[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.chete an einem Spanischen Edelmanne das/ was Er an einem Land-Manne begangen/ so geschwinde/ daß derselbe es nicht eher gewahr wurde/ bis Er an Ihm Hand anlegen ließ. Da König Ferdinand in Spanien vor Medina zu Felde lag/ begab Er sich in aller Stille nach Salmantica / und zoge den Rodericum Maldonatum/ der in der Vestung Moleon viel Grausames verübte/ zur gebührenden Straffe. Einen Kranken mit vielen beschwerlichen Artzeneyen belästigen/ ist gefährlich. Mit Bescheidenheit und Glimpff richtet man offters mehr/ als mit Gewalt aus. König Petrus in Spanien meinete allenthalben mit der Schärffe durchzudringen/ befand sich aber dahero sehr betrogen/ und erlangete dadurch den Nahmen eines grausamen Prinzens. Und / obwohl die Gerechtigkeit nur eine Tugend/ so ist sie doch von unterschiedenen Wirckungen. Denn vielmahl wird sie von dem gemeinen Mann bannisieret: Vielmahls aber schlägt sie solche Mittel vor/ dadurch sie ihre eigene Freyheit verlieret. Will man nun hierunter sein Ansehen behalten/ so straffe man etliche Verbrecher aus der Bey ereigneten Aufstande. Gemeinde/ sind aber ihrer viel daran Schuld/ so verzeihe man es Ihnen. Eine andere Art zu straffen / und dadurch sein Ansehen spüren zu lassen/ gebrauchete sich König Ferdinand der Vierdte in Spanien. Denn/ nachdem Etliche von Adel in Gallicien einige Empörung aufrichteten/ berief Er Sie zu sich/ tractirete sie freundlich/ und schickte sie in Krieg. Da denn Etliche dererselben von den Feinden erschlagen / und Etliche daselbsten gedemüthiget/ das Land aber dadurch in Ruhe gesetzet wurde. Wer sein Ansehen selbst verkleinert und an seinen Meriten zweifelt/ der trauet Ihme in seiner Verrichtung nicht/ und giebet Männiglichen Anlaß/ daß man Ihn verachtet. Gleichwie man aber durch die Gerechtigkeit sich die Frommen verbindet: Also machet man sich auch durch die Güte die Bösen zu Freunden/ und weil Jene die Furcht zum Gehorsam treibet/ so erwecket hingegen diese nichts als Liebe. Die Königliche Gutthätigkeit/ Freundlichkeit und Bescheidenheit. Der Gerechtigkeit ist die Tugend der Gütigkeit / Sanfftmuth und Freundlichkeit am nähesten. Und gleichwie Gott viel gütiger und sanfftmüthiger/ denn die Creaturen: Also gebühret auch denen Höhern und Gewaltigern/ daß sie Andere mit Gutthat und Sanfftmuth übertreffen. Das beste und beständigste Reich ist dieses/ wann es die Unterthanen bey ihrer Pflicht und Schuldigkeit mehr mit Güte und Wolthat/ als mit der Schärfe erhält. Denn jenes geschicht aus Liebe/ dieses aber aus Zwang und Furcht. Die Gelindigkeit wird allemahl der Schärfe vorgezogen/ zumahlen Dionysius Halicarnass. lib. 6. zu der Zeit/ da man sich bey einer Regierung noch nicht in eine beständige Sicherheit gesetzet. Als dem Keyser Constantino eines Tages angedeutet wurde/ wie man sein aufgerichtetes Bildnis mit Steinen geworfen/ sein Haupt daran übel beschädiget/ und dahero Er die Thäter zur Straffe Baronius Tom. 3. zu ziehen Ursach hätte: Belachte solches der Keyser/ grief an sein Haupt/ und sagte: Ich fühle an meinem Gesichte noch keine Verletzung/ und ist nicht allein mein Haupt an mir gantz unversehrt/ sondern es sind auch mei[unleserliches Material] Glieder frisch und gesund. Soll aber die Strenge den Vorzug haben/ so muß es theils wegen des gemeinen Nutzens / theils auch wegen der groben Car. Sigon. eingerissenen Laster geschehen/ die/ wann sie nicht aus dem Wege geräumet / bald wie der Krebs um sich fressen/ und endlich auch die Gesunden anstecken. Da der Gothen König Totilas gebeten wurde/ daß Er Einen/ welcher mit Gewalt ein Weibes-Bild geschändet/ der ordentlichen Strafe erlassen sollte/ sagte Er: Der jenige/ welcher die Straffe wegen eines begangenen Lasters zu verhindern gedencket/ ist nicht besser/ als der/ so chete an einem Spanischen