Reichspost. Nr. 140, Wien, 21.06.1904.140 Wien, Dienstag Reichspost 21. Juni 1904 [Spaltenumbruch] Streiflichter. Priesterrechtsschutzverein. Die Tätigkeit des Priesterrechtsschutzvereines Die Vereinsleitung hielt regelmäßig am Theater, Kunst und Musik. -- Deutsches Volkstheater. Von allen -- Raimund-Theater Ein altbewährtes -- Hofoperntheater. Dienstag wird die Oper -- Hofburgtheater. Für die letzten zwei -- Sommertheater "Venedig". Von Diens- [Spaltenumbruch] -- "Schubertbund". Dessen Sommerliedertafel -- Jantschtheater. Diese Woche wird an -- Wiener Singakademie. Unter den Aus dem Gerichtssaale. Der Freispruch des ungarischen Eisen- bahnerkomitees. Am 18. d. M. ist in Ofen- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Die Immakulata-Feier. In Wirklichkeit: das ganze christliche Wien Ohne die geringste Störung bewegte sich Der Balkon der Kirche trug das von zwei Schon am Vormittag hatte auf dem großen 140 Wien, Dienstag Reichspoſt 21. Juni 1904 [Spaltenumbruch] Streiflichter. Prieſterrechtsſchutzverein. Die Tätigkeit des Prieſterrechtsſchutzvereines Die Vereinsleitung hielt regelmäßig am Theater, Kunſt und Muſik. — Deutſches Volkstheater. Von allen — Raimund-Theater Ein altbewährtes — Hofoperntheater. Dienstag wird die Oper — Hofburgtheater. Für die letzten zwei — Sommertheater „Venedig“. Von Diens- [Spaltenumbruch] — „Schubertbund“. Deſſen Sommerliedertafel — Jantſchtheater. Dieſe Woche wird an — Wiener Singakademie. Unter den Aus dem Gerichtsſaale. Der Freiſpruch des ungariſchen Eiſen- bahnerkomitees. Am 18. d. M. iſt in Ofen- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Die Immakulata-Feier. In Wirklichkeit: das ganze chriſtliche Wien Ohne die geringſte Störung bewegte ſich Der Balkon der Kirche trug das von zwei Schon am Vormittag hatte auf dem großen <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009" n="9"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">140 Wien, Dienstag Reichspoſt 21. 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Die Vereins-<lb/> tätigkeit geſtaltete ſich in folgender Weiſe:</p><lb/> <p>Die Vereinsleitung hielt regelmäßig am<lb/> 2. Donnerstag eines jeden Monats eine Aus-<lb/> ſchußſitzung ab. — Von 21 Vereinslektoren wur-<lb/> den 26 gegneriſche Blätter kontrolliert. Die Zahl<lb/> der erwirkten § 19 Berichtigungen beträgt<lb/><hi rendition="#g">fünfzig.</hi> Leider waren aber ſo manche<lb/> Mitbrüder trotz Aufforderung und wieder-<lb/> holter Bitte nicht zu bewegen, Berichtigungen einzu-<lb/> ſenden. Mit dieſer Scheu ſollte umſo mehr ge-<lb/> brochen werden, weil ſie gegneriſcher Seite nur zu<lb/> leicht ſchlecht gedeutet werden. könnte. Manche<lb/> Mitglieder haben es auch unterlaſſen, eine zweite<lb/> oder dritte Berichtigung einzuſenden, wenn die<lb/> erſte nicht ſogleich gebracht wurde. Die Redaktionen<lb/> müſſen aber beharrlich gezwungen werden, ihre<lb/> Lügenartikel zu berichtigen. In 13 chriſtlichen<lb/> Blättern wurden durch das apologetiſche Bureau<lb/> 117 aufklärende Artikel publiziert. Die Unter-<lb/> ſtützung des Vereins-Advokaten wurde in drei<lb/> Fällen in wirkſamen Anſpruch genommen. Am<lb/> 5. Oktober 1903 wurde im Anſchluſſe an die<lb/> Generalverſammlung ein Delegiertentag der öſter-<lb/> reichiſchen Prieſterrechtsſchutzvereine abgehalten.