Reichspost. Nr. 273, Wien, 11.11.1907.Wien, Montag Reichspost. 11. November 1907 273 [Spaltenumbruch] Fürstenhöfen nicht durch, so daß noch später ein Dichter klagte, das wichtige Ammenamt werde aus Ersparnis- rücksichten in vornehmen Häusern an niedere Dienerinnen und Schäferinnen vergeben. Man sah also allgemein bei der Amme weniger auf hohe Herkunft, als auf Gesundheit und äußere Vorzüge." * Das gestrige Sonntagswetter. Die Tempe- Die Jahrhundertfeier des Schotten- gymnasiums. Das Festbaukett. An die so glanzvoll verlaufene Festfeier des Schotten- Dann sprachen noch Prälat Rost und Statthalter Sonntag vormittags feierten die gegenwärtigen Die Feier wurde in der Schottenkirche um halb 9 Uhr Im Hintergrunde des Saales war ein mit der Büste Hierauf hielt Direktor Sauer die Festrede. Er An diese Feier schloß sich dann die "General- Große christlichsoziale Versammlungen in Schlesien. [Eigenbericht der "Reichspost".] Zuckmantel, 10. November. Samstag und Sonntag (9. und 10. November) fanden "Die heute tagende Versammlung protestiert gegen Universitätskrawall. Heute mittags fand in der Vorhalle der Universität Eine Erdbebenkatastrophe. Wir erhalten folgende Depesche: Petersburg, 10. November. Aus der Gegend Es ist demnach dieses von Nomadenvölkern bis- Eine Spionagegesellschaft. Die Verhaftung des Schiffsfähnrichs Ullmo gab zu Toulon, 10. November. Ein aus Paris hier ein- Ein verdächtiges Arsenal. Das Waffenlager der revolutionären Arbeiter in Italien. Aus Rom wird uns vom 10. d. geschrieben: In Porto maggiore wurde in den Lokalitäten Telegramme. Zur Eröffnung der russischen Duma. Petersburg, 9. November. Um etwaigen Kund- Bernfung im Prozeß Gurko. Petersburg, 10. November. Wie "Nowoje Pest in Kleinasien. Konstantinopel, 10. November. In Beirut Protest eines Konsularkorps gegen einen französischen Konsul. Paris, 10. November. Aus Mogador wird be- Gianturco gestorben. Neapel, 10. November. Der bisherige Minister Die Verschwörer in Montenegro. Cetinje, 10. November. In Vassojevich wurde Theater, Kunst und Musik. -- Konzertkartenverkauf. Das Vorbezugsrecht der Sportnachrichten. Kennen zu Wien. Gestern fand die diesjährige Wiener Renn- Maiden-Handicap der Zweijährigen. 3000 Kronen. Verkaufsrennen. 2400 Kronen. 1600 Meter. Hetrn Jägerhausrennen. 4000 Kronen. 1800 Meter. Herrn Schlußhandicap. 6500 Kronen. 900 Meter. Bar. Alf. Verkaufsrennen der Zweijährigen. 2400 Kronen[.] Wien, Montag Reichspoſt. 11. November 1907 273 [Spaltenumbruch] Fürſtenhöfen nicht durch, ſo daß noch ſpäter ein Dichter klagte, das wichtige Ammenamt werde aus Erſparnis- rückſichten in vornehmen Häuſern an niedere Dienerinnen und Schäferinnen vergeben. Man ſah alſo allgemein bei der Amme weniger auf hohe Herkunft, als auf Geſundheit und äußere Vorzüge.“ * Das geſtrige Sonntagswetter. Die Tempe- Die Jahrhundertfeier des Schotten- gymnaſiums. Das Feſtbaukett. An die ſo glanzvoll verlaufene Feſtfeier des Schotten- Dann ſprachen noch Prälat Roſt und Statthalter Sonntag vormittags feierten die gegenwärtigen Die Feier wurde in der Schottenkirche um halb 9 Uhr Im Hintergrunde des Saales war ein mit der Büſte Hierauf hielt Direktor Sauer die Feſtrede. Er An dieſe Feier ſchloß ſich dann die „General- Große chriſtlichſoziale Verſammlungen in Schleſien. [Eigenbericht der „Reichspoſt“.] Zuckmantel, 10. November. Samstag und Sonntag (9. und 10. November) fanden „Die heute tagende Verſammlung proteſtiert gegen Univerſitätskrawall. Heute mittags fand in der Vorhalle der Univerſität Eine Erdbebenkataſtrophe. Wir erhalten folgende Depeſche: Petersburg, 10. November. Aus der Gegend Es iſt demnach dieſes von Nomadenvölkern bis- Eine Spionagegeſellſchaft. Die Verhaftung des Schiffsfähnrichs Ullmo gab zu Toulon, 10. November. Ein aus Paris hier ein- Ein verdächtiges Arſenal. Das Waffenlager der revolutionären Arbeiter in Italien. Aus Rom wird uns vom 10. d. geſchrieben: In Porto maggiore wurde in den Lokalitäten Telegramme. Zur Eröffnung der ruſſiſchen Duma. Petersburg, 9. November. Um etwaigen Kund- Bernfung im Prozeß Gurko. Petersburg, 10. November. Wie „Nowoje Peſt in Kleinaſien. Konſtantinopel, 10. November. In Beirut Proteſt eines Konſularkorps gegen einen franzöſiſchen Konſul. Paris, 10. November. Aus Mogador wird be- Gianturco geſtorben. Neapel, 10. November. Der bisherige Miniſter Die Verſchwörer in Montenegro. Cetinje, 10. November. In Vaſſojevich wurde Theater, Kunſt und Muſik. — Konzertkartenverkauf. Das Vorbezugsrecht der Sportnachrichten. Kennen zu Wien. Geſtern fand die diesjährige Wiener Renn- Maiden-Handicap der Zweijährigen. 3000 Kronen. Verkaufsrennen. 2400 Kronen. 1600 Meter. Hetrn Jägerhausrennen. 4000 Kronen. 1800 Meter. Herrn Schlußhandicap. 6500 Kronen. 