitung ſeiner Kompetenzen nicht be-
hördlich aufgelöſt wird, was ja nach dem Vereinsgeſetze
möglich iſt, ſo bleibt ihm wohl nichts übrig, als den
Meuchelmörder Hilsner zu ſeinem Ehren-
mitgliede zu ernennen.




Schiffskataſtrophe.
200 Tote.


Der Dampfer „Preſidente Roca“ hat auf der Fahrt
von der ſüdargentiniſchen Küſte nach Buenos Aires
zwiſchen San Antonio und Puerto Madrin infolge
eines an Bord ausgebrochenen Brandes Schiffbruch ge-
litten. Man glaubt, daß alle Paſſagiere, zwei-
hundert an der Zahl,
und die Bemannung
hiebei den Tod gefunden haben. Der Dampfer ſoll ge-
ſunken ſein.




Sportnachrichten.
Winterſportfeſt in Mürzzuſchlag.

An tauſend Sport-
freunde wohnten dem geſtern in Mürzzuſchlag abgehaltenen
Winterſportfeſt bei, für Oeſterreich eine erfreuliche Rekord-
ziffer. Ueber die Ergebniſſe der bei dem denkbar beſten
Wetter veranſtalteten einzelnen Konkurrenzen wird uns
aus Mürzzuſchlag berichtet: Jugendlaufen: 1. Ab-
teilung: Anton Schmidt 1., Gottfried Bauer, Ferdinand
Radoſch, Karl Deininger, Ernſt Lampe; 2. Abteilung
für Vorgeſchrittene: Joſef Zuadritſch 1., Johann Graf,
Johann Buchner, Adolf Bauer, Karl Kollerus.
Juniorenſprung: Matthäus Daxeo (Kitzbühel) 1.,
Heinrich Rydiger (Graz), Paul Giger (St. Moritz in der
Schweiz), Egon Hampfſtängel (München). Außer Kon-
kurrenz ließ ſich der Norweger Thorleiftas ſehen. Was
Sicherheit der Form anbelangt, kommt ihm keiner gleich;
er ſpringt mit Grazie und erregte allgemeine Be-
wunderung. Auch der Schweizer Kapitti, welcher in
die Schanze trat, brillierte mit ſeinen Sprüngen.
Sein geſtandener Sprung mit 23 Metern wurde
bejubelt. Schließlich bot noch Schneider (St. Anton),
der beſte Skilehrer Oeſterreichs, gelungene Leiſtungen.
Das Ereignis des Tages bildete der Meiſter-
ſchaftslauf des
Oe. S.-V. (1. Teil) und
der Seniorenſprunglauf, welcher in zwei Klaſſen aus-
getragen wurde. Zur Meiſterſchaft erfolgten vier Nennungen.
Die Reſultate ſind folgende: Oskar Blich (Chriſtiania)
Note 1·166, zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung
27 Meter, 1.; Fritz Miller (Innsbruck) Note 1·666,
zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung 16 Meter, 2.;
Alfred Walter (München) Note 1·89, ein geſtandener
Sprung, weiteſter Sprung 19·5 Meter, 3.; Lutter
(München) Note 1·97, ein geſtändener Sprung, weiteſter
Sprung 18 Meter, 4. Sodann folgte der Seniorenſprung-
lauf. Das Reſultat war folgendes: Joſef Filzer (Kitzbüchel) 1.,
Richard Baumgartner (Graz), Arno Kirſchten, Guſtav Jahn
(Wien), Matthäus Taxei.




