Reichspost. Nr. 143, Wien, 26.06.1900.Wien, Dienstag Reichspost 26. Juni 1900 143 [Spaltenumbruch] Rapitzputzer wollen sich zu Beginn der nächsten Woche den Spannern in ihrer Bewegung anschließen. In Coepenik bei Berlin droht ein Wäscherstreik Großer Streik in Budapest. Den Arbeitern Zu Gunsten der Arbeiter haben die im Kirchliches. -- Die VIII. Wiener Männerfahrt nach Mariazell findet unter Führung des hochw. Herrn Für diese Männerfahrt sind Fahr- -- Der Ottakringer Mariazeller Wallfahrts- verein unternimmt Dienstag, den 17. Juli d. J. -- Die Frohnleichnamsprocession in Kaiser- mühlen ist gestern auf's glänzendste ausgefallen, dank Die Altäre, namentlich der vor dem Hause des -- Eine interessante Klostergründung. Am -- Der Wiener Mariazeller Processionsverein veranstaltet unter Führung mehrerer geistlicher Herren am Theater, Kunst und Musik. -- Hofburgtheater. Samstag, den 30. d., findet die -- Deutsches Volkstheater. Der morgige Dienstag -- Jantsch-Theater. Heute Montag gelangt die zug- -- Männergesangverein "Ottakringer Lieder- tafel". Donnerstag, 5. Juli, findet im Etablissement Sta- Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. Juni 1900 143 [Spaltenumbruch] Rapitzputzer wollen ſich zu Beginn der nächſten Woche den Spannern in ihrer Bewegung anſchließen. In Coepenik bei Berlin droht ein Wäſcherſtreik Großer Streik in Budapeſt. Den Arbeitern Zu Gunſten der Arbeiter haben die im Kirchliches. — Die VIII. Wiener Männerfahrt nach Mariazell findet unter Führung des hochw. Herrn Für dieſe Männerfahrt ſind Fahr- — Der Ottakringer Mariazeller Wallfahrts- verein unternimmt Dienſtag, den 17. Juli d. J. — Die Frohnleichnamsproceſſion in Kaiſer- mühlen iſt geſtern auf’s glänzendſte ausgefallen, dank Die Altäre, namentlich der vor dem Hauſe des — Eine intereſſante Kloſtergründung. Am — Der Wiener Mariazeller Proceſſionsverein veranſtaltet unter Führung mehrerer geiſtlicher Herren am Theater, Kunſt und Muſik. — Hofburgtheater. Samſtag, den 30. d., findet die — Deutſches Volkstheater. Der morgige Dienſtag — Jantſch-Theater. Heute Montag gelangt die zug- — Männergeſangverein „Ottakringer Lieder- tafel“. Donnerſtag, 5. Juli, findet im Etabliſſement Sta- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0010" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. Juni 1900 143</hi></fw><lb/><cb/> Rapitzputzer wollen ſich zu Beginn der nächſten Woche<lb/> den Spannern in ihrer Bewegung anſchließen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">In Coepenik</hi> </head> <p>bei Berlin droht ein Wäſcherſtreik<lb/> auszubrechen. Die dortigen Großwäſchereibeſitzer, bei<lb/> denen die meiſten Handwäſcher ihre Wäſche reinigen<lb/> laſſen, haben zum 1. Juli eine Preiserhöhung ange-<lb/> kündigt, mit welcher ſich die Wäſchereibeſitzer in mehreren<lb/> größeren Verſammlungen beſchäftigten. Es iſt nun<lb/> ſeitens derſelben beſchloſſen worden, bei denjenigen<lb/> Firmen, welche die bisherigen Preiſe nicht nach dem<lb/> 1. Juli beibehalten, einſtweilen nicht mehr waſchen zu<lb/> laſſen. Ferner wurde die Einrichtung einer großen Ge-<lb/> noſſenſchaftswäſcherei in Ausſicht genommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großer Streik in Budapeſt.</hi> </head> <p>Den Arbeitern<lb/> der großen Maſchinen-Etabliſſement der ungariſchen<lb/> Staatsbahnen in Budapeſt ſind ſeit 24. d. M. auch<lb/> die Conducteure und Wagenführer der Budapeſter<lb/> Straßenbahnen in den Streik gefolgt. Die Zugeſtänd-<lb/> niſſe, welche die Direction den Bedienſteten gemacht<lb/> hatte, genügte denſelben nicht. Am 23. d. M. erſchien<lb/> darum eine weitere Deputation beim Generaldirector<lb/> und verlangte Antwort auf die Frage: „Nimmt die<lb/> Direction die 12 Punkte des überreichten Memorandums<lb/> an? Ja oder nein?“ Der Generaldirector erklärte der<lb/> Deputation, daß einige Punkte des Memorandums<lb/> abſolut unannehmbar, weil ſie undurchführbar ſind.<lb/> Falls die Bedienſteten derart den Dienſt verlaſſen,<lb/> involvire das ein ſchweres Disciplinarvergehen.<lb/> Conducteure und Wagenführer, die ſich deſſen Ver-<lb/> gehens ſchuldig machen, könnten dann nie wieder als<lb/> Angeſtellte der Straßenbahn betrachtet werden. Der<lb/> Director erklärte zugleich der Deputation, man ſei bis<lb/> an die äußerſte Grenze der Nachgiebigkeit gegangen.<lb/> Auf dieſe ablehnende Antwort hin verſammelten ſich<lb/> die Conducteure und Wagenführer (Mitternacht) in<lb/> einem Gaſthauſe im Stadtwäldchen, um zu berathen.