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Reichspost. Nr. 284, Wien, 14.12.1898.

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284 Wien, Mittwoch Reichspost 14. December 1898

[Spaltenumbruch]
Streiflichter.
Eine Aufforderung an die Lehrer, Social-
demokraten zu werden,

liegt, kaum verblümt, in der
"Freien Lehrerstimme" vor. Anlaß dazu bot der
Aerger, daß bei dem Jubiläums-Ordenregen nicht auch
die -- Lehrer gebührend bedacht worden sind. Doch
wir müssen diese Aufforderung in ihrem ganzen rüden
Ton niedriger hängen. Sie lautet:

"Was man "oben" von einem Lehrer
hält,
konnte man in der letzten Zeit des Jubiläums wieder
einmal recht deutlich beobachten, nämlich beim Medaillen-
Landregen. Wer nur einst ein Bischen den Schießprügel
spazieren geführt hatte, jeder Beamte und Amtsdiener, jeder
Wachmann und Gendarm, jeder Finanz- und Bahnwächter,
jeder erhält eine Jubiläumsmedaille, ja manche ihrer zwei
und drei -- nur der Lehrer ging leer aus, oder es wurde
ihm in einigen Amtsblättern bedeutet, er möge sich eine
solche ums gute und rare Geld irgendwo kaufen. Wir haben
es gewiß nicht nothwendig, zu beweisen, daß die Jungen
durchaus keine Schwärmer für die Brustverzierungen sind, am
allerwenigsten von unverdienten und zufälligen, sondern nur
deshalb wollen wir davon reden, weil es im Lehrstande noch immer
Käuze gibt, die auf die bewußte Hilfe von "oben" warten.
Ihnen ist diesmal augenscheinlich bewiesen worden, auf
welch festem Grunde sie ihre Hoffnungen bauen. Ja, wenn
es mit den Worten ginge, wäre schon dann und wann
Einer zu finden, der sich zum armen Volksschullehrer herab-
ließe und ihm von der "Werthschätzung seiner Culturarbeit"
dort "oben", wo die Geheimräthe üppig wuchern, etwas
vorschwefelte. Der Lehrer könnte auch so etwas vom
"Pflanzer, Hüter und Pfleger des Patriotismus" hören,
wenn er Lust hätte, sich "pflanzen" zu lassen. Das ist alles
recht billig! Aber kommt es zum Zahlen, wenn der Lehrer
seinen anständigen Lohn will, ei, da schreien die Leute im
Chore, der Lehrer sei ein Unzufriedener, ein Socialist, ein
Unpatriot, ohne Religion, der nur immer in klingender
Münze und nicht mit der Hoffnung auf ein besseres Jen-
seits belohnt sein will, und man läßt ihm zum
Wohle des Vaterlandes und der Reli-
gion weiter rackern und hungern bis
ansein seliges Ende.
Wenn es dann gar hoch
hergeht, erhält er, wie ein Straßeneinräumer oder Damen-
diener, das silberne oder goldene Verdienstkreuz dafür, daß
er zum Wohle von Tausenden des Staates ein Leben lang
das "Hungerkreuz" schon getragen. Oder man gibt ihm
nicht einmal das mehr, sondern hängt es irgend einem --
Tomola an. Für das Hungern ist noch keine Me-
daille geschlagen worden, und siehe, Lehrer
des Volkes: "Du
bist ein Proletar" ...
Dein Platz ist nicht dort, wo die Orden prangen, Dein
Platz ist mitten im Volke, dort, wo Tausende und
Millionen wirken und schaffen jahraus und jahrein; dort,
wo für fleißige Arbeit Hunger und Elend blüht. Dort,
in dem dumpfen Zimmer der Proletarierschule, inmitten
der hungernden, frierenden, bleichen Kinder des Elends,
dort ist Dein Platz. Du legst den Keim der Sitte, der
Bildung in die Herzen dieser unglücklichen Kinder, Du
weckst in ihnen das Fünkchen Begeisterung für das Wahre
und Echte, nicht für gleißnerischen Schein und Streberthum.
Es nützt nichts, man hat Dich längst zu jenen gest[e]llt,
die auf äußere Erfolge nicht rechnen dürfen, sondern in sich
den Lohn fühlen müssen für edles Wirken und Schaffen.
Wohlan denn, ziehe die Consequenz. Wenn Du nicht zu
Jenen gehörst, deren Arbeit durch äußere Ehren belohnt
wird, so wirke mit an der Bildung
eines Geschlechtes, das den Mann seiner
selbst wegen ehrt, das
Arbeit achtet und
redlichen Willen und verächtlich hin-
wegblickt über Heuchelei und Streber-
thum.
"

Welcher Ton in den Lehrerblättern gegen
die Negierung

angeschlagen wird, beweist auch ein Artikel
der "Fr. Lehrerstimme", der von den zu geringen
Gehältern der Lehrer handelt, im Gegensatz zu den
aufgebesserten Beamtenbesoldungen. Da heißt es u. A.:
"An den tüchtigen Leistungen der Beamten ist die
Regierung interessirt, da die Beamten ihre Stütze sind.
Die Lehrerarbeit dagegen geschieht im Interesse des
Volkes (nicht auch die der Beamten?) und kann einer
Regierung unter Umständen sehr unbequem werden;
denn Leute, die viel denken (Eigenlob duftet lieblich)
sind gefährlich -- besonders für Regierungen, die etwas
träge sind und gern den alten, überlebten Schimmel
reiten. Daher die merkwürdige Taubheit, die ihr sonst
langes Ohr (!), das bis in die entfer teste Versammlung
reicht, den Forderungen der Lehrer entgegenbringt."
So schreiben Lehrer -- selbst Beamte des
Staates!

Staatsmann und Baner.

Aus Galizien
wird uns Folgender berichtet, für dessen Thatsächlich-
keit uns Bürgschaft geleistet wird. Vor nicht langer
Zeit fuhr der Staatsmann Graf Badeni von
seinem Herrschaftsgute in Galizien nach der Stadt und
blieb auf dem Wege dahin mit seinem Wagen in einem
Sumpfe stecken. Ein Bauer, der in der Stadt eine
Fuhr Holz gekauft hatte, fuhr des Weges und sieht den
Grafen in dieser fatalen Lage. Der Bauer, ein ver-
nünftiger Mann, blickt den Herrn Grafen mitleidig in
die Augen und darauf entwickelt sich folgendes Zwie-
gespräch zwischen dem gelehrten Staatsmann und dem
schlichten Bauer. Bauer: Wenn Du willst, werde
ich Dich sammt dem Wagen herausziehen. --
Staatsmann: Was? Hast Du vielleicht bessere
Pferde als ich? -- Bauer: Das behaupte ich
nicht, aber trotzdem steh' ich dafür ein, daß ich Dir
heraushelfe. -- Staatsmann: Also vorwärts,
mache, daß ich herauskomme! (Der Bauer spannt ein)
-- Bauer: (Das Gespann antreibend) Hüo, Hüo!
geht schon. (Nach einigen Minuten): So, wir sind schon
heraus aus dem Sumpf." -- Staatsmann
(staunend und verblüfft): Ja, so geht's freilich. --
Bauer: Warum machst Du's nich auch so? Ich
habe vorne Tochter und Sohn, hinten Vater und
[Spaltenumbruch] Mutter eingespannt. Die einen ziehen, die andern
schieben; aber alle nach vorwärts. Alle haben einen
Willen. Aber Herr Graf haben an den Staatswagen
Ungarn, Pollaken, Oesterreicher und Böhmen gespannt.
Die einen ziehen vorwärts, die andern rückwärts; einer
sagt zum andern, soll der andere ziehen. Darum
kommst Du eben nicht aus dem Sumpfe heraus, weil
Du vier Nationalitäten eingespannt hast. Der gute
Bauer meinte natürlich: weil Du vier Nationalitäten
eingespannt hast, ohne durch eine gerechte Politik
sie alle nach einer Richtung ziehen zu lassen.




Kirche, Staat und Schule.
-- Dechant Miesner +.

