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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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ständigkeit die höchste Unbeständigkeit. Alles ist in Augenblick nur Lust. Was die Augen wündschen/ und das Hertz erfreuet/ währet so lange/ als die Frölichkeit/ sobald diese hinweg / so höret auch die Lust auf. Keinem Seneca lib. 3. Epist. 24. hilfft die Freude/ welche Er gestern gehabt. Sie ist dahin/ wie ein Schatten. Wir sterben täglich und von unserm Lieben wird stündlich ein Stücke hinweg genommen. Eben diesen Tag/ darinnen wir leben/ da müssen wir mit dem Tode das Unsrige theilen.

Die nötige Tugend der Einigkeit Salustius. Concordia res parvae crescunt; Discordia autem maximae dilabuntur. Durch Eintracht nimmt man zu/ und durch Zwietracht werden auch die grösten und ansehnlichsten Dinge zerstöret. Die Einigkeit ist die/ so aus vielen Eines macht. Denn/ wie keine Hand mit der Andern zu streiten/ sondern bey einander im Falle der Noth treulich zu stehen pflegen: Also kömmet auch Königen und deren Unterthanen zu. Ein Finger an sich selbst hat die wenigste Stärcke/ wenn aber die ganze Faust darzu kömmt/ so siehet man erstlich was eines Jeden Kräffte vermögen. Ein König ohne viel Unterthanen vermag wenig zu thun/ wenn aber dieselben mit dem Haupte eins/ so hat die gesammte Macht einen grossen Nachdruck. Jener König in Parthien ließ auf seinem Tod-Bette alle seine Söhne vor sich kommen/ und auch so viel Pfeile als der Kinder waren in ein Gebund zusammen bringen/ gab Sie dem Aeltisten Sohne/ und befahl Jhm/ Er sollte seine Macht daran versuchen / ob Er dasselbe könte zerbrechen? Nachdem Er aber solches nicht zu thun ver mochte/ reichte Er es denen andern/ und weil sie solches gleicher Gestalt nicht werkstellig machen kunten/ ließ Er die Pfeile von einander lösen/ da dann ein Jeder den Seinigen bald zerbrach. Worauf Sie der Vatter zur Einigkeit vermahnete/ und sagte: Daß/ gleichwie man dieses gantze Gebänd nicht auf einmahl hätte zerbrechen können: Also würden sie gleicher Gestalt/ wenn sie sich der Eintracht befließen/ für unüberwindlich zu achten seyn; Zertrenneten sie sich aber muthwillig/ so könnten sie gar leichtlich von Land und Leuten vertrieben werden. Da einsmahls dem Türkischen Keyser sein Bassa Einer rathen wollte: Er sollte nunmehro die Christen bey der Gelegenheit/ da sie einander selbsten in den Haaren lägen/ mit Gewalt bekriegen/ befahl der Keyser zweene Hunde an einander zu hetzen/ und hernach/ als sie sich lange mit einander herumgebissen/ einen Haasen gegen sie lauffen zu lassen/ da denn die Hund sich bald trenneten/ und beyde dem Haasen nacheileten; Also/ sagete der Keyser / würden es auch die Christen thun/ wofern Ich sie anietzo/ da sie in den Waffen wären/ bekriegen sollte. Obschon die Herrschafft Venedig vielmahls die grösten Feinde wider sich gehabt/ so haben sie doch niemahls können überwunden/ noch untergedruckt werden/ also daß Sie nicht allein ihre Freyheit unverletzt behalten/ sondern auch ihre Herrschaft erweitert. Die Urfache aber dessen gedenket ihr gewesener Hertzog Leonhardus Lauretanus selbsten/ indem Er saget / daß der glückliche Zustand der Stadt Venedig dahero rühre/ indem sie iederzeit mit Jhr selbsten einig gewesen/ und der Rath mit der Bürgerschafft stets im Friede und Ruhe gelebet. Dahero denn die Einigkeit dergestalt zugenommen/ daß auch der Rath alle ihre Rathschläge dahin einrichteten/ damit zwischen Jhnen kein heimlicher Groll noch Feindschafft mit unterlauffe/ ehe Sie von wichtigen Händeln zu rathschlagen anfiengen. Zudem/ so wäre daselbst die Regierung leidlich/ also/ daß kein Stand leichtlich sich über den Andern zu beklagen / vielweniger Jemand unbilliger Weise ausgesogen/ noch untergedruckt würde. Hiernächst/ so wäre auch ihr Sitz an einem solchen Or-

ständigkeit die höchste Unbeständigkeit. Alles ist in Augenblick nur Lust. Was die Augen wündschen/ und das Hertz erfreuet/ währet so lange/ als die Frölichkeit/ sobald diese hinweg / so höret auch die Lust auf. Keinem Seneca lib. 3. Epist. 24. hilfft die Freude/ welche Er gestern gehabt. Sie ist dahin/ wie ein Schatten. Wir sterben täglich und von unserm Lieben wird stündlich ein Stücke hinweg genommen. Eben diesen Tag/ darinnen wir leben/ da müssen wir mit dem Tode das Unsrige theilen.

