Reichspost. Nr. 219, Wien, 26.09.1899.219 Wien Dienstag Reichspost 26. September 1899 [Spaltenumbruch] angerichtet. 54 Häuser standen unter Wasser, von 30 bis 40 Häusern sah man nur mehr das Dach, bei vielen Häusern von den Wellen davongetragen wurde. In den Mauern zeigen sich Risse und Sprünge. Decken sind eingestürzt, Fußböden sind gehoben; 2 bis 3 Finger hoher Schlamm bedeckt Alles. Drei Häuser gleichen einem Trümmerhaufen; nur hie und da ragt eine kahle Mauer aus dem Schutte. Der Wasserstand war 11/2 Meter größer als 1897; Menschen und Vieh mußten in höher gelegene Häuser gebracht werden, das letztere mittelst des vom n.-ö. Landesausschuß gespendeten Poutons, der sehr gute Dienste leistete. Sowohl was auf dem Felde stand, als was bereits in den Häusern geborgen war, ist total vernichtet. Heu und Stroh gleicht einer undurchdringbar zähen Masse. Die aus Holz errichteten Wirthschaftsgebäude, meist ganz neu, sind zertrümmert; Balken, Bretter und Dächer, selbst ganze Hütten sind vom Wasser fortgetragen. Noth und Elend haben entsetzliche Dimensionen angenommen. Viele erklären, ihre Trümmerhaufen liegen zu lassen und den Wanderstab zu ergreifen. Hoffen wir, daß bald ausgiebige Hilfe kommt, sonst gehen die Leute dem sicheren Ruin entgegen. Marchegg. Auf dem Wege zum Ruin. Steiermark. St. Gallen. (Man rührt sich nicht.) Bei uns Krain. Laibach. (Stimmung unter den Slovenen.) Der Tirol. Lienz. Vom Abg. Franz Rohracher Vorarlberg. Bregenz. In der in Feldkirch neueröffneten Mähren. Mährisch-Schönberg. (Entenzüchterei.) Telegramme. Der ungarische Reichstag. Ministerpräsident Szell hat Sr. Majestät Eine Kriegsdemonstration in London. London, 24. September. Nachmittag wurde nach Socialdemokratische Wahlrechtsdemon- stration in Budapest. Budapest, 24. September. Nach einer heute Eine Ordre Gallifet's. Paris, 25. September. Kriegminister General Die Vorgänge in der Türkei. Konstantinopel, 24. September. Der Veli von Die allbanesische Bewegung in Socialistische Ruhestörungen in Spanien. El Ferroi, 24. September. Gestern fanden hier El Ferrol, 24. September. Der Präfect übergab Eine Expedition gegen den Khalifen. London, 25. September. Wie "Daily Telegraph" 219 Wien Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899 [Spaltenumbruch] angerichtet. 54 Häuſer ſtanden unter Waſſer, von 30 bis 40 Häuſern ſah man nur mehr das Dach, bei vielen Häuſern von den Wellen davongetragen wurde. In den Mauern zeigen ſich Riſſe und Sprünge. Decken ſind eingeſtürzt, Fußböden ſind gehoben; 2 bis 3 Finger hoher Schlamm bedeckt Alles. Drei Häuſer gleichen einem Trümmerhaufen; nur hie und da ragt eine kahle Mauer aus dem Schutte. Der Waſſerſtand war 1½ Meter größer als 1897; Menſchen und Vieh mußten in höher gelegene Häuſer gebracht werden, das letztere mittelſt des vom n.-ö. Landesausſchuß geſpendeten Poutons, der ſehr gute Dienſte leiſtete. Sowohl was auf dem Felde ſtand, als was bereits in den Häuſern geborgen war, iſt total vernichtet. Heu und Stroh gleicht einer undurchdringbar zähen Maſſe. Die aus Holz errichteten Wirthſchaftsgebäude, meiſt ganz neu, ſind zertrümmert; Balken, Bretter und Dächer, ſelbſt ganze Hütten ſind vom Waſſer fortgetragen. Noth und Elend haben entſetzliche Dimenſionen angenommen. Viele erklären, ihre Trümmerhaufen liegen zu laſſen und den Wanderſtab zu ergreifen. Hoffen wir, daß bald ausgiebige Hilfe kommt, ſonſt gehen die Leute dem ſicheren Ruin entgegen. Marchegg. Auf dem Wege zum Ruin. Steiermark. St. Gallen. (Man rührt ſich nicht.) Bei uns Krain. Laibach. (Stimmung unter den Slovenen.) Der Tirol. Lienz. Vom Abg. Franz Rohracher Vorarlberg. Bregenz. In der in Feldkirch neueröffneten Mähren. Mähriſch-Schönberg. (Entenzüchterei.) Telegramme. Der ungariſche Reichstag. Miniſterpräſident Szell hat Sr. Majeſtät Eine Kriegsdemonſtration in London. London, 24. September. Nachmittag wurde nach Socialdemokratiſche Wahlrechtsdemon- ſtration in Budapeſt. Budapeſt, 24. September. Nach einer heute Eine Ordre Gallifet’s. Paris, 25. September. Kriegminiſter General Die Vorgänge in der Türkei. Konſtantinopel, 24. September. Der Veli von Die allbaneſiſche Bewegung in Socialiſtiſche Ruheſtörungen in Spanien. El Ferroi, 24. September. Geſtern fanden hier El Ferrol, 24. September. Der Präfect übergab Eine Expedition gegen den Khalifen. London, 25. September. Wie „Daily Telegraph“ <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0005" n="5"/><fw place="top" type="header">219 Wien Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899</fw><lb/><cb/> angerichtet. 54 Häuſer ſtanden unter Waſſer, von 30<lb/> bis 40 Häuſern ſah man nur mehr das Dach, bei vielen<lb/> Häuſern von den Wellen davongetragen wurde. In den<lb/> Mauern zeigen ſich Riſſe und Sprünge. Decken ſind<lb/> eingeſtürzt, Fußböden ſind gehoben; 2 bis 3 Finger<lb/> hoher Schlamm bedeckt Alles. Drei Häuſer gleichen<lb/> einem Trümmerhaufen; nur hie und da ragt eine kahle<lb/> Mauer aus dem Schutte. Der Waſſerſtand war 1½<lb/> Meter größer als 1897; Menſchen und Vieh mußten<lb/> in höher gelegene Häuſer gebracht werden, das letztere<lb/> mittelſt des vom n.