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Reichspost. Nr. 106, Wien, 18.04.1910.

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Wien, Montag Reichspost 18. April 1910. Nr. 106

[Spaltenumbruch] mann gestorben; die Leichenfeier wird voraussichtlich am
Mittwoch stattfinden.

* Die Erweiterung Krakaus. Der Draht meldet aus
Krakau vom 12. d.: Anläßlich der Einverleibung der
Nachbarortschaften in die Stadt Krakau wurde heute nach
einem Gottesdienste eine Festversammlung in Anwesen-
heit des Statthalters Dr. Bobrzynski, des Landmar-
schalls Grafen Badeni, mehreren Reichsrats- und Land-
tagsabgeordneten sowie einer großen Zahl geladener
Gäste abgehalten. Nach der Rede des Bgm. Leo sprachen
der Statthalter, der Landmarschall, im Namen des Polen-
klubs der Obmannstellvertreter Dr. R. v. Czaykowski,
im Namen anderer Städte Galiziens Bgm. Dr. Dolinski
aus Przemysl sowie mehrere Vertreter der einverleibten
Gemeinden. Der Bürgermeister gab abends zu Ehren der
Gäste ein Bankett.

* Unfall des "Parseval IV".

Der Draht meldet
aus Leipzig vom 17. d.: Das Luftschiff "Parseval IV",
das um 2 Uhr nachmittags in Altenburg zur Fahrt nach
Bitterfeld aufgestiegen war, mußte gegen 5 Uhr nach-
mittags wegen eines Schadens an der Propellerwelle
östlich von Leipzig landen. Die Landung erfolgte glatt.
Die Hülle wurde durch die Reißvorrichtung entleert und
mit der Bahn nach Bitterfeld befördert.

* Mordtaten in Bosnien.

Aus Sarajevo wird
uns gemeldet: Vor drei Tagen wurden in Bosn.-Gradiska
fünf serbische Bursche verhaftet und dem Gerichte ein-
geliefert, die beispiellose Roheitsakte verübten. In der
vorigen Woche zogen die fünf, mit Ivo Matijasevic an
der Spitze, johlend durch das Dorf Markovac. Knapp vor
demselben begegnete ihnen der Katholik Mijasic, den sie
ohne weiteres mit Knütteln niederschlugen. Als er noch
röchelte, gaben sie ihm abermals Hiebe. Trotzdem hatte
er dann so viel Selbstbeherrschung, sich tot zu stellen. Im
Dorfe selbst begegnete ihnen der Katholik Markovic. Dieser
wurde mit unzähligen Knüttelschlägen ermordet und von
den Rasenden dann noch seine Leiche geschändet. Die
Elenden hatten ihr Opfer früher kaum gekannt.

* Der französische Mitrailleusendieb -- ver-
haftet.

Der Draht meldet aus Paris vom 17. d.: Die
Polizei verhaftete heute den fahnenflüchtigen Korporal
Beschamps, den Urheber des vor einigen Monaten in
Chalons-sur-Marne verübten Mitrailleusendiebstahls. Er
war nach seiner Desertion in Frankfurt und in Wien
bei Automobilfirmen als Mechaniker beschäftigt gewesen
Deschamps leugnet, den Mitrailleusendiebstahl verübt zu
haben.

* Brand in der Belgrader Zuckerfabrik.

Der Draht
meldet aus Belgrad vom 17. d.: Um 1/22 Uhr nachts brach
in der Belgrader Zuckerfabrik ein Schadenfeuer aus,
welchem das Magazin mit 90 Waggons raffinierten
Zuckers zum Opfer fiel. Der auf 600.000 Kronen geschätzte
Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Das Feuer, dessen
Ursache unbekannt ist, wurde durch die Fabriks- und die
städtische Feuerwehr gelöscht. Die Zuckerfabrik gehört der
deutschen Industriegesellschaft in Regensburg.




Preiswürdige erstklassige photographische Apparate
und Zubehör, Projektionsapparate und Bilder, Prismen-
feldstecher für die Reise usw. Günstige Zahlungsbedin-
gungen. J. Sengsbratl, Wien, VII. Mariahilfer-
straße 74B. Neuer Katalog Nr. 41 gratis.




Roosevelt in Ungarn.

Gestern vormittag nach neun Uhr hat der gewesene
Präsident Theodor Roosevelt Wien verlassen, um auch
den Magyaren einen Besuch abzustatten. Der Abschied
auf dem Staatsbahnhofe gestaltete sich natürlich
ziemlich geräuschvoll, er spielte sich im Hofwartesalon
ab, wo sich mehrere Vertreter der politischen Welt
und Bekannte Roosevelts eingefunden hatten. Roose-
velt äußerte sich noch bei dieser Gelegenheit, daß
ihm Wien sehr gut gefallen habe -- dann fuhr der
Zug aus der Halle. Der erste Empfang in Ungarn
fand in Preßburg statt, wo der Zug um 11 Uhr ein-
traf. Bgm. Dr. Brolly, der an der Spitze des
Munizipalausschusses am Bahnhofe erschienen war, be-
grüßte Roosevelt, worauf der gewesene Abg. Marzel
Jankovics an ihn eine Ansprache hielt, auf welche
Roosevelt in einer Weise erwiderte, welche wohl
schlagend illustriert, wie groß die Raumdistanz zwischen
dem Lande der Magyaren und den Vereinigten Staaten
ist, wie wenig sie von magyarischer Kultur und
Politik wissen. "Seien Sie überzeugt," sagte der
Expräsident, "daß ich wie jeder gebildete Mensch
immer mit großem Interesse und besonderer Sym-
pathie Ihre Geschichte und Entwicklung verfolgt habe,
besonders weil ich auch aus dem weiten Westen bin
und gesunden habe, daß es in unserem
Charakter gemeinsame Züge gibt.

Immer habe ich mich für die einstige Reiter-
nation
interessiert, welche Arpad folgend, hier,
inmitten Europas, ein Vaterland fand und es
aufrechthielt." Natürlich fand diese Rede großen
Beifall. In Ofen-Pest fand die -- echt ameri-
kanische -- Magyarenhuldigung ihre Fortsetzung.
Auch dort erwiderte er auf die Ansprache, welche
Ministerialsekretär Barczy im Auftrage des
Ministerpräsidenten an ihn hielt, in ähnlicher
Weise, "Ein Mann, der wie ich im fernen Westen ge-
lebt hat," -- führte Roosevelt aus -- "muß sich
interessieren für die Entwicklung eines Landes, das die
Nachkommen des Reitervolkes Arpads zu einem der
zivilisiertesten Staaten Europas
umgewandelt haben. Der Mut, welcher sich in dem
freiheitlichen Geiste des ungarischen Charakters kund-
gibt, muß auf den Geist der fremden Völker immer
großen Eindruck ausüben. Ich begrüße euch, und freue
mich, hierher gekommen zu sein." -- Schade, daß
Roosevelt der letzten Sitzung des ungarischen Parla-
mentes nicht beiwohnte. Vielleicht hätte er dann eine
andere Meinung über einen der zivilisiertesten
Staaten Europas.


[Spaltenumbruch]
Die Bewegung gegen Hohenblum.
Eine gesprengte Versammlung in Schladming.