900 Meter. Bar. Alf. Verkaufsrennen der Zweijährigen. 2400 Kronen[.] <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0006" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Wien, Montag <hi rendition="#g">Reichspoſt.</hi> 11. November 1907 273</hi></fw><lb/><cb/> Fürſtenhöfen nicht durch, ſo daß noch ſpäter ein Dichter<lb/> klagte, das wichtige Ammenamt werde aus Erſparnis-<lb/> rückſichten in vornehmen Häuſern an niedere Dienerinnen<lb/> und Schäferinnen vergeben. Man ſah alſo allgemein bei<lb/> der Amme weniger auf hohe Herkunft, als auf Geſundheit<lb/> und äußere Vorzüge.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Das geſtrige Sonntagswetter.</hi> </head> <p>Die Tempe-<lb/> ratur hält ſich zwiſchen 3 und 5 Grad, alſo<lb/> ſo ziemlich auf dem normalen Monatsmittel. Für die<lb/> Wiener Gaſtwirte, Cafetiers, Vergnügungsetabliſſements,<lb/> Theater u. ſ. w. war ein veritables, goldenes<lb/> Sonntagswetter. Auch die Heurigenſchänken wurden ſtark<lb/> frequentiert. Der Sonntag abends eingefallene Nebel<lb/> verdichtete ſich nachts in beträchtlichem Maße und ge-<lb/> ſtaltete ſich heute früh in der Stadt zu einem widerlichen,<lb/> den Atem beklemmenden Nauchnebel, der noch um 9 Uhr<lb/> vormittags ſo dicht war, daß die Straßenbahnen be-<lb/> leuchtet fuhren. Nach der allgemeinen Wetterlage iſt eine<lb/> Wetterbeſſerung zu erwarten.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Jahrhundertfeier des Schotten-<lb/> gymnaſiums.<lb/> Das Feſtbaukett.</hi> </head><lb/> <p>An die ſo glanzvoll verlaufene Feſtfeier des Schotten-<lb/> gymnaſiums, über die wir in unſerer letzten Nummer<lb/> ausführlich berichtet haben, ſchloß ſich am Samstag-<lb/> Abend ein im Feſtſaale des Hotels „Continental“ abge-<lb/> haltenes Bankett, welches einen überaus erhebenden<lb/> Verlauf nahm. Mehr als 400 ehemalige Schüler des<lb/> jubilierenden Gymnaſiums hatten ſich eingefunden und<lb/> acht aufgeſtellte Tafeln vermochten kaum die Gäſte zu<lb/> faſſen. Im offiziellen Teil des Banketts ſprachen Doktor<lb/> Wittek, der mitteilte, daß vom Kaiſer auf die Huldigungs-<lb/> depeſche vom Vormittage folgende Antwort eingetroffen<lb/> ſei: „Seine k. u. k. Apoſtoliſche Majeſtät danken den<lb/> Teilnehmern an der heutigen erhebenden Jahrhundert-<lb/> feier allergnädigſt für die dargebrachte Huldigung und<lb/> begleiten die weitere gedeihliche Entwicklung des unter<lb/> der erfolgreichen Leitung des Schottenſtiftes ſtehenden<lb/> Gymnaſiums mit den aufrichtigſten Wünſchen. Im<lb/> Allerhöchſten Auftrage: Der Kabinettsdirektor Schießl.“<lb/> Dr. v. Wittek ſchließt ſeine Rede mit einem begeiſtert<lb/> aufgenommenen Toaſt auf den Kaiſer.</p><lb/> <p>Dann ſprachen noch Prälat Roſt und Statthalter<lb/> Graf Kielmansegg. Dem offiziellen Teile folgte eine<lb/> flotte Exkneipe.</p><lb/> <p>Sonntag vormittags feierten die gegenwärtigen<lb/> Frequentanten aller Klaſſen das Jubiläum. Unter ihnen<lb/> befand ſich auch der jüngere Sohn weiland des Erz-<lb/> herzogs <hi rendition="#g">Otto,</hi> der im 13. Lebensjahr ſtehende Erz-<lb/> herzog <hi rendition="#g">Max.</hi> </p><lb/> <p>Die Feier wurde in der Schottenkirche um halb 9 Uhr<lb/> vormittags mit einer vom Schottenprieſter Dr. Philipp<lb/><hi rendition="#g">Heberdey</hi> zelebrierten feierlichen Meſſe eingeleitet,<lb/> worauf ſämtliche Schüler des Gymnaſiums ſich in den<lb/> Prälatenſaal begaben.</p><lb/> <p>Im Hintergrunde des Saales war ein mit der Büſte<lb/> des <hi rendition="#g">Kaiſers</hi> und mit Pflanzen und Blumen reich-<lb/> geſchmücktes Podium errichtet. Klaſſenweiſe waren die<lb/> Schulen aufgeſtellt. Der Feier wohnten bei: der Abt des<lb/> Schottenſtiftes <hi rendition="#aq">P.</hi> Leopold Roſt, der Landesſchulinſpektor<lb/> Stefan <hi rendition="#g">Kapp,</hi> der Direktor des Schottengymnaſiums<lb/> Regierungsrat <hi rendition="#aq">P.</hi> Anton <hi rendition="#g">Sauer</hi> mit ſämtlichen Pro-<lb/> feſſoren und andere Feſtgäſte. Unter der Leitung des<lb/> Gymnaſialprofeſſors <hi rendition="#aq">P.</hi> Benedikt Loſert wurde von einem<lb/> aus Schülern zuſammengeſetzten Chore in vortrefflicher<lb/> Weiſe der Chor „Die Ehre Gottes“ zu Gehör gebracht.</p><lb/> <p>Hierauf hielt Direktor <hi rendition="#g">Sauer</hi> die Feſtrede. Er<lb/> ſchloß: „So wollen wir denn noch zum Beweiſe unſerer<lb/> tiefſten Verehrung und Ergebenheit die Feier in den Ruf<lb/> ausklingen laſſen, „Unſer allergnädigſter Herr und Kaiſer<lb/> Se. Majeſtät hoch, hoch, hoch!“ Stürmiſche und be-<lb/> geiſterte Hochrufe folgten dem Schluſſe und der ober-<lb/> wähnte Chor ſtimmte hierauf die Volkshymne an. —<lb/> Hierauf hielt noch Landesſchulinſpektor <hi rendition="#g">Kapp</hi> eine An-<lb/> ſprache, in welcher er in ſeiner Einleitung den Direktor<lb/> und den geſamten Lehrkörper in warmen Worten be-<lb/> glückwünſchte.