[irrelevantes Material]


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[5/0005] Nr. 53 Wien, Montag Reichspoſt 22. Februar 1909. Bluttat in Favoriten. Eine entſetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger Mann in Favoriten verübt. Erſchoß ſeine Braut und deren Vater an und verletzte beide ſchwer. Der Schauplatz der Tat war das Haus Laaerſtraße Nr. 61. Dort wohnt der Platzmeiſter der Wienerberger Ziegelfabriksaktiengeſellſchaft Alois Kocarnik. Er hat eine Tochter Marie, die mit dem Tiſchler Franz. Müller, Laaerſtraße Nr. 20 wohnhaft, verlobt war. Der Vater und die Tochter hatten mit dem Bräutigam geſtern abend eine Faſchingſonntagunterhaltung in einem benachbarten Gaſt- haus beſucht und waren in beſter Stimmung gegen Mitternacht heimgekehrt. Müller begleitete die Braut nach Hauſe. In der Wohnung angelangt, zog er plötzlich einen Revolver und ſchoß auf die Braut und deren Vater. Drei Projektile trafen den Platzmeiſter Kocarnik. zwei die Braut. Im Revolver ſtak noch eine Patrone, und auch dieſe wollte Müller noch abfeuern. Trotz ſeiner ſehr ſchweren Verletzung ſtürzte ſich der Vater auf den Raſenden und kämpfte mit ihm um den Beſitz der Waffe. Nach verzweifeltem Ringen überwältigte Kocarnik den Müller und drängte ihn zur Türe hinaus. Der Täter verließ das Haus und ſtellte ſich ſelbſt dem Polizeikommiſſariat Favoriten. Die Aerzte fanden Vater und Tochter ſchwer verletzt. — Von anderer Seite erfahren wir: Müller hatte im Gaſthaus vier Krügel Bier getrunken. Er iſt ſehr eiferſüchtig veranlagt. Im Gaſthaus hatte es keinen Streit gegeben. Man war auch ohne jeden Verdruß heimgekehrt. Er hat von dem Mädchen an- geblich einen Kuß verlangt und die Braut ſoll ſich geſträubt haben. Dieſe Weigerung ſoll der Grund des Attentats ſein. Reichsverbandstag der Schuh- machergenoſſenſchaften. Der „Reichsfachverband der Einzelverbände der Schuhmachergenoſſenſchaften Oeſterreichs“ hielt geſtern Sonntag ſeine Generalverſammlung ab, der auch Rabg. Magiſtratsrat Dr. Heilinger und Genoſſenſchaftsinſtruktor Muuß beiwohnten. Nach der Begrüßung der Ver- ſammlung durch den Präſidenten Zeſewitz und der Erledigung der geſchäftlichen, internen Verbands- angelegenheiten wurde Verbandspräſident Zeſewitz zum Mitglied des Gewerberates gewählt und verſprach, ganz in den Intentionen des Gewerbes zu arbeiten. (Beifall.) Landesverbandsobmann Schwarz (Mödling) verlangte, daß die Zahl der Mitglieder des Gewerberates entſprechend den Bedürfniſſen des Gewerbeſtandes ver- mehrt werde. Ueber ſeinen Antrag wurde beſchloſſen, bei der Konſtituierung des Gewerberates die Forderung nach Vermehrung ſeiner Mitglieder zu ſtellen. Sodann wurde die Sozialverſicherung in Beratung ge- zagen. Delegierter Fidrant (Wien) bemerkte, daß der Gewerbetreibende viel beſſer daran ſei, wenn er im Bedarfsfalle ins Verſorgungshaus gehe, als eine ſo lächerliche Rente zu beziehen, wie ſie im Entwurfe gedacht ſei, und dabei jahrzehntelang hindurch eine un- erhörte Belaſtung zu ertragen. Lieber wollen die Gewerbetreibenden gar keine Altersverſicherung als eine ſolche. (Zuſtimmung.) Delegierter Wimaſal (Wien) verlangte Schaffung einer allgemeinen Altersverſicherung. (Zuſtimmung.) Delegierter Kauber (Wien) kritiſierte in eingeyender Weiſe den Geſetzentwurf und erklärte, es ſei unbe- greiflich, wie ein Gewerbetreibender mit einer Rente von 160 bis 246 Kronen leben ſoll. Er verlangte unter anderen die Ausdehnung der Verſicherungspflicht auf alle Selbſtändigen ohne Rückſicht auf Arbeiter und Ein- kommen. Landesverbandsobmann Vorſteher Pöll (Linz) forderte die Gewerbetreibenden auf, ſich nicht abſolut gegen die Sozialverſicherung auszuſprechen, doch müſſe verlangt werden, daß die Verſicherung den Bedürfniſſen