Reichspost. Nr. 72, Wien, 13.02.1911.[Spaltenumbruch]
Morgenblatt 8 h [Spaltenumbruch] Mittagsblatt. Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Bezugspreise: Nr. 72 Wien, Montag den 13. Februar 1911. XVIII. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Kritische Lage in Ungarn. (Drahtbericht der "Reichspost".) Ofen-Pest, 13. Februar. Die Lage im ungarischen Abgeordnetenhause wird Die heutige Situation ähnelt sehr jener unter dem Je weiter Graf Stefan Tisza als Führer der Der "innere Feind". Eine Ansprache des Prinzen Heinrich von Preußen. Berlin, 13. Februar. Den Blättern zufolge hielt Prinz Heinrich Das Erscheinen der Teilnehmer ist umso erfreu- Wir sind weit entfernt, irgend jemandem seine Dieser Appell, vereint den Umstürzlern entgegenzu- Der junge Garibaldi kündigt eine Expedition nach Albanien an. Für das bevorstehende Frühjahr. Rom, 13. Februar. Die republikanische Presse veröffentlicht einen "Das bevorstehende Frühjahr," so Eine Erklärung der italienischen Regierung. Rom, 15. Februar. Die "Agenzia Stefani" meldet: Die Nachricht, Proteste gegen die Krakauer Universitätsskandale. Krakau, 13. Februar. (Privat.) Gestern fand hier eine von der konservativen Der Prager Kartellverband der katholischen Ankunft von 3000 galizischen Juden in Wien. Eine Massendeputation der jüdischen Brannt- weinschenker. Heute um 6 Uhr abends trifft mit der Nordbahn In zwei Sonderzügen traten die In der großen Lemberger Stadtsynagoge hielt die Baron Albert Rothschild. Die Testamentseröffnung. Gestern nachmittag schon wurde das Testament Zum Testamentsvollstrecker wurde der Hof- und Während das "N. W. Abendbl." die dem Fiskus Es wird uns geschrieben: Die Blätter sind voll [Spaltenumbruch]
Morgenblatt 8 h [Spaltenumbruch] Mittagsblatt. Reichspoſt. Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Bezugspreiſe: Nr. 72 Wien, Montag den 13. Februar 1911. XVIII. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Kritiſche Lage in Ungarn. (Drahtbericht der „Reichspoſt“.) Ofen-Peſt, 13. Februar. Die Lage im ungariſchen Abgeordnetenhauſe wird Die heutige Situation ähnelt ſehr jener unter dem Je weiter Graf Stefan Tisza als Führer der Der „innere Feind“. Eine Anſprache des Prinzen Heinrich von Preußen. Berlin, 13. Februar. Den Blättern zufolge hielt Prinz Heinrich Das Erſcheinen der Teilnehmer iſt umſo erfreu- Wir ſind weit entfernt, irgend jemandem ſeine Dieſer Appell, vereint den Umſtürzlern entgegenzu- Der junge Garibaldi kündigt eine Expedition nach Albanien an. Für das bevorſtehende Frühjahr. Rom, 13. Februar. Die republikaniſche Preſſe veröffentlicht einen „Das bevorſtehende Frühjahr,“ ſo Eine Erklärung der italieniſchen Regierung. Rom, 15. Februar. Die „Agenzia Stefani“ meldet: Die Nachricht, Proteſte gegen die Krakauer Univerſitätsſkandale. Krakau, 13. Februar. (Privat.) Geſtern fand hier eine von der konſervativen Der Prager Kartellverband der katholiſchen Ankunft von 3000 galiziſchen Juden in Wien. Eine Maſſendeputation der jüdiſchen Brannt- weinſchenker. Heute um 6 Uhr abends trifft mit der Nordbahn In zwei Sonderzügen traten die In der großen Lemberger Stadtſynagoge hielt die Baron Albert Rothſchild. Die Teſtamentseröffnung. Geſtern nachmittag ſchon wurde das Teſtament Zum Teſtamentsvollſtrecker wurde der Hof- und Während das „N. W. 