Edelmanne das/ was Er an einem Land-Manne begangen/ so geschwinde/ daß derselbe es nicht eher gewahr wurde/ bis Er an Ihm Hand anlegen ließ. Da König Ferdinand in Spanien vor Medina zu Felde lag/ begab Er sich in aller Stille nach Salmantica / und zoge den Rodericum Maldonatum/ der in der Vestung Moleon viel Grausames verübte/ zur gebührenden Straffe. Einen Kranken mit vielen beschwerlichen Artzeneyen belästigen/ ist gefährlich. Mit Bescheidenheit und Glimpff richtet man offters mehr/ als mit Gewalt aus. König Petrus in Spanien meinete allenthalben mit der Schärffe durchzudringen/ befand sich aber dahero sehr betrogen/ und erlangete dadurch den Nahmen eines grausamen Prinzens. Und / obwohl die Gerechtigkeit nur eine Tugend/ so ist sie doch von unterschiedenen Wirckungen. Denn vielmahl wird sie von dem gemeinen Mann bannisieret: Vielmahls aber schlägt sie solche Mittel vor/ dadurch sie ihre eigene Freyheit verlieret. Will man nun hierunter sein Ansehen behalten/ so straffe man etliche Verbrecher aus der Bey ereigneten Aufstande. Gemeinde/ sind aber ihrer viel daran Schuld/ so verzeihe man es Ihnen. Eine andere Art zu straffen / und dadurch sein Ansehen spüren zu lassen/ gebrauchete sich König Ferdinand der Vierdte in Spanien. Denn/ nachdem Etliche von Adel in Gallicien einige Empörung aufrichteten/ berief Er Sie zu sich/ tractirete sie freundlich/ und schickte sie in Krieg. Da denn Etliche dererselben von den Feinden erschlagen / und Etliche daselbsten gedemüthiget/ das Land aber dadurch in Ruhe gesetzet wurde. Wer sein Ansehen selbst verkleinert und an seinen Meriten zweifelt/ der trauet Ihme in seiner Verrichtung nicht/ und giebet Männiglichen Anlaß/ daß man Ihn verachtet. Gleichwie man aber durch die Gerechtigkeit sich die Frommen verbindet: Also machet man sich auch durch die Güte die Bösen zu Freunden/ und weil Jene die Furcht zum Gehorsam treibet/ so erwecket hingegen diese nichts als Liebe. Die Königliche Gutthätigkeit/ Freundlichkeit und Bescheidenheit. Der Gerechtigkeit ist die Tugend der Gütigkeit / Sanfftmuth und Freundlichkeit am nähesten. Und gleichwie Gott viel gütiger und sanfftmüthiger/ denn die Creaturen: Also gebühret auch denen Höhern und Gewaltigern/ daß sie Andere mit Gutthat und Sanfftmuth übertreffen. Das beste und beständigste Reich ist dieses/ wann es die Unterthanen bey ihrer Pflicht und Schuldigkeit mehr mit Güte und Wolthat/ als mit der Schärfe erhält. Denn jenes geschicht aus Liebe/ dieses aber aus Zwang und Furcht. Die Gelindigkeit wird allemahl der Schärfe vorgezogen/ zumahlen Dionysius Halicarnass. lib. 6. zu der Zeit/ da man sich bey einer Regierung noch nicht in eine beständige Sicherheit gesetzet. Als dem Keyser Constantino eines Tages angedeutet wurde/ wie man sein aufgerichtetes Bildnis mit Steinen geworfen/ sein Haupt daran übel beschädiget/ und dahero Er die Thäter zur Straffe Baronius Tom. 3. zu ziehen Ursach hätte: Belachte solches der Keyser/ grief an sein Haupt/ und sagte: Ich fühle an meinem Gesichte noch keine Verletzung/ und ist nicht allein mein Haupt an mir gantz unversehrt/ sondern es sind auch mei[unleserliches Material] Glieder frisch und gesund. Soll aber die Strenge den Vorzug haben/ so muß es theils wegen des gemeinen Nutzens / theils auch wegen der groben Car. Sigon. eingerissenen Laster geschehen/ die/ wann sie nicht aus dem Wege geräumet / bald wie der Krebs um sich fressen/ und endlich auch die Gesunden anstecken. Da der Gothen König Totilas gebeten wurde/ daß Er Einen/ welcher mit Gewalt ein Weibes-Bild geschändet/ der ordentlichen Strafe erlassen sollte/ sagte Er: Der jenige/ welcher die Straffe wegen eines begangenen Lasters zu verhindern gedencket/ ist nicht besser/ als der/ so <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0346" n="314"/> chete an einem Spanischen Edelmanne das/ was