-ö. Landesausſchuß geſpendeten<lb/> Poutons, der ſehr gute Dienſte leiſtete. Sowohl was<lb/> auf dem Felde ſtand, als was bereits in den Häuſern<lb/> geborgen war, iſt total vernichtet. Heu und Stroh<lb/> gleicht einer undurchdringbar zähen Maſſe. Die aus<lb/> Holz errichteten Wirthſchaftsgebäude, meiſt ganz neu,<lb/> ſind zertrümmert; Balken, Bretter und Dächer, ſelbſt<lb/> ganze Hütten ſind vom Waſſer fortgetragen. Noth und<lb/> Elend haben entſetzliche Dimenſionen angenommen.<lb/> Viele erklären, ihre Trümmerhaufen liegen zu laſſen<lb/> und den Wanderſtab zu ergreifen. Hoffen wir, daß<lb/> bald ausgiebige Hilfe kommt, ſonſt gehen die Leute dem<lb/> ſicheren Ruin entgegen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Marchegg.</hi> </head> <p><hi rendition="#g">Auf dem Wege zum Ruin.</hi><lb/> Zwei Jahre ſind verfloſſen, und kaum, daß ſich die<lb/> Bewohner einigermaßen erholt haben iſt unſere Stadt<lb/> von einer ſo furchtbaren Waſſerkataſtrophe heimgeſucht<lb/> worden, daß ihre Folgen noch gar nicht ermeſſen<lb/> werden können. Was Niemand nach den wenigen<lb/> Regen geahnt hätte, iſt eingetreten, ein Hoch-<lb/> waſſer, wie es hier ſeit 1809 nicht erlebt worden iſt.<lb/> Wir waren durch Telegramme von verſchiedenen Orten<lb/> an der Donau in Kenntniß geſetzt; deshalb wurden<lb/> am 15. und 16. September Tag und Nacht mit<lb/> menſchenmöglicher Anſtengung die noch unreifen Feld-<lb/> früchte wie Kukuruz, Erdäpfel und Futter von den<lb/> tiefergelegenen Aeckern und Wieſen theilweiſe in Sicher-<lb/> heit gebracht. Samſtag glich die ganze Umgebung von<lb/> Marchegg einen weiten See. In der Nacht zum 17. d.<lb/> drang das Waſſer, nachdem es die Höhe des Stadt-<lb/> ſchutzdammes erreicht hatte, von zwei Seiten mit reißender<lb/> Schnelligkeit in die Stadt ein. Samſtag war bereits der<lb/> ganze Ort mit Waſſer angefüllt, ſo daß der Verkehr<lb/> nur mit Kähnen bewerkſtelligt werden konnte. Weil das<lb/> Waſſer auch in die Kirche eingedrungen war, konnte<lb/> kein regelmäßiger Gottesdienſt abgehalten werden.<lb/> Immer höher ſtieg die Hochfluth, immer breiter wurde<lb/> die Waſſerfläche, immer mehr Häuſer wurden mit<lb/> Waſſer angefüllt. Die Beſorgniß der Bewohner ſtieg<lb/> von Stunde zu Stunde. Dienſtag Mitternacht hatte<lb/> das Waſſer den Höhepunkt erreicht. Der Pegel zeigte<lb/> 482 Centimeter, um 22 Centimeter mehr als vor zwei<lb/> Jahren. Nur 30 Häuſer wurden von der Hochfluth<lb/> nicht erreicht. Alle anderen waren mehr oder weniger<lb/> mit Waſſer angefüllt. In manchem Falle hatte das<lb/> Waſſer eine ſolche Höhe erreicht, daß die Decken ein-<lb/> zuſtürzen drohten. Die Möbel mußten im letzten Augen-<lb/> blick weggeſchaft werden. Lobend muß hervorgehoben<lb/> werden, daß Landmarſchall Baron Gudenus, der<lb/> Landesausſchuß von Pirko, Landtags-Abgeordneter Joſef<lb/> Baumann und Reichsrats-Abgeordneter Johann Maier.<lb/> die überſchwemmte Stadt in dieſer Gefahr beſuchten.<lb/> Als Mittwoch Früh das Waſſer zu ſinken begann,<lb/> athmete Alles erleichtert auf; denn die ganze Bewohner-<lb/> ſchaft war auf einen kleinen Raum des Marktplatzes,<lb/> der vom Waſſer verſchont geblieben war, zuſammen-<lb/> gedrängt. Der Schaden iſt groß und läßt ſich jetzt<lb/> noch gar nicht genügend taxiren. Wenn auch die<lb/> Körnerfrüchte bereits geerntet ſind, ſo ging doch viel<lb/> davon zu Grunde. Die Zuckerrübe iſt verloren; ſehr<lb/> viel Wild fand in den Fluthen den Tod. Zäune<lb/> wurden weggetragen, Mauern demolirt, viele Häuſer<lb/> ſind dem Einſturz nahe. Ebenſo ging viel Vieh,<lb/> namentlich Borſtenvieh, zu Grunde. In manchen<lb/> Stallungen ſtanden Pferde und Kühe tief im Waſſer,<lb/> weil ſie nicht mehr in Sicherheit gebracht werden<lb/> konnten. Wie heilſam hätte ſich auch diesmal die Hilfe<lb/> der k. k. Pionniere erwieſen, die vor zwei Jahren in<lb/> der Bergung von Menſchen und Thieren wahrhaft<lb/> Großartiges geleiſtet haben, aber es hieß, dieſe ſeien<lb/> überall in Anſpruch genommen. Die ganze Stadt<lb/> ſammt ihrer Umgebung bie<supplied>t</supplied>et jetzt, wo das Waſſer<lb/> abgelaufen iſt, einen geradezu troſtloſen Anblick. Die<lb/> Bewohner unſerer Stadt ſind alle der Meinung, daß<lb/> der Donaudamm, der gelegentlich der Donau-Regu-<lb/> lirung nur bis Witzelsdorf errichtet wurde, ſchuld an<lb/> den Ueberſchwemmungen ſei. Bis dahin ſind die<lb/> Waſſerfluthen eingeengt, von dort an breiteten ſie ſich<lb/> über das ganze Marchfeld aus, zumal die Donau bei<lb/> Hainburg durch Berge eingeengt iſt. Je mehr die<lb/> Nebenflüſſe der Donau regulirt werden, umſo größer<lb/> wird die Gefahr für unſere Stadt. Außerdem leidet<lb/> Marchegg viel durch die March. Dieſer Fluß, der<lb/> ſämmtliche Gewäſſer Mährens in ſich vereinigt, hat<lb/> gar kein Bett, geſchweige einen Schutzdamm. Von der<lb/> Regulirung der March iſt ſchon viel geſprochen worden,<lb/> es wurde auch öfter gemeſſen; dabei blieb es, regulirt<lb/> wurde die March nicht. Die Regierung ſieht der<lb/> conſtanten Weiterverarmung der Bevölkerung mit förm-<lb/> licher Fataliſtik zu. Welche Hilfe wird uns jetzt werden?