Aus Mies wird uns
geschrieben: Die Fremden, welche am Jubiläumstage mit
dem Dampfwagen an unserer freundlichen Stadt vorüber-
eilten, mochten sich wundern, die schwarzen Trauerwimpel
neben festlichen Kaiserfahnen zu erblicken. Die Trauer galt
dem treuen Seelenhirten, dessen irdische Hülle an eben diesem
Tage von Prag hieher überführt wurde. Vor 12 Tagen
hatte er sich entschlossen, zur Heilung eines langjährigen
Leidens die Hilfe der Prager Klinik anzurufen; getrieben
von dem Verlangen, mit erneuter Kraft für seinen hohen
Beruf arbeiten zu können, hatte der 65jährige Mann sich
der äußerst schmerzvollen Operation unterzogen. Sie gelang,
3 Tage verbrachte er bei bestem Wohlsein, da endete ein
Schlaganfall unerwartet dieses theure Leben. -- Dechant
Miesner stammt aus Schönfeld bei Carlsbad und
wirkte zuerst 7 Jahre als Kaplan in Plan, wurde hierauf
als Director der neuerrichteten Unterrealschule nach Mies
berufen, wo er sich in den 7 Jahren dieser Schulthätigkeit
aller Herzen gewann. Von der Gemeinde Plan als Seel-
sorger erbeten, folgte er diesem Rufe und hatte während
seiner dortigen 12jährigen Wirksamkeit das Glück, seinen
nachmaligen Oberhirten, den jungen Grafen von Schön-
born,
in die Seelsorge einzuführen. Nur schwer
konnte er sich von seiner geliebten Pfarrgemeinde Plan
trennen, als das monatelange Drängen der Mieser
Bevölkerung ihn bestürmmte, hieher zurückzukehren. Endlich
folgte er, um unter Bekannten 14 Jahre mit bekannter
Liebe zu wirken. Anspruchslos für seine Person, eifrig
besorgt für seine Heerde, emsig bemüht um den Schmuck des
Gotteshauses, voll regem Interesse für die großen Fragen
der Zeit, ein Prediger voll Einfachheit und Ueberzeugungs-
kraft, ein unermüdlicher Beichtvater, ein zärtlicher Vater
der Jugend, ein hilfreicher Freund seiner jüngeren Mit-
brüder, kurz, ein Priesterherz voll leuterer Güte, war dieser
Mann eine Zierde des deutschen Clerus von Böhmen.
Noch im Tode besorgt für die Sache Gottes hat er seinen
ganzen, allerdings nicht sehr bedeutenden Nachlaß außer
einigen Legaten zur Errichtung einer "Miesner'schen
Paramentenstiftung" in Mies und Plan bestimmt. Sein
Leichenbegängniß am 3. December, an welchem sich außer
der ganzen Bevölkerung von Mies anch Plan durch
seinen Bürgermeister und Vereinsdeputationen betheiligte,
war eine imposante Kundgebung der allgemeinen Liebe und
Verehrung. Den Conduct führte Herr Domprälat Michael
Hornstein
aus Prag unter Assistenz von 20 Geistlichen.
Mitglieder des Clerus, der Stadtvertretung und der Vereine
trugen den Sarg zur Kirche, wo das Pontificalrequiem
gefeiert wurde. Bei der Trauerrede des f.-e. Convicts-
directors und Pfarradministrators Herrn Dr. Hilgenreiner
äußerte sich die allgemeine Trauer in lautem Schluchzen.
Zu den Füßen des hohen Kirchhofkreuzes ruht jetzt sein
Irdisches aus von seinen Mühe. Gott lohne seiner Seele
alle ihre Liebe! R. I. P.

-- Danksagung.

Man ersucht uns folgende
Danksagung zur Veröffentlichung zu bringen: Der
Franciscanerordenspriester P. Heribert Witsch hat
anläßlich der Feier seines 50jährigen Priesterjubiläums von
allen Seiten, von Nah und Ferne so zahlreiche Glück- und
Segenswünsche erhalten, daß er nur auf diesem Wege ver-
mag allen Freunden, Bekannten und Gönnern den herz-
innigsten Dank dafür auszusprechen mit der Bitte auch
fernerhin seiner freundlich gedenken zu wollen.




Versammlungen.
Generalversammlung des "Vereines zur
Erziehung katholischer Lehrlinge."

In der letzten Zeit tritt der "Verein jugendlicher Ar-
beiter" immer mehr und mehr mit seiner merkwürdigen
Thätigkeit hervor, die hauptsächlich dahin geht, die Jugend,
und insbesondere die Lehrlinge, ins socialdemokratische
Lager hinüberzuziehen. Welch ein edles Ziel hat sich im
Gegensatze zu diesem Hetzverein der "Verein zur Erziehung
katholischer Lehrlinge" gesetzt, der gestern im großen Musik-
vereinssaale seine diesjährige Generalversammlung abhielt.

Der Präsident Dr. Alois Gruber begrüßte zunächst
die Versammlungstheilnehmer, er wies auf Luccheni's Un-
that hin, die, wenn nicht verzeihlich, so doch erklärlich er-
scheine, da sie ja doch eine Frucht des Atheismus sei, der
zur Socialdemokratie und Anarchie führe. Dem gegenüber
helfen keine internationalen Schutzmaßregeln gegen die An-
archisten, da könne nur die Rückkehr zum Christenthum
helfen, eine Idee, die eben auch die Congregation der
frommen Arbeiter durchzuführen sucht und, soweit es ihre
Mittel erlauben, auch wirklich durchführt. Nachdem
Dr. Gruber mit einem dreifachen Hoch auf den Jubelpapst
und Jubelkaiser geschlossen, erstattete in vortrefflicher Weise
der Vereinssecretär Herr Ingenieur Trnka den Rechen-
schaftsbericht über das abgelaufene Vereinsjahr. Die Zahl
der Mitglieder ist auf 1550 gestiegen. Die Zahl der Wohl-
thäter auf 117. Im Lehrlingsoratorium in Penzing be-
finden sich 177 Lehrlinge im Alter von 14 bis 18 Jahren,
darunter 65 % aus Niederösterreich; Böhmen und Mähren
find mit je 24 Angehörigen vertreten. Mit einem Citate
aus einer Rede Bismarck's, in der dieser die Nothwendig-
keit der socialen Reform auf positiv christlicher Grundlage
betonte, forderte Redner die Anwesenden auf, jene Liebe
zum arbeitenden Volke zu bethätigen, die vom heil. Vater so
eindringlich verlangt wird. (Lebhafter Beifall.)

Hierauf wurde an Stelle der verstorbenen Fürstin
Wilhelmine Windischgrätz Gräfin Marie Harrach
zur Präsidentin des Damen-Hilfscomites gewählt.

Abg. Dr. Geßmann erörterte sodann den Kampf
zwischen den beiden Weltanschauungen, zwischen dem
[Spaltenumbruch] materialistischen Socialismus und positivem Christenthum.
In diesem Kampfe sei es nothwendig, daß die heranwachsende
Jugend gewonnen werde. In dieser Hinsicht sei leider schon
Vieles versäumt worden und man habe sehr viel nachzu-
holen, und da habe insbesondere der Verein, der heute
seine Generalversammlung abhalte, in dieser Hinsicht große
Erfolge erzielt. Solch ein Lehrlingsheim soll nicht bloß für
einige Zeit der Aufenthaltsort bes Lehrlings sein, es solle
ihm auch in späteren Tagen das Vaterhaus ersetzen.

Nachdem Dr. Geßmann, dessen vortreffliche Rede
oft vom Beifalle der Anwesenden unterbrochen wurde, dem
Vereine Gedeihen und immer neue Erfolge gewünscht hatte,
erörterte P. Georg Freund C. SS. R. in ausgezeichneter
Rede die Bestrebungen, die auf Rettung des Gewerbestandes
abzielen, der ja dem Kaiser die besten Soldaten und der
Kirche die besten Priester gebe. P. Freund legte an der Hand
von Citaten aus Bebel's Reichstagsreden dar, daß die
Socialdemokratie nicht die geringste Lust zeige, dem Gewerbe-
stande zu helfen. Die Congregation aber habe es sich zur
Aufgabe gemacht, zwischen Lehrlingen und Meistern zu ver-
mitteln, dem Meister brave Lehrlinge, dem Lehrling aber
einen guten Meister zu verschaffen. (Lebhafter Beifall.)

Hierauf schloß der Präsident Dr. Gruber die Ver-
sammlung, deren glänzender Verlauf die beste Bürgschaft
für das Gedeihen des Vereines bot.




