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Reichspost. Nr. 72, Wien, 13.02.1911.

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Wien, Montag Reichspost 13. Februar 1911 Nr. 72

[Spaltenumbruch] die Behörden all dem zusahen, als ginge sie das nichts
an, dann fällt in die goldtaumeligen Trauerhymnen
doch ein recht schriller Mißton.

Kondolenzen.

Im Auftrage des Kaisers hat Generaladjutant G. d. K.
Graf Paar aus Ofen-Pest folgendes Beileidstelegramm an
Baron Alfons Rothschild gerichtet:

"Seine Majestät vernahmen mit Bedauern das Ableben
des Freiherrn Albert, Euer Hochwohlgeboren heute zu Gott
heimgegangenen Vaters und geruhen Herrn Baron und Ge-
schwistern Allerhöchst Ihrer wärmsten Teilnahme an dem
Schmerze ob dieses schweren Verlustes huldvollst zu versichern.
Im Allerhöchsten Auftrage: Graf Paar."

Von Erzherzog Franz Ferdinand langte folgende De-
p[e]sche an: "Zu dem schweren Verluste, den Sie erlitten, spreche
ich Ihnen und Ihren Brüdern mein aufrichtigstes Beileid
aus. Erzherzog Franz." Außerdem kondolierten: Frau Erz-
herzogin Maria Theresia und Erzherzog Leopold Salvator,
Prinz Franz Josef von Braganza, Fürst Montenuovo und
Fürstin Montenuovo, der Minister des Aeußern Graf Aehren-
thal und Gräfin Aehrenthal, zahlreiche Mitglieder des Hoch-
adels, der Diplomatie und der Gesellschaft, Vertreter der Hoch-
finanz, der Bankwelt und Industrie usw.




Bluttat eines 12jährigen
Armeniers.


Die 14jährige Lyzealschülerin Ekaterina Romasz-
kan,
die Tochter eines armenischen Oberlehrers, wurde
beim Rodeln von dem 12jährigen Leon Navardick,
den sie nicht auf ihren Rodelschlitten aufsitzen lassen
wollte, durch Messerstiche getötet.

Der Knabe, der seine Eltern bei den Armenier-
metzeleien in Teheran verloren hatte, wurde vor einigen
Monaten mit mehreren anderen Kindern von der
armenischen Kultusgemeinde in Pflege genommen und bei
den Eltern der ermordeten Schülerin

untergebracht.




Konfiskation der Kronjuwelen der
portugiesischen Königsfamilie.
Der Schätzungswert 13 Millionen Franken.


Das "Berliner Tageblatt" meldet aus Lissabon:
Der Minister für öffentliche Arbeiten besuchte das unter-
irdische Gewölbe im Palaste Necessidades, in
dem die Kronjuwelen und der Privatschmuck
der entthronten portugiesischen Königsfamilie aufbewahrt
werden. Man fand u. a. ein Tafelservice von außer-
ordentlicher Schönheit aus reinem Silber, im Ge-
wichte von tausend Kilogramm, Krone und Szepter
aus massivem Golde mit wertvollen Steinen
geziert. Daneben lagen Barren ungemünzten Goldes im
Gewichte von 20 Kilogramm. Unter den Juwelen
ragen durch besonderen Wert und durch besondere Schön-
heit ein Diadem der Exkönigin Amalie
hervor, sowie ein Kollier, das ihr ihr Vater, der
Graf von Paris, seinerzeit schenkte. Das Kollier
wird auf eine Million Franken Wert ge-
schätzt.

Der gesamte Inhalt der Schatzkammer wurde auf
dreizehn Millionen Franken bewertet.
Der Finanzminister erklärte, daß jene Kronjuwelen, die
sich als Privatbesitz der königlichen
Familie er weisen,
wieder zurückgegeben
werden sollen. Alles übrige wird als Staatsgut be-
trachtet und im Nationalmuseum aufbewahrt werden.




Die türkischen Truppentransporte
nach dem Yemen.

An Bord des russischen Dampfers "Zaritza"
gingen zwei weitere Bataillone nach Hodeida ab.


Der Norddeutsche Lloyd verkaufte auch den
Dampfer "Heidelberg" an die türkische Regierung. Be-
kanntlich sind erst vor kurzem zwei Schiffe des Nord-
deutschen Lloyd in den Besitz der türkischen Regierung
übergegangen. Die verkauften Schiffe werden unter
Aussicht türkischer Offiziere hier entsprechend adaptiert
werden.




Havarie eines türkischen Kanonenbootes.


Infolge schwerer Beschädigung durch einen vorbei-
fahrenden englischen Dampfer strandete
das Kanonenboot "Mermeris", welches sich
auf der Fahrt nach dem unlängst durch einen englischen
Kreuzer bombardierten, an der osmanischen Küste ge-
legenen Orte Dubay bei Fao befand.

Das Marineministerium kam mit der englischen
Botschaft überein, daß das Kanonenboot auf
Kosten des Eigentümers des schul-
digen Dampfers
zur Reparatur nach Bombay
geschleppt werde.




Volkszählungsergebnisse.

Zirl bei Innsbruck. 2854 Personen (+ 1200).

Algund. 2697 Personen (+ 2053).

Ampezzo. 3397 Einwohner (+ 309).

Levico. 6367 und 200 Mann Militär; der Zuwachs
beträgt 5 %.

Lavis. 3625 Einwohner. Zuwachs von 9 %.

Karwin. 16.801 Einwohner gegen 14.326 vor zehn
Jahren.


[Spaltenumbruch]

Peterswalde. Während 1900 von 5599 Einwohnern
3952 Polen und nur ein Viertel Tschechen gezählt wurden,
sind jetzt von 7315 Einwohnern 5340 Tschechen und nur
1308 Polen.




Drei Bandenkämpfe an einem
Tage.
Türkische Truppen gegen Albanesen und
Bulgaren.


Die türkischen Blockhäuser von Bera und
Gussinje sind von starken Scharen flüchtiger
Arnauten angegriffen worden. Während des
Kampfes wurden acht Arnauten getötet und
mehrere Soldaten verwundet. Die Arnauten flüchteten
wieder auf montenegrinisches Gebiet.

Bei Pepitsch (Bezirk Dschumai Bala) kam es
zu einem Zusammenstoß zwischen der türkischen Grenz-
wache und einer bulgarischen Bande, in dessen
Verlaufe vier Bulgaren getötet und einer
verwundet, ein Soldat getötet und zwei verwundet
wurden.