<lb/> Die Verſammlung dauerte bis gegen Morgen. Ober-<lb/> Ingenieur Steller ließ ein Circular unter die Con-<lb/> ducteure vertheilen, daß jeder Bedienſtete, der<lb/> Sonntag Morgens nicht rechtzeitig zum Dienſt erſcheint,<lb/> als ausgetreten betracht werde. Halb 4 Uhr Morgens<lb/> wurde eine neuerliche Abordnung zum Generaldirector<lb/> geſchickt, die ihm mittheilte, daß, wenn bis 5 Uhr Früh keine<lb/> befriedigende Antwort ertheilt wurde, der Streik be-<lb/> ginne und kein Mann den Dienſt antreten werde. Die<lb/> Antwort darauf blieb aus. Von den anweſenden Con-<lb/> ducteuren und Wagenführern, circa 800, erſchien keiner<lb/> im Dienſte. Der Streik brach aus. Doch trat eine<lb/> Partie Bedienſteter an ihre Plätze und der Verkehr<lb/> wurde auf allen Linien, wenn auch in reducirtem<lb/> Maße, aufrechterhalten. Denſelben verſahen circa 100<lb/> ältere Conducteure, welche ſich dem Streik nicht ange-<lb/> ſchloſſen hatten, dann ſämmtliche Controlore, die<lb/> Maſchiniſten und verſchiedene Schloſſer aus den Werk-<lb/> ſtätten und Endſtationen. Die Ordnung wurde An-<lb/> fangs nicht geſtört. Die Polizei, die auf den End-<lb/> ſtationen poſtirt iſt und längs der Strecke Wache<lb/> hielt, brachte nicht einzuſchreiten. Das Publicum nahm<lb/> Partei für die Direction, nachdem bekannt wurde, daß<lb/> dieſelbe große Zugeſtändniſſe gemacht hatte, und daß<lb/> die Streikenden in ihren 12 Punkten, aufgehetzt von<lb/> den Socialiſten, Demokraten, derartige Forderungen<lb/> aufgenommen hatten, die eine Lockerung der Disciplin<lb/> herbeiführen müßten. Dieſe habe die Direction unter<lb/> keiner Bedingung annehmen können. Am Nachmittag<lb/> wurden die Streikenden gewaltthätig. Sie hatten ſich<lb/> nach einem Ausflugsorte in der Nähe der Haupt-<lb/> ſtadt zurückgezogen. Auf dem Wege dahin be-<lb/> gegneten ſie einem eletriſchen Straßenbahnwagen,<lb/> der von einem Controleur geführt wurde. Dieſer<lb/> Wagen wurde mit Steinen beworfen, wobei einige<lb/> Scheiben zertrümmert wurden. Die Polizei ſchritt ein<lb/> und ſtellte die Ordnung wieder her. In Folge der<lb/> Ungeübtheit des Aushilfsperſonals wurden auf der elek-<lb/> triſchen Straßenbahn im Laufe des Tages 5 Perſonen<lb/> verletzt. In der Nacht zu heute Montag beſchloß eine<lb/> Verſammlung der Streikenden, da 1. kein genügender<lb/> Fonds zu längerem Verharren im Streik vorhanden<lb/> ſei, 2. der Verkehr der Straßenbahnwagen trotz des<lb/> Streiks faſt im vollen Umfang aufrecht erhalten werden<lb/> konnte, und 3. da für heute Montag Zuzug von Ar-<lb/> beitskräften wahrſcheinlichſt in Ausſicht ſteht, wolle<lb/> man den größten Theil der Forderung fallen laſſen.<lb/> So dürfte der Streik heute Montag völlig beigelegt<lb/> werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zu Gunſten der Arbeiter</hi> </head> <p>haben die im<lb/> deutſchen Reiche eingeführten Verſicherungsgeſetze bereits<lb/> Großes gewirkt. Leider haben wir in Oeſterreich z. B.<lb/> die Alters- und Invaliditäts-Verſicherung noch gar<lb/> nicht. Eine Ueberſicht über die verſchiedenen in<lb/> Deutſchland geltenden Verſicherungs-Einrichtungen iſt<lb/> überaus lehrreich: Unter den 56 Millionen Einwohnern<lb/> des Deutſchen Reiches ſind 16 Millionen Lohnarbeiter<lb/> Von dieſen ſind jetzt 9 Millionen gegen Krankheit,<lb/> 17 Millionen gegen Unfall, 13 Millionen gegen Inva-<lb/> lidität und die Noth des Alters verſichert. Nahezu<lb/> eine Million Mark wird durch die Zweige der Ver-<lb/> ſicherung an jedem Arbeitstag als Entſchädigung an<lb/> jährlich rund 4 Millionen Arbeiter ausbezahlt. Seit<lb/> ihrem Beſtehen hat die Arbeiterverſicherung bereits in 40<lb/> Millionen Fällen Entſchädigungen im Geſammtbetrage<lb/> von 2413 Millionen Mark gewährt. Von dieſer Summe<lb/> ſind 1164 Millionen Mark durch die Arbeiter, 1099<lb/> Millionen Mark durch die Unternehmer, 150 Millionen<lb/> Mark durch das Reich als ſolches aufgebracht worden.<lb/> Die Arbeiter haben eine Milliarde Mark mehr<lb/> empfangen, als ſie an Beiträgen zahlten. Eine Summe<lb/><cb/> von Noth und Elend konnte gelindert werden haupt-<lb/> ſächlich durch Kranken- und Sterbegelder, Familien-<lb/> unterſtützung, ärztliche Behandlung und Arznei, Ver-<lb/> pflegung in Krankenhäuſern und Heilanſtalten bei der<lb/> Krankenverſicherung, Rentenleiſtungen. Durch die<lb/> Sicherſtellung einer Fürſorge in Fällen der Krankheit,<lb/> Erwerbsunfähigkeit und des Todes erhält die wirth-<lb/> ſchaftliche Lage der Arbeiter eine namhafte Förderung,<lb/> die Hand in Hand ging mit einer Hebung der Lage<lb/> der unteren Volksſchichten überhaupt. Trotz der dem<lb/> Arbeiter durch die Verſicherung zu Theil gewordenen<lb/> Zuwendungen ſind auch die <hi rendition="#g">Löhne</hi> bedeutend<lb/><hi rendition="#g">erhöht</hi> worden; beiſpielsweiſe ſtiegen die<lb/> anrechnungsfähigen Jahreslöhne bei den gewerblichen<lb/> Berufsgenoſſenſchaften von 1888 bis 1898 für den<lb/> Durchſchnitt der Verſicherten von 612 auf 735 M.