Hier sollte eine große Versammlung des Herrn v. Hohen-
blum
stattfinden, in welcher dieser die evangelischen
Bauern der Umgebung Schladmings zu einer Kundgebung
gegen den christlichsozialen Abg. R. v. Pantz zu gebrauchen
gedachte. Es hatten sich jedoch mehrere Tausend Bauern aus
dem ganzen oberen Ennstale in Schladming eingesunden, die
dem Abg. Pantz und seinen Freunden stürmische Ovationen
bereiteten und Herrn v. Hohenblum und die mit ihm
erschienenen freisinnigbündlerischen Abg. Größwang,
Riemelmoser, Brandl
und Pierer gar nicht zum
Worte kommen ließen. Diese mußten sich vom Marktplatze, wo
die Versammlung unter freiem Himmel tagte, sofort zurück-
ziehen. Es sprach hier nun unter stürmischen Beifalls-
kundgebungen der Abg. R. v. Pantz: Die Ennstaler
Bevölkerung wolle mit der Hohenblumschen Politik nichts mehr
zu tun haben, diese habe die Taschen einiger ungarischer und
böhmischer Großgrundbesitzer gefüllt, aber die der alpen-
ländischen Bauern geleert. Diese Politik sei zu einem wahren
Verhängnis für die Alpenländer geworden, sie habe für
den Bauernstand der Alpenländer nicht die geringste
Besserung, wohl aber eine zunehmende Teuerung in
wichtigen Bedürfnissen gebracht; die Futtermittelpreise
seien fast unerschwinglich hoch, die Schweinefett-
preise bedrücken jeden Haushalt, hingegen sei die
den Alpenländern versprochene Steigerung der Viehpreise nicht
eingetreten und werde auf dem Wege dieser Politik nie ein-
treten. Hohenblum sei zum Verbündeten der größten wirtschaft-
lichen Gegner der österreichischen Alpenbauernschaft, der
ungarischen Agrarier und der Agrarier des Deutschen Reiches
geworden.

Die Hohenblumsche Politik ist eine Verhetzung der arbeiten-
den Stände gegeneinander, deren Lebensführung sie erspart.
Wir wollen eine Volkspolitik und keine Klassen-
politik.
Deshalb kündigen wir der Politik Hohenblums die
Gefolgschaft. Nieder mit der verhetzenden Klassenpolitik Hohen-
blums! Fort mit seinen Sendlingen!

Diese Worte wurden mit stürmischer Zustimmung auf-
genommen.

Professor Dr. Hoffmeister betonte, daß die von ihm
im Auftrage des früheren Ackerbauministers Dr. Braf ge-
pflogenen Erhebungen über die Rentabilität der bäuerlichen
Betriebe mit völliger Klarheit ergeben haben, daß eine Ver-
schlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gebirgsbauernschaft
eingetreten sei. Diese in wissenschaftlich einwandfreier Weise
erworbene Kenntnis offen auszusprechen, sei das unverletzbare
Recht eines Hochschulprofessors. Die Erhebungen wurden von
gewissen Seiten -- ohne daß die Betreffenden auch nur die
geringste Einsicht in dieselben genommen hatten, auf das er-
bärmlichste herabgesetzt. Wahrheiten und Tatsachen lassen sich
aber nicht aus der Welt schaffen, auch dann nicht, wenn es
dem Einflusse derjenigen, welchen die traurigen Tatsachen
nicht in ihr Propramm passen, gelungen ist, die Ver-
öffentlichung dieser Erhebungen bis jetzt
zu hintertreiben.
Hierauf sprachen noch die Abge-
ordneten Schwab und Kanzler, die Landwirte Adam,
Haiger, Oberascher, Neunteufel
und Krainz,
worauf unter großen Beifallskundgebungen eine Resolution
einstimmig angenommen wurde, in welcher den Vorgenannten
mit Abg. R. v. Pantz an der Spitze Dank und
Vertrauen ausgesprochen wird und dieselben aufgefordert
werden, den Kampf gegen die Hohenblumsche Politik energisch
fortzusetzen.

Den ganzen Nachmittag und Abend durchzogen Bauern-
gruppen den Ort unter fortwährenden Kundgebungen gegen
Hohenblum und Heilrufen für Pantz; es erneuerten sich diese
Demonstrationen bei der Absahrt Hohenblums und seiner
Freunde am Bahnhof.




Ein Ballon vom Blitze getroffen.
Die vier Insassen erschlagen.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat sich
eine Ballonkatastrophe ereignet, die in der Geschichte der
Luftschifffahrt bisher noch nicht vorkam. Ein Ballon, der
in Bitterfeld zu einer Nachtfahrt aufstieg, geriet während
der Fahrt in ein Gewitter, wurde vom Blitze getroffen
und die vier Insassen der Gondel stürzten aus der
Höhe herab. Ob sie bereits vom Blitz getötet oder beim
Absturze tödlich verunglückt sind, sowie über die näheren
Umstände und den Verlauf der Katastrophe fehlt natur-
gemäß jede positive Aufklärung, da alle vier Zeugen
des Unglücks tot aufgefunden wurden.


Der Ballon "Dellitzsch", der Samstag in Bitter-
feld
zu einer Nachtfahrt aufgestiegen war, ist bei
Reinsachsen in ein Gewitter geraten. Der
Ballon wurde von einem Blitzstrahle getroffen. Alle
vier Insassen wurden getötet. Die Passagiere waren der
Kaufmann Karl Luft von der Parsevalgesellschaft, als
Führer, der seine 25. Fahrt unternahm, der Vertreter
der Luftfahrzeuggesellschaft Leuchsenring aus
Bitterfeld, Amtstierarzt Hoecker und Kaufmann
Graupner, die beiden letzteren aus Leipzig.

Der Ballon war Samstag um 6 Uhr 15 Minuten
abends in Bitterfeld bei Windstille glatt aufgestiegen.
Es war eine längere Fahrt beabsichtigt und deshalb
wurde reichlich Proviant mitgenommen. Um 1/29 Uhr
abends schwebte der Ballon in einer Höhe von zirka
160 Metern über Halle und wurde um 9 Uhr 50 Mi-
nuten in Nieder-Eichstädt, um 10 Uhr 20 Minuten in
Coelleda und gegen Mitternacht über Eisenach in einer
Höhe von 440 Metern gesichtet. Um diese Zeit dürfte
er in ein Gewitter geraten zu sein. Beim Dorfe Rein-
sachsen stürzte er nieder. Die vier Luftschiffer wurden
getötet. Die Leichen waren gräßlich zugerichtet. Zwei
waren aus der Gondel herausgeschleudert worden, zwei
lagen noch darin.


[Spaltenumbruch]

Die Hände der Leichen waren geballt. An zwei
Leichen wurden von dem Amtskreisarzte deutliche Ver-
sengungen konstatiert, welche darauf schließen lassen,
daß sie von einem Blitzstrahl getroffen wurden. Der
Tod scheint jedoch auch bei diesen beiden Unglücklichen
nicht infolge des Blitzschlages, sondern infolge des
furchtbaren Anpralles auf den Boden eingetreten zu
sein. Der Kaufmann Leuchsenring sowie der Tierarzt
Höcker und der Ballonführer Luft wollten sich als
Luftschifführer ausbilden.

Die Ballonhülle war total zerfetzt. Einzelne Teile
davon wurden später in weitem Umkreise gefunden.
Einzelne Metallbestandteile des Ballons wiesen deutliche
Schmelzspuren auf, woraus ebenfalls geschlossen werden
kann, daß die Ursache der Katastrophe in einem Blitz-
schlag zu suchen ist.

Die Auffindung der Leichen.

Als Sonntag früh 6 Uhr ein Einwohner von
Eschwege sich in den Stall begeben wollte, um nach
dem Vieh zu sehen, sah er unter einem Baume im
Garten eine Hand emporragen. Er ging der Sache
nach und fand zu seinem Entsetzen eine Ballonhülle in
den Zweigen eines Kirschbaumes hängen. Ferner be-
merkte er in der Nähe des Baumes die Trümmer der
Gondel und vier Leichen, welche entsetzliche Verletzungen
aufwiesen. Der Bauer verständigte sofort den Kreisarzt
von Eschwege, der bald erschien, jedoch nur mehr den
bereits vor Stunden eingetretenen Tod der Luftschiffer
feststellen konnte. Die Leichen wurden nunmehr in
die Totenhalle des Krankenhauses gebracht. Die Ballon-
hülle wurde von Bauersknechten von dem Baume herab-
geholt. Im Laufe des Vormittags erhielt die Parseval-
gesellschaft bereits Kenntnis von der Katastrophe, welche
den "Delitzsch" erreicht hat, und zeigte telegraphisch an,
daß im Laufe des Nachmittags Vertreter der Gesellschaft
in Eschwege eintreffen werden, um alle notwendigen
Vorkehrungen zu treffen. Um 4 Uhr nachmittags kamen
drei Herren der Parsevalgesellschaft aus Bitterfeld in
Reichensachsen an und trafen die notwendigen Maß-
nahmen für die Ueberführung der Leichen in ihre
Heimat.