<lb/> Wenn das ſo fort geht, kommen unſere Bewohner an<lb/> den Bettelſtab und müſſen auswandern.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Steiermark.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">St. Gallen.</hi> </head> <p>(Man rührt ſich nicht.) Bei uns<lb/> ſtockt aller Verkehr. Weder Poſtpakete noch Frachten<lb/> ſind beziehbar. Aber auch die Vertretungen und Be-<lb/> hörden rühren ſich noch nicht. Am 21. d. M. ſagte der<lb/><cb/> hieſige Zimmermeiſter, daß er geglaubt habe, es werde<lb/> an den vielen ruinirten Brücken viele Arbeit für die<lb/> laufende Woche geben; aber er habe ſich darin ge-<lb/> täuſcht; er ſchickte deßhalb ſeine Leute zu einem gar<lb/> nicht drängenden Bau. Es iſt abermals ſo, wie 1897.<lb/> Alles geht ſchleppend langſam. Nicht einmal die ein-<lb/> zelnen Gemeinden können untereinander verkehren.<lb/> Schon am 13. d. M. erbat unſer Reichsraths-Abge-<lb/> ordneter, der hier anweſend war, im Vereine mit der<lb/> Bezirksvertretung in einem Telegramme an das<lb/> Miniſterium des Innern Pionnierhilfe. Sie erſchien nicht,<lb/> obwohl die Bevölkerung mit Aengſtlichkeit darauf<lb/> wartete. Vielleicht wäre das große Unglück der ſechs<lb/> ertrunkenen Perſonen verhütet worden, wenn eine fach-<lb/> männiſche Ueberfuhr hergeſtellt worden wäre. Die Ge-<lb/> meinde Altenmarkt iſt vollſtändig abgeſperrt, ſo zwar,<lb/> daß dort Nothſtand herrſcht. Der Obmann der Be-<lb/> zirksvertretung iſt in Altenmarkt und kann gar nicht<lb/> über die Enns. Das Unglück konnte nur durch große<lb/> Vernachläſſigung und Ueberlaſtung der Brücken ſowie<lb/> durch Außerachtlaſſung der wichtigſten Vorſichtsmaß-<lb/> regeln geſchehen. Die Vertretungen und Behörden<lb/> ſcheinen ſich um uns gar nicht zu kümmern. Möge es<lb/> bald geſchehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Krain.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Laibach.</hi> </head> <p>(Stimmung unter den Slovenen.) Der<lb/> „Slovenec“, das chriſtlich-nationale Slovenenorgan, zieht<lb/> gegenüber einem Syſtemwechſel, bei dem die Czechen<lb/> grollend in die Oppoſition treten, die politiſche Lage<lb/> der Slovenen in Betracht und erklärt dabei, daß unter<lb/> dieſen Verhältniſſen die Stellung der ſloveniſchen Ab-<lb/> geordneten eine ſehr ſchwierige ſei. Die ſloveniſchen<lb/> Führer bedürfen daher eines großen Maßes von Vor-<lb/> ſicht und Klugheit. Die ſloveniſche Delegation müſſe<lb/> nur trachten, ſich für alle Fälle eine feſte<lb/> Poſition im Parlamente zu ſichern. Könnte das<lb/> Miniſterium Thun nicht gehalten werden, dann<lb/> müßten ſich die Slovenen dadurch ſichern, daß ſie<lb/> bei der Rechten verharren, ſo lange dieſe beſtehe;<lb/> für den Fall ihres Zerfalles aber müßten ſie ſich volle<lb/> Actionsfreiheit wahren. Die ſloveniſche Delegation<lb/> dürfe abſolut nichts Anderes vor Augen haben, als<lb/> den Schutz der eigenen Volksintereſſen. Dieſe Intereſſen<lb/> fordern Sanirung der parlamentariſchen Lage. Ein<lb/> außerparlamentariſches Regime bedeute den <hi rendition="#g">Abſo-<lb/> lutismus</hi> einer gegneriſchen Bureaukratie. Ein<lb/> normal fungirendes Parlament biete wenigſtens die<lb/> Möglichkeit, die Selbſtherrlichkeit der Bureaukratie<lb/> in Etwas zu hindern. Mit den ſloveniſchen Stimmen<lb/> müſſe unzählig oft gerechnet werden. Die Slovenen<lb/> laſſen nicht mit ihrer Haut handeln. Dafür danken<lb/> ſie. Sie werden mit ihrer Haut zu rechter<lb/> Zeit ſelbſt disponireu und dabei ausſchließlich<lb/> nur die <hi rendition="#g">eigenen</hi> Intereſſen berückſichtigen.<lb/> Namentlich die katholiſch-nationalen Abgeordneten der<lb/> Slovenen ſeien überzeugt, daß ſie ſich durch gar keine<lb/> Phraſen beirren laſſen dürfen. Sie haben hochwichtige<lb/> Intereſſen des Volkes, vor Allem die Lebensintereſſen<lb/> des gedrückten Landvolkes und anderer productiver<lb/> Stände rückſichtslos zu vertreten. Ueber dieſe heiligen<lb/> Intereſſen werde die katholiſch-nationale Partei nie<lb/> hinweggehen. Gerade dafür erwarte das Parlament<lb/> viel ernſte Arbeit, an welcher alle Nationalitäten inter-<lb/> eſſirt ſind. Die Slovenen wollten daher die Wieder-<lb/> belebung des Parlamentes in keiner Art hintertreiben<lb/> helfen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Tirol.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Lienz.