Reichspost. Nr. 308, Wien, 04.07.1914.Wien, Samstag Reichspost 4. Juli 1914 Nr. 308 [Spaltenumbruch] Das Eingreifen des Kaisers. Heute nachmitttag wurde folgende Meldung aus- "Auf Allerhöchste Anordnung Sr. Ganz Wien danktes dem Kaiser, daß Großen Unwillen erregte es auch, als die Hunderte Der Kaiser. Der Kaiser hat heute um 9 Uhr vormittags Um 10 Uhr erschien beim Kaiser Herr Erzherzog- Die Beisetzung in Artstetten. Die erzherzogliche Gruft. Artstetten, 3. Juli. Weitauf stehen die Torflügel der Gruft, die des Im Jahre 1910 hat der hohe Verblichene die Gruft Das Innere der Gruft ist puritanisch einfach gehalten. Vor dem Hauptaltar stehen die Schaubetten. Hier Im Laufe des heutigen Nachmittags brachten Auto- Um 12 Uhr 37 Min. nachts trifft der Separatzug mit Das Ideal der Liebe. Dem Andenken der Herzogin von Hohenberg. Von einer Dame der Wiener hohen In einem englischen Buche steht etwas so wahres: Und in diesen so schicksalsschweren Tagen muß ich In den Tagen des Glanzes ist es ein Leichtes, an Das ist das Ideal einer Liebe, so zu sterben, wenn Sie war sein guter Engel und wird es auch vom Kaiser Wilhelm an unsere Marine. Das Beileidstelegramm des Kaisers. Kaiser Wilhelm hat an den Marinekomman- "Nehmen Sie als Vertreter der kaiserlichen und Der Dank des Marinekommandanten. Berlin, 3. Juli. Auf das Beileidstelegramm Kaiser Wilhelms "Niedergeschmettert von der Tragik des Schicksals [Spaltenumbruch] Die Armeetrauer. Das Kriegsministerium hat folgenden Erlaß heraus- Trauerkundgebungen. Die Trauersitzung der Christlichsozialen Vereinigung. Ein Ereignis bewegt das Reich, wie es von größere[r] Um so wohltuender wirkt es, daß die christlichsoziale "Meine hochverehrten Herren! Wie Ihnen allen bekannt ist, haben Se. k. k. Hoheit Herr Sie haben sich zum Zeichen der Trauer von den Sitzen Die Mitglieder des christlichsozialen Reichsratsklubs Trauersitzung im Oesterreichischen Flottenverein. Der Vorstand des Oesterreichischen Flottenvereines Meine Herren! Ein furchtbares, erschütterndes Geschehnis führt uns in Wien, Samstag Reichspoſt 4. Juli 1914 Nr. 308 [Spaltenumbruch] Das Eingreifen des Kaiſers. Heute nachmitttag wurde folgende Meldung aus- „Auf Allerhöchſte Anordnung Sr. Ganz Wien danktes dem Kaiſer, daß Großen Unwillen erregte es auch, als die Hunderte Der Kaiſer. Der Kaiſer hat heute um 9 Uhr vormittags Um 10 Uhr erſchien beim Kaiſer Herr Erzherzog- Die Beiſetzung in Artſtetten. Die erzherzogliche Gruft. Artſtetten, 3. Juli. Weitauf ſtehen die Torflügel der Gruft, die des Im Jahre 1910 hat der hohe Verblichene die Gruft Das Innere der Gruft iſt puritaniſch einfach gehalten. Vor dem Hauptaltar ſtehen die Schaubetten. Hier Im Laufe des heutigen Nachmittags brachten Auto- Um 12 Uhr 37 Min. nachts trifft der Separatzug mit Das Ideal der Liebe. Dem Andenken der Herzogin von Hohenberg. Von einer Dame der Wiener hohen In einem engliſchen Buche ſteht etwas ſo wahres: Und in dieſen ſo ſchickſalsſchweren Tagen muß ich In den Tagen des Glanzes iſt es ein Leichtes, an Das iſt das Ideal einer Liebe, ſo zu ſterben, wenn Sie war ſein guter Engel und wird es auch vom Kaiſer Wilhelm an unſere Marine. Das Beileidstelegramm des Kaiſers. Kaiſer Wilhelm hat an den Marinekomman- „Nehmen Sie als Vertreter der kaiſerlichen und Der Dank des Marinekommandanten. Berlin, 3. Juli. Auf das Beileidstelegramm Kaiſer Wilhelms „Niedergeſchmettert von der Tragik des Schickſals [Spaltenumbruch] Die Armeetrauer. Das Kriegsminiſterium hat folgenden Erlaß heraus- Trauerkundgebungen. Die Trauerſitzung der Chriſtlichſozialen Vereinigung. Ein Ereignis bewegt das Reich, wie es von größere[r] Um ſo wohltuender wirkt es, daß die chriſtlichſoziale „Meine hochverehrten Herren! Wie Ihnen allen bekannt iſt, haben Se. k. k. Hoheit Herr Sie haben ſich zum Zeichen der Trauer von den Sitzen Die Mitglieder des chriſtlichſozialen Reichsratsklubs Trauerſitzung im Oeſterreichiſchen Flottenverein. Der Vorſtand des Oeſterreichiſchen Flottenvereines Meine Herren! Ein furchtbares, erſchütterndes Geſchehnis führt uns in <TEI> <text> <body> <div xml:id="pn01c" prev="#pn01b" type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Samstag <hi rendition="#g">Reichspoſt</hi> 4. 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Die Truppen ſtehen<lb/> in der Ringſtraße und Mariahilferſtraße bis zur<lb/> Königskloſtergaſſe“.</hi> </p><lb/> <p><hi rendition="#g">Ganz Wien danktes dem Kaiſer,</hi> daß<lb/> er perſönlich eingegriffen hat, <hi rendition="#g">um die ſchweren<lb/> Taktloſigkeiten der Hofbehörden<lb/> abzuſtellen,</hi> die ſich bei dieſer Trauerfeierlichkeit.