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Februar.</dateline><lb/> <p>Die „Agenzia Stefani“ meldet: Die Nachricht,<lb/><hi rendition="#g">Italien werbe Freiwillige</hi> für Albanien<lb/> an, iſt vollſtändig <hi rendition="#g">unbegründet.</hi> Uebrigens bleibt<lb/> die italieniſche Regierung ihren internationalen Ver-<lb/> pflichtungen treu, die ſie an jedem ähnlichen Verſuche<lb/> gänzlich hindern würden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Proteſte gegen die Krakauer<lb/> Univerſitätsſkandale.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Krakau,</hi> 13. Februar. 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Die Univerſitätsbehörden werden aufgefor-<lb/> dert, alle Mittel zur Herbeiführung und Erhaltung der<lb/> normalen Verhältniſſe an der Univerſität zu ergreifen.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Prager</hi> Kartellverband der katholiſchen<lb/> deutſchen Studentenverbindungen hat an die <hi rendition="#g">Kra-<lb/> kauer</hi> katholiſchen Kommilitonen ein Sympathietele-<lb/> gramm abgeſendet, ſowie die <hi rendition="#g">Grazer</hi> Verbindungen<lb/> „Carolina“ und „Traungau“ ſeiner regſten Teilnahme<lb/> und Bewunderung verſichert.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ankunft von 3000 galiziſchen Juden<lb/> in Wien.<lb/> Eine Maſſendeputation der jüdiſchen Brannt-<lb/> weinſchenker.</hi> </head><lb/> <p>Heute um 6 Uhr abends trifft mit der Nordbahn<lb/> eine Maſſendeputation <hi rendition="#g">von 3000 jüdiſchen<lb/> Schenkern</hi> aus Galizien unter Führung des<lb/> Abg. <hi rendition="#g">Breiter</hi> in Wien ein. Sie wird am Diens-<lb/> tag vom Handelsminiſter Dr. <hi rendition="#g">Weiskirchner</hi><lb/> und vom Miniſter für Galizien Ritter v. <hi rendition="#g">Zaleski</hi><lb/> empfangen werden. Eine fünfgliedrige Ab-<lb/> ordnung begibt ſich Dienstag nachmittag unter<lb/> Führung des Abg. <hi rendition="#g">Staud</hi> nach Ofen-Peſt,<lb/> um dort beim Miniſterpräſidenten <hi rendition="#g">Bienerth</hi><lb/> vorzuſprechen. Es beſteht auch die Abſicht, beim<lb/><hi rendition="#g">Kaiſer</hi> um eine Audienz für die Deputation an-<lb/> zuſuchen. Für die Unterbringung der Maſſendeputation<lb/> iſt ſeitens zahlreicher jüdiſcher Wohltätigkeitsvereine in<lb/> Wien vorgeſorgt worden.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">zwei Sonderzügen</hi> traten die<lb/> Schänker — darunter 70- und 80jährige Greiſe ſowie<lb/> mehr als 100 Frauen — heute nacht von <hi rendition="#g">Lemberg</hi><lb/> aus die Reiſe nach Wien an.</p><lb/> <p>In der großen Lemberger Stadtſynagoge hielt die<lb/> Maſſendeputation eine Verſammlung ab, in der gegen die<lb/><cb/> <hi rendition="#g">Einſchränkungen des Propinationsrechtes</hi><lb/> und die damit zuſammenhängende <hi rendition="#g">Entziehung<lb/> der Schankkonzeſſionen</hi> proteſtiert wurde.