Aus Anlaß des herannahenden Weihnachts-
festes

veranstalten die Ortsgruppen des Vereines "Christ-
liche Familie
" in allen Bezirken Frauenver-
sammlungen,
deren Zweck ist, dahin zu wirken, daß
man beim Einkauf der Weihnachtsgeschenke nur christliche
Gewerbetreibende berücksichtige, Auch die Ortsgruppe
"Währing" hielt gestern eine derartige Versammlung
beim "wilden Mann" ab, zu welcher leider, trotzdem der
rührige Obmann Armenrath Schörg mehrere Redner
eingeladen und auch das bestimmte Erscheinen zu-
gesichert erhielt, in Folge dringender Verhinderung keiner
derselben erschienen ist, so daß Herr Schörg und der
Präsident des Vereines Herr Prutscher allein die
Tagesordnung der Versammlung bestreiten mußten. Ersterer
widmete Eingangs seiner Rede der verblichenen Kaiserin
einen tief empfundenen Nachruf, wobei sich die Anwesenden
von ihren Sitzen erhoben, besprach weiters die Ziele des
Vereines und trat in beredten Worten für die Unter-
stützung der christlichen Geschäftsleute sowie der christlichen
Presse ein. Auch legte er den Frauen warm ans Herz, der
Armen nicht zu vergessen, damit auch für diese das schöne
Weihnachtsfest ein Tag der Freude sei. Herr Prutscher
wies auf die Erfolge hin, die der Verein bereits aufzu-
weisen habe und bezeichnete als seine nächste Aufgabe,
dahin zu wirken, das ein Gesetz gegen den unlauteren Wett-
bewerb, wie ein solches bereits in Deutschland existirt, zu
Stande komme. Auch dieser Redner kam auf die christliche
Presse zu sprechen, sein Urtheil über dieselbe machte jedoch
auf die Versammelten einen peinlichen Eindruck; für die
vielen uneigennützigen Opfer, die die christlichen
Blätter speciell den Vereinen bringen, verdienen sie es wohl
nicht, bezüglich ihrer "Glaubwürdigkeit" auf die gleiche Stufe
mit den Judenblättern gestellt zu werden.




Theater, Kunst und Musik.
-- Im Hofoperntheater

kommt morgen Mittwoch
"Die Hochzeit des Figaro" mit den Damen
Sedlmair, Forster, Michalek, Kaulich, Elizza, Pohlner und
Fellwock und den Herren Ritter, Demuth, Hesch, Schitten-
helm, Schmitt und Frei zur Aufführung. -- Sonntag, den
11. d. M., fand die vierhundertfünfzigste
Aufführung der Oper "Robert der Teufel" von
Giacomo Meyerbeer statt. Im Kärntnerthortheater
am 31. August 1833 mit Hermann Breiting in der Titel-
rolle zum ersten Male gegeben, waren im alten Hause bis
25. Jänner 1870 326 Vorstellungen der Oper zu verzeichnen.
Im neuen Hause zählen wir seit 20. September 1870
124 "Robert"-Abende.

-- Deutsches Volkstheater.

Für morgen ist "Der
Star
" von H. Bahr angesetzt. -- Der classische Donner-
stag bringt Goethe's "Geschwister" mit Fräulein Retty
und Herrn Kutschera, und Moliere's "Der eingebil-
dete Kranke
" mit Herrn Girardi in der Titel-
rolle. -- Samstag Nachmittags wird als zweite Schüler-
vorstellung Kleist's "Käthchen von Heilbronn"
gegeben. Zu dieser Vorstellung kostet jeder Sitzplatz 20 kr.,
jeder Stehplatz 15 kr.

-- Kaiserjubiläums-Stadttheater.

Der Andrang
zn den Cassen des Kaiserjubiläums-Stadttheaters war Sonn-
tag und Montag sehr groß, es konnten nicht alle Wünsche
für die erste Vorstellung befriedigt werden. Nunmehr hat
der Verkauf für alle Vorstellungen bis einschließlich Sonn-
tag an der Stadtcasse, Rothenthurmstraße Nr. 16 (Bazar),
und im Theatergebäude begonnen. Die morgige Eröff-
nungsvorstellung
beginnt ausnahmsweise um
1/27 Uhr Abends, alle künstigen Vorstellungen um 7 Uhr,
nur an Sonn- und Feiertagen um 1/28 Uhr. Heute Abends
findet vor einem kleinen Auditorium von geladenen Gästen
die Generalprobe statt. Die verschiedenen Commissionen be-
sichtigten gestern das Haus und ertheilten nach eingehender
Inspicirung den Betriebsconsens.

-- Erstes Concert des Wiener Männergesang-
vereines.

Samstag, den 17. December, Abends 1/28 Uhr,
findet im großen Musikvereinssaale unter der Leitung der
Vereins-Chormeister Herren Eduard Kremser und Richard
v. Perger und unter gefälliger Mitwirkung der Concert-
sängerin Fräulein Marie Katzmeyr und des Prill-Quartettes
das erste diesjährige Concert statt. -- Karten sind in der
Vereinskanzlei, 1. Bez., Canovagasse Nr. 4, von 4 bis
6 Uhr zu haben.

-- Sylvester-Liedertafel

des "Männerchors
der Wiener k. k. Finanzwache
". Donnerstag,
den 29. December, 8 Uhr Abends findet in Dreher's Saal-
localitäten, 3. Bezirk, Hauptstraße 97, die Sylvester-
Liedertafel
unter Leitung des Vereinschormeisters
Herrn Chordirectors Rudolf Baxa und gefälliger Mi[t]
wirkung der Damen des Wiener Chor- und
Orchester-Vereines
", der Herren F. Welleba,
Ludwig Weiß, J. Wotawa und *** statt.
Musikcapelle Poschwa. Entree im Vorverkauf 30 kr. (er-
hältlich bei sämmtlichen k. k. Finanzwach-Abtheilungen) an
der Cassa 40 kr.


284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898

[Spaltenumbruch]
Streiflichter.
Eine Aufforderung an die Lehrer, Social-
demokraten zu werden,

liegt, kaum verblümt, in der
„Freien Lehrerſtimme“ vor. Anlaß dazu bot der
Aerger, daß bei dem Jubiläums-Ordenregen nicht auch
die — Lehrer gebührend bedacht worden ſind. Doch
wir müſſen dieſe Aufforderung in ihrem ganzen rüden
Ton niedriger hängen. Sie lautet:

Was man „oben“ von einem Lehrer
hält,
konnte man in der letzten Zeit des Jubiläums wieder
einmal recht deutlich beobachten, nämlich beim Medaillen-
Landregen. Wer nur einſt ein Bischen den Schießprügel
ſpazieren geführt hatte, jeder Beamte und Amtsdiener, jeder
Wachmann und Gendarm, jeder Finanz- und Bahnwächter,
jeder erhält eine Jubiläumsmedaille, ja manche ihrer zwei
und drei — nur der Lehrer ging leer aus, oder es wurde
ihm in einigen Amtsblättern bedeutet, er möge ſich eine
ſolche ums gute und rare Geld irgendwo kaufen. Wir haben
es gewiß nicht nothwendig, zu beweiſen, daß die Jungen
durchaus keine Schwärmer für die Bruſtverzierungen ſind, am
allerwenigſten von unverdienten und zufälligen, ſondern nur
deshalb wollen wir davon reden, weil es im Lehrſtande noch immer
Käuze gibt, die auf die bewußte Hilfe von „oben“ warten.
Ihnen iſt diesmal augenſcheinlich bewieſen worden, auf
welch feſtem Grunde ſie ihre Hoffnungen bauen. Ja, wenn
es mit den Worten ginge, wäre ſchon dann und wann
Einer zu finden, der ſich zum armen Volksſchullehrer herab-
ließe und ihm von der „Werthſchätzung ſeiner Culturarbeit“
dort „oben“, wo die Geheimräthe üppig wuchern, etwas
vorſchwefelte. Der Lehrer könnte auch ſo etwas vom
„Pflanzer, Hüter und Pfleger des Patriotismus“ hören,
wenn er Luſt hätte, ſich „pflanzen“ zu laſſen. Das iſt alles
recht billig! Aber kommt es zum Zahlen, wenn der Lehrer
ſeinen anſtändigen Lohn will, ei, da ſchreien die Leute im
Chore, der Lehrer ſei ein Unzufriedener, ein Socialiſt, ein
Unpatriot, ohne Religion, der nur immer in klingender
Münze und nicht mit der Hoffnung auf ein beſſeres Jen-
ſeits belohnt ſein will, und man läßt ihm zum
Wohle des Vaterlandes und der Reli-
gion weiter rackern und hungern bis
anſein ſeliges Ende.
Wenn es dann gar hoch
hergeht, erhält er, wie ein Straßeneinräumer oder Damen-
diener, das ſilberne oder goldene Verdienſtkreuz dafür, daß
er zum Wohle von Tauſenden des Staates ein Leben lang
das „Hungerkreuz“ ſchon getragen. Oder man gibt ihm
nicht einmal das mehr, ſondern hängt es irgend einem —
Tomola an. Für das Hungern iſt noch keine Me-
daille geſchlagen worden, und ſiehe, Lehrer
des Volkes: „Du
biſt ein Proletar“ ...
Dein Platz iſt nicht dort, wo die Orden prangen, Dein
Platz iſt mitten im Volke, dort, wo Tauſende und
Millionen wirken und ſchaffen jahraus und jahrein; dort,
wo für fleißige Arbeit Hunger und Elend blüht. Dort,
in dem dumpfen Zimmer der Proletarierſchule, inmitten
der hungernden, frierenden, bleichen Kinder des Elends,
dort iſt Dein Platz. Du legſt den Keim der Sitte, der
Bildung in die Herzen dieſer unglücklichen Kinder, Du
weckſt in ihnen das Fünkchen Begeiſterung für das Wahre
und Echte, nicht für gleißneriſchen Schein und Streberthum.
Es nützt nichts, man hat Dich längſt zu jenen geſt[e]llt,
die auf äußere Erfolge nicht rechnen dürfen, ſondern in ſich
den Lohn fühlen müſſen für edles Wirken und Schaffen.
Wohlan denn, ziehe die Conſequenz. Wenn Du nicht zu
Jenen gehörſt, deren Arbeit durch äußere Ehren belohnt
wird, ſo wirke mit an der Bildung
eines Geſchlechtes, das den Mann ſeiner
ſelbſt wegen ehrt, das
Arbeit achtet und
redlichen Willen und verächtlich hin-
wegblickt über Heuchelei und Streber-
thum.