</hi> </head> <p>Vom Abg. <hi rendition="#g">Franz Rohracher</hi><lb/> erhalten wir folgende Mittheilung: Die in Nr. 216<lb/> Ihres geſchätzten Blattes unter „Politiſche Rundſchau“<lb/> erfolgte, wie ich vermuthe anderen Quellen entnommene<lb/> Wiedergabe der Worte, welche Se. Majeſtät der Kaiſer<lb/> beim Empfange in Lienz am 20. d. an mich zu richten<lb/> geruhte, ſowie deren kurze Vorgeſchichte bedarf einer<lb/> Richtigſtellung. Als ich nämlich auf die zweite an mich<lb/> gerichtete Frage, ob ich auch <hi rendition="#g">Landtags-Abge-<lb/> ordneter</hi> ſei, geantwortet: „Ein leider nur <hi rendition="#g">ſehr<lb/> unthätiger Reichsraths-Abgeord-<lb/> neter“,</hi> bemerkte Se. Majeſtät: „Hoffentlich wird es<lb/> wieder <hi rendition="#g">beſſer</hi> werden,“ worauf ich anzufügen mir<lb/> erlaubte, daß dies <hi rendition="#g">ſehr zu wünſchen</hi> ſei. In<lb/> vorzüglicher Hochachtung <hi rendition="#g">Franz Rohracher,</hi><lb/> Reichsraths-Abgeordneter.“ — Wir fügen dem<lb/> bei, daß wir den in Frage kommenden Wortlaut den<lb/> gleichlautenden Meldungen über die Kaiſerreiſe, die ſo-<lb/> mit ungenau waren, entnommen haben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Vorarlberg.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Bregenz.</hi> </head> <p>In der in Feldkirch neueröffneten<lb/><hi rendition="#g">Handelsſchule,</hi> die unter der vortrefflichen<lb/> Leitung der chriſtlichen Schulbrüder ſteht, haben ſich<lb/> eine ſo große Anzahl interner und externer Zöglinge<lb/> angemeldet, ſo daß kaum alle untergebracht werden<lb/> können. Ein gutes Zeichen der chriſtlichen Geſinnung<lb/> im Volke! — Am Bahnhofe hier und in Feldkirch<lb/> iſt in der Tabak-Trafik die „Reichspoſt“ täglich zu<lb/> kaufen. Mögen chriſtliche Männer, die dort abſteigen,<lb/> ſtets darauf Rückſicht nehmen. Wir ſind überzeugt,<lb/> daß wir mit dieſem Avis Vielen einen Dienſt er-<lb/> weiſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Mähren.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Mähriſch-Schönberg.</hi> </head> <p><hi rendition="#g">(Entenzüchterei.)</hi><lb/> Der national-radicale „Grenzbote“ vom 23. d. M.<lb/> ſchreibt: „In dieſen Tagen hat ſeit Neujahr 1899 der<lb/> 27. römiſchkatholiſche Prieſter ſeinen Abfall von der<lb/> katholiſchen Kirche angemeldet. Derſelbe iſt ein Nord-<lb/> mährer und wird als Pfarrer der altkatholiſchen Kirche<lb/><cb/> in Schönberg angeſtellt.“ Daß hie und da auch ein<lb/> Geiſtlicher noch eines Schürzenbandes willen apoſtatirt,<lb/> iſt ja richtig; denn auch unter dem Clerus gibt es<lb/> Spren. Aber die Apoſtatie unter dieſem Stande bleibt<lb/> doch ſporadiſch. Wäre die vorſtehende Mittheilung mehr<lb/> als Entenzucht, mehr als ein Bethörungsverſuch, ſo<lb/> hätte die Heilopreſſe gewiß längſt mit den Namen<lb/> paradirt. Sie kann das aber nicht. „Windbeutelei“<lb/> ſagt das Volk.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Telegramme.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der ungariſche Reichstag.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#b">Miniſterpräſident Szell</hi> hat Sr. Majeſtät<lb/> dem Kaiſer am 25. d. M. über die mit dem Arbeits-<lb/> programm des Reichstages zuſammenhängenden An-<lb/> gelegenheiten Vortrag erſtattet. Der Miniſterpräſident<lb/> dürfte vielleicht Abends ſchon wieder nach Budapeſt<lb/> zurückkehren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Kriegsdemonſtration in London.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 24. September.</dateline> <p>Nachmittag wurde nach<lb/> dem <hi rendition="#g">Trafalgar-Square</hi> eine große <hi rendition="#g">Volks-<lb/> verſammlung</hi> einberufen, in welcher <hi rendition="#g">gegen</hi><lb/> die <hi rendition="#g">kriegeriſche Politik</hi> der Regierung<lb/> gegenüber Transvaal <hi rendition="#g">proteſtirt</hi> werden ſollte, da<lb/> dieſe Politik bei den Boeren den Eindruck hervorrufe,<lb/> daß ihnen der Krieg aufgezwungen werde, um ihnen<lb/> ihr Land zu nehmen. Von ſechs Tribünen wurde ge-<lb/> ſprochen, aber die tauſende Perſonen, welche ſich einge-<lb/> funden hatten, ſchwenkten die britiſchen Fahnen und<lb/> ſangen die Nationalhymne und „Rule Britannia“, ſo<lb/> daß die Redner unverſtändlich blieben. Die erſten<lb/> Redner wurden mit Pfeifen und Geſchrei empfangen<lb/> und mit Aepfeln beworfen. Auf Chamberlain wurden<lb/> Hochrufe ausgebracht und Präſident Krüger ausge-<lb/> pfiffen. Die Menge drang wiederholt ſtürmiſch auf die<lb/> Redner ein, welche von berittener Polizei umringt und<lb/> beſchützt wurden. Trotzdem wurde ein Redner miß-<lb/> handelt. Die anweſenden Soldaten wurden von der<lb/> Menge unter jubelnden Zurufen auf die Schultern ge-<lb/> hoben. Erſt nachdem die Polizei große Verſtärkung<lb/> erhalten hatte, gelang es, den Platz und die Umgebung<lb/> zu ſäubern. Viele Manifeſtanten wurden verhaftet<lb/> Mehrere Perſonen geriethen unter die Hufe der Pferde.