Die hiesige Luftschiffahrtshalle hat von der Polizei-
behörde die Mitteilung erhalten, daß die Insassen des
Ballons "Delitzsch", der dem Bitterfelder Vereine ge-
hörte, wie die Leichenschau ergeben hat, vom Blitzschlage
getroffen sind.


Der Ballon hatte die Richtung über Coelleda--
Könnera und Eisenach genommen und war hinter
Eisenach in ein Gewitter geraten. Die Luftschiffer, die
sich in einer Höhe von 460 Metern befanden, konnten
durch Auswerfen von Ballast dem Gewitter zunächst
entkommen. Der Ballon wurde in nordwestlicher
Richtung abgetrieben, geriet jedoch bei Reichensachsen
neuerlich in eine Gewittersturmzone. Ein Blitzstrahl traf
den Ballon. Der Ballon stürzte pfeilschnell senk-
recht zu Boden. Nach einem Sachverständigen-
gutachten muß angenommen werden, daß der Blitz
die vier Insassen der Gondel nur gelähmt hat und
daß der Tod erst infolge des ungeheueren Anpralles
der Gondel auf den Boden eingetreten ist. Zwei
der Luftschiffer, deren Antlitz nicht verunstaltet war,
zeigten deutlich die Spuren der ausgestandenen Qualen.
Eine Krankenschwester war durch den Anblick der
Leichen so erschüttert, daß sie in Krämpfe verfiel.




Die Gemeinderatswahlen.
Wählerversammlung im 4. Bezirk.

Das christlichsoziale Bezirkswahlkomitee des 4. Bezirkes ver-
anstaltet morgen Dienstag den 19. d. um 8 Uhr abends in den
Saallokalitäten "Zu den drei Engeln" (Große Neugasse 36) eine
Wählerversammlung. Tagesordnung: Rechenschaftsbericht der
gewesenen Gemeinderäte des ersten Wahlkörpers des 4. Bezirkes.
Vorstellung der Kandidaten für die bevorstehenden Gemeinderats-
wahlen aus dem ersten Wahlkörper des 4. Bezirkes.




Fünfhaus.

Der christlichsoziale Volksverein Fünfhaus hielt gestern
abend im "Hotel Holzwart" seine Generalversammlung ab, in
welcher auch zu den bevorstehenden Gemeinderats-
wahlen Stellung genommen wurde. Unter den zahl-
reichen Anwesenden bemerkte man die LAbg. Schneider
und Dr. Scholz, StR. Schreiner, BV. Dr. Mattis
dessen Stellvertreter Baumgartner, StR. Brauneiß,
die Gemeinderäte Wimberger, Gebhardt und
Baeßler.

Obmann StR. Schreiner erstattete den Rechenschafts-
bericht und hielt Bgm. Dr. Lueger einen Nachruf. Der
bisherige Ausschuß wurde wiedergewählt.

Sodann stellte sich GR. Wimberger als Kandidat
für die Gemeinderatswahlen vor und fand einmütige Zu-
stimmung.

LAbg. Dr. Scholz besprach sodann die Verkehrs-
verhältnisse der Südbahn und trat dafür ein, daß den national
bedrohten Ortschaften Siebenhirten und Vösendorf,
wo sich zahlreiche slavische Ziegelarbeiter befinden, Hilfe gebracht
werde. Die deutschen Kinderbewahranstalten der beiden Ge-
meinden haben nicht die nötigen Geldmittel zur Verfügung, um
gegen die tschechische Anstalt des Komenskyvereines auftreten
zu können. Den Bemühungen Dr. Geßmanns sei
es zu danken, daß nun das Land die deutschen
Kindergärten dort mit einer ausreichenden Subvention
unterstütze. Auch der Deutsche Schulverein spendete einen
namhaften Betrag. Hieraus ersehe man, daß durch ein gemein-
sames Vorgehen der Deutschen in nationalen Dingen vieles
erreicht werden kann. Leider gibt es Elemente, die ihre Freude
daran haben, immer wieder Streit unter den Deutschen zu ent-
fachen. (Beifall.)

LAbg. Schneider besprach gleichfalls Landesangelegen-
heiten und bemerkte, daß er als Obmann des Eisenbahn-
ausschusses im niederösterreichischen Landtage die beste Ge-
legenheit habe, die einzelnen Forderungen und Wünsche be-

Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. Nr. 106

[Spaltenumbruch] mann geſtorben; die Leichenfeier wird vorausſichtlich am
Mittwoch ſtattfinden.

* Die Erweiterung Krakaus. Der Draht meldet aus
Krakau vom 12. d.: Anläßlich der Einverleibung der
Nachbarortſchaften in die Stadt Krakau wurde heute nach
einem Gottesdienſte eine Feſtverſammlung in Anweſen-
heit des Statthalters Dr. Bobrzynski, des Landmar-
ſchalls Grafen Badeni, mehreren Reichsrats- und Land-
tagsabgeordneten ſowie einer großen Zahl geladener
Gäſte abgehalten. Nach der Rede des Bgm. Leo ſprachen
der Statthalter, der Landmarſchall, im Namen des Polen-
klubs der Obmannſtellvertreter Dr. R. v. Czaykowski,
im Namen anderer Städte Galiziens Bgm. Dr. Dolinski
aus Przemysl ſowie mehrere Vertreter der einverleibten
Gemeinden. Der Bürgermeiſter gab abends zu Ehren der
Gäſte ein Bankett.

* Unfall des „Parſeval IV“.

Der Draht meldet
aus Leipzig vom 17. d.: Das Luftſchiff „Parſeval IV“,
das um 2 Uhr nachmittags in Altenburg zur Fahrt nach
Bitterfeld aufgeſtiegen war, mußte gegen 5 Uhr nach-
mittags wegen eines Schadens an der Propellerwelle
öſtlich von Leipzig landen. Die Landung erfolgte glatt.
Die Hülle wurde durch die Reißvorrichtung entleert und
mit der Bahn nach Bitterfeld befördert.

* Mordtaten in Bosnien.

Aus Sarajevo wird
uns gemeldet: Vor drei Tagen wurden in Bosn.-Gradiska
fünf ſerbiſche Burſche verhaftet und dem Gerichte ein-
geliefert, die beiſpielloſe Roheitsakte verübten. In der
vorigen Woche zogen die fünf, mit Ivo Matijaſevic an
der Spitze, johlend durch das Dorf Markovac. Knapp vor
demſelben begegnete ihnen der Katholik Mijaſic, den ſie
ohne weiteres mit Knütteln niederſchlugen. Als er noch
röchelte, gaben ſie ihm abermals Hiebe. Trotzdem hatte
er dann ſo viel Selbſtbeherrſchung, ſich tot zu ſtellen. Im
Dorfe ſelbſt begegnete ihnen der Katholik Markovic. Dieſer
wurde mit unzähligen Knüttelſchlägen ermordet und von
den Raſenden dann noch ſeine Leiche geſchändet. Die
Elenden hatten ihr Opfer früher kaum gekannt.

* Der franzöſiſche Mitrailleuſendieb — ver-
haftet.

Der Draht meldet aus Paris vom 17. d.: Die
Polizei verhaftete heute den fahnenflüchtigen Korporal
Beſchamps, den Urheber des vor einigen Monaten in
Chalons-ſur-Marne verübten Mitrailleuſendiebſtahls. Er
war nach ſeiner Deſertion in Frankfurt und in Wien
bei Automobilfirmen als Mechaniker beſchäftigt geweſen
Deſchamps leugnet, den Mitrailleuſendiebſtahl verübt zu
haben.

* Brand in der Belgrader Zuckerfabrik.

