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Reichspost. Nr. 308, Wien, 04.07.1914.

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Nr. 308 Wien, Samstag Reichspost 4. Juli 1914

[Spaltenumbruch]

Auch während der Trauerzeremonie ertönte vielfach
in den Reihen der Leidtragenden und der anderen
Trauergäste Schluchzen. Bei der Einsegnung sangen
die Sänger der Hofmusikkapelle das Libera. Die tief-
erschütternde Zeremonie währte bis 1/25 Uhr. Mit dem
Vaterunser schloß der Gottesdienst, und der Monarch
erhob sich und verließ mit den Mitgliedern des Kaiser-
hauses die Kirche. Auch die übrigen Trauergäste gingen
aus dem Gotteshaus. Die Abfahrt der Trauergäste war
wieder ein Schauspiel für das Publikum, das sich erst
lange darnach zu zerstreuen begann. Die Kirche wurde
nach der Trauerzeremonie geschlossen.

Nach der Einsegnung fuhr der Kaiser um 3/45 Uhr
mit dem Flügeladjutanten Oberstleutnant Graf Hoyos
in offenem Leibwagen nach Schönbrunn. Längs des
ganzen Weges hat die Bevölkerung dem Kaiser stürmische
Ovationen bereitet.




Der Trauerzug zum Westbahnhofe.

Still war der Sommertag zur Neige gegangen. Wieder
war es Nacht geworden, seit die teueren Toten in Wien
eingezogen waren, und nun wurden sie hinausgebracht
zum Westbahnhofe, um von dort die allerletzte Fahrt
anzutreten, um an den Ruheplatz in der Gruft von Art-
stetten zu gelangen. Eindrucksvoller noch als der gestrige
Trauerzug war der heutige, zu dem überbeson-
dere Verfügung des Kaisers
auch die
ganze verfügbare Garnison ausgerückt war.

Und dichte Menschenmassen, ungezählte Zehntausende,
säumten wie schwarze Mauern den Weg, den der feier-
liche Zug nahm. Die Menschen hatten sich, wo es an-
ging, aus Lastwagen und Autos Tribünen gebaut, von
denen die Rückwärtigen herabblickten, bei der Neubau-
gasse hatten sie von den angesammelten Straßenbahn-
wagen Besitz ergriffen. Und lautlos, tiesergriffen war
diese Menge; es war erschütternd, das laute Weinen zu
hören, das aus den Reihen dieser Menschen drang,
denen alle eigene Sorge, alles eigene Leid in diesem
Augenblicke nichts war und die jetzt trauerten mit dem
Kaiser und seinem Hause, den Kindern des Fürsten-
paares, denen das Mitleid aller Herzen zufliegt und die
alle beherrscht sind von der Erkenntnis, wie bedeutungs-
schwer dieses furchtbare Ereignis ist.

Bald nach 9 Uhr kamen die Truppen still und ohne
Kommando angerückt. Es rückten aus: Vom äußeren
Burgtore bis zum Opernring: die Infanterieregimenter
Nr. 29, 39 und 44 bis zum Opernring, das bosnisch-
herzegovinische Infanterieregiment Nr. 1; in der Baben-
bergerstraße vor dem Hofmuseum: das Feldjägerbatail-
lon Nr. 25, das Landwehrinfanterieregiment Nr. 24, das
Feldkanonenregiment Nr. 4 und das Feldhaubitzregiment
Nr. 2 und gegen die Elisabethstraße die Infanterieregi-
menter Nr. 16 und 82. Auf der Mariahilferstraße standen
gegen den 6. Bezirk: Das Feldartillerieregiment Nr. 1
und die Traindivision Nr. 2 und gegen den 7. Bezirk
das Landwehr-Feldkanonenregiment Nr. 13, das Land-
wehr-Feldhaubitzregiment Nr. 13 und die Sanitätsab-
teilungen Nr. 1 und 2. Zwischen der Rahlgasse und
Königsklostergasse endete die Truppenaufstellung. Die
Truppen waren in Parade, die Offiziere hatten den
Flor um den linken Arm. Auch in den Mienen der
Soldaten und der Offiziere drückte sich das schwere Er-
eignis aus. Der große Befehlshaber wird zu Grabe ge-
tragen! .... Die Ausrückung stand unter dem Be-
fehl des Kommandanten der 49. Infanterie-Truppen-
division FML. Kritek, dem der Kommandant der
49. Infanteriebrigade GM. Robert Edler v. Langer
attachiert war.

Auch heute hatten viele Vereine mit um-
florten Bannern längs des Trauer-
weges
Aufstellung genommen.

Der letzte Gang in Wien.

Um zehn Uhr trat Hof- und Burgpfarrer Doktor
Seydl in die Hofburgpfarrkirche und segnete die Leichen
nochmals ein. Dann traten Unteroffiziere zum Sarg
des Erzherzogs, Kammerdiener hoben den Sarg der
Herzogin. Zwei Hofkommissäre, ein Kapellengehilfe mit
dem Kreuze und die Hofkapellendiener mit dem In-
censum und Asperges schritten der assistierenden Hof-
geistlichkeit voran. Dann kam der Hof- und Burg-
pfarrer Prälat Dr. Seydl, Arcieren- und zwei unga-
rische Garden, Trabanten und Leibgardereiter, Edel-
knaben mit flackernden Windlichtern. Den Särgen
folgten der Erste Obersthofmeister Fürst Montenuovo
und Oberzeremonienmeister Graf Choloniewski, dann
der Obersthosmeister des Erzherzogs, Freiherr
v. Rumerskirch, die Dienstkämmerer Graf Van der
Straaten und Dr. Freiherr v. Morsey, Flügeladjutant
Oberst Dr. Bardolff und die Kämmerer Rudolf Prinz
Esterhazy und Paul Graf Czernin. Langsam bewegte
sich der Zug in den Burghof hinab. Die Unteroffiziere
und Kammerdiener stellten die Särge in die mit sechs
Rappen bespannten Leichenwagen und nun setzte sich
der ernste Zug in Bewegung: zwei Hofreitknechte mit
Laternen eröffneten ihn; dann kam eine Halbeskadron
Franz-Ferdinand-Ulanen, die beim Erzherzog-Karl-
Monument abgesessen war, dann ein Hofeinspanier zu
Pferde, ein Hofkommissär in einem zweispännigen Hof-
wagen, ein Hofkommissär zu Pferde, ein zweispänniger
Hofwagen mit den Kämmerern Prinz Esterhazy und
Graf Czernin, ein zweiter Hofwagen mit Flügeladju-
tant Oberst Dr. Bardolff, ein dritter Hofwagen mit
den Dienstkämmerern Graf Van der Straaten und
Dr. Freiherr v. Morsey. Vor den Särgen fuhr
Obersthofmeister Freiherr v. Rumerskirch in
[Spaltenumbruch] zweispännigen Wagen. Vor und hinter den Leichen-
fourgons ritten Hofreitknechte mit Laternen, zu beiden
Seiten Trabantenleibgarden mit Hellebarden, Leibgarde-
reiter mit blanken Säbeln, zehn Unteroffiziere und beim
Sarge der Herzogin zehn Leiblakaien. In zwei Hof-
wagen folgten das erzherzogliche und das herzogliche
Kammerpersonale. Eine Halbeskadron Ulanen beschloß
den Zug.

Der Generalmarsch ward geschlagen, die Fahnen
der Truppen senkten sich, zwei Kompanien des In-
fanterieregiments Nr. 82 traten zu beiden Seiten der
Straße zu einem ambulanten Spaliere zusammen und
nun bewegte sich der Zug über den Heldenplatz, auf
dem die Sieger von Zenta und Aspern herab[g]rüßen
von ihren Postamenten, zum Burgtor hinaus, wo die
Burgwache zum letzten Male präsentierte.

Hier kam es zu einer schönen

Manifestation des Hochadels.

Bei 120 Herren der ersten Familien
des Reiches,
Geheime Räte, Mitglieder des Herren-
hauscs, Kämmerer, die sich zuvor im Hotel Sacher ge-
sammelt hatten, schlossen sich hier unmittelbar nach der
Kavallerie dem Zuge an.

Diese Schar, die eine glänzende Vereinigung der
Vertreter der ersten Geschlechter bot, hatte es sich trotz
anderslautender Dispositionen für das Leichenbegängnis
nicht nehmen lassen, an dem Trauerzuge teilzunehmen,
und schloß sich hier, nachdem man nach längeren Ver-
handlungen mit dem Obersthofmeisteramte die Erlaubnis
erhalten hatte, dem Zuge an.

Man sah darunter Fürst Paul Sapieha,
Fürst Egon Fürstenberg, Fürst Starhem-
berg,
Prinz Ferdinand Taxis, Prinz Lob-
kowitz,
zahlreiche Mitglieder des fürstlichen Hauses
Liechtenstein, Prinz Croy, die beiden Schwäger
der toten Herzogin, Graf Schönburg-Glaucho
und Graf Wuttenau, die Grafen Leopold und
Erwein Nostitz, Graf Walderode-Des-
fours,
Graf Wilczek, die Grafen Paul und
Laszlo Szapary, Graf Koziebrodzki, Ex-
zellenz Geheimer Rat Baron Morsey, Graf
Padstatzky-Liechtenstein, Graf Heinrich
Herberstein, Baron Wambold u. v. a.

Es war dieses zahlreiche, von der Bevölkerung mit
großer Dankbarkeit begrüßte Erscheinen von Mitgliedern
des Kaiserhauses in dem vom Obersthof meister-
amte
ausgearbeiteten Zeremoniell nicht vorgesehen.
Auf dem Burgring ertönt dumpfer Trommelwirbel,
der Konduktkommandant FML. Kritek leistet dem toten
Erzherzog die Ehrenbezeigung. Die schwarzumflorten
Fahnen neigen sich zur Erde und das Publikum grüßt
schmerzerfüllt die beiden Toten. Und immer weiter und
weiter geht der Zug, ihn begleitet das leise Wehklagen,
das aus der Menge dringt, der dumpfe Schall des
Generalmarsches, von den Häusern der Mariahilfer-
straße wallen die Flügel von Trauerengeln, die schwar-
zen Fahnen, von leichtem Nachtwinde bewegt. Knapp
vor 3/411 Uhr hat die Tete des Zuges den Bahnhof er-
reicht.

Der Westbahnhof

hatte tiefen Trauerschmuck angelegt. Von seinem Giebel
wehten Trauerfahnen. Das große Vestibule war schwarz
verkleidet. Der Hofwartesaal war in eine Kapelle umge-
wandelt und schwarz ausgeschlagen. Inmitten standen
zwei Katafalke für die Särge. Hof- und Burgpfarrer
Prälat Dr. Seydl erwartete die Leichen mit der
assistierenden Geistlichkeit. Auf dem Perran des Bahn-
hofes war eine Ehrenkompanie mit der Fahne und
Musik des Landwehrinfanterieregimentes Nr. 24 ge-
stellt. Am linken Flügel der Kompanie hatten Aufstel-
lung genommen: Korpskommandant G. d. J. Schemua,
der Landwehrdivisionär FML. Kreysä, der Landwehr-
brigadier, der Stadtkommandant FZM. Wikullil, der
Kommandant des Regimentes Oberst Podhajski, der
Bataillonskommandant und Kompaniekommandant.
Dieser hatte den großen Flor von der rechten Schulter
zur linken Schulter.

Ein feierlich-düsteres Bild bot der weitgedehnte
Platz vor dem Westbahnhofe, der mit seinem von breiten
Zufahrtsstraßen umfriedeten Parkanlagen von einer
vieltausendköpfigen Menge gefüllt war. Die zum Himmel
lodernden, ihrer beengenden Brennkörper entledigten
mächtigen Gasflammen warfen ein magisches Licht auf
die große Trauergemeinde. Von der dunklen Kleidung
der Zivilbevölkerung hoben sich die Uniformen der
Offiziere unserer bewaffneten Macht ab. Die dienstfreien
Offiziere der Garnison hatten gegenüber dem Westbahn-
hofe Ausstellung genommen und hinter ihnen standen
dichtgedrängt, trauernde Bewohner der Stadt, ohne
Unterschied des Standes und Geschlechtes. Es
herrschte ein geradezu andachtsvolles Schweigen,
mit der man die letzte Fahrt des entseelten
Thronfolgerpaares auf Wiener Boden erwartete.

Geraume Zeit vor 10 Uhr begann die Auffahrt
der Mitglieder des Kaiserhauses und der anderen zur
Trauerfeier erschienenen Persönlichkeiten.

Es hatten sich eingefunden: die Erzherzoge Peter
Ferdinand, Leopold Salvator, Franz
Salvator, Friedrich, Karl Stephan,
Eugen, Karl Albrecht
und Josef, sowie
Prinz Koburg; ferner Kriegsminister v. Krobatin,
Landesverteidigungsminister Freiherr v. Georgi, Ge-
neraladjutant G. d. J. Freiherr v. Bolfras, Chef
des Generalstabes G. d. J. Freiherr v. Conrad,
Korpskommandant G. d. J. v. Schemua, Stadt-
kommandant FZM. Wikullil und die gesamte
[Spaltenumbruch] Generalität, die Herren der Militärkanzlei und des Sekre-
tariats des verewigten Erzherzog-Thronfolgers. Ferner
bemerkte man Polizeipräsidenten Freiherrn v. Gorup,
Staatsbahndirektor Ministerialrat Dr. Kolisko,
Betriebsdirektor Hofrat Schmitz, Stationsvorstand
Oberinspektor kais. Rat Zawadil u. v. a.

Um 1/411 Uhr wurden in der Stille der Nacht von
Ferne Hochrufe hörbar, die sich immer mehr verstärkten.
Thronfolger Erzherzog Karl Franz Josef, der
der Einsegnung der Leichen in der Hofburgkapelle bei-
gewohnt hatte, fuhr in Begleitung seines Kammer-
vorstehers GM. Zdenko Prinzen Lobkowitz vor,
gefolgt von dem Ersten Obersthofmeister Fürsten
Montenuovo.

Im Bahnhofe.

Der Hofwartesalon war schwarz ausspaliert und in
ein Trauergemach verwandelt worden. In der Mitte
standen, umgeben von Kerzen und Blattpflanzen die zur
Aufnahme der Särge bestimmten Katafalke, vor
denen sich Kniebänke befanden. Der Ausgang aus dem
Hofwartesalon in den Perron war mit schwarzem Tuche
ausgeschlagen, auf dem die Wappen des toten Thron-
folgerpaares angebracht waren. Sämtliche Lampen waren
umflort.

Am Perron hatte vor dem bereitstehenden Hof-
sonderzuge eine Ehrenkompanie des Landwehr-Infanterie-
regimentes Nr. 1 mit der Marschmusik Aufstellung
genommen. Am rechten Flügel standen der Korps-
kommandant, der Stadtkommandant und die Zwischen-
vorgesetzten.

Fünf Minuten vor elf Uhr langte der Trauerzug
beim Westbahnhof ein. Durch das schwarzverhängte
Portal, das die Wappen der Höchstverblichenen schmückten,
trugen Unteroffiziere den Sarg des Erzherzogs, Kammer-
diener und Leiblakaien den der Herzogin von Hohen-
berg. Trabantenleibgarden und Leibgardereiter geleiteten
sie in den Hofwartesaal. Dort wurden die Särge auf
die Katafalke gestellt. Die Garden bezogen die Ehren-
wache. Erzherzog Karl Franz Josef und
die anderen Mitglieder des Kanerhauses, die auch jetzt
noch nicht ihren Schmerz bezähmen konnten, nahmen
in den Kniebänken Platz. Hofburgpfarrer
Prälat Dr. Seydl nahm unter Assistenz der Hof-
geistlichkeit die Einsegnung der Leichen vor, der der Erste
Obersthofmeister Fürst Montenuovo und die Her-
ren der Suite des verblichenen Erzherzogs beiwohnten.
In tiefster Andacht folgten die Mitglieder des Kaiser-
hauses der Zeremonie.

Dann hoben wieder die Unteroffiziere den Sarg
des Erzherzogs, Leibkammerdiener und Leiblakaien den
der Herzogin, und trugen sie unter Vorantritt der Geist-
lichkeit auf den Perron. Die Ehrenkompanie stand "Habt
acht!" An der Kompanie und an der Generalität vor-
bei, die salutierend dastand, wurden die Särge zu dem
bereitstehenden Separatzug getragen. Die Garden gaben
den Särgen das Ehrengeleite. Die Mitglieder des Kaiser-
hauses folgten bis zu dem schwarz ausgeschlagenen Wag-
gon, in dem ein Katafalk zur Aufnahme der Särge
stand.

Im Zuge nahmen dann noch Platz: Obersthof-
meister Freiherr v. Rumerskirch, die Dienstkämme-
rer Rittmeister Graf Van der Straten und Dr. Frei-
herr v. Morsey, Flügeladjutant Oberst Dr. Bar-
dolff,
die Beamten des Obersthofmeisteramtes und
des Sekretariats des Erzherzogs und das erzherzogliche
Kammerpersonale.

Bis zum Zug hatten die Erzherzoge und der Erste
Obersthofmeister Fürst Montenuovo die Särge begleitet.
Noch ein Gebet der Geistlichkeit, und der Zug fuhr wenige
Minuten nach 11 Uhr aus der Halle, Groß-Pöchlarn zu.

Die Erzherzoge verließen den Bahnhof, und wieder
wurden dem Thronfolger Erzherzog Karl Franz
Josef
begeisterte Ovationen bereitet, worauf aber so-
fort unter der in die einzelnen Bezirke abziehenden
Menge Worte tiefster Trauer für die beiden Toten nur
flüsternd laut wurden, die ihre letzte Fahrt angetreten
hatten. Donnernd fuhr der Zug gegen Penzing, in die
dunkle Nacht hinaus ...




Die Blumenspenden.

Während des heutigen Tages langte eine ungeheure
Zahl von letzten Blumengrüßen für das erzherzogliche
Paar ein. Der nunmehrige Thronfolger Erzherzog Karl
Franz Josef und Gemahlin legten an den Särgen des
Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von
Hohenberg prachtvolle Kränze nieder. Der Kranz für den
Erzherzog war ganz aus roten Rosen und trug die
wunderbare Schleifeninschrift: "In immer:
währender Liebe und Dankbarkeit Karl
und Zita."
Der Kranz für die Herzogin von Hohen-
berg war völlig aus weißen Rosen gewunden und trug
auf den Schleifen die Worte: "In aufrichtiger Liebe und
treuem Gedenken Karl und Zita."

Eine Delegation der rumänischen Natio-
nalpartei
in Ungarn und Siebenbürgen, geführt
vom Reichstagsabgeordneten Dr. Theodor v. Mihaly,
legte einen Kranz nieder mit der Inschrift: "Die Ru-
mänen Ungarns und Siebenbürgens
ihrem edlen Beschützer."

Der Präsident des Abgeordnetenhauses Dr. Syl-
vester hatte einen Kranz mit der Schleifeninschrift "Das
Abgeordnetenhaus des Reichsrates"

niederlegen lassen, ebenso der Klub der Mehrheit des
niederösterreichischen Landtages, die Antisemitische Ver-
einigung durch den Obmann Abg. Baumann und der
Wiener Gemeinderat.


Nr. 308 Wien, Samstag Reichspoſt 4. Juli 1914

[Spaltenumbruch]

Auch während der Trauerzeremonie ertönte vielfach
in den Reihen der Leidtragenden und der anderen
Trauergäſte Schluchzen. Bei der Einſegnung ſangen
die Sänger der Hofmuſikkapelle das Libera. Die tief-
erſchütternde Zeremonie währte bis ½5 Uhr. Mit dem
Vaterunſer ſchloß der Gottesdienſt, und der Monarch
erhob ſich und verließ mit den Mitgliedern des Kaiſer-
hauſes die Kirche. Auch die übrigen Trauergäſte gingen
aus dem Gotteshaus. Die Abfahrt der Trauergäſte war
wieder ein Schauſpiel für das Publikum, das ſich erſt
lange darnach zu zerſtreuen begann. Die Kirche wurde
nach der Trauerzeremonie geſchloſſen.

Nach der Einſegnung fuhr der Kaiſer um ¾5 Uhr
mit dem Flügeladjutanten Oberſtleutnant Graf Hoyos
in offenem Leibwagen nach Schönbrunn. Längs des
ganzen Weges hat die Bevölkerung dem Kaiſer ſtürmiſche
Ovationen bereitet.




Der Trauerzug zum Weſtbahnhofe.

Still war der Sommertag zur Neige gegangen. Wieder
war es Nacht geworden, ſeit die teueren Toten in Wien
eingezogen waren, und nun wurden ſie hinausgebracht
zum Weſtbahnhofe, um von dort die allerletzte Fahrt
anzutreten, um an den Ruheplatz in der Gruft von Art-
ſtetten zu gelangen. Eindrucksvoller noch als der geſtrige
Trauerzug war der heutige, zu dem überbeſon-
dere Verfügung des Kaiſers
auch die
ganze verfügbare Garniſon ausgerückt war.

Und dichte Menſchenmaſſen, ungezählte Zehntauſende,
ſäumten wie ſchwarze Mauern den Weg, den der feier-
liche Zug nahm. Die Menſchen hatten ſich, wo es an-
ging, aus Laſtwagen und Autos Tribünen gebaut, von
denen die Rückwärtigen herabblickten, bei der Neubau-
gaſſe hatten ſie von den angeſammelten Straßenbahn-
wagen Beſitz ergriffen. Und lautlos, tieſergriffen war
dieſe Menge; es war erſchütternd, das laute Weinen zu
hören, das aus den Reihen dieſer Menſchen drang,
denen alle eigene Sorge, alles eigene Leid in dieſem
Augenblicke nichts war und die jetzt trauerten mit dem
Kaiſer und ſeinem Hauſe, den Kindern des Fürſten-
paares, denen das Mitleid aller Herzen zufliegt und die
alle beherrſcht ſind von der Erkenntnis, wie bedeutungs-
ſchwer dieſes furchtbare Ereignis iſt.

Bald nach 9 Uhr kamen die Truppen ſtill und ohne
Kommando angerückt. Es rückten aus: Vom äußeren
Burgtore bis zum Opernring: die Infanterieregimenter
Nr. 29, 39 und 44 bis zum Opernring, das bosniſch-
herzegoviniſche Infanterieregiment Nr. 1; in der Baben-
bergerſtraße vor dem Hofmuſeum: das Feldjägerbatail-
lon Nr. 25, das Landwehrinfanterieregiment Nr. 24, das
Feldkanonenregiment Nr. 4 und das Feldhaubitzregiment
Nr. 2 und gegen die Eliſabethſtraße die Infanterieregi-
menter Nr. 16 und 82. Auf der Mariahilferſtraße ſtanden
gegen den 6. Bezirk: Das Feldartillerieregiment Nr. 1
und die Traindiviſion Nr. 2 und gegen den 7. Bezirk
das Landwehr-Feldkanonenregiment Nr. 13, das Land-
wehr-Feldhaubitzregiment Nr. 13 und die Sanitätsab-
teilungen Nr. 1 und 2. Zwiſchen der Rahlgaſſe und
Königskloſtergaſſe endete die Truppenaufſtellung. Die
Truppen waren in Parade, die Offiziere hatten den
Flor um den linken Arm. Auch in den Mienen der
Soldaten und der Offiziere drückte ſich das ſchwere Er-
eignis aus. Der große Befehlshaber wird zu Grabe ge-
tragen! .... Die Ausrückung ſtand unter dem Be-
fehl des Kommandanten der 49. Infanterie-Truppen-
diviſion FML. Kritek, dem der Kommandant der
49. Infanteriebrigade GM. Robert Edler v. Langer
attachiert war.

Auch heute hatten viele Vereine mit um-
florten Bannern längs des Trauer-
weges
Aufſtellung genommen.

Der letzte Gang in Wien.

Um zehn Uhr trat Hof- und Burgpfarrer Doktor
Seydl in die Hofburgpfarrkirche und ſegnete die Leichen
nochmals ein. Dann traten Unteroffiziere zum Sarg
des Erzherzogs, Kammerdiener hoben den Sarg der
Herzogin. Zwei Hofkommiſſäre, ein Kapellengehilfe mit
dem Kreuze und die Hofkapellendiener mit dem In-
cenſum und Aſperges ſchritten der aſſiſtierenden Hof-
geiſtlichkeit voran. Dann kam der Hof- und Burg-
pfarrer Prälat Dr. Seydl, Arcièren- und zwei unga-
riſche Garden, Trabanten und Leibgardereiter, Edel-
knaben mit flackernden Windlichtern. Den Särgen
folgten der Erſte Oberſthofmeiſter Fürſt Montenuovo
und Oberzeremonienmeiſter Graf Choloniewski, dann
der Oberſthoſmeiſter des Erzherzogs, Freiherr
v. Rumerskirch, die Dienſtkämmerer Graf Van der
Straaten und Dr. Freiherr v. Morſey, Flügeladjutant
Oberſt Dr. Bardolff und die Kämmerer Rudolf Prinz
Eſterhazy und Paul Graf Czernin. Langſam bewegte
ſich der Zug in den Burghof hinab. Die Unteroffiziere
und Kammerdiener ſtellten die Särge in die mit ſechs
Rappen beſpannten Leichenwagen und nun ſetzte ſich
der ernſte Zug in Bewegung: zwei Hofreitknechte mit
Laternen eröffneten ihn; dann kam eine Halbeskadron
Franz-Ferdinand-Ulanen, die beim Erzherzog-Karl-
Monument abgeſeſſen war, dann ein Hofeinſpanier zu
Pferde, ein Hofkommiſſär in einem zweiſpännigen Hof-
wagen, ein Hofkommiſſär zu Pferde, ein zweiſpänniger
Hofwagen mit den Kämmerern Prinz Eſterhazy und
Graf Czernin, ein zweiter Hofwagen mit Flügeladju-
tant Oberſt Dr. Bardolff, ein dritter Hofwagen mit
den Dienſtkämmerern Graf Van der Straaten und
Dr. Freiherr v. Morſey. Vor den Särgen fuhr
Oberſthofmeiſter Freiherr v. Rumerskirch in
[Spaltenumbruch] zweiſpännigen Wagen. Vor und hinter den Leichen-
fourgons ritten Hofreitknechte mit Laternen, zu beiden
Seiten Trabantenleibgarden mit Hellebarden, Leibgarde-
reiter mit blanken Säbeln, zehn Unteroffiziere und beim
Sarge der Herzogin zehn Leiblakaien. In zwei Hof-
wagen folgten das erzherzogliche und das herzogliche
Kammerperſonale. Eine Halbeskadron Ulanen beſchloß
den Zug.

Der Generalmarſch ward geſchlagen, die Fahnen
der Truppen ſenkten ſich, zwei Kompanien des In-
fanterieregiments Nr. 82 traten zu beiden Seiten der
Straße zu einem ambulanten Spaliere zuſammen und
nun bewegte ſich der Zug über den Heldenplatz, auf
dem die Sieger von Zenta und Aſpern herab[g]rüßen
von ihren Poſtamenten, zum Burgtor hinaus, wo die
Burgwache zum letzten Male präſentierte.

Hier kam es zu einer ſchönen

Manifeſtation des Hochadels.

Bei 120 Herren der erſten Familien
des Reiches,
Geheime Räte, Mitglieder des Herren-
hauſcs, Kämmerer, die ſich zuvor im Hotel Sacher ge-
ſammelt hatten, ſchloſſen ſich hier unmittelbar nach der
Kavallerie dem Zuge an.

Dieſe Schar, die eine glänzende Vereinigung der
Vertreter der erſten Geſchlechter bot, hatte es ſich trotz
anderslautender Diſpoſitionen für das Leichenbegängnis
nicht nehmen laſſen, an dem Trauerzuge teilzunehmen,
und ſchloß ſich hier, nachdem man nach längeren Ver-
handlungen mit dem Oberſthofmeiſteramte die Erlaubnis
erhalten hatte, dem Zuge an.

Man ſah darunter Fürſt Paul Sapieha,
Fürſt Egon Fürſtenberg, Fürſt Starhem-
berg,
Prinz Ferdinand Taxis, Prinz Lob-
kowitz,
zahlreiche Mitglieder des fürſtlichen Hauſes
Liechtenſtein, Prinz Croy, die beiden Schwäger
der toten Herzogin, Graf Schönburg-Glaucho
und Graf Wuttenau, die Grafen Leopold und
Erwein Noſtitz, Graf Walderode-Des-
fours,
Graf Wilczek, die Grafen Paul und
Laszlo Szapary, Graf Koziebrodzki, Ex-
zellenz Geheimer Rat Baron Morſey, Graf
Padſtatzky-Liechtenſtein, Graf Heinrich
Herberſtein, Baron Wambold u. v. a.

Es war dieſes zahlreiche, von der Bevölkerung mit
großer Dankbarkeit begrüßte Erſcheinen von Mitgliedern
des Kaiſerhauſes in dem vom Oberſthof meiſter-
amte
ausgearbeiteten Zeremoniell nicht vorgeſehen.
Auf dem Burgring ertönt dumpfer Trommelwirbel,
der Konduktkommandant FML. Kritek leiſtet dem toten
Erzherzog die Ehrenbezeigung. Die ſchwarzumflorten
Fahnen neigen ſich zur Erde und das Publikum grüßt
ſchmerzerfüllt die beiden Toten. Und immer weiter und
weiter geht der Zug, ihn begleitet das leiſe Wehklagen,
das aus der Menge dringt, der dumpfe Schall des
Generalmarſches, von den Häuſern der Mariahilfer-
ſtraße wallen die Flügel von Trauerengeln, die ſchwar-
zen Fahnen, von leichtem Nachtwinde bewegt. Knapp
vor ¾11 Uhr hat die Tete des Zuges den Bahnhof er-
reicht.

Der Weſtbahnhof

hatte tiefen Trauerſchmuck angelegt. Von ſeinem Giebel
wehten Trauerfahnen. Das große Veſtibule war ſchwarz
verkleidet. Der Hofwarteſaal war in eine Kapelle umge-
wandelt und ſchwarz ausgeſchlagen. Inmitten ſtanden
zwei Katafalke für die Särge. Hof- und Burgpfarrer
Prälat Dr. Seydl erwartete die Leichen mit der
aſſiſtierenden Geiſtlichkeit. Auf dem Perran des Bahn-
hofes war eine Ehrenkompanie mit der Fahne und
Muſik des Landwehrinfanterieregimentes Nr. 24 ge-
ſtellt. Am linken Flügel der Kompanie hatten Aufſtel-
lung genommen: Korpskommandant G. d. J. Schemua,
der Landwehrdiviſionär FML. Kreyſä, der Landwehr-
brigadier, der Stadtkommandant FZM. Wikullil, der
Kommandant des Regimentes Oberſt Podhajski, der
Bataillonskommandant und Kompaniekommandant.
Dieſer hatte den großen Flor von der rechten Schulter
zur linken Schulter.

Ein feierlich-düſteres Bild bot der weitgedehnte
Platz vor dem Weſtbahnhofe, der mit ſeinem von breiten
Zufahrtsſtraßen umfriedeten Parkanlagen von einer
vieltauſendköpfigen Menge gefüllt war. Die zum Himmel
lodernden, ihrer beengenden Brennkörper entledigten
mächtigen Gasflammen warfen ein magiſches Licht auf
die große Trauergemeinde. Von der dunklen Kleidung
der Zivilbevölkerung hoben ſich die Uniformen der
Offiziere unſerer bewaffneten Macht ab. Die dienſtfreien
Offiziere der Garniſon hatten gegenüber dem Weſtbahn-
hofe Auſſtellung genommen und hinter ihnen ſtanden
dichtgedrängt, trauernde Bewohner der Stadt, ohne
Unterſchied des Standes und Geſchlechtes. Es
herrſchte ein geradezu andachtsvolles Schweigen,
mit der man die letzte Fahrt des entſeelten
Thronfolgerpaares auf Wiener Boden erwartete.

Geraume Zeit vor 10 Uhr begann die Auffahrt
der Mitglieder des Kaiſerhauſes und der anderen zur
Trauerfeier erſchienenen Perſönlichkeiten.

Es hatten ſich eingefunden: die Erzherzoge Peter
Ferdinand, Leopold Salvator, Franz
Salvator, Friedrich, Karl Stephan,
Eugen, Karl Albrecht
und Joſef, ſowie
Prinz Koburg; ferner Kriegsminiſter v. Krobatin,
Landesverteidigungsminiſter Freiherr v. Georgi, Ge-
neraladjutant G. d. J. Freiherr v. Bolfras, Chef
des Generalſtabes G. d. J. Freiherr v. Conrad,
Korpskommandant G. d. J. v. Schemua, Stadt-
kommandant FZM. Wikullil und die geſamte
[Spaltenumbruch] Generalität, die Herren der Militärkanzlei und des Sekre-
tariats des verewigten Erzherzog-Thronfolgers. Ferner
bemerkte man Polizeipräſidenten Freiherrn v. Gorup,
Staatsbahndirektor Miniſterialrat Dr. Kolisko,
Betriebsdirektor Hofrat Schmitz, Stationsvorſtand
Oberinſpektor kaiſ. Rat Zawadil u. v. a.

Um ¼11 Uhr wurden in der Stille der Nacht von
Ferne Hochrufe hörbar, die ſich immer mehr verſtärkten.
Thronfolger Erzherzog Karl Franz Joſef, der
der Einſegnung der Leichen in der Hofburgkapelle bei-
gewohnt hatte, fuhr in Begleitung ſeines Kammer-
vorſtehers GM. Zdenko Prinzen Lobkowitz vor,
gefolgt von dem Erſten Oberſthofmeiſter Fürſten
Montenuovo.

Im Bahnhofe.

Der Hofwarteſalon war ſchwarz ausſpaliert und in
ein Trauergemach verwandelt worden. In der Mitte
ſtanden, umgeben von Kerzen und Blattpflanzen die zur
Aufnahme der Särge beſtimmten Katafalke, vor
denen ſich Kniebänke befanden. Der Ausgang aus dem
Hofwarteſalon in den Perron war mit ſchwarzem Tuche
ausgeſchlagen, auf dem die Wappen des toten Thron-
folgerpaares angebracht waren. Sämtliche Lampen waren
umflort.

Am Perron hatte vor dem bereitſtehenden Hof-
ſonderzuge eine Ehrenkompanie des Landwehr-Infanterie-
regimentes Nr. 1 mit der Marſchmuſik Aufſtellung
genommen. Am rechten Flügel ſtanden der Korps-
kommandant, der Stadtkommandant und die Zwiſchen-
vorgeſetzten.

Fünf Minuten vor elf Uhr langte der Trauerzug
beim Weſtbahnhof ein. Durch das ſchwarzverhängte
Portal, das die Wappen der Höchſtverblichenen ſchmückten,
trugen Unteroffiziere den Sarg des Erzherzogs, Kammer-
diener und Leiblakaien den der Herzogin von Hohen-
berg. Trabantenleibgarden und Leibgardereiter geleiteten
ſie in den Hofwarteſaal. Dort wurden die Särge auf
die Katafalke geſtellt. Die Garden bezogen die Ehren-
wache. Erzherzog Karl Franz Joſef und
die anderen Mitglieder des Kanerhauſes, die auch jetzt
noch nicht ihren Schmerz bezähmen konnten, nahmen
in den Kniebänken Platz. Hofburgpfarrer
Prälat Dr. Seydl nahm unter Aſſiſtenz der Hof-
geiſtlichkeit die Einſegnung der Leichen vor, der der Erſte
Oberſthofmeiſter Fürſt Montenuovo und die Her-
ren der Suite des verblichenen Erzherzogs beiwohnten.
In tiefſter Andacht folgten die Mitglieder des Kaiſer-
hauſes der Zeremonie.

Dann hoben wieder die Unteroffiziere den Sarg
des Erzherzogs, Leibkammerdiener und Leiblakaien den
der Herzogin, und trugen ſie unter Vorantritt der Geiſt-
lichkeit auf den Perron. Die Ehrenkompanie ſtand „Habt
acht!“ An der Kompanie und an der Generalität vor-
bei, die ſalutierend daſtand, wurden die Särge zu dem
bereitſtehenden Separatzug getragen. Die Garden gaben
den Särgen das Ehrengeleite. Die Mitglieder des Kaiſer-
hauſes folgten bis zu dem ſchwarz ausgeſchlagenen Wag-
gon, in dem ein Katafalk zur Aufnahme der Särge
ſtand.

Im Zuge nahmen dann noch Platz: Oberſthof-
meiſter Freiherr v. Rumerskirch, die Dienſtkämme-
rer Rittmeiſter Graf Van der Straten und Dr. Frei-
herr v. Morſey, Flügeladjutant Oberſt Dr. Bar-
dolff,
die Beamten des Oberſthofmeiſteramteſ und
des Sekretariats des Erzherzogs und das erzherzogliche
Kammerperſonale.

Bis zum Zug hatten die Erzherzoge und der Erſte
Oberſthofmeiſter Fürſt Montenuovo die Särge begleitet.
Noch ein Gebet der Geiſtlichkeit, und der Zug fuhr wenige
Minuten nach 11 Uhr aus der Halle, Groß-Pöchlarn zu.

Die Erzherzoge verließen den Bahnhof, und wieder
wurden dem Thronfolger Erzherzog Karl Franz
Joſef
begeiſterte Ovationen bereitet, worauf aber ſo-
fort unter der in die einzelnen Bezirke abziehenden
Menge Worte tiefſter Trauer für die beiden Toten nur
flüſternd laut wurden, die ihre letzte Fahrt angetreten
hatten. Donnernd fuhr der Zug gegen Penzing, in die
dunkle Nacht hinaus ...




Die Blumenſpenden.

Während des heutigen Tages langte eine ungeheure
Zahl von letzten Blumengrüßen für das erzherzogliche
Paar ein. Der nunmehrige Thronfolger Erzherzog Karl
Franz Joſef und Gemahlin legten an den Särgen des
Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von
Hohenberg prachtvolle Kränze nieder. Der Kranz für den
Erzherzog war ganz aus roten Roſen und trug die
wunderbare Schleifeninſchrift: „In immer:
währender Liebe und Dankbarkeit Karl
und Zita.“
Der Kranz für die Herzogin von Hohen-
berg war völlig aus weißen Roſen gewunden und trug
auf den Schleifen die Worte: „In aufrichtiger Liebe und
treuem Gedenken Karl und Zita.“

Eine Delegation der rumäniſchen Natio-
nalpartei
in Ungarn und Siebenbürgen, geführt
vom Reichstagsabgeordneten Dr. Theodor v. Mihaly,
legte einen Kranz nieder mit der Inſchrift: „Die Ru-
mänen Ungarns und Siebenbürgens
ihrem edlen Beſchützer.“

Der Präſident des Abgeordnetenhauſes Dr. Syl-
veſter hatte einen Kranz mit der Schleifeninſchrift „Das
Abgeordnetenhaus des Reichsrates“

niederlegen laſſen, ebenſo der Klub der Mehrheit des
niederöſterreichiſchen Landtages, die Antiſemitiſche Ver-
einigung durch den Obmann Abg. Baumann und der
Wiener Gemeinderat.


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[3/0003] Nr. 308 Wien, Samstag Reichspoſt 4. Juli 1914 Auch während der Trauerzeremonie ertönte vielfach in den Reihen der Leidtragenden und der anderen Trauergäſte Schluchzen. Bei der Einſegnung ſangen die Sänger der Hofmuſikkapelle das Libera. Die tief- erſchütternde Zeremonie währte bis ½5 Uhr. Mit dem Vaterunſer ſchloß der Gottesdienſt, und der Monarch erhob ſich und verließ mit den Mitgliedern des Kaiſer- hauſes die Kirche. Auch die übrigen Trauergäſte gingen aus dem Gotteshaus. Die Abfahrt der Trauergäſte war wieder ein Schauſpiel für das Publikum, das ſich erſt lange darnach zu zerſtreuen begann. Die Kirche wurde nach der Trauerzeremonie geſchloſſen. Nach der Einſegnung fuhr der Kaiſer um ¾5 Uhr mit dem Flügeladjutanten Oberſtleutnant Graf Hoyos in offenem Leibwagen nach Schönbrunn. Längs des ganzen Weges hat die Bevölkerung dem Kaiſer ſtürmiſche Ovationen bereitet. Der Trauerzug zum Weſtbahnhofe. Still war der Sommertag zur Neige gegangen. Wieder war es Nacht geworden, ſeit die teueren Toten in Wien eingezogen waren, und nun wurden ſie hinausgebracht zum Weſtbahnhofe, um von dort die allerletzte Fahrt anzutreten, um an den Ruheplatz in der Gruft von Art- ſtetten zu gelangen. Eindrucksvoller noch als der geſtrige Trauerzug war der heutige, zu dem überbeſon- dere Verfügung des Kaiſers auch die ganze verfügbare Garniſon ausgerückt war. Und dichte Menſchenmaſſen, ungezählte Zehntauſende, ſäumten wie ſchwarze Mauern den Weg, den der feier- liche Zug nahm. Die Menſchen hatten ſich, wo es an- ging, aus Laſtwagen und Autos Tribünen gebaut, von denen die Rückwärtigen herabblickten, bei der Neubau- gaſſe hatten ſie von den angeſammelten Straßenbahn- wagen Beſitz ergriffen. Und lautlos, tieſergriffen war dieſe Menge; es war erſchütternd, das laute Weinen zu hören, das aus den Reihen dieſer Menſchen drang, denen alle eigene Sorge, alles eigene Leid in dieſem Augenblicke nichts war und die jetzt trauerten mit dem Kaiſer und ſeinem Hauſe, den Kindern des Fürſten- paares, denen das Mitleid aller Herzen zufliegt und die alle beherrſcht ſind von der Erkenntnis, wie bedeutungs- ſchwer dieſes furchtbare Ereignis iſt. Bald nach 9 Uhr kamen die Truppen ſtill und ohne Kommando angerückt. Es rückten aus: Vom äußeren Burgtore bis zum Opernring: die Infanterieregimenter Nr. 29, 39 und 44 bis zum Opernring, das bosniſch- herzegoviniſche Infanterieregiment Nr. 1; in der Baben- bergerſtraße vor dem Hofmuſeum: das Feldjägerbatail- lon Nr. 25, das Landwehrinfanterieregiment Nr. 24, das Feldkanonenregiment Nr. 4 und das Feldhaubitzregiment Nr. 2 und gegen die Eliſabethſtraße die Infanterieregi- menter Nr. 16 und 82. Auf der Mariahilferſtraße ſtanden gegen den 6. Bezirk: Das Feldartillerieregiment Nr. 1 und die Traindiviſion Nr. 2 und gegen den 7. Bezirk das Landwehr-Feldkanonenregiment Nr. 13, das Land- wehr-Feldhaubitzregiment Nr. 13 und die Sanitätsab- teilungen Nr. 1 und 2. Zwiſchen der Rahlgaſſe und Königskloſtergaſſe endete die Truppenaufſtellung. Die Truppen waren in Parade, die Offiziere hatten den Flor um den linken Arm. Auch in den Mienen der Soldaten und der Offiziere drückte ſich das ſchwere Er- eignis aus. Der große Befehlshaber wird zu Grabe ge- tragen! .... Die Ausrückung ſtand unter dem Be- fehl des Kommandanten der 49. Infanterie-Truppen- diviſion FML. Kritek, dem der Kommandant der 49. Infanteriebrigade GM. Robert Edler v. Langer attachiert war. Auch heute hatten viele Vereine mit um- florten Bannern längs des Trauer- weges Aufſtellung genommen. Der letzte Gang in Wien. Um zehn Uhr trat Hof- und Burgpfarrer Doktor Seydl in die Hofburgpfarrkirche und ſegnete die Leichen nochmals ein. Dann traten Unteroffiziere zum Sarg des Erzherzogs, Kammerdiener hoben den Sarg der Herzogin. Zwei Hofkommiſſäre, ein Kapellengehilfe mit dem Kreuze und die Hofkapellendiener mit dem In- cenſum und Aſperges ſchritten der aſſiſtierenden Hof- geiſtlichkeit voran. Dann kam der Hof- und Burg- pfarrer Prälat Dr. Seydl, Arcièren- und zwei unga- riſche Garden, Trabanten und Leibgardereiter, Edel- knaben mit flackernden Windlichtern. Den Särgen folgten der Erſte Oberſthofmeiſter Fürſt Montenuovo und Oberzeremonienmeiſter Graf Choloniewski, dann der Oberſthoſmeiſter des Erzherzogs, Freiherr v. Rumerskirch, die Dienſtkämmerer Graf Van der Straaten und Dr. Freiherr v. Morſey, Flügeladjutant Oberſt Dr. Bardolff und die Kämmerer Rudolf Prinz Eſterhazy und Paul Graf Czernin. Langſam bewegte ſich der Zug in den Burghof hinab. Die Unteroffiziere und Kammerdiener ſtellten die Särge in die mit ſechs Rappen beſpannten Leichenwagen und nun ſetzte ſich der ernſte Zug in Bewegung: zwei Hofreitknechte mit Laternen eröffneten ihn; dann kam eine Halbeskadron Franz-Ferdinand-Ulanen, die beim Erzherzog-Karl- Monument abgeſeſſen war, dann ein Hofeinſpanier zu Pferde, ein Hofkommiſſär in einem zweiſpännigen Hof- wagen, ein Hofkommiſſär zu Pferde, ein zweiſpänniger Hofwagen mit den Kämmerern Prinz Eſterhazy und Graf Czernin, ein zweiter Hofwagen mit Flügeladju- tant Oberſt Dr. Bardolff, ein dritter Hofwagen mit den Dienſtkämmerern Graf Van der Straaten und Dr. Freiherr v. Morſey. Vor den Särgen fuhr Oberſthofmeiſter Freiherr v. Rumerskirch in zweiſpännigen Wagen. Vor und hinter den Leichen- fourgons ritten Hofreitknechte mit Laternen, zu beiden Seiten Trabantenleibgarden mit Hellebarden, Leibgarde- reiter mit blanken Säbeln, zehn Unteroffiziere und beim Sarge der Herzogin zehn Leiblakaien. In zwei Hof- wagen folgten das erzherzogliche und das herzogliche Kammerperſonale. Eine Halbeskadron Ulanen beſchloß den Zug. Der Generalmarſch ward geſchlagen, die Fahnen der Truppen ſenkten ſich, zwei Kompanien des In- fanterieregiments Nr. 82 traten zu beiden Seiten der Straße zu einem ambulanten Spaliere zuſammen und nun bewegte ſich der Zug über den Heldenplatz, auf dem die Sieger von Zenta und Aſpern herabgrüßen von ihren Poſtamenten, zum Burgtor hinaus, wo die Burgwache zum letzten Male präſentierte. Hier kam es zu einer ſchönen Manifeſtation des Hochadels. Bei 120 Herren der erſten Familien des Reiches, Geheime Räte, Mitglieder des Herren- hauſcs, Kämmerer, die ſich zuvor im Hotel Sacher ge- ſammelt hatten, ſchloſſen ſich hier unmittelbar nach der Kavallerie dem Zuge an. Dieſe Schar, die eine glänzende Vereinigung der Vertreter der erſten Geſchlechter bot, hatte es ſich trotz anderslautender Diſpoſitionen für das Leichenbegängnis nicht nehmen laſſen, an dem Trauerzuge teilzunehmen, und ſchloß ſich hier, nachdem man nach längeren Ver- handlungen mit dem Oberſthofmeiſteramte die Erlaubnis erhalten hatte, dem Zuge an. Man ſah darunter Fürſt Paul Sapieha, Fürſt Egon Fürſtenberg, Fürſt Starhem- berg, Prinz Ferdinand Taxis, Prinz Lob- kowitz, zahlreiche Mitglieder des fürſtlichen Hauſes Liechtenſtein, Prinz Croy, die beiden Schwäger der toten Herzogin, Graf Schönburg-Glaucho und Graf Wuttenau, die Grafen Leopold und Erwein Noſtitz, Graf Walderode-Des- fours, Graf Wilczek, die Grafen Paul und Laszlo Szapary, Graf Koziebrodzki, Ex- zellenz Geheimer Rat Baron Morſey, Graf Padſtatzky-Liechtenſtein, Graf Heinrich Herberſtein, Baron Wambold u. v. a. Es war dieſes zahlreiche, von der Bevölkerung mit großer Dankbarkeit begrüßte Erſcheinen von Mitgliedern des Kaiſerhauſes in dem vom Oberſthof meiſter- amte ausgearbeiteten Zeremoniell nicht vorgeſehen. Auf dem Burgring ertönt dumpfer Trommelwirbel, der Konduktkommandant FML. Kritek leiſtet dem toten Erzherzog die Ehrenbezeigung. Die ſchwarzumflorten Fahnen neigen ſich zur Erde und das Publikum grüßt ſchmerzerfüllt die beiden Toten. Und immer weiter und weiter geht der Zug, ihn begleitet das leiſe Wehklagen, das aus der Menge dringt, der dumpfe Schall des Generalmarſches, von den Häuſern der Mariahilfer- ſtraße wallen die Flügel von Trauerengeln, die ſchwar- zen Fahnen, von leichtem Nachtwinde bewegt. Knapp vor ¾11 Uhr hat die Tete des Zuges den Bahnhof er- reicht. Der Weſtbahnhof hatte tiefen Trauerſchmuck angelegt. Von ſeinem Giebel wehten Trauerfahnen. Das große Veſtibule war ſchwarz verkleidet. Der Hofwarteſaal war in eine Kapelle umge- wandelt und ſchwarz ausgeſchlagen. Inmitten ſtanden zwei Katafalke für die Särge. Hof- und Burgpfarrer Prälat Dr. Seydl erwartete die Leichen mit der aſſiſtierenden Geiſtlichkeit. Auf dem Perran des Bahn- hofes war eine Ehrenkompanie mit der Fahne und Muſik des Landwehrinfanterieregimentes Nr. 24 ge- ſtellt. Am linken Flügel der Kompanie hatten Aufſtel- lung genommen: Korpskommandant G. d. J. Schemua, der Landwehrdiviſionär FML. Kreyſä, der Landwehr- brigadier, der Stadtkommandant FZM. Wikullil, der Kommandant des Regimentes Oberſt Podhajski, der Bataillonskommandant und Kompaniekommandant. Dieſer hatte den großen Flor von der rechten Schulter zur linken Schulter. Ein feierlich-düſteres Bild bot der weitgedehnte Platz vor dem Weſtbahnhofe, der mit ſeinem von breiten Zufahrtsſtraßen umfriedeten Parkanlagen von einer vieltauſendköpfigen Menge gefüllt war. Die zum Himmel lodernden, ihrer beengenden Brennkörper entledigten mächtigen Gasflammen warfen ein magiſches Licht auf die große Trauergemeinde. Von der dunklen Kleidung der Zivilbevölkerung hoben ſich die Uniformen der Offiziere unſerer bewaffneten Macht ab. Die dienſtfreien Offiziere der Garniſon hatten gegenüber dem Weſtbahn- hofe Auſſtellung genommen und hinter ihnen ſtanden dichtgedrängt, trauernde Bewohner der Stadt, ohne Unterſchied des Standes und Geſchlechtes. Es herrſchte ein geradezu andachtsvolles Schweigen, mit der man die letzte Fahrt des entſeelten Thronfolgerpaares auf Wiener Boden erwartete. Geraume Zeit vor 10 Uhr begann die Auffahrt der Mitglieder des Kaiſerhauſes und der anderen zur Trauerfeier erſchienenen Perſönlichkeiten. Es hatten ſich eingefunden: die Erzherzoge Peter Ferdinand, Leopold Salvator, Franz Salvator, Friedrich, Karl Stephan, Eugen, Karl Albrecht und Joſef, ſowie Prinz Koburg; ferner Kriegsminiſter v. Krobatin, Landesverteidigungsminiſter Freiherr v. Georgi, Ge- neraladjutant G. d. J. Freiherr v. Bolfras, Chef des Generalſtabes G. d. J. Freiherr v. Conrad, Korpskommandant G. d. J. v. Schemua, Stadt- kommandant FZM. Wikullil und die geſamte Generalität, die Herren der Militärkanzlei und des Sekre- tariats des verewigten Erzherzog-Thronfolgers. Ferner bemerkte man Polizeipräſidenten Freiherrn v. Gorup, Staatsbahndirektor Miniſterialrat Dr. Kolisko, Betriebsdirektor Hofrat Schmitz, Stationsvorſtand Oberinſpektor kaiſ. Rat Zawadil u. v. a. Um ¼11 Uhr wurden in der Stille der Nacht von Ferne Hochrufe hörbar, die ſich immer mehr verſtärkten. Thronfolger Erzherzog Karl Franz Joſef, der der Einſegnung der Leichen in der Hofburgkapelle bei- gewohnt hatte, fuhr in Begleitung ſeines Kammer- vorſtehers GM. Zdenko Prinzen Lobkowitz vor, gefolgt von dem Erſten Oberſthofmeiſter Fürſten Montenuovo. Im Bahnhofe. Der Hofwarteſalon war ſchwarz ausſpaliert und in ein Trauergemach verwandelt worden. In der Mitte ſtanden, umgeben von Kerzen und Blattpflanzen die zur Aufnahme der Särge beſtimmten Katafalke, vor denen ſich Kniebänke befanden. Der Ausgang aus dem Hofwarteſalon in den Perron war mit ſchwarzem Tuche ausgeſchlagen, auf dem die Wappen des toten Thron- folgerpaares angebracht waren. Sämtliche Lampen waren umflort. Am Perron hatte vor dem bereitſtehenden Hof- ſonderzuge eine Ehrenkompanie des Landwehr-Infanterie- regimentes Nr. 1 mit der Marſchmuſik Aufſtellung genommen. Am rechten Flügel ſtanden der Korps- kommandant, der Stadtkommandant und die Zwiſchen- vorgeſetzten. Fünf Minuten vor elf Uhr langte der Trauerzug beim Weſtbahnhof ein. Durch das ſchwarzverhängte Portal, das die Wappen der Höchſtverblichenen ſchmückten, trugen Unteroffiziere den Sarg des Erzherzogs, Kammer- diener und Leiblakaien den der Herzogin von Hohen- berg. Trabantenleibgarden und Leibgardereiter geleiteten ſie in den Hofwarteſaal. Dort wurden die Särge auf die Katafalke geſtellt. Die Garden bezogen die Ehren- wache. Erzherzog Karl Franz Joſef und die anderen Mitglieder des Kanerhauſes, die auch jetzt noch nicht ihren Schmerz bezähmen konnten, nahmen in den Kniebänken Platz. Hofburgpfarrer Prälat Dr. Seydl nahm unter Aſſiſtenz der Hof- geiſtlichkeit die Einſegnung der Leichen vor, der der Erſte Oberſthofmeiſter Fürſt Montenuovo und die Her- ren der Suite des verblichenen Erzherzogs beiwohnten. In tiefſter Andacht folgten die Mitglieder des Kaiſer- hauſes der Zeremonie. Dann hoben wieder die Unteroffiziere den Sarg des Erzherzogs, Leibkammerdiener und Leiblakaien den der Herzogin, und trugen ſie unter Vorantritt der Geiſt- lichkeit auf den Perron. Die Ehrenkompanie ſtand „Habt acht!“ An der Kompanie und an der Generalität vor- bei, die ſalutierend daſtand, wurden die Särge zu dem bereitſtehenden Separatzug getragen. Die Garden gaben den Särgen das Ehrengeleite. Die Mitglieder des Kaiſer- hauſes folgten bis zu dem ſchwarz ausgeſchlagenen Wag- gon, in dem ein Katafalk zur Aufnahme der Särge ſtand. Im Zuge nahmen dann noch Platz: Oberſthof- meiſter Freiherr v. Rumerskirch, die Dienſtkämme- rer Rittmeiſter Graf Van der Straten und Dr. Frei- herr v. Morſey, Flügeladjutant Oberſt Dr. Bar- dolff, die Beamten des Oberſthofmeiſteramteſ und des Sekretariats des Erzherzogs und das erzherzogliche Kammerperſonale. Bis zum Zug hatten die Erzherzoge und der Erſte Oberſthofmeiſter Fürſt Montenuovo die Särge begleitet. Noch ein Gebet der Geiſtlichkeit, und der Zug fuhr wenige Minuten nach 11 Uhr aus der Halle, Groß-Pöchlarn zu. Die Erzherzoge verließen den Bahnhof, und wieder wurden dem Thronfolger Erzherzog Karl Franz Joſef begeiſterte Ovationen bereitet, worauf aber ſo- fort unter der in die einzelnen Bezirke abziehenden Menge Worte tiefſter Trauer für die beiden Toten nur flüſternd laut wurden, die ihre letzte Fahrt angetreten hatten. Donnernd fuhr der Zug gegen Penzing, in die dunkle Nacht hinaus ... Die Blumenſpenden. Während des heutigen Tages langte eine ungeheure Zahl von letzten Blumengrüßen für das erzherzogliche Paar ein. Der nunmehrige Thronfolger Erzherzog Karl Franz Joſef und Gemahlin legten an den Särgen des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg prachtvolle Kränze nieder. Der Kranz für den Erzherzog war ganz aus roten Roſen und trug die wunderbare Schleifeninſchrift: „In immer: währender Liebe und Dankbarkeit Karl und Zita.“ Der Kranz für die Herzogin von Hohen- berg war völlig aus weißen Roſen gewunden und trug auf den Schleifen die Worte: „In aufrichtiger Liebe und treuem Gedenken Karl und Zita.“ Eine Delegation der rumäniſchen Natio- nalpartei in Ungarn und Siebenbürgen, geführt vom Reichstagsabgeordneten Dr. Theodor v. Mihaly, legte einen Kranz nieder mit der Inſchrift: „Die Ru- mänen Ungarns und Siebenbürgens ihrem edlen Beſchützer.“ Der Präſident des Abgeordnetenhauſes Dr. Syl- veſter hatte einen Kranz mit der Schleifeninſchrift „Das Abgeordnetenhaus des Reichsrates“ niederlegen laſſen, ebenſo der Klub der Mehrheit des niederöſterreichiſchen Landtages, die Antiſemitiſche Ver- einigung durch den Obmann Abg. Baumann und der Wiener Gemeinderat.

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 308, Wien, 04.07.1914, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost308_1914/3>, abgerufen am 23.11.2024.