</p><lb/> <p>An dieſe Feier ſchloß ſich dann die <hi rendition="#g">„General-<lb/> probe“</hi> zu der heute Montag, nachmittags 3 Uhr, im<lb/> Prälatenſaale des Schottenſtiftes von den Schülern dieſes<lb/> Gymnaſiums zu veranſtaltenden Feſtakademie.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Große chriſtlichſoziale Verſammlungen in<lb/> Schleſien.</hi><lb/> <hi rendition="#g">[Eigenbericht der „Reichspoſt“.]</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Zuckmantel,</hi> 10. November.</dateline><lb/> <p>Samstag und Sonntag (9. und 10. November) fanden<lb/> im Markte <hi rendition="#g">Niklasdorf</hi> und der Stadt <hi rendition="#g">Zuckmantel</hi><lb/> zwei maſſenhaft beſuchte Verſammlungen ſtatt. In jeder<lb/> derſelben waren ungefähr 400 Männer anweſend. In<lb/><hi rendition="#g">Niklasdorf</hi> führte Herr GR. <hi rendition="#g">Gröger,</hi> in <hi rendition="#g">Zuck-<lb/> mantel</hi> der Obmann des Chriſtlichſozialen<lb/> Vereines Gerichtsadjunkt Dr. <hi rendition="#g">Bruckl</hi> den Vorſitz.<lb/> Rabg. <hi rendition="#g">Wohlmeyer</hi> entwickelte in längerer, oft von<lb/> Beifall unterbrochener Rede den Werdegang der öſter-<lb/> reichiſchen Volkswirtſchaft, beſprach die Steuer- und<lb/> Schuldenmiſere, das Kartellunweſen, die Handwerker-<lb/> frage, die Schäden der Unfallverſicherung und<lb/> die allgemeine Altersverſorgung. Beſonderes Intereſſe<lb/> fanden ſeine Ausführungen über die Teuerung und den<lb/> Ausgleich mit Ungarn. Profeſſor <hi rendition="#g">Habel</hi> entwickelte<lb/><cb/> nun das Parteiprogramm und erörterte unter begeiſtertem<lb/> Beifall die Forderungen der chriſtlichſozialen Partei für<lb/> Bauern- und Gewerbeſtand und für die Arbeiterſchaft.<lb/> Hinweiſend auf die bisherigen Leiſtungen der Partei in<lb/> Land und Stadt zeigte er die Forderungen der Zu-<lb/> kunft. Nachdem Redner noch die Lügen der Gegner über<lb/> die Partei zurückgewieſen hatte, wurde unter demoſtra-<lb/> tivem Beifall folgende Reſolution einſtimmig ange-<lb/> nommen:</p><lb/> <p>„Die heute tagende Verſammlung proteſtiert gegen<lb/> alle jene Beſtrebungen, welche darauf gerichtet ſind, die<lb/> materiellen Intereſſen des Volkes zu ſchädigen; ſie<lb/> proteſtiert aber auch gegen jene Beſtrebungen, die dem<lb/> chriſtlichen Volke die idealen Güter zu rauben ſuchen, die<lb/> die chriſtliche Familie zerſtören, unſern Kindern das<lb/> Chriſtentum aus den Herzen reißen wollen, und fordert<lb/> alle Abgeordneten auf, alle dieſe Beſtrebungen<lb/> zu bekämpfen und begrüßt es aufs lebhafteſte,<lb/> daß die chriſtlichſoziale Partei den Kampf aufgenommen<lb/> und auch in einigen Kronländern ſiegreich durchgeführt<lb/> hat. Sie begrüßt es, daß dieſe Partei auch in Schleſien<lb/> das Volk aufzuklären ſucht und wir jubeln ihr mit<lb/> freudigem Dank entgegen.“ Nachdem ſich der Beifall<lb/> gelegt hatte, interpellierte ein Sozialdemokrat, wurde aber<lb/> von Profeſſor <hi rendition="#g">Habel</hi> ſchneidig abgeführt. Mit Hoch-<lb/> und Heilrufen auf die Partei, auf Kaiſer und Papſt,<lb/> wurden dieſe impoſanten Kundgebungen geſchloſſen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Univerſitätskrawall.</hi> </head><lb/> <p>Heute mittags fand in der Vorhalle der Univerſität<lb/> eine arge Rauferei ſtatt. Die Italiener kamen in ge-<lb/> ſchloſſenem Zuge und ein Redner beanſpruchte<lb/> für die Italiener dieſelben Rechte, wie ſie die Deutſchen<lb/> haben. Er wurde aber niedergeſchrieen und im Nu ſah man<lb/> Stöcke und Fäuſte drohend erhoben. Die Italiener<lb/> wurden von allen deutſchen Studenten hinausgetrieben,<lb/> wobei mehrere blutige Köpfe davontrugen. Das eiſerne<lb/> Torgitter wurde geſchloſſen, worauf die Italiener noch<lb/> die Glasſcheiben des Tores in Trümmer ſchlugen. Beide<lb/> Parteien ſchloſſen ihre „Tätigkeit“ mit nationalen<lb/> Liedern.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Erdbebenkataſtrophe.</hi> </head><lb/> <p>Wir erhalten folgende Depeſche:</p><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 10. November.</dateline> <p>Aus der Gegend<lb/> von Karatag kommt die Meldung über eine <hi rendition="#g">neuer-<lb/> lichefurchtbare Erdbebenkataſtrophe,<lb/> welche alle um Karatag gelegenen<lb/> Ortſchaften vernichtet</hi> haben ſoll. Ebenſo<lb/> ſei das ganze Bekat Denau zerſtört, wobei über<lb/><hi rendition="#g">1000 Menſchen ums Leben gekommen</hi><lb/> wären.</p> </div><lb/> <div n="3"> <p>Es iſt demnach dieſes von Nomadenvölkern bis-<lb/> her bewohnte Gebiet ein Erdbebenherd, von deſſen<lb/> Gefährlichkeit man bisher faſt nichts wußte. Karatag,<lb/> die ſogenannte Hauptſtadt, iſt vor ganz kurzer Zeit<lb/> erſt der Vernichtung geweiht worden. Soviel man der<lb/> vorliegenden Depeſche entnimmt, hat das Erdbeben eine<lb/> Gegend betroffen, die ſo groß iſt wie ein kleines Kron-<lb/> land unſeres Reiches.