<lb/> Die Zahl der Theilnehmer wird auf 30.000 geſchätzt.<lb/> Die Einberufer der Volksverſammlung auf dem Tra-<lb/> falgar-Square hielten noch im Laufe des Abends eine<lb/> Sitzung ab, in welcher beſchloſſen wurde, eine öffent-<lb/> liche Verſammlung in einem der größten Säle der<lb/> Stadt zu veranſtalten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Socialdemokratiſche Wahlrechtsdemon-<lb/> ſtration in Budapeſt.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 24. September.</dateline> <p>Nach einer heute<lb/> von der internationalen ſocialdemokratiſchen Partei<lb/> einberufenen <hi rendition="#g">Volksverſammlung</hi> mit der<lb/> Tagesordnung: Das allgemeine, geheime Wahlrecht,<lb/> veranſtalteten die Theilnehmer an derſelben einen<lb/> Umzug durch die Straßen. Es ereignete ſich kein<lb/> Zwiſchenfall.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Ordre Gallifet’s.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 25. September.</dateline> <p>Kriegminiſter General<lb/><hi rendition="#g">Gallifet</hi> erließ ein Circular, in welchem er<lb/> Officieren, die ſich nach Deutſchland, Oeſterreich-<lb/> Ungarn oder Italien begeben, verbietet, an <hi rendition="#g">Ma-<lb/> növern</hi> theilzunehmen oder das Terrain der<lb/> Truppenübungen ohne behördliche Erlaubniß zu be-<lb/> treten. Ebenſo werde kein Officier dieſer drei Mächte<lb/> ohne ſchriftliche Ermächtigung den franzöſiſchen Ma-<lb/> növern beiwohnen können.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Vorgänge in der Türkei.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Konſtantinopel,</hi> 24. September.</dateline> <p>Der <hi rendition="#g">Veli</hi> von<lb/> Koſſowo hat einen neuen Vorſchlag betreffs des<lb/><hi rendition="#g">Kirchenſtreites</hi> von <hi rendition="#g">Kumanowa</hi> gemacht.<lb/> Die Bulgaren ſollen den Serben 750 Pfund zahlen<lb/> und ein anderes Terrain für den Kirchenbau liefern;<lb/> bis dahin ſollen die Serben die kleine Capelle<lb/> behalten. Die Bulgaren proteſtiren gegen dieſes<lb/> Arrangement; auch die Serben ſind mit demſelben<lb/> unzufrieden und drohen mit einem Wechſel der Con-<lb/> feſſion.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">allbaneſiſche Bewegung</hi> in<lb/> Prizrend greift weiter um ſich und iſt bis nach<lb/> Priſchtina vorgedrungen. Es wird die Abſetzung des<lb/> Vali von Koſſowo und die Wiederkehr des Muteſſarifs<lb/> von Prizrend begehrt.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Socialiſtiſche Ruheſtörungen in Spanien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">El Ferroi,</hi> 24. September.</dateline> <p>Geſtern fanden hier<lb/><hi rendition="#g">Ruheſtörungen</hi> ſtatt, an welchen gegen 3000<lb/> Perſonen theilnahmen. Die Demonſtranten bewarfen das<lb/> Haus, in dem ſich der Katholiſche Club befindet, ſowie<lb/> das Stadthaus mit Steinen und zertrümmerten die<lb/> Fenſterſcheiben. Die Municipalgarde gab Feuer, wurde<lb/> jedoch zurückgedrängt. 11 Gardiſten und einige Civil-<lb/> perſonen wurden verwundet. Gendarmerie zu Pferde<lb/> zerſtreute ſchließlich die Menge. In der Stadt herrſcht<lb/> Aufregung.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">El Ferrol,</hi> 24. September.</dateline> <p>Der Präfect übergab<lb/> die <hi rendition="#g">Gewalt</hi> an die <hi rendition="#g">Militärbehörde.</hi> </p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Expedition gegen den Khalifen.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 25. September.</dateline> <p>Wie „Daily Telegraph“<lb/> aus <hi rendition="#g">Cairo</hi> vom 24. d. meldet, werden Vorbereitungen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0005]
219 Wien Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899
angerichtet. 54 Häuſer ſtanden unter Waſſer, von 30
bis 40 Häuſern ſah man nur mehr das Dach, bei vielen
Häuſern von den Wellen davongetragen wurde. In den
Mauern zeigen ſich Riſſe und Sprünge. Decken ſind
eingeſtürzt, Fußböden ſind gehoben; 2 bis 3 Finger
hoher Schlamm bedeckt Alles. Drei Häuſer gleichen
einem Trümmerhaufen; nur hie und da ragt eine kahle
Mauer aus dem Schutte. Der Waſſerſtand war 1½
Meter größer als 1897; Menſchen und Vieh mußten
in höher gelegene Häuſer gebracht werden, das letztere
mittelſt des vom n.-ö. Landesausſchuß geſpendeten
Poutons, der ſehr gute Dienſte leiſtete. Sowohl was
auf dem Felde ſtand, als was bereits in den Häuſern
geborgen war, iſt total vernichtet. Heu und Stroh
gleicht einer undurchdringbar zähen Maſſe. Die aus
Holz errichteten Wirthſchaftsgebäude, meiſt ganz neu,
ſind zertrümmert; Balken, Bretter und Dächer, ſelbſt
ganze Hütten ſind vom Waſſer fortgetragen. Noth und
Elend haben entſetzliche Dimenſionen angenommen.