<lb/> Es gelangte eine Reſolution zur Annahme, in welcher<lb/> gefordert wird, daß ſämtlichen bisherigen Schänkern<lb/> wenigſtens für <hi rendition="#g">Lebenszeit</hi> eine Konzeſſion erteilt<lb/> werde und, falls ſich dies als undurchführbar erweiſen<lb/> ſollte, ſo doch wenigſtens jene Schänker in erſter Reihe<lb/> Berückſichtigung finden ſollen, welche zumindeſtens zehn<lb/> Jahre im Beſitze der Proprinationsrechte geweſen ſind,<lb/> während den übrigen betroffenen Schänkern im Wege<lb/> einer <hi rendition="#g">ſtaatlichen Hilfe</hi> die Möglichkeit geboten<lb/> werden ſoll, ſich eine <hi rendition="#g">neue Exiſtenz</hi> zu gründen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Baron Albert Rothſchild.<lb/> Die Teſtamentseröffnung.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Geſtern nachmittag ſchon wurde das Teſtament<lb/> des verſtorbenen Baron Rothſchild von ſeinen Erben<lb/> eröffnet. Das Teſtament beſtätigt die Vermutung, daß<lb/> der dritte Sohn <hi rendition="#g">Louis</hi> zum Chef des Wiener<lb/> Hauſes beſtimmt iſt. Er wird auch das den übrigen<lb/> Erben zufallende Vermögen verwalten, das iſt das<lb/> Vermögen ſeiner Geſchwiſter Dr. Alfons, Georg, Eugen<lb/> und Valentine.</p><lb/> <p>Zum Teſtamentsvollſtrecker wurde der Hof- und<lb/> Gerichtsadvokat Dr. <hi rendition="#g">Stein</hi> ernannt. Für<lb/> wohltätige, wiſſenſchaftliche und ähnliche öffentliche<lb/> Zwecke ſollen im Teſtamente Beträge von zuſammen<lb/> etwa <hi rendition="#g">zwölf Millionen</hi> beſtimmt ſein, die nach<lb/> dem Willen des Verſtarbenen von ſeinen Erben durch<lb/> Geſchenke an eine Anzahl von Inſtituten und Körper-<lb/> ſchaften erhöht werden ſollen. Nach beiläufigen Be-<lb/> rechnungen von über die Höhe des Nachlaſſes Unter-<lb/> richteten würde der für Stiftungen und Legate aus-<lb/> geſetzte Betrag um weniges mehr als <hi rendition="#g">ein</hi> Perzent des<lb/> Geſamtnachlaſſes betragen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Während das „N. W. Abendbl.“ die dem Fiskus<lb/> zufallende Erbſteuer auf etwa 20 Millionen berechnet<lb/> hatte, rechnet die „N. Fr. Pr.“ eine Erbſteuer<lb/> in der Höhe von <hi rendition="#g">nur</hi> 8.75 <hi rendition="#g">Millionen</hi><lb/> heraus, zu der dann noch je 1 % Beiträge zum Schul-<lb/> fonds und zum Wiener allgemeinen Verſorgungsfonds<lb/> mit zuſammen 14 Millionen und 8·95% iger Beitrag<lb/> (6 Millionen) zum Wiener Krankenanſtaltsfonds kämen.<lb/> Das entſpräche einem Nachlaſſe von etwa 700 Millionen.<lb/> Wie man ſieht, ſchätzt die dem Hauſe Rothſchild nahe-<lb/> ſtehende Preſſe den Nachlaß des Verſtorbenen ſehr<lb/> verſchieden ein, ein Grund mehr für die Steuerbehörden,<lb/> mit äußerſter Genauigkeit, Umſicht und Energie ihres<lb/> Amtes zu walten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Es wird uns geſchrieben: Die Blätter ſind voll<lb/> von Lobrednereien für den Verſtorbenen. Eigentlich<lb/> weniger für ihn, als für ſein Haus, für ſeine Firma,<lb/> für ſein Vermögen. Goethes peſſimiſtiſches Wort „am<lb/> Golde hängt, zum Golde drängt doch alles“, behält<lb/> wieder einmal Recht. Baron Rothſchild war nicht nur<lb/> der „größte Kaufmann Oeſterreichs“, der beſte Aſtronom<lb/> und Schachſpieler, der unübertroffene Photograph und<lb/> Sportsmann, der größte Kunſtfreund und Sammler, der<lb/> unvergleichliche Wohltäter und Menſchenfreund, er war<lb/> war auch der edelſt- und rechtlichſt denkende Menſch,<lb/> den Oeſterreich beſeſſen, Patriot, kurz — alles. Das „<hi rendition="#aq">De<lb/> mortuis nil nisi bene</hi>“ wird mit „über Rothſchilds alles<lb/> gute“ überſetzt und praktiziert. Alles eilt an die Oeffent-<lb/> lichkeit, um hier Erinnerungen an den Toten auszu-<lb/> kramen, die deſſen Konterfei bis zur Unkenntlichkeit mit Licht<lb/> und Lorbeer ausſtatten ſollen. Dieſe Ueberſchwänglichkeiten<lb/> reizen zum Widerſpruche und rufen Erinnerungen wach,<lb/> die uns die furchtbare Gefahr einer in einer einzigen<lb/> Hand angeſammelten ungeheuren Geldmacht vor Augen<lb/> führen. Nicht von den volkswirtſchaftlichen Verheerungen<lb/> ſei hier die Rede. Aber wenn man ſich erinnert, wie<lb/> der mächtige Wille des Geldmagnaten genügte, um den<lb/> unbequemen Mann einer bequemen Frau bis hart an die<lb/> Mauern des Irrenhauſes zu bringen, um einen der<lb/> volkstümlichſten Künſtler der Monarchie, einen <hi rendition="#g">Girardi,</hi><lb/> der heute noch in unverwüſtlicher Jugend unter uns<lb/> wirkt, im Handumdrehen irrenhausreif zu machen, wie<lb/> der Bedrohte nur durch das Aufgebot der äußerſten<lb/> Energie der ihm drohenden barbariſchen Vergewaltigung<lb/> entgehen konnte und wie prompt endlich damals die<lb/> Gutachten vorausſetzungsloſer mediziniſcher Kapazitäten<lb/> dem verſuchten Attentate die Waffen lieferten und wie<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1/0001]
Morgenblatt 8 h
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Nr. 72 Wien, Montag den 13. Februar 1911. XVIII. Jahrgang.
Kritiſche Lage in Ungarn.
(Drahtbericht der „Reichspoſt“.)
Ofen-Peſt, 13. Februar.
Die Lage im ungariſchen Abgeordnetenhauſe wird
täglich ernſter. Ein Ende der Bankdebatte, eine Er-
ledigung der Bankvorlage iſt jetzt noch gar nicht ab-
zuſehen. Geſchäftsordnungsmittel zur Beſchleunigung
der Debatte ſtehen dem Präſidium nicht zur Verfügung,
da ſeit den Neuwahlen wieder die alte Hausordnung
in Wirkſamkeit iſt. Ende März läuft das Budget-
proviſorium ab und es droht ein Exlex-Zuſtand. Im
April ſollen die Rekrutenaushebungen ſtattfinden und
es ſind noch keine Rekruten bewilligt. Es ſoll
die Bedeckung für die militäriſchen Erforderniſſe
beſorgt werden und es iſt gar keine Möglichkeit, zu
einer ſolchen Vorſorge zu kommen. Kurz, der tote Punkt
iſt da. Graf Khuen kann gegenwärtig nicht mehr weiter.
Entweder er verſucht gewaltſam eine Geſchäftsordnungs-
reform — und man weiß nie, wie im ungariſchen
Abgeordnetenhauſe ein ſolcher Verſuch endet — oder er
gibt ſich ganz der ſchleichenden Obſtruktion gefangen,
die ſeine ganze große Regierungsmehrheit wertlos macht.
Die jetzigen Zuſtände können vielleicht bis Oſtern noch
fortgeſchleppt werden, länger aber ſchwerlich.
Die heutige Situation ähnelt ſehr jener unter dem
Miniſterium Szell, das auch eine zahlreiche Mehrheit
beſaß und trotzdem Schiffbruch litt. Die jetzige
Oppoſition iſt ſich denn auch ihrer
günſtigen Stellung wohl bewußt und hat deshalb auf
jede ernſtere Oppoſition in den Delegationen verzichtet;
ſie will es ſich nicht mit der Krone verderben und läßt
deshalb die militäriſchen Vorlagen in den Delegationen
ruhig paſſieren, ſie will aber das Miniſterium Khuen
zu Falle bringen und vereinigt deshalb alle ihre An-
griffe im Abgeordnetenhauſe.