<lb/> Viel iſt ferner durch die Arbeiterverſicherung in <hi rendition="#g">ge-<lb/> ſundheitlicher</hi> Beziehung zum Beſten der ar-<lb/> beitenden Bevölkerung geſchehen. Aerztliche Behand-<lb/> lung wird ihr in erhöhtem Maße zu Theil. Für eine<lb/> gründliche und beſſere Heilung Erkrankter und Ver-<lb/> letzter wird immer mehr gethan durch rationelle Pflege<lb/> in Krankenhäuſern, Geneſungsanſtalten und Volksheil-<lb/> ſtätten wie durch Einrichtungen der erſten Hilfeleiſtung<lb/> (Unfallſtationen, Rettungsweſen, Gemeindepflege-<lb/> ſtationen). Mit Erfolg hat die Verſicherung den<lb/> Kampf gegen die weitverbreiteten Volksſeuchen, be-<lb/> ſonders die <hi rendition="#g">Lungentuberculoſe</hi> aufge-<lb/> nommen; auf Grund derſelben iſt es jetzt möglich,<lb/> alljährlich mindeſtens 20.000 Heilbedürftige in Heil-<lb/> ſtätten, die in den ſchönſten Lagen des Reichs errichtet<lb/> ſind, koſtenfrei zu dreimonatlichen Behandlungs- und<lb/> Erziehungscurſen unterzubringen. Gemeinnützige Zwecke<lb/> verſchiedenſter Art finden durch die Verſicherung weit-<lb/> gehende Förderung. So waren durch die Invaliden-<lb/> verſicherungsanſtalten am Schluſſe des Jahres 1899<lb/> bereits 134 Millionen Mark für den Bau von <hi rendition="#g">Ar-<lb/> beiterwohnungen,</hi> Befriedigung des land-<lb/> wirthſchaftlichen <hi rendition="#g">Creditbedürfniſes</hi> und den<lb/> Bau von Kranken- und Geneſungshäuſern, Volksheil-<lb/> ſtätten u. ſ. w. zu einem niedrigen Zinsfuße ausge-<lb/> liehen worden.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Kirchliches.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Die <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Wiener Männerfahrt nach<lb/> Mariazell</hi> </head> <p>findet unter Führung des hochw. Herrn<lb/><hi rendition="#aq">P.</hi> Abel am 21., 22. und 23. Juli (Samſtag, Sonn-<lb/> tag, Montag) ſtatt, und ſie dürfte die früheren an<lb/> Theilnehmerzahl noch übertreffen. Die Einleitungs-<lb/> Predigt wird Montag, den 16. Juli, Abends 8 Uhr,<lb/> von Herrn <hi rendition="#aq">P.</hi> Abel wie üblich in der Hof- und Stadt-<lb/> pfarrkirche zu St. Auguſtin gehalten werden.</p><lb/> <p>Für dieſe <hi rendition="#g">Männerfahrt</hi> ſind <hi rendition="#g">Fahr-<lb/> karten</hi> Wien—Kernhof und zurück <hi rendition="#aq">III.</hi> Claſſe zu<lb/> fl. 3 und <hi rendition="#aq">II.</hi> Claſſe zu fl. 5 zu haben bei den Herren:<lb/> J. Heindl, Kunſthandlung, 1. Bez., Stefansplatz 7;<lb/> H. Kirſch, Buchhandlung, 1. Bez., Singerſtraße 7;<lb/> Joſef Janauſchek u. Comp., 1. Bez., Singerſtraße 18;<lb/> Joſef Dubsky, Wäſcheputzerei, 3. Bez., Barichgaffe 23;<lb/> Joſef Janauſchek, 3. Bez., Großmarkthalle; ferner<lb/> in der Sacriſtei bei St. Auguſtin, 1. Bez., Auguſtiner-<lb/> ſtraße 7; Verlagsbuchhandlung „Auſtria“, Franz Doll,<lb/> 1. Bez., Sonnenfelsgaſſe.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Der Ottakringer Mariazeller Wallfahrts-<lb/> verein</hi> </head> <p>unternimmt Dienſtag, den 17. Juli d. J.<lb/> unter ausnahmsweiſer Begleitung ſeines Ehrenmitgliedes<lb/> des hochw. Herrn Pfarrers und Gemeinderathes Adam<lb/><hi rendition="#g">Latſchka,</hi> ſowie des Vereinsprieſters hochw. Herrn<lb/> Pfarrers und fürſterzbiſchöflichen geiſtlichen Rathes<lb/> Johann <hi rendition="#g">Pax,</hi> eine Wallfahrt nach Mariazell. Der<lb/> Auszug der Proceſſion erfolgt von der alten Ottakringer<lb/> Pfarrkirche aus nach dem Ottakringer Bahnhofe, wo-<lb/> ſelbſt um ½6 Uhr Früh die Abfahrt mittels Separat-<lb/> zuges ſtattfindet. Die Rückkehr erfolgt am 21. Juli<lb/> circa 4 Uhr Nachmittags, der feierliche Einzug findet<lb/> in die neue Ottakringer Pfarrkirche „zur heiligen<lb/> Familie“ ſtatt. Näheres die Placate.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Die Frohnleichnamsproceſſion in Kaiſer-<lb/> mühlen</hi> </head> <p>iſt geſtern auf’s glänzendſte ausgefallen, dank<lb/> dem Comité der Kaiſermühlner Bürgern mit Herrn<lb/><hi rendition="#g">Adlwanſteiner</hi> an der Spitze. Einen beſonderen<lb/> Glanz erhielt das Feſt durch den Beſuch des Bürger-<lb/> meiſter Dr. <hi rendition="#g">Lueger.</hi> Schon in den früheſten<lb/> Morgenſtunden bewegten ſich maſſenhaft die Wiener<lb/> aus faſt allen Bezirken zu Fuß, zu Wagen und der<lb/> elektriſchen Bahn über die Reichsbrücke. Beim Ein-<lb/> gange in der Schüttauſtraße war eine prächtige<lb/> Triumphpforte errichtet, bei der das Comité, ſowie die<lb/> Gemeinde- und Bezirksräthe, der chriſtliche Wiener<lb/> Frauenbund, die Veteranenvereine und der Geſangver-<lb/> ein, ſowie ein zahlreiches Publicum den Bür<supplied>g</supplied>ermeiſter<lb/> empfingen. Director <hi rendition="#g">Pohlmann</hi> der Wiener Eis-<lb/> werke hielt namens des Comités und Bezirkstheiles<lb/> eine Begrüßungsanſprache, betonend, daß das Feſt auch<lb/> in Zukunft nicht allein eine kirchliche chriſtkatholiſche<lb/> Feier, ſondern auch eine echt patriotiſche