[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Ein König soll allezeit ein Auge und eine Hand bey dem Rechte haben/ damit er das Recht besehe/ und die Bosheit abstraffe. Da der weise Antisthenes gefraget wurde/ durch was vor eine Sache die Regierung zu Grunde gienge? Gab er zur Antwort: Wenn man zwischen Frommen und Schälcken keinen Unterscheid hält/ sondern die Ungerechten so viel als die Gerechten gelten lässet. Wordurch er zu verstehen geben/ daß kein Reich beständig/ wo nicht eine gute Policey anzutreffen sey/ da man die Tugend ehre/ und das Unrecht abstraffe. Denn/ weil aus Homer[unleserliches Material]. dem Brunnen der Gerechtigkeit alle Unschuld/ Freundschafft/ Gottseeligkeit / Eintracht/ und alle Erbarkeit herfür fleusst/ so soll man mehr auf dieselbe / als aus die Kriegs-Rüstung und Eroberung Land und Leute Acht haben. Der weise Cato sagte: Er wolle lieber eine Sache für eine Wolthat verlieren/ als ein Ubel ungestrafft lassen. Denen Indianischen Priestern war vordessen kein Opffer von den Göttern zu schlachten erlaubet/ sondern es musten solches die Weisesten unter ihnen thun/ man durffte aber nichts anders von denenselben bitten/ als alle in die Gerechtigkeit. Die Heyden mahleten vordessen dieselbe in Gestalt einer schönen und wohlgestalten Jungfrau/ mit unfreundlichem und ernstem Gesichte/ hellen und scharffen Augen/ und tapferen Ansehen/ damit sie lehren wollten/ daß ein König oder Herr mit seinen frommen Unterthanen aufrichtig handeln/ mit den Bösen scharff umgehen/ und dieselben ohne Ansehen der Person / sie sind gleich hohen Standes/ edel oder unedel/ zur Straffe ziehen solle. Zur Zeit Hertzog Carls in Burgund brachte einer von Adel Einen zur gefänglichen Hafft; für diesen Gefangenen bath sein Eheweib inständig/ daß er wieder möchte auf freyen Fuß gestellet werden. Der von Adel verhieß ihr solches/ daferne sie bey Ihm schlaffen würde. Das Weib war fromm und ehrlich/ gieng hin zu ihrem Mann und fragte/ ob sie wider die eheliche Treue handeln/ und Ihn dadurch vom Tode befreyen sollte. Der Gefangene war dessen zu frieden. Nachdem nun der von Adel mit dem Weibe seine fleischliche Lust gebüset/ ließ Er des andern Tages darauf ihrem Mann den Kopf für die Füsse legen. Das Weib klagete solches dem jetzterwehnten Hertzog Carln/ welcher den von Adel zu sich forderte / und diese Frau zur Ehe zu nehmen auferlegete. Wie solches geschehen/ ließ Er dem von Adel den Kopf gleichfalls hinweg schlagen/ die Frau aber setzete Er in alle seine Güter/ und straffete also hinwiederum den/ der sich dessen am wenigsten versahe. GOtt saget zu dem weisen Salomon: Ich habe dich zum Könige gesetzet/ damit du Recht und Gerechtigkeit handhabest. Und dieses ist auch nöthig. Denn ohne die kan nicht allein keine Regierung/ sondern auch nicht die geringste Gemeine bestehen. Von ihr kommet her der Völcker Friede/ die Beschützung deß Vaterlandes/ die Erhaltung der Unterthanen/ die Freyheit des Volcks und die Freude aller Menschen. Fromm und warhafftig seyn behüten den König/ und sein Thron bestehet durch Frömmigkeit. Wo Prov. 20. nun Frömmigkeit/ da muß auch Gerechtigkeit seyn. Die alten Könige in Thracien hatten wegen ihrer geführten gestrengen Gerechtigkeit ein groses Lob. Der König stellete aus eigener Gewalt kein Urtheil/ sondern wenn Er auf dem Königlichen Richter-Stuhl saß/ hatte Er jederzeit viertzig alte weise und verständige Männer um sich. Was nun dieselben für Recht hielten/ das vollzoge derselbe unabsetzlich/ und dafern Er Jemand wider Recht und Billigkeit beschwerete / muste Er auch selbst sterben/ nicht eben/ daß man an Ihm Hand anlegete / sondern man benahm demselben alle Königliche Gewalt/ und ließ solchen verhungern. Ein König soll allezeit ein Auge und eine Hand bey dem Rechte haben/ damit er das Recht besehe/ und die Bosheit abstraffe. Da der weise Antisthenes gefraget wurde/ durch was vor eine Sache die Regierung zu Grunde gienge? Gab er zur Antwort: Wenn man zwischen Frommen und Schälcken keinen Unterscheid hält/ sondern die Ungerechten so viel als die Gerechten gelten lässet. Wordurch er zu verstehen geben/ daß kein Reich beständig/ wo nicht eine gute Policey anzutreffen sey/ da man die Tugend ehre/ und das Unrecht abstraffe. Denn/ weil aus Homer[unleserliches Material]. dem Brunnen der Gerechtigkeit alle Unschuld/ Freundschafft/ Gottseeligkeit / Eintracht/ und alle Erbarkeit herfür fleusst/ so soll man mehr auf dieselbe / als aus die Kriegs-Rüstung und Eroberung Land und Leute Acht haben. Der weise Cato sagte: Er wolle lieber eine Sache für eine Wolthat verlieren/ als ein Ubel ungestrafft lassen. Denen Indianischen Priestern war vordessen kein Opffer von den Göttern zu schlachten erlaubet/ sondern es musten solches die Weisesten unter ihnen thun/ man durffte aber nichts anders von denenselben bitten/ als alle in die Gerechtigkeit. Die Heyden mahleten vordessen dieselbe in Gestalt einer schönen und wohlgestalten Jungfrau/ mit unfreundlichem und ernstem Gesichte/ hellen und scharffen Augen/ und tapferen Ansehen/ damit sie lehren wollten/ daß ein König oder Herr mit seinen frommen Unterthanen aufrichtig handeln/ mit den Bösen scharff umgehen/ und dieselben ohne Ansehen der Person / sie sind gleich hohen Standes/ edel oder unedel/ zur Straffe ziehen solle. Zur Zeit Hertzog Carls in Burgund brachte einer von Adel Einen zur gefänglichen Hafft; für diesen Gefangenen bath sein Eheweib inständig/ daß er wieder möchte auf freyen Fuß gestellet werden. Der von Adel verhieß ihr solches/ daferne sie bey Ihm schlaffen würde. Das Weib war from̃ und ehrlich/ gieng hin zu ihrem Mann und fragte/ ob sie wider die eheliche Treue handeln/ und Ihn dadurch vom Tode befreyen sollte. Der Gefangene war dessen zu frieden. Nachdem nun der von Adel mit dem Weibe seine fleischliche Lust gebüset/ ließ Er des andern Tages darauf ihrem Mann den Kopf für die Füsse legen. Das Weib klagete solches dem jetzterwehnten Hertzog Carln/ welcher den von Adel zu sich forderte / und diese Frau zur Ehe zu nehmen auferlegete. Wie solches geschehen/ ließ Er dem von Adel den Kopf gleichfalls hinweg schlagen/ die Frau aber setzete Er in alle seine Güter/ und straffete also hinwiederum den/ der sich dessen am wenigsten versahe. GOtt saget zu dem weisen Salomon: Ich habe dich zum Könige gesetzet/ damit du Recht und Gerechtigkeit handhabest. Und dieses ist auch nöthig. Denn ohne die kan nicht allein keine Regierung/ sondern auch nicht die geringste Gemeine bestehen. Von ihr kommet her der Völcker Friede/ die Beschützung deß Vaterlandes/ die Erhaltung der Unterthanen/ die Freyheit des Volcks und die Freude aller Menschen. Fromm und warhafftig seyn behüten den König/ und sein Thron bestehet durch Frömmigkeit. Wo Prov. 20. nun Frömmigkeit/ da muß auch Gerechtigkeit seyn. Die alten Könige in Thracien hatten wegen ihrer geführten gestrengen Gerechtigkeit ein groses Lob. Der König stellete aus eigener Gewalt kein Urtheil/ sondern wenn Er auf dem Königlichen Richter-Stuhl saß/ hatte Er jederzeit viertzig alte weise und verständige Männer um sich. Was nun dieselben für Recht hielten/ das vollzoge derselbe unabsetzlich/ und dafern Er Jemand wider Recht und Billigkeit beschwerete / muste Er auch selbst sterben/ nicht eben/ daß man an Ihm Hand anlegete / sondern man benahm demselben alle Königliche Gewalt/ und ließ solchen verhungern. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0339" n="307"/> Ein König soll allezeit ein Auge und eine Hand bey dem Rechte haben/ damit er das Recht besehe/ und die Bosheit abstraffe.</p> <p>Da der weise Antisthenes gefraget wurde/ durch was vor eine Sache die Regierung zu Grunde gienge? Gab er zur Antwort: Wenn man zwischen Frommen und Schälcken keinen Unterscheid hält/ sondern die Ungerechten so viel als die Gerechten gelten lässet. Wordurch er zu verstehen geben/ daß kein Reich beständig/ wo nicht eine gute Policey anzutreffen sey/ da man die Tugend ehre/ und das Unrecht abstraffe. Denn/ weil aus <note place="right">Homer<gap reason="illegible"/>.</note> dem Brunnen der Gerechtigkeit alle Unschuld/ Freundschafft/ Gottseeligkeit / Eintracht/ und alle Erbarkeit herfür fleusst/ so soll man mehr auf dieselbe / als aus die Kriegs-Rüstung und Eroberung Land und Leute Acht haben. Der weise Cato sagte: Er wolle lieber eine Sache für eine Wolthat verlieren/ als ein Ubel ungestrafft lassen. Denen Indianischen Priestern war vordessen kein Opffer von den Göttern zu schlachten erlaubet/ sondern es musten solches die Weisesten unter ihnen thun/ man durffte aber nichts anders von denenselben bitten/ als alle in die Gerechtigkeit. Die Heyden mahleten vordessen dieselbe in Gestalt einer schönen und wohlgestalten Jungfrau/ mit unfreundlichem und ernstem Gesichte/ hellen und scharffen Augen/ und tapferen Ansehen/ damit sie lehren wollten/ daß ein König oder Herr mit seinen frommen Unterthanen aufrichtig handeln/ mit den Bösen scharff umgehen/ und dieselben ohne Ansehen der Person / sie sind gleich hohen Standes/ edel oder unedel/ zur Straffe ziehen solle. Zur Zeit Hertzog Carls in Burgund brachte einer von Adel Einen zur gefänglichen Hafft; für diesen Gefangenen bath sein Eheweib inständig/ daß er wieder möchte auf freyen Fuß gestellet werden. Der von Adel verhieß ihr solches/ daferne sie bey Ihm schlaffen würde. Das Weib war from̃ und ehrlich/ gieng hin zu ihrem Mann und fragte/ ob sie wider die eheliche Treue handeln/ und Ihn dadurch vom Tode befreyen sollte. Der Gefangene war dessen zu frieden. Nachdem nun der von Adel mit dem Weibe seine fleischliche Lust gebüset/ ließ Er des andern Tages darauf ihrem Mann den Kopf für die Füsse legen. Das Weib klagete solches dem jetzterwehnten Hertzog Carln/ welcher den von Adel zu sich forderte / und diese Frau zur Ehe zu nehmen auferlegete. Wie solches geschehen/ ließ Er dem von Adel den Kopf gleichfalls hinweg schlagen/ die Frau aber setzete Er in alle seine Güter/ und straffete also hinwiederum den/ der sich dessen am wenigsten versahe.</p> <p>GOtt saget zu dem weisen Salomon: Ich habe dich zum Könige gesetzet/ damit du Recht und Gerechtigkeit handhabest. Und dieses ist auch nöthig. Denn ohne die kan nicht allein keine Regierung/ sondern auch nicht die geringste Gemeine bestehen. Von ihr kommet her der Völcker Friede/ die Beschützung deß Vaterlandes/ die Erhaltung der Unterthanen/ die Freyheit des Volcks und die Freude aller Menschen. Fromm und warhafftig seyn behüten den König/ und sein Thron bestehet durch Frömmigkeit. Wo <note place="right">Prov. 20.</note> nun Frömmigkeit/ da muß auch Gerechtigkeit seyn. Die alten Könige in Thracien hatten wegen ihrer geführten gestrengen Gerechtigkeit ein groses Lob. Der König stellete aus eigener Gewalt kein Urtheil/ sondern wenn Er auf dem Königlichen Richter-Stuhl saß/ hatte Er jederzeit viertzig alte weise und verständige Männer um sich. Was nun dieselben für Recht hielten/ das vollzoge derselbe unabsetzlich/ und dafern Er Jemand wider Recht und Billigkeit beschwerete / muste Er auch selbst sterben/ nicht eben/ daß man an Ihm Hand anlegete / sondern man benahm demselben alle Königliche Gewalt/ und ließ solchen verhungern.</p> </div> </body> </text> </TEI> [307/0339]
Ein König soll allezeit ein Auge und eine Hand bey dem Rechte haben/ damit er das Recht besehe/ und die Bosheit abstraffe.
Da der weise Antisthenes gefraget wurde/ durch was vor eine Sache die Regierung zu Grunde gienge? Gab er zur Antwort: Wenn man zwischen Frommen und Schälcken keinen Unterscheid hält/ sondern die Ungerechten so viel als die Gerechten gelten lässet. Wordurch er zu verstehen geben/ daß kein Reich beständig/ wo nicht eine gute Policey anzutreffen sey/ da man die Tugend ehre/ und das Unrecht abstraffe. Denn/ weil aus dem Brunnen der Gerechtigkeit alle Unschuld/ Freundschafft/ Gottseeligkeit / Eintracht/ und alle Erbarkeit herfür fleusst/ so soll man mehr auf dieselbe / als aus die Kriegs-Rüstung und Eroberung Land und Leute Acht haben. Der weise Cato sagte: Er wolle lieber eine Sache für eine Wolthat verlieren/ als ein Ubel ungestrafft lassen. Denen Indianischen Priestern war vordessen kein Opffer von den Göttern zu schlachten erlaubet/ sondern es musten solches die Weisesten unter ihnen thun/ man durffte aber nichts anders von denenselben bitten/ als alle in die Gerechtigkeit. Die Heyden mahleten vordessen dieselbe in Gestalt einer schönen und wohlgestalten Jungfrau/ mit unfreundlichem und ernstem Gesichte/ hellen und scharffen Augen/ und tapferen Ansehen/ damit sie lehren wollten/ daß ein König oder Herr mit seinen frommen Unterthanen aufrichtig handeln/ mit den Bösen scharff umgehen/ und dieselben ohne Ansehen der Person / sie sind gleich hohen Standes/ edel oder unedel/ zur Straffe ziehen solle. Zur Zeit Hertzog Carls in Burgund brachte einer von Adel Einen zur gefänglichen Hafft; für diesen Gefangenen bath sein Eheweib inständig/ daß er wieder möchte auf freyen Fuß gestellet werden. Der von Adel verhieß ihr solches/ daferne sie bey Ihm schlaffen würde. Das Weib war from̃ und ehrlich/ gieng hin zu ihrem Mann und fragte/ ob sie wider die eheliche Treue handeln/ und Ihn dadurch vom Tode befreyen sollte. Der Gefangene war dessen zu frieden. Nachdem nun der von Adel mit dem Weibe seine fleischliche Lust gebüset/ ließ Er des andern Tages darauf ihrem Mann den Kopf für die Füsse legen. Das Weib klagete solches dem jetzterwehnten Hertzog Carln/ welcher den von Adel zu sich forderte / und diese Frau zur Ehe zu nehmen auferlegete. Wie solches geschehen/ ließ Er dem von Adel den Kopf gleichfalls hinweg schlagen/ die Frau aber setzete Er in alle seine Güter/ und straffete also hinwiederum den/ der sich dessen am wenigsten versahe.
Homer_ . GOtt saget zu dem weisen Salomon: Ich habe dich zum Könige gesetzet/ damit du Recht und Gerechtigkeit handhabest. Und dieses ist auch nöthig. Denn ohne die kan nicht allein keine Regierung/ sondern auch nicht die geringste Gemeine bestehen. Von ihr kommet her der Völcker Friede/ die Beschützung deß Vaterlandes/ die Erhaltung der Unterthanen/ die Freyheit des Volcks und die Freude aller Menschen. Fromm und warhafftig seyn behüten den König/ und sein Thron bestehet durch Frömmigkeit. Wo nun Frömmigkeit/ da muß auch Gerechtigkeit seyn. Die alten Könige in Thracien hatten wegen ihrer geführten gestrengen Gerechtigkeit ein groses Lob. Der König stellete aus eigener Gewalt kein Urtheil/ sondern wenn Er auf dem Königlichen Richter-Stuhl saß/ hatte Er jederzeit viertzig alte weise und verständige Männer um sich. Was nun dieselben für Recht hielten/ das vollzoge derselbe unabsetzlich/ und dafern Er Jemand wider Recht und Billigkeit beschwerete / muste Er auch selbst sterben/ nicht eben/ daß man an Ihm Hand anlegete / sondern man benahm demselben alle Königliche Gewalt/ und ließ solchen verhungern.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/339>, abgerufen am 16.08.2024. |