Viele erklären, ihre Trümmerhaufen liegen zu laſſen
und den Wanderſtab zu ergreifen. Hoffen wir, daß
bald ausgiebige Hilfe kommt, ſonſt gehen die Leute dem
ſicheren Ruin entgegen.
Marchegg. Auf dem Wege zum Ruin.
Zwei Jahre ſind verfloſſen, und kaum, daß ſich die
Bewohner einigermaßen erholt haben iſt unſere Stadt
von einer ſo furchtbaren Waſſerkataſtrophe heimgeſucht
worden, daß ihre Folgen noch gar nicht ermeſſen
werden können. Was Niemand nach den wenigen
Regen geahnt hätte, iſt eingetreten, ein Hoch-
waſſer, wie es hier ſeit 1809 nicht erlebt worden iſt.
Wir waren durch Telegramme von verſchiedenen Orten
an der Donau in Kenntniß geſetzt; deshalb wurden
am 15. und 16. September Tag und Nacht mit
menſchenmöglicher Anſtengung die noch unreifen Feld-
früchte wie Kukuruz, Erdäpfel und Futter von den
tiefergelegenen Aeckern und Wieſen theilweiſe in Sicher-
heit gebracht. Samſtag glich die ganze Umgebung von
Marchegg einen weiten See. In der Nacht zum 17. d.
drang das Waſſer, nachdem es die Höhe des Stadt-
ſchutzdammes erreicht hatte, von zwei Seiten mit reißender
Schnelligkeit in die Stadt ein. Samſtag war bereits der
ganze Ort mit Waſſer angefüllt, ſo daß der Verkehr
nur mit Kähnen bewerkſtelligt werden konnte. Weil das
Waſſer auch in die Kirche eingedrungen war, konnte
kein regelmäßiger Gottesdienſt abgehalten werden.
Immer höher ſtieg die Hochfluth, immer breiter wurde
die Waſſerfläche, immer mehr Häuſer wurden mit
Waſſer angefüllt. Die Beſorgniß der Bewohner ſtieg
von Stunde zu Stunde. Dienſtag Mitternacht hatte
das Waſſer den Höhepunkt erreicht. Der Pegel zeigte
482 Centimeter, um 22 Centimeter mehr als vor zwei
Jahren. Nur 30 Häuſer wurden von der Hochfluth
nicht erreicht. Alle anderen waren mehr oder weniger
mit Waſſer angefüllt. In manchem Falle hatte das
Waſſer eine ſolche Höhe erreicht, daß die Decken ein-
zuſtürzen drohten. Die Möbel mußten im letzten Augen-
blick weggeſchaft werden. Lobend muß hervorgehoben
werden, daß Landmarſchall Baron Gudenus, der
Landesausſchuß von Pirko, Landtags-Abgeordneter Joſef
Baumann und Reichsrats-Abgeordneter Johann Maier.
die überſchwemmte Stadt in dieſer Gefahr beſuchten.
Als Mittwoch Früh das Waſſer zu ſinken begann,
athmete Alles erleichtert auf; denn die ganze Bewohner-
ſchaft war auf einen kleinen Raum des Marktplatzes,
der vom Waſſer verſchont geblieben war, zuſammen-
gedrängt. Der Schaden iſt groß und läßt ſich jetzt
noch gar nicht genügend taxiren. Wenn auch die
Körnerfrüchte bereits geerntet ſind, ſo ging doch viel
davon zu Grunde. Die Zuckerrübe iſt verloren; ſehr
viel Wild fand in den Fluthen den Tod. Zäune
wurden weggetragen, Mauern demolirt, viele Häuſer
ſind dem Einſturz nahe. Ebenſo ging viel Vieh,
namentlich Borſtenvieh, zu Grunde. In manchen
Stallungen ſtanden Pferde und Kühe tief im Waſſer,
weil ſie nicht mehr in Sicherheit gebracht werden
konnten. Wie heilſam hätte ſich auch diesmal die Hilfe
der k. k. Pionniere erwieſen, die vor zwei Jahren in
der Bergung von Menſchen und Thieren wahrhaft
Großartiges geleiſtet haben, aber es hieß, dieſe ſeien
überall in Anſpruch genommen. Die ganze Stadt
ſammt ihrer Umgebung bietet jetzt, wo das Waſſer
abgelaufen iſt, einen geradezu troſtloſen Anblick. Die
Bewohner unſerer Stadt ſind alle der Meinung, daß
der Donaudamm, der gelegentlich der Donau-Regu-
lirung nur bis Witzelsdorf errichtet wurde, ſchuld an
den Ueberſchwemmungen ſei. Bis dahin ſind die
Waſſerfluthen eingeengt, von dort an breiteten ſie ſich
über das ganze Marchfeld aus, zumal die Donau bei
Hainburg durch Berge eingeengt iſt. Je mehr die
Nebenflüſſe der Donau regulirt werden, umſo größer
wird die Gefahr für unſere Stadt. Außerdem leidet
Marchegg viel durch die March. Dieſer Fluß, der
ſämmtliche Gewäſſer Mährens in ſich vereinigt, hat
gar kein Bett, geſchweige einen Schutzdamm. Von der
Regulirung der March iſt ſchon viel geſprochen worden,
es wurde auch öfter gemeſſen; dabei blieb es, regulirt
wurde die March nicht. Die Regierung ſieht der
conſtanten Weiterverarmung der Bevölkerung mit förm-
licher Fataliſtik zu. Welche Hilfe wird uns jetzt werden?
Wenn das ſo fort geht, kommen unſere Bewohner an
den Bettelſtab und müſſen auswandern.
Steiermark.
St. Gallen. (Man rührt ſich nicht.) Bei uns
ſtockt aller Verkehr. Weder Poſtpakete noch Frachten
ſind beziehbar. Aber auch die Vertretungen und Be-
hörden rühren ſich noch nicht. Am 21. d. M. ſagte der
hieſige Zimmermeiſter, daß er geglaubt habe, es werde
an den vielen ruinirten Brücken viele Arbeit für die
laufende Woche geben; aber er habe ſich darin ge-
täuſcht; er ſchickte deßhalb ſeine Leute zu einem gar
nicht drängenden Bau. Es iſt abermals ſo, wie 1897.
