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Reichspost. Nr. 143, Wien, 26.06.1900.

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Wien, Dienstag Reichspost 26. Juni 1900 143

[Spaltenumbruch]

zu theuer! Entweder werden wir eine wirkliche
Großmacht, die man auch jenseits des Mittelmeeres
hört, oder wir schränken uns ein und befriedigen
uns mit der Rolle, die sich daraus ergiebt. Dahin
sind wir gekommen. Holzschuhe passen nicht zum
Zobelpelz.




Die Studenten vor!


Man schreibt uns: Zu Anfang September ver-
anstaltet die "Societa della gioventu cattolica",, der
Centralverband der italienischen Jugendvereine (Prä-
sident: Sacchentti, Obersthofmarschall des Papstes)
einen "Internationalen Pilgerzug
der katholischen Jugend"
nach der ewigen
Stadt. Für die Betheiligung Deutschlands, Oester-
reich-
Ungarns und der Schweiz sind vorläufig
Wien, München und Freiburg i. B. als Ausgangs-
punkte in Aussicht genommen. Dabei soll der Pilger-
zug die jungen Leute aller Stände umfassen.
Natürlich sind auch einzeln stehende, keinem Vereine
angehörende junge Leute, Gönner und Freunde der
Jugend (Lehrer u. s. w.) nicht ausgeschlossen.

Vor allem willkommen sind aber die katholischen
Studenten. Ihr Pilgerzug soll daher auch ein
in sich geschlossenes Ganze sein und hat sich nur
äußerlich
dem obengenannten allgemeinen Pilger-
zuge angegliedert, um sich die bedeutende Fahrpreis-
ermässigung (von 70 Percent bei 450 Personen) für
die italienischen Bahnen zu sichern. Dieser Pilgerzug,
dem entsprechende aus andern Ländern zur Seite gehen,
soll zugleich dem Besuch des "Internationalen
Congresses der katholischen Stu-
denten in Rom"
dienen. Vor uns liegt ein
Aufruf an die katholischen Studenten Deutschlands,
Oesterreich-Ungarns und der Schweiz, unterzeichnet
von einem römischen Comite, bestehend aus 2 Mit-
gliedern der italienischen katholischen Studenterver-
bindung, dem Vertreter der "Gioventu" und 5 Alten
Herren deutscher katholischer Studentencorporationen,
von denen 4 in Rom wohnen. Wir geben hier einen
kurzen Ueberblick über das Programm, wie es
sich für unsere deutschen Studenten gestalten wird:

1. Die Reise geht aus von den vorläufig
drei festgesetzten Centren Wien (Anschluß der Ungarn),
München und Freiburg i. B. (Auf diesem Wege An-
schluß der Schweizer.) Diese Beschränkung der Aus-
gangscentren ist geboten, um auf jede Linie min-
destens 450 Theilnehmer zu vereinigen und dadurch
in Italien die Ermäßigung von 70 Percent auf den
Fahrpreis zu erhalten. Was die nichtitalienischen
Bahnen betrifft, so läßt sich die letzte Fahrpreis-
ermäßigung erst noch Abschluß der Listen (1. August)
mittheilen.

Die Fahrt nach Rom ist gemeinsam und kann
nicht unterbrochen werden, dagegen kann Jeder die
Rückreise einzeln machen und sich dabei nach Be-
lieben auf den Zwischenstationen aufhalten. Das
Billet hat 45 Tage Giltigkeit.




doch nicht dagegen ankommt. Mögen die Kinder des
Lichts auch nicht so klug gewesen sein, als die Kinder
der Finsterniß in Bezug auf die Presse, gehandhabt
haben auch sie diese Wehr und Waffe, und wer
die gedruckte Literatur übersieht, die dem
Dienste der Wahrheit und der guten Sitte
geweiht ward im Laufe dieses halben Jahrtausends,
wird lachen über denjenigen, der es sich wie heute die
"N. Fr. Pr." herausnimmt, die Buchdruckerkunst für
den sogenannten modernen "Fortschritt" allein in Pacht
zu nehmen. Und wahrlich, schlecht steht der Stolz
diesem "Fortschritt" an; denn was hätte die moderne
Wissenschaft angefangen auch mit der "göttlichen Kunst"
des Buchdrucks, hätten nicht vor ihrer Erfindung
Mönche und Priester der Kirche die Wissenschaft ge-
pflegt, sie gepflegt ohne das mächtige Mittel der
Presse. Die moderne Wissenschaft steht nur auf den
Schultern der alten Wissenschaft, die in den von der
Mönche Hand beschriebenen Pergamentbänden ruht. Das
sollte diese so stolze "moderne" Wissenschaft stets bedenken.

Uns aber, die wir die Großmacht der Presse am
eigenen Leibe nur zu oft empfinden, müßte der gestrige
Tag ein Ansporn sein, der Presse, die sich in den
Dienst des Wahren und Guten stellt, der christlichen
Presse, endlich einmal die ihr ge-
bührende Werthschätzung
und Förde-
rung entgegenzubringen.
Wir stehen
im Zeichen des Fortschritts. Alles schreitet vor. Wenn
wir zurückbleiben und speciell auf dem Gebiete der
Presse, die heute Alles beherrscht, dann dürfen wir
uns nicht wundern, wenn man über uns zur Tages-
ordnung übergeht. Die Halbjahrtausendfeier Johannes
Gutenberg's und seiner Erfindung wird als ein
Jubelfest des Fortschrittes im schlechten Sinne in der
gegnerischen Presse gefeiert; möchte es uns zu einem
wirklichen Fortschritt Ansporn und An
laß sein!


[Spaltenumbruch]

Die Hinfahrt beginnt in Italien, respective
für den Freiburger Zug in Chiasso, für den
Münchener in Ala, für den Wiener in Pon-
tebba.
Sie geht unterschiedslos: Bologna,
Florenz, Rom.

Die Rückfahrt geht entweder Rom, Florenz,
Bologna, Grenze, wobei zwischen Rom und Florenz
Assisi besucht werden kann, und wird dann hier als
voyage Nr. 2 bezeichnet, oder Rom, Assisi, Loreto,
Ancona, Bologna, Grenze, wobei also auf Florenz
verzichtet werden muß, und heißt dann voyage
Nr. 5. Die Preise stellen sich für voyage Nr. 5
für die II. Classe 3.--, III. Classe 2.-- Lire höher
als für voyage Nr. 2.