Welcher Ton in den Lehrerblättern gegen
die Negierung

angeſchlagen wird, beweiſt auch ein Artikel
der „Fr. Lehrerſtimme“, der von den zu geringen
Gehältern der Lehrer handelt, im Gegenſatz zu den
aufgebeſſerten Beamtenbeſoldungen. Da heißt es u. A.:
„An den tüchtigen Leiſtungen der Beamten iſt die
Regierung intereſſirt, da die Beamten ihre Stütze ſind.
Die Lehrerarbeit dagegen geſchieht im Intereſſe des
Volkes (nicht auch die der Beamten?) und kann einer
Regierung unter Umſtänden ſehr unbequem werden;
denn Leute, die viel denken (Eigenlob duftet lieblich)
ſind gefährlich — beſonders für Regierungen, die etwas
träge ſind und gern den alten, überlebten Schimmel
reiten. Daher die merkwürdige Taubheit, die ihr ſonſt
langes Ohr (!), das bis in die entfer teſte Verſammlung
reicht, den Forderungen der Lehrer entgegenbringt.“
So ſchreiben Lehrer — ſelbſt Beamte des
Staates!

Staatsmann und Baner.

Aus Galizien
wird uns Folgender berichtet, für deſſen Thatſächlich-
keit uns Bürgſchaft geleiſtet wird. Vor nicht langer
Zeit fuhr der Staatsmann Graf Badeni von
ſeinem Herrſchaftsgute in Galizien nach der Stadt und
blieb auf dem Wege dahin mit ſeinem Wagen in einem
Sumpfe ſtecken. Ein Bauer, der in der Stadt eine
Fuhr Holz gekauft hatte, fuhr des Weges und ſieht den
Grafen in dieſer fatalen Lage. Der Bauer, ein ver-
nünftiger Mann, blickt den Herrn Grafen mitleidig in
die Augen und darauf entwickelt ſich folgendes Zwie-
geſpräch zwiſchen dem gelehrten Staatsmann und dem
ſchlichten Bauer. Bauer: Wenn Du willſt, werde
ich Dich ſammt dem Wagen herausziehen. —
Staatsmann: Was? Haſt Du vielleicht beſſere
Pferde als ich? — Bauer: Das behaupte ich
nicht, aber trotzdem ſteh’ ich dafür ein, daß ich Dir
heraushelfe. — Staatsmann: Alſo vorwärts,
mache, daß ich herauskomme! (Der Bauer ſpannt ein)
— Bauer: (Das Geſpann antreibend) Hüo, Hüo!
geht ſchon. (Nach einigen Minuten): So, wir ſind ſchon
heraus aus dem Sumpf.“ — Staatsmann
(ſtaunend und verblüfft): Ja, ſo geht’s freilich. —
Bauer: Warum machſt Du’s nich auch ſo? Ich
habe vorne Tochter und Sohn, hinten Vater und
[Spaltenumbruch] Mutter eingeſpannt. Die einen ziehen, die andern
ſchieben; aber alle nach vorwärts. Alle haben einen
Willen. Aber Herr Graf haben an den Staatswagen
Ungarn, Pollaken, Oeſterreicher und Böhmen geſpannt.
Die einen ziehen vorwärts, die andern rückwärts; einer
ſagt zum andern, ſoll der andere ziehen. Darum
kommſt Du eben nicht aus dem Sumpfe heraus, weil
Du vier Nationalitäten eingeſpannt haſt. Der gute
Bauer meinte natürlich: weil Du vier Nationalitäten
eingeſpannt haſt, ohne durch eine gerechte Politik
ſie alle nach einer Richtung ziehen zu laſſen.




Kirche, Staat und Schule.
Dechant Miesner †.

Aus Mies wird uns
geſchrieben: Die Fremden, welche am Jubiläumstage mit
dem Dampfwagen an unſerer freundlichen Stadt vorüber-
eilten, mochten ſich wundern, die ſchwarzen Trauerwimpel
neben feſtlichen Kaiſerfahnen zu erblicken. Die Trauer galt
dem treuen Seelenhirten, deſſen irdiſche Hülle an eben dieſem
Tage von Prag hieher überführt wurde. Vor 12 Tagen
hatte er ſich entſchloſſen, zur Heilung eines langjährigen
Leidens die Hilfe der Prager Klinik anzurufen; getrieben
von dem Verlangen, mit erneuter Kraft für ſeinen hohen
Beruf arbeiten zu können, hatte der 65jährige Mann ſich
der äußerſt ſchmerzvollen Operation unterzogen. Sie gelang,
3 Tage verbrachte er bei beſtem Wohlſein, da endete ein
Schlaganfall unerwartet dieſes theure Leben. — Dechant
Miesner ſtammt aus Schönfeld bei Carlsbad und
wirkte zuerſt 7 Jahre als Kaplan in Plan, wurde hierauf
als Director der neuerrichteten Unterrealſchule nach Mies
berufen, wo er ſich in den 7 Jahren dieſer Schulthätigkeit
aller Herzen gewann. Von der Gemeinde Plan als Seel-
ſorger erbeten, folgte er dieſem Rufe und hatte während
ſeiner dortigen 12jährigen Wirkſamkeit das Glück, ſeinen
nachmaligen Oberhirten, den jungen Grafen von Schön-
born,
in die Seelſorge einzuführen. Nur ſchwer
konnte er ſich von ſeiner geliebten Pfarrgemeinde Plan
trennen, als das monatelange Drängen der Mieſer
Bevölkerung ihn beſtürmmte, hieher zurückzukehren. Endlich
folgte er, um unter Bekannten 14 Jahre mit bekannter
Liebe zu wirken. Anſpruchslos für ſeine Perſon, eifrig
beſorgt für ſeine Heerde, emſig bemüht um den Schmuck des
Gotteshauſes, voll regem Intereſſe für die großen Fragen
der Zeit, ein Prediger voll Einfachheit und Ueberzeugungs-
kraft, ein unermüdlicher Beichtvater, ein zärtlicher Vater
der Jugend, ein hilfreicher Freund ſeiner jüngeren Mit-
brüder, kurz, ein Prieſterherz voll leuterer Güte, war dieſer
Mann eine Zierde des deutſchen Clerus von Böhmen.
Noch im Tode beſorgt für die Sache Gottes hat er ſeinen
ganzen, allerdings nicht ſehr bedeutenden Nachlaß außer
einigen Legaten zur Errichtung einer „Miesner’ſchen
Paramentenſtiftung“ in Mies und Plan beſtimmt. Sein
Leichenbegängniß am 3. December, an welchem ſich außer
der ganzen Bevölkerung von Mies anch Plan durch
ſeinen Bürgermeiſter und Vereinsdeputationen betheiligte,
war eine impoſante Kundgebung der allgemeinen Liebe und
Verehrung. Den Conduct führte Herr Domprälat Michael
Hornſtein
aus Prag unter Aſſiſtenz von 20 Geiſtlichen.
Mitglieder des Clerus, der Stadtvertretung und der Vereine
trugen den Sarg zur Kirche, wo das Pontificalrequiem
gefeiert wurde. Bei der Trauerrede des f.-e. Convicts-
directors und Pfarradminiſtrators Herrn Dr. Hilgenreiner
äußerte ſich die allgemeine Trauer in lautem Schluchzen.
Zu den Füßen des hohen Kirchhofkreuzes ruht jetzt ſein
Irdiſches aus von ſeinen Mühe. Gott lohne ſeiner Seele
alle ihre Liebe! R. I. P.