Am See bei Jenidsche Wardar hat
zwischen einer Truppenabteilung und einer unbekannten
Bande ein Kampf stattgefunden, in welchem drei
Komitadschi
gefallen sind und einer verwundet
wurde. Auf Seiten der Truppe wurde ein Mann ge-
tötet und einer verwundet.




Der Gefechtswert der Vlissinger
Befestigungen.


Das Blatt "Vaderland" veröffentlicht einen Artikel
des früheren Generalmajors der indischen Armee, Ger-
lach,
in welchem dieser ausführt:

Wir sollten keine Furcht haben vor der Landung
einer feindlichen Armee. Zu unserer Küstenverteidigung
sind keine kostspieligen Forts notwendig,
sondern nur gute Eisenbahnverbindungen,
damit wir unverzüglich Infanterie, Artillerie und
Maschinengewehrabteilungen in genügender Stärke zur
Verfügung haben. Die Forts würden durch schwere
Schiffsartillerie
binnen kurzer Zeit außer
Gefecht
gesetzt werden.




Die Pest in Ostasien.
Russisch-offiziöse Beschönigungen. -- Aus-
breitung der Seuche gegen Westen.

Die Pest scheint aus Ostasien ihren Weg längs
der sibirischen Bahnstrecke gegen Westen zu nehmen.
Obzwar die amtlichen russischen Berichte behaupten, es
sei seit einem Monat kein Pestfall mehr auf der Eisen-
bahn vorgekommen, melden Privatberichte, daß bereits in
Astrachan zahlreiche Fälle von Lungenpest beobachtet
wurden. Aschene in Westsibirien soll vollständig aus-
gestorben sein. Nachstehend die eingetroffenen Mel-
dungen:

Ein russischer Bericht.

Gestern sind 18 Personen, darunter eine Russin,
an der Pest gestorben.

Innerhalb der Eisenbahnzone der südmandschurischen
Bahn sind seit dem Auftreten der Epidemie 180 Todes-
fälle an Pest vorgekommen. Auf der ostchinesischen Bahn
nehmen die Expreß- und Postzüge Chinesen nicht auf.
Die Wagen der anderen Züge verlassen das Bahn-
gebiet nicht und werden vor der Aufnahme von Passa-
gieren desinfiziert. In Charbin und in den Nachbar-
stationen, ebenso auch auf der Südlinie werden
Chinesen in die dritte und vierte Wagenklasse nicht
mehr aufgenommen, in die anderen Klassen nur nach
Vornahme der Desinfektion und der ärztlichen Unter-
suchung. Im Bahnhofe von Mandschurija müssen sich
die Chinesen, welche nach Transbaikalien reisen, einer
dreitägigen ärztlichen Beobachtung unterziehen. Während
des letzten Monats ist kein Pestfall auf den Eisenbahn-
zügen vorgekommen.


Infolge einer pestverdächtigen Er-
krankung
in der Nähe der russischen
Grenze
hat der General-Gouverneur des Amur-
gebietes die Absperrung der Grenze durch
Truppen angeordnet.

Pestfälle in Astrachan.


Der "Lokalanzeiger" meldet aus St. Peters-
burg:
Im Gouvernement Astrachan wurde an
22 Observationspunkten Pestfälle konstatiert, darunter
einige Lungenpestfälle. Nachrichten aus
der Umgebung von Blagoweschtschensk zu-
folge wurden auch dort einige Pestfälle konstatiert. Die
Grenzsperre wurde angeordnet. Der Handel zwischen
Charbin und Wladiwostok wurde gänzlich
eingestellt. Die chinesischen Behörden wiesen 300 Chinesen
aus Huantscheng aus.

Im Vereine mit den Tschungusen der Umgebung
plündern Japaner das gesamte Gebiet. Korea wurde
durch einen Militärkordon abgeschlossen.

Kein Chinese wird durchgelassen. Merkwürdigerweise
ist bisher kein japanischer Arzt an Pest
gestorben
trotz der geradezu heroischen Arbeit
dieser Aerzte. Rußland wird die Amurflotte zur Unter-
stützung im Pestgebiete in Dienst stellen.


[Spaltenumbruch]
Aschene ausgestorben.


Laut Nachrichten aus Sibirien ist Aschene
völlig ausgestorben.
In Dumakreisen
werden die Mitteilungen über die Pest als ungerecht
fertigt optimistisch bezeichnet.

Maßnahmen in Galizien.


Im Gemeinderate von Tarnow wurde eine
Interpellation wegen Maßnahmen gegen die Ein-
schleppung der Pest nach Tarnow eingebracht. In
Tarnow befindet sich nämlich eine große Haarfabrik,
die große Massen menschlicher Haare
aus China
verarbeitet. Da diese Haare größtenteils
von Leichen stammen, sei die Gefahr der Ein-
schleppung der Pest sehr groß. Der Gemeinderat be-
schloß, sich in dieser Angelegenheit sofort an die Be-
zirkshauptmannschaft zu wenden.




Hinrichtung von Aufständischen
auf Haiti.
Zwei Insurgentengenerale standrechtlich
erschossen.


Nach einem Telegramm aus Cap Haitien sind
General Chapuet, der Anführer der Aufständischen,
welche Guanaminth einnahmen, und General Michael
Codio, der die Aufständischen gegen Fort Liberte
führte, von den Regierungstruppen gefangen genommen
und auf der Stelle erschossen worden.

Präsident Simon hatte heute eine Besprechung
mit den Mitgliedern des Konsularkorps, das bemüht ist, den
Streitigkeiten ein Ende zu machen. Der Präsident gab
die Versicherung ab, daß keine weiteren Hin-
richtungen
von Aufständischen mehr stattfinden
sollen. Amtlich wird die Revolution als beendet
erklärt.




Weitere Erfolge der mexikanischen
Insurgenten.


Die Aufständischen haben die Stadt Mexcala
(Mexiko) wieder eingenommen. Die in der
Stadt befindlichen Regierungsvertreter sind auf amerika-
nisches Gebiet geflüchtet.




Tagesbericht.


* Kalender für Dienstag den 14. Februar 1911.

Katholiken: Valentin. -- Griechen (1. Februar). -- Sonnen-
aufgang 7 Uhr 12 Minuten morgens. -- Sonnenuntergang
5 Uhr 17 Minuten abends. -- Mondesaufgang 6 Uhr
33 Minuten abends. -- Mondesuntergang 8 Uhr 5 Minuten
morgens.

* Geschichtskalender für Dienstag den 14. Februar.