Er an einem Land-Manne begangen/ so geschwinde/ daß derselbe es nicht eher gewahr wurde/ bis Er an Ihm Hand anlegen ließ. Da König Ferdinand in Spanien vor Medina zu Felde lag/ begab Er sich in aller Stille nach Salmantica / und zoge den Rodericum Maldonatum/ der in der Vestung Moleon viel Grausames verübte/ zur gebührenden Straffe. Einen Kranken mit vielen beschwerlichen Artzeneyen belästigen/ ist gefährlich. Mit Bescheidenheit und Glimpff richtet man offters mehr/ als mit Gewalt aus. König Petrus in Spanien meinete allenthalben mit der Schärffe durchzudringen/ befand sich aber dahero sehr betrogen/ und erlangete dadurch den Nahmen eines grausamen Prinzens. Und / obwohl die Gerechtigkeit nur eine Tugend/ so ist sie doch von unterschiedenen Wirckungen. Denn vielmahl wird sie von dem gemeinen Mann bannisieret: Vielmahls aber schlägt sie solche Mittel vor/ dadurch sie ihre eigene Freyheit verlieret. Will man nun hierunter sein Ansehen behalten/ so straffe man etliche Verbrecher aus der <note place="left">Bey ereigneten Aufstande.</note> Gemeinde/ sind aber ihrer viel daran Schuld/ so verzeihe man es Ihnen. Eine andere Art zu straffen / und dadurch sein Ansehen spüren zu lassen/ gebrauchete sich König Ferdinand der Vierdte in Spanien. Denn/ nachdem Etliche von Adel in Gallicien einige Empörung aufrichteten/ berief Er Sie zu sich/ tractirete sie freundlich/ und schickte sie in Krieg. Da denn Etliche dererselben von den Feinden erschlagen / und Etliche daselbsten gedemüthiget/ das Land aber dadurch in Ruhe gesetzet wurde. Wer sein Ansehen selbst verkleinert und an seinen Meriten zweifelt/ der trauet Ihme in seiner Verrichtung nicht/ und giebet Männiglichen Anlaß/ daß man Ihn verachtet. Gleichwie man aber durch die Gerechtigkeit sich die Frommen verbindet: Also machet man sich auch durch die Güte die Bösen zu Freunden/ und weil Jene die Furcht zum Gehorsam treibet/ so erwecket hingegen diese nichts als Liebe.</p> <p><note place="left">Die Königliche Gutthätigkeit/ Freundlichkeit und Bescheidenheit.</note> Der Gerechtigkeit ist die Tugend der Gütigkeit / Sanfftmuth und Freundlichkeit am nähesten. Und gleichwie Gott viel gütiger und sanfftmüthiger/ denn die Creaturen: Also gebühret auch denen Höhern und Gewaltigern/ daß sie Andere mit Gutthat und Sanfftmuth übertreffen. Das beste und beständigste Reich ist dieses/ wann es die Unterthanen bey ihrer Pflicht und Schuldigkeit mehr mit Güte und Wolthat/ als mit der Schärfe erhält. Denn jenes geschicht aus Liebe/ dieses aber aus Zwang und Furcht. Die Gelindigkeit wird allemahl der Schärfe vorgezogen/ zumahlen <note place="left">Dionysius Halicarnass. lib. 6.</note> zu der Zeit/ da man sich bey einer Regierung noch nicht in eine beständige Sicherheit gesetzet. Als dem Keyser Constantino eines Tages angedeutet wurde/ wie man sein aufgerichtetes Bildnis mit Steinen geworfen/ sein Haupt daran übel beschädiget/ und dahero Er die Thäter zur Straffe <note place="left">Baronius Tom. 3.</note> zu ziehen Ursach hätte: Belachte solches der Keyser/ grief an sein Haupt/ und sagte: Ich fühle an meinem Gesichte noch keine Verletzung/ und ist nicht allein mein Haupt an mir gantz unversehrt/ sondern es sind auch mei<gap reason="illegible"/> Glieder frisch und gesund. Soll aber die Strenge den Vorzug haben/ so muß es theils wegen des gemeinen Nutzens / theils auch wegen der groben <note place="left">Car. Sigon.</note> eingerissenen Laster geschehen/ die/ wann sie nicht aus dem Wege geräumet / bald wie der Krebs um sich fressen/ und endlich auch die Gesunden anstecken. Da der Gothen König Totilas gebeten wurde/ daß Er Einen/ welcher mit Gewalt ein Weibes-Bild geschändet/ der ordentlichen Strafe erlassen sollte/ sagte Er: Der jenige/ welcher die Straffe wegen eines begangenen Lasters zu verhindern gedencket/ ist nicht besser/ als der/ so </p> </div> </body> </text> </TEI> [314/0346]