Dankſagung.

Man erſucht uns folgende
Dankſagung zur Veröffentlichung zu bringen: Der
Franciscanerordensprieſter P. Heribert Witſch hat
anläßlich der Feier ſeines 50jährigen Prieſterjubiläums von
allen Seiten, von Nah und Ferne ſo zahlreiche Glück- und
Segenswünſche erhalten, daß er nur auf dieſem Wege ver-
mag allen Freunden, Bekannten und Gönnern den herz-
innigſten Dank dafür auszuſprechen mit der Bitte auch
fernerhin ſeiner freundlich gedenken zu wollen.




Verſammlungen.
Generalverſammlung des „Vereines zur
Erziehung katholiſcher Lehrlinge.“

In der letzten Zeit tritt der „Verein jugendlicher Ar-
beiter“ immer mehr und mehr mit ſeiner merkwürdigen
Thätigkeit hervor, die hauptſächlich dahin geht, die Jugend,
und insbeſondere die Lehrlinge, ins ſocialdemokratiſche
Lager hinüberzuziehen. Welch ein edles Ziel hat ſich im
Gegenſatze zu dieſem Hetzverein der „Verein zur Erziehung
katholiſcher Lehrlinge“ geſetzt, der geſtern im großen Muſik-
vereinsſaale ſeine diesjährige Generalverſammlung abhielt.

Der Präſident Dr. Alois Gruber begrüßte zunächſt
die Verſammlungstheilnehmer, er wies auf Luccheni’s Un-
that hin, die, wenn nicht verzeihlich, ſo doch erklärlich er-
ſcheine, da ſie ja doch eine Frucht des Atheismus ſei, der
zur Socialdemokratie und Anarchie führe. Dem gegenüber
helfen keine internationalen Schutzmaßregeln gegen die An-
archiſten, da könne nur die Rückkehr zum Chriſtenthum
helfen, eine Idee, die eben auch die Congregation der
frommen Arbeiter durchzuführen ſucht und, ſoweit es ihre
Mittel erlauben, auch wirklich durchführt. Nachdem
Dr. Gruber mit einem dreifachen Hoch auf den Jubelpapſt
und Jubelkaiſer geſchloſſen, erſtattete in vortrefflicher Weiſe
der Vereinsſecretär Herr Ingenieur Trnka den Rechen-
ſchaftsbericht über das abgelaufene Vereinsjahr. Die Zahl
der Mitglieder iſt auf 1550 geſtiegen. Die Zahl der Wohl-
thäter auf 117. Im Lehrlingsoratorium in Penzing be-
finden ſich 177 Lehrlinge im Alter von 14 bis 18 Jahren,
darunter 65 % aus Niederöſterreich; Böhmen und Mähren
find mit je 24 Angehörigen vertreten. Mit einem Citate
aus einer Rede Bismarck’s, in der dieſer die Nothwendig-
keit der ſocialen Reform auf poſitiv chriſtlicher Grundlage
betonte, forderte Redner die Anweſenden auf, jene Liebe
zum arbeitenden Volke zu bethätigen, die vom heil. Vater ſo
eindringlich verlangt wird. (Lebhafter Beifall.)

Hierauf wurde an Stelle der verſtorbenen Fürſtin
Wilhelmine Windiſchgrätz Gräfin Marie Harrach
zur Präſidentin des Damen-Hilfscomités gewählt.

Abg. Dr. Geßmann erörterte ſodann den Kampf
zwiſchen den beiden Weltanſchauungen, zwiſchen dem
[Spaltenumbruch] materialiſtiſchen Socialismus und poſitivem Chriſtenthum.
In dieſem Kampfe ſei es nothwendig, daß die heranwachſende
Jugend gewonnen werde. In dieſer Hinſicht ſei leider ſchon
Vieles verſäumt worden und man habe ſehr viel nachzu-
holen, und da habe insbeſondere der Verein, der heute
ſeine Generalverſammlung abhalte, in dieſer Hinſicht große
Erfolge erzielt. Solch ein Lehrlingsheim ſoll nicht bloß für
einige Zeit der Aufenthaltsort bes Lehrlings ſein, es ſolle
ihm auch in ſpäteren Tagen das Vaterhaus erſetzen.

Nachdem Dr. Geßmann, deſſen vortreffliche Rede
oft vom Beifalle der Anweſenden unterbrochen wurde, dem
Vereine Gedeihen und immer neue Erfolge gewünſcht hatte,
erörterte P. Georg Freund C. SS. R. in ausgezeichneter
Rede die Beſtrebungen, die auf Rettung des Gewerbeſtandes
abzielen, der ja dem Kaiſer die beſten Soldaten und der
Kirche die beſten Prieſter gebe. P. Freund legte an der Hand
von Citaten aus Bebel’s Reichstagsreden dar, daß die
Socialdemokratie nicht die geringſte Luſt zeige, dem Gewerbe-
ſtande zu helfen. Die Congregation aber habe es ſich zur
Aufgabe gemacht, zwiſchen Lehrlingen und Meiſtern zu ver-
mitteln, dem Meiſter brave Lehrlinge, dem Lehrling aber
einen guten Meiſter zu verſchaffen. (Lebhafter Beifall.)

Hierauf ſchloß der Präſident Dr. Gruber die Ver-
ſammlung, deren glänzender Verlauf die beſte Bürgſchaft
für das Gedeihen des Vereines bot.




Aus Anlaß des herannahenden Weihnachts-
feſtes

veranſtalten die Ortsgruppen des Vereines „Chriſt-
liche Familie
“ in allen Bezirken Frauenver-
ſammlungen,
deren Zweck iſt, dahin zu wirken, daß
man beim Einkauf der Weihnachtsgeſchenke nur chriſtliche
Gewerbetreibende berückſichtige, Auch die Ortsgruppe
Währing“ hielt geſtern eine derartige Verſammlung
beim „wilden Mann“ ab, zu welcher leider, trotzdem der
rührige Obmann Armenrath Schörg mehrere Redner
eingeladen und auch das beſtimmte Erſcheinen zu-
geſichert erhielt, in Folge dringender Verhinderung keiner
derſelben erſchienen iſt, ſo daß Herr Schörg und der
Präſident des Vereines Herr Prutſcher allein die
Tagesordnung der Verſammlung beſtreiten mußten. Erſterer
widmete Eingangs ſeiner Rede der verblichenen Kaiſerin
einen tief empfundenen Nachruf, wobei ſich die Anweſenden
von ihren Sitzen erhoben, beſprach weiters die Ziele des
Vereines und trat in beredten Worten für die Unter-
ſtützung der chriſtlichen Geſchäftsleute ſowie der chriſtlichen
Preſſe ein. Auch legte er den Frauen warm ans Herz, der
Armen nicht zu vergeſſen, damit auch für dieſe das ſchöne
Weihnachtsfeſt ein Tag der Freude ſei. Herr Prutſcher
wies auf die Erfolge hin, die der Verein bereits aufzu-
weiſen habe und bezeichnete als ſeine nächſte Aufgabe,
dahin zu wirken, das ein Geſetz gegen den unlauteren Wett-
bewerb, wie ein ſolches bereits in Deutſchland exiſtirt, zu
Stande komme. Auch dieſer Redner kam auf die chriſtliche
Preſſe zu ſprechen, ſein Urtheil über dieſelbe machte jedoch
auf die Verſammelten einen peinlichen Eindruck; für die
vielen uneigennützigen Opfer, die die chriſtlichen
Blätter ſpeciell den Vereinen bringen, verdienen ſie es wohl
nicht, bezüglich ihrer „Glaubwürdigkeit“ auf die gleiche Stufe
mit den Judenblättern geſtellt zu werden.




Theater, Kunſt und Muſik.
Im Hofoperntheater

kommt morgen Mittwoch
Die Hochzeit des Figaro“ mit den Damen
Sedlmair, Forſter, Michalek, Kaulich, Elizza, Pohlner und
Fellwock und den Herren Ritter, Demuth, Heſch, Schitten-
helm, Schmitt und Frei zur Aufführung. — Sonntag, den
11. d. M., fand die vierhundertfünfzigſte
Aufführung der Oper „Robert der Teufel“ von
Giacomo Meyerbeer ſtatt. Im Kärntnerthortheater
am 31. Auguſt 1833 mit Hermann Breiting in der Titel-
rolle zum erſten Male gegeben, waren im alten Hauſe bis
25. Jänner 1870 326 Vorſtellungen der Oper zu verzeichnen.
Im neuen Hauſe zählen wir ſeit 20. September 1870
124 „Robert“-Abende.

Deutſches Volkstheater.