der Gewerbetreibenden angepaßt werde. Er ſchlug eine Reihe von Abänderungen, vor allem die Erweiterung der Verſicherungspflicht auf alle Gewerbe- und Handeltreibenden ohne Unterſchied des Einkommens vor und beantragte ſchließlich eine Reſolution, in der die Verbandsverſammlung es mit Befriedigung begrüßt, daß in dem Geſetzentwurfe betreffend die Sozial- verſicherung zum erſtenmal das Prinzip der obligatori- ſchen Altersverſicherung für Kleingewerbe und Klein- handel unter Gewährung eines ſtaatlichen Zu- ſchuſſes anerkannt wird und als einen beſonderen Vorzug des Geſetzentwurfes, daß es geſtattet ſein ſoll, durch freiwillige Einzahlungen die ſpärlichen Verſicherungsleiſtungen des Geſetzes zu erhöhen. Eine Invalidenfürſorge bei vollkommener Erwerbsunfähigkeit hält die Verſammlung für eine unbedingte Notwendigkeit, wogegen es keinem Bedenken unterliegt, nach einer ge- wiſſen Uebergangsfriſt die Wartezeit für die Alters- verſicherung auszudehnen. Dagegen ſteht der Selbſt- ſtändigenverſicherung gegenüber die Verſammlung auf dem Standpunkte, daß der Gewerbe- und Handelsſtand für die Verſicherungsleiſtungen durch ſeine Prämien auch voll aufkommen und er lehnt es aber ab, mit den Prämien des Gewerbeſtandes für die Verſicherung der Kleinbauern beizutragen, und fordert ſie dagegen, daß im Geſetze die Bürgſchaft geboten wird, daß die Beiträge der Gewerbe- und Handeltreibenden auch nur für deren Verſicherung be- nützt werden, ferner daß die Verſicherungspflicht auf alle Gewerbe- und Handeltreibenden ohne Unterſchied des Einkommens ausgedehnt werde. Von den Landesverwal- tungen erhofft man, daß ſie durch ausgiebige Zuſchüſſe nach belgiſchem Muſter zur freiwilligen Mehr- verſicherung aneifern. An die gewerbe- freundlichen Abgeordneten, insbeſondere die freie gewerbliche Vereinigung des Abgeordnetenhauſes wird nun die nachdrückliche Bitte gerichtet mit allen Miteln darauf hinzuwirken, daß die Alters- und Invaliditätsverſicherung der Gewerbe- und Handels- treibenden ſobald als möglich zur Verwirklichung ge- lange. Die Reſolution wurde angenommen. Delegierter Chriſtof (Graz) beſprach hierauf das Kartellweſen und ſagte, daß ein Kartell für Schuhmaterialien gebildet worden ſei und eine ſchwere Schädigung des Schuhmacherhandwerkes bedeute. Man ſolle die kartellierten Materialien meiden. Es ſei eine ſtramme Organiſation notwendig, um der Kartellbildung Einhalt zu tun. Er brachte eine Reſolution zur Verleſung, in der von der Regierung die Schaffung ein es Kartellgeſetzes verlangt und das Verbandspräſidium beauftragt wird, bei Wieder- zuſammentritt des Abgeordnetenhauſes diesbezüglich die entſprechenden Schritte zu unternehmen. Ueber Antrag des Vorſtehers Pöll (Linz) wurde beſchloſſen, an die Regierung und Abgeordnrten mit dem Erſuchen heranzutreten, das Vertragsverhältnis der Fach- lehrer und Werkmeiſter der Gewerbeförderungsinſtitute aufzuheben und es in definitive Anſtellung umzuwandeln. Einer Einladung desſelben Delegierten zum Beſuche der im September in Linz ſtattfindenden Handwerker- und Induſtrieansſtellung verbunden mit einer Reichs- handwerkertagung entſprechend wurde beſchloſſen, einen Sonderzug dorthin zu arrangieren. Nach fünfſtündiger Dauer ſchloß Präſident Kammerrat Zeſewitz mit herzlichen Dankesworten die Tagung. Die Meſſerſtecher von Berlin. Verhaftung eines Verdächtigen. Berlin, 21. Februar. (Privat.) Geſtern nacht iſt ein Mann verhaftet worden, in dem man einen der geſuchten Meſſerſtecher vermutet. Gegen Mitternacht erſtattete ein Arbeiter auf der Polizei die An- zeige, daß er von einem Burſchen überfallen worden ſei. Der Täter wurde in der Perſon des 22jährigen arbeits- loſen Kochs Kurt Leo ausgeforſcht und verhaftet. Tat- ſächlich paſſen die