Für voyage Nr. 2 betragen die Kosten: Gren 22,
Rom, Grenze
II. Cl. III. Cl.
von Chiasso (Freiburger Zug) 50.-- Lire 28.50 Lire
" Ala (Münchener Zug) 47.25 " 27.60 "
" Pontebba (Wiener Zug) 54.60 " 30.60 "

Wer mit der Romfahrt einen Besuch von Neapel
verbinden will, gibt von vornherein an statt Nr. 2:
Nr. 2 bis, statt Nr. 5: Nr. 5 bis, was eine un-
erhebliche Preiserhöhung bedeutet. Man kann aber
auch die Entscheidung aufschieben, da auch für einzelne
Personen in Rom ermäßigte Billete nach Neapel aus-
gegeben werden.

Da die Reise gemeinschaftlich mit dem Jugend-
pilgerzug vor sich geht, so ist für sie die Centralstelle
dieser Centren Dr. Schmöller (Passau) Clerical-
seminar.

2. Für Wohnung in Rom wird ebenfalls
gemeinschaftlich gesorgt. Wer sich mit Frei-
quartier
(150 Plätze für die Studenten aus
Deutschland, Oesterreich-Ungarn und der Schweiz
reservirt) begnügen will, wende sich sofort an den
"consiglio superiore Gioventu cattolica. Rom,
Piazza della Pietra
26." Für bezahltes Quar-
tier mit vollständiger Beköstigung inclusive Wein
gilt der Buchstabe A (A1 = 6--7, A2 = 8--10,
A
3 = 11 und mehr Lire), ohne Beköstigung B
(B 1 = Zimmer von 2--3, B 2 = Bett von 1.50 bis
2.-- Lire.) Die Sorge für Beschaffung der Wohnun-
gen ruht in den bewährten Händen der römischen
Comites für deutsche Pilger, unter der unermüdlichen
Leitung des Msgr. Pick.

3. Alles Uebrige ist selbstständig organisiert und
hat seine Centralstelle bei Dr. Mühlenbein
Professor in Brockscheid (Kr. Daun) Rheinprovinz.
Studenten können natürlich auch alles sonst zu Passau
gehörige hier erfahren und erhalten.

4. Die Anmeldung hat dementsprechend in
Passau oder in Brockscheid zu erfolgen.
Sie muß enthalten: Name, Vorname, Universität
(resp. Seminar) des letzten Semesters, genaue Adresse,
gewünschte Wohnung (z. B. A 2) oder Verzicht darauf
(z. B. im Falle man von Rom aus kein Quartier er-
halten hat) Reiseroute (z. B. Voyage Nr. 5 bis).

Beiliegen müssen 2 Mark = 2·50 Kronen =
2·50 Frcs. Dafür erhält man eine Pilger-
identitätskarte
(Recht auf Preisermäßigung,
Eintritt in die päpstlichen Museen und Gallerien,
Erinnerungsmedaille etc.) und ein rothes Special-
billet
(Theilnahme am Studentencongreß).

Die Listen werden in Passau wie in Brockscheid
am 1. August geschlossen.

5. Das Tagesprogramm für Rom ist derart, daß
den Studenten möglichst Freiheit gelassen ist.
Gemeinsam mit dem Jugend-Pilgerzug sind nur die
kirchlichen Acte (Kirchenbesuch Generalcommunion,
Audienz). Das Uebrige ist facultativ. Eine ganze
Reihe von Veranstaltungen sodann ist selbstständig
und ausschließlich für die Studenten. Im Einzelnen ist
das Programm folgendes:

3. September. Ankunft in Rom. Abends:
Vorbesprechung der Theilnehmer des Studentencon-
gresses. Wahl der Delegationen.

4. September. Vormittags: Erster Besuch
von S. Peter, Lateran, S. Maria Magg. Nach-
mittags:
Erster und zweiter Besuch von S. Paul.

5. September. Vormittags: Zweiter Besuch
von S. Peter, Lateran, S. Maria Magg. Nach-
mittags:
Eröffnungsversammlung des Studenten-
congresses, Constituirung des Congresses und seiner
Sectionen. Abends: Gemüthliche Vereinigung der
deutschen Studenten.

6. September. Vormittags: Audienz beim
Heiligen Vater. (Besondere Plätze für die Studenten.)
Nachmittags: Sectionssitzungen. Abends:
Commers der deutschen Studenten.

7. September. Vormittags: Sections-
sitzungen. Gleichzeitig Gelegenheit zu einem archäologi-
schen Spaziergang. Nachmittags: Zweite öffent-
liche und Schlußversammlung des Congresses.

8. September. (Fest Mariä Geburt.) Heilige Messe
und Generalcommunion (zur Gewinnung des Jubi-
läumsablasses) in der Kirche S. Ignazio am Altar
des heil. Aloisius, Ignatius v. Loyola, Catharina
von Siena.

9. September. Ausflug der katholischen Jugend
nach Viterbo (für die Studenten facultativ). Für die
in Rom Zürückbleibenden Abends Schlußcommers.

In der folgenden Woche eventuell Ausflug der
Studenten nach Neapel, falls sich eine beträchtliche Zahl
von Theilnehmern findet.

6 Bezüglich alles Weiteren, zumal den Congreß
Betreffenden, verweisen wir einerseits auf das voll-
ständige Programm und den nachfolgenden Aufruf'
[Spaltenumbruch] andererseits an den Secretär Hochwürden Herrn
Dr. Mühlenbein.

Wir schließen mit dem ehrlichen Wunsche, bei der
Demonstration der katholischen Jugend in Rom möge
Oesterreich würdig vertreten sein. Zumal die Stu-
denten vor!




Politische Rundschau.
Oesterreich-Ungarn.


Kein allgemeiner deutscher Volkstag in
Böhmen.

Die deutschfortschrittliche Partei hat
der vordringlichen Schönerer-Wolf-Gesellschaft nun
in aller Form durch die Prager "Boh." verkün-
digen lassen, daß sie mit dem nationalradikalen
"Volkstag"-Arrangement nichts zu thun haben
wolle. Diese Abfuhr macht das genannte Blatt
also bekannt: "Nach an maßgebender Stelle ein-
geholten Erkundigungen besteht dermalen
seitens der Deutschen Fortschrittspartei in Böhmen
keinerlei Beschluß, einen allgemeinen Volks-
tag zur Erörterung der schwebenden innerpoliti-
schen Fragen einzuberufen oder an einen solchen
theilzunehmen."

"Etappenmäßig" zum Nationalstaat.

Führende czechische Kreise erhoben bekanntlich, und
zwar auch im böhmischen Landtage, Beschwerde
darüber, daß Zuschriften der k. k. Statthalterei in
Prag als Impressum oder auf Stempeln die Auf-
schrift: "für Böhmen" und nicht "für das König-
reich Böhmen" tragen. Auf das hin hat man sich
beeilt, den czechischen Wünschen nachzugeben und
neue Stempel mit den begehrten Aufschriften wenig-
stens für die czechischen Landesgebiete herstellen
zu lassen, während für Deutschböhmen's die Amts-
siegel etc. die Aufschrift "k. k. Statthalterei für
Böhmen" noch bleibt. Es ist ähnlich wie in Ungarn.
Ist dann eine Forderung bewilligt, werden eilig ein
halbdutzend neue nachgeschoben. Das ist der soge-
nannte "etappenmäßige" Gang.