Der Draht
meldet aus Belgrad vom 17. d.: Um ½2 Uhr nachts brach
in der Belgrader Zuckerfabrik ein Schadenfeuer aus,
welchem das Magazin mit 90 Waggons raffinierten
Zuckers zum Opfer fiel. Der auf 600.000 Kronen geſchätzte
Schaden iſt durch Verſicherung gedeckt. Das Feuer, deſſen
Urſache unbekannt iſt, wurde durch die Fabriks- und die
ſtädtiſche Feuerwehr gelöſcht. Die Zuckerfabrik gehört der
deutſchen Induſtriegeſellſchaft in Regensburg.




Preiswürdige erſtklaſſige photographiſche Apparate
und Zubehör, Projektionsapparate und Bilder, Prismen-
feldſtecher für die Reiſe uſw. Günſtige Zahlungsbedin-
gungen. J. Sengsbratl, Wien, VII. Mariahilfer-
ſtraße 74B. Neuer Katalog Nr. 41 gratis.




Rooſevelt in Ungarn.

Geſtern vormittag nach neun Uhr hat der geweſene
Präſident Theodor Rooſevelt Wien verlaſſen, um auch
den Magyaren einen Beſuch abzuſtatten. Der Abſchied
auf dem Staatsbahnhofe geſtaltete ſich natürlich
ziemlich geräuſchvoll, er ſpielte ſich im Hofwarteſalon
ab, wo ſich mehrere Vertreter der politiſchen Welt
und Bekannte Rooſevelts eingefunden hatten. Rooſe-
velt äußerte ſich noch bei dieſer Gelegenheit, daß
ihm Wien ſehr gut gefallen habe — dann fuhr der
Zug aus der Halle. Der erſte Empfang in Ungarn
fand in Preßburg ſtatt, wo der Zug um 11 Uhr ein-
traf. Bgm. Dr. Brolly, der an der Spitze des
Munizipalausſchuſſes am Bahnhofe erſchienen war, be-
grüßte Rooſevelt, worauf der geweſene Abg. Marzel
Jankovics an ihn eine Anſprache hielt, auf welche
Rooſevelt in einer Weiſe erwiderte, welche wohl
ſchlagend illuſtriert, wie groß die Raumdiſtanz zwiſchen
dem Lande der Magyaren und den Vereinigten Staaten
iſt, wie wenig ſie von magyariſcher Kultur und
Politik wiſſen. „Seien Sie überzeugt,“ ſagte der
Expräſident, „daß ich wie jeder gebildete Menſch
immer mit großem Intereſſe und beſonderer Sym-
pathie Ihre Geſchichte und Entwicklung verfolgt habe,
beſonders weil ich auch aus dem weiten Weſten bin
und geſunden habe, daß es in unſerem
Charakter gemeinſame Züge gibt.

Immer habe ich mich für die einſtige Reiter-
nation
intereſſiert, welche Arpad folgend, hier,
inmitten Europas, ein Vaterland fand und es
aufrechthielt.“ Natürlich fand dieſe Rede großen
Beifall. In Ofen-Peſt fand die — echt ameri-
kaniſche — Magyarenhuldigung ihre Fortſetzung.
Auch dort erwiderte er auf die Anſprache, welche
Miniſterialſekretär Barczy im Auftrage des
Miniſterpräſidenten an ihn hielt, in ähnlicher
Weiſe, „Ein Mann, der wie ich im fernen Weſten ge-
lebt hat,“ — führte Rooſevelt aus — „muß ſich
intereſſieren für die Entwicklung eines Landes, das die
Nachkommen des Reitervolkes Arpads zu einem der
ziviliſierteſten Staaten Europas
umgewandelt haben. Der Mut, welcher ſich in dem
freiheitlichen Geiſte des ungariſchen Charakters kund-
gibt, muß auf den Geiſt der fremden Völker immer
großen Eindruck ausüben. Ich begrüße euch, und freue
mich, hierher gekommen zu ſein.“ — Schade, daß
Rooſevelt der letzten Sitzung des ungariſchen Parla-
mentes nicht beiwohnte. Vielleicht hätte er dann eine
andere Meinung über einen der ziviliſierteſten
Staaten Europas.


[Spaltenumbruch]
Die Bewegung gegen Hohenblum.
Eine geſprengte Verſammlung in Schladming.


Hier ſollte eine große Verſammlung des Herrn v. Hohen-
blum
ſtattfinden, in welcher dieſer die evangeliſchen
Bauern der Umgebung Schladmings zu einer Kundgebung
gegen den chriſtlichſozialen Abg. R. v. Pantz zu gebrauchen
gedachte. Es hatten ſich jedoch mehrere Tauſend Bauern aus
dem ganzen oberen Ennstale in Schladming eingeſunden, die
dem Abg. Pantz und ſeinen Freunden ſtürmiſche Ovationen
bereiteten und Herrn v. Hohenblum und die mit ihm
erſchienenen freiſinnigbündleriſchen Abg. Größwang,
Riemelmoſer, Brandl
und Pierer gar nicht zum
Worte kommen ließen. Dieſe mußten ſich vom Marktplatze, wo
die Verſammlung unter freiem Himmel tagte, ſofort zurück-
ziehen. Es ſprach hier nun unter ſtürmiſchen Beifalls-
kundgebungen der Abg. R. v. Pantz: Die Ennstaler
Bevölkerung wolle mit der Hohenblumſchen Politik nichts mehr
zu tun haben, dieſe habe die Taſchen einiger ungariſcher und
böhmiſcher Großgrundbeſitzer gefüllt, aber die der alpen-
ländiſchen Bauern geleert. Dieſe Politik ſei zu einem wahren
Verhängnis für die Alpenländer geworden, ſie habe für
den Bauernſtand der Alpenländer nicht die geringſte
Beſſerung, wohl aber eine zunehmende Teuerung in
wichtigen Bedürfniſſen gebracht; die Futtermittelpreiſe
ſeien faſt unerſchwinglich hoch, die Schweinefett-
preiſe bedrücken jeden Haushalt, hingegen ſei die
den Alpenländern verſprochene Steigerung der Viehpreiſe nicht
eingetreten und werde auf dem Wege dieſer Politik nie ein-
treten. Hohenblum ſei zum Verbündeten der größten wirtſchaft-
lichen Gegner der öſterreichiſchen Alpenbauernſchaft, der
ungariſchen Agrarier und der Agrarier des Deutſchen Reiches
geworden.

Die Hohenblumſche Politik iſt eine Verhetzung der arbeiten-
den Stände gegeneinander, deren Lebensführung ſie erſpart.
Wir wollen eine Volkspolitik und keine Klaſſen-
politik.
Deshalb kündigen wir der Politik Hohenblums die
Gefolgſchaft. Nieder mit der verhetzenden Klaſſenpolitik Hohen-
blums! Fort mit ſeinen Sendlingen!

Dieſe Worte wurden mit ſtürmiſcher Zuſtimmung auf-
genommen.

Profeſſor Dr. Hoffmeiſter betonte, daß die von ihm
im Auftrage des früheren Ackerbauminiſters Dr. Braf ge-
pflogenen Erhebungen über die Rentabilität der bäuerlichen
Betriebe mit völliger Klarheit ergeben haben, daß eine Ver-
ſchlechterung der wirtſchaftlichen Lage der Gebirgsbauernſchaft
eingetreten ſei. Dieſe in wiſſenſchaftlich einwandfreier Weiſe
erworbene Kenntnis offen auszuſprechen, ſei das unverletzbare
Recht eines Hochſchulprofeſſors. Die Erhebungen wurden von
gewiſſen Seiten — ohne daß die Betreffenden auch nur die
geringſte Einſicht in dieſelben genommen hatten, auf das er-
bärmlichſte herabgeſetzt. Wahrheiten und Tatſachen laſſen ſich
aber nicht aus der Welt ſchaffen, auch dann nicht, wenn es
dem Einfluſſe derjenigen, welchen die traurigen Tatſachen
nicht in ihr Propramm paſſen, gelungen iſt, die Ver-
öffentlichung dieſer Erhebungen bis jetzt
zu hintertreiben.
Hierauf ſprachen noch die Abge-
ordneten Schwab und Kanzler, die Landwirte Adam,
Haiger, Oberaſcher, Neunteufel
und Krainz,
worauf unter großen Beifallskundgebungen eine Reſolution
einſtimmig angenommen wurde, in welcher den Vorgenannten
mit Abg. R. v. Pantz an der Spitze Dank und
Vertrauen ausgeſprochen wird und dieſelben aufgefordert
werden, den Kampf gegen die Hohenblumſche Politik energiſch
fortzuſetzen.