chete an einem Spanischen Edelmanne das/ was Er an einem Land-Manne begangen/ so geschwinde/ daß derselbe es nicht eher gewahr wurde/ bis Er an Ihm Hand anlegen ließ. Da König Ferdinand in Spanien vor Medina zu Felde lag/ begab Er sich in aller Stille nach Salmantica / und zoge den Rodericum Maldonatum/ der in der Vestung Moleon viel Grausames verübte/ zur gebührenden Straffe. Einen Kranken mit vielen beschwerlichen Artzeneyen belästigen/ ist gefährlich. Mit Bescheidenheit und Glimpff richtet man offters mehr/ als mit Gewalt aus. König Petrus in Spanien meinete allenthalben mit der Schärffe durchzudringen/ befand sich aber dahero sehr betrogen/ und erlangete dadurch den Nahmen eines grausamen Prinzens. Und / obwohl die Gerechtigkeit nur eine Tugend/ so ist sie doch von unterschiedenen Wirckungen. Denn vielmahl wird sie von dem gemeinen Mann bannisieret: Vielmahls aber schlägt sie solche Mittel vor/ dadurch sie ihre eigene Freyheit verlieret. Will man nun hierunter sein Ansehen behalten/ so straffe man etliche Verbrecher aus der Gemeinde/ sind aber ihrer viel daran Schuld/ so verzeihe man es Ihnen. Eine andere Art zu straffen / und dadurch sein Ansehen spüren zu lassen/ gebrauchete sich König Ferdinand der Vierdte in Spanien. Denn/ nachdem Etliche von Adel in Gallicien einige Empörung aufrichteten/ berief Er Sie zu sich/ tractirete sie freundlich/ und schickte sie in Krieg. Da denn Etliche dererselben von den Feinden erschlagen / und Etliche daselbsten gedemüthiget/ das Land aber dadurch in Ruhe gesetzet wurde. Wer sein Ansehen selbst verkleinert und an seinen Meriten zweifelt/ der trauet Ihme in seiner Verrichtung nicht/ und giebet Männiglichen Anlaß/ daß man Ihn verachtet. Gleichwie man aber durch die Gerechtigkeit sich die Frommen verbindet: Also machet man sich auch durch die Güte die Bösen zu Freunden/ und weil Jene die Furcht zum Gehorsam treibet/ so erwecket hingegen diese nichts als Liebe.
Bey ereigneten Aufstande. Der Gerechtigkeit ist die Tugend der Gütigkeit / Sanfftmuth und Freundlichkeit am nähesten. Und gleichwie Gott viel gütiger und sanfftmüthiger/ denn die Creaturen: Also gebühret auch denen Höhern und Gewaltigern/ daß sie Andere mit Gutthat und Sanfftmuth übertreffen. Das beste und beständigste Reich ist dieses/ wann es die Unterthanen bey ihrer Pflicht und Schuldigkeit mehr mit Güte und Wolthat/ als mit der Schärfe erhält. Denn jenes geschicht aus Liebe/ dieses aber aus Zwang und Furcht. Die Gelindigkeit wird allemahl der Schärfe vorgezogen/ zumahlen zu der Zeit/ da man sich bey einer Regierung noch nicht in eine beständige Sicherheit gesetzet. Als dem Keyser Constantino eines Tages angedeutet wurde/ wie man sein aufgerichtetes Bildnis mit Steinen geworfen/ sein Haupt daran übel beschädiget/ und dahero Er die Thäter zur Straffe zu ziehen Ursach hätte: Belachte solches der Keyser/ grief an sein Haupt/ und sagte: Ich fühle an meinem Gesichte noch keine Verletzung/ und ist nicht allein mein Haupt an mir gantz unversehrt/ sondern es sind auch mei_ Glieder frisch und gesund. Soll aber die Strenge den Vorzug haben/ so muß es theils wegen des gemeinen Nutzens / theils auch wegen der groben eingerissenen Laster geschehen/ die/ wann sie nicht aus dem Wege geräumet / bald wie der Krebs um sich fressen/ und endlich auch die Gesunden anstecken. Da der Gothen König Totilas gebeten wurde/ daß Er Einen/ welcher mit Gewalt ein Weibes-Bild geschändet/ der ordentlichen Strafe erlassen sollte/ sagte Er: Der jenige/ welcher die Straffe wegen eines begangenen Lasters zu verhindern gedencket/ ist nicht besser/ als der/ so
Die Königliche Gutthätigkeit/ Freundlichkeit und Bescheidenheit.
Dionysius Halicarnass. lib. 6.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/346>, abgerufen am 25.06.2024. |