Feier werden möge,<lb/> an der Niemand theilnehmen ſolle, der nicht echt<lb/> wieneriſch und öſterreichiſch denke und fühle. Hierauf<lb/> überreichte Fräulein Ella <hi rendition="#g">Lukſch,</hi> die ſchöne Tochter<lb/> des Bezirksrathes <hi rendition="#g">Lukſch,</hi> dem Bürgermeiſter ein<lb/> prachtvolles Bouqet. Derſelbe dankte und verſprach,<lb/> ſtets des Bezirkstheiles eingedenk zu bleiben und den-<lb/> ſelben nach Kräften zu unterſtützen. Hierauf wurde der<lb/> Bürgermeiſter in die Kirche geleitet, an deren Pforte er<lb/> von der hochw. Geiſtlichkeit und dem Herz Jeſu-Kirchen-<lb/> bauverein empfangen wurde. Dort hatten ſich auch die<lb/><cb/> Herren Abg. <hi rendition="#g">Bielohlawek,</hi> Gemeinderath<lb/><hi rendition="#g">Hütter, Beſau, Oppenberger, Laß-<lb/> mann</hi> und Dr. <hi rendition="#g">Porzer</hi> und Magiſtrats-<lb/> Secretär Dr. <hi rendition="#g">Heilinger</hi> eingefunden. Nach<lb/> der heiligen Meſſe ſetzte ſich der impoſante<lb/> Zug durch die herrlich geſchmückten Straßen in<lb/> Bewegung. Derſelbe war ſchier endlos und nahmen an<lb/> demſelben die Vereine chriſtlcher Arbeiter und Arbeite-<lb/> rinnen <hi rendition="#g">„Auſtria“</hi> und <hi rendition="#g">Vindobona</hi>“, der<lb/> chriſtlich-ſociale Arbeiterbund, die katholiſchen Jünglings-<lb/> vereine, der Drei-Eichenverein, der St. Joſefsverein,<lb/> die Veteranenvereine Frhr. v. Heß mit Fahne und<lb/> Muſik, und Fürſt Schwarzenberg, der chriſtl. Wiener<lb/> Frauenbund mit Vicepräſidentin Frau <hi rendition="#g">Ruzizka</hi> an<lb/> der Spitze, Gruppen von weißgekleideten Mädchen<lb/> aus dem 2., 3., 9., 1., 4. und 20. Bezirke, der<lb/> chriſtliche Arbeiterverein Landſtraße, die ehrw. Schweſtern<lb/> von Stadlau mit ihrer Schule ꝛc. theil. Den Conduct<lb/> ſtellte eine Abtheilung des k. u. k. bosniſchen In-<lb/> fanterie-Regiments mit Muſik. Das Allerheiligſte<lb/> trug Prälat Dr. <hi rendition="#g">Horny,</hi> aſſiſtirt vom Domherrn<lb/> Grafen zur <hi rendition="#g">Lippe</hi> und zahlreicher Aſſiſtenz und ge-<lb/> leitet vom Kirchenbauvereine unter Führung des<lb/> Herrenhausmitgliedes Dr. <hi rendition="#g">Haßlwanter</hi> ſowie<lb/> von Studenten der katholiſchen Verbindung <hi rendition="#g">Kürn-<lb/> berg</hi> in voller Wichs. Hinter dem Allerheiligſten<lb/> kamen die vorerwähnten Functionäre mit dem Bürger-<lb/> meiſter, ferner noch die Bezirksräthe <hi rendition="#g">Lukſch,<lb/> Jung, Hofbauer, Ullrich</hi> ꝛc. ꝛc., der Ver-<lb/> ſchönerungsverein und Humanitätsverein Kaiſermühlen,<lb/> der M.-G.-V. Liederfreunde und die Freiwillige Feuer-<lb/> wehr von Stadlau.</p><lb/> <p>Die Altäre, namentlich der vor dem Hauſe des<lb/> Fabrikanten Edlinger, waren prachtvoll geſchmückt.<lb/> Leider kam beim letzten Altare ein kleines Unwetter<lb/> daher, ſo daß die Proceſſion ſchnell in die Kirche<lb/> flüchten mußte, doch that dies der Feſtesſtimmung<lb/> keinen Abbruch und wurde der Bürgermeiſter im<lb/> Gaſthauſe unſeres braven Geſinnungsgenoſſen <hi rendition="#g">Haller,</hi><lb/> wo er vor ſeiner Abfahrt einen kleinen Imbiß ein-<lb/> nahm, von den Herren <hi rendition="#g">Adlwanſteiner</hi> und<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Haßlwanter</hi> ſowie Abg. <hi rendition="#g">Bielo-<lb/> hlawek</hi> in Toaſten gefeiert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Eine intereſſante Kloſtergründung.</hi> </head> <p>Am<lb/> 2. Juli wird zu <hi rendition="#g">Eibingen</hi> bei Rüdesheim am<lb/> Rhein der Grundſtein gelegt zu einem neuen Frauen-<lb/> ſtifte des Benedictinerordens, welches der <hi rendition="#g">Beuroner</hi><lb/> Congregation zugezählt und von dem jungen <hi rendition="#g">Prag-<lb/> Smichover</hi> Benedictiner-Frauenſtifte St. Gabriel<lb/> im Herbſt 1901 oder Sommer 1902 bevölkert werden<lb/> ſoll. Das neue Kloſter iſt eine Stiftung des Fürſten<lb/><hi rendition="#g">Löwenſtein</hi> und wird nach den Plänen des<lb/> Benedictiners <hi rendition="#aq">P.</hi> Ludgerus aus der Abtei Maria-Laach<lb/> ausgeführt. Die kirchliche Feier der Grundſteinlegung<lb/> nimmt der Biſchof von Limburg, Dominicus <hi rendition="#g">Willi</hi><lb/> aus dem Ciſtercienſer-Orden, früher Abt von Marien-<lb/> ſtatt in Naſſau und Capitular von Mehrerau in Vor-<lb/> arlberg, unter Aſſiſtenz des Erzabtes der Beuroner<lb/> Benedictiner-Congregation und Abtes von Beuron<lb/><hi rendition="#aq">P.</hi> Placidus Wolter und des Abtes von Maria-Laach,<lb/><hi rendition="#aq">P.</hi> Wilibrord Benzler, vor. Das neue, der heiligen<lb/> Hildegardis geweiht Stift erhebt ſich etwa eine halbe<lb/> Stunde entfernt vom Niederwald-Denkmal in einer<lb/> Gegend, wo einſt der Benedictiner-Orden berühmte<lb/> Stätten ſeines Werkes beſaß. Die Mutterabtei<lb/> St. Gabriel in Prag zählt gegenwärtig 62 Religioſen,<lb/> unter ihnen befinden ſich Töchter der Familien Liechten-<lb/> ſtein, Schwarzenberg, Salm, Thun-Hohenſtein, Rech-<lb/> berg, Galen, Meraviglia und Andere. Aebtiſſin von<lb/> St. Gabriel iſt <hi rendition="#aq">D.