Perſonsbeſchreibungen, die von den Meſſer- ſtecher gemacht wurden, auf Leo. Die Leichenfeier für den Groß- fürſten Wladimir Alexandrowitſch. Petersburg, 21. Februar. Erzherzog Friedrich iſt heute früh hier eingetroffen und wurde im Bahnhofe vom Großfürſten Nikolai Nikolajewitſch empfangen, wo auch die kaiſerliche Suite und das Perſonal der öſter- reichiſch-ungariſchen Botſchaft mit dem Botſchafter an der Spitze ſich eingefunden hatten. Nachdem der Groß- fürſt den Erzherzog begrüßt hatte, ſchritt der hohe Gaſt die aufgeſtellte Ehrenwache der Leibgarde des Ismailow- regimentes ab, deren Muſikkapelle die öſterreichiſche Volks- hymne ſpielte. Hierauf fuhr der Erzherzog in Be- gleitung des Großfürſten ins Winterpalais, wo für ihn die Appartements hergerichtet ſind. Petersburg, 21. Februar. Heute früh traf hier König Ferdinand von Bulgarien ein, dem General- adjutant Strukow und Flügeladjutant Graf Scheremetew im Kaiſerzuge bis an die Grenze entgegengefahren waren. Im Auftrage Kaiſers Nikolaus begrüßte Groß- fürſt Konſtantin den hohen Gaſt im Bahnhofe. Als der Zug hielt, beſtieg der Großfürſt den Waggon. Beim Erſcheinen des Königs ſpielte die Muſikkapelle der am Perron aufgeſtellten Ehrenwache der Leibgarde des Semenow- regimentes die bulgariſche Hymne. König Ferdinand ſchritt die Front der Ehrenwache ab, an deren Spitze ſich der Kommandant des Gardekorps und der Brigade- kommandant befanden. Nach Vorſtellung der beiderſeitigen Suiten in den Kaiſergemächern des Bahnhofes fuhr König Ferdinand mit dem Großfürſten in die Peter- Paulskirche zur Beiſetzung des Großfürſten Wladimir. Petersburg, 21. Februar. Heute um 2 Uhr nachmittags fand nach einem feierlichen Trauergottes- dienſte, dem Kaiſer Nikolaus, die Großfürſten und Großfürſtinnen, die hier eingetroffenen aus- ländiſchen Fürſtlichkeiten, das diplomatiſche Korps der Miniſterrat, die Mitglieder des Reichsrates, die Hofchargen und viele hohe Würdenträger beiwohnten, im Mauſoleum der Peter-Paulskathedrale die Beiſetzung des verſtorbenen Großfürſten Wladimir Alexandrowitſch ſtatt. Trauergottesdienſt in Wien. In der ruſſiſchen Botſchaftskirche im 3. Bezirke iſt am Sonntag ein feierlicher Trauergottesdienſt für weiland Großfürſt Wladimir Alexandrowitſch von Rußland abge- halten worden. Das Requiem hielt Erzprieſter Nikola- jewsky ab. Der Trauerfeier wohnten bei: Der vormalige k. u. k. Botſchafter in St. Petersburg Franz Prinz Liechtenſtein, der Miniſter des Aeußern Freiherr von Aehrenthal, faſt ſämtliche Botſchafter der fremden Staaten und die Mitglieder der ruſſiſchen Botſchaft voll- zählig. Ein Begnadigungsverſuch für Hilsner — abgewieſen. Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti- ſemitismus. Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß der nach Fug und Recht zu lebenslänglichem Kerker veurteilte Meuchelmörder Leopold Hilsner begnadigt wurde, worauf er nach der Meinung der ihm konfeſſionellen verwandten Kreiſe un- bedingt vor allen anderen Mördern Anſpruch hatte, weil er ein Jude iſt, hielt ſich der Verein zur Abwehr des Antiſemitismus für berufen, ein Gnadengeſuch beim Kaiſer für den den Mörder einzureichen. Dieſe unerhörte An- maßung des Vereines iſt erfreulicherweiſe in der ge- bührenden Form zurückgewieſen worden. Auf das Begnadigungsgeſuch iſt nämlich folgende Antwort des Kreisgerichtes Piſek eingelaufen. „Das k. k. Kreisgericht Piſek, Abtlg. VII, hat nach Anhörung des k. k. Staatsanwaltes das von Seite des „Vereines zur Abwehr des Antiſemitismus“ in Wien eingebrachte, mit dem Erlaſſe des k. k. Juſtizminiſteriums vom 21. Jänner 1909, GZ. 1466/9, reſpektive 5. Februar 1909, GZ. 3774/9, gemäß § 411 StPO anher zur weiteren Verfügung abgetretene Geſuch ſamt Nachtrag, in welchem die Bitte geſtellt wird, womit dem Leopold Hilsner, welcher mit dem Urteile des k. k. Kreis- als Schwurgerichtes in Piſek vom 14. November 1900, G.