Den ganzen Nachmittag und Abend durchzogen Bauern-
gruppen den Ort unter fortwährenden Kundgebungen gegen
Hohenblum und Heilrufen für Pantz; es erneuerten ſich dieſe
Demonſtrationen bei der Abſahrt Hohenblums und ſeiner
Freunde am Bahnhof.




Ein Ballon vom Blitze getroffen.
Die vier Inſaſſen erſchlagen.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat ſich
eine Ballonkataſtrophe ereignet, die in der Geſchichte der
Luftſchifffahrt bisher noch nicht vorkam. Ein Ballon, der
in Bitterfeld zu einer Nachtfahrt aufſtieg, geriet während
der Fahrt in ein Gewitter, wurde vom Blitze getroffen
und die vier Inſaſſen der Gondel ſtürzten aus der
Höhe herab. Ob ſie bereits vom Blitz getötet oder beim
Abſturze tödlich verunglückt ſind, ſowie über die näheren
Umſtände und den Verlauf der Kataſtrophe fehlt natur-
gemäß jede poſitive Aufklärung, da alle vier Zeugen
des Unglücks tot aufgefunden wurden.


Der Ballon „Dellitzſch“, der Samstag in Bitter-
feld
zu einer Nachtfahrt aufgeſtiegen war, iſt bei
Reinſachſen in ein Gewitter geraten. Der
Ballon wurde von einem Blitzſtrahle getroffen. Alle
vier Inſaſſen wurden getötet. Die Paſſagiere waren der
Kaufmann Karl Luft von der Parſevalgeſellſchaft, als
Führer, der ſeine 25. Fahrt unternahm, der Vertreter
der Luftfahrzeuggeſellſchaft Leuchſenring aus
Bitterfeld, Amtstierarzt Hoecker und Kaufmann
Graupner, die beiden letzteren aus Leipzig.

Der Ballon war Samstag um 6 Uhr 15 Minuten
abends in Bitterfeld bei Windſtille glatt aufgeſtiegen.
Es war eine längere Fahrt beabſichtigt und deshalb
wurde reichlich Proviant mitgenommen. Um ½9 Uhr
abends ſchwebte der Ballon in einer Höhe von zirka
160 Metern über Halle und wurde um 9 Uhr 50 Mi-
nuten in Nieder-Eichſtädt, um 10 Uhr 20 Minuten in
Coelleda und gegen Mitternacht über Eiſenach in einer
Höhe von 440 Metern geſichtet. Um dieſe Zeit dürfte
er in ein Gewitter geraten zu ſein. Beim Dorfe Rein-
ſachſen ſtürzte er nieder. Die vier Luftſchiffer wurden
getötet. Die Leichen waren gräßlich zugerichtet. Zwei
waren aus der Gondel herausgeſchleudert worden, zwei
lagen noch darin.


[Spaltenumbruch]

Die Hände der Leichen waren geballt. An zwei
Leichen wurden von dem Amtskreisarzte deutliche Ver-
ſengungen konſtatiert, welche darauf ſchließen laſſen,
daß ſie von einem Blitzſtrahl getroffen wurden. Der
Tod ſcheint jedoch auch bei dieſen beiden Unglücklichen
nicht infolge des Blitzſchlages, ſondern infolge des
furchtbaren Anpralles auf den Boden eingetreten zu
ſein. Der Kaufmann Leuchſenring ſowie der Tierarzt
Höcker und der Ballonführer Luft wollten ſich als
Luftſchifführer ausbilden.

Die Ballonhülle war total zerfetzt. Einzelne Teile
davon wurden ſpäter in weitem Umkreiſe gefunden.
Einzelne Metallbeſtandteile des Ballons wieſen deutliche
Schmelzſpuren auf, woraus ebenfalls geſchloſſen werden
kann, daß die Urſache der Kataſtrophe in einem Blitz-
ſchlag zu ſuchen iſt.

Die Auffindung der Leichen.

Als Sonntag früh 6 Uhr ein Einwohner von
Eſchwege ſich in den Stall begeben wollte, um nach
dem Vieh zu ſehen, ſah er unter einem Baume im
Garten eine Hand emporragen. Er ging der Sache
nach und fand zu ſeinem Entſetzen eine Ballonhülle in
den Zweigen eines Kirſchbaumes hängen. Ferner be-
merkte er in der Nähe des Baumes die Trümmer der
Gondel und vier Leichen, welche entſetzliche Verletzungen
aufwieſen. Der Bauer verſtändigte ſofort den Kreisarzt
von Eſchwege, der bald erſchien, jedoch nur mehr den
bereits vor Stunden eingetretenen Tod der Luftſchiffer
feſtſtellen konnte. Die Leichen wurden nunmehr in
die Totenhalle des Krankenhauſes gebracht. Die Ballon-
hülle wurde von Bauersknechten von dem Baume herab-
geholt. Im Laufe des Vormittags erhielt die Parſeval-
geſellſchaft bereits Kenntnis von der Kataſtrophe, welche
den „Delitzſch“ erreicht hat, und zeigte telegraphiſch an,
daß im Laufe des Nachmittags Vertreter der Geſellſchaft
in Eſchwege eintreffen werden, um alle notwendigen
Vorkehrungen zu treffen. Um 4 Uhr nachmittags kamen
drei Herren der Parſevalgeſellſchaft aus Bitterfeld in
Reichenſachſen an und trafen die notwendigen Maß-
nahmen für die Ueberführung der Leichen in ihre
Heimat.


Die hieſige Luftſchiffahrtshalle hat von der Polizei-
behörde die Mitteilung erhalten, daß die Inſaſſen des
Ballons „Delitzſch“, der dem Bitterfelder Vereine ge-
hörte, wie die Leichenſchau ergeben hat, vom Blitzſchlage
getroffen ſind.


Der Ballon hatte die Richtung über Coelleda—
Könnera und Eiſenach genommen und war hinter
Eiſenach in ein Gewitter geraten. Die Luftſchiffer, die
ſich in einer Höhe von 460 Metern befanden, konnten
durch Auswerfen von Ballaſt dem Gewitter zunächſt
entkommen. Der Ballon wurde in nordweſtlicher
Richtung abgetrieben, geriet jedoch bei Reichenſachſen
neuerlich in eine Gewitterſturmzone. Ein Blitzſtrahl traf
den Ballon. Der Ballon ſtürzte pfeilſchnell ſenk-
recht zu Boden. Nach einem Sachverſtändigen-
gutachten muß angenommen werden, daß der Blitz
die vier Inſaſſen der Gondel nur gelähmt hat und
daß der Tod erſt infolge des ungeheueren Anpralles
der Gondel auf den Boden eingetreten iſt. Zwei
der Luftſchiffer, deren Antlitz nicht verunſtaltet war,
zeigten deutlich die Spuren der ausgeſtandenen Qualen.
Eine Krankenſchweſter war durch den Anblick der
Leichen ſo erſchüttert, daß ſie in Krämpfe verfiel.




Die Gemeinderatswahlen.
Wählerverſammlung im 4. Bezirk.