<lb/> Von den beſtehenden 10 Vereinen wurden ſechs<lb/> durch Delegierte, zwei durch ſchriftliche Er-<lb/> klärungen vertreten. Die Beſchlüſſe des Dele-<lb/> giertentages wurden vom Wiener Verein<lb/> auch den durch Delegierte nicht vertretenen Ver-<lb/> einen zugeſendet. Es wurde das Abonnement der<lb/> „Mitteilungen der katholiſchen Preſſe Deutſch-<lb/> lands“ von Dr. Kaufmann ins Weismes ſämt-<lb/> lichen Prieſterrechtsſchutzvereinen dringend emp-<lb/> fohlen. Fünf Vereine haben die „Mitteilungen ..“<lb/> abonniert und ſtellen dieſelben den Redaktionen<lb/> chriſtlicher Blätter zum Nachdruck zur Verfügung.<lb/> Es wurde die Zentral-Auskunftsſtelle der katho-<lb/> liſchen Preſſe in Deutſchland mit 100 Kronen<lb/> ſubventioniert. Der Verein verſandte 1650 Druck-<lb/> ſorten an ſeine Mitglieder, an auswärtige Ver-<lb/> eine und an Vertrauensmänner. Ueberdies be-<lb/> trug die Zahl der Geſchäftsſtücke rund 600 Der<lb/><cb/> Verein unterhielt ein ganzjähriges Abonnement<lb/> des „Obſerver“, Bureau für Zeitungsausſchnitte,<lb/> und ein doppeltes Abonnement der „Mitteilungen<lb/> der katholiſchen Preſſe“. 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Ihre Vorzüge: Schönheit der Er-<lb/> ſcheinung, Klarheit und Deutlichkeit der<lb/> Sprache in der höchſten Senſation wie im<lb/> Pianiſſimo der intimſten Empfindung, Größe<lb/> der Geſte und ſelbſtverſtändliches Gefühl<lb/> für die Würde der klaſſiſchen Tragödin.<lb/> Ihre Mängel: zu geringe Beherrſchung gewiſſer<lb/> ſtimmlicher Rückſchläge im allgemeinen und als<lb/> Sappho zu viel weibliche Gereiztheit ſtatt der —<lb/> wenn auch pſychologiſch minder berechtigten, aber<lb/> doch thematiſch geforderten überwältigenden Größe<lb/> der ſiegreichen Diva. Dennoch gehört Fräulein<lb/> v. Runegg nicht aus Volkstheater — ſie iſt burg-<lb/> theaterreif Fräulein Dewal war als Melitta<lb/> ſehr reizend, Fräulein Hofteufel als Eucharis<lb/> hörenswert. <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">R. E. 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Dieſelbe hat<lb/> unſeres Wiſſens es zum erſtenmale unternommen,<lb/> ein Konzert im Freien zu geben und es gelang<lb/> dies unter Mitwirkung der Radfahrerkapelle (Zit)<lb/> bei ſtarkem Beſuche vollkommen. Getreu ſeinem<lb/> Prinzipe, hatte der gemiſchte Chor volkstümliche<lb/> Lieder verſchiedener Nationen gewählt, welche alle<lb/> unter des artiſtiſchen Direktors <hi rendition="#g">Lafite</hi> rühriger<lb/> Leitung ſich einer äußerſt ſorgfältigen Wiedergabe<lb/> erfreuten und von denen die von Lafite ſelbſt ge-<lb/> ſetzten, wie: „Finnland Wald“, „es ſteht ein<lb/> Lind“ und „das Fräulein und der Schäfer“ (alt-<lb/> deutſche Volkslieder) beſonderen Anklang fanden.<lb/> Desgleichen gefielen auch das reizende Paſtorelle<lb/> von Reinecke, Eſſers bekannter Chor: „Wach auf,“<lb/> der innig geſungene Chor: „Wie iſt die Erde doch<lb/> ſo ſchön“ von Horn, „der Hirte“: Schwediſches<lb/> Volkslied, die herrliche „Abendruhe“ von Mozart<lb/> und der Schlußchor: „Wohin mit der Freud’“<lb/> von Herbeck. Das aus den Damen: Schmidt und<lb/> Raunegger, den Herren: Bagar und Gold be-<lb/> ſtehende Soloquartett machte ſich in Schumanns<lb/> „Zigeunerleben“ vorteilhaft bemerkbar.