Je weiter Graf Stefan Tisza als Führer der
nationalen Arbeitspartei die Wahlreform verſchieben
möchte, deſto näher rückt dieſe durch die Unmöglichkeit,
unter den jetzigen parlamentariſchen Verhältniſſen zu
einem Ruhepunkte zu gelangen. Die Fortdauer des
Verfalles im Abgeordnetenhauſe ruft die Wahlreform
wieder herbei.
Der „innere Feind“.
Eine Anſprache des Prinzen Heinrich von
Preußen.
Berlin, 13. Februar.
Den Blättern zufolge hielt Prinz Heinrich
von Preußen auf dem Kommers ehemaliger Angehöriger
des 35 Infanterieregiments, deſſen Chef er iſt, eine
Anſprache, in welcher er u. a. ſagte:
Das Erſcheinen der Teilnehmer iſt umſo erfreu-
licher, als wir in einer überaus ernſten und
ſchweren politiſchen Zeit leben. Trotz
des vierzigjährigen Friedens erfreut ſich Deutſchland
nach außen unverändert ſeiner von allen
Seiten geachteten Machtſtellung. Sieht man ſo
keinen Anlaß, einen äußeren Feind oder Neider
Deutſchlands in aller Welt zu fürchten, ſo haben wir
alle Veranlaſſung, um ſo wachſamer zu ſein und uns
alte und junge Soldaten um den
Kaiſer zu ſcharen im Kampf gegen
den immer drohender werdenden
inneren Feind.
Wir ſind weit entfernt, irgend jemandem ſeine
politiſche Meinung zu verargen. Wo aber der Boden
des Geſetzes verlaſſen wird, hat jeder die Pflicht, die
Obrigkeit zu unterſtützen. Die feſteſte Stütze des Staates
iſt und bleibt die Armee.“
Dieſer Appell, vereint den Umſtürzlern entgegenzu-
wirken, erregt großes Aufſehen.
Der junge Garibaldi kündigt eine
Expedition nach Albanien an.
Für das bevorſtehende Frühjahr.
Rom, 13. Februar.
Die republikaniſche Preſſe veröffentlicht einen
pathetiſchen Aufruf des jungen Garibaldi an die
Garibaldianer, ſich für einen Freiſcharenzug
nach Albanien bereit zu halten. Albanien erſehne
mit Hilfe der Garibaldianer die Befreiung vom
türkiſchen Joche.
„Das bevorſtehende Frühjahr,“ ſo
ſchließt das Manifeſt, „möge unſere prächtige Jugend
im Zeichen des unbeſiegbaren roten Hemdes
von neuem jenſeits der Adria finden, um die
albaneſiſchen Brüder und das heilige Nationalitäten-
prinzip zu verteidigen.
Eine Erklärung der italieniſchen Regierung.
Rom, 15. Februar.
Die „Agenzia Stefani“ meldet: Die Nachricht,
Italien werbe Freiwillige für Albanien
an, iſt vollſtändig unbegründet. Uebrigens bleibt
die italieniſche Regierung ihren internationalen Ver-
pflichtungen treu, die ſie an jedem ähnlichen Verſuche
gänzlich hindern würden.
Proteſte gegen die Krakauer
Univerſitätsſkandale.
Krakau, 13. Februar. (Privat.)
Geſtern fand hier eine von der konſervativen
Partei einberufene Proteſtverſammlung gegen die
jüdiſch-ſozialdemokratiſchen Univerſitätsſkandale ſtatt.