<lb/> ereignet haben. Die Hofbehörden haben dieſe Leichen-<lb/> feier mit einer Unſumme von groben Verſtößen gegen<lb/> die Pietät begangen und die Entrüſtung, die in der<lb/> ganzen Wiener Bevölkerung hinauf bis in die Kreiſe der<lb/> Generalität und der Geheimen Räte herrſcht, iſt namen-<lb/> los. Noch niemals hat Wien eine ſolche Würdeloſigkeit,<lb/> eine ſolche Verletzung der Rückſichten, welche dem Kaiſer-<lb/> hauſe und gar einem für Kaiſer und Reich gefallenen<lb/> Erzherzog-Thronfolger gebühren, erlebt. Die Anteil-<lb/> nahme des Heeres an dem Leichenbegängniſſe eines<lb/> Erzherzogs, der nächſt dem Allerhöchſten Kriegsherrn<lb/> der oberſte Chef war, und <hi rendition="#g">der als Soldat bei<lb/> Ausübung ſeiner militäriſchen Pflichten<lb/> geſtorben iſt, wurde bisher künſtlich<lb/> verhindert.</hi> </p><lb/> <p>Großen Unwillen erregte es auch, als die Hunderte<lb/> von Kränzen, die Zeugen der Liebe von unzähligen<lb/> Perſönlichkeiten unſeres öffentlichen Lebens, ja von<lb/> ganzen Völkern waren, heute nachmittag <hi rendition="#g">auf<lb/> gewöhnlichen Hoflaſtwagen</hi> auf den<lb/> Weſtbahnhof geſchafft wurden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Kaiſer.</hi> </head><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> hat heute um 9 Uhr vormittags<lb/> den Oberſthofmeiſter weiland des Herrn Erzherzogs<lb/> Franz Ferdinand Freiherrn v. <hi rendition="#g">Rumerskirch</hi> in<lb/> beſonderer Audienz empfangen.</p><lb/> <p>Um 10 Uhr erſchien beim Kaiſer Herr Erzherzog-<lb/> Thronfolger <hi rendition="#g">Karl Franz Joſef</hi> in Privat-<lb/> audienz.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Beiſetzung in Artſtetten.<lb/> Die erzherzogliche Gruft.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Artſtetten,</hi> 3. Juli.</dateline><lb/> <p>Weitauf ſtehen die Torflügel der Gruft, die des<lb/> Schloßherrn harrt, der im erſten Morgengrauen mit<lb/> ſeiner Gemahlin in das Schloß wiederkehrt, um hier die<lb/> ewige Ruhe zu finden.</p><lb/> <p>Im Jahre 1910 hat der hohe Verblichene die Gruft<lb/> für ſich und ſeine Familie unterhalb der an das Schloß<lb/> angebauten Pfarr- und Schloßkirche anlegen laſſen. Sie<lb/> liegt obertags und empfängt durch kleine Fenſter in der<lb/> Höhe Tageslicht. Die Gruft iſt nach den genauen Anord-<lb/> nungen des hoh em Verblichenen ſo angebracht worden, daß<lb/> ſie des gruftartigen Charakters ganz entbehrt. Denn die<lb/> Kirche, in deren Unterbau die Gruft liegt, ſteht hoch oben<lb/> auf einem Plateau, zu welchem 36 Stufen führen, ſo daß<lb/> das nunmehr ſchwarz verhängte Gruftportal, das von<lb/> dem erzherzoglichen Wappen gekrönt iſt, noch über dem<lb/> Niveau der Parkanlagen liegt. Dieſes Portal iſt ein ſtim-<lb/> mungsvolles Tor aus gelbem Sandſtein, ein Alt-Tiroler<lb/> Friedhofstor, das der Erzherzog nach Artſtetten bringen<lb/> ließ.</p><lb/> <p>Das Innere der Gruft iſt puritaniſch einfach gehalten.<lb/> Die Wände ſind glatt weiß, weiß auch und ſchmucklos der<lb/> Marmoraltar in der Niſche. Dem Altar gegenüber im<lb/> Gewölbe ſtehen die beiden mit ſchwarzem Bahrtuch bedeckten<lb/> Katafalke, dazwiſchen ein kleiner ſilberner Sarg mit der<lb/> Leiche des vor drei Jahren totgeborenen <hi rendition="#g">Töchterchens</hi><lb/> des Herrn Erzherzogs. Ueber den Katafalken in der Decke<lb/> iſt der dreiteilige durchſichtige Gruftdeckel angebracht, der<lb/> ſich in den Erdboden vor dem Altar der Kirche einfügt.<lb/> Auf Wunſch des Erzherzogs wird aber dieſer Gruftdeckel<lb/> nie geöffnet werden. Links vor dem ſchwarz ausgeſchlagenen<lb/> Eingangstor der Schloßkirche, die zugleich die Pfarrkirche<lb/> von Artſtetten iſt, ſteht an der Umfaſſungsmauer des<lb/> Gartens ein Rondeau aus Palmen, Lorbeer- und Buchs-<lb/> bäumen, Blumenarrangements der gleichen Art, nur durch<lb/> verſchiedenfarbige Hortenſien belebt, füllen alle Niſchen im<lb/> Innern der Kirche und reiche Blumendekorationen ver-<lb/> kleiden die Wände zu beiden Seiten des Hauptaltars und<lb/> flankieren die beiden Seitenaltäre. Der Kirchenraum iſt<lb/> ganz ſchwarz ausgeſchlagen. Oratorium und Chor ſind<lb/> gleichfalls ſchwarz verhängt und die Wände, an denen die<lb/> Altäre ſtehen, tragen das Kreuztuch. Schwarze Teppiche<lb/> ſind über den Boden gebreitet und auch die Bänke im<lb/> Kirchenſchiff ſind in ſchwarzes Tuch gehüllt. Ueber dem<lb/><cb/> Kirchenportale und im Innern in der Höhe des Chores<lb/> ſind die Wappen des Erzherzogs und der Herzogin an-<lb/> gebracht. Silverne Kandelaber vor den Altären leuchten<lb/> aus dem Dunkel hervor.