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Spionagegeſellſchaft.</hi> </head><lb/> <p>Die Verhaftung des Schiffsfähnrichs Ullmo gab zu<lb/> einer eingehenden Nachforſchung Anlaß, in deren Verlauf<lb/> man auf eine mit Ullmo allerdings nicht zuſammen-<lb/> hängende Spionagegeſellſchaft ſtieß, die planmäßig und<lb/> als Geſchäft die Ausſpähung und den Verrat von mili-<lb/> täriſchen Geheimniſſen betrieb.</p><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Toulon,</hi> 10. November.</dateline> <p>Ein aus Paris hier ein-<lb/> getroffener Sicherheitsinſpektor hat über eine neue<lb/> Spionageaffäre die Unterſuchung eingeleitet und <hi rendition="#g">vier<lb/> Verhaftungen</hi> vorgenommen. Es handelt ſich<lb/> um eine <hi rendition="#g">Spionagegeſellſchaft,</hi> die durch die<lb/> Unterſuchungen in der Affäre Ullmo aufgedeckt worden<lb/> iſt. Dieſe Unterſuchungen haben zutage gefördert, daß<lb/> gewiſſe Individuen in Marſeille, Toulon und Ventimiglia<lb/> ihre Tätigkeit entwickelt haben. Gleichwohl ſcheint Ullmo<lb/> mit dieſer Geſellſchaft nichts zu tun gehabt zu haben<lb/> und es iſt nicht möglich, herauszubringen, ob ein<lb/> Zuſammenhang zwiſchen dieſen beiden Affären beſteht.<lb/> Bis jetzt ſind <hi rendition="#g">fünf Verhaftungen</hi> vorge-<lb/> nommen worden, und zwar eine in Toulon, die übrigen<lb/> in Marſeille. Das in Toulon verhaftete Individuum<lb/> iſt ein Franzoſe, der längere Zeit im Auslande ge-<lb/> lebt hat.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein verdächtiges Arſenal.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Das Waffenlager der revolutionären<lb/> Arbeiter in Italien.</hi> </head><lb/> <p> Aus <hi rendition="#g">Rom</hi> wird uns vom 10. d. geſchrieben:</p><lb/> <p>In Porto maggiore wurde in den Lokalitäten<lb/> der dortigen <hi rendition="#g">Ortsgruppe des Feldarbeiter-<lb/> bundes</hi> ein <hi rendition="#g">großes Waffendepot</hi> entdeckt.<lb/> — „Popolo romano“ ſchreibt hiezu: Die Entdeckung<lb/> iſt eine derartige, daß ſie die ernſteſten Beſorgniſſe ein-<lb/> flöſſen müſſe. Schon ſeit längerem iſt es bekannt, daß<lb/> der Feldarbeiterbund unter dem Vorwande einer<lb/> wirtſchaftlichen Organiſation nichts anderes betreibt,<lb/> als eine Organiſation für einen <hi rendition="#g">bewaffneten<lb/><cb/> politiſchen Aufſtand.</hi> Hiefür ſei die Ent-<lb/> deckung des Waffendepots der beſte Beweis und eine<lb/> Hausdurchſuchung bei den anderen Ortsgruppen würde<lb/> ein ähnliches Reſultat liefern. In der Kammer wurde<lb/> bereits eine Interpellation eingebracht, welche die<lb/> ſtrengſten Maßregeln gegen die vom Feldarbeiterbunde<lb/> betriebene <hi rendition="#g">Vorbereitung eines bewaffneten<lb/> Aufſtandes fordert.</hi> </p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Telegramme.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zur Eröffnung der ruſſiſchen Duma.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 9. November.</dateline> <p>Um etwaigen Kund-<lb/> gebungen am Eröffnungstage der Duma vorzubeugen,<lb/> hat der Stadthauptmann eine Bekanntmachung er-<lb/> laſſen, worin erklärt wird, daß keinerlei Verſamm-<lb/> lungen, Umzüge oder ſonſtige Kundgebungen zuge-<lb/> laſſen werden würden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Bernfung im Prozeß Gurko.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 10. November.</dateline> <p>Wie „Nowoje<lb/> Wremja“ erfährt, hat der Verteidiger <hi rendition="#g">Gurkos</hi><lb/> gegen deſſen Verurteilung Berufung eingelegt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Peſt in Kleinaſien.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Konſtantinopel,</hi> 10. November.</dateline> <p>In Beirut<lb/> wurde <hi rendition="#g">ein peſtverdächtiger</hi> Erkrankungsfall<lb/> feſtgeſtellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Proteſt eines Konſularkorps gegen einen<lb/> franzöſiſchen Konſul.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 10. November.</dateline> <p>Aus Mogador wird be-<lb/> richtet, daß der Miniſter des Aeußern des Gegenſultans<lb/> Muley Hafid den franzöſiſchen Konſul Kuri in Mogador<lb/><hi rendition="#g">für die anderen Konſuln beſtimmte<lb/> Briefe</hi> mit dem Erſuchen überſendete, ſie ſeinem<lb/> Kollegen zu übermitteln. Der franzöſiſche Konſul hielt<lb/> ſich nicht für berufen, dieſem Erſuchen zu entſprechen<lb/> und ſandte die Briefe an den Geſandten Regnault mit der<lb/> Bitte um andere Weiſungen. Die fremden Konſuln hielten<lb/> daraufhin eine Konferenz ab, in der beſonders der<lb/> ſpaniſche und der engliſche <hi rendition="#g">Konſul ihren Un-<lb/> willen hierüber ausſprachen</hi> und in<lb/> welcher der Proteſt des Konſularkorps zu Protokoll<lb/> gegeben wurde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gianturco geſtorben.