-Z. Nr. 171/776/00, des in den §§ 134, 135, Z. 4, und § 136 StG. bezeichneten Verbrechens des gemeinen Meuchelmordes, ſowie des im § 209 StG. bezeichneten Verbrechens der Verleumdung ſchuldig erkannt und deshalb nach § 136 StG. zur Todesſtrafe verurteilt wurde, dem jedoch dieſe Strafe von Seiner k. u. k. Apoſtoliſchen Majeſtät mit Allerhöchſter Entſchließung vom 11. Juni 1901 allergnädigſt nach- geſehen worden iſt, worauf der k. k. Oberſte Gerichts- und Kaſſationshof über Leopold Hilsner die Strafe des lebenslangen ſchweren Kerkers zu verhängen befunden hat, dieſe Strafe im Wege der Allerhöchſten Gnade nachgeſehen werde, zurückgewieſen, da der genannte Verein zur Ueberreichung des oberwähnten Gnaden- geſuches nicht legitimiert iſt. K. k. Kreisgericht Piſek, Abt. VII, am 13. Februar 1909.“ (Unterſchrift.) Wenn der Verein zur Abwehr des Antiſemitismus nun wegen Ueberſchreitung ſeiner Kompetenzen nicht be- hördlich aufgelöſt wird, was ja nach dem Vereinsgeſetze möglich iſt, ſo bleibt ihm wohl nichts übrig, als den Meuchelmörder Hilsner zu ſeinem Ehren- mitgliede zu ernennen. Schiffskataſtrophe. 200 Tote. Buenos Ayres, 20. Februar. Der Dampfer „Preſidente Roca“ hat auf der Fahrt von der ſüdargentiniſchen Küſte nach Buenos Aires zwiſchen San Antonio und Puerto Madrin infolge eines an Bord ausgebrochenen Brandes Schiffbruch ge- litten. Man glaubt, daß alle Paſſagiere, zwei- hundert an der Zahl, und die Bemannung hiebei den Tod gefunden haben. Der Dampfer ſoll ge- ſunken ſein. Sportnachrichten. Winterſportfeſt in Mürzzuſchlag. An tauſend Sport- freunde wohnten dem geſtern in Mürzzuſchlag abgehaltenen Winterſportfeſt bei, für Oeſterreich eine erfreuliche Rekord- ziffer. Ueber die Ergebniſſe der bei dem denkbar beſten Wetter veranſtalteten einzelnen Konkurrenzen wird uns aus Mürzzuſchlag berichtet: Jugendlaufen: 1. Ab- teilung: Anton Schmidt 1., Gottfried Bauer, Ferdinand Radoſch, Karl Deininger, Ernſt Lampe; 2. Abteilung für Vorgeſchrittene: Joſef Zuadritſch 1., Johann Graf, Johann Buchner, Adolf Bauer, Karl Kollerus. Juniorenſprung: Matthäus Daxeo (Kitzbühel) 1., Heinrich Rydiger (Graz), Paul Giger (St. Moritz in der Schweiz), Egon Hampfſtängel (München). Außer Kon- kurrenz ließ ſich der Norweger Thorleiftas ſehen. Was Sicherheit der Form anbelangt, kommt ihm keiner gleich; er ſpringt mit Grazie und erregte allgemeine Be- wunderung. Auch der Schweizer Kapitti, welcher in die Schanze trat, brillierte mit ſeinen Sprüngen. Sein geſtandener Sprung mit 23 Metern wurde bejubelt. Schließlich bot noch Schneider (St. Anton), der beſte Skilehrer Oeſterreichs, gelungene Leiſtungen. Das Ereignis des Tages bildete der Meiſter- ſchaftslauf des Oe. S.-V. (1. Teil) und der Seniorenſprunglauf, welcher in zwei Klaſſen aus- getragen wurde. Zur Meiſterſchaft erfolgten vier Nennungen. Die Reſultate ſind folgende: Oskar Blich (Chriſtiania) Note 1·166, zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung 27 Meter, 1.; Fritz Miller (Innsbruck) Note 1·666, zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung 16 Meter, 2.; Alfred Walter (München) Note 1·89, ein geſtandener Sprung, weiteſter Sprung 19·5 Meter, 3.; Lutter (München) Note 1·97, ein geſtändener Sprung, weiteſter Sprung 18 Meter, 4. Sodann folgte der Seniorenſprung- lauf. Das Reſultat war folgendes: Joſef Filzer (Kitzbüchel) 1., Richard Baumgartner (Graz), Arno Kirſchten, Guſtav Jahn (Wien), Matthäus Taxei. _

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 53, Wien, 22.02.1909, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost053_1909/5>, abgerufen am 24.11.2024.