Jaworski und der Polenclub.

Der
"Slowopolskie" meldet, daß die Majorität des
Polenclubs im Gegensatze zu Jaworski, um den Schein
der slavischen Solidarität aufrechtzuhalten, weiter mit
den Jungczechen zusammengehen will. Das Fiasko, das
die Majorität durch die Spektakel-Obstruction erlebte,
hat die Stanczyken noch immer nicht eines Besseren be-
lehrt. Dafür rächten sie sich nun an Jaworski, dem sie
nicht gestatteten, seine im Polenclub gehaltene Rede, in
der er seine Stellung gegen die czechische Obflruction
motivirte, zu veröffentlichen. Man declarirte seine Rede
einfach als Clubgeheimniß und fügte bei: Wenn er
das Bedürfniß habe, darüber sich öffentlich auszu-
sprechen, so möge er seine Wähler nach Zloczow einbe-
rufen und vor diesen sprechen. Der in solcher Art ge-
maßregelte Obmann des Polenclubs und entschlafenen
Majoritätsverbandes hat darum einem Vertreter des
"Pester Lloyd" gegenüber seine Auffassung mitgetheilt,
durch den sie in die Oeffentlichkeit gelangte.

Sauctionirtes Landesgesetz.

Wie die "Wiener
Zeitung" mittheilt, hat der Kaiser dem vom nieder-
österreichischen Landtag beschlossenen Entwurfe eines
Gesetzes, womit die Anwendung des Landesgesetzes vom
30. December 1882 auf die niederösterreichische Landes-
Brandschaden-Versicherungs-Anstalt geregelt wird, die
Sanction ertheilt.

Frictionen in der ungarischen Re-
gierungspartei.

Die Rede des Abg. Stefan
Tisza in Großwardein hat die Führer der ge-
wesenen Nationalpartei, die Abgeordneten Apponyi
und Horansky, bekanntlich tief verstimmt. Sie
sahen darin Versuche der Tisza-Gesellschaft, sich
mit einem förmlichen Programm wiederum an die
Spitze der Regierungs-Partei zu bringen, und
verständlich dem "Mohr" der conservativen "Na-
tionalpartei", der seine Schuldigkeit im Steig-
bügelhalten zu Gunsten der Szell'schen Aspi-
rationen gethan, jetzt die Thür zu weisen. Ge-
reiztes Preßgeplänkel und namentlich Erklärungen
der zunächst Getroffenen verschärften die Gegen-
sätze, so daß sich daraus ein bedenkliches Partei-
Chaos zu entwickeln drohte. Auf das hin mag
die Tisza-Clique scharfe Winke zum Einschwenken
erhalten haben, und so entschuldigt sich jetzt
Stefan Tisza, der zu früh losgeschossen hat, im
"Magyar Nemzet" mittelst einer glatten Erklärung,
in der es u. A. heißt:

"Meine Freunde Apponyi und Ferdinand
Horanszky geben bekannt, daß sie sich nicht dem Pro-
gramm der liberalen Partei, sondern jenem
angeschlossen haben, welches Ministerpräsident Kolomann
v. Szell bei seinem Amtsanntritte entwickelt hat.
Von diesem Programm habe ich erklärt, daß es in
allen großen, principiellen Fragen identisch ist
mit dem Programm der liberalen Partei, was auch
nicht anders sein konnte, weil sonst die neue Regierung
sich nicht die ungetheilte Unterstützung der liberalen

Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. Juni 1900 143

[Spaltenumbruch]

zu theuer! Entweder werden wir eine wirkliche
Großmacht, die man auch jenſeits des Mittelmeeres
hört, oder wir ſchränken uns ein und befriedigen
uns mit der Rolle, die ſich daraus ergiebt. Dahin
ſind wir gekommen. Holzſchuhe paſſen nicht zum
Zobelpelz.




Die Studenten vor!


Man ſchreibt uns: Zu Anfang September ver-
anſtaltet die »Società della gioventu cattolica«,, der
Centralverband der italieniſchen Jugendvereine (Prä-
ſident: Sacchentti, Oberſthofmarſchall des Papſtes)
einen „Internationalen Pilgerzug
der katholiſchen Jugend“
nach der ewigen
Stadt. Für die Betheiligung Deutſchlands, Oeſter-
reich-
Ungarns und der Schweiz ſind vorläufig
Wien, München und Freiburg i. B. als Ausgangs-
punkte in Ausſicht genommen. Dabei ſoll der Pilger-
zug die jungen Leute aller Stände umfaſſen.
Natürlich ſind auch einzeln ſtehende, keinem Vereine
angehörende junge Leute, Gönner und Freunde der
Jugend (Lehrer u. ſ. w.) nicht ausgeſchloſſen.

Vor allem willkommen ſind aber die katholiſchen
Studenten. Ihr Pilgerzug ſoll daher auch ein
in ſich geſchloſſenes Ganze ſein und hat ſich nur
äußerlich
dem obengenannten allgemeinen Pilger-
zuge angegliedert, um ſich die bedeutende Fahrpreis-
ermäſſigung (von 70 Percent bei 450 Perſonen) für
die italieniſchen Bahnen zu ſichern. Dieſer Pilgerzug,
dem entſprechende aus andern Ländern zur Seite gehen,
ſoll zugleich dem Beſuch des „Internationalen
Congreſſes der katholiſchen Stu-
denten in Rom“
dienen. Vor uns liegt ein
Aufruf an die katholiſchen Studenten Deutſchlands,
Oeſterreich-Ungarns und der Schweiz, unterzeichnet
von einem römiſchen Comité, beſtehend aus 2 Mit-
gliedern der italieniſchen katholiſchen Studenterver-
bindung, dem Vertreter der „Gioventu“ und 5 Alten
Herren deutſcher katholiſcher Studentencorporationen,
von denen 4 in Rom wohnen. Wir geben hier einen
kurzen Ueberblick über das Programm, wie es
ſich für unſere deutſchen Studenten geſtalten wird:

1. Die Reiſe geht aus von den vorläufig
drei feſtgeſetzten Centren Wien (Anſchluß der Ungarn),
München und Freiburg i. B. (Auf dieſem Wege An-
ſchluß der Schweizer.) Dieſe Beſchränkung der Aus-
gangscentren iſt geboten, um auf jede Linie min-
deſtens 450 Theilnehmer zu vereinigen und dadurch
in Italien die Ermäßigung von 70 Percent auf den
Fahrpreis zu erhalten. Was die nichtitalieniſchen
Bahnen betrifft, ſo läßt ſich die letzte Fahrpreis-
ermäßigung erſt noch Abſchluß der Liſten (1. Auguſt)
mittheilen.