869. Tod des hl. Cyrillus, Apostels der Slaven, zu Rom. --
1468. Johannes Gensfleisch von Sorgenloch, genannt zum
Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunst, in Mainz ge-
storben. -- 1488. Maximilian I. in Brügge (Niederlande)
gefangen; nur gegen Verzichtleistung auf die Regentschaft
wurde er frei. -- 1779. Der englische Seefahrer James Cook
auf Hawai von den Eingebornen ermordet. -- 1895. Die
Japaner erstürmen den chinesischen Kriegshasen Wei-hei-wei
und vernichten die Kriegsflotte der Chinesen.

* Verleihungen und Ernennungen.

Der Kaiser hat ver-
liehen: dem Vollstreckungsdirektor des Landesgerichtes in Wien
Anton Leixner taxfrei den Titel eines kaiserlichen Rates und dem
in den Ruhestand versetzten Grundbuchsführer des Landesgerichtes
in Graz Jakob Pokorny den Titel eines Grundbuchsdirektors.
Der Minister des Innern hat ernannt: die Ministerialvize-
sekretäre Dr. Guido Freiherrn von Sommaruga und
Dr. Georg Grafen Wodzicki von Granow zu
Ministerialsekretären und die Bezirkskommissäre Artur Freiherrn
Daczicky von Heßlowa, Alexius Komers und Dr. Rudolf
Ritter von Czyhlarz zu Ministerialvizesekretären im
Ministerium des Innern, den Statthaltereisekretär Ludwig
Freiherrn Czekelius von Rosenfeld zum Bezirks-
hauptmanne und die Bezirkskommissäre Hubert Faber,
Koloman Freiherrn von Liebenberg und Dr. Bruno
Grafen zu Castell-Rüdenhausen zu Statthalterei-
sekretären in Niederösterreich, den Adjunkten des Allgemeinen
Krankenhauses in Wien Dr. Alfred Jungmann zum
Primararzte zweiter Klasse ad personam und den Bezirks-
kommissär Dr. Karl Baron zum Landesregierungssekretär in
Schlesien. Der Unterrichtsminister hat den Supplenten an der
Rudniker Lehrerbildungsanstalt Theophil Nieger zum
Hauptlehrer an der Lehrerbildungsanstalt in Alt-Sandez er-
nannt, Der Handelsminister hat die Postkontrollore Anton
Mlcoch und Josef Kubis in Brünn 2 zu Oberpost-
kontrolloren dortselbst ernannt.

* Der Kaiser

nahm Sonntag um 8 Uhr vor-
mittags die Meldungen der Generaladjutanten ent-
gegen und begab sich um 11 Uhr vormittags in die
Schloßkapelle, wo Abt Kanter eine stille Messe
zelebrierte. Im Oratorium der Kapelle wohnten auch
die Erzherzoginnen Isabella und Klothilde
der Messe bei. Der Monarch wird Donnerstag die
neuen Geheimen Räte, darunter den Präsidenten des
Staatsrechnungshofes Wilhelm Thuroizy den Eid
abnehmen und allgemeine Audienzen erteilen. -- Erzher-
zogin Isabella ist gestern nachmittags wieder nach
Wien zurückgekehrt.

* Abreise Baron Bienerths nach Ofen-
Pest.

Ministerpräsident Dr. Freiherr v. Bienerth
hat sich heute früh in Begleitung des Sektionsrates
v. Ehrhart nach Ofen-Pest begeben.

* Durchreise des Kronprinzen von Serbien.

Kronprinz Alexander von Serbien ist gestern
vormittag aus Südfrankreich, wo er sich durch mehrere
Wochen zur Erholung nach schwerer Krankheit auf-
gehalten hat, in Wien eingetroffen und um 6 Uhr

Wien, Montag Reichspoſt 13. Februar 1911 Nr. 72

[Spaltenumbruch] die Behörden all dem zuſahen, als ginge ſie das nichts
an, dann fällt in die goldtaumeligen Trauerhymnen
doch ein recht ſchriller Mißton.

Kondolenzen.

Im Auftrage des Kaiſers hat Generaladjutant G. d. K.
Graf Paar aus Ofen-Peſt folgendes Beileidstelegramm an
Baron Alfons Rothſchild gerichtet:

„Seine Majeſtät vernahmen mit Bedauern das Ableben
des Freiherrn Albert, Euer Hochwohlgeboren heute zu Gott
heimgegangenen Vaters und geruhen Herrn Baron und Ge-
ſchwiſtern Allerhöchſt Ihrer wärmſten Teilnahme an dem
Schmerze ob dieſes ſchweren Verluſtes huldvollſt zu verſichern.
Im Allerhöchſten Auftrage: Graf Paar.“

Von Erzherzog Franz Ferdinand langte folgende De-
p[e]ſche an: „Zu dem ſchweren Verluſte, den Sie erlitten, ſpreche
ich Ihnen und Ihren Brüdern mein aufrichtigſtes Beileid
aus. Erzherzog Franz.“ Außerdem kondolierten: Frau Erz-
herzogin Maria Thereſia und Erzherzog Leopold Salvator,
Prinz Franz Joſef von Braganza, Fürſt Montenuovo und
Fürſtin Montenuovo, der Miniſter des Aeußern Graf Aehren-
thal und Gräfin Aehrenthal, zahlreiche Mitglieder des Hoch-
adels, der Diplomatie und der Geſellſchaft, Vertreter der Hoch-
finanz, der Bankwelt und Induſtrie uſw.




Bluttat eines 12jährigen
Armeniers.


Die 14jährige Lyzealſchülerin Ekaterina Romasz-
kan,
die Tochter eines armeniſchen Oberlehrers, wurde
beim Rodeln von dem 12jährigen Leon Navardick,
den ſie nicht auf ihren Rodelſchlitten aufſitzen laſſen
wollte, durch Meſſerſtiche getötet.

Der Knabe, der ſeine Eltern bei den Armenier-
metzeleien in Teheran verloren hatte, wurde vor einigen
Monaten mit mehreren anderen Kindern von der
armeniſchen Kultusgemeinde in Pflege genommen und bei
den Eltern der ermordeten Schülerin

untergebracht.




Konfiskation der Kronjuwelen der
portugieſiſchen Königsfamilie.
Der Schätzungswert 13 Millionen Franken.