</p><lb/> <byline> <hi rendition="#aq">G. v. B.</hi> </byline> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Aus dem Gerichtsſaale.</hi> </head><lb/> <div xml:id="freispruch1" next="#freispruch2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Freiſpruch des ungariſchen Eiſen-<lb/> bahnerkomitees.</hi> </head> <p>Am 18. d. M. iſt in Ofen-<lb/> Peſt ein freiſprechendes Urteil in der Streikange-<lb/> legenheit der Eiſenbahner gefällt worden. Die<lb/> Koſten des Strafverfahrens wird mit Ausnahme<lb/> der Stenographengebühren, der Staat tragen. In<lb/> der Begründung des Urteiles heißt es: Der Ge-<lb/> richtshof befand ſich in dem ſoeben verhandelten<lb/> Strafprozeß in einer ſchwierigen Situation. Seine<lb/> Aufgabe war eine ſehr undankbare. Wir ver-<lb/> mochten unſere menſchlichen Empfindungen mit<lb/> unſerer richterlichen Ueberzeugung nicht in Ein-<lb/> klang zu bringen; denn die Mitglieder dieſes<lb/> Gerichtes ſind nicht bloß Richter, ſondern auch<lb/> Bürger des Staates und treue Söhne des Vater-<lb/> landes. Auch unſere Herzen werden von den Prü-<lb/> fungen, welche das Vaterland heimſuchen, erfaßt.<lb/> Wie ſollten unſere Herzen nicht erzittern, als<lb/> am 20. 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Es war ein Schauſpiel, ſo großartig<lb/> und doch ſo anmutend, daß Rührung und Freude<lb/> ſich aller bemächtigte. Die äußere Krönung des<lb/> Feſtes aber war die Teilnahme des greiſen<lb/> Kaiſers ſelber, der, umgeben von zahl-<lb/> reichen Mitgliedern des kaiſerlichen Hauſes und<lb/> den höchſten Würdenträgern des Staates, dem<lb/> erhabenen Akte mit ſichtbarer Rührung beiwohnte.<lb/> Der tiefen Bedeutung und Erhabenheit des Aktes<lb/> entſprach die Würde und muſterhafte Ordnung, in<lb/> welcher die ganze Feier, Aufmarſch, Aufſtellung,<lb/> Haltung und Abzug der nach dreißig Tauſend<lb/> zählenden Feſtverſammlung ſich vollzog.</p><lb/> <p>Ohne die geringſte Störung bewegte ſich<lb/> Prozeſſion an Prozeſſion durch die reichbeflaggten<lb/> Straßen, über den Graben, Heidenſchuß, die<lb/> Freyung und durch die Bognergaſſe. Der Kohl-<lb/> markt war für die Auffahrt des Allerhöchſten<lb/> Hofes reſerviert und wie die ganze<lb/> Umgebung des Feſtplatzes beiderſeits dicht vom<lb/> Publikum beſetzt, das den kaiſerlichen Herrſchaften<lb/><cb/> und vor allem dem Monarchen ſelber jubelnde<lb/> Begrüßung darbrachte. Der Platz Am Hof war<lb/> der glücklichſte gewählte Rahmen für die Feier.<lb/> Niemand wandte ſich ohne Rührung dem breiten<lb/> Balkon der Kirche „zu den neun Chören der<lb/> Engel“ zu, auf dem vor fünfzig Jahren an der<lb/> Seite des Kaiſers die jugendliche Kaiſerin erſchienen<lb/> war. Und wie viele mögen ſich daran erinnert<lb/> haben, daß an dieſer Stätte die erſte Burg der<lb/> babenbergiſchen Herzoge von Oeſterreich ſtand,<lb/> daß von hier aus das damals ſo kleine Land<lb/> ſeinen Aufſtieg nahm zu der Weltmacht ſpäterer<lb/> Tage. Und viele mögen des gewaltig toſenden<lb/> Unwetters gedacht haben, das im Revolutionsjahr<lb/> an dieſer ſelben Stelle ſo