Die Fahrt nach Rom iſt gemeinſam und kann
nicht unterbrochen werden, dagegen kann Jeder die
Rückreiſe einzeln machen und ſich dabei nach Be-
lieben auf den Zwiſchenſtationen aufhalten. Das
Billet hat 45 Tage Giltigkeit.




doch nicht dagegen ankommt. Mögen die Kinder des
Lichts auch nicht ſo klug geweſen ſein, als die Kinder
der Finſterniß in Bezug auf die Preſſe, gehandhabt
haben auch ſie dieſe Wehr und Waffe, und wer
die gedruckte Literatur überſieht, die dem
Dienſte der Wahrheit und der guten Sitte
geweiht ward im Laufe dieſes halben Jahrtauſends,
wird lachen über denjenigen, der es ſich wie heute die
„N. Fr. Pr.“ herausnimmt, die Buchdruckerkunſt für
den ſogenannten modernen „Fortſchritt“ allein in Pacht
zu nehmen. Und wahrlich, ſchlecht ſteht der Stolz
dieſem „Fortſchritt“ an; denn was hätte die moderne
Wiſſenſchaft angefangen auch mit der „göttlichen Kunſt“
des Buchdrucks, hätten nicht vor ihrer Erfindung
Mönche und Prieſter der Kirche die Wiſſenſchaft ge-
pflegt, ſie gepflegt ohne das mächtige Mittel der
Preſſe. Die moderne Wiſſenſchaft ſteht nur auf den
Schultern der alten Wiſſenſchaft, die in den von der
Mönche Hand beſchriebenen Pergamentbänden ruht. Das
ſollte dieſe ſo ſtolze „moderne“ Wiſſenſchaft ſtets bedenken.

Uns aber, die wir die Großmacht der Preſſe am
eigenen Leibe nur zu oft empfinden, müßte der geſtrige
Tag ein Anſporn ſein, der Preſſe, die ſich in den
Dienſt des Wahren und Guten ſtellt, der chriſtlichen
Preſſe, endlich einmal die ihr ge-
bührende Werthſchätzung
und Förde-
rung entgegenzubringen.
Wir ſtehen
im Zeichen des Fortſchritts. Alles ſchreitet vor. Wenn
wir zurückbleiben und ſpeciell auf dem Gebiete der
Preſſe, die heute Alles beherrſcht, dann dürfen wir
uns nicht wundern, wenn man über uns zur Tages-
ordnung übergeht. Die Halbjahrtauſendfeier Johannes
Gutenberg’s und ſeiner Erfindung wird als ein
Jubelfeſt des Fortſchrittes im ſchlechten Sinne in der
gegneriſchen Preſſe gefeiert; möchte es uns zu einem
wirklichen Fortſchritt Anſporn und An
laß ſein!


[Spaltenumbruch]

Die Hinfahrt beginnt in Italien, reſpective
für den Freiburger Zug in Chiaſſo, für den
Münchener in Ala, für den Wiener in Pon-
tebba.
Sie geht unterſchiedslos: Bologna,
Florenz, Rom.

Die Rückfahrt geht entweder Rom, Florenz,
Bologna, Grenze, wobei zwiſchen Rom und Florenz
Aſſiſi beſucht werden kann, und wird dann hier als
voyage Nr. 2 bezeichnet, oder Rom, Aſſiſi, Loreto,
Ancona, Bologna, Grenze, wobei alſo auf Florenz
verzichtet werden muß, und heißt dann voyage
Nr. 5. Die Preiſe ſtellen ſich für voyage Nr. 5
für die II. Claſſe 3.—, III. Claſſe 2.— Lire höher
als für voyage Nr. 2.

Für voyage Nr. 2 betragen die Koſten: Gren 22,
Rom, Grenze
II. Cl. III. Cl.
von Chiaſſo (Freiburger Zug) 50.— Lire 28.50 Lire
„ Ala (Münchener Zug) 47.25 „ 27.60 „
„ Pontebba (Wiener Zug) 54.60 „ 30.60 „

Wer mit der Romfahrt einen Beſuch von Neapel
verbinden will, gibt von vornherein an ſtatt Nr. 2:
Nr. 2 bis, ſtatt Nr. 5: Nr. 5 bis, was eine un-
erhebliche Preiserhöhung bedeutet. Man kann aber
auch die Entſcheidung aufſchieben, da auch für einzelne
Perſonen in Rom ermäßigte Billete nach Neapel aus-
gegeben werden.

Da die Reiſe gemeinſchaftlich mit dem Jugend-
pilgerzug vor ſich geht, ſo iſt für ſie die Centralſtelle
dieſer Centren Dr. Schmöller (Paſſau) Clerical-
ſeminar.

2. Für Wohnung in Rom wird ebenfalls
gemeinſchaftlich geſorgt. Wer ſich mit Frei-
quartier
(150 Plätze für die Studenten aus
Deutſchland, Oeſterreich-Ungarn und der Schweiz
reſervirt) begnügen will, wende ſich ſofort an den
consiglio superiore Gioventu cattolica. Rom,
Piazza della Pietra
26.“ Für bezahltes Quar-
tier mit vollſtändiger Beköſtigung incluſive Wein
gilt der Buchſtabe A (A1 = 6—7, A2 = 8—10,
A
3 = 11 und mehr Lire), ohne Beköſtigung B
(B 1 = Zimmer von 2—3, B 2 = Bett von 1.50 bis
2.— Lire.) Die Sorge für Beſchaffung der Wohnun-
gen ruht in den bewährten Händen der römiſchen
Comités für deutſche Pilger, unter der unermüdlichen
Leitung des Mſgr. Pick.

3. Alles Uebrige iſt ſelbſtſtändig organiſiert und
hat ſeine Centralſtelle bei Dr. Mühlenbein
Profeſſor in Brockſcheid (Kr. Daun) Rheinprovinz.
Studenten können natürlich auch alles ſonſt zu Paſſau
gehörige hier erfahren und erhalten.

4. Die Anmeldung hat dementſprechend in
Paſſau oder in Brockſcheid zu erfolgen.
Sie muß enthalten: Name, Vorname, Univerſität
(reſp. Seminar) des letzten Semeſters, genaue Adreſſe,
gewünſchte Wohnung (z. B. A 2) oder Verzicht darauf
(z. B. im Falle man von Rom aus kein Quartier er-
halten hat) Reiſeroute (z. B. Voyage Nr. 5 bis).