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Neapel,</hi> 10. November.</dateline> <p>Der bisherige Miniſter<lb/> für öffentliche Arbeiten, Emanuele Gianturco, iſt heute<lb/> nachmittags geſtorben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Verſchwörer in Montenegro.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Cetinje,</hi> 10. November.</dateline> <p>In Vaſſojevich wurde<lb/> heute der türkiſche Untertan Andrjia Vukajlow Panto-<lb/> vich <hi rendition="#g">verhaftet.</hi> In ſeinem Beſitze wurden <hi rendition="#g">ſechs<lb/> Bomben</hi> gefunden. Er ſoll ein Genoſſe des nach<lb/> Belgrad ausgewanderten ehemaligen montenegriniſchen<lb/> Deputierten Vaſſo Tſchulaſich geweſen ſein.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Theater, Kunſt und Muſik.</hi> </head><lb/> <div type="jAn" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Konzertkartenverkauf.</hi> </head> <p>Das Vorbezugsrecht der<lb/> Stifter, Gründer und unterſtützenden Mitglieder der Geſell-<lb/> ſchaft der Muſikfreunde für das erſte außerordentliche<lb/> Geſellſchaftskonzert (Guſtav <hi rendition="#g">Mahlers</hi> zweite Sinfonie)<lb/> kann vom 11. bis 13. d. M. an der Konzertkaſſe, 1. Bezirk,<lb/> Canovagaſſe 4, ausgeübt werden; der <hi rendition="#g">allgemeine Ver-<lb/> kauf</hi> beginnt am 16. d. M. Die Preiſe der Plätze für<lb/> dieſes Konzert, deſſen Reinerträgnis dem <hi rendition="#g">Orgelfonds</hi> der<lb/> Geſellſchaft der Muſikfreunde zugeführt wird, ſind mit 20,<lb/> 16, 12, 10, 8, 6, 4 und 3 Kronen feſtgeſetzt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Sportnachrichten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kennen zu Wien.</hi> </head><lb/> <p>Geſtern fand die diesjährige <hi rendition="#g">Wiener Renn-<lb/> ſaiſon ihren Abſchluß.</hi> Leider verdarb das<lb/> ſchlechte Wetter den Abſchied von der Rennbahn, die<lb/> aber immerhin recht gut beſucht war. In mehreren<lb/> Kennen gab es Siege großer Außenſeiter. Nachſtehend<lb/> die Ergebniſſe des Tages:</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Maiden-Handicap der Zweijährigen.</hi> 3000 Kronen.<lb/> 1100 Meter. Herrn Vonwillers br. H. Braeciano, 60 Kg.<lb/> (Pis) 1., Forfert 2., Validol 3. Bocaccio, Kellner, Ifjaß-<lb/> zony, Harnnakin, Vilja. Tot. 212 : 10 (73 : 5). Platz 97,<lb/> 47, 39 : 20.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Verkaufsrennen.</hi> 2400 Kronen. 1600 Meter. Hetrn<lb/> Meichls 5jähr. br. St. Foglalo, 52·5 Kg. (Gulyas) 1.,<lb/> Janos vites 2, Nemes 3. Tot. 15 : 10 (8 : 5).</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Jägerhausrennen.</hi> 4000 Kronen. 1800 Meter. Herrn<lb/> V. v. Mautners 6jähr. br. W. Bator, 56·5 Kg. (Heidt) <hi rendition="#aq">I.,</hi><lb/> Taltos 2., Biſamberg 3. Jeanette. Tot. 44 : 10 (26 : 5).<lb/> Platz 36, 25 : 20.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Schlußhandicap.</hi> 6500 Kronen. 900 Meter. Bar. Alf.<lb/> Rothſchilds dbr. H. Armand, 51·5 Kg. (Cockeram) 1., Su-<lb/> perba 2., Pengot 3. Tilos, Bella, Sodoma, Stromboli,<lb/> Floridsdorf, Julietta, Edua, Dorca. Tot. 122 : 10 (55 : 5).<lb/> Platz 91, 72, 120 : 20.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Verkaufsrennen der Zweijährigen.</hi> 2400 Kronen<supplied>.</supplied><lb/> 1000 Meter. Bar. Uechtritz’ FSt. Cſilla, 46 Kg. (Gulyas)<lb/> 1., Haluska 2., Flower ſeller 3. Glanure. Tot. 35 : 10<lb/> (17 : 5). Platz 33, 54 : 20.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [6/0006]
Wien, Montag Reichspoſt. 11. November 1907 273
Fürſtenhöfen nicht durch, ſo daß noch ſpäter ein Dichter
klagte, das wichtige Ammenamt werde aus Erſparnis-
rückſichten in vornehmen Häuſern an niedere Dienerinnen
und Schäferinnen vergeben. Man ſah alſo allgemein bei
der Amme weniger auf hohe Herkunft, als auf Geſundheit
und äußere Vorzüge.“
* Das geſtrige Sonntagswetter. Die Tempe-
ratur hält ſich zwiſchen 3 und 5 Grad, alſo
ſo ziemlich auf dem normalen Monatsmittel. Für die
Wiener Gaſtwirte, Cafetiers, Vergnügungsetabliſſements,
Theater u. ſ. w. war ein veritables, goldenes
Sonntagswetter. Auch die Heurigenſchänken wurden ſtark
frequentiert. Der Sonntag abends eingefallene Nebel
verdichtete ſich nachts in beträchtlichem Maße und ge-
ſtaltete ſich heute früh in der Stadt zu einem widerlichen,
den Atem beklemmenden Nauchnebel, der noch um 9 Uhr
vormittags ſo dicht war, daß die Straßenbahnen be-
leuchtet fuhren. Nach der allgemeinen Wetterlage iſt eine
Wetterbeſſerung zu erwarten.