Die nötige Tugend der Einigkeit Salustius. Concordia res parvae crescunt; Discordiâ autem maximae dilabuntur. Durch Eintracht nimmt man zu/ und durch Zwietracht werden auch die grösten und ansehnlichsten Dinge zerstöret. Die Einigkeit ist die/ so aus vielen Eines macht. Denn/ wie keine Hand mit der Andern zu streiten/ sondern bey einander im Falle der Noth treulich zu stehen pflegen: Also kömmet auch Königen und deren Unterthanen zu. Ein Finger an sich selbst hat die wenigste Stärcke/ wenn aber die ganze Faust darzu köm̃t/ so siehet man erstlich was eines Jeden Kräffte vermögen. Ein König ohne viel Unterthanen vermag wenig zu thun/ wenn aber dieselben mit dem Haupte eins/ so hat die gesammte Macht einen grossen Nachdruck. Jener König in Parthien ließ auf seinem Tod-Bette alle seine Söhne vor sich kommen/ und auch so viel Pfeile als der Kinder waren in ein Gebund zusammen bringen/ gab Sie dem Aeltisten Sohne/ und befahl Jhm/ Er sollte seine Macht daran versuchen / ob Er dasselbe könte zerbrechen? Nachdem Er aber solches nicht zu thun ver mochte/ reichte Er es denen andern/ und weil sie solches gleicher Gestalt nicht werkstellig machen kunten/ ließ Er die Pfeile von einander lösen/ da dann ein Jeder den Seinigen bald zerbrach. Worauf Sie der Vatter zur Einigkeit vermahnete/ und sagte: Daß/ gleichwie man dieses gantze Gebänd nicht auf einmahl hätte zerbrechen können: Also würden sie gleicher Gestalt/ wenn sie sich der Eintracht befließen/ für unüberwindlich zu achten seyn; Zertrenneten sie sich aber muthwillig/ so könnten sie gar leichtlich von Land und Leuten vertrieben werden. Da einsmahls dem Türkischen Keyser sein Bassa Einer rathen wollte: Er sollte nunmehro die Christen bey der Gelegenheit/ da sie einander selbsten in den Haaren lägen/ mit Gewalt bekriegen/ befahl der Keyser zweene Hunde an einander zu hetzen/ und hernach/ als sie sich lange mit einander herumgebissen/ einen Haasen gegen sie lauffen zu lassen/ da denn die Hund sich bald trenneten/ und beyde dem Haasen nacheileten; Also/ sagete der Keyser / würden es auch die Christen thun/ wofern Ich sie anietzo/ da sie in den Waffen wären/ bekriegen sollte. Obschon die Herrschafft Venedig vielmahls die grösten Feinde wider sich gehabt/ so haben sie doch niemahls können überwunden/ noch untergedruckt werden/ also daß Sie nicht allein ihre Freyheit unverletzt behalten/ sondern auch ihre Herrschaft erweitert. Die Urfache aber dessen gedenket ihr gewesener Hertzog Leonhardus Lauretanus selbsten/ indem Er saget / daß der glückliche Zustand der Stadt Venedig dahero rühre/ indem sie iederzeit mit Jhr selbsten einig gewesen/ und der Rath mit der Bürgerschafft stets im Friede und Ruhe gelebet. Dahero denn die Einigkeit dergestalt zugenommen/ daß auch der Rath alle ihre Rathschläge dahin einrichteten/ damit zwischen Jhnen kein heimlicher Groll noch Feindschafft mit unterlauffe/ ehe Sie von wichtigen Händeln zu rathschlagen anfiengen. Zudem/ so wäre daselbst die Regierung leidlich/ also/ daß kein Stand leichtlich sich über den Andern zu beklagen / vielweniger Jemand unbilliger Weise ausgesogen/ noch untergedruckt würde. Hiernächst/ so wäre auch ihr Sitz an einem solchen Or-