Beiliegen müſſen 2 Mark = 2·50 Kronen =
2·50 Frcs. Dafür erhält man eine Pilger-
identitätskarte
(Recht auf Preisermäßigung,
Eintritt in die päpſtlichen Muſeen und Gallerien,
Erinnerungsmedaille ꝛc.) und ein rothes Special-
billet
(Theilnahme am Studentencongreß).

Die Liſten werden in Paſſau wie in Brockſcheid
am 1. Auguſt geſchloſſen.

5. Das Tagesprogramm für Rom iſt derart, daß
den Studenten möglichſt Freiheit gelaſſen iſt.
Gemeinſam mit dem Jugend-Pilgerzug ſind nur die
kirchlichen Acte (Kirchenbeſuch Generalcommunion,
Audienz). Das Uebrige iſt facultativ. Eine ganze
Reihe von Veranſtaltungen ſodann iſt ſelbſtſtändig
und ausſchließlich für die Studenten. Im Einzelnen iſt
das Programm folgendes:

3. September. Ankunft in Rom. Abends:
Vorbeſprechung der Theilnehmer des Studentencon-
greſſes. Wahl der Delegationen.

4. September. Vormittags: Erſter Beſuch
von S. Peter, Lateran, S. Maria Magg. Nach-
mittags:
Erſter und zweiter Beſuch von S. Paul.

5. September. Vormittags: Zweiter Beſuch
von S. Peter, Lateran, S. Maria Magg. Nach-
mittags:
Eröffnungsverſammlung des Studenten-
congreſſes, Conſtituirung des Congreſſes und ſeiner
Sectionen. Abends: Gemüthliche Vereinigung der
deutſchen Studenten.

6. September. Vormittags: Audienz beim
Heiligen Vater. (Beſondere Plätze für die Studenten.)
Nachmittags: Sectionsſitzungen. Abends:
Commers der deutſchen Studenten.

7. September. Vormittags: Sections-
ſitzungen. Gleichzeitig Gelegenheit zu einem archäologi-
ſchen Spaziergang. Nachmittags: Zweite öffent-
liche und Schlußverſammlung des Congreſſes.

8. September. (Feſt Mariä Geburt.) Heilige Meſſe
und Generalcommunion (zur Gewinnung des Jubi-
läumsablaſſes) in der Kirche S. Ignazio am Altar
des heil. Aloiſius, Ignatius v. Loyola, Catharina
von Siena.

9. September. Ausflug der katholiſchen Jugend
nach Viterbo (für die Studenten facultativ). Für die
in Rom Zürückbleibenden Abends Schlußcommers.

In der folgenden Woche eventuell Ausflug der
Studenten nach Neapel, falls ſich eine beträchtliche Zahl
von Theilnehmern findet.

6 Bezüglich alles Weiteren, zumal den Congreß
Betreffenden, verweiſen wir einerſeits auf das voll-
ſtändige Programm und den nachfolgenden Aufruf’
[Spaltenumbruch] andererſeits an den Secretär Hochwürden Herrn
Dr. Mühlenbein.

Wir ſchließen mit dem ehrlichen Wunſche, bei der
Demonſtration der katholiſchen Jugend in Rom möge
Oeſterreich würdig vertreten ſein. Zumal die Stu-
denten vor!




Politiſche Rundſchau.
Oeſterreich-Ungarn.


Kein allgemeiner deutſcher Volkstag in
Böhmen.

Die deutſchfortſchrittliche Partei hat
der vordringlichen Schönerer-Wolf-Geſellſchaft nun
in aller Form durch die Prager „Boh.“ verkün-
digen laſſen, daß ſie mit dem nationalradikalen
„Volkstag“-Arrangement nichts zu thun haben
wolle. Dieſe Abfuhr macht das genannte Blatt
alſo bekannt: „Nach an maßgebender Stelle ein-
geholten Erkundigungen beſteht dermalen
ſeitens der Deutſchen Fortſchrittspartei in Böhmen
keinerlei Beſchluß, einen allgemeinen Volks-
tag zur Erörterung der ſchwebenden innerpoliti-
ſchen Fragen einzuberufen oder an einen ſolchen
theilzunehmen.“

„Etappenmäßig“ zum Nationalſtaat.

Führende czechiſche Kreiſe erhoben bekanntlich, und
zwar auch im böhmiſchen Landtage, Beſchwerde
darüber, daß Zuſchriften der k. k. Statthalterei in
Prag als Impreſſum oder auf Stempeln die Auf-
ſchrift: „für Böhmen“ und nicht „für das König-
reich Böhmen“ tragen. Auf das hin hat man ſich
beeilt, den czechiſchen Wünſchen nachzugeben und
neue Stempel mit den begehrten Aufſchriften wenig-
ſtens für die czechiſchen Landesgebiete herſtellen
zu laſſen, während für Deutſchböhmen’s die Amts-
ſiegel ꝛc. die Aufſchrift „k. k. Statthalterei für
Böhmen“ noch bleibt. Es iſt ähnlich wie in Ungarn.
Iſt dann eine Forderung bewilligt, werden eilig ein
halbdutzend neue nachgeſchoben. Das iſt der ſoge-
nannte „etappenmäßige“ Gang.

Jaworski und der Polenclub.

Der
„Slowopolskie“ meldet, daß die Majorität des
Polenclubs im Gegenſatze zu Jaworski, um den Schein
der ſlaviſchen Solidarität aufrechtzuhalten, weiter mit
den Jungczechen zuſammengehen will. Das Fiasko, das
die Majorität durch die Spektakel-Obſtruction erlebte,
hat die Stanczyken noch immer nicht eines Beſſeren be-
lehrt. Dafür rächten ſie ſich nun an Jaworski, dem ſie
nicht geſtatteten, ſeine im Polenclub gehaltene Rede, in
der er ſeine Stellung gegen die czechiſche Obflruction
motivirte, zu veröffentlichen. Man declarirte ſeine Rede
einfach als Clubgeheimniß und fügte bei: Wenn er
das Bedürfniß habe, darüber ſich öffentlich auszu-
ſprechen, ſo möge er ſeine Wähler nach Zloczow einbe-
rufen und vor dieſen ſprechen. Der in ſolcher Art ge-
maßregelte Obmann des Polenclubs und entſchlafenen
Majoritätsverbandes hat darum einem Vertreter des
„Peſter Lloyd“ gegenüber ſeine Auffaſſung mitgetheilt,
durch den ſie in die Oeffentlichkeit gelangte.

Sauctionirtes Landesgeſetz.