Das „Berliner Tageblatt“ meldet aus Liſſabon:
Der Miniſter für öffentliche Arbeiten beſuchte das unter-
irdiſche Gewölbe im Palaſte Neceſſidades, in
dem die Kronjuwelen und der Privatſchmuck
der entthronten portugieſiſchen Königsfamilie aufbewahrt
werden. Man fand u. a. ein Tafelſervice von außer-
ordentlicher Schönheit aus reinem Silber, im Ge-
wichte von tauſend Kilogramm, Krone und Szepter
aus maſſivem Golde mit wertvollen Steinen
geziert. Daneben lagen Barren ungemünzten Goldes im
Gewichte von 20 Kilogramm. Unter den Juwelen
ragen durch beſonderen Wert und durch beſondere Schön-
heit ein Diadem der Exkönigin Amalie
hervor, ſowie ein Kollier, das ihr ihr Vater, der
Graf von Paris, ſeinerzeit ſchenkte. Das Kollier
wird auf eine Million Franken Wert ge-
ſchätzt.

Der geſamte Inhalt der Schatzkammer wurde auf
dreizehn Millionen Franken bewertet.
Der Finanzminiſter erklärte, daß jene Kronjuwelen, die
ſich als Privatbeſitz der königlichen
Familie er weiſen,
wieder zurückgegeben
werden ſollen. Alles übrige wird als Staatsgut be-
trachtet und im Nationalmuſeum aufbewahrt werden.




Die türkiſchen Truppentransporte
nach dem Yemen.

An Bord des ruſſiſchen Dampfers „Zaritza“
gingen zwei weitere Bataillone nach Hodeida ab.


Der Norddeutſche Lloyd verkaufte auch den
Dampfer „Heidelberg“ an die türkiſche Regierung. Be-
kanntlich ſind erſt vor kurzem zwei Schiffe des Nord-
deutſchen Lloyd in den Beſitz der türkiſchen Regierung
übergegangen. Die verkauften Schiffe werden unter
Auſſicht türkiſcher Offiziere hier entſprechend adaptiert
werden.




Havarie eines türkiſchen Kanonenbootes.


Infolge ſchwerer Beſchädigung durch einen vorbei-
fahrenden engliſchen Dampfer ſtrandete
das Kanonenboot „Mermeris“, welches ſich
auf der Fahrt nach dem unlängſt durch einen engliſchen
Kreuzer bombardierten, an der osmaniſchen Küſte ge-
legenen Orte Dubay bei Fao befand.

Das Marineminiſterium kam mit der engliſchen
Botſchaft überein, daß das Kanonenboot auf
Koſten des Eigentümers des ſchul-
digen Dampfers
zur Reparatur nach Bombay
geſchleppt werde.




Volkszählungsergebniſſe.

Zirl bei Innsbruck. 2854 Perſonen (+ 1200).

Algund. 2697 Perſonen (+ 2053).

Ampezzo. 3397 Einwohner (+ 309).

Levico. 6367 und 200 Mann Militär; der Zuwachs
beträgt 5 %.

Lavis. 3625 Einwohner. Zuwachs von 9 %.

Karwin. 16.801 Einwohner gegen 14.326 vor zehn
Jahren.


[Spaltenumbruch]

Peterswalde. Während 1900 von 5599 Einwohnern
3952 Polen und nur ein Viertel Tſchechen gezählt wurden,
ſind jetzt von 7315 Einwohnern 5340 Tſchechen und nur
1308 Polen.




Drei Bandenkämpfe an einem
Tage.
Türkiſche Truppen gegen Albaneſen und
Bulgaren.


Die türkiſchen Blockhäuſer von Bera und
Guſſinje ſind von ſtarken Scharen flüchtiger
Arnauten angegriffen worden. Während des
Kampfes wurden acht Arnauten getötet und
mehrere Soldaten verwundet. Die Arnauten flüchteten
wieder auf montenegriniſches Gebiet.

Bei Pepitſch (Bezirk Dſchumai Bala) kam es
zu einem Zuſammenſtoß zwiſchen der türkiſchen Grenz-
wache und einer bulgariſchen Bande, in deſſen
Verlaufe vier Bulgaren getötet und einer
verwundet, ein Soldat getötet und zwei verwundet
wurden.

Am See bei Jenidſche Wardar hat
zwiſchen einer Truppenabteilung und einer unbekannten
Bande ein Kampf ſtattgefunden, in welchem drei
Komitadſchi
gefallen ſind und einer verwundet
wurde. Auf Seiten der Truppe wurde ein Mann ge-
tötet und einer verwundet.




Der Gefechtswert der Vliſſinger
Befeſtigungen.


Das Blatt „Vaderland“ veröffentlicht einen Artikel
des früheren Generalmajors der indiſchen Armee, Ger-
lach,
in welchem dieſer ausführt:

Wir ſollten keine Furcht haben vor der Landung
einer feindlichen Armee. Zu unſerer Küſtenverteidigung
ſind keine koſtſpieligen Forts notwendig,
ſondern nur gute Eiſenbahnverbindungen,
damit wir unverzüglich Infanterie, Artillerie und
Maſchinengewehrabteilungen in genügender Stärke zur
Verfügung haben. Die Forts würden durch ſchwere
Schiffsartillerie
binnen kurzer Zeit außer
Gefecht
geſetzt werden.




Die Peſt in Oſtaſien.
Ruſſiſch-offiziöſe Beſchönigungen. — Aus-
breitung der Seuche gegen Weſten.

Die Peſt ſcheint aus Oſtaſien ihren Weg längs
der ſibiriſchen Bahnſtrecke gegen Weſten zu nehmen.
Obzwar die amtlichen ruſſiſchen Berichte behaupten, es
ſei ſeit einem Monat kein Peſtfall mehr auf der Eiſen-
bahn vorgekommen, melden Privatberichte, daß bereits in
Aſtrachan zahlreiche Fälle von Lungenpeſt beobachtet
wurden. Aſchene in Weſtſibirien ſoll vollſtändig aus-
geſtorben ſein. Nachſtehend die eingetroffenen Mel-
dungen:

Ein ruſſiſcher Bericht.

Geſtern ſind 18 Perſonen, darunter eine Ruſſin,
an der Peſt geſtorben.

Innerhalb der Eiſenbahnzone der ſüdmandſchuriſchen
Bahn ſind ſeit dem Auftreten der Epidemie 180 Todes-
fälle an Peſt vorgekommen. Auf der oſtchineſiſchen Bahn
nehmen die Expreß- und Poſtzüge Chineſen nicht auf.
Die Wagen der anderen Züge verlaſſen das Bahn-
gebiet nicht und werden vor der Aufnahme von Paſſa-
gieren desinfiziert. In Charbin und in den Nachbar-
ſtationen, ebenſo auch auf der Südlinie werden
Chineſen in die dritte und vierte Wagenklaſſe nicht
mehr aufgenommen, in die anderen Klaſſen nur nach
Vornahme der Desinfektion und der ärztlichen Unter-
ſuchung. Im Bahnhofe von Mandſchurija müſſen ſich
die Chineſen, welche nach Transbaikalien reiſen, einer
dreitägigen ärztlichen Beobachtung unterziehen. Während
des letzten Monats iſt kein Peſtfall auf den Eiſenbahn-
zügen vorgekommen.