Die Jahrhundertfeier des Schotten-
gymnaſiums.
Das Feſtbaukett.
An die ſo glanzvoll verlaufene Feſtfeier des Schotten-
gymnaſiums, über die wir in unſerer letzten Nummer
ausführlich berichtet haben, ſchloß ſich am Samstag-
Abend ein im Feſtſaale des Hotels „Continental“ abge-
haltenes Bankett, welches einen überaus erhebenden
Verlauf nahm. Mehr als 400 ehemalige Schüler des
jubilierenden Gymnaſiums hatten ſich eingefunden und
acht aufgeſtellte Tafeln vermochten kaum die Gäſte zu
faſſen. Im offiziellen Teil des Banketts ſprachen Doktor
Wittek, der mitteilte, daß vom Kaiſer auf die Huldigungs-
depeſche vom Vormittage folgende Antwort eingetroffen
ſei: „Seine k. u. k. Apoſtoliſche Majeſtät danken den
Teilnehmern an der heutigen erhebenden Jahrhundert-
feier allergnädigſt für die dargebrachte Huldigung und
begleiten die weitere gedeihliche Entwicklung des unter
der erfolgreichen Leitung des Schottenſtiftes ſtehenden
Gymnaſiums mit den aufrichtigſten Wünſchen. Im
Allerhöchſten Auftrage: Der Kabinettsdirektor Schießl.“
Dr. v. Wittek ſchließt ſeine Rede mit einem begeiſtert
aufgenommenen Toaſt auf den Kaiſer.
Dann ſprachen noch Prälat Roſt und Statthalter
Graf Kielmansegg. Dem offiziellen Teile folgte eine
flotte Exkneipe.
Sonntag vormittags feierten die gegenwärtigen
Frequentanten aller Klaſſen das Jubiläum. Unter ihnen
befand ſich auch der jüngere Sohn weiland des Erz-
herzogs Otto, der im 13. Lebensjahr ſtehende Erz-
herzog Max.
Die Feier wurde in der Schottenkirche um halb 9 Uhr
vormittags mit einer vom Schottenprieſter Dr. Philipp
Heberdey zelebrierten feierlichen Meſſe eingeleitet,
worauf ſämtliche Schüler des Gymnaſiums ſich in den
Prälatenſaal begaben.
Im Hintergrunde des Saales war ein mit der Büſte
des Kaiſers und mit Pflanzen und Blumen reich-
geſchmücktes Podium errichtet. Klaſſenweiſe waren die
Schulen aufgeſtellt. Der Feier wohnten bei: der Abt des
Schottenſtiftes P. Leopold Roſt, der Landesſchulinſpektor
Stefan Kapp, der Direktor des Schottengymnaſiums
Regierungsrat P. Anton Sauer mit ſämtlichen Pro-
feſſoren und andere Feſtgäſte. Unter der Leitung des
Gymnaſialprofeſſors P. Benedikt Loſert wurde von einem
aus Schülern zuſammengeſetzten Chore in vortrefflicher
Weiſe der Chor „Die Ehre Gottes“ zu Gehör gebracht.
Hierauf hielt Direktor Sauer die Feſtrede. Er
ſchloß: „So wollen wir denn noch zum Beweiſe unſerer
tiefſten Verehrung und Ergebenheit die Feier in den Ruf
ausklingen laſſen, „Unſer allergnädigſter Herr und Kaiſer
Se. Majeſtät hoch, hoch, hoch!“ Stürmiſche und be-
geiſterte Hochrufe folgten dem Schluſſe und der ober-
wähnte Chor ſtimmte hierauf die Volkshymne an. —
Hierauf hielt noch Landesſchulinſpektor Kapp eine An-
ſprache, in welcher er in ſeiner Einleitung den Direktor
und den geſamten Lehrkörper in warmen Worten be-
glückwünſchte.
An dieſe Feier ſchloß ſich dann die „General-
probe“ zu der heute Montag, nachmittags 3 Uhr, im
Prälatenſaale des Schottenſtiftes von den Schülern dieſes
Gymnaſiums zu veranſtaltenden Feſtakademie.
Große chriſtlichſoziale Verſammlungen in
Schleſien.
[Eigenbericht der „Reichspoſt“.]
Zuckmantel, 10. November.
Samstag und Sonntag (9. und 10. November) fanden
im Markte Niklasdorf und der Stadt Zuckmantel
zwei maſſenhaft beſuchte Verſammlungen ſtatt. In jeder
derſelben waren ungefähr 400 Männer anweſend. In
Niklasdorf führte Herr GR. Gröger, in Zuck-
mantel der Obmann des Chriſtlichſozialen
Vereines Gerichtsadjunkt Dr. Bruckl den Vorſitz.