Wie die „Wiener
Zeitung“ mittheilt, hat der Kaiſer dem vom nieder-
öſterreichiſchen Landtag beſchloſſenen Entwurfe eines
Geſetzes, womit die Anwendung des Landesgeſetzes vom
30. December 1882 auf die niederöſterreichiſche Landes-
Brandſchaden-Verſicherungs-Anſtalt geregelt wird, die
Sanction ertheilt.

Frictionen in der ungariſchen Re-
gierungspartei.

Die Rede des Abg. Stefan
Tisza in Großwardein hat die Führer der ge-
weſenen Nationalpartei, die Abgeordneten Apponyi
und Horansky, bekanntlich tief verſtimmt. Sie
ſahen darin Verſuche der Tisza-Geſellſchaft, ſich
mit einem förmlichen Programm wiederum an die
Spitze der Regierungs-Partei zu bringen, und
verſtändlich dem „Mohr“ der conſervativen „Na-
tionalpartei“, der ſeine Schuldigkeit im Steig-
bügelhalten zu Gunſten der Szell’ſchen Aſpi-
rationen gethan, jetzt die Thür zu weiſen. Ge-
reiztes Preßgeplänkel und namentlich Erklärungen
der zunächſt Getroffenen verſchärften die Gegen-
ſätze, ſo daß ſich daraus ein bedenkliches Partei-
Chaos zu entwickeln drohte. Auf das hin mag
die Tisza-Clique ſcharfe Winke zum Einſchwenken
erhalten haben, und ſo entſchuldigt ſich jetzt
Stefan Tisza, der zu früh losgeſchoſſen hat, im
„Magyar Nemzet“ mittelſt einer glatten Erklärung,
in der es u. A. heißt:

„Meine Freunde Apponyi und Ferdinand
Horanszky geben bekannt, daß ſie ſich nicht dem Pro-
gramm der liberalen Partei, ſondern jenem
angeſchloſſen haben, welches Miniſterpräſident Kolomann
v. Szell bei ſeinem Amtsanntritte entwickelt hat.
Von dieſem Programm habe ich erklärt, daß es in
allen großen, principiellen Fragen identiſch iſt
mit dem Programm der liberalen Partei, was auch
nicht anders ſein konnte, weil ſonſt die neue Regierung
ſich nicht die ungetheilte Unterſtützung der liberalen