</p><lb/> <p>Vor dem Hauptaltar ſtehen die Schaubetten. Hier<lb/> werden die beiden Särge um 3 Uhr 30 Minuten morgens<lb/> reponiert und um 11 Uhr vormittags erfolgt in Gegen-<lb/> wart der Mitglieder des Kaiſerhauſes und der Gefolge<lb/> die feierliche Einſegnung.</p><lb/> <p>Im Laufe des heutigen Nachmittags brachten Auto-<lb/> mobile und Eiſenbahnzüge eine unüberſehbare Zahl von<lb/> Kranzen, die zum Teil in der Gruft niedergelegt, zum<lb/> Teil zu beiden Seiten des Weges von der Kirche zum<lb/> Gruſteingange ausgebreitet werden. In <hi rendition="#g">Artſtetten,<lb/> Großpöchlarn</hi> und <hi rendition="#g">Kleinpöchlarn</hi> wehen<lb/> ſchwarze Fahnen von den Giebeln der Häuſer und auch<lb/> auf der ganzen Weſtbahnſtrecke ſind die Häuſer zu beiden<lb/> Seiten des Geleiſes mit Trauerfahnen geſchmückt. Die<lb/> große Rollfähre, welche die Leichen von Pöchlarn über die<lb/> Donau, die hier breit und mächtig dahinfließt, an das<lb/> andere Ufer überſetzen wird, iſt ſchwarz drapiert und<lb/> Trauerfahnen ſind am Gitter angebracht.</p><lb/> <p>Um 12 Uhr 37 Min. nachts trifft der Separatzug mit<lb/> den Leichen in der Station <hi rendition="#g">Großpöchlarn</hi> ein. Den<lb/> Zug begleiten Oberſthofmeiſter Freiherr v. <hi rendition="#g">Rumers-<lb/> kirch,</hi> Dienſtkämmerer Rittmeiſter Graf <hi rendition="#g">Van der<lb/> Straten,</hi> Dienſtkämmerer Dr. Andreas Freiherr von<lb/><hi rendition="#g">Morſey,</hi> Flügeladjutant Oberſt Dr. <hi rendition="#g">Bardolff</hi> und<lb/> die Beamten des Oberſthofmeiſteramtes und des Sekre-<lb/> tariates des verblichenen Erzherzogs ſowie das erzherzog-<lb/> lich Kammerperſonal. Die Särge verbleiben bis 2 Uhr<lb/> 30 Minuten im Waggon, zu welcher Stunde ihre Ueber-<lb/> führung nach dem Schloſſe erfolgt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Ideal der Liebe.<lb/> Dem Andenken der Herzogin von Hohenberg.</hi> </head><lb/> <p>Von einer <hi rendition="#g">Dame der Wiener hohen<lb/> Geſellſchaft</hi> erhalten wir folgende Zeilen:</p><lb/> <p>In einem engliſchen Buche ſteht etwas ſo wahres:<lb/> daß es mit der Liebe wie mit den Geſpenſtern ſei; „ſo<lb/> viele reden davon, ſo wenige haben ſie geſehen.“</p><lb/> <p>Und in dieſen ſo ſchickſalsſchweren Tagen muß ich<lb/> immer an dieſe Worte denken, denn wahrlich unter dieſe<lb/> Wenigen, die die Liebe geſehen, gehört die verewigte<lb/> Herzogin von Hohenberg. Sie hat durch ihren Helden-<lb/> tod bewieſen, daß ſie die höchſte Liebe gekannt, daß ſie<lb/> für den Gegenſtand ihrer Liebe ihre Leben geben wollte.</p><lb/> <p>In den Tagen des Glanzes iſt es ein Leichtes, an<lb/> der Seite eines Mannes zu ſein, dem eine hohe<lb/> Stellung, Ruhm und äußere Pracht verliehen, das trifft<lb/> eine jede Frau, aber <hi rendition="#g">im Tode</hi> bei ihm auszuharren<lb/> und der Gefahr lächelnd entgegenzuſehen, wenn dieſe<lb/> nur mit <hi rendition="#g">ihm geteilt</hi> werden kann, das<lb/> iſt <hi rendition="#g">ein Zeichen der Auserwählung,</hi><lb/> und wenige werden ihr auf jene Schmerzenshöhe dieſes<lb/> ſchrecklichen 28. Juni folgen können.</p><lb/> <p>Das iſt das Ideal einer Liebe, ſo zu ſterben, wenn<lb/> auch von ferne vor ihrem erlöſchenden Blicke ihr liebes<lb/> Kleeblatt, ihr roſenumranktes Konopiſcht, das viele, was<lb/> ſie hätte noch leiſten können, wenn das alles vor ihr<lb/> geiſtiges Auge — trat das <hi rendition="#g">Glück, mit ihm ſterben<lb/> zu können,</hi> ſchien ihr doch das Allerhöchſte.</p><lb/> <p>Sie war ſein guter Engel und wird es auch vom<lb/> Himmel aus für die drei Waiſen bleiben, für die heute<lb/> ganz Oeſterreich heißes Mitleid fühlt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kaiſer Wilhelm an unſere<lb/> Marine.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Das Beileidstelegramm des Kaiſers.</hi> </head><lb/> <p>Kaiſer <hi rendition="#g">Wilhelm</hi> hat an den Marinekomman-<lb/> danten Admiral <hi rendition="#g">Haus</hi> nachſtehende Depeſche gerichtet:</p><lb/> <p>„Nehmen Sie als Vertreter der kaiſerlichen und<lb/> königlichen Marine den Ausdruck <hi rendition="#g">meines ganz<lb/> beſonderen Beileides</hi> entgegen anläßlich des<lb/> jähen Hinſcheidens Ihres Erzherzog-Admirals. Ich weiß,<lb/><hi rendition="#g">wie ſein Herz für die Flotte ſchlug</hi><lb/> und <hi rendition="#g">wie er für ſie gewirkt hat.</hi> Ich<lb/> habe aber auch die Zuverſicht, <hi rendition="#g">daß ſein Geiſt<lb/> weiterleben</hi> wird in den Offizieren und Mann-<lb/> ſchaften der öſterreichiſch-ungariſchen Marine. <hi rendition="#g">Mit<lb/> mir trauert meine Flotte,</hi> in deren<lb/> Mitte ich mich befinde und welche morgen den Trauer-<lb/> ſalut feuern ſoll für den fürſtlichen Admiral, der auch<lb/> ihr Freund war.</p><lb/> <byline><hi rendition="#g">Wilhelm</hi><hi rendition="#aq">I. R.</hi>“</byline> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Dank des Marinekommandanten.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 3. Juli.</dateline><lb/> <p>Auf das Beileidstelegramm Kaiſer <hi rendition="#g">Wilhelms</hi><lb/> iſt folgendes Antworttelegramm des Admirals <hi rendition="#g">Haus</hi><lb/> eingegangen:</p><lb/> <p>„Niedergeſchmettert von der Tragik des Schickſals<lb/> ſind uns die gnädigen Worte der Teilnahme, die Eure<lb/> Majeſtät an mich zu richten die Gnade hatten, <hi rendition="#g">ein<lb/> wahrer Troſt und ein Anſporn zu<lb/> weiterer Arbeit.</hi> Genehmigen Eure Majeſtät<lb/> meinen und der kaiſerlichen und königlichen Kriegs-<lb/> marine tief ergebenſten Dank und die Bitte, anzu-<lb/> befehlen, daß Eurer Majeſtät mittrauernder ſtolzer<lb/> Flotte unſer <hi rendition="#g">innigſter, kameradſchaft-<lb/> licher Dank</hi> bekanntgegeben werde.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Armeetrauer.</hi> </head><lb/> <p>Das Kriegsminiſterium hat folgenden Erlaß heraus-<lb/> gegeben: „Auf Allerhöchſten Befehl hat die Hoftrauer<lb/> für weiland Seine k. u. k. Hoheit den durchlauchtigſten<lb/> Herrn Erzherzog Frauz Ferdinand von Oeſterreich-Eſte<lb/> als <hi rendition="#g">Armeetrauer</hi> zu gelten und ſind in den<lb/> erſten Wochen an den Fahnen (Standarten) nnd an den<lb/> Feſtungs-(Kaſernen-)flaggen <hi rendition="#g">Trauerflore</hi> zu be-<lb/> feſtigen. Die Wachen haben <hi rendition="#g">ohne Muſiken</hi> auf-<lb/> zuziehen. Das Spielen der Muſiken bei dienſtlichen An-<lb/> läſſen hat während dieſer Zeit zu unterbleiben; ebenſo<lb/> haben keine Platzmuſiken ſtattzufinden. Außerdienſtliche<lb/> Verwendungen der Muſiken an Unterhaltungsorten<lb/> ſind von Sonntag den 5. Juli an geſtattet.“</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Trauerkundgebungen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Trauerſitzung der Chriſtlichſozialen<lb/> Vereinigung.</hi> </head><lb/> <p>Ein Ereignis bewegt das Reich, wie es von größere<supplied>r</supplied><lb/> Bedeutung nicht gedacht werden kann. Beide Häuſer des<lb/> Reichsrates müſſen ſich damit begnügen, durch ihre<lb/> Präſidenten ihre Beileidskundgebungen ſchriftlich an den<lb/> Miniſterpräſidenten zu richten. Von den Parteien des<lb/> Abgeordnetenhauſes hat man nur vernommen, daß der<lb/> Obmann des Polenklubs Dr. <hi rendition="#g">Leo</hi> aus Krakau eine<lb/> poſtaliſche Kundgebung an den Miniſterpräſidenten ſandte.<lb/> Der Obmann des Deutſchen Nationalverbandes hat<lb/> perſönlich beim Miniſterpräſidenten vorgeſprochen. Die<lb/> einzige Chriſtlichſoziale Partei hat eine würdige und<lb/> eindrucksvolle Trauerkundgebung veranſtaltet, ſie hat<lb/> den Anforderungen genügt, die bei einer ſolchen<lb/> Gelegenheit an eine reichs- und dynaſtietreue Partei ge-<lb/> ſtellt werden können. Es iſt ein Symptom der augen-<lb/> blicklichen Zerfahrenheit unſeres politiſchen Lebens, daß<lb/> die <hi rendition="#g">chriſtlichſoziale Partei mit</hi> ihrem löb-<lb/> lichen Beiſpiele <hi rendition="#g">allein</hi> daſteht und daß keine zweite<lb/> Partei gleich ihr getan hat, was Pflicht jeder parla-<lb/> mentariſchen Gruppe geweſen wäre.</p><lb/> <p>Um ſo wohltuender wirkt es, daß die chriſtlichſoziale<lb/> Vereinigung heute vormittag zu einer Trauerkundgebung<lb/> zuſammentrat. Den Vorſitz führte der geſchäftsführende<lb/> Obmann <hi rendition="#g">Rienößl,</hi> der die zahlreichen, in Trauer-<lb/> kleidung erſchienenen Abgeordneten ſowie das Herren-<lb/> hausmitglied Miniſter a. D. Dr. v. Wittek begrüßte<lb/> und ſodann folgende Anſprache hielt:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">„Meine hochverehrten Herren!</hi> </p><lb/> <p>Wie Ihnen allen bekannt iſt, haben Se. k. k. Hoheit Herr<lb/> Erzherzog Franz Ferdinand von Oeſterreich-Eſte und höchſt-<lb/> deſſen Gemahlin Frau Herzogin Sofie von Hohenberg in der<lb/> bosniſchen Landeshauptſtadt durch Mörderhand den Tod ge-<lb/> funden. Ein namenloſes fluchwürdiges Verbrechen hat uns des<lb/> allernächſten Thronagnaten, der ſtarken Zukunftshoffnung des<lb/> Reiches beraubt. In ſolch ernſter Stunde iſt es unſer aller<lb/> Herzensbedürfnis <hi rendition="#g">der innigſten Trauer und dem<lb/> tiefſten Abſcheu über die ruchloſe Tat<lb/> von Sarajevo</hi> Ausdruck zu verleihen. Zu dem ganzen<lb/> Komplex der hochpolitiſchen Fragen Stellung zu nehmen,<lb/> deren Höhepunkt der Fürſtenmord des 28. Juni 1914<lb/> darſtellt, dazu wird und muß ſich in einem ſpäteren<lb/> Zeitpunkt, zu paſſenderer Stunde Gelegenheit er-<lb/> geben. Nur das eine ſei ſchon heute geſagt: Es muß feſtgeſtellt<lb/> werden, daß das große mächtige Oeſterreich Jahre hindurch<lb/> gegenüber dem provozierenden Auftreten gewiſſer Elemente<lb/> kleiner unbedeutender Nachbarſtaaten an der Südgrenze unſerer<lb/> Monarchie <hi rendition="#g">weiteſtgehende Nachſicht</hi> geübt hat, daß<lb/> aber dieſe zurückhaltende Politik <hi rendition="#g">nicht nur kein Ver-<lb/> ſtändnis</hi> gefunden, ſondern im Gegenteil ein ſtetes An-<lb/> ſchwellen provozierender radikaler Strömungen dort zur Folge<lb/> gehabt hat. Nur ſo konnte es zu dieſer unſeligen Bluttat<lb/> kommen, durch welche unſer edler Thronfolger, der Stolz und<lb/> die Hoffnung Oeſterreichs, und ſeine hochſinnige Gemahlin<lb/> dahingerafft wurden. Unſer Herzensbedürfnis aber iſt<lb/> es heute, unſerem vielgeliebten und vielgeprüſten<lb/> Monarchen, dem nach Bekanntwerden des fluchwür-<lb/> digen Attentats unſere erſten Gedanken gegolten haben,<lb/> unſere herzinnige Anteilnahme an dem ſchweren Schickſals-<lb/> ſchlage zum Ausdruck zu bringen. Wir gedenken aber in dieſem<lb/> ernſten Augenblick auch mit Wehmut <hi rendition="#g">der armen ver-<lb/> laſſenen Waiſen,</hi> die ihre liebenden und fürſorglichen<lb/> Eltern auf ſchreckliche Weiſe verloren haben, und empfehlen ſie<lb/> dem Schutze des Allmächtigen. Aus der Tiefe des Herzens<lb/> dringen in dieſen Tagen die Gebete zum Himmel, Gott der<lb/> Allmächtige verleihe Sr. Majeſtät unſerem allergnädigſten<lb/> Kaiſer und Herrn Troſt und Stärke in dieſen ſchweren<lb/> Stunden der Prüfung und ſchütze unſer innigſtgeliebtes<lb/> Vaterland! Dies iſt der Ausruck unſerer innigſten<lb/> Gefühle und der heißeſte Wunſch der geſamten Partei, die<lb/> ſtets an dem Beſtande an der Größe und Bedeutung des<lb/> Reiches feſtgehalten hat und feſthalten wird und die im Glück<lb/> und Unglück nach wie vor unerſchütterlich zu dem angeſtammten<lb/> Kaiſerhauſe ſteht.</p><lb/> <p>Sie haben ſich zum Zeichen der Trauer von den Sitzen<lb/> erhoben, ich bin Ihrer Zuſtimmung gewiß, wenn dieſe Kund-<lb/> gebung dem Protokolle der Sitzung einverleibt wird. Sie<lb/> geſtatten aber auch, daß ich dieſe Enunziation an Seine<lb/> Exzellenz den Herrn Miniſterpräſidenten Karl Grafen<lb/><hi rendition="#g">Stürgkh</hi> mit der Bitte übermittle, ſie an die Stufen des<lb/> Allerhöchſten Thrones zu leiten.</p><lb/> <p>Die Mitglieder des chriſtlichſozialen Reichsratsklubs<lb/> hörten die Anſprache des Obmannes unter lautloſer<lb/> Stille an; die Trauerkundgebung fand mit den Schluß-<lb/> worten des Abg. <hi rendition="#g">Rienößl</hi> ihr Ende.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Trauerſitzung im Oeſterreichiſchen<lb/> Flottenverein.</hi> </head><lb/> <p>Der Vorſtand des Oeſterreichiſchen Flottenvereines<lb/> hielt geſtern eine Trauerſitzung ab, welche der Präſident<lb/> Alfred Prinz <hi rendition="#g">Liechtenſtein</hi> mit folgender An-<lb/> ſprache eröffnete:</p><lb/> <div n="4"> <salute> <hi rendition="#et">Meine Herren!</hi> </salute><lb/> <p>Ein furchtbares, erſchütterndes Geſchehnis führt uns in<lb/> Schmerz und Trauer zuſammen. Am 28. Juni vernahmen<lb/> Oeſterreich-Ungarns Völker die gräßliche Kunde: Erzherzog<lb/> Franz Ferdinand iſt in <hi rendition="#g">treuer, mannhafter Pflicht-<lb/> erfüllung als aufrechter, tapferer Soldat</hi> von<lb/> ruchloſer Mörderhand dahingerafft worden; an ſeiner Seite fiel<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Wien, Samstag Reichspoſt 4. Juli 1914 Nr. 308
Das Eingreifen des
Kaiſers.
Heute nachmitttag wurde folgende Meldung aus-
gegeben:
„Auf Allerhöchſte Anordnung Sr.
Majeſtät des Kaiſers werden aus Anlaß der
heutigen Ueberführung der Leichen des Erzherzogs
Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg die
verfügbaren Truppen der Garniſon
Wien ausrücken. Die Aufſtellung wird vom
Kommandanten der 49. Infanterietruppendiviſion
FML. Kritek befehligt. Dem Leichenzug wird die
Ehrenbezeigung durch Schlagen des Generalmarſches
und durch Senken der Fahnen geleiſtet. Generalität,
die Stabs- und Oberoffiziere und Militärbeamten ver-
ſammeln ſich beim Weſtbahnhofe. Die Truppen ſtehen
in der Ringſtraße und Mariahilferſtraße bis zur
Königskloſtergaſſe“.
Ganz Wien danktes dem Kaiſer, daß
er perſönlich eingegriffen hat, um die ſchweren
Taktloſigkeiten der Hofbehörden
abzuſtellen, die ſich bei dieſer Trauerfeierlichkeit.
ereignet haben. Die Hofbehörden haben dieſe Leichen-
feier mit einer Unſumme von groben Verſtößen gegen
die Pietät begangen und die Entrüſtung, die in der
ganzen Wiener Bevölkerung hinauf bis in die Kreiſe der
Generalität und der Geheimen Räte herrſcht, iſt namen-
los. Noch niemals hat Wien eine ſolche Würdeloſigkeit,
eine ſolche Verletzung der Rückſichten, welche dem Kaiſer-
hauſe und gar einem für Kaiſer und Reich gefallenen
Erzherzog-Thronfolger gebühren, erlebt. Die Anteil-
nahme des Heeres an dem Leichenbegängniſſe eines
Erzherzogs, der nächſt dem Allerhöchſten Kriegsherrn
der oberſte Chef war, und der als Soldat bei
Ausübung ſeiner militäriſchen Pflichten
geſtorben iſt, wurde bisher künſtlich
verhindert.
Großen Unwillen erregte es auch, als die Hunderte
von Kränzen, die Zeugen der Liebe von unzähligen
Perſönlichkeiten unſeres öffentlichen Lebens, ja von
ganzen Völkern waren, heute nachmittag auf
gewöhnlichen Hoflaſtwagen auf den
Weſtbahnhof geſchafft wurden.
Der Kaiſer.
Der Kaiſer hat heute um 9 Uhr vormittags
den Oberſthofmeiſter weiland des Herrn Erzherzogs
Franz Ferdinand Freiherrn v. Rumerskirch in
beſonderer Audienz empfangen.
Um 10 Uhr erſchien beim Kaiſer Herr Erzherzog-
Thronfolger Karl Franz Joſef in Privat-
audienz.
Die Beiſetzung in Artſtetten.
Die erzherzogliche Gruft.
Artſtetten, 3. Juli.
Weitauf ſtehen die Torflügel der Gruft, die des
Schloßherrn harrt, der im erſten Morgengrauen mit
ſeiner Gemahlin in das Schloß wiederkehrt, um hier die
ewige Ruhe zu finden.
Im Jahre 1910 hat der hohe Verblichene die Gruft
für ſich und ſeine Familie unterhalb der an das Schloß
angebauten Pfarr- und Schloßkirche anlegen laſſen. Sie
liegt obertags und empfängt durch kleine Fenſter in der
Höhe Tageslicht. Die Gruft iſt nach den genauen Anord-
nungen des hoh em Verblichenen ſo angebracht worden, daß
ſie des gruftartigen Charakters ganz entbehrt. Denn die
Kirche, in deren Unterbau die Gruft liegt, ſteht hoch oben
auf einem Plateau, zu welchem 36 Stufen führen, ſo daß
das nunmehr ſchwarz verhängte Gruftportal, das von
dem erzherzoglichen Wappen gekrönt iſt, noch über dem
Niveau der Parkanlagen liegt. Dieſes Portal iſt ein ſtim-
mungsvolles Tor aus gelbem Sandſtein, ein Alt-Tiroler
Friedhofstor, das der Erzherzog nach Artſtetten bringen
ließ.
Das Innere der Gruft iſt puritaniſch einfach gehalten.
Die Wände ſind glatt weiß, weiß auch und ſchmucklos der
Marmoraltar in der Niſche. Dem Altar gegenüber im
Gewölbe ſtehen die beiden mit ſchwarzem Bahrtuch bedeckten
Katafalke, dazwiſchen ein kleiner ſilberner Sarg mit der
Leiche des vor drei Jahren totgeborenen Töchterchens
des Herrn Erzherzogs. Ueber den Katafalken in der Decke
iſt der dreiteilige durchſichtige Gruftdeckel angebracht, der
ſich in den Erdboden vor dem Altar der Kirche einfügt.
Auf Wunſch des Erzherzogs wird aber dieſer Gruftdeckel
nie geöffnet werden. Links vor dem ſchwarz ausgeſchlagenen
Eingangstor der Schloßkirche, die zugleich die Pfarrkirche
von Artſtetten iſt, ſteht an der Umfaſſungsmauer des
Gartens ein Rondeau aus Palmen, Lorbeer- und Buchs-
bäumen, Blumenarrangements der gleichen Art, nur durch
verſchiedenfarbige Hortenſien belebt, füllen alle Niſchen im
Innern der Kirche und reiche Blumendekorationen ver-
kleiden die Wände zu beiden Seiten des Hauptaltars und
flankieren die beiden Seitenaltäre. Der Kirchenraum iſt
ganz ſchwarz ausgeſchlagen. Oratorium und Chor ſind
gleichfalls ſchwarz verhängt und die Wände, an denen die
Altäre ſtehen, tragen das Kreuztuch. Schwarze Teppiche
ſind über den Boden gebreitet und auch die Bänke im
Kirchenſchiff ſind in ſchwarzes Tuch gehüllt. Ueber dem
Kirchenportale und im Innern in der Höhe des Chores
ſind die Wappen des Erzherzogs und der Herzogin an-
gebracht. Silverne Kandelaber vor den Altären leuchten
aus dem Dunkel hervor.
Vor dem Hauptaltar ſtehen die Schaubetten. Hier
werden die beiden Särge um 3 Uhr 30 Minuten morgens
reponiert und um 11 Uhr vormittags erfolgt in Gegen-
wart der Mitglieder des Kaiſerhauſes und der Gefolge
die feierliche Einſegnung.
Im Laufe des heutigen Nachmittags brachten Auto-
mobile und Eiſenbahnzüge eine unüberſehbare Zahl von
Kranzen, die zum Teil in der Gruft niedergelegt, zum
Teil zu beiden Seiten des Weges von der Kirche zum
Gruſteingange ausgebreitet werden. In Artſtetten,
Großpöchlarn und Kleinpöchlarn wehen
ſchwarze Fahnen von den Giebeln der Häuſer und auch
auf der ganzen Weſtbahnſtrecke ſind die Häuſer zu beiden
Seiten des Geleiſes mit Trauerfahnen geſchmückt. Die
große Rollfähre, welche die Leichen von Pöchlarn über die
Donau, die hier breit und mächtig dahinfließt, an das
andere Ufer überſetzen wird, iſt ſchwarz drapiert und
Trauerfahnen ſind am Gitter angebracht.
Um 12 Uhr 37 Min. nachts trifft der Separatzug mit
den Leichen in der Station Großpöchlarn ein. Den
Zug begleiten Oberſthofmeiſter Freiherr v. Rumers-
kirch, Dienſtkämmerer Rittmeiſter Graf Van der
Straten, Dienſtkämmerer Dr. Andreas Freiherr von
Morſey, Flügeladjutant Oberſt Dr. Bardolff und
die Beamten des Oberſthofmeiſteramtes und des Sekre-
tariates des verblichenen Erzherzogs ſowie das erzherzog-
lich Kammerperſonal. Die Särge verbleiben bis 2 Uhr
30 Minuten im Waggon, zu welcher Stunde ihre Ueber-
führung nach dem Schloſſe erfolgt.
Das Ideal der Liebe.
Dem Andenken der Herzogin von Hohenberg.
Von einer Dame der Wiener hohen
Geſellſchaft erhalten wir folgende Zeilen:
In einem engliſchen Buche ſteht etwas ſo wahres:
daß es mit der Liebe wie mit den Geſpenſtern ſei; „ſo
viele reden davon, ſo wenige haben ſie geſehen.“
Und in dieſen ſo ſchickſalsſchweren Tagen muß ich
immer an dieſe Worte denken, denn wahrlich unter dieſe
Wenigen, die die Liebe geſehen, gehört die verewigte
Herzogin von Hohenberg. Sie hat durch ihren Helden-
tod bewieſen, daß ſie die höchſte Liebe gekannt, daß ſie
für den Gegenſtand ihrer Liebe ihre Leben geben wollte.
In den Tagen des Glanzes iſt es ein Leichtes, an
der Seite eines Mannes zu ſein, dem eine hohe
Stellung, Ruhm und äußere Pracht verliehen, das trifft
eine jede Frau, aber im Tode bei ihm auszuharren
und der Gefahr lächelnd entgegenzuſehen, wenn dieſe
nur mit ihm geteilt werden kann, das
iſt ein Zeichen der Auserwählung,
und wenige werden ihr auf jene Schmerzenshöhe dieſes
ſchrecklichen 28. Juni folgen können.
Das iſt das Ideal einer Liebe, ſo zu ſterben, wenn
auch von ferne vor ihrem erlöſchenden Blicke ihr liebes
Kleeblatt, ihr roſenumranktes Konopiſcht, das viele, was
ſie hätte noch leiſten können, wenn das alles vor ihr
geiſtiges Auge — trat das Glück, mit ihm ſterben
zu können, ſchien ihr doch das Allerhöchſte.
Sie war ſein guter Engel und wird es auch vom
Himmel aus für die drei Waiſen bleiben, für die heute
ganz Oeſterreich heißes Mitleid fühlt.
Kaiſer Wilhelm an unſere
Marine.
Das Beileidstelegramm des Kaiſers.
Kaiſer Wilhelm hat an den Marinekomman-
danten Admiral Haus nachſtehende Depeſche gerichtet:
„Nehmen Sie als Vertreter der kaiſerlichen und
königlichen Marine den Ausdruck meines ganz
beſonderen Beileides entgegen anläßlich des
jähen Hinſcheidens Ihres Erzherzog-Admirals. Ich weiß,
wie ſein Herz für die Flotte ſchlug
und wie er für ſie gewirkt hat. Ich
habe aber auch die Zuverſicht, daß ſein Geiſt
weiterleben wird in den Offizieren und Mann-
ſchaften der öſterreichiſch-ungariſchen Marine. Mit
mir trauert meine Flotte, in deren
Mitte ich mich befinde und welche morgen den Trauer-
ſalut feuern ſoll für den fürſtlichen Admiral, der auch
ihr Freund war.
Wilhelm I. R.“
Der Dank des Marinekommandanten.
Berlin, 3. Juli.
Auf das Beileidstelegramm Kaiſer Wilhelms
iſt folgendes Antworttelegramm des Admirals Haus
eingegangen:
„Niedergeſchmettert von der Tragik des Schickſals
ſind uns die gnädigen Worte der Teilnahme, die Eure
Majeſtät an mich zu richten die Gnade hatten, ein
wahrer Troſt und ein Anſporn zu
weiterer Arbeit. Genehmigen Eure Majeſtät
meinen und der kaiſerlichen und königlichen Kriegs-
marine tief ergebenſten Dank und die Bitte, anzu-
befehlen, daß Eurer Majeſtät mittrauernder ſtolzer
Flotte unſer innigſter, kameradſchaft-
licher Dank bekanntgegeben werde.“
Die Armeetrauer.
Das Kriegsminiſterium hat folgenden Erlaß heraus-
gegeben: „Auf Allerhöchſten Befehl hat die Hoftrauer
für weiland Seine k. u. k. Hoheit den durchlauchtigſten
Herrn Erzherzog Frauz Ferdinand von Oeſterreich-Eſte
als Armeetrauer zu gelten und ſind in den
erſten Wochen an den Fahnen (Standarten) nnd an den
Feſtungs-(Kaſernen-)flaggen Trauerflore zu be-
feſtigen. Die Wachen haben ohne Muſiken auf-
zuziehen. Das Spielen der Muſiken bei dienſtlichen An-
läſſen hat während dieſer Zeit zu unterbleiben; ebenſo
haben keine Platzmuſiken ſtattzufinden. Außerdienſtliche
Verwendungen der Muſiken an Unterhaltungsorten
ſind von Sonntag den 5. Juli an geſtattet.“
Trauerkundgebungen.
Die Trauerſitzung der Chriſtlichſozialen
Vereinigung.
Ein Ereignis bewegt das Reich, wie es von größerer
Bedeutung nicht gedacht werden kann. Beide Häuſer des
Reichsrates müſſen ſich damit begnügen, durch ihre
Präſidenten ihre Beileidskundgebungen ſchriftlich an den
Miniſterpräſidenten zu richten. Von den Parteien des
Abgeordnetenhauſes hat man nur vernommen, daß der
Obmann des Polenklubs Dr. Leo aus Krakau eine
poſtaliſche Kundgebung an den Miniſterpräſidenten ſandte.
Der Obmann des Deutſchen Nationalverbandes hat
perſönlich beim Miniſterpräſidenten vorgeſprochen. Die
einzige Chriſtlichſoziale Partei hat eine würdige und
eindrucksvolle Trauerkundgebung veranſtaltet, ſie hat
den Anforderungen genügt, die bei einer ſolchen
Gelegenheit an eine reichs- und dynaſtietreue Partei ge-
ſtellt werden können. Es iſt ein Symptom der augen-
blicklichen Zerfahrenheit unſeres politiſchen Lebens, daß
die chriſtlichſoziale Partei mit ihrem löb-
lichen Beiſpiele allein daſteht und daß keine zweite
Partei gleich ihr getan hat, was Pflicht jeder parla-
mentariſchen Gruppe geweſen wäre.
Um ſo wohltuender wirkt es, daß die chriſtlichſoziale
Vereinigung heute vormittag zu einer Trauerkundgebung
zuſammentrat. Den Vorſitz führte der geſchäftsführende
Obmann Rienößl, der die zahlreichen, in Trauer-
kleidung erſchienenen Abgeordneten ſowie das Herren-
hausmitglied Miniſter a. D. Dr. v. Wittek begrüßte
und ſodann folgende Anſprache hielt:
„Meine hochverehrten Herren!
Wie Ihnen allen bekannt iſt, haben Se. k. k. Hoheit Herr
Erzherzog Franz Ferdinand von Oeſterreich-Eſte und höchſt-
deſſen Gemahlin Frau Herzogin Sofie von Hohenberg in der
bosniſchen Landeshauptſtadt durch Mörderhand den Tod ge-
funden. Ein namenloſes fluchwürdiges Verbrechen hat uns des
allernächſten Thronagnaten, der ſtarken Zukunftshoffnung des
Reiches beraubt. In ſolch ernſter Stunde iſt es unſer aller
Herzensbedürfnis der innigſten Trauer und dem
tiefſten Abſcheu über die ruchloſe Tat
von Sarajevo Ausdruck zu verleihen. Zu dem ganzen
Komplex der hochpolitiſchen Fragen Stellung zu nehmen,
deren Höhepunkt der Fürſtenmord des 28. Juni 1914
darſtellt, dazu wird und muß ſich in einem ſpäteren
Zeitpunkt, zu paſſenderer Stunde Gelegenheit er-
geben. Nur das eine ſei ſchon heute geſagt: Es muß feſtgeſtellt
werden, daß das große mächtige Oeſterreich Jahre hindurch
gegenüber dem provozierenden Auftreten gewiſſer Elemente
kleiner unbedeutender Nachbarſtaaten an der Südgrenze unſerer
Monarchie weiteſtgehende Nachſicht geübt hat, daß
aber dieſe zurückhaltende Politik nicht nur kein Ver-
ſtändnis gefunden, ſondern im Gegenteil ein ſtetes An-
ſchwellen provozierender radikaler Strömungen dort zur Folge
gehabt hat. Nur ſo konnte es zu dieſer unſeligen Bluttat
kommen, durch welche unſer edler Thronfolger, der Stolz und
die Hoffnung Oeſterreichs, und ſeine hochſinnige Gemahlin
dahingerafft wurden. Unſer Herzensbedürfnis aber iſt
es heute, unſerem vielgeliebten und vielgeprüſten
Monarchen, dem nach Bekanntwerden des fluchwür-
digen Attentats unſere erſten Gedanken gegolten haben,
unſere herzinnige Anteilnahme an dem ſchweren Schickſals-
ſchlage zum Ausdruck zu bringen. Wir gedenken aber in dieſem
ernſten Augenblick auch mit Wehmut der armen ver-
laſſenen Waiſen, die ihre liebenden und fürſorglichen
Eltern auf ſchreckliche Weiſe verloren haben, und empfehlen ſie
dem Schutze des Allmächtigen. Aus der Tiefe des Herzens
dringen in dieſen Tagen die Gebete zum Himmel, Gott der
Allmächtige verleihe Sr. Majeſtät unſerem allergnädigſten
Kaiſer und Herrn Troſt und Stärke in dieſen ſchweren
Stunden der Prüfung und ſchütze unſer innigſtgeliebtes
Vaterland! Dies iſt der Ausruck unſerer innigſten
Gefühle und der heißeſte Wunſch der geſamten Partei, die
ſtets an dem Beſtande an der Größe und Bedeutung des
Reiches feſtgehalten hat und feſthalten wird und die im Glück
und Unglück nach wie vor unerſchütterlich zu dem angeſtammten
Kaiſerhauſe ſteht.
Sie haben ſich zum Zeichen der Trauer von den Sitzen
erhoben, ich bin Ihrer Zuſtimmung gewiß, wenn dieſe Kund-
gebung dem Protokolle der Sitzung einverleibt wird. Sie
geſtatten aber auch, daß ich dieſe Enunziation an Seine
Exzellenz den Herrn Miniſterpräſidenten Karl Grafen
Stürgkh mit der Bitte übermittle, ſie an die Stufen des
Allerhöchſten Thrones zu leiten.
Die Mitglieder des chriſtlichſozialen Reichsratsklubs
hörten die Anſprache des Obmannes unter lautloſer
Stille an; die Trauerkundgebung fand mit den Schluß-
worten des Abg. Rienößl ihr Ende.
Trauerſitzung im Oeſterreichiſchen
Flottenverein.
Der Vorſtand des Oeſterreichiſchen Flottenvereines
hielt geſtern eine Trauerſitzung ab, welche der Präſident
Alfred Prinz Liechtenſtein mit folgender An-
ſprache eröffnete:
Meine Herren!
Ein furchtbares, erſchütterndes Geſchehnis führt uns in
Schmerz und Trauer zuſammen. Am 28. Juni vernahmen
Oeſterreich-Ungarns Völker die gräßliche Kunde: Erzherzog
Franz Ferdinand iſt in treuer, mannhafter Pflicht-
erfüllung als aufrechter, tapferer Soldat von
ruchloſer Mörderhand dahingerafft worden; an ſeiner Seite fiel
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