Rabg. Wohlmeyer entwickelte in längerer, oft von
Beifall unterbrochener Rede den Werdegang der öſter-
reichiſchen Volkswirtſchaft, beſprach die Steuer- und
Schuldenmiſere, das Kartellunweſen, die Handwerker-
frage, die Schäden der Unfallverſicherung und
die allgemeine Altersverſorgung. Beſonderes Intereſſe
fanden ſeine Ausführungen über die Teuerung und den
Ausgleich mit Ungarn. Profeſſor Habel entwickelte
nun das Parteiprogramm und erörterte unter begeiſtertem
Beifall die Forderungen der chriſtlichſozialen Partei für
Bauern- und Gewerbeſtand und für die Arbeiterſchaft.
Hinweiſend auf die bisherigen Leiſtungen der Partei in
Land und Stadt zeigte er die Forderungen der Zu-
kunft. Nachdem Redner noch die Lügen der Gegner über
die Partei zurückgewieſen hatte, wurde unter demoſtra-
tivem Beifall folgende Reſolution einſtimmig ange-
nommen:
„Die heute tagende Verſammlung proteſtiert gegen
alle jene Beſtrebungen, welche darauf gerichtet ſind, die
materiellen Intereſſen des Volkes zu ſchädigen; ſie
proteſtiert aber auch gegen jene Beſtrebungen, die dem
chriſtlichen Volke die idealen Güter zu rauben ſuchen, die
die chriſtliche Familie zerſtören, unſern Kindern das
Chriſtentum aus den Herzen reißen wollen, und fordert
alle Abgeordneten auf, alle dieſe Beſtrebungen
zu bekämpfen und begrüßt es aufs lebhafteſte,
daß die chriſtlichſoziale Partei den Kampf aufgenommen
und auch in einigen Kronländern ſiegreich durchgeführt
hat. Sie begrüßt es, daß dieſe Partei auch in Schleſien
das Volk aufzuklären ſucht und wir jubeln ihr mit
freudigem Dank entgegen.“ Nachdem ſich der Beifall
gelegt hatte, interpellierte ein Sozialdemokrat, wurde aber
von Profeſſor Habel ſchneidig abgeführt. Mit Hoch-
und Heilrufen auf die Partei, auf Kaiſer und Papſt,
wurden dieſe impoſanten Kundgebungen geſchloſſen.
Univerſitätskrawall.
Heute mittags fand in der Vorhalle der Univerſität
eine arge Rauferei ſtatt. Die Italiener kamen in ge-
ſchloſſenem Zuge und ein Redner beanſpruchte
für die Italiener dieſelben Rechte, wie ſie die Deutſchen
haben. Er wurde aber niedergeſchrieen und im Nu ſah man
Stöcke und Fäuſte drohend erhoben. Die Italiener
wurden von allen deutſchen Studenten hinausgetrieben,
wobei mehrere blutige Köpfe davontrugen. Das eiſerne
Torgitter wurde geſchloſſen, worauf die Italiener noch
die Glasſcheiben des Tores in Trümmer ſchlugen. Beide
Parteien ſchloſſen ihre „Tätigkeit“ mit nationalen
Liedern.
Eine Erdbebenkataſtrophe.
Wir erhalten folgende Depeſche:
Petersburg, 10. November. Aus der Gegend
von Karatag kommt die Meldung über eine neuer-
lichefurchtbare Erdbebenkataſtrophe,
welche alle um Karatag gelegenen
Ortſchaften vernichtet haben ſoll. Ebenſo
ſei das ganze Bekat Denau zerſtört, wobei über
1000 Menſchen ums Leben gekommen
wären.
Es iſt demnach dieſes von Nomadenvölkern bis-
her bewohnte Gebiet ein Erdbebenherd, von deſſen
Gefährlichkeit man bisher faſt nichts wußte. Karatag,
die ſogenannte Hauptſtadt, iſt vor ganz kurzer Zeit
erſt der Vernichtung geweiht worden. Soviel man der
vorliegenden Depeſche entnimmt, hat das Erdbeben eine
Gegend betroffen, die ſo groß iſt wie ein kleines Kron-
land unſeres Reiches.
Eine Spionagegeſellſchaft.
Die Verhaftung des Schiffsfähnrichs Ullmo gab zu
einer eingehenden Nachforſchung Anlaß, in deren Verlauf
man auf eine mit Ullmo allerdings nicht zuſammen-
hängende Spionagegeſellſchaft ſtieß, die planmäßig und
als Geſchäft die Ausſpähung und den Verrat von mili-
täriſchen Geheimniſſen betrieb.
Toulon, 10. November. Ein aus Paris hier ein-
getroffener Sicherheitsinſpektor hat über eine neue
Spionageaffäre die Unterſuchung eingeleitet und vier
Verhaftungen vorgenommen. Es handelt ſich
um eine Spionagegeſellſchaft, die durch die
Unterſuchungen in der Affäre Ullmo aufgedeckt worden
iſt. Dieſe Unterſuchungen haben zutage gefördert, daß
gewiſſe Individuen in Marſeille, Toulon und Ventimiglia
ihre Tätigkeit entwickelt haben. Gleichwohl ſcheint Ullmo
mit dieſer Geſellſchaft nichts zu tun gehabt zu haben
und es iſt nicht möglich, herauszubringen, ob ein
Zuſammenhang zwiſchen dieſen beiden Affären beſteht.
Bis jetzt ſind fünf Verhaftungen vorge-
nommen worden, und zwar eine in Toulon, die übrigen
in Marſeille. Das in Toulon verhaftete Individuum
iſt ein Franzoſe, der längere Zeit im Auslande ge-
lebt hat.
Ein verdächtiges Arſenal.
Das Waffenlager der revolutionären
Arbeiter in Italien.
Aus Rom wird uns vom 10. d. geſchrieben:
In Porto maggiore wurde in den Lokalitäten
der dortigen Ortsgruppe des Feldarbeiter-
bundes ein großes Waffendepot entdeckt.