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[2/0002] Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. Juni 1900 143 zu theuer! Entweder werden wir eine wirkliche Großmacht, die man auch jenſeits des Mittelmeeres hört, oder wir ſchränken uns ein und befriedigen uns mit der Rolle, die ſich daraus ergiebt. Dahin ſind wir gekommen. Holzſchuhe paſſen nicht zum Zobelpelz. Die Studenten vor! Rom, 22. Juni. Man ſchreibt uns: Zu Anfang September ver- anſtaltet die »Società della gioventu cattolica«,, der Centralverband der italieniſchen Jugendvereine (Prä- ſident: Sacchentti, Oberſthofmarſchall des Papſtes) einen „Internationalen Pilgerzug der katholiſchen Jugend“ nach der ewigen Stadt. Für die Betheiligung Deutſchlands, Oeſter- reich-Ungarns und der Schweiz ſind vorläufig Wien, München und Freiburg i. B. als Ausgangs- punkte in Ausſicht genommen. Dabei ſoll der Pilger- zug die jungen Leute aller Stände umfaſſen. Natürlich ſind auch einzeln ſtehende, keinem Vereine angehörende junge Leute, Gönner und Freunde der Jugend (Lehrer u. ſ. w.) nicht ausgeſchloſſen. Vor allem willkommen ſind aber die katholiſchen Studenten. Ihr Pilgerzug ſoll daher auch ein in ſich geſchloſſenes Ganze ſein und hat ſich nur äußerlich dem obengenannten allgemeinen Pilger- zuge angegliedert, um ſich die bedeutende Fahrpreis- ermäſſigung (von 70 Percent bei 450 Perſonen) für die italieniſchen Bahnen zu ſichern. Dieſer Pilgerzug, dem entſprechende aus andern Ländern zur Seite gehen, ſoll zugleich dem Beſuch des „Internationalen Congreſſes der katholiſchen Stu- denten in Rom“ dienen. Vor uns liegt ein Aufruf an die katholiſchen Studenten Deutſchlands, Oeſterreich-Ungarns und der Schweiz, unterzeichnet von einem römiſchen Comité, beſtehend aus 2 Mit- gliedern der italieniſchen katholiſchen Studenterver- bindung, dem Vertreter der „Gioventu“ und 5 Alten Herren deutſcher katholiſcher Studentencorporationen, von denen 4 in Rom wohnen. Wir geben hier einen kurzen Ueberblick über das Programm, wie es ſich für unſere deutſchen Studenten geſtalten wird: 1. Die Reiſe geht aus von den vorläufig drei feſtgeſetzten Centren Wien (Anſchluß der Ungarn), München und Freiburg i. B. (Auf dieſem Wege An- ſchluß der Schweizer.) Dieſe Beſchränkung der Aus- gangscentren iſt geboten, um auf jede Linie min- deſtens 450 Theilnehmer zu vereinigen und dadurch in Italien die Ermäßigung von 70 Percent auf den Fahrpreis zu erhalten. Was die nichtitalieniſchen Bahnen betrifft, ſo läßt ſich die letzte Fahrpreis- ermäßigung erſt noch Abſchluß der Liſten (1. Auguſt) mittheilen. Die Fahrt nach Rom iſt gemeinſam und kann nicht unterbrochen werden, dagegen kann Jeder die Rückreiſe einzeln machen und ſich dabei nach Be- lieben auf den Zwiſchenſtationen aufhalten. Das Billet hat 45 Tage Giltigkeit. doch nicht dagegen ankommt. Mögen die Kinder des Lichts auch nicht ſo klug geweſen ſein, als die Kinder der Finſterniß in Bezug auf die Preſſe, gehandhabt haben auch ſie dieſe Wehr und Waffe, und wer die gedruckte Literatur überſieht, die dem Dienſte der Wahrheit und der guten Sitte geweiht ward im Laufe dieſes halben Jahrtauſends, wird lachen über denjenigen, der es ſich wie heute die „N. Fr. Pr.“ herausnimmt, die Buchdruckerkunſt für den ſogenannten modernen „Fortſchritt“ allein in Pacht zu nehmen. Und wahrlich, ſchlecht ſteht der Stolz dieſem „Fortſchritt“ an; denn was hätte die moderne Wiſſenſchaft angefangen auch mit der „göttlichen Kunſt“ des Buchdrucks, hätten nicht vor ihrer Erfindung Mönche und Prieſter der Kirche die Wiſſenſchaft ge- pflegt, ſie gepflegt ohne das mächtige Mittel der Preſſe. Die moderne Wiſſenſchaft ſteht nur auf den Schultern der alten Wiſſenſchaft, die in den von der Mönche Hand beſchriebenen Pergamentbänden ruht. Das ſollte dieſe ſo ſtolze „moderne“ Wiſſenſchaft ſtets bedenken. Uns aber, die wir die Großmacht der Preſſe am eigenen Leibe nur zu oft empfinden, müßte der geſtrige Tag ein Anſporn ſein, der Preſſe, die ſich in den Dienſt des Wahren und Guten ſtellt, der chriſtlichen Preſſe, endlich einmal die ihr ge- bührende Werthſchätzung und Förde- rung entgegenzubringen. Wir ſtehen im Zeichen des Fortſchritts. Alles ſchreitet vor. Wenn wir zurückbleiben und ſpeciell auf dem Gebiete der Preſſe, die heute Alles beherrſcht, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn man über uns zur Tages- ordnung übergeht. Die Halbjahrtauſendfeier Johannes Gutenberg’s und ſeiner Erfindung wird als ein Jubelfeſt des Fortſchrittes im ſchlechten Sinne in der gegneriſchen Preſſe gefeiert; möchte es uns zu einem wirklichen Fortſchritt Anſporn und An laß ſein! Die Hinfahrt beginnt in Italien, reſpective für den Freiburger Zug in Chiaſſo, für den Münchener in Ala, für den Wiener in Pon- tebba. Sie geht unterſchiedslos: Bologna, Florenz, Rom. Die Rückfahrt geht entweder Rom, Florenz, Bologna, Grenze, wobei zwiſchen Rom und Florenz Aſſiſi beſucht werden kann, und wird dann hier als voyage Nr. 2 bezeichnet, oder Rom, Aſſiſi, Loreto, Ancona, Bologna, Grenze, wobei alſo auf Florenz verzichtet werden muß, und heißt dann voyage Nr. 5. Die Preiſe ſtellen ſich für voyage Nr. 5 für die II. Claſſe 3.—, III. Claſſe 2.— Lire höher als für voyage Nr. 2. Für voyage Nr. 2 betragen die Koſten: Gren 22, Rom, Grenze II. Cl. III. Cl. von Chiaſſo (Freiburger Zug) 50.— Lire 28.50 Lire „ Ala (Münchener Zug) 47.25 „ 27.60 „ „ Pontebba (Wiener Zug) 54.60 „ 30.60 „ Wer mit der Romfahrt einen Beſuch von Neapel verbinden will, gibt von vornherein an ſtatt Nr. 2: Nr. 2 bis, ſtatt Nr. 5: Nr. 5 bis, was eine un- erhebliche Preiserhöhung bedeutet. Man kann aber auch die Entſcheidung aufſchieben, da auch für einzelne Perſonen in Rom ermäßigte Billete nach Neapel aus- gegeben werden. Da die Reiſe gemeinſchaftlich mit dem Jugend- pilgerzug vor ſich geht, ſo iſt für ſie die Centralſtelle dieſer Centren Dr. Schmöller (Paſſau) Clerical- ſeminar. 2. Für Wohnung in Rom wird ebenfalls gemeinſchaftlich geſorgt. Wer ſich mit Frei- quartier (150 Plätze für die Studenten aus Deutſchland, Oeſterreich-Ungarn und der Schweiz reſervirt) begnügen will, wende ſich ſofort an den „consiglio superiore Gioventu cattolica. Rom, Piazza della Pietra 26.“ Für bezahltes Quar- tier mit vollſtändiger Beköſtigung incluſive Wein gilt der Buchſtabe A (A1 = 6—7, A2 = 8—10, A 3 = 11 und mehr Lire), ohne Beköſtigung B (B 1 = Zimmer von 2—3, B 2 = Bett von 1.50 bis 2.— Lire.) Die Sorge für Beſchaffung der Wohnun- gen ruht in den bewährten Händen der römiſchen Comités für deutſche Pilger, unter der unermüdlichen Leitung des Mſgr. Pick. 3. Alles Uebrige iſt ſelbſtſtändig organiſiert und hat ſeine Centralſtelle bei Dr. Mühlenbein Profeſſor in Brockſcheid (Kr. Daun) Rheinprovinz. Studenten können natürlich auch alles ſonſt zu Paſſau gehörige hier erfahren und erhalten. 