Den Vorſitz führte der Präſident der Akademie der
Wiſſenſchaften, Herrenhausmitglied Graf Stanislaus
Tarnowki. In der Debatte wurde gegen die Ge-
waltakte der jüdiſchen Studentenſchaft an der Univerſi-
tät proteſtiert. Es wurden drei Reſolutionen ange-
nommen, in denen die Verſammelten ihrer tiefſten
Entrüſtung über die Gewalttaten an der Univerſi-
tät Ausdruck geben, die eine empfindliche Beleidi-
gung der polniſchen Nation und der
katholiſchen Religion darſtellen. Die Ver-
ſammlung proteſtierte ferner gegen die Tendenz nach
Abtrennung der theologiſchen Fakultät von den Uni-
verſitäten, worin die Haupttriebfeder der letzten Un-
ruhen an der Univerſität erblickt werden müſſe, und
erklärte, daß die traurigen Vorfälle an der jagelloni-
ſchen Univerſität eines der Symptome des
ſyſtematiſchen Kampfes gegen die katholiſche
Religion und die polniſche Nation darſtellen, und for-
derte alle nationalfühlenden Elemente zur energiſchen
Verteidigung der nationalen Ideale
auf. In einer anderen Reſolution wurde dem akademi-
ſchen Senate der Univerſität die vollſte Unterſtützung
aller konſervativen Kreiſe bei ſeinen Beſtrebungen zur
Abwehr der Tendenzen der jüdiſchen Studentenſchaft zu-
geſichert. Die Univerſitätsbehörden werden aufgefor-
dert, alle Mittel zur Herbeiführung und Erhaltung der
normalen Verhältniſſe an der Univerſität zu ergreifen.
Der Prager Kartellverband der katholiſchen
deutſchen Studentenverbindungen hat an die Kra-
kauer katholiſchen Kommilitonen ein Sympathietele-
gramm abgeſendet, ſowie die Grazer Verbindungen
„Carolina“ und „Traungau“ ſeiner regſten Teilnahme
und Bewunderung verſichert.
Ankunft von 3000 galiziſchen Juden
in Wien.
Eine Maſſendeputation der jüdiſchen Brannt-
weinſchenker.
Heute um 6 Uhr abends trifft mit der Nordbahn
eine Maſſendeputation von 3000 jüdiſchen
Schenkern aus Galizien unter Führung des
Abg. Breiter in Wien ein. Sie wird am Diens-
tag vom Handelsminiſter Dr. Weiskirchner
und vom Miniſter für Galizien Ritter v. Zaleski
empfangen werden. Eine fünfgliedrige Ab-
ordnung begibt ſich Dienstag nachmittag unter
Führung des Abg. Staud nach Ofen-Peſt,
um dort beim Miniſterpräſidenten Bienerth
vorzuſprechen. Es beſteht auch die Abſicht, beim
Kaiſer um eine Audienz für die Deputation an-
zuſuchen. Für die Unterbringung der Maſſendeputation
iſt ſeitens zahlreicher jüdiſcher Wohltätigkeitsvereine in
Wien vorgeſorgt worden.
In zwei Sonderzügen traten die
Schänker — darunter 70- und 80jährige Greiſe ſowie
mehr als 100 Frauen — heute nacht von Lemberg
aus die Reiſe nach Wien an.
In der großen Lemberger Stadtſynagoge hielt die
Maſſendeputation eine Verſammlung ab, in der gegen die
Einſchränkungen des Propinationsrechtes
und die damit zuſammenhängende Entziehung
der Schankkonzeſſionen proteſtiert wurde.
Es gelangte eine Reſolution zur Annahme, in welcher
gefordert wird, daß ſämtlichen bisherigen Schänkern
wenigſtens für Lebenszeit eine Konzeſſion erteilt
werde und, falls ſich dies als undurchführbar erweiſen
ſollte, ſo doch wenigſtens jene Schänker in erſter Reihe
Berückſichtigung finden ſollen, welche zumindeſtens zehn
Jahre im Beſitze der Proprinationsrechte geweſen ſind,
während den übrigen betroffenen Schänkern im Wege
einer ſtaatlichen Hilfe die Möglichkeit geboten
werden ſoll, ſich eine neue Exiſtenz zu gründen.
Baron Albert Rothſchild.
Die Teſtamentseröffnung.
Geſtern nachmittag ſchon wurde das Teſtament
des verſtorbenen Baron Rothſchild von ſeinen Erben
eröffnet. Das Teſtament beſtätigt die Vermutung, daß
der dritte Sohn Louis zum Chef des Wiener
Hauſes beſtimmt iſt. Er wird auch das den übrigen
Erben zufallende Vermögen verwalten, das iſt das
Vermögen ſeiner Geſchwiſter Dr. Alfons, Georg, Eugen
und Valentine.