Infolge einer peſtverdächtigen Er-
krankung
in der Nähe der ruſſiſchen
Grenze
hat der General-Gouverneur des Amur-
gebietes die Abſperrung der Grenze durch
Truppen angeordnet.

Peſtfälle in Aſtrachan.


Der „Lokalanzeiger“ meldet aus St. Peters-
burg:
Im Gouvernement Aſtrachan wurde an
22 Obſervationspunkten Peſtfälle konſtatiert, darunter
einige Lungenpeſtfälle. Nachrichten aus
der Umgebung von Blagoweſchtſchensk zu-
folge wurden auch dort einige Peſtfälle konſtatiert. Die
Grenzſperre wurde angeordnet. Der Handel zwiſchen
Charbin und Wladiwoſtok wurde gänzlich
eingeſtellt. Die chineſiſchen Behörden wieſen 300 Chineſen
aus Huantſcheng aus.

Im Vereine mit den Tſchunguſen der Umgebung
plündern Japaner das geſamte Gebiet. Korea wurde
durch einen Militärkordon abgeſchloſſen.

Kein Chineſe wird durchgelaſſen. Merkwürdigerweiſe
iſt bisher kein japaniſcher Arzt an Peſt
geſtorben
trotz der geradezu heroiſchen Arbeit
dieſer Aerzte. Rußland wird die Amurflotte zur Unter-
ſtützung im Peſtgebiete in Dienſt ſtellen.


[Spaltenumbruch]
Aſchene ausgeſtorben.


Laut Nachrichten aus Sibirien iſt Aſchene
völlig ausgeſtorben.
In Dumakreiſen
werden die Mitteilungen über die Peſt als ungerecht
fertigt optimiſtiſch bezeichnet.

Maßnahmen in Galizien.


Im Gemeinderate von Tarnow wurde eine
Interpellation wegen Maßnahmen gegen die Ein-
ſchleppung der Peſt nach Tarnow eingebracht. In
Tarnow befindet ſich nämlich eine große Haarfabrik,
die große Maſſen menſchlicher Haare
aus China
verarbeitet. Da dieſe Haare größtenteils
von Leichen ſtammen, ſei die Gefahr der Ein-
ſchleppung der Peſt ſehr groß. Der Gemeinderat be-
ſchloß, ſich in dieſer Angelegenheit ſofort an die Be-
zirkshauptmannſchaft zu wenden.




Hinrichtung von Aufſtändiſchen
auf Haiti.
Zwei Inſurgentengenerale ſtandrechtlich
erſchoſſen.


Nach einem Telegramm aus Cap Haitien ſind
General Chapuet, der Anführer der Aufſtändiſchen,
welche Guanaminth einnahmen, und General Michael
Codio, der die Aufſtändiſchen gegen Fort Liberté
führte, von den Regierungstruppen gefangen genommen
und auf der Stelle erſchoſſen worden.

Präſident Simon hatte heute eine Beſprechung
mit den Mitgliedern des Konſularkorps, das bemüht iſt, den
Streitigkeiten ein Ende zu machen. Der Präſident gab
die Verſicherung ab, daß keine weiteren Hin-
richtungen
von Aufſtändiſchen mehr ſtattfinden
ſollen. Amtlich wird die Revolution als beendet
erklärt.




Weitere Erfolge der mexikaniſchen
Inſurgenten.


Die Aufſtändiſchen haben die Stadt Mexcala
(Mexiko) wieder eingenommen. Die in der
Stadt befindlichen Regierungsvertreter ſind auf amerika-
niſches Gebiet geflüchtet.




Tagesbericht.


* Kalender für Dienstag den 14. Februar 1911.

Katholiken: Valentin. — Griechen (1. Februar). — Sonnen-
aufgang 7 Uhr 12 Minuten morgens. — Sonnenuntergang
5 Uhr 17 Minuten abends. — Mondesaufgang 6 Uhr
33 Minuten abends. — Mondesuntergang 8 Uhr 5 Minuten
morgens.

* Geſchichtskalender für Dienstag den 14. Februar.

869. Tod des hl. Cyrillus, Apoſtels der Slaven, zu Rom. —
1468. Johannes Gensfleiſch von Sorgenloch, genannt zum
Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunſt, in Mainz ge-
ſtorben. — 1488. Maximilian I. in Brügge (Niederlande)
gefangen; nur gegen Verzichtleiſtung auf die Regentſchaft
wurde er frei. — 1779. Der engliſche Seefahrer James Cook
auf Hawai von den Eingebornen ermordet. — 1895. Die
Japaner erſtürmen den chineſiſchen Kriegshaſen Wei-hei-wei
und vernichten die Kriegsflotte der Chineſen.

* Verleihungen und Ernennungen.

Der Kaiſer hat ver-
liehen: dem Vollſtreckungsdirektor des Landesgerichtes in Wien
Anton Leixner taxfrei den Titel eines kaiſerlichen Rates und dem
in den Ruheſtand verſetzten Grundbuchsführer des Landesgerichtes
in Graz Jakob Pokorny den Titel eines Grundbuchsdirektors.
Der Miniſter des Innern hat ernannt: die Miniſterialvize-
ſekretäre Dr. Guido Freiherrn von Sommaruga und
Dr. Georg Grafen Wodzicki von Granow zu
Miniſterialſekretären und die Bezirkskommiſſäre Artur Freiherrn
Daczicky von Heßlowa, Alexius Komers und Dr. Rudolf
Ritter von Czyhlarz zu Miniſterialvizeſekretären im
Miniſterium des Innern, den Statthaltereiſekretär Ludwig
Freiherrn Czekelius von Roſenfeld zum Bezirks-
hauptmanne und die Bezirkskommiſſäre Hubert Faber,
Koloman Freiherrn von Liebenberg und Dr. Bruno
Grafen zu Caſtell-Rüdenhauſen zu Statthalterei-
ſekretären in Niederöſterreich, den Adjunkten des Allgemeinen
Krankenhauſes in Wien Dr. Alfred Jungmann zum
Primararzte zweiter Klaſſe ad personam und den Bezirks-
kommiſſär Dr. Karl Baron zum Landesregierungsſekretär in
Schleſien. Der Unterrichtsminiſter hat den Supplenten an der
Rudniker Lehrerbildungsanſtalt Theophil Nieger zum
Hauptlehrer an der Lehrerbildungsanſtalt in Alt-Sandez er-
nannt, Der Handelsminiſter hat die Poſtkontrollore Anton
Mlcoch und Joſef Kubis in Brünn 2 zu Oberpoſt-
kontrolloren dortſelbſt ernannt.