Für morgen iſt „Der
Star
“ von H. Bahr angeſetzt. — Der claſſiſche Donner-
ſtag bringt Goethe’s „Geſchwiſter“ mit Fräulein Retty
und Herrn Kutſchera, und Molière’s „Der eingebil-
dete Kranke
“ mit Herrn Girardi in der Titel-
rolle. — Samſtag Nachmittags wird als zweite Schüler-
vorſtellung Kleiſt’s „Käthchen von Heilbronn
gegeben. Zu dieſer Vorſtellung koſtet jeder Sitzplatz 20 kr.,
jeder Stehplatz 15 kr.

Kaiſerjubiläums-Stadttheater.

Der Andrang
zn den Caſſen des Kaiſerjubiläums-Stadttheaters war Sonn-
tag und Montag ſehr groß, es konnten nicht alle Wünſche
für die erſte Vorſtellung befriedigt werden. Nunmehr hat
der Verkauf für alle Vorſtellungen bis einſchließlich Sonn-
tag an der Stadtcaſſe, Rothenthurmſtraße Nr. 16 (Bazar),
und im Theatergebäude begonnen. Die morgige Eröff-
nungsvorſtellung
beginnt ausnahmsweiſe um
½7 Uhr Abends, alle künſtigen Vorſtellungen um 7 Uhr,
nur an Sonn- und Feiertagen um ½8 Uhr. Heute Abends
findet vor einem kleinen Auditorium von geladenen Gäſten
die Generalprobe ſtatt. Die verſchiedenen Commiſſionen be-
ſichtigten geſtern das Haus und ertheilten nach eingehender
Inſpicirung den Betriebsconſens.

Erſtes Concert des Wiener Männergeſang-
vereines.

Samſtag, den 17. December, Abends ½8 Uhr,
findet im großen Muſikvereinsſaale unter der Leitung der
Vereins-Chormeiſter Herren Eduard Kremſer und Richard
v. Perger und unter gefälliger Mitwirkung der Concert-
ſängerin Fräulein Marie Katzmeyr und des Prill-Quartettes
das erſte diesjährige Concert ſtatt. — Karten ſind in der
Vereinskanzlei, 1. Bez., Canovagaſſe Nr. 4, von 4 bis
6 Uhr zu haben.

Sylveſter-Liedertafel

des „Männerchors
der Wiener k. k. Finanzwache
“. Donnerſtag,
den 29. December, 8 Uhr Abends findet in Dreher’s Saal-
localitäten, 3. Bezirk, Hauptſtraße 97, die Sylveſter-
Liedertafel
unter Leitung des Vereinschormeiſters
Herrn Chordirectors Rudolf Baxa und gefälliger Mi[t]
wirkung der Damen des Wiener Chor- und
Orcheſter-Vereines
“, der Herren F. Welleba,
Ludwig Weiß, J. Wotawa und *** ſtatt.
Muſikcapelle Poſchwa. Entrée im Vorverkauf 30 kr. (er-
hältlich bei ſämmtlichen k. k. Finanzwach-Abtheilungen) an
der Caſſa 40 kr.