</hi> Adelgundis Berlinghoff.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Der Wiener Mariazeller Proceſſionsverein</hi> </head><lb/> <p>veranſtaltet unter Führung mehrerer geiſtlicher Herren am<lb/> 30. Juni ſeine ſtatutenmäßige Wallfahrt nach dem Gnaden-<lb/> orte Mariazell in Steiermark. Dieſelbe nimmt fünf Tage in<lb/> Anſpruch. Der feierliche Auszug erfolgt von der Domkirche<lb/> zu St. Stefan aus nach einer ¾4 Uhr Früh celebrirten<lb/> hl. Meſſe. Eine Eiſenbahnkarte hiezu von Wien, Lilienfeld<lb/> und retour koſtet für Theilnehmer 2 fl. 30, für Vereins-<lb/> mitglieder 1 fl. 50 kr. Das neue Wallfahrtsbuch hiezu iſt<lb/> bei den Herren, welche die Eiſenbahnkarten verkaufen, um<lb/> 1 <hi rendition="#aq">K</hi> erhältlich.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Theater, Kunſt und Muſik.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Hofburgtheater.</hi> </head> <p>Samſtag, den 30. d., findet die<lb/> letzte Vorſtellung in dieſer Saiſon ſtatt. Vom 1. Juli bis<lb/> einſchließlich 31. Auguſt bleibt das Theater geſchloſſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Deutſches Volkstheater.</hi> </head> <p>Der morgige Dienſtag<lb/> bringt die erſte Wiederholung des Anzengruber’ſchen Volks-<lb/> ſtückes <hi rendition="#g">„Der Meineidbauer“</hi> durch die <hi rendition="#g">Schlier-<lb/> ſeer.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Jantſch-Theater.</hi> </head> <p>Heute Montag gelangt die zug-<lb/> kräftige Geſangs-Burleske <hi rendition="#g">„Die Pariſer Welt-<lb/> ausſtellung 1900“</hi> zur 30. Aufführung. Im vierten<lb/> Bilde ſind folgende Einlagen: Polniſcher Nationaltanz,<lb/> Jockey-Tanz, <hi rendition="#aq">Danse espagnola,</hi> Ungariſcher Nationaltanz,<lb/> Evolutionen, Grand Finale, ausgeführt vom <hi rendition="#aq">Corps de<lb/> Ballet,</hi> den Eleven und dem geſammten Perſonal (ein-<lb/> ſtudirt vom Balletmeiſter Hans Rumpel, Solotänzer der<lb/> k. k. Hofoper).</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Männergeſangverein „Ottakringer Lieder-<lb/> tafel“.</hi> </head> <p>Donnerſtag, 5. Juli, findet im Etabliſſement Sta-<lb/> lehner, 17. Bez., Jörgerſtraße 26, die <hi rendition="#aq">II.</hi> ſatzungsmäßige<lb/> Liedertafel unter Leitung des Vereinschormeiſters Herrn<lb/> Carl <hi rendition="#g">Lehner</hi> und unter Mitwirkung des <hi rendition="#g">Wiener<lb/> Symphonie-Orcheſters</hi> unter Leitung des<lb/> Herrn Directors <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> ſtatt. Beginn 8 Uhr Abends.<lb/> — Eintrittskarten im Vorverkaufe 1 <hi rendition="#aq">K</hi> an der Caſſa<lb/> 1 <hi rendition="#aq">K 20 h.</hi> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. Juni 1900 143
Rapitzputzer wollen ſich zu Beginn der nächſten Woche
den Spannern in ihrer Bewegung anſchließen.
In Coepenik bei Berlin droht ein Wäſcherſtreik
auszubrechen. Die dortigen Großwäſchereibeſitzer, bei
denen die meiſten Handwäſcher ihre Wäſche reinigen
laſſen, haben zum 1. Juli eine Preiserhöhung ange-
kündigt, mit welcher ſich die Wäſchereibeſitzer in mehreren
größeren Verſammlungen beſchäftigten. Es iſt nun
ſeitens derſelben beſchloſſen worden, bei denjenigen
Firmen, welche die bisherigen Preiſe nicht nach dem
1. Juli beibehalten, einſtweilen nicht mehr waſchen zu
laſſen. Ferner wurde die Einrichtung einer großen Ge-
noſſenſchaftswäſcherei in Ausſicht genommen.
Großer Streik in Budapeſt. Den Arbeitern
der großen Maſchinen-Etabliſſement der ungariſchen
Staatsbahnen in Budapeſt ſind ſeit 24. d. M. auch
die Conducteure und Wagenführer der Budapeſter
Straßenbahnen in den Streik gefolgt. Die Zugeſtänd-
niſſe, welche die Direction den Bedienſteten gemacht
hatte, genügte denſelben nicht. Am 23. d. M. erſchien
darum eine weitere Deputation beim Generaldirector
und verlangte Antwort auf die Frage: „Nimmt die
Direction die 12 Punkte des überreichten Memorandums
an? Ja oder nein?“ Der Generaldirector erklärte der
Deputation, daß einige Punkte des Memorandums
abſolut unannehmbar, weil ſie undurchführbar ſind.
Falls die Bedienſteten derart den Dienſt verlaſſen,
involvire das ein ſchweres Disciplinarvergehen.
Conducteure und Wagenführer, die ſich deſſen Ver-
gehens ſchuldig machen, könnten dann nie wieder als
Angeſtellte der Straßenbahn betrachtet werden. Der
Director erklärte zugleich der Deputation, man ſei bis
an die äußerſte Grenze der Nachgiebigkeit gegangen.
Auf dieſe ablehnende Antwort hin verſammelten ſich
die Conducteure und Wagenführer (Mitternacht) in
einem Gaſthauſe im Stadtwäldchen, um zu berathen.