Alles geht ſchleppend langſam. Nicht einmal die ein-
zelnen Gemeinden können untereinander verkehren.
Schon am 13. d. M. erbat unſer Reichsraths-Abge-
ordneter, der hier anweſend war, im Vereine mit der
Bezirksvertretung in einem Telegramme an das
Miniſterium des Innern Pionnierhilfe. Sie erſchien nicht,
obwohl die Bevölkerung mit Aengſtlichkeit darauf
wartete. Vielleicht wäre das große Unglück der ſechs
ertrunkenen Perſonen verhütet worden, wenn eine fach-
männiſche Ueberfuhr hergeſtellt worden wäre. Die Ge-
meinde Altenmarkt iſt vollſtändig abgeſperrt, ſo zwar,
daß dort Nothſtand herrſcht. Der Obmann der Be-
zirksvertretung iſt in Altenmarkt und kann gar nicht
über die Enns. Das Unglück konnte nur durch große
Vernachläſſigung und Ueberlaſtung der Brücken ſowie
durch Außerachtlaſſung der wichtigſten Vorſichtsmaß-
regeln geſchehen. Die Vertretungen und Behörden
ſcheinen ſich um uns gar nicht zu kümmern. Möge es
bald geſchehen.
Krain.
Laibach. (Stimmung unter den Slovenen.) Der
„Slovenec“, das chriſtlich-nationale Slovenenorgan, zieht
gegenüber einem Syſtemwechſel, bei dem die Czechen
grollend in die Oppoſition treten, die politiſche Lage
der Slovenen in Betracht und erklärt dabei, daß unter
dieſen Verhältniſſen die Stellung der ſloveniſchen Ab-
geordneten eine ſehr ſchwierige ſei. Die ſloveniſchen
Führer bedürfen daher eines großen Maßes von Vor-
ſicht und Klugheit. Die ſloveniſche Delegation müſſe
nur trachten, ſich für alle Fälle eine feſte
Poſition im Parlamente zu ſichern. Könnte das
Miniſterium Thun nicht gehalten werden, dann
müßten ſich die Slovenen dadurch ſichern, daß ſie
bei der Rechten verharren, ſo lange dieſe beſtehe;
für den Fall ihres Zerfalles aber müßten ſie ſich volle
Actionsfreiheit wahren. Die ſloveniſche Delegation
dürfe abſolut nichts Anderes vor Augen haben, als
den Schutz der eigenen Volksintereſſen. Dieſe Intereſſen
fordern Sanirung der parlamentariſchen Lage. Ein
außerparlamentariſches Regime bedeute den Abſo-
lutismus einer gegneriſchen Bureaukratie. Ein
normal fungirendes Parlament biete wenigſtens die
Möglichkeit, die Selbſtherrlichkeit der Bureaukratie
in Etwas zu hindern. Mit den ſloveniſchen Stimmen
müſſe unzählig oft gerechnet werden. Die Slovenen
laſſen nicht mit ihrer Haut handeln. Dafür danken
ſie. Sie werden mit ihrer Haut zu rechter
Zeit ſelbſt disponireu und dabei ausſchließlich
nur die eigenen Intereſſen berückſichtigen.
Namentlich die katholiſch-nationalen Abgeordneten der
Slovenen ſeien überzeugt, daß ſie ſich durch gar keine
Phraſen beirren laſſen dürfen. Sie haben hochwichtige
Intereſſen des Volkes, vor Allem die Lebensintereſſen
des gedrückten Landvolkes und anderer productiver
Stände rückſichtslos zu vertreten. Ueber dieſe heiligen
Intereſſen werde die katholiſch-nationale Partei nie
hinweggehen. Gerade dafür erwarte das Parlament
viel ernſte Arbeit, an welcher alle Nationalitäten inter-
eſſirt ſind. Die Slovenen wollten daher die Wieder-
belebung des Parlamentes in keiner Art hintertreiben
helfen.
Tirol.
Lienz. Vom Abg. Franz Rohracher
erhalten wir folgende Mittheilung: Die in Nr. 216
Ihres geſchätzten Blattes unter „Politiſche Rundſchau“
erfolgte, wie ich vermuthe anderen Quellen entnommene
Wiedergabe der Worte, welche Se. Majeſtät der Kaiſer
beim Empfange in Lienz am 20. d. an mich zu richten
geruhte, ſowie deren kurze Vorgeſchichte bedarf einer
Richtigſtellung. Als ich nämlich auf die zweite an mich
gerichtete Frage, ob ich auch Landtags-Abge-
ordneter ſei, geantwortet: „Ein leider nur ſehr
unthätiger Reichsraths-Abgeord-
neter“, bemerkte Se. Majeſtät: „Hoffentlich wird es
wieder beſſer werden,“ worauf ich anzufügen mir
erlaubte, daß dies ſehr zu wünſchen ſei. In
vorzüglicher Hochachtung Franz Rohracher,
Reichsraths-Abgeordneter.“ — Wir fügen dem
bei, daß wir den in Frage kommenden Wortlaut den
gleichlautenden Meldungen über die Kaiſerreiſe, die ſo-
mit ungenau waren, entnommen haben.
Vorarlberg.
Bregenz. In der in Feldkirch neueröffneten
Handelsſchule, die unter der vortrefflichen
Leitung der chriſtlichen Schulbrüder ſteht, haben ſich
eine ſo große Anzahl interner und externer Zöglinge
angemeldet, ſo daß kaum alle untergebracht werden
können. Ein gutes Zeichen der chriſtlichen Geſinnung
im Volke! — Am Bahnhofe hier und in Feldkirch
iſt in der Tabak-Trafik die „Reichspoſt“ täglich zu
kaufen. Mögen chriſtliche Männer, die dort abſteigen,
ſtets darauf Rückſicht nehmen. Wir ſind überzeugt,
daß wir mit dieſem Avis Vielen einen Dienſt er-
weiſen.
Mähren.