* Der Kaiſer

nahm Sonntag um 8 Uhr vor-
mittags die Meldungen der Generaladjutanten ent-
gegen und begab ſich um 11 Uhr vormittags in die
Schloßkapelle, wo Abt Kanter eine ſtille Meſſe
zelebrierte. Im Oratorium der Kapelle wohnten auch
die Erzherzoginnen Iſabella und Klothilde
der Meſſe bei. Der Monarch wird Donnerstag die
neuen Geheimen Räte, darunter den Präſidenten des
Staatsrechnungshofes Wilhelm Thuroizy den Eid
abnehmen und allgemeine Audienzen erteilen. — Erzher-
zogin Iſabella iſt geſtern nachmittags wieder nach
Wien zurückgekehrt.

* Abreiſe Baron Bienerths nach Ofen-
Peſt.

Miniſterpräſident Dr. Freiherr v. Bienerth
hat ſich heute früh in Begleitung des Sektionsrates
v. Ehrhart nach Ofen-Peſt begeben.

* Durchreiſe des Kronprinzen von Serbien.

Kronprinz Alexander von Serbien iſt geſtern
vormittag aus Südfrankreich, wo er ſich durch mehrere
Wochen zur Erholung nach ſchwerer Krankheit auf-
gehalten hat, in Wien eingetroffen und um 6 Uhr