4. Die Anmeldung hat dementſprechend in Paſſau oder in Brockſcheid zu erfolgen. Sie muß enthalten: Name, Vorname, Univerſität (reſp. Seminar) des letzten Semeſters, genaue Adreſſe, gewünſchte Wohnung (z. B. A 2) oder Verzicht darauf (z. B. im Falle man von Rom aus kein Quartier er- halten hat) Reiſeroute (z. B. Voyage Nr. 5 bis). Beiliegen müſſen 2 Mark = 2·50 Kronen = 2·50 Frcs. Dafür erhält man eine Pilger- identitätskarte (Recht auf Preisermäßigung, Eintritt in die päpſtlichen Muſeen und Gallerien, Erinnerungsmedaille ꝛc.) und ein rothes Special- billet (Theilnahme am Studentencongreß). Die Liſten werden in Paſſau wie in Brockſcheid am 1. Auguſt geſchloſſen. 5. Das Tagesprogramm für Rom iſt derart, daß den Studenten möglichſt Freiheit gelaſſen iſt. Gemeinſam mit dem Jugend-Pilgerzug ſind nur die kirchlichen Acte (Kirchenbeſuch Generalcommunion, Audienz). Das Uebrige iſt facultativ. Eine ganze Reihe von Veranſtaltungen ſodann iſt ſelbſtſtändig und ausſchließlich für die Studenten. Im Einzelnen iſt das Programm folgendes: 3. September. Ankunft in Rom. Abends: Vorbeſprechung der Theilnehmer des Studentencon- greſſes. Wahl der Delegationen. 4. September. Vormittags: Erſter Beſuch von S. Peter, Lateran, S. Maria Magg. Nach- mittags: Erſter und zweiter Beſuch von S. Paul. 5. September. Vormittags: Zweiter Beſuch von S. Peter, Lateran, S. Maria Magg. Nach- mittags: Eröffnungsverſammlung des Studenten- congreſſes, Conſtituirung des Congreſſes und ſeiner Sectionen. Abends: Gemüthliche Vereinigung der deutſchen Studenten. 6. September. Vormittags: Audienz beim Heiligen Vater. (Beſondere Plätze für die Studenten.) Nachmittags: Sectionsſitzungen. Abends: Commers der deutſchen Studenten. 7. September. Vormittags: Sections- ſitzungen. Gleichzeitig Gelegenheit zu einem archäologi- ſchen Spaziergang. Nachmittags: Zweite öffent- liche und Schlußverſammlung des Congreſſes. 8. September. (Feſt Mariä Geburt.) Heilige Meſſe und Generalcommunion (zur Gewinnung des Jubi- läumsablaſſes) in der Kirche S. Ignazio am Altar des heil. Aloiſius, Ignatius v. Loyola, Catharina von Siena. 9. September. Ausflug der katholiſchen Jugend nach Viterbo (für die Studenten facultativ). Für die in Rom Zürückbleibenden Abends Schlußcommers. In der folgenden Woche eventuell Ausflug der Studenten nach Neapel, falls ſich eine beträchtliche Zahl von Theilnehmern findet. 6 Bezüglich alles Weiteren, zumal den Congreß Betreffenden, verweiſen wir einerſeits auf das voll- ſtändige Programm und den nachfolgenden Aufruf’ andererſeits an den Secretär Hochwürden Herrn Dr. Mühlenbein. Wir ſchließen mit dem ehrlichen Wunſche, bei der Demonſtration der katholiſchen Jugend in Rom möge Oeſterreich würdig vertreten ſein. Zumal die Stu- denten vor! Politiſche Rundſchau. Oeſterreich-Ungarn. Wien 25. Juni. Kein allgemeiner deutſcher Volkstag in Böhmen. Die deutſchfortſchrittliche Partei hat der vordringlichen Schönerer-Wolf-Geſellſchaft nun in aller Form durch die Prager „Boh.“ verkün- digen laſſen, daß ſie mit dem nationalradikalen „Volkstag“-Arrangement nichts zu thun haben wolle. Dieſe Abfuhr macht das genannte Blatt alſo bekannt: „Nach an maßgebender Stelle ein- geholten Erkundigungen beſteht dermalen ſeitens der Deutſchen Fortſchrittspartei in Böhmen keinerlei Beſchluß, einen allgemeinen Volks- tag zur Erörterung der ſchwebenden innerpoliti- ſchen Fragen einzuberufen oder an einen ſolchen theilzunehmen.“ „Etappenmäßig“ zum Nationalſtaat. Führende czechiſche Kreiſe erhoben bekanntlich, und zwar auch im böhmiſchen Landtage, Beſchwerde darüber, daß Zuſchriften der k. k. Statthalterei in Prag als Impreſſum oder auf Stempeln die Auf- ſchrift: „für Böhmen“ und nicht „für das König- reich Böhmen“ tragen. Auf das hin hat man ſich beeilt, den czechiſchen Wünſchen nachzugeben und neue Stempel mit den begehrten Aufſchriften wenig- ſtens für die czechiſchen Landesgebiete herſtellen zu laſſen, während für Deutſchböhmen’s die Amts- ſiegel ꝛc. die Aufſchrift „k. k. Statthalterei für Böhmen“ noch bleibt. Es iſt ähnlich wie in Ungarn. Iſt dann eine Forderung bewilligt, werden eilig ein halbdutzend neue nachgeſchoben. Das iſt der ſoge- nannte „etappenmäßige“ Gang. Jaworski und der Polenclub. Der „Slowopolskie“ meldet, daß die Majorität des Polenclubs im Gegenſatze zu Jaworski, um den Schein der ſlaviſchen Solidarität aufrechtzuhalten, weiter mit den Jungczechen zuſammengehen will. Das Fiasko, das die Majorität durch die Spektakel-Obſtruction erlebte, hat die Stanczyken noch immer nicht eines Beſſeren be- lehrt. Dafür rächten ſie ſich nun an Jaworski, dem ſie nicht geſtatteten, ſeine im Polenclub gehaltene Rede, in der er ſeine Stellung gegen die czechiſche Obflruction motivirte, zu veröffentlichen. Man declarirte ſeine Rede einfach als Clubgeheimniß und fügte bei: Wenn er das Bedürfniß habe, darüber ſich öffentlich auszu- ſprechen, ſo möge er ſeine Wähler nach Zloczow einbe- rufen und vor dieſen ſprechen. Der in ſolcher Art ge- maßregelte Obmann des Polenclubs und entſchlafenen Majoritätsverbandes hat darum einem Vertreter des „Peſter Lloyd“ gegenüber ſeine Auffaſſung mitgetheilt, durch den ſie in die Oeffentlichkeit gelangte. Sauctionirtes Landesgeſetz. Wie die „Wiener Zeitung“ mittheilt, hat der Kaiſer dem vom nieder- öſterreichiſchen Landtag beſchloſſenen Entwurfe eines Geſetzes, womit die Anwendung des Landesgeſetzes vom 30. December 1882 auf die niederöſterreichiſche Landes- Brandſchaden-Verſicherungs-Anſtalt geregelt wird, die Sanction ertheilt. Frictionen in der ungariſchen Re- gierungspartei. Die Rede des Abg. Stefan Tisza in Großwardein hat die Führer der ge- weſenen Nationalpartei, die Abgeordneten Apponyi und Horansky, bekanntlich tief verſtimmt. Sie ſahen darin Verſuche der Tisza-Geſellſchaft, ſich mit einem förmlichen Programm wiederum an die Spitze der Regierungs-Partei zu bringen, und verſtändlich dem „Mohr“ der conſervativen „Na- tionalpartei“, der ſeine Schuldigkeit im Steig- bügelhalten zu Gunſten der Szell’ſchen Aſpi- rationen gethan, jetzt die Thür zu weiſen. Ge- reiztes Preßgeplänkel und namentlich Erklärungen der zunächſt Getroffenen verſchärften die Gegen- ſätze, ſo daß ſich daraus ein bedenkliches Partei- Chaos zu entwickeln drohte. Auf das hin mag die Tisza-Clique ſcharfe Winke zum Einſchwenken erhalten haben, und ſo entſchuldigt ſich jetzt Stefan Tisza, der zu früh losgeſchoſſen hat, im „Magyar Nemzet“ mittelſt einer glatten Erklärung, in der es u. A. heißt: „Meine Freunde Apponyi und Ferdinand Horanszky geben bekannt, daß ſie ſich nicht dem Pro- gramm der liberalen Partei, ſondern jenem angeſchloſſen haben, welches Miniſterpräſident Kolomann v. Szell bei ſeinem Amtsanntritte entwickelt hat. Von dieſem Programm habe ich erklärt, daß es in allen großen, principiellen Fragen identiſch iſt mit dem Programm der liberalen Partei, was auch nicht anders ſein konnte, weil ſonſt die neue Regierung ſich nicht die ungetheilte Unterſtützung der liberalen

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 143, Wien, 26.06.1900, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost143_1900/2>, abgerufen am 23.11.2024.