— „Popolo romano“ ſchreibt hiezu: Die Entdeckung
iſt eine derartige, daß ſie die ernſteſten Beſorgniſſe ein-
flöſſen müſſe. Schon ſeit längerem iſt es bekannt, daß
der Feldarbeiterbund unter dem Vorwande einer
wirtſchaftlichen Organiſation nichts anderes betreibt,
als eine Organiſation für einen bewaffneten
politiſchen Aufſtand. Hiefür ſei die Ent-
deckung des Waffendepots der beſte Beweis und eine
Hausdurchſuchung bei den anderen Ortsgruppen würde
ein ähnliches Reſultat liefern. In der Kammer wurde
bereits eine Interpellation eingebracht, welche die
ſtrengſten Maßregeln gegen die vom Feldarbeiterbunde
betriebene Vorbereitung eines bewaffneten
Aufſtandes fordert.
Telegramme.
Zur Eröffnung der ruſſiſchen Duma.
Petersburg, 9. November. Um etwaigen Kund-
gebungen am Eröffnungstage der Duma vorzubeugen,
hat der Stadthauptmann eine Bekanntmachung er-
laſſen, worin erklärt wird, daß keinerlei Verſamm-
lungen, Umzüge oder ſonſtige Kundgebungen zuge-
laſſen werden würden.
Bernfung im Prozeß Gurko.
Petersburg, 10. November. Wie „Nowoje
Wremja“ erfährt, hat der Verteidiger Gurkos
gegen deſſen Verurteilung Berufung eingelegt.
Peſt in Kleinaſien.
Konſtantinopel, 10. November. In Beirut
wurde ein peſtverdächtiger Erkrankungsfall
feſtgeſtellt.
Proteſt eines Konſularkorps gegen einen
franzöſiſchen Konſul.
Paris, 10. November. Aus Mogador wird be-
richtet, daß der Miniſter des Aeußern des Gegenſultans
Muley Hafid den franzöſiſchen Konſul Kuri in Mogador
für die anderen Konſuln beſtimmte
Briefe mit dem Erſuchen überſendete, ſie ſeinem
Kollegen zu übermitteln. Der franzöſiſche Konſul hielt
ſich nicht für berufen, dieſem Erſuchen zu entſprechen
und ſandte die Briefe an den Geſandten Regnault mit der
Bitte um andere Weiſungen. Die fremden Konſuln hielten
daraufhin eine Konferenz ab, in der beſonders der
ſpaniſche und der engliſche Konſul ihren Un-
willen hierüber ausſprachen und in
welcher der Proteſt des Konſularkorps zu Protokoll
gegeben wurde.
Gianturco geſtorben.
Neapel, 10. November. Der bisherige Miniſter
für öffentliche Arbeiten, Emanuele Gianturco, iſt heute
nachmittags geſtorben.
Die Verſchwörer in Montenegro.
Cetinje, 10. November. In Vaſſojevich wurde
heute der türkiſche Untertan Andrjia Vukajlow Panto-
vich verhaftet. In ſeinem Beſitze wurden ſechs
Bomben gefunden. Er ſoll ein Genoſſe des nach
Belgrad ausgewanderten ehemaligen montenegriniſchen
Deputierten Vaſſo Tſchulaſich geweſen ſein.
Theater, Kunſt und Muſik.
— Konzertkartenverkauf. Das Vorbezugsrecht der
Stifter, Gründer und unterſtützenden Mitglieder der Geſell-
ſchaft der Muſikfreunde für das erſte außerordentliche
Geſellſchaftskonzert (Guſtav Mahlers zweite Sinfonie)
kann vom 11. bis 13. d. M. an der Konzertkaſſe, 1. Bezirk,
Canovagaſſe 4, ausgeübt werden; der allgemeine Ver-
kauf beginnt am 16. d. M. Die Preiſe der Plätze für
dieſes Konzert, deſſen Reinerträgnis dem Orgelfonds der
Geſellſchaft der Muſikfreunde zugeführt wird, ſind mit 20,
16, 12, 10, 8, 6, 4 und 3 Kronen feſtgeſetzt.
Sportnachrichten.
Kennen zu Wien.
Geſtern fand die diesjährige Wiener Renn-
ſaiſon ihren Abſchluß. Leider verdarb das
ſchlechte Wetter den Abſchied von der Rennbahn, die
aber immerhin recht gut beſucht war. In mehreren
Kennen gab es Siege großer Außenſeiter. Nachſtehend
die Ergebniſſe des Tages:
Maiden-Handicap der Zweijährigen. 3000 Kronen.
1100 Meter. Herrn Vonwillers br. H. Braeciano, 60 Kg.
(Pis) 1., Forfert 2., Validol 3. Bocaccio, Kellner, Ifjaß-
zony, Harnnakin, Vilja. Tot. 212 : 10 (73 : 5). Platz 97,
47, 39 : 20.
Verkaufsrennen. 2400 Kronen. 1600 Meter. Hetrn
Meichls 5jähr. br. St. Foglalo, 52·5 Kg. (Gulyas) 1.,
Janos vites 2, Nemes 3. Tot. 15 : 10 (8 : 5).
Jägerhausrennen. 4000 Kronen. 1800 Meter. Herrn
V. v. Mautners 6jähr. br. W. Bator, 56·5 Kg. (Heidt) I.,
Taltos 2., Biſamberg 3. Jeanette. Tot. 44 : 10 (26 : 5).
Platz 36, 25 : 20.
Schlußhandicap. 6500 Kronen. 900 Meter. Bar. Alf.
Rothſchilds dbr. H. Armand, 51·5 Kg. (Cockeram) 1., Su-
perba 2., Pengot 3. Tilos, Bella, Sodoma, Stromboli,
Floridsdorf, Julietta, Edua, Dorca. Tot. 122 : 10 (55 : 5).
Platz 91, 72, 120 : 20.
Verkaufsrennen der Zweijährigen. 2400 Kronen.
1000 Meter. Bar. Uechtritz’ FSt. Cſilla, 46 Kg. (Gulyas)
1., Haluska 2., Flower ſeller 3. Glanure. Tot. 35 : 10
(17 : 5). Platz 33, 54 : 20.
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