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[2/0002] Wien, Montag Reichspoſt 13. Februar 1911 Nr. 72 die Behörden all dem zuſahen, als ginge ſie das nichts an, dann fällt in die goldtaumeligen Trauerhymnen doch ein recht ſchriller Mißton. Kondolenzen. Im Auftrage des Kaiſers hat Generaladjutant G. d. K. Graf Paar aus Ofen-Peſt folgendes Beileidstelegramm an Baron Alfons Rothſchild gerichtet: „Seine Majeſtät vernahmen mit Bedauern das Ableben des Freiherrn Albert, Euer Hochwohlgeboren heute zu Gott heimgegangenen Vaters und geruhen Herrn Baron und Ge- ſchwiſtern Allerhöchſt Ihrer wärmſten Teilnahme an dem Schmerze ob dieſes ſchweren Verluſtes huldvollſt zu verſichern. Im Allerhöchſten Auftrage: Graf Paar.“ Von Erzherzog Franz Ferdinand langte folgende De- peſche an: „Zu dem ſchweren Verluſte, den Sie erlitten, ſpreche ich Ihnen und Ihren Brüdern mein aufrichtigſtes Beileid aus. Erzherzog Franz.“ Außerdem kondolierten: Frau Erz- herzogin Maria Thereſia und Erzherzog Leopold Salvator, Prinz Franz Joſef von Braganza, Fürſt Montenuovo und Fürſtin Montenuovo, der Miniſter des Aeußern Graf Aehren- thal und Gräfin Aehrenthal, zahlreiche Mitglieder des Hoch- adels, der Diplomatie und der Geſellſchaft, Vertreter der Hoch- finanz, der Bankwelt und Induſtrie uſw. Bluttat eines 12jährigen Armeniers. Suczawa, 12. Februar. (Privat.) Die 14jährige Lyzealſchülerin Ekaterina Romasz- kan, die Tochter eines armeniſchen Oberlehrers, wurde beim Rodeln von dem 12jährigen Leon Navardick, den ſie nicht auf ihren Rodelſchlitten aufſitzen laſſen wollte, durch Meſſerſtiche getötet. Der Knabe, der ſeine Eltern bei den Armenier- metzeleien in Teheran verloren hatte, wurde vor einigen Monaten mit mehreren anderen Kindern von der armeniſchen Kultusgemeinde in Pflege genommen und bei den Eltern der ermordeten Schülerin untergebracht. Konfiskation der Kronjuwelen der portugieſiſchen Königsfamilie. Der Schätzungswert 13 Millionen Franken. Berlin, 13. Februar. (Privat.) Das „Berliner Tageblatt“ meldet aus Liſſabon: Der Miniſter für öffentliche Arbeiten beſuchte das unter- irdiſche Gewölbe im Palaſte Neceſſidades, in dem die Kronjuwelen und der Privatſchmuck der entthronten portugieſiſchen Königsfamilie aufbewahrt werden. Man fand u. a. ein Tafelſervice von außer- ordentlicher Schönheit aus reinem Silber, im Ge- wichte von tauſend Kilogramm, Krone und Szepter aus maſſivem Golde mit wertvollen Steinen geziert. Daneben lagen Barren ungemünzten Goldes im Gewichte von 20 Kilogramm. Unter den Juwelen ragen durch beſonderen Wert und durch beſondere Schön- heit ein Diadem der Exkönigin Amalie hervor, ſowie ein Kollier, das ihr ihr Vater, der Graf von Paris, ſeinerzeit ſchenkte. Das Kollier wird auf eine Million Franken Wert ge- ſchätzt. Der geſamte Inhalt der Schatzkammer wurde auf dreizehn Millionen Franken bewertet. Der Finanzminiſter erklärte, daß jene Kronjuwelen, die ſich als Privatbeſitz der königlichen Familie er weiſen, wieder zurückgegeben werden ſollen. Alles übrige wird als Staatsgut be- trachtet und im Nationalmuſeum aufbewahrt werden. Die türkiſchen Truppentransporte nach dem Yemen. Konſtantinopel, 13. Februar. An Bord des ruſſiſchen Dampfers „Zaritza“ gingen zwei weitere Bataillone nach Hodeida ab. Bremerhaven, 13. Februar. Der Norddeutſche Lloyd verkaufte auch den Dampfer „Heidelberg“ an die türkiſche Regierung. Be- kanntlich ſind erſt vor kurzem zwei Schiffe des Nord- deutſchen Lloyd in den Beſitz der türkiſchen Regierung übergegangen. Die verkauften Schiffe werden unter Auſſicht türkiſcher Offiziere hier entſprechend adaptiert werden. Havarie eines türkiſchen Kanonenbootes. Konſtantinopel, 13. Februar. Infolge ſchwerer Beſchädigung durch einen vorbei- fahrenden engliſchen Dampfer ſtrandete das Kanonenboot „Mermeris“, welches ſich auf der Fahrt nach dem unlängſt durch einen engliſchen Kreuzer bombardierten, an der osmaniſchen Küſte ge- legenen Orte Dubay bei Fao befand. Das Marineminiſterium kam mit der engliſchen Botſchaft überein, daß das Kanonenboot auf Koſten des Eigentümers des ſchul- digen Dampfers zur Reparatur nach Bombay geſchleppt werde. Volkszählungsergebniſſe. Zirl bei Innsbruck. 2854 Perſonen (+ 1200). Algund. 2697 Perſonen (+ 2053). Ampezzo. 3397 Einwohner (+ 309). Levico. 6367 und 200 Mann Militär; der Zuwachs beträgt 5 %. Lavis. 3625 Einwohner. Zuwachs von 9 %. Karwin. 16.801 Einwohner gegen 14.326 vor zehn Jahren. Peterswalde. Während 1900 von 5599 Einwohnern 3952 Polen und nur ein Viertel Tſchechen gezählt wurden, ſind jetzt von 7315 Einwohnern 5340 Tſchechen und nur 1308 Polen. Drei Bandenkämpfe an einem Tage. Türkiſche Truppen gegen Albaneſen und Bulgaren. Saloniki, 13. Februar. Die türkiſchen Blockhäuſer von Bera und Guſſinje ſind von ſtarken Scharen flüchtiger Arnauten angegriffen worden. Während des Kampfes wurden acht Arnauten getötet und mehrere Soldaten verwundet. Die Arnauten flüchteten wieder auf montenegriniſches Gebiet. Bei Pepitſch (Bezirk Dſchumai Bala) kam es zu einem Zuſammenſtoß zwiſchen der türkiſchen Grenz- wache und einer bulgariſchen Bande, in deſſen Verlaufe vier Bulgaren getötet und einer verwundet, ein Soldat getötet und zwei verwundet wurden. Am See bei Jenidſche Wardar hat zwiſchen einer Truppenabteilung und einer unbekannten Bande ein Kampf ſtattgefunden, in welchem drei Komitadſchi gefallen ſind und einer verwundet wurde. Auf Seiten der Truppe wurde ein Mann ge- tötet und einer verwundet. Der Gefechtswert der Vliſſinger Befeſtigungen. Haag, 13. Februar. Das Blatt „Vaderland“ veröffentlicht einen Artikel des früheren Generalmajors der indiſchen Armee, Ger- lach, in welchem dieſer ausführt: Wir ſollten keine Furcht haben vor der Landung einer feindlichen Armee. Zu unſerer Küſtenverteidigung ſind keine koſtſpieligen Forts notwendig, ſondern nur gute Eiſenbahnverbindungen, damit wir unverzüglich Infanterie, Artillerie und Maſchinengewehrabteilungen in genügender Stärke zur Verfügung haben. Die Forts würden durch ſchwere Schiffsartillerie binnen kurzer Zeit außer Gefecht geſetzt werden. Die Peſt in Oſtaſien. Ruſſiſch-offiziöſe Beſchönigungen. — Aus- breitung der Seuche gegen Weſten. Die Peſt ſcheint aus Oſtaſien ihren Weg längs der ſibiriſchen Bahnſtrecke gegen Weſten zu nehmen. Obzwar die amtlichen ruſſiſchen Berichte behaupten, es ſei ſeit einem Monat kein Peſtfall mehr auf der Eiſen- bahn vorgekommen, melden Privatberichte, daß bereits in Aſtrachan zahlreiche Fälle von Lungenpeſt beobachtet wurden. Aſchene in Weſtſibirien ſoll vollſtändig aus- geſtorben ſein. Nachſtehend die eingetroffenen Mel- dungen: Ein ruſſiſcher Bericht. Charbin, 11. Februar. Geſtern ſind 18 Perſonen, darunter eine Ruſſin, an der Peſt geſtorben. Innerhalb der Eiſenbahnzone der ſüdmandſchuriſchen Bahn ſind ſeit dem Auftreten der Epidemie 180 Todes- fälle an Peſt vorgekommen. Auf