Die Verſammlung dauerte bis gegen Morgen. Ober-
Ingenieur Steller ließ ein Circular unter die Con-
ducteure vertheilen, daß jeder Bedienſtete, der
Sonntag Morgens nicht rechtzeitig zum Dienſt erſcheint,
als ausgetreten betracht werde. Halb 4 Uhr Morgens
wurde eine neuerliche Abordnung zum Generaldirector
geſchickt, die ihm mittheilte, daß, wenn bis 5 Uhr Früh keine
befriedigende Antwort ertheilt wurde, der Streik be-
ginne und kein Mann den Dienſt antreten werde. Die
Antwort darauf blieb aus. Von den anweſenden Con-
ducteuren und Wagenführern, circa 800, erſchien keiner
im Dienſte. Der Streik brach aus. Doch trat eine
Partie Bedienſteter an ihre Plätze und der Verkehr
wurde auf allen Linien, wenn auch in reducirtem
Maße, aufrechterhalten. Denſelben verſahen circa 100
ältere Conducteure, welche ſich dem Streik nicht ange-
ſchloſſen hatten, dann ſämmtliche Controlore, die
Maſchiniſten und verſchiedene Schloſſer aus den Werk-
ſtätten und Endſtationen. Die Ordnung wurde An-
fangs nicht geſtört. Die Polizei, die auf den End-
ſtationen poſtirt iſt und längs der Strecke Wache
hielt, brachte nicht einzuſchreiten. Das Publicum nahm
Partei für die Direction, nachdem bekannt wurde, daß
dieſelbe große Zugeſtändniſſe gemacht hatte, und daß
die Streikenden in ihren 12 Punkten, aufgehetzt von
den Socialiſten, Demokraten, derartige Forderungen
aufgenommen hatten, die eine Lockerung der Disciplin
herbeiführen müßten. Dieſe habe die Direction unter
keiner Bedingung annehmen können. Am Nachmittag
wurden die Streikenden gewaltthätig. Sie hatten ſich
nach einem Ausflugsorte in der Nähe der Haupt-
ſtadt zurückgezogen. Auf dem Wege dahin be-
gegneten ſie einem eletriſchen Straßenbahnwagen,
der von einem Controleur geführt wurde. Dieſer
Wagen wurde mit Steinen beworfen, wobei einige
Scheiben zertrümmert wurden. Die Polizei ſchritt ein
und ſtellte die Ordnung wieder her. In Folge der
Ungeübtheit des Aushilfsperſonals wurden auf der elek-
triſchen Straßenbahn im Laufe des Tages 5 Perſonen
verletzt. In der Nacht zu heute Montag beſchloß eine
Verſammlung der Streikenden, da 1. kein genügender
Fonds zu längerem Verharren im Streik vorhanden
ſei, 2. der Verkehr der Straßenbahnwagen trotz des
Streiks faſt im vollen Umfang aufrecht erhalten werden
konnte, und 3. da für heute Montag Zuzug von Ar-
beitskräften wahrſcheinlichſt in Ausſicht ſteht, wolle
man den größten Theil der Forderung fallen laſſen.
So dürfte der Streik heute Montag völlig beigelegt
werden.
Zu Gunſten der Arbeiter haben die im
deutſchen Reiche eingeführten Verſicherungsgeſetze bereits
Großes gewirkt. Leider haben wir in Oeſterreich z. B.
die Alters- und Invaliditäts-Verſicherung noch gar
nicht. Eine Ueberſicht über die verſchiedenen in
Deutſchland geltenden Verſicherungs-Einrichtungen iſt
überaus lehrreich: Unter den 56 Millionen Einwohnern
des Deutſchen Reiches ſind 16 Millionen Lohnarbeiter
Von dieſen ſind jetzt 9 Millionen gegen Krankheit,
17 Millionen gegen Unfall, 13 Millionen gegen Inva-
lidität und die Noth des Alters verſichert. Nahezu
eine Million Mark wird durch die Zweige der Ver-
ſicherung an jedem Arbeitstag als Entſchädigung an
jährlich rund 4 Millionen Arbeiter ausbezahlt. Seit
ihrem Beſtehen hat die Arbeiterverſicherung bereits in 40
Millionen Fällen Entſchädigungen im Geſammtbetrage
von 2413 Millionen Mark gewährt. Von dieſer Summe
ſind 1164 Millionen Mark durch die Arbeiter, 1099
Millionen Mark durch die Unternehmer, 150 Millionen
Mark durch das Reich als ſolches aufgebracht worden.
Die Arbeiter haben eine Milliarde Mark mehr
empfangen, als ſie an Beiträgen zahlten. Eine Summe
von Noth und Elend konnte gelindert werden haupt-
ſächlich durch Kranken- und Sterbegelder, Familien-
unterſtützung, ärztliche Behandlung und Arznei, Ver-
pflegung in Krankenhäuſern und Heilanſtalten bei der
Krankenverſicherung, Rentenleiſtungen. Durch die
Sicherſtellung einer Fürſorge in Fällen der Krankheit,
Erwerbsunfähigkeit und des Todes erhält die wirth-
ſchaftliche Lage der Arbeiter eine namhafte Förderung,
die Hand in Hand ging mit einer Hebung der Lage
der unteren Volksſchichten überhaupt. Trotz der dem
Arbeiter durch die Verſicherung zu Theil gewordenen
Zuwendungen ſind auch die Löhne bedeutend
erhöht worden; beiſpielsweiſe ſtiegen die
anrechnungsfähigen Jahreslöhne bei den gewerblichen
Berufsgenoſſenſchaften von 1888 bis 1898 für den
Durchſchnitt der Verſicherten von 612 auf 735 M.