Mähriſch-Schönberg. (Entenzüchterei.)
Der national-radicale „Grenzbote“ vom 23. d. M.
ſchreibt: „In dieſen Tagen hat ſeit Neujahr 1899 der
27. römiſchkatholiſche Prieſter ſeinen Abfall von der
katholiſchen Kirche angemeldet. Derſelbe iſt ein Nord-
mährer und wird als Pfarrer der altkatholiſchen Kirche
in Schönberg angeſtellt.“ Daß hie und da auch ein
Geiſtlicher noch eines Schürzenbandes willen apoſtatirt,
iſt ja richtig; denn auch unter dem Clerus gibt es
Spren. Aber die Apoſtatie unter dieſem Stande bleibt
doch ſporadiſch. Wäre die vorſtehende Mittheilung mehr
als Entenzucht, mehr als ein Bethörungsverſuch, ſo
hätte die Heilopreſſe gewiß längſt mit den Namen
paradirt. Sie kann das aber nicht. „Windbeutelei“
ſagt das Volk.
Telegramme.
Der ungariſche Reichstag.
Miniſterpräſident Szell hat Sr. Majeſtät
dem Kaiſer am 25. d. M. über die mit dem Arbeits-
programm des Reichstages zuſammenhängenden An-
gelegenheiten Vortrag erſtattet. Der Miniſterpräſident
dürfte vielleicht Abends ſchon wieder nach Budapeſt
zurückkehren.
Eine Kriegsdemonſtration in London.
London, 24. September. Nachmittag wurde nach
dem Trafalgar-Square eine große Volks-
verſammlung einberufen, in welcher gegen
die kriegeriſche Politik der Regierung
gegenüber Transvaal proteſtirt werden ſollte, da
dieſe Politik bei den Boeren den Eindruck hervorrufe,
daß ihnen der Krieg aufgezwungen werde, um ihnen
ihr Land zu nehmen. Von ſechs Tribünen wurde ge-
ſprochen, aber die tauſende Perſonen, welche ſich einge-
funden hatten, ſchwenkten die britiſchen Fahnen und
ſangen die Nationalhymne und „Rule Britannia“, ſo
daß die Redner unverſtändlich blieben. Die erſten
Redner wurden mit Pfeifen und Geſchrei empfangen
und mit Aepfeln beworfen. Auf Chamberlain wurden
Hochrufe ausgebracht und Präſident Krüger ausge-
pfiffen. Die Menge drang wiederholt ſtürmiſch auf die
Redner ein, welche von berittener Polizei umringt und
beſchützt wurden. Trotzdem wurde ein Redner miß-
handelt. Die anweſenden Soldaten wurden von der
Menge unter jubelnden Zurufen auf die Schultern ge-
hoben. Erſt nachdem die Polizei große Verſtärkung
erhalten hatte, gelang es, den Platz und die Umgebung
zu ſäubern. Viele Manifeſtanten wurden verhaftet
Mehrere Perſonen geriethen unter die Hufe der Pferde.
Die Zahl der Theilnehmer wird auf 30.000 geſchätzt.
Die Einberufer der Volksverſammlung auf dem Tra-
falgar-Square hielten noch im Laufe des Abends eine
Sitzung ab, in welcher beſchloſſen wurde, eine öffent-
liche Verſammlung in einem der größten Säle der
Stadt zu veranſtalten.
Socialdemokratiſche Wahlrechtsdemon-
ſtration in Budapeſt.
Budapeſt, 24. September. Nach einer heute
von der internationalen ſocialdemokratiſchen Partei
einberufenen Volksverſammlung mit der
Tagesordnung: Das allgemeine, geheime Wahlrecht,
veranſtalteten die Theilnehmer an derſelben einen
Umzug durch die Straßen. Es ereignete ſich kein
Zwiſchenfall.
Eine Ordre Gallifet’s.
Paris, 25. September. Kriegminiſter General
Gallifet erließ ein Circular, in welchem er
Officieren, die ſich nach Deutſchland, Oeſterreich-
Ungarn oder Italien begeben, verbietet, an Ma-
növern theilzunehmen oder das Terrain der
Truppenübungen ohne behördliche Erlaubniß zu be-
treten. Ebenſo werde kein Officier dieſer drei Mächte
ohne ſchriftliche Ermächtigung den franzöſiſchen Ma-
növern beiwohnen können.
Die Vorgänge in der Türkei.
Konſtantinopel, 24. September. Der Veli von
Koſſowo hat einen neuen Vorſchlag betreffs des
Kirchenſtreites von Kumanowa gemacht.
Die Bulgaren ſollen den Serben 750 Pfund zahlen
und ein anderes Terrain für den Kirchenbau liefern;
bis dahin ſollen die Serben die kleine Capelle
behalten. Die Bulgaren proteſtiren gegen dieſes
Arrangement; auch die Serben ſind mit demſelben
unzufrieden und drohen mit einem Wechſel der Con-
feſſion.
Die allbaneſiſche Bewegung in
Prizrend greift weiter um ſich und iſt bis nach
Priſchtina vorgedrungen. Es wird die Abſetzung des
Vali von Koſſowo und die Wiederkehr des Muteſſarifs
von Prizrend begehrt.
Socialiſtiſche Ruheſtörungen in Spanien.
El Ferroi, 24. September. Geſtern fanden hier
Ruheſtörungen ſtatt, an welchen gegen 3000
Perſonen theilnahmen. Die Demonſtranten bewarfen das
Haus, in dem ſich der Katholiſche Club befindet, ſowie
das Stadthaus mit Steinen und zertrümmerten die
Fenſterſcheiben. Die Municipalgarde gab Feuer, wurde
jedoch zurückgedrängt. 11 Gardiſten und einige Civil-
perſonen wurden verwundet. Gendarmerie zu Pferde
zerſtreute ſchließlich die Menge. In der Stadt herrſcht
Aufregung.
El Ferrol, 24. September. Der Präfect übergab
die Gewalt an die Militärbehörde.
Eine Expedition gegen den Khalifen.
London, 25. September. Wie „Daily Telegraph“
aus Cairo vom 24. d. meldet, werden Vorbereitungen
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