der oſtchineſiſchen Bahn nehmen die Expreß- und Poſtzüge Chineſen nicht auf. Die Wagen der anderen Züge verlaſſen das Bahn- gebiet nicht und werden vor der Aufnahme von Paſſa- gieren desinfiziert. In Charbin und in den Nachbar- ſtationen, ebenſo auch auf der Südlinie werden Chineſen in die dritte und vierte Wagenklaſſe nicht mehr aufgenommen, in die anderen Klaſſen nur nach Vornahme der Desinfektion und der ärztlichen Unter- ſuchung. Im Bahnhofe von Mandſchurija müſſen ſich die Chineſen, welche nach Transbaikalien reiſen, einer dreitägigen ärztlichen Beobachtung unterziehen. Während des letzten Monats iſt kein Peſtfall auf den Eiſenbahn- zügen vorgekommen. St. Petersburg, 12. Februar. Infolge einer peſtverdächtigen Er- krankung in der Nähe der ruſſiſchen Grenze hat der General-Gouverneur des Amur- gebietes die Abſperrung der Grenze durch Truppen angeordnet. Peſtfälle in Aſtrachan. Berlin, 12. Februar. (Privat.) Der „Lokalanzeiger“ meldet aus St. Peters- burg: Im Gouvernement Aſtrachan wurde an 22 Obſervationspunkten Peſtfälle konſtatiert, darunter einige Lungenpeſtfälle. Nachrichten aus der Umgebung von Blagoweſchtſchensk zu- folge wurden auch dort einige Peſtfälle konſtatiert. Die Grenzſperre wurde angeordnet. Der Handel zwiſchen Charbin und Wladiwoſtok wurde gänzlich eingeſtellt. Die chineſiſchen Behörden wieſen 300 Chineſen aus Huantſcheng aus. Im Vereine mit den Tſchunguſen der Umgebung plündern Japaner das geſamte Gebiet. Korea wurde durch einen Militärkordon abgeſchloſſen. Kein Chineſe wird durchgelaſſen. Merkwürdigerweiſe iſt bisher kein japaniſcher Arzt an Peſt geſtorben trotz der geradezu heroiſchen Arbeit dieſer Aerzte. Rußland wird die Amurflotte zur Unter- ſtützung im Peſtgebiete in Dienſt ſtellen. Aſchene ausgeſtorben. Petersburg, 12. Februar. (Privat.) Laut Nachrichten aus Sibirien iſt Aſchene völlig ausgeſtorben. In Dumakreiſen werden die Mitteilungen über die Peſt als ungerecht fertigt optimiſtiſch bezeichnet. Maßnahmen in Galizien. Krakan, 12. Februar. (Privat.) Im Gemeinderate von Tarnow wurde eine Interpellation wegen Maßnahmen gegen die Ein- ſchleppung der Peſt nach Tarnow eingebracht. In Tarnow befindet ſich nämlich eine große Haarfabrik, die große Maſſen menſchlicher Haare aus China verarbeitet. Da dieſe Haare größtenteils von Leichen ſtammen, ſei die Gefahr der Ein- ſchleppung der Peſt ſehr groß. Der Gemeinderat be- ſchloß, ſich in dieſer Angelegenheit ſofort an die Be- zirkshauptmannſchaft zu wenden. Hinrichtung von Aufſtändiſchen auf Haiti. Zwei Inſurgentengenerale ſtandrechtlich erſchoſſen. Waſhington, 13. Februar. Nach einem Telegramm aus Cap Haitien ſind General Chapuet, der Anführer der Aufſtändiſchen, welche Guanaminth einnahmen, und General Michael Codio, der die Aufſtändiſchen gegen Fort Liberté führte, von den Regierungstruppen gefangen genommen und auf der Stelle erſchoſſen worden. Präſident Simon hatte heute eine Beſprechung mit den Mitgliedern des Konſularkorps, das bemüht iſt, den Streitigkeiten ein Ende zu machen. Der Präſident gab die Verſicherung ab, daß keine weiteren Hin- richtungen von Aufſtändiſchen mehr ſtattfinden ſollen. Amtlich wird die Revolution als beendet erklärt. Weitere Erfolge der mexikaniſchen Inſurgenten. San Franzisko, 13. Februar. Die Aufſtändiſchen haben die Stadt Mexcala (Mexiko) wieder eingenommen. Die in der Stadt befindlichen Regierungsvertreter ſind auf amerika- niſches Gebiet geflüchtet. Tagesbericht. Wien, 13. Februar. * Kalender für Dienstag den 14. Februar 1911. Katholiken: Valentin. — Griechen (1. Februar). — Sonnen- aufgang 7 Uhr 12 Minuten morgens. — Sonnenuntergang 5 Uhr 17 Minuten abends. — Mondesaufgang 6 Uhr 33 Minuten abends. — Mondesuntergang 8 Uhr 5 Minuten morgens. * Geſchichtskalender für Dienstag den 14. Februar. 869. Tod des hl. Cyrillus, Apoſtels der Slaven, zu Rom. — 1468. Johannes Gensfleiſch von Sorgenloch, genannt zum Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunſt, in Mainz ge- ſtorben. — 1488. Maximilian I. in Brügge (Niederlande) gefangen; nur gegen Verzichtleiſtung auf die Regentſchaft wurde er frei. — 1779. Der engliſche Seefahrer James Cook auf Hawai von den Eingebornen ermordet. — 1895. Die Japaner erſtürmen den chineſiſchen Kriegshaſen Wei-hei-wei und vernichten die Kriegsflotte der Chineſen. * Verleihungen und Ernennungen. Der Kaiſer hat ver- liehen: dem Vollſtreckungsdirektor des Landesgerichtes in Wien Anton Leixner taxfrei den Titel eines kaiſerlichen Rates und dem in den Ruheſtand verſetzten Grundbuchsführer des Landesgerichtes in Graz Jakob Pokorny den Titel eines Grundbuchsdirektors. Der Miniſter des Innern hat ernannt: die Miniſterialvize- ſekretäre Dr. Guido Freiherrn von Sommaruga und Dr. Georg Grafen Wodzicki von Granow zu Miniſterialſekretären und die Bezirkskommiſſäre Artur Freiherrn Daczicky von Heßlowa, Alexius Komers und Dr. Rudolf Ritter von Czyhlarz zu Miniſterialvizeſekretären im Miniſterium des Innern, den Statthaltereiſekretär Ludwig Freiherrn Czekelius von Roſenfeld zum Bezirks- hauptmanne und die Bezirkskommiſſäre Hubert Faber, Koloman Freiherrn von Liebenberg und Dr. Bruno Grafen zu Caſtell-Rüdenhauſen zu Statthalterei- ſekretären in Niederöſterreich, den Adjunkten des Allgemeinen Krankenhauſes in Wien Dr. Alfred Jungmann zum Primararzte zweiter Klaſſe ad personam und den Bezirks- kommiſſär Dr. Karl Baron zum Landesregierungsſekretär in Schleſien. Der Unterrichtsminiſter hat den Supplenten an der Rudniker Lehrerbildungsanſtalt Theophil Nieger zum Hauptlehrer an der Lehrerbildungsanſtalt in Alt-Sandez er- nannt, Der Handelsminiſter hat die Poſtkontrollore Anton Mlcoch und Joſef Kubis in Brünn 2 zu Oberpoſt- kontrolloren dortſelbſt ernannt. * Der Kaiſer nahm Sonntag um 8 Uhr vor- mittags die Meldungen der Generaladjutanten ent- gegen und begab ſich um 11 Uhr vormittags in die Schloßkapelle, wo Abt Kanter eine ſtille Meſſe zelebrierte. Im Oratorium der Kapelle wohnten auch die Erzherzoginnen Iſabella und Klothilde der Meſſe bei. Der Monarch wird Donnerstag die neuen Geheimen Räte, darunter den Präſidenten des Staatsrechnungshofes Wilhelm Thuroizy den Eid abnehmen und allgemeine Audienzen erteilen. — Erzher- zogin Iſabella iſt geſtern nachmittags wieder nach Wien zurückgekehrt. * Abreiſe Baron Bienerths nach Ofen- Peſt. Miniſterpräſident Dr. Freiherr v. Bienerth hat ſich heute früh in Begleitung des Sektionsrates v. Ehrhart nach Ofen-Peſt begeben. * Durchreiſe des Kronprinzen von Serbien. Kronprinz Alexander von Serbien iſt geſtern vormittag aus Südfrankreich, wo er ſich durch mehrere Wochen zur Erholung nach ſchwerer Krankheit auf- gehalten hat, in Wien eingetroffen und um 6 Uhr

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 72, Wien, 13.02.1911, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost072_1911/2>, abgerufen am 21.11.2024.