Viel iſt ferner durch die Arbeiterverſicherung in ge-
ſundheitlicher Beziehung zum Beſten der ar-
beitenden Bevölkerung geſchehen. Aerztliche Behand-
lung wird ihr in erhöhtem Maße zu Theil. Für eine
gründliche und beſſere Heilung Erkrankter und Ver-
letzter wird immer mehr gethan durch rationelle Pflege
in Krankenhäuſern, Geneſungsanſtalten und Volksheil-
ſtätten wie durch Einrichtungen der erſten Hilfeleiſtung
(Unfallſtationen, Rettungsweſen, Gemeindepflege-
ſtationen). Mit Erfolg hat die Verſicherung den
Kampf gegen die weitverbreiteten Volksſeuchen, be-
ſonders die Lungentuberculoſe aufge-
nommen; auf Grund derſelben iſt es jetzt möglich,
alljährlich mindeſtens 20.000 Heilbedürftige in Heil-
ſtätten, die in den ſchönſten Lagen des Reichs errichtet
ſind, koſtenfrei zu dreimonatlichen Behandlungs- und
Erziehungscurſen unterzubringen. Gemeinnützige Zwecke
verſchiedenſter Art finden durch die Verſicherung weit-
gehende Förderung. So waren durch die Invaliden-
verſicherungsanſtalten am Schluſſe des Jahres 1899
bereits 134 Millionen Mark für den Bau von Ar-
beiterwohnungen, Befriedigung des land-
wirthſchaftlichen Creditbedürfniſes und den
Bau von Kranken- und Geneſungshäuſern, Volksheil-
ſtätten u. ſ. w. zu einem niedrigen Zinsfuße ausge-
liehen worden.
Kirchliches.
— Die VIII. Wiener Männerfahrt nach
Mariazell findet unter Führung des hochw. Herrn
P. Abel am 21., 22. und 23. Juli (Samſtag, Sonn-
tag, Montag) ſtatt, und ſie dürfte die früheren an
Theilnehmerzahl noch übertreffen. Die Einleitungs-
Predigt wird Montag, den 16. Juli, Abends 8 Uhr,
von Herrn P. Abel wie üblich in der Hof- und Stadt-
pfarrkirche zu St. Auguſtin gehalten werden.
Für dieſe Männerfahrt ſind Fahr-
karten Wien—Kernhof und zurück III. Claſſe zu
fl. 3 und II. Claſſe zu fl. 5 zu haben bei den Herren:
J. Heindl, Kunſthandlung, 1. Bez., Stefansplatz 7;
H. Kirſch, Buchhandlung, 1. Bez., Singerſtraße 7;
Joſef Janauſchek u. Comp., 1. Bez., Singerſtraße 18;
Joſef Dubsky, Wäſcheputzerei, 3. Bez., Barichgaffe 23;
Joſef Janauſchek, 3. Bez., Großmarkthalle; ferner
in der Sacriſtei bei St. Auguſtin, 1. Bez., Auguſtiner-
ſtraße 7; Verlagsbuchhandlung „Auſtria“, Franz Doll,
1. Bez., Sonnenfelsgaſſe.
— Der Ottakringer Mariazeller Wallfahrts-
verein unternimmt Dienſtag, den 17. Juli d. J.
unter ausnahmsweiſer Begleitung ſeines Ehrenmitgliedes
des hochw. Herrn Pfarrers und Gemeinderathes Adam
Latſchka, ſowie des Vereinsprieſters hochw. Herrn
Pfarrers und fürſterzbiſchöflichen geiſtlichen Rathes
Johann Pax, eine Wallfahrt nach Mariazell. Der
Auszug der Proceſſion erfolgt von der alten Ottakringer
Pfarrkirche aus nach dem Ottakringer Bahnhofe, wo-
ſelbſt um ½6 Uhr Früh die Abfahrt mittels Separat-
zuges ſtattfindet. Die Rückkehr erfolgt am 21. Juli
circa 4 Uhr Nachmittags, der feierliche Einzug findet
in die neue Ottakringer Pfarrkirche „zur heiligen
Familie“ ſtatt. Näheres die Placate.
— Die Frohnleichnamsproceſſion in Kaiſer-
mühlen iſt geſtern auf’s glänzendſte ausgefallen, dank
dem Comité der Kaiſermühlner Bürgern mit Herrn
Adlwanſteiner an der Spitze. Einen beſonderen
Glanz erhielt das Feſt durch den Beſuch des Bürger-
meiſter Dr. Lueger. Schon in den früheſten
Morgenſtunden bewegten ſich maſſenhaft die Wiener
aus faſt allen Bezirken zu Fuß, zu Wagen und der
elektriſchen Bahn über die Reichsbrücke. Beim Ein-
gange in der Schüttauſtraße war eine prächtige
Triumphpforte errichtet, bei der das Comité, ſowie die
Gemeinde- und Bezirksräthe, der chriſtliche Wiener
Frauenbund, die Veteranenvereine und der Geſangver-
ein, ſowie ein zahlreiches Publicum den Bürgermeiſter
empfingen. Director Pohlmann der Wiener Eis-
werke hielt namens des Comités und Bezirkstheiles
eine Begrüßungsanſprache, betonend, daß das Feſt auch
in Zukunft nicht allein eine kirchliche chriſtkatholiſche
Feier, ſondern auch eine echt patriotiſche Feier werden möge,
an der Niemand theilnehmen ſolle, der nicht echt
wieneriſch und öſterreichiſch denke und fühle. Hierauf
überreichte Fräulein Ella Lukſch, die ſchöne Tochter
des Bezirksrathes Lukſch, dem Bürgermeiſter ein
prachtvolles Bouqet. Derſelbe dankte und verſprach,
ſtets des Bezirkstheiles eingedenk zu bleiben und den-
ſelben nach Kräften zu unterſtützen. Hierauf wurde der
Bürgermeiſter in die Kirche geleitet, an deren Pforte er
von der hochw. Geiſtlichkeit und dem Herz Jeſu-Kirchen-
bauverein empfangen wurde. Dort hatten ſich auch die
Herren Abg. Bielohlawek, Gemeinderath
Hütter, Beſau, Oppenberger, Laß-
mann und Dr. Porzer und Magiſtrats-
Secretär Dr. Heilinger eingefunden. Nach
der heiligen Meſſe ſetzte ſich der impoſante
Zug durch die herrlich geſchmückten Straßen in
Bewegung. Derſelbe war ſchier endlos und nahmen an
demſelben die Vereine chriſtlcher Arbeiter und Arbeite-
rinnen „Auſtria“ und Vindobona“, der
chriſtlich-ſociale Arbeiterbund, die katholiſchen Jünglings-
vereine, der Drei-Eichenverein, der St. Joſefsverein,
die Veteranenvereine Frhr. v. Heß mit Fahne und
Muſik, und Fürſt Schwarzenberg, der chriſtl. Wiener
Frauenbund mit Vicepräſidentin Frau Ruzizka an
der Spitze, Gruppen von weißgekleideten Mädchen
aus dem 2., 3., 9., 1., 4. und 20. Bezirke, der
chriſtliche Arbeiterverein Landſtraße, die ehrw. Schweſtern
von Stadlau mit ihrer Schule ꝛc. theil. Den Conduct
ſtellte eine Abtheilung des k. u. k. bosniſchen In-
fanterie-Regiments mit Muſik. Das Allerheiligſte
trug Prälat Dr. Horny, aſſiſtirt vom Domherrn
Grafen zur Lippe und zahlreicher Aſſiſtenz und ge-
leitet vom Kirchenbauvereine unter Führung des
Herrenhausmitgliedes Dr. Haßlwanter ſowie
von Studenten der katholiſchen Verbindung Kürn-
berg in voller Wichs. Hinter dem Allerheiligſten
kamen die vorerwähnten Functionäre mit dem Bürger-
meiſter, ferner noch die Bezirksräthe Lukſch,
Jung, Hofbauer, Ullrich ꝛc. ꝛc., der Ver-
ſchönerungsverein und Humanitätsverein Kaiſermühlen,
der M.-G.-V. Liederfreunde und die Freiwillige Feuer-
wehr von Stadlau.