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[343/0375] ständigkeit die höchste Unbeständigkeit. Alles ist in Augenblick nur Lust. Was die Augen wündschen/ und das Hertz erfreuet/ währet so lange/ als die Frölichkeit/ sobald diese hinweg / so höret auch die Lust auf. Keinem hilfft die Freude/ welche Er gestern gehabt. Sie ist dahin/ wie ein Schatten. Wir sterben täglich und von unserm Lieben wird stündlich ein Stücke hinweg genommen. Eben diesen Tag/ darinnen wir leben/ da müssen wir mit dem Tode das Unsrige theilen. Seneca lib. 3. Epist. 24. Concordia res parvae crescunt; Discordiâ autem maximae dilabuntur. Durch Eintracht nimmt man zu/ und durch Zwietracht werden auch die grösten und ansehnlichsten Dinge zerstöret. Die Einigkeit ist die/ so aus vielen Eines macht. Denn/ wie keine Hand mit der Andern zu streiten/ sondern bey einander im Falle der Noth treulich zu stehen pflegen: Also kömmet auch Königen und deren Unterthanen zu. Ein Finger an sich selbst hat die wenigste Stärcke/ wenn aber die ganze Faust darzu köm̃t/ so siehet man erstlich was eines Jeden Kräffte vermögen. Ein König ohne viel Unterthanen vermag wenig zu thun/ wenn aber dieselben mit dem Haupte eins/ so hat die gesammte Macht einen grossen Nachdruck. Jener König in Parthien ließ auf seinem Tod-Bette alle seine Söhne vor sich kommen/ und auch so viel Pfeile als der Kinder waren in ein Gebund zusammen bringen/ gab Sie dem Aeltisten Sohne/ und befahl Jhm/ Er sollte seine Macht daran versuchen / ob Er dasselbe könte zerbrechen? Nachdem Er aber solches nicht zu thun ver mochte/ reichte Er es denen andern/ und weil sie solches gleicher Gestalt nicht werkstellig machen kunten/ ließ Er die Pfeile von einander lösen/ da dann ein Jeder den Seinigen bald zerbrach. Worauf Sie der Vatter zur Einigkeit vermahnete/ und sagte: Daß/ gleichwie man dieses gantze Gebänd nicht auf einmahl hätte zerbrechen können: Also würden sie gleicher Gestalt/ wenn sie sich der Eintracht befließen/ für unüberwindlich zu achten seyn; Zertrenneten sie sich aber muthwillig/ so könnten sie gar leichtlich von Land und Leuten vertrieben werden. Da einsmahls dem Türkischen Keyser sein Bassa Einer rathen wollte: Er sollte nunmehro die Christen bey der Gelegenheit/ da sie einander selbsten in den Haaren lägen/ mit Gewalt bekriegen/ befahl der Keyser zweene Hunde an einander zu hetzen/ und hernach/ als sie sich lange mit einander herumgebissen/ einen Haasen gegen sie lauffen zu lassen/ da denn die Hund sich bald trenneten/ und beyde dem Haasen nacheileten; Also/ sagete der Keyser / würden es auch die Christen thun/ wofern Ich sie anietzo/ da sie in den Waffen wären/ bekriegen sollte. Obschon die Herrschafft Venedig vielmahls die grösten Feinde wider sich gehabt/ so haben sie doch niemahls können überwunden/ noch untergedruckt werden/ also daß Sie nicht allein ihre Freyheit unverletzt behalten/ sondern auch ihre Herrschaft erweitert. Die Urfache aber dessen gedenket ihr gewesener Hertzog Leonhardus Lauretanus selbsten/ indem Er saget / daß der glückliche Zustand der Stadt Venedig dahero rühre/ indem sie iederzeit mit Jhr selbsten einig gewesen/ und der Rath mit der Bürgerschafft stets im Friede und Ruhe gelebet. Dahero denn die Einigkeit dergestalt zugenommen/ daß auch der Rath alle ihre Rathschläge dahin einrichteten/ damit zwischen Jhnen kein heimlicher Groll noch Feindschafft mit unterlauffe/ ehe Sie von wichtigen Händeln zu rathschlagen anfiengen. Zudem/ so wäre daselbst die Regierung leidlich/ also/ daß kein Stand leichtlich sich über den Andern zu beklagen / vielweniger Jemand unbilliger Weise ausgesogen/ noch untergedruckt würde. Hiernächst/ so wäre auch ihr Sitz an einem solchen Or- Die nötige Tugend der Einigkeit Salustius.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/375>, abgerufen am 25.11.2024.