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[9/0009] 284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898 Streiflichter. Eine Aufforderung an die Lehrer, Social- demokraten zu werden, liegt, kaum verblümt, in der „Freien Lehrerſtimme“ vor. Anlaß dazu bot der Aerger, daß bei dem Jubiläums-Ordenregen nicht auch die — Lehrer gebührend bedacht worden ſind. Doch wir müſſen dieſe Aufforderung in ihrem ganzen rüden Ton niedriger hängen. Sie lautet: „Was man „oben“ von einem Lehrer hält, konnte man in der letzten Zeit des Jubiläums wieder einmal recht deutlich beobachten, nämlich beim Medaillen- Landregen. Wer nur einſt ein Bischen den Schießprügel ſpazieren geführt hatte, jeder Beamte und Amtsdiener, jeder Wachmann und Gendarm, jeder Finanz- und Bahnwächter, jeder erhält eine Jubiläumsmedaille, ja manche ihrer zwei und drei — nur der Lehrer ging leer aus, oder es wurde ihm in einigen Amtsblättern bedeutet, er möge ſich eine ſolche ums gute und rare Geld irgendwo kaufen. Wir haben es gewiß nicht nothwendig, zu beweiſen, daß die Jungen durchaus keine Schwärmer für die Bruſtverzierungen ſind, am allerwenigſten von unverdienten und zufälligen, ſondern nur deshalb wollen wir davon reden, weil es im Lehrſtande noch immer Käuze gibt, die auf die bewußte Hilfe von „oben“ warten. Ihnen iſt diesmal augenſcheinlich bewieſen worden, auf welch feſtem Grunde ſie ihre Hoffnungen bauen. Ja, wenn es mit den Worten ginge, wäre ſchon dann und wann Einer zu finden, der ſich zum armen Volksſchullehrer herab- ließe und ihm von der „Werthſchätzung ſeiner Culturarbeit“ dort „oben“, wo die Geheimräthe üppig wuchern, etwas vorſchwefelte. Der Lehrer könnte auch ſo etwas vom „Pflanzer, Hüter und Pfleger des Patriotismus“ hören, wenn er Luſt hätte, ſich „pflanzen“ zu laſſen. Das iſt alles recht billig! Aber kommt es zum Zahlen, wenn der Lehrer ſeinen anſtändigen Lohn will, ei, da ſchreien die Leute im Chore, der Lehrer ſei ein Unzufriedener, ein Socialiſt, ein Unpatriot, ohne Religion, der nur immer in klingender Münze und nicht mit der Hoffnung auf ein beſſeres Jen- ſeits belohnt ſein will, und man läßt ihm zum Wohle des Vaterlandes und der Reli- gion weiter rackern und hungern bis anſein ſeliges Ende. Wenn es dann gar hoch hergeht, erhält er, wie ein Straßeneinräumer oder Damen- diener, das ſilberne oder goldene Verdienſtkreuz dafür, daß er zum Wohle von Tauſenden des Staates ein Leben lang das „Hungerkreuz“ ſchon getragen. Oder man gibt ihm nicht einmal das mehr, ſondern hängt es irgend einem — Tomola an. Für das Hungern iſt noch keine Me- daille geſchlagen worden, und ſiehe, Lehrer des Volkes: „Du biſt ein Proletar“ ... Dein Platz iſt nicht dort, wo die Orden prangen, Dein Platz iſt mitten im Volke, dort, wo Tauſende und Millionen wirken und ſchaffen jahraus und jahrein; dort, wo für fleißige Arbeit Hunger und Elend blüht. Dort, in dem dumpfen Zimmer der Proletarierſchule, inmitten der hungernden, frierenden, bleichen Kinder des Elends, dort iſt Dein Platz. Du legſt den Keim der Sitte, der Bildung in die Herzen dieſer unglücklichen Kinder, Du weckſt in ihnen das Fünkchen Begeiſterung für das Wahre und Echte, nicht für gleißneriſchen Schein und Streberthum. Es nützt nichts, man hat Dich längſt zu jenen geſtellt, die auf äußere Erfolge nicht rechnen dürfen, ſondern in ſich den Lohn fühlen müſſen für edles Wirken und Schaffen. Wohlan denn, ziehe die Conſequenz. Wenn Du nicht zu Jenen gehörſt, deren Arbeit durch äußere Ehren belohnt wird, ſo wirke mit an der Bildung eines Geſchlechtes, das den Mann ſeiner ſelbſt wegen ehrt, das Arbeit achtet und redlichen Willen und verächtlich hin- wegblickt über Heuchelei und Streber- thum.“ Welcher Ton in den Lehrerblättern gegen die Negierung angeſchlagen wird, beweiſt auch ein Artikel der „Fr. Lehrerſtimme“, der von den zu geringen Gehältern der Lehrer handelt, im Gegenſatz zu den aufgebeſſerten Beamtenbeſoldungen. Da heißt es u. A.: „An den tüchtigen Leiſtungen der Beamten iſt die Regierung intereſſirt, da die Beamten ihre Stütze ſind. Die Lehrerarbeit dagegen geſchieht im Intereſſe des Volkes (nicht auch die der Beamten?) und kann einer Regierung unter Umſtänden ſehr unbequem werden; denn Leute, die viel denken (Eigenlob duftet lieblich) ſind gefährlich — beſonders für Regierungen, die etwas träge ſind und gern den alten, überlebten Schimmel reiten. Daher die merkwürdige Taubheit, die ihr ſonſt langes Ohr (!), das bis in die entfer teſte Verſammlung reicht, den Forderungen der Lehrer entgegenbringt.“ So ſchreiben Lehrer — ſelbſt Beamte des Staates! Staatsmann und Baner. Aus Galizien wird uns Folgender berichtet, für deſſen Thatſächlich- keit uns Bürgſchaft geleiſtet wird. Vor nicht langer Zeit fuhr der Staatsmann Graf Badeni von ſeinem Herrſchaftsgute in Galizien nach der Stadt und blieb auf dem Wege dahin mit ſeinem Wagen in einem Sumpfe ſtecken. Ein Bauer, der in der Stadt eine Fuhr Holz gekauft hatte, fuhr des Weges und ſieht den Grafen in dieſer fatalen Lage. Der Bauer, ein ver- nünftiger Mann, blickt den Herrn Grafen mitleidig in die Augen und darauf entwickelt ſich folgendes Zwie- geſpräch zwiſchen dem gelehrten Staatsmann und dem ſchlichten Bauer. Bauer: Wenn Du willſt, werde ich Dich ſammt dem Wagen herausziehen. — Staatsmann: Was? Haſt Du vielleicht beſſere Pferde als ich? — Bauer: Das behaupte ich nicht, aber trotzdem ſteh’ ich dafür ein, daß ich Dir heraushelfe. — Staatsmann: Alſo vorwärts, mache, daß ich herauskomme! (Der Bauer ſpannt ein) — Bauer: (Das Geſpann antreibend) Hüo, Hüo! geht ſchon. (Nach einigen Minuten): So, wir ſind ſchon heraus aus dem Sumpf.“ — Staatsmann (ſtaunend und verblüfft): Ja, ſo geht’s freilich. — Bauer: Warum machſt Du’s nich auch ſo? Ich habe vorne Tochter und Sohn, hinten Vater und Mutter eingeſpannt. Die einen ziehen, die andern ſchieben; aber alle nach vorwärts. Alle haben einen Willen. Aber Herr Graf haben an den Staatswagen Ungarn, Pollaken, Oeſterreicher und Böhmen geſpannt. Die einen ziehen vorwärts, die andern rückwärts; einer ſagt zum andern, ſoll der andere ziehen. Darum kommſt Du eben nicht aus dem Sumpfe heraus, weil Du vier Nationalitäten eingeſpannt haſt. Der gute Bauer meinte natürlich: weil Du vier Nationalitäten eingeſpannt haſt, ohne durch eine gerechte Politik ſie alle nach einer Richtung ziehen zu laſſen. Kirche, Staat und Schule. — Dechant Miesner †. Aus Mies wird uns geſchrieben: Die Fremden, welche am Jubiläumstage mit dem Dampfwagen an unſerer freundlichen Stadt vorüber- eilten, mochten ſich wundern, die ſchwarzen Trauerwimpel neben feſtlichen Kaiſerfahnen zu erblicken. Die Trauer galt dem treuen Seelenhirten, deſſen irdiſche Hülle an eben dieſem Tage von Prag hieher überführt wurde. Vor 12 Tagen hatte er ſich entſchloſſen, zur Heilung eines langjährigen Leidens die Hilfe der Prager Klinik anzurufen; getrieben von dem Verlangen, mit erneuter Kraft für ſeinen hohen Beruf arbeiten zu können, hatte der 65jährige Mann ſich der äußerſt ſchmerzvollen Operation unterzogen. Sie gelang, 3 Tage verbrachte er bei beſtem Wohlſein, da endete ein Schlaganfall unerwartet dieſes theure Leben. — Dechant Miesner ſtammt aus Schönfeld bei Carlsbad und wirkte zuerſt 7 Jahre als Kaplan in Plan, wurde hierauf als Director der neuerrichteten Unterrealſchule nach Mies berufen, wo er ſich in den 7 Jahren dieſer Schulthätigkeit aller Herzen gewann. Von der Gemeinde Plan als Seel- ſorger erbeten, folgte er dieſem Rufe und hatte während ſeiner dortigen 12jährigen Wirkſamkeit das Glück, ſeinen nachmaligen Oberhirten, den jungen Grafen von Schön- born, in die Seelſorge einzuführen. Nur ſchwer konnte er ſich von ſeiner geliebten Pfarrgemeinde Plan trennen, als das monatelange Drängen der Mieſer Bevölkerung ihn beſtürmmte, hieher zurückzukehren. Endlich folgte er, um unter Bekannten 14 Jahre mit bekannter Liebe zu wirken. Anſpruchslos für ſeine Perſon, eifrig beſorgt für ſeine Heerde, emſig bemüht um den Schmuck des Gotteshauſes, voll regem Intereſſe für die großen Fragen der Zeit, ein Prediger voll Einfachheit und Ueberzeugungs- kraft, ein unermüdlicher Beichtvater, ein zärtlicher Vater der Jugend, ein hilfreicher Freund ſeiner jüngeren Mit- brüder, kurz, ein Prieſterherz voll leuterer Güte, war dieſer Mann eine Zierde des deutſchen Clerus von Böhmen. Noch im Tode beſorgt für die Sache Gottes hat er ſeinen ganzen, allerdings nicht ſehr bedeutenden Nachlaß außer einigen Legaten zur Errichtung einer „Miesner’ſchen Paramentenſtiftung“ in Mies und Plan beſtimmt. Sein Leichenbegängniß am 3. December, an welchem ſich außer der ganzen Bevölkerung von Mies anch Plan durch ſeinen Bürgermeiſter und Vereinsdeputationen betheiligte, war eine impoſante Kundgebung der allgemeinen Liebe und Verehrung. Den Conduct führte Herr Domprälat Michael Hornſtein aus Prag unter Aſſiſtenz von 20 Geiſtlichen. Mitglieder des Clerus, der Stadtvertretung und der Vereine trugen den Sarg zur Kirche, wo das Pontificalrequiem gefeiert wurde. Bei der Trauerrede des f.