gräßlich ſich entlud<lb/> und deſſen Weſen das Volk, das geſtern dort<lb/> um ſeinen erhabenen Fürſten ſich drängte,<lb/> kaum mehr zu verſtehen vermag. Und an einem<lb/> Fenſter des päpſtlichen Geſandtſchaftshotels lehnte<lb/> geſtern ein proteſtantiſcher Monarch, der König<lb/> von Dänemark, deſſen Staaten vor vierzig Jahren<lb/> unſere Armee mit Krieg überzog, und ſah der<lb/> großen katholiſchen Kundgebung zu, ein Freund<lb/> unſeres Kaiſers und längſt kein Widerſacher unſerer<lb/> Politik. So trug das Feſt neben dem Charakter<lb/> höchſter religiöſer Weihe, auch den patriotiſcher<lb/> und friedlicher Erhebung und deutete die Miſſion<lb/> an, die dem Katholizismus und ſeinen Bekennern,<lb/> wie beſonders dem katholiſchen Oeſterreich, vor-<lb/> gezeichnet iſt.</p><lb/> <p>Der Balkon der Kirche trug das von zwei<lb/> mächtigen Adlern überragte Kaiſerzelt, an deſſen<lb/> rechter Seite den Hofſtaaten, an deſſen linker<lb/> den Miniſtern und oberſten Behörden Plätze an-<lb/> gewieſen waren. Die Häuſer hatten Flaggengala<lb/> angelegt, die Faſſade der Kirche prächtig zu<lb/> ſchmücken, hatte der hochwürdige Pfarrer Kurz ſich<lb/><cb/> nicht nehmen laſſen. Die Marienſäule prangte im<lb/> herrlichſten Feſtſchmuck. Das Poſtament war bis<lb/> hoch hinan mit rotem Seidendamaſt bedeckt.<lb/> Reiſigguirlanden mit Kunſtblumen ſpannten ſich<lb/> hoch hinan, ringsum bildeten ſchöne Zierpflanzen<lb/> Bosketts. Viel war die Lilie ſymboliſch verwendet.<lb/> Zwiſchen Säule und Kirche waren zwei Zelte für<lb/> die offiziellen Gäſte errichtet.</p><lb/> <p>Schon am Vormittag hatte auf dem großen<lb/> Platze lebhaftes Getriebe geherrſcht. Die ſtädtiſche<lb/> Feuerwehr wanderte großenteils von der Zentrale<lb/> aus, damit die Feuerbereitſchaft in jedem Even-<lb/> tualfall freie Fahrt habe. Komplette Dampflöſch-<lb/> trains mit Offiizieren fuhren vor Beginn der Feier<lb/> zur Filiale Leopoldſtadt, zur Feuerwache Mar-<lb/> gareten und ins neue Rathaus, wo auch Feuer-<lb/> wehrkommandant Müller blieb. Bald nach 1 Uhr<lb/> wurde der weite Platz abgeſperrt, damit nicht das<lb/> ſich anſammelnde Publikum den Aufzug der Pro-<lb/> zeſſionen behindere. Von allen Bezirken Wiens,<lb/> von den äußerſten Grenzpunkten des Stadtgebietes<lb/> zogen mit ihren Fahnen, Bannern und Emblemen<lb/> die katholiſchen Bezirksvereine zur Pfarrkirche ihres<lb/> Bezirkes. Alles war im Sonntagsſtaat. Die<lb/> Fahnenjunker trugen großenteils altdeutſche<lb/> Tracht. Die geiſtlichen Orden verſammelten ſich<lb/> bei den Bezirkspfarren. Nur jene Vereine, deren<lb/> Wirken ſich auf ganz Wien erſtreckt, hatten den<lb/> Stefansdom als Verſammlungsort. Die katho-<lb/> liſchen Jünglingsvereine ſammelten ſich bei der<lb/> Kirche Maria Stiegen, weil dort der erſte<lb/> Stammverein gegründet wurde. Gegen 2 Uhr be-<lb/> gann der Aufmarſch der Prozeſſionen auf dem<lb/> Hof. Sie kamen nur von zwei Seiten: von der<lb/> Bognergaſſe und von der Freyung her. Der größte<lb/> Zug war der von St. Stefan. Ihn eröffneten etwa<lb/> tauſend Handwerker, Mitglieder der katholiſchen</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [9/0009]
140 Wien, Dienstag Reichspoſt 21. Juni 1904
Streiflichter.