Die Altäre, namentlich der vor dem Hauſe des
Fabrikanten Edlinger, waren prachtvoll geſchmückt.
Leider kam beim letzten Altare ein kleines Unwetter
daher, ſo daß die Proceſſion ſchnell in die Kirche
flüchten mußte, doch that dies der Feſtesſtimmung
keinen Abbruch und wurde der Bürgermeiſter im
Gaſthauſe unſeres braven Geſinnungsgenoſſen Haller,
wo er vor ſeiner Abfahrt einen kleinen Imbiß ein-
nahm, von den Herren Adlwanſteiner und
Dr. Haßlwanter ſowie Abg. Bielo-
hlawek in Toaſten gefeiert.
— Eine intereſſante Kloſtergründung. Am
2. Juli wird zu Eibingen bei Rüdesheim am
Rhein der Grundſtein gelegt zu einem neuen Frauen-
ſtifte des Benedictinerordens, welches der Beuroner
Congregation zugezählt und von dem jungen Prag-
Smichover Benedictiner-Frauenſtifte St. Gabriel
im Herbſt 1901 oder Sommer 1902 bevölkert werden
ſoll. Das neue Kloſter iſt eine Stiftung des Fürſten
Löwenſtein und wird nach den Plänen des
Benedictiners P. Ludgerus aus der Abtei Maria-Laach
ausgeführt. Die kirchliche Feier der Grundſteinlegung
nimmt der Biſchof von Limburg, Dominicus Willi
aus dem Ciſtercienſer-Orden, früher Abt von Marien-
ſtatt in Naſſau und Capitular von Mehrerau in Vor-
arlberg, unter Aſſiſtenz des Erzabtes der Beuroner
Benedictiner-Congregation und Abtes von Beuron
P. Placidus Wolter und des Abtes von Maria-Laach,
P. Wilibrord Benzler, vor. Das neue, der heiligen
Hildegardis geweiht Stift erhebt ſich etwa eine halbe
Stunde entfernt vom Niederwald-Denkmal in einer
Gegend, wo einſt der Benedictiner-Orden berühmte
Stätten ſeines Werkes beſaß. Die Mutterabtei
St. Gabriel in Prag zählt gegenwärtig 62 Religioſen,
unter ihnen befinden ſich Töchter der Familien Liechten-
ſtein, Schwarzenberg, Salm, Thun-Hohenſtein, Rech-
berg, Galen, Meraviglia und Andere. Aebtiſſin von
St. Gabriel iſt D. Adelgundis Berlinghoff.
— Der Wiener Mariazeller Proceſſionsverein
veranſtaltet unter Führung mehrerer geiſtlicher Herren am
30. Juni ſeine ſtatutenmäßige Wallfahrt nach dem Gnaden-
orte Mariazell in Steiermark. Dieſelbe nimmt fünf Tage in
Anſpruch. Der feierliche Auszug erfolgt von der Domkirche
zu St. Stefan aus nach einer ¾4 Uhr Früh celebrirten
hl. Meſſe. Eine Eiſenbahnkarte hiezu von Wien, Lilienfeld
und retour koſtet für Theilnehmer 2 fl. 30, für Vereins-
mitglieder 1 fl. 50 kr. Das neue Wallfahrtsbuch hiezu iſt
bei den Herren, welche die Eiſenbahnkarten verkaufen, um
1 K erhältlich.
Theater, Kunſt und Muſik.
— Hofburgtheater. Samſtag, den 30. d., findet die
letzte Vorſtellung in dieſer Saiſon ſtatt. Vom 1. Juli bis
einſchließlich 31. Auguſt bleibt das Theater geſchloſſen.
— Deutſches Volkstheater. Der morgige Dienſtag
bringt die erſte Wiederholung des Anzengruber’ſchen Volks-
ſtückes „Der Meineidbauer“ durch die Schlier-
ſeer.
— Jantſch-Theater. Heute Montag gelangt die zug-
kräftige Geſangs-Burleske „Die Pariſer Welt-
ausſtellung 1900“ zur 30. Aufführung. Im vierten
Bilde ſind folgende Einlagen: Polniſcher Nationaltanz,
Jockey-Tanz, Danse espagnola, Ungariſcher Nationaltanz,
Evolutionen, Grand Finale, ausgeführt vom Corps de
Ballet, den Eleven und dem geſammten Perſonal (ein-
ſtudirt vom Balletmeiſter Hans Rumpel, Solotänzer der
k. k. Hofoper).
— Männergeſangverein „Ottakringer Lieder-
tafel“. Donnerſtag, 5. Juli, findet im Etabliſſement Sta-
lehner, 17. Bez., Jörgerſtraße 26, die II. ſatzungsmäßige
Liedertafel unter Leitung des Vereinschormeiſters Herrn
Carl Lehner und unter Mitwirkung des Wiener
Symphonie-Orcheſters unter Leitung des
Herrn Directors Kaiſer ſtatt. Beginn 8 Uhr Abends.
— Eintrittskarten im Vorverkaufe 1 K an der Caſſa
1 K 20 h.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |