[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.an statt der Danckbarkeit undanckbar/ mit Worten behertzt/ in der That verzagt/ in geringen Dingen erzürnet/ in vielen Sachen vermessen/ in Widerwärtigen furchtsam/ und bey Barmhertzigen unbarmhertzig. Mißbrauchet die Schärffe / beschützet das Böse/ verachtet das Gute: Hasset das Gegenwärtige/ und liebet das Zukünfftige/ so ziehet sie Ihr nichts als Haß und Neid nach sich. Stimmet sie aber die Saiten ihrer Regierung wohl an/ liebet das Reich/ ehret die Weisen/ erhält die Gemeine mit Gerechtigkeit/ schärffet die Gesetze durch Furcht/ und heget Haab und Gut mit Frieden/ so ehret und lobet sie Männiglich in ihrem Stande. Wie die Biene die Wissenschafft ihres erbaueten Bezircks künstlich zu verdecken weiß: Also richtet man auch die Fürstlichen Rathschläg darnach ein. Die Verschwiegenheit ist in Verwaltung der Geschäffte eines der besten Mittel. Die Römer hatten einen Gott/ den Sie Consum nenneten/ und Ihm einen Altar unter der Erden aufrichteten/ dadurch anzuzeigen/ daß man alle Rathschläge in Geheim halten sollte. Glückseelig ist die Gemeine/ welche Herren von guter Verschwiegenheit/ und Räthe von Treue und Aufrichtigkeit hat. Wenn man Rathschläge abhandelt/ daß es Weiber wissen/ so gehen die Geheimnusse zu feilen kauffe. So bald als Simson seiner Buhlschafft der Delila die Stärcke offenbahrete/ du verlohr Er dieselbe. Die Geheimnusse sind gleich denen Riesen / welche vor Aller Augen groß geachtet/ wenn man aber darhinder kommet/ so ist die Furcht desto kleiner Alle Königreiche und Länder/ welche ihre Actiones in Geheim halten/ haben das gröste Ansehen/ so bald sie sich aber lassen darein sehen/ scheinen sie nicht so groß zu seyn. Ein tieffer Strom ist viel schöner als ein seichter anzusehen. Das jenige/ was in der Einbildung bestehet / schätzet man am höchsten. Will man/ daß Anschläge verschwiegen bleiben/ soll man sie mit Weisheit bedecken. Das zarte Pappier ist durchsehend: Also ist auch die Liebe ein erleuchtend Feuer/ welche die Heimligkeiten deß Hertzens eröffnet. Es ist der Zorn/ die Unbeständigkeit deß Gemüths/ die Hoffnung / dadurch zu etwas Höhern zu gelangen; die Furcht der Straffe/ die eitele Ehre / die Trunckenheit und die Bosheit/ welche vielmahls herfür bricht/ und saget Alles/ was sie verborgen träget. Wie derohalben diese alle Schlüssel zum Hertzen: Also soll man sich so leicht Niemand vertrauen. Alles was man vornehmen und beschliessen will/ darbey hat man das Ende zu bedencken. Nichts ist schädlichers als ein ungleiches Vornehmen/ wann der Anfang nicht mit dem Ende übereinstimmet. Was kan spöttlicher seyn/ als wenn man mit Sorgen zur Regierung schreitet/ und lässet hernacher dieselbe durch Nachlässigkeit sincken. Ein grosses Versprechen/ und wenig Halten/ ist mehr zu schänden als zu loben. Es ist nicht genug eine angefangene Verrichtung loben/ sondern man soll sie auch ausführen. Drey Dinge werden zum Beschluß einer Sache erfordert; Klugheit in Rathschlägen/ die Geschickligkeit in der Ordnung/ und die Beständigkeit in der Vollnziehung. Was man offt mit Gewalt nicht erlanget/ darzu dienet der Glimpck. Anschläge soll man nicht nach den Fällen/ sondern nach der Klugheit urtheilen. Drum hat man bey diesem das Einige zu beobachten/ was leichtlich/ billig/ und nützlich ist. Denn alle Grosen/ so sich grose Dinge auszuüben unterfangen / sollen darfür halten/ daß ihr Vorhaben nützlich/ Ihnen rühmlich/ und denen Unterthanen auszuüben möglich seye Ist das Ende wohl bedacht/ so vollziehe man / das man reiflich beschlossen. Aristoteles saget: Das Bedencken soll langsam seyn/ das Fort- an statt der Danckbarkeit undanckbar/ mit Worten behertzt/ in der That verzagt/ in geringen Dingen erzürnet/ in vielen Sachen vermessen/ in Widerwärtigen furchtsam/ und bey Barmhertzigen unbarmhertzig. Mißbrauchet die Schärffe / beschützet das Böse/ verachtet das Gute: Hasset das Gegenwärtige/ und liebet das Zukünfftige/ so ziehet sie Ihr nichts als Haß und Neid nach sich. Stimmet sie aber die Saiten ihrer Regierung wohl an/ liebet das Reich/ ehret die Weisen/ erhält die Gemeine mit Gerechtigkeit/ schärffet die Gesetze durch Furcht/ und heget Haab und Gut mit Frieden/ so ehret und lobet sie Männiglich in ihrem Stande. Wie die Biene die Wissenschafft ihres erbaueten Bezircks künstlich zu verdecken weiß: Also richtet man auch die Fürstlichen Rathschläg darnach ein. Die Verschwiegenheit ist in Verwaltung der Geschäffte eines der besten Mittel. Die Römer hatten einen Gott/ den Sie Consum nenneten/ und Ihm einen Altar unter der Erden aufrichteten/ dadurch anzuzeigen/ daß man alle Rathschläge in Geheim halten sollte. Glückseelig ist die Gemeine/ welche Herren von guter Verschwiegenheit/ und Räthe von Treue und Aufrichtigkeit hat. Wenn man Rathschläge abhandelt/ daß es Weiber wissen/ so gehen die Geheimnusse zu feilen kauffe. So bald als Simson seiner Buhlschafft der Delila die Stärcke offenbahrete/ du verlohr Er dieselbe. Die Geheimnusse sind gleich denen Riesen / welche vor Aller Augen groß geachtet/ wenn man aber darhinder kommet/ so ist die Furcht desto kleiner Alle Königreiche und Länder/ welche ihre Actiones in Geheim halten/ haben das gröste Ansehen/ so bald sie sich aber lassen darein sehen/ scheinen sie nicht so groß zu seyn. Ein tieffer Strom ist viel schöner als ein seichter anzusehen. Das jenige/ was in der Einbildung bestehet / schätzet man am höchsten. Will man/ daß Anschläge verschwiegen bleiben/ soll man sie mit Weisheit bedecken. Das zarte Pappier ist durchsehend: Also ist auch die Liebe ein erleuchtend Feuer/ welche die Heimligkeiten deß Hertzens eröffnet. Es ist der Zorn/ die Unbeständigkeit deß Gemüths/ die Hoffnung / dadurch zu etwas Höhern zu gelangen; die Furcht der Straffe/ die eitele Ehre / die Trunckenheit und die Bosheit/ welche vielmahls herfür bricht/ und saget Alles/ was sie verborgen träget. Wie derohalben diese alle Schlüssel zum Hertzen: Also soll man sich so leicht Niemand vertrauen. Alles was man vornehmen und beschliessen will/ darbey hat man das Ende zu bedencken. Nichts ist schädlichers als ein ungleiches Vornehmen/ wann der Anfang nicht mit dem Ende übereinstimmet. Was kan spöttlicher seyn/ als wenn man mit Sorgen zur Regierung schreitet/ und lässet hernacher dieselbe durch Nachlässigkeit sincken. Ein grosses Versprechen/ und wenig Halten/ ist mehr zu schänden als zu loben. Es ist nicht genug eine angefangene Verrichtung loben/ sondern man soll sie auch ausführen. Drey Dinge werden zum Beschluß einer Sache erfordert; Klugheit in Rathschlägen/ die Geschickligkeit in der Ordnung/ und die Beständigkeit in der Vollnziehung. Was man offt mit Gewalt nicht erlanget/ darzu dienet der Glimpck. Anschläge soll man nicht nach den Fällen/ sondern nach der Klugheit urtheilen. Drum hat man bey diesem das Einige zu beobachten/ was leichtlich/ billig/ und nützlich ist. Denn alle Grosen/ so sich grose Dinge auszuüben unterfangen / sollen darfür halten/ daß ihr Vorhaben nützlich/ Ihnen rühmlich/ und denen Unterthanen auszuüben möglich seye Ist das Ende wohl bedacht/ so vollziehe man / das man reiflich beschlossen. Aristoteles saget: Das Bedencken soll langsam seyn/ das Fort- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0337" n="305"/> an statt der Danckbarkeit undanckbar/ mit Worten behertzt/ in der That verzagt/ in geringen Dingen erzürnet/ in vielen Sachen vermessen/ in Widerwärtigen furchtsam/ und bey Barmhertzigen unbarmhertzig. Mißbrauchet die Schärffe / beschützet das Böse/ verachtet das Gute: Hasset das Gegenwärtige/ und liebet das Zukünfftige/ so ziehet sie Ihr nichts als Haß und Neid nach sich. Stimmet sie aber die Saiten ihrer Regierung wohl an/ liebet das Reich/ ehret die Weisen/ erhält die Gemeine mit Gerechtigkeit/ schärffet die Gesetze durch Furcht/ und heget Haab und Gut mit Frieden/ so ehret und lobet sie Männiglich in ihrem Stande. Wie die Biene die Wissenschafft ihres erbaueten Bezircks künstlich zu verdecken weiß: Also richtet man auch die Fürstlichen Rathschläg darnach ein. Die Verschwiegenheit ist in Verwaltung der Geschäffte eines der besten Mittel. Die Römer hatten einen Gott/ den Sie Consum nenneten/ und Ihm einen Altar unter der Erden aufrichteten/ dadurch anzuzeigen/ daß man alle Rathschläge in Geheim halten sollte. Glückseelig ist die Gemeine/ welche Herren von guter Verschwiegenheit/ und Räthe von Treue und Aufrichtigkeit hat. Wenn man Rathschläge abhandelt/ daß es Weiber wissen/ so gehen die Geheimnusse zu feilen kauffe. So bald als Simson seiner Buhlschafft der Delila die Stärcke offenbahrete/ du verlohr Er dieselbe. Die Geheimnusse sind gleich denen Riesen / welche vor Aller Augen groß geachtet/ wenn man aber darhinder kommet/ so ist die Furcht desto kleiner Alle Königreiche und Länder/ welche ihre Actiones in Geheim halten/ haben das gröste Ansehen/ so bald sie sich aber lassen darein sehen/ scheinen sie nicht so groß zu seyn. Ein tieffer Strom ist viel schöner als ein seichter anzusehen. Das jenige/ was in der Einbildung bestehet / schätzet man am höchsten. Will man/ daß Anschläge verschwiegen bleiben/ soll man sie mit Weisheit bedecken. Das zarte Pappier ist durchsehend: Also ist auch die Liebe ein erleuchtend Feuer/ welche die Heimligkeiten deß Hertzens eröffnet. Es ist der Zorn/ die Unbeständigkeit deß Gemüths/ die Hoffnung / dadurch zu etwas Höhern zu gelangen; die Furcht der Straffe/ die eitele Ehre / die Trunckenheit und die Bosheit/ welche vielmahls herfür bricht/ und saget Alles/ was sie verborgen träget. Wie derohalben diese alle Schlüssel zum Hertzen: Also soll man sich so leicht Niemand vertrauen. Alles was man vornehmen und beschliessen will/ darbey hat man das Ende zu bedencken. Nichts ist schädlichers als ein ungleiches Vornehmen/ wann der Anfang nicht mit dem Ende übereinstimmet. Was kan spöttlicher seyn/ als wenn man mit Sorgen zur Regierung schreitet/ und lässet hernacher dieselbe durch Nachlässigkeit sincken. Ein grosses Versprechen/ und wenig Halten/ ist mehr zu schänden als zu loben. Es ist nicht genug eine angefangene Verrichtung loben/ sondern man soll sie auch ausführen. Drey Dinge werden zum Beschluß einer Sache erfordert; Klugheit in Rathschlägen/ die Geschickligkeit in der Ordnung/ und die Beständigkeit in der Vollnziehung. Was man offt mit Gewalt nicht erlanget/ darzu dienet der Glimpck. Anschläge soll man nicht nach den Fällen/ sondern nach der Klugheit urtheilen. Drum hat man bey diesem das Einige zu beobachten/ was leichtlich/ billig/ und nützlich ist. Denn alle Grosen/ so sich grose Dinge auszuüben unterfangen / sollen darfür halten/ daß ihr Vorhaben nützlich/ Ihnen rühmlich/ und denen Unterthanen auszuüben möglich seye Ist das Ende wohl bedacht/ so vollziehe man / das man reiflich beschlossen. Aristoteles saget: Das Bedencken soll langsam seyn/ das Fort- </p> </div> </body> </text> </TEI> [305/0337]
an statt der Danckbarkeit undanckbar/ mit Worten behertzt/ in der That verzagt/ in geringen Dingen erzürnet/ in vielen Sachen vermessen/ in Widerwärtigen furchtsam/ und bey Barmhertzigen unbarmhertzig. Mißbrauchet die Schärffe / beschützet das Böse/ verachtet das Gute: Hasset das Gegenwärtige/ und liebet das Zukünfftige/ so ziehet sie Ihr nichts als Haß und Neid nach sich. Stimmet sie aber die Saiten ihrer Regierung wohl an/ liebet das Reich/ ehret die Weisen/ erhält die Gemeine mit Gerechtigkeit/ schärffet die Gesetze durch Furcht/ und heget Haab und Gut mit Frieden/ so ehret und lobet sie Männiglich in ihrem Stande. Wie die Biene die Wissenschafft ihres erbaueten Bezircks künstlich zu verdecken weiß: Also richtet man auch die Fürstlichen Rathschläg darnach ein. Die Verschwiegenheit ist in Verwaltung der Geschäffte eines der besten Mittel. Die Römer hatten einen Gott/ den Sie Consum nenneten/ und Ihm einen Altar unter der Erden aufrichteten/ dadurch anzuzeigen/ daß man alle Rathschläge in Geheim halten sollte. Glückseelig ist die Gemeine/ welche Herren von guter Verschwiegenheit/ und Räthe von Treue und Aufrichtigkeit hat. Wenn man Rathschläge abhandelt/ daß es Weiber wissen/ so gehen die Geheimnusse zu feilen kauffe. So bald als Simson seiner Buhlschafft der Delila die Stärcke offenbahrete/ du verlohr Er dieselbe. Die Geheimnusse sind gleich denen Riesen / welche vor Aller Augen groß geachtet/ wenn man aber darhinder kommet/ so ist die Furcht desto kleiner Alle Königreiche und Länder/ welche ihre Actiones in Geheim halten/ haben das gröste Ansehen/ so bald sie sich aber lassen darein sehen/ scheinen sie nicht so groß zu seyn. Ein tieffer Strom ist viel schöner als ein seichter anzusehen. Das jenige/ was in der Einbildung bestehet / schätzet man am höchsten. Will man/ daß Anschläge verschwiegen bleiben/ soll man sie mit Weisheit bedecken. Das zarte Pappier ist durchsehend: Also ist auch die Liebe ein erleuchtend Feuer/ welche die Heimligkeiten deß Hertzens eröffnet. Es ist der Zorn/ die Unbeständigkeit deß Gemüths/ die Hoffnung / dadurch zu etwas Höhern zu gelangen; die Furcht der Straffe/ die eitele Ehre / die Trunckenheit und die Bosheit/ welche vielmahls herfür bricht/ und saget Alles/ was sie verborgen träget. Wie derohalben diese alle Schlüssel zum Hertzen: Also soll man sich so leicht Niemand vertrauen. Alles was man vornehmen und beschliessen will/ darbey hat man das Ende zu bedencken. Nichts ist schädlichers als ein ungleiches Vornehmen/ wann der Anfang nicht mit dem Ende übereinstimmet. Was kan spöttlicher seyn/ als wenn man mit Sorgen zur Regierung schreitet/ und lässet hernacher dieselbe durch Nachlässigkeit sincken. Ein grosses Versprechen/ und wenig Halten/ ist mehr zu schänden als zu loben. Es ist nicht genug eine angefangene Verrichtung loben/ sondern man soll sie auch ausführen. Drey Dinge werden zum Beschluß einer Sache erfordert; Klugheit in Rathschlägen/ die Geschickligkeit in der Ordnung/ und die Beständigkeit in der Vollnziehung. Was man offt mit Gewalt nicht erlanget/ darzu dienet der Glimpck. Anschläge soll man nicht nach den Fällen/ sondern nach der Klugheit urtheilen. Drum hat man bey diesem das Einige zu beobachten/ was leichtlich/ billig/ und nützlich ist. Denn alle Grosen/ so sich grose Dinge auszuüben unterfangen / sollen darfür halten/ daß ihr Vorhaben nützlich/ Ihnen rühmlich/ und denen Unterthanen auszuüben möglich seye Ist das Ende wohl bedacht/ so vollziehe man / das man reiflich beschlossen. Aristoteles saget: Das Bedencken soll langsam seyn/ das Fort-
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/337>, abgerufen am 25.06.2024. |