[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.seits Diebe; hingegegen/ wann die abgeschafft/ so werden die Renthen grösser/ Die Glükseeligkeit des Hofes ist veränderlich. und das Einkommen vermehret sich um so viel desto mehr. Ihrer viel stehen in den Gedancken/ es könte keine grössere Glückseeligkeit / als bey Hofe seyn/ da man täglich mit gnädigen Augen angesehen/ geliebet/ und einen unhinderlichen Zutritt hätte. Alles was man begehrete/ das würde Einem gewillfahret. Jederman erzeigete sich gegen denselben ehrerbietig und freundlich: Alle Höfligkeiten würden Ihm erwiesen/ und mit denen Geschencken stecke man nicht feste. Erlangte man durch Ihn bey der Herrschafft einen Zutritt / da wären lauter göldene Berge; das Glück werffe Ihm Alles zu/ und Er allein wäre der Glückseeligste. Erweget und besiehet man aber dieses alles genauer/ so wird öffters ein Solcher/ ehe man es am wenigsten vermeinet/ um einer geringen Ursache willen schimpflich verstossen/ abgesetzet und verworffen/ und ziehet nachmahls Niemands gerne den Hut vor Ihm ab. Einer mit Nahmen Pannonius stund bey dem Griechischen Almenide in grossen Gnaden/ da Er aber mit Ihme den Ballen schlug/ und zwischen beyden eintzige Wortwechselung vorlief/ verlohr Er darüber seinen Kopf. Craterus hatte bey dem Alexandro Magno den grösten Stein im Brete/ nichts desto weniger büsete Er darüber sein Leben ein. Dem Königlichen Cammer-Juncker gieng es bey dem Keyser Domitiano: Dem Secretario Fausto bey dem Epyrotischen Könige Pyrrho: Dem Seneca bey dem Keyser Nerone: Dem Patricio bey dem Diocletiano/ und vielen Andern nicht viel anders. Woraus erhellet/ daß man mit grosser Herren Gunst und Gnade muß wie mit dem Feuer umgehen/ bey welchem man sich zwar wärmen/ darbey aber auch/ wenn man sich nicht wohl fürsiehet / heftig verbrennen kan. Man soll zugleich bey Hofe leiden/ und denn auch nachgeben. Nicht Allen bekömmt das Hofe-Leben. Ein guter Freund fragte einsmahls den Andern um Rath/ wie Er gesonnen/ den Rest seines Lebens zu Hofe zuzubringen? Deme dieser zur Antwort gab: Mein Freund! der Könige und Potentaten Dienste sind zweyerley: Nemlich die Hoffnung zu Erlangung eines Stücke Brods / und die Gefahr zum Tode. Es halten aber die Weisen dafür/ daß man um einer eiteln Hofnung willen sein Leben nicht in die Gefahr setzen solle. Entweder bleib bey deinem geringen Vermögen/ oder unterwirff dich/ wann du ja auf deinem Vorsatze verharrest/ gutwillig der Gefahr und Widerwärtigkeit. Worauf Jener sprach: Deine Rede und meine Meinung stimmen nicht überein. Hastu nicht gehöret/ daß derjenige/ welcher mit Betrug umgehet/ seine Rechnung mit Zittern und Furcht ableget/ und hingegen der/ so recht thut/ auch GOtt zum Freund hat? Ich habe niemahls den sehen verlohren gehen/ welcher auf dem rechten Wege verblieben ist. Ein Räuber gehöret für den Hencker; Ein Dieb an Galgen: ein Mißhändler für den Richter; Ein Verbrecher für die Justiz. Wer aber nichts Böses thut/ und bleibet bey seiner Demuth/ der hat sich dessen nicht zu befürchten. Da der gute Freund sahe/ daß derselbe bey seinem Vorhaben verharrete/ erzehlete Er Ihm eine Fabel von dem Fuchse/ wie derselbe einesmahls die Flucht gar plötzlich ergriffen/ und als man Ihn nach der Ursache gefraget/ hätte Er gesaget/ wie Er gehöret/ daß man die Camele mit Gewalt fange/ und die Last zu tragen zwünge; Zu welchem ein Anderer gesprochen: Du Narr! was gehen dich die Camele an/ bistu doch ihres Gleichens nicht! Hätte der Fuchs wieder geantwortet: Schweig nur stille; Denn wenn meine Feinde nur sagen würden/ dieser ist auch ein Camel/ so würde man mich gleicher Gestalt auffangen/ und/ wer wollte sich denn meiner in so geschwinder Eil annehmen / sich meines seits Diebe; hingegegen/ wann die abgeschafft/ so werden die Renthen grösser/ Die Glükseeligkeit des Hofes ist veränderlich. und das Einkommen vermehret sich um so viel desto mehr. Ihrer viel stehen in den Gedancken/ es könte keine grössere Glückseeligkeit / als bey Hofe seyn/ da man täglich mit gnädigen Augen angesehen/ geliebet/ und einen unhinderlichen Zutritt hätte. Alles was man begehrete/ das würde Einem gewillfahret. Jederman erzeigete sich gegen denselben ehrerbietig und freundlich: Alle Höfligkeiten würden Ihm erwiesen/ und mit denen Geschencken stecke man nicht feste. Erlangte man durch Ihn bey der Herrschafft einen Zutritt / da wären lauter göldene Berge; das Glück werffe Ihm Alles zu/ und Er allein wäre der Glückseeligste. Erweget und besiehet man aber dieses alles genauer/ so wird öffters ein Solcher/ ehe man es am wenigsten vermeinet/ um einer geringen Ursache willen schimpflich verstossen/ abgesetzet und verworffen/ und ziehet nachmahls Niemands gerne den Hut vor Ihm ab. Einer mit Nahmen Pannonius stund bey dem Griechischen Almenide in grossen Gnaden/ da Er aber mit Ihme den Ballen schlug/ und zwischen beyden eintzige Wortwechselung vorlief/ verlohr Er darüber seinen Kopf. Craterus hatte bey dem Alexandro Magno den grösten Stein im Brete/ nichts desto weniger büsete Er darüber sein Leben ein. Dem Königlichen Cammer-Juncker gieng es bey dem Keyser Domitiano: Dem Secretario Fausto bey dem Epyrotischen Könige Pyrrho: Dem Seneca bey dem Keyser Nerone: Dem Patricio bey dem Diocletiano/ und vielen Andern nicht viel anders. Woraus erhellet/ daß man mit grosser Herren Gunst und Gnade muß wie mit dem Feuer umgehen/ bey welchem man sich zwar wärmen/ darbey aber auch/ wenn man sich nicht wohl fürsiehet / heftig verbrennen kan. Man soll zugleich bey Hofe leiden/ und denn auch nachgeben. Nicht Allen bekömmt das Hofe-Leben. Ein guter Freund fragte einsmahls den Andern um Rath/ wie Er gesonnen/ den Rest seines Lebens zu Hofe zuzubringen? Deme dieser zur Antwort gab: Mein Freund! der Könige und Potentaten Dienste sind zweyerley: Nemlich die Hoffnung zu Erlangung eines Stücke Brods / und die Gefahr zum Tode. Es halten aber die Weisen dafür/ daß man um einer eiteln Hofnung willen sein Leben nicht in die Gefahr setzen solle. Entweder bleib bey deinem geringen Vermögen/ oder unterwirff dich/ wann du ja auf deinem Vorsatze