-e. Convicts- directors und Pfarradminiſtrators Herrn Dr. Hilgenreiner äußerte ſich die allgemeine Trauer in lautem Schluchzen. Zu den Füßen des hohen Kirchhofkreuzes ruht jetzt ſein Irdiſches aus von ſeinen Mühe. Gott lohne ſeiner Seele alle ihre Liebe! R. I. P. — Dankſagung. Man erſucht uns folgende Dankſagung zur Veröffentlichung zu bringen: Der Franciscanerordensprieſter P. Heribert Witſch hat anläßlich der Feier ſeines 50jährigen Prieſterjubiläums von allen Seiten, von Nah und Ferne ſo zahlreiche Glück- und Segenswünſche erhalten, daß er nur auf dieſem Wege ver- mag allen Freunden, Bekannten und Gönnern den herz- innigſten Dank dafür auszuſprechen mit der Bitte auch fernerhin ſeiner freundlich gedenken zu wollen. Verſammlungen. Generalverſammlung des „Vereines zur Erziehung katholiſcher Lehrlinge.“ In der letzten Zeit tritt der „Verein jugendlicher Ar- beiter“ immer mehr und mehr mit ſeiner merkwürdigen Thätigkeit hervor, die hauptſächlich dahin geht, die Jugend, und insbeſondere die Lehrlinge, ins ſocialdemokratiſche Lager hinüberzuziehen. Welch ein edles Ziel hat ſich im Gegenſatze zu dieſem Hetzverein der „Verein zur Erziehung katholiſcher Lehrlinge“ geſetzt, der geſtern im großen Muſik- vereinsſaale ſeine diesjährige Generalverſammlung abhielt. Der Präſident Dr. Alois Gruber begrüßte zunächſt die Verſammlungstheilnehmer, er wies auf Luccheni’s Un- that hin, die, wenn nicht verzeihlich, ſo doch erklärlich er- ſcheine, da ſie ja doch eine Frucht des Atheismus ſei, der zur Socialdemokratie und Anarchie führe. Dem gegenüber helfen keine internationalen Schutzmaßregeln gegen die An- archiſten, da könne nur die Rückkehr zum Chriſtenthum helfen, eine Idee, die eben auch die Congregation der frommen Arbeiter durchzuführen ſucht und, ſoweit es ihre Mittel erlauben, auch wirklich durchführt. Nachdem Dr. Gruber mit einem dreifachen Hoch auf den Jubelpapſt und Jubelkaiſer geſchloſſen, erſtattete in vortrefflicher Weiſe der Vereinsſecretär Herr Ingenieur Trnka den Rechen- ſchaftsbericht über das abgelaufene Vereinsjahr. Die Zahl der Mitglieder iſt auf 1550 geſtiegen. Die Zahl der Wohl- thäter auf 117. Im Lehrlingsoratorium in Penzing be- finden ſich 177 Lehrlinge im Alter von 14 bis 18 Jahren, darunter 65 % aus Niederöſterreich; Böhmen und Mähren find mit je 24 Angehörigen vertreten. Mit einem Citate aus einer Rede Bismarck’s, in der dieſer die Nothwendig- keit der ſocialen Reform auf poſitiv chriſtlicher Grundlage betonte, forderte Redner die Anweſenden auf, jene Liebe zum arbeitenden Volke zu bethätigen, die vom heil. Vater ſo eindringlich verlangt wird. (Lebhafter Beifall.) Hierauf wurde an Stelle der verſtorbenen Fürſtin Wilhelmine Windiſchgrätz Gräfin Marie Harrach zur Präſidentin des Damen-Hilfscomités gewählt. Abg. Dr. Geßmann erörterte ſodann den Kampf zwiſchen den beiden Weltanſchauungen, zwiſchen dem materialiſtiſchen Socialismus und poſitivem Chriſtenthum. In dieſem Kampfe ſei es nothwendig, daß die heranwachſende Jugend gewonnen werde. In dieſer Hinſicht ſei leider ſchon Vieles verſäumt worden und man habe ſehr viel nachzu- holen, und da habe insbeſondere der Verein, der heute ſeine Generalverſammlung abhalte, in dieſer Hinſicht große Erfolge erzielt. Solch ein Lehrlingsheim ſoll nicht bloß für einige Zeit der Aufenthaltsort bes Lehrlings ſein, es ſolle ihm auch in ſpäteren Tagen das Vaterhaus erſetzen. Nachdem Dr. Geßmann, deſſen vortreffliche Rede oft vom Beifalle der Anweſenden unterbrochen wurde, dem Vereine Gedeihen und immer neue Erfolge gewünſcht hatte, erörterte P. Georg Freund C. SS. R. in ausgezeichneter Rede die Beſtrebungen, die auf Rettung des Gewerbeſtandes abzielen, der ja dem Kaiſer die beſten Soldaten und der Kirche die beſten Prieſter gebe. P. Freund legte an der Hand von Citaten aus Bebel’s Reichstagsreden dar, daß die Socialdemokratie nicht die geringſte Luſt zeige, dem Gewerbe- ſtande zu helfen. Die Congregation aber habe es ſich zur Aufgabe gemacht, zwiſchen Lehrlingen und Meiſtern zu ver- mitteln, dem Meiſter brave Lehrlinge, dem Lehrling aber einen guten Meiſter zu verſchaffen. (Lebhafter Beifall.) Hierauf ſchloß der Präſident Dr. Gruber die Ver- ſammlung, deren glänzender Verlauf die beſte Bürgſchaft für das Gedeihen des Vereines bot. Aus Anlaß des herannahenden Weihnachts- feſtes veranſtalten die Ortsgruppen des Vereines „Chriſt- liche Familie“ in allen Bezirken Frauenver- ſammlungen, deren Zweck iſt, dahin zu wirken, daß man beim Einkauf der Weihnachtsgeſchenke nur chriſtliche Gewerbetreibende berückſichtige, Auch die Ortsgruppe „Währing“ hielt geſtern eine derartige Verſammlung beim „wilden Mann“ ab, zu welcher leider, trotzdem der rührige Obmann Armenrath Schörg mehrere Redner eingeladen und auch das beſtimmte Erſcheinen zu- geſichert erhielt, in Folge dringender Verhinderung keiner derſelben erſchienen iſt, ſo daß Herr Schörg und der Präſident des Vereines Herr Prutſcher allein die Tagesordnung der Verſammlung beſtreiten mußten. Erſterer widmete Eingangs ſeiner Rede der verblichenen Kaiſerin einen tief empfundenen Nachruf, wobei ſich die Anweſenden von ihren Sitzen erhoben, beſprach weiters die Ziele des Vereines und trat in beredten Worten für die Unter- ſtützung der chriſtlichen Geſchäftsleute ſowie der chriſtlichen Preſſe ein. Auch legte er den Frauen warm ans Herz, der Armen nicht zu vergeſſen, damit auch für dieſe das ſchöne Weihnachtsfeſt ein Tag der Freude ſei. Herr Prutſcher wies auf die Erfolge hin, die der Verein bereits aufzu- weiſen habe und bezeichnete als ſeine nächſte Aufgabe, dahin zu wirken, das ein Geſetz gegen den unlauteren Wett- bewerb, wie ein ſolches bereits in Deutſchland exiſtirt, zu Stande komme. Auch dieſer Redner kam auf die chriſtliche Preſſe zu ſprechen, ſein Urtheil über dieſelbe machte jedoch auf die Verſammelten einen peinlichen Eindruck; für die vielen uneigennützigen Opfer, die die chriſtlichen Blätter ſpeciell den Vereinen bringen, verdienen ſie es wohl nicht, bezüglich ihrer „Glaubwürdigkeit“ auf die gleiche Stufe mit den Judenblättern geſtellt zu werden. Theater, Kunſt und Muſik. — Im Hofoperntheater kommt morgen Mittwoch „Die Hochzeit des Figaro“ mit den Damen Sedlmair, Forſter, Michalek, Kaulich, Elizza, Pohlner und Fellwock und den Herren Ritter, Demuth, Heſch, Schitten- helm, Schmitt und Frei zur Aufführung. — Sonntag, den 11. d. M., fand die vierhundertfünfzigſte Aufführung der Oper „Robert der Teufel“ von Giacomo Meyerbeer ſtatt. Im Kärntnerthortheater am 31. Auguſt 1833 mit Hermann Breiting in der Titel- rolle zum erſten Male gegeben, waren im alten Hauſe bis 25. Jänner 1870 326 Vorſtellungen der Oper zu verzeichnen. Im neuen Hauſe zählen wir ſeit 20. September 1870 124 „Robert“-Abende. — Deutſches Volkstheater. Für morgen iſt „Der Star“ von H. Bahr angeſetzt. — Der claſſiſche Donner- ſtag bringt Goethe’s „Geſchwiſter“ mit Fräulein Retty und Herrn Kutſchera, und Molière’s „Der eingebil- dete Kranke“ mit Herrn Girardi in der Titel- rolle. — Samſtag Nachmittags wird als zweite Schüler- vorſtellung Kleiſt’s „Käthchen von Heilbronn“ gegeben. Zu dieſer Vorſtellung koſtet jeder Sitzplatz 20 kr., jeder Stehplatz 15 kr. — Kaiſerjubiläums-Stadttheater. Der Andrang zn den Caſſen des Kaiſerjubiläums-Stadttheaters war Sonn- tag und Montag ſehr groß, es konnten nicht alle Wünſche für die erſte Vorſtellung befriedigt werden. Nunmehr hat der Verkauf für alle Vorſtellungen bis einſchließlich Sonn- tag an der Stadtcaſſe, Rothenthurmſtraße Nr. 16 (Bazar), und im Theatergebäude begonnen. Die morgige Eröff- nungsvorſtellung beginnt ausnahmsweiſe um ½7 Uhr Abends, alle künſtigen Vorſtellungen um 7 Uhr, nur an Sonn- und Feiertagen um ½8 Uhr. Heute Abends findet vor einem kleinen Auditorium von geladenen Gäſten die Generalprobe ſtatt. Die verſchiedenen Commiſſionen be- ſichtigten geſtern das Haus und ertheilten nach eingehender Inſpicirung den Betriebsconſens. — Erſtes Concert des Wiener Männergeſang- vereines. Samſtag, den 17. December, Abends ½8 Uhr, findet im großen Muſikvereinsſaale unter der Leitung der Vereins-Chormeiſter Herren Eduard Kremſer und Richard v. Perger und unter gefälliger Mitwirkung der Concert- ſängerin Fräulein Marie Katzmeyr und des Prill-Quartettes das erſte diesjährige Concert ſtatt. — Karten ſind in der Vereinskanzlei, 1. Bez., Canovagaſſe Nr. 4, von 4 bis 6 Uhr zu haben. — Sylveſter-Liedertafel des „Männerchors der Wiener k. k. Finanzwache“. Donnerſtag, den 29. December, 8 Uhr Abends findet in Dreher’s Saal- localitäten, 3. Bezirk, Hauptſtraße 97, die Sylveſter- Liedertafel unter Leitung des Vereinschormeiſters Herrn Chordirectors Rudolf Baxa und gefälliger Mit wirkung der Damen des Wiener Chor- und Orcheſter-Vereines“, der Herren F. Welleba, Ludwig Weiß, J. Wotawa und *** ſtatt. Muſikcapelle Poſchwa. Entrée im Vorverkauf 30 kr. (er- hältlich bei ſämmtlichen k. k. Finanzwach-Abtheilungen) an der Caſſa 40 kr.

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 284, Wien, 14.12.1898, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost284_1898/9>, abgerufen am 27.04.2024.