Prieſterrechtsſchutzverein.
Die Tätigkeit des Prieſterrechtsſchutzvereines
der Wiener Erzdiözeſe konnte im Jahre 1903/4
bereits eine geringere ſein, und zwar infolge der
Abnahme der Los von Rom-Bewegung. Die Zahl
der Angriffe auf Kirche und Prieſter nahmen ab,
viele Blätter haben dieſelben ganz ausgeſchaltet.
Sie werden eben mit der Zeit — langweilig und
werden, weil meiſtens nachher berichtigt, nicht
mehr recht geglaubt. Das iſt aber, eine erſte Frucht
des Wirkens des Prieſterrechtsſchutzvereins. Den-
noch war die Vereinstätigkeit eine rege und ſie
darf nicht erlahmen. Wie Wächter müſſen die
Mitglieder auf dem Poſten ſtehen. Die Vereins-
tätigkeit geſtaltete ſich in folgender Weiſe:
Die Vereinsleitung hielt regelmäßig am
2. Donnerstag eines jeden Monats eine Aus-
ſchußſitzung ab. — Von 21 Vereinslektoren wur-
den 26 gegneriſche Blätter kontrolliert. Die Zahl
der erwirkten § 19 Berichtigungen beträgt
fünfzig. Leider waren aber ſo manche
Mitbrüder trotz Aufforderung und wieder-
holter Bitte nicht zu bewegen, Berichtigungen einzu-
ſenden. Mit dieſer Scheu ſollte umſo mehr ge-
brochen werden, weil ſie gegneriſcher Seite nur zu
leicht ſchlecht gedeutet werden. könnte. Manche
Mitglieder haben es auch unterlaſſen, eine zweite
oder dritte Berichtigung einzuſenden, wenn die
erſte nicht ſogleich gebracht wurde. Die Redaktionen
müſſen aber beharrlich gezwungen werden, ihre
Lügenartikel zu berichtigen. In 13 chriſtlichen
Blättern wurden durch das apologetiſche Bureau
117 aufklärende Artikel publiziert. Die Unter-
ſtützung des Vereins-Advokaten wurde in drei
Fällen in wirkſamen Anſpruch genommen. Am
5. Oktober 1903 wurde im Anſchluſſe an die
Generalverſammlung ein Delegiertentag der öſter-
reichiſchen Prieſterrechtsſchutzvereine abgehalten.
Von den beſtehenden 10 Vereinen wurden ſechs
durch Delegierte, zwei durch ſchriftliche Er-
klärungen vertreten. Die Beſchlüſſe des Dele-
giertentages wurden vom Wiener Verein
auch den durch Delegierte nicht vertretenen Ver-
einen zugeſendet. Es wurde das Abonnement der
„Mitteilungen der katholiſchen Preſſe Deutſch-
lands“ von Dr. Kaufmann ins Weismes ſämt-
lichen Prieſterrechtsſchutzvereinen dringend emp-
fohlen. Fünf Vereine haben die „Mitteilungen ..“
abonniert und ſtellen dieſelben den Redaktionen
chriſtlicher Blätter zum Nachdruck zur Verfügung.
Es wurde die Zentral-Auskunftsſtelle der katho-
liſchen Preſſe in Deutſchland mit 100 Kronen
ſubventioniert. Der Verein verſandte 1650 Druck-
ſorten an ſeine Mitglieder, an auswärtige Ver-
eine und an Vertrauensmänner. Ueberdies be-
trug die Zahl der Geſchäftsſtücke rund 600 Der
Verein unterhielt ein ganzjähriges Abonnement
des „Obſerver“, Bureau für Zeitungsausſchnitte,
und ein doppeltes Abonnement der „Mitteilungen
der katholiſchen Preſſe“. Es wurden umfaſſende
Vorarbeiten für eine neue Flugſchrift gemacht,
deren Herausgabe jedoch wegen finanzieller
Schwierigkeiten auf das nächſte Vereinsjahr ver-
ſchoben werden mußte.
Theater, Kunſt und Muſik.