Zum Teſtamentsvollſtrecker wurde der Hof- und
Gerichtsadvokat Dr. Stein ernannt. Für
wohltätige, wiſſenſchaftliche und ähnliche öffentliche
Zwecke ſollen im Teſtamente Beträge von zuſammen
etwa zwölf Millionen beſtimmt ſein, die nach
dem Willen des Verſtarbenen von ſeinen Erben durch
Geſchenke an eine Anzahl von Inſtituten und Körper-
ſchaften erhöht werden ſollen. Nach beiläufigen Be-
rechnungen von über die Höhe des Nachlaſſes Unter-
richteten würde der für Stiftungen und Legate aus-
geſetzte Betrag um weniges mehr als ein Perzent des
Geſamtnachlaſſes betragen.
Während das „N. W. Abendbl.“ die dem Fiskus
zufallende Erbſteuer auf etwa 20 Millionen berechnet
hatte, rechnet die „N. Fr. Pr.“ eine Erbſteuer
in der Höhe von nur 8.75 Millionen
heraus, zu der dann noch je 1 % Beiträge zum Schul-
fonds und zum Wiener allgemeinen Verſorgungsfonds
mit zuſammen 14 Millionen und 8·95% iger Beitrag
(6 Millionen) zum Wiener Krankenanſtaltsfonds kämen.
Das entſpräche einem Nachlaſſe von etwa 700 Millionen.
Wie man ſieht, ſchätzt die dem Hauſe Rothſchild nahe-
ſtehende Preſſe den Nachlaß des Verſtorbenen ſehr
verſchieden ein, ein Grund mehr für die Steuerbehörden,
mit äußerſter Genauigkeit, Umſicht und Energie ihres
Amtes zu walten.
Es wird uns geſchrieben: Die Blätter ſind voll
von Lobrednereien für den Verſtorbenen. Eigentlich
weniger für ihn, als für ſein Haus, für ſeine Firma,
für ſein Vermögen. Goethes peſſimiſtiſches Wort „am
Golde hängt, zum Golde drängt doch alles“, behält
wieder einmal Recht. Baron Rothſchild war nicht nur
der „größte Kaufmann Oeſterreichs“, der beſte Aſtronom
und Schachſpieler, der unübertroffene Photograph und
Sportsmann, der größte Kunſtfreund und Sammler, der
unvergleichliche Wohltäter und Menſchenfreund, er war
war auch der edelſt- und rechtlichſt denkende Menſch,
den Oeſterreich beſeſſen, Patriot, kurz — alles. Das „De
mortuis nil nisi bene“ wird mit „über Rothſchilds alles
gute“ überſetzt und praktiziert. Alles eilt an die Oeffent-
lichkeit, um hier Erinnerungen an den Toten auszu-
kramen, die deſſen Konterfei bis zur Unkenntlichkeit mit Licht
und Lorbeer ausſtatten ſollen. Dieſe Ueberſchwänglichkeiten
reizen zum Widerſpruche und rufen Erinnerungen wach,
die uns die furchtbare Gefahr einer in einer einzigen
Hand angeſammelten ungeheuren Geldmacht vor Augen
führen. Nicht von den volkswirtſchaftlichen Verheerungen
ſei hier die Rede. Aber wenn man ſich erinnert, wie
der mächtige Wille des Geldmagnaten genügte, um den
unbequemen Mann einer bequemen Frau bis hart an die
Mauern des Irrenhauſes zu bringen, um einen der
volkstümlichſten Künſtler der Monarchie, einen Girardi,
der heute noch in unverwüſtlicher Jugend unter uns
wirkt, im Handumdrehen irrenhausreif zu machen, wie
der Bedrohte nur durch das Aufgebot der äußerſten
Energie der ihm drohenden barbariſchen Vergewaltigung
entgehen konnte und wie prompt endlich damals die
Gutachten vorausſetzungsloſer mediziniſcher Kapazitäten
dem verſuchten Attentate die Waffen lieferten und wie
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