Das chriſtlichſoziale Bezirkswahlkomitee des 4. Bezirkes ver-
anſtaltet morgen Dienstag den 19. d. um 8 Uhr abends in den
Saallokalitäten „Zu den drei Engeln“ (Große Neugaſſe 36) eine
Wählerverſammlung. Tagesordnung: Rechenſchaftsbericht der
geweſenen Gemeinderäte des erſten Wahlkörpers des 4. Bezirkes.
Vorſtellung der Kandidaten für die bevorſtehenden Gemeinderats-
wahlen aus dem erſten Wahlkörper des 4. Bezirkes.




Fünfhaus.

Der chriſtlichſoziale Volksverein Fünfhaus hielt geſtern
abend im „Hotel Holzwart“ ſeine Generalverſammlung ab, in
welcher auch zu den bevorſtehenden Gemeinderats-
wahlen Stellung genommen wurde. Unter den zahl-
reichen Anweſenden bemerkte man die LAbg. Schneider
und Dr. Scholz, StR. Schreiner, BV. Dr. Mattis
deſſen Stellvertreter Baumgartner, StR. Brauneiß,
die Gemeinderäte Wimberger, Gebhardt und
Baeßler.

Obmann StR. Schreiner erſtattete den Rechenſchafts-
bericht und hielt Bgm. Dr. Lueger einen Nachruf. Der
bisherige Ausſchuß wurde wiedergewählt.

Sodann ſtellte ſich GR. Wimberger als Kandidat
für die Gemeinderatswahlen vor und fand einmütige Zu-
ſtimmung.

LAbg. Dr. Scholz beſprach ſodann die Verkehrs-
verhältniſſe der Südbahn und trat dafür ein, daß den national
bedrohten Ortſchaften Siebenhirten und Vöſendorf,
wo ſich zahlreiche ſlaviſche Ziegelarbeiter befinden, Hilfe gebracht
werde. Die deutſchen Kinderbewahranſtalten der beiden Ge-
meinden haben nicht die nötigen Geldmittel zur Verfügung, um
gegen die tſchechiſche Anſtalt des Komenskyvereines auftreten
zu können. Den Bemühungen Dr. Geßmanns ſei
es zu danken, daß nun das Land die deutſchen
Kindergärten dort mit einer ausreichenden Subvention
unterſtütze. Auch der Deutſche Schulverein ſpendete einen
namhaften Betrag. Hieraus erſehe man, daß durch ein gemein-
ſames Vorgehen der Deutſchen in nationalen Dingen vieles
erreicht werden kann. Leider gibt es Elemente, die ihre Freude
daran haben, immer wieder Streit unter den Deutſchen zu ent-
fachen. (Beifall.)

LAbg. Schneider beſprach gleichfalls Landesangelegen-
heiten und bemerkte, daß er als Obmann des Eiſenbahn-
ausſchuſſes im niederöſterreichiſchen Landtage die beſte Ge-
legenheit habe, die einzelnen Forderungen und Wünſche be-

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[4/0004] Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. Nr. 106 mann geſtorben; die Leichenfeier wird vorausſichtlich am Mittwoch ſtattfinden. * Die Erweiterung Krakaus. Der Draht meldet aus Krakau vom 12. d.: Anläßlich der Einverleibung der Nachbarortſchaften in die Stadt Krakau wurde heute nach einem Gottesdienſte eine Feſtverſammlung in Anweſen- heit des Statthalters Dr. Bobrzynski, des Landmar- ſchalls Grafen Badeni, mehreren Reichsrats- und Land- tagsabgeordneten ſowie einer großen Zahl geladener Gäſte abgehalten. Nach der Rede des Bgm. Leo ſprachen der Statthalter, der Landmarſchall, im Namen des Polen- klubs der Obmannſtellvertreter Dr. R. v. Czaykowski, im Namen anderer Städte Galiziens Bgm. Dr. Dolinski aus Przemysl ſowie mehrere Vertreter der einverleibten Gemeinden. Der Bürgermeiſter gab abends zu Ehren der Gäſte ein Bankett. * Unfall des „Parſeval IV“. Der Draht meldet aus Leipzig vom 17. d.: Das Luftſchiff „Parſeval IV“, das um 2 Uhr nachmittags in Altenburg zur Fahrt nach Bitterfeld aufgeſtiegen war, mußte gegen 5 Uhr nach- mittags wegen eines Schadens an der Propellerwelle öſtlich von Leipzig landen. Die Landung erfolgte glatt. Die Hülle wurde durch die Reißvorrichtung entleert und mit der Bahn nach Bitterfeld befördert. * Mordtaten in Bosnien. Aus Sarajevo wird uns gemeldet: Vor drei Tagen wurden in Bosn.-Gradiska fünf ſerbiſche Burſche verhaftet und dem Gerichte ein- geliefert, die beiſpielloſe Roheitsakte verübten. In der vorigen Woche zogen die fünf, mit Ivo Matijaſevic an der Spitze, johlend durch das Dorf Markovac. Knapp vor demſelben begegnete ihnen der Katholik Mijaſic, den ſie ohne weiteres mit Knütteln niederſchlugen. Als er noch röchelte, gaben ſie ihm abermals Hiebe. Trotzdem hatte er dann ſo viel Selbſtbeherrſchung, ſich tot zu ſtellen. Im Dorfe ſelbſt begegnete ihnen der Katholik Markovic. Dieſer wurde mit unzähligen Knüttelſchlägen ermordet und von den Raſenden dann noch ſeine Leiche geſchändet. Die Elenden hatten ihr Opfer früher kaum gekannt. * Der franzöſiſche Mitrailleuſendieb — ver- haftet. Der Draht meldet aus Paris vom 17. d.: Die Polizei verhaftete heute den fahnenflüchtigen Korporal Beſchamps, den Urheber des vor einigen Monaten in Chalons-ſur-Marne verübten Mitrailleuſendiebſtahls. Er war nach ſeiner Deſertion in Frankfurt und in Wien bei Automobilfirmen als Mechaniker beſchäftigt geweſen Deſchamps leugnet, den Mitrailleuſendiebſtahl verübt zu haben. * Brand in der Belgrader Zuckerfabrik. Der Draht meldet aus Belgrad vom 17. d.: Um ½2 Uhr nachts brach in der Belgrader Zuckerfabrik ein Schadenfeuer aus, welchem das Magazin mit 90 Waggons raffinierten Zuckers zum Opfer fiel. Der auf 600.000 Kronen geſchätzte Schaden iſt durch Verſicherung gedeckt. Das Feuer, deſſen Urſache unbekannt iſt, wurde durch die Fabriks- und die ſtädtiſche Feuerwehr gelöſcht. Die Zuckerfabrik gehört der deutſchen Induſtriegeſellſchaft in Regensburg. Preiswürdige erſtklaſſige photographiſche Apparate und Zubehör, Projektionsapparate und Bilder, Prismen- feldſtecher für die Reiſe uſw. Günſtige Zahlungsbedin- gungen. J. Sengsbratl, Wien, VII. Mariahilfer- ſtraße 74B. Neuer Katalog Nr. 41 gratis. Rooſevelt in Ungarn. Geſtern vormittag nach neun Uhr hat der geweſene Präſident Theodor Rooſevelt Wien verlaſſen, um auch den Magyaren einen Beſuch abzuſtatten. Der Abſchied auf dem Staatsbahnhofe geſtaltete ſich natürlich ziemlich geräuſchvoll, er ſpielte ſich im Hofwarteſalon ab, wo ſich mehrere Vertreter der politiſchen Welt und Bekannte Rooſevelts eingefunden hatten. Rooſe- velt äußerte ſich noch bei dieſer Gelegenheit, daß ihm Wien ſehr gut gefallen habe — dann fuhr der Zug aus der Halle. Der erſte Empfang in Ungarn fand in Preßburg ſtatt, wo der Zug um 11 Uhr ein- traf. Bgm. Dr. Brolly, der an der Spitze des Munizipalausſchuſſes am Bahnhofe erſchienen war, be- grüßte Rooſevelt, worauf der geweſene Abg. Marzel Jankovics an ihn eine Anſprache hielt, auf welche Rooſevelt in einer Weiſe erwiderte, welche wohl ſchlagend illuſtriert, wie groß die Raumdiſtanz zwiſchen dem Lande der Magyaren und den Vereinigten Staaten iſt, wie wenig ſie von magyariſcher Kultur und Politik wiſſen. „Seien Sie überzeugt,“ ſagte der Expräſident, „daß ich wie jeder gebildete Menſch immer mit großem Intereſſe und beſonderer Sym- pathie Ihre Geſchichte und Entwicklung verfolgt habe, beſonders weil ich auch aus dem weiten Weſten bin und geſunden habe, daß es in unſerem Charakter gemeinſame Züge gibt. Immer habe ich mich für die einſtige Reiter- nation intereſſiert, welche Arpad folgend, hier, inmitten Europas, ein Vaterland fand und es aufrechthielt.“ Natürlich fand dieſe Rede großen Beifall. In Ofen-Peſt fand die — echt ameri- kaniſche — Magyarenhuldigung ihre Fortſetzung. Auch dort erwiderte er auf die Anſprache, welche Miniſterialſekretär Barczy im Auftrage des Miniſterpräſidenten an ihn hielt, in ähnlicher Weiſe, „Ein Mann, der wie ich im fernen Weſten ge- lebt hat,“ — führte Rooſevelt aus — „muß ſich intereſſieren für die Entwicklung eines Landes, das die Nachkommen des Reitervolkes Arpads zu einem der ziviliſierteſten Staaten Europas umgewandelt haben. Der Mut, welcher ſich in dem freiheitlichen Geiſte des ungariſchen Charakters kund- gibt, muß auf den Geiſt der fremden Völker immer großen Eindruck ausüben. Ich begrüße euch, und freue mich, hierher gekommen zu ſein.“ — Schade, daß Rooſevelt der letzten Sitzung des ungariſchen Parla- mentes nicht beiwohnte. Vielleicht hätte er dann eine andere Meinung über einen der ziviliſierteſten Staaten Europas. Die Bewegung gegen Hohenblum. Eine geſprengte Verſammlung in Schladming. Schladming, 17. April. (Privat.) Hier ſollte eine große Verſammlung des Herrn v. Hohen- blum ſtattfinden, in welcher dieſer die evangeliſchen Bauern der Umgebung Schladmings zu einer Kundgebung gegen den chriſtlichſozialen Abg. R. v. Pantz zu gebrauchen gedachte. Es hatten ſich jedoch mehrere Tauſend Bauern aus dem ganzen oberen Ennstale in Schladming eingeſunden, die dem Abg. Pantz und ſeinen Freunden ſtürmiſche Ovationen bereiteten und Herrn v. Hohenblum und die mit ihm erſchienenen freiſinnigbündleriſchen Abg. Größwang, Riemelmoſer, Brandl und Pierer gar nicht zum Worte kommen ließen. Dieſe mußten ſich vom Marktplatze, wo die Verſammlung unter freiem Himmel tagte, ſofort zurück- ziehen. Es ſprach hier nun unter ſtürmiſchen Beifalls- kundgebungen der Abg. R. v. Pantz: Die Ennstaler Bevölkerung wolle mit der Hohenblumſchen Politik nichts mehr zu tun haben, dieſe habe die Taſchen einiger ungariſcher und böhmiſcher Großgrundbeſitzer gefüllt, aber die der alpen- ländiſchen Bauern geleert. Dieſe Politik ſei zu einem wahren Verhängnis für die Alpenländer geworden, ſie habe für den Bauernſtand der Alpenländer nicht die geringſte Beſſerung, wohl aber eine zunehmende Teuerung in wichtigen Bedürfniſſen gebracht; die Futtermittelpreiſe ſeien faſt unerſchwinglich hoch, die Schweinefett- preiſe bedrücken jeden Haushalt, hingegen ſei die den Alpenländern verſprochene Steigerung der Viehpreiſe nicht eingetreten und werde auf dem Wege dieſer Politik nie ein- treten. Hohenblum ſei zum Verbündeten der größten wirtſchaft- lichen Gegner der öſterreichiſchen Alpenbauernſchaft, der ungariſchen Agrarier und der Agrarier des Deutſchen Reiches geworden. Die Hohenblumſche Politik iſt eine Verhetzung der arbeiten- den Stände gegeneinander, deren Lebensführung ſie erſpart. Wir wollen eine Volkspolitik und keine Klaſſen- politik. Deshalb kündigen wir der Politik Hohenblums die Gefolgſchaft. Nieder mit der verhetzenden Klaſſenpolitik Hohen- blums! Fort mit ſeinen Sendlingen! Dieſe Worte wurden mit ſtürmiſcher Zuſtimmung auf- genommen. Profeſſor Dr. Hoffmeiſter betonte, daß die von ihm im Auftrage des früheren Ackerbauminiſters Dr. Braf ge- pflogenen Erhebungen über die Rentabilität der bäuerlichen Betriebe mit völliger Klarheit ergeben haben, daß eine Ver- ſchlechterung der wirtſchaftlichen Lage der Gebirgsbauernſchaft eingetreten ſei. Dieſe in wiſſenſchaftlich einwandfreier Weiſe erworbene Kenntnis offen auszuſprechen, ſei das unverletzbare Recht eines Hochſchulprofeſſors. Die Erhebungen wurden von gewiſſen Seiten — ohne daß die Betreffenden auch nur die geringſte Einſicht in dieſelben genommen hatten, auf das er- bärmlichſte herabgeſetzt. Wahrheiten und Tatſachen laſſen ſich aber nicht aus