— Deutſches Volkstheater. Von allen
Gaſtſpielen, die bisher das Volkstheater und die
Kritik heimſuchten, war das ſamstägige des
Fräuleins v. Runegg der kühnſte und der zielge-
wiſſeſte Wurf. Das Fräulein mit dem geheimnis-
vollen Ritterburgennamen iſt auch im Palaſt der
Muſen hoffähig. Sie hätte nicht gewagt, der
ſommerlichen Genußſucht einen klaſſiſchen Abend
zuzumuten, wenn ſie ihrer ſelbſt nicht ſo völlig
ſicher wäre. Ihre Vorzüge: Schönheit der Er-
ſcheinung, Klarheit und Deutlichkeit der
Sprache in der höchſten Senſation wie im
Pianiſſimo der intimſten Empfindung, Größe
der Geſte und ſelbſtverſtändliches Gefühl
für die Würde der klaſſiſchen Tragödin.
Ihre Mängel: zu geringe Beherrſchung gewiſſer
ſtimmlicher Rückſchläge im allgemeinen und als
Sappho zu viel weibliche Gereiztheit ſtatt der —
wenn auch pſychologiſch minder berechtigten, aber
doch thematiſch geforderten überwältigenden Größe
der ſiegreichen Diva. Dennoch gehört Fräulein
v. Runegg nicht aus Volkstheater — ſie iſt burg-
theaterreif Fräulein Dewal war als Melitta
ſehr reizend, Fräulein Hofteufel als Eucharis
hörenswert. R. E. P.
— Raimund-Theater Ein altbewährtes
Zug- und Kaſſenſtück, Morres „’s Nullerl“ ge-
langte am Samstag durch die bayriſchen Bauern-
ſchauſpieler zur Darſtellung. Daß die dem Leben
eninommenen, ſcharf charakteriſierten Rollen der
Akteure ihre Wirkung nicht verſagten, braucht
nicht weiter erwähnt zu werden. Geſpielt wurde ſehr
flott, namentlich Anna und Michael Dengg
ſowie Frl. Schweighofer fenden Anerkennung
bei den nicht ſehr zahlreichen Beſuchern.
— Hofoperntheater. Dienstag wird die Oper
„Der Troubadour“ von G. Verdi mit den Damen
Elizza, Petru und Pohlner und den Herren Slezak,
Demuth, Stehmann, Pacal und Marian aufgeführt.
Den Beſchluß macht das Ballett „Die Puppenfee“.
— Hofburgtheater. Für die letzten zwei
Wochen der Spielzeit ſtehen noch Repriſen von
„Fuhrmann Henſchel“, „Hamlet“, „Der Traum ein
Leben“ und „König Lear“ bevor.
— Sommertheater „Venedig“. Von Diens-
tag an wird im Anſchluß an die Wiederholungen der
Operette „An der ſchönen blauen Donau“ das Ballett
„Was ein Frauenyerz begehrt“ gegeben.
— „Schubertbund“. Deſſen Sommerliedertafel
findet Mittwoch den 22. d. M. im Dreher-Park (bei
ſchlechtem Wetter in der Katharinenhalle) unter
Leitung des Chormeiſters Adolf Kirchl und unter
Mitwirkung der Wiener Radfahrerkapelle ſtatt.
— Jantſchtheater. Dieſe Woche wird an
ſämtlichen Abenden „Der Onkel aus Amerika“, mit
Herrn Blaſel als Gaſt, gegeben.
— Wiener Singakademie. Unter den
Liedertafeln, die bereits heuer in Drehers Park
abgehalten wurden, iſt, neben der ganz beſonders
gelungenen des „Wiener Männergeſang-
vereines, das Sommerkonzert der Wiener
Singakademie hervorzuheben. Dieſelbe hat
unſeres Wiſſens es zum erſtenmale unternommen,
ein Konzert im Freien zu geben und es gelang
dies unter Mitwirkung der Radfahrerkapelle (Zit)
bei ſtarkem Beſuche vollkommen. Getreu ſeinem
Prinzipe, hatte der gemiſchte Chor volkstümliche
Lieder verſchiedener Nationen gewählt, welche alle
unter des artiſtiſchen Direktors Lafite rühriger
Leitung ſich einer äußerſt ſorgfältigen Wiedergabe
erfreuten und von denen die von Lafite ſelbſt ge-
ſetzten, wie: „Finnland Wald“, „es ſteht ein
Lind“ und „das Fräulein und der Schäfer“ (alt-
deutſche Volkslieder) beſonderen Anklang fanden.