der Welt ſchaffen, auch dann nicht, wenn es dem Einfluſſe derjenigen, welchen die traurigen Tatſachen nicht in ihr Propramm paſſen, gelungen iſt, die Ver- öffentlichung dieſer Erhebungen bis jetzt zu hintertreiben. Hierauf ſprachen noch die Abge- ordneten Schwab und Kanzler, die Landwirte Adam, Haiger, Oberaſcher, Neunteufel und Krainz, worauf unter großen Beifallskundgebungen eine Reſolution einſtimmig angenommen wurde, in welcher den Vorgenannten mit Abg. R. v. Pantz an der Spitze Dank und Vertrauen ausgeſprochen wird und dieſelben aufgefordert werden, den Kampf gegen die Hohenblumſche Politik energiſch fortzuſetzen. Den ganzen Nachmittag und Abend durchzogen Bauern- gruppen den Ort unter fortwährenden Kundgebungen gegen Hohenblum und Heilrufen für Pantz; es erneuerten ſich dieſe Demonſtrationen bei der Abſahrt Hohenblums und ſeiner Freunde am Bahnhof. Ein Ballon vom Blitze getroffen. Die vier Inſaſſen erſchlagen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat ſich eine Ballonkataſtrophe ereignet, die in der Geſchichte der Luftſchifffahrt bisher noch nicht vorkam. Ein Ballon, der in Bitterfeld zu einer Nachtfahrt aufſtieg, geriet während der Fahrt in ein Gewitter, wurde vom Blitze getroffen und die vier Inſaſſen der Gondel ſtürzten aus der Höhe herab. Ob ſie bereits vom Blitz getötet oder beim Abſturze tödlich verunglückt ſind, ſowie über die näheren Umſtände und den Verlauf der Kataſtrophe fehlt natur- gemäß jede poſitive Aufklärung, da alle vier Zeugen des Unglücks tot aufgefunden wurden. Eſcherwege, 17. April. (Privat.) Der Ballon „Dellitzſch“, der Samstag in Bitter- feld zu einer Nachtfahrt aufgeſtiegen war, iſt bei Reinſachſen in ein Gewitter geraten. Der Ballon wurde von einem Blitzſtrahle getroffen. Alle vier Inſaſſen wurden getötet. Die Paſſagiere waren der Kaufmann Karl Luft von der Parſevalgeſellſchaft, als Führer, der ſeine 25. Fahrt unternahm, der Vertreter der Luftfahrzeuggeſellſchaft Leuchſenring aus Bitterfeld, Amtstierarzt Hoecker und Kaufmann Graupner, die beiden letzteren aus Leipzig. Der Ballon war Samstag um 6 Uhr 15 Minuten abends in Bitterfeld bei Windſtille glatt aufgeſtiegen. Es war eine längere Fahrt beabſichtigt und deshalb wurde reichlich Proviant mitgenommen. Um ½9 Uhr abends ſchwebte der Ballon in einer Höhe von zirka 160 Metern über Halle und wurde um 9 Uhr 50 Mi- nuten in Nieder-Eichſtädt, um 10 Uhr 20 Minuten in Coelleda und gegen Mitternacht über Eiſenach in einer Höhe von 440 Metern geſichtet. Um dieſe Zeit dürfte er in ein Gewitter geraten zu ſein. Beim Dorfe Rein- ſachſen ſtürzte er nieder. Die vier Luftſchiffer wurden getötet. Die Leichen waren gräßlich zugerichtet. Zwei waren aus der Gondel herausgeſchleudert worden, zwei lagen noch darin. Die Hände der Leichen waren geballt. An zwei Leichen wurden von dem Amtskreisarzte deutliche Ver- ſengungen konſtatiert, welche darauf ſchließen laſſen, daß ſie von einem Blitzſtrahl getroffen wurden. Der Tod ſcheint jedoch auch bei dieſen beiden Unglücklichen nicht infolge des Blitzſchlages, ſondern infolge des furchtbaren Anpralles auf den Boden eingetreten zu ſein. Der Kaufmann Leuchſenring ſowie der Tierarzt Höcker und der Ballonführer Luft wollten ſich als Luftſchifführer ausbilden. Die Ballonhülle war total zerfetzt. Einzelne Teile davon wurden ſpäter in weitem Umkreiſe gefunden. Einzelne Metallbeſtandteile des Ballons wieſen deutliche Schmelzſpuren auf, woraus ebenfalls geſchloſſen werden kann, daß die Urſache der Kataſtrophe in einem Blitz- ſchlag zu ſuchen iſt. Die Auffindung der Leichen. Als Sonntag früh 6 Uhr ein Einwohner von Eſchwege ſich in den Stall begeben wollte, um nach dem Vieh zu ſehen, ſah er unter einem Baume im Garten eine Hand emporragen. Er ging der Sache nach und fand zu ſeinem Entſetzen eine Ballonhülle in den Zweigen eines Kirſchbaumes hängen. Ferner be- merkte er in der Nähe des Baumes die Trümmer der Gondel und vier Leichen, welche entſetzliche Verletzungen aufwieſen. Der Bauer verſtändigte ſofort den Kreisarzt von Eſchwege, der bald erſchien, jedoch nur mehr den bereits vor Stunden eingetretenen Tod der Luftſchiffer feſtſtellen konnte. Die Leichen wurden nunmehr in die Totenhalle des Krankenhauſes gebracht. Die Ballon- hülle wurde von Bauersknechten von dem Baume herab- geholt. Im Laufe des Vormittags erhielt die Parſeval- geſellſchaft bereits Kenntnis von der Kataſtrophe, welche den „Delitzſch“ erreicht hat, und zeigte telegraphiſch an, daß im Laufe des Nachmittags Vertreter der Geſellſchaft in Eſchwege eintreffen werden, um alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Um 4 Uhr nachmittags kamen drei Herren der Parſevalgeſellſchaft aus Bitterfeld in Reichenſachſen an und trafen die notwendigen Maß- nahmen für die Ueberführung der Leichen in ihre Heimat. Bitterfeld, 17. April. Die hieſige Luftſchiffahrtshalle hat von der Polizei- behörde die Mitteilung erhalten, daß die Inſaſſen des Ballons „Delitzſch“, der dem Bitterfelder Vereine ge- hörte, wie die Leichenſchau ergeben hat, vom Blitzſchlage getroffen ſind. Bitterfeld, 19. April. (Privat.) Der Ballon hatte die Richtung über Coelleda— Könnera und Eiſenach genommen und war hinter Eiſenach in ein Gewitter geraten. Die Luftſchiffer, die ſich in einer Höhe von 460 Metern befanden, konnten durch Auswerfen von Ballaſt dem Gewitter zunächſt entkommen. Der Ballon wurde in nordweſtlicher Richtung abgetrieben, geriet jedoch bei Reichenſachſen neuerlich in eine Gewitterſturmzone. Ein Blitzſtrahl traf den Ballon. Der Ballon ſtürzte pfeilſchnell ſenk- recht zu Boden. Nach einem Sachverſtändigen- gutachten muß angenommen werden, daß der Blitz die vier Inſaſſen der Gondel nur gelähmt hat und daß der Tod erſt infolge des ungeheueren Anpralles der Gondel auf den Boden eingetreten iſt. Zwei der Luftſchiffer, deren Antlitz nicht verunſtaltet war, zeigten deutlich die Spuren der ausgeſtandenen Qualen. Eine Krankenſchweſter war durch den Anblick der Leichen ſo erſchüttert, daß ſie in Krämpfe verfiel. Die Gemeinderatswahlen. Wählerverſammlung im 4. Bezirk. Das chriſtlichſoziale Bezirkswahlkomitee des 4. Bezirkes ver- anſtaltet morgen Dienstag den 19. d. um 8 Uhr abends in den Saallokalitäten „Zu den drei Engeln“ (Große Neugaſſe 36) eine Wählerverſammlung. Tagesordnung: Rechenſchaftsbericht der geweſenen Gemeinderäte des erſten Wahlkörpers des 4. Bezirkes. Vorſtellung der Kandidaten für die bevorſtehenden Gemeinderats- wahlen aus dem erſten Wahlkörper des 4. Bezirkes. Fünfhaus. Der chriſtlichſoziale Volksverein Fünfhaus hielt geſtern abend im „Hotel Holzwart“ ſeine Generalverſammlung ab, in welcher auch zu den bevorſtehenden Gemeinderats- wahlen Stellung genommen wurde. Unter den zahl- reichen Anweſenden bemerkte man die LAbg. Schneider und Dr. Scholz, StR. Schreiner, BV. Dr. Mattis deſſen Stellvertreter Baumgartner, StR. Brauneiß, die Gemeinderäte Wimberger, Gebhardt und Baeßler. Obmann StR. Schreiner erſtattete den Rechenſchafts- bericht und hielt Bgm. Dr. Lueger einen Nachruf. Der bisherige Ausſchuß wurde wiedergewählt. Sodann ſtellte ſich GR. Wimberger als Kandidat für die Gemeinderatswahlen vor und fand einmütige Zu- ſtimmung. LAbg. Dr. Scholz beſprach ſodann die Verkehrs- verhältniſſe der Südbahn und trat dafür ein, daß den national bedrohten Ortſchaften Siebenhirten und Vöſendorf, wo ſich zahlreiche ſlaviſche Ziegelarbeiter befinden, Hilfe gebracht werde. Die deutſchen Kinderbewahranſtalten der beiden Ge- meinden haben nicht die nötigen Geldmittel zur Verfügung, um gegen die tſchechiſche Anſtalt des Komenskyvereines auftreten zu können. Den Bemühungen Dr. Geßmanns ſei es zu danken, daß nun das Land die deutſchen Kindergärten dort mit einer ausreichenden Subvention unterſtütze. Auch der Deutſche Schulverein ſpendete einen namhaften Betrag. Hieraus erſehe man, daß durch ein gemein- ſames Vorgehen der Deutſchen in nationalen Dingen vieles erreicht werden kann. Leider gibt es Elemente, die ihre Freude daran haben, immer wieder Streit unter den Deutſchen zu ent- fachen. (Beifall.) LAbg. Schneider beſprach gleichfalls Landesangelegen- heiten und bemerkte, daß er als Obmann des Eiſenbahn- ausſchuſſes im niederöſterreichiſchen Landtage die beſte Ge- legenheit habe, die einzelnen Forderungen und Wünſche be-

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 106, Wien, 18.04.1910, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost106_1910/4>, abgerufen am 09.11.2024.