Desgleichen gefielen auch das reizende Paſtorelle
von Reinecke, Eſſers bekannter Chor: „Wach auf,“
der innig geſungene Chor: „Wie iſt die Erde doch
ſo ſchön“ von Horn, „der Hirte“: Schwediſches
Volkslied, die herrliche „Abendruhe“ von Mozart
und der Schlußchor: „Wohin mit der Freud’“
von Herbeck. Das aus den Damen: Schmidt und
Raunegger, den Herren: Bagar und Gold be-
ſtehende Soloquartett machte ſich in Schumanns
„Zigeunerleben“ vorteilhaft bemerkbar.
G. v. B.
Aus dem Gerichtsſaale.
Der Freiſpruch des ungariſchen Eiſen-
bahnerkomitees. Am 18. d. M. iſt in Ofen-
Peſt ein freiſprechendes Urteil in der Streikange-
legenheit der Eiſenbahner gefällt worden. Die
Koſten des Strafverfahrens wird mit Ausnahme
der Stenographengebühren, der Staat tragen. In
der Begründung des Urteiles heißt es: Der Ge-
richtshof befand ſich in dem ſoeben verhandelten
Strafprozeß in einer ſchwierigen Situation. Seine
Aufgabe war eine ſehr undankbare. Wir ver-
mochten unſere menſchlichen Empfindungen mit
unſerer richterlichen Ueberzeugung nicht in Ein-
klang zu bringen; denn die Mitglieder dieſes
Gerichtes ſind nicht bloß Richter, ſondern auch
Bürger des Staates und treue Söhne des Vater-
landes. Auch unſere Herzen werden von den Prü-
fungen, welche das Vaterland heimſuchen, erfaßt.
Wie ſollten unſere Herzen nicht erzittern, als
am 20. April jene verhängnisvollen Ereig-
Feuilleton.
Die Immakulata-Feier.
In Wirklichkeit: das ganze chriſtliche Wien
hat geſtern der „Unbefleckten“ gehuldigt, gehuldigt
in einer Weiſe, wie es nur innige Glaubens-
überzeugung und wahrhafte Verehrung und Liebe
zu vollbringen vermag. Das ganze katholiſche
Wien war in den Vertretungen des geſamten
Klerus und des geſamten chriſtlichen Volkes durch
ſeine 800 Kongregationen und Vereine, am
hiſtoriſchen Platze, rings um die Marien-Säule
Am Hof, vereinigt, ſingend, betend, ſich, das
Vaterland und das Kaiſerhaus Maria weihend,
der erhabenen Schutzfrau Oeſterreichs und ſeiner
Dynaſtie. Es war ein Schauſpiel, ſo großartig
und doch ſo anmutend, daß Rührung und Freude
ſich aller bemächtigte. Die äußere Krönung des
Feſtes aber war die Teilnahme des greiſen
Kaiſers ſelber, der, umgeben von zahl-
reichen Mitgliedern des kaiſerlichen Hauſes und
den höchſten Würdenträgern des Staates, dem
erhabenen Akte mit ſichtbarer Rührung beiwohnte.
Der tiefen Bedeutung und Erhabenheit des Aktes
entſprach die Würde und muſterhafte Ordnung, in
welcher die ganze Feier, Aufmarſch, Aufſtellung,
Haltung und Abzug der nach dreißig Tauſend
zählenden Feſtverſammlung ſich vollzog.
Ohne die geringſte Störung bewegte ſich
Prozeſſion an Prozeſſion durch die reichbeflaggten
Straßen, über den Graben, Heidenſchuß, die
Freyung und durch die Bognergaſſe. Der Kohl-
markt war für die Auffahrt des Allerhöchſten
Hofes reſerviert und wie die ganze
Umgebung des Feſtplatzes beiderſeits dicht vom
Publikum beſetzt, das den kaiſerlichen Herrſchaften
und vor allem dem Monarchen ſelber jubelnde
Begrüßung darbrachte. Der Platz Am Hof war
der glücklichſte gewählte Rahmen für die Feier.
Niemand wandte ſich ohne Rührung dem breiten
Balkon der Kirche „zu den neun Chören der
Engel“ zu, auf dem vor fünfzig Jahren an der
Seite des Kaiſers die jugendliche Kaiſerin erſchienen
war. Und wie viele mögen ſich daran erinnert
haben, daß an dieſer Stätte die erſte Burg der
babenbergiſchen Herzoge von Oeſterreich ſtand,
daß von hier aus das damals ſo kleine Land
ſeinen Aufſtieg nahm zu der Weltmacht ſpäterer
Tage. Und viele mögen des gewaltig toſenden
Unwetters gedacht haben, das im Revolutionsjahr
an dieſer ſelben Stelle ſo gräßlich ſich entlud
und deſſen Weſen das Volk, das geſtern dort
um ſeinen erhabenen Fürſten ſich drängte,
kaum mehr zu verſtehen vermag. Und an einem
Fenſter des päpſtlichen Geſandtſchaftshotels lehnte
geſtern ein proteſtantiſcher Monarch, der König
von Dänemark, deſſen Staaten vor vierzig Jahren
unſere Armee mit Krieg überzog, und ſah der
großen katholiſchen Kundgebung zu, ein Freund
unſeres Kaiſers und längſt kein Widerſacher unſerer
Politik. So trug das Feſt neben dem Charakter
höchſter religiöſer Weihe, auch den patriotiſcher
und friedlicher Erhebung und deutete die Miſſion
an, die dem Katholizismus und ſeinen Bekennern,
wie beſonders dem katholiſchen Oeſterreich, vor-
gezeichnet iſt.
Der Balkon der Kirche trug das von zwei
mächtigen Adlern überragte Kaiſerzelt, an deſſen
rechter Seite den Hofſtaaten, an deſſen linker
den Miniſtern und oberſten Behörden Plätze an-
gewieſen waren. Die Häuſer hatten Flaggengala
angelegt, die Faſſade der Kirche prächtig zu
ſchmücken, hatte der hochwürdige Pfarrer Kurz ſich
nicht nehmen laſſen. Die Marienſäule prangte im
herrlichſten Feſtſchmuck. Das Poſtament war bis
hoch hinan mit rotem Seidendamaſt bedeckt.
Reiſigguirlanden mit Kunſtblumen ſpannten ſich
hoch hinan, ringsum bildeten ſchöne Zierpflanzen
Bosketts. Viel war die Lilie ſymboliſch verwendet.
Zwiſchen Säule und Kirche waren zwei Zelte für
die offiziellen Gäſte errichtet.
Schon am Vormittag hatte auf dem großen
Platze lebhaftes Getriebe geherrſcht. Die ſtädtiſche
Feuerwehr wanderte großenteils von der Zentrale
aus, damit die Feuerbereitſchaft in jedem Even-
tualfall freie Fahrt habe. Komplette Dampflöſch-
trains mit Offiizieren fuhren vor Beginn der Feier
zur Filiale Leopoldſtadt, zur Feuerwache Mar-
gareten und ins neue Rathaus, wo auch Feuer-
wehrkommandant Müller blieb. Bald nach 1 Uhr
wurde der weite Platz abgeſperrt, damit nicht das
ſich anſammelnde Publikum den Aufzug der Pro-
zeſſionen behindere. Von allen Bezirken Wiens,
von den äußerſten Grenzpunkten des Stadtgebietes
zogen mit ihren Fahnen, Bannern und Emblemen
die katholiſchen Bezirksvereine zur Pfarrkirche ihres
Bezirkes. Alles war im Sonntagsſtaat. Die
Fahnenjunker trugen großenteils altdeutſche
Tracht. Die geiſtlichen Orden verſammelten ſich
bei den Bezirkspfarren. Nur jene Vereine, deren
Wirken ſich auf ganz Wien erſtreckt, hatten den
Stefansdom als Verſammlungsort. Die katho-
liſchen Jünglingsvereine ſammelten ſich bei der
Kirche Maria Stiegen, weil dort der erſte
Stammverein gegründet wurde. Gegen 2 Uhr be-
gann der Aufmarſch der Prozeſſionen auf dem
Hof. Sie kamen nur von zwei Seiten: von der
Bognergaſſe und von der Freyung her. Der größte
Zug war der von St. Stefan. Ihn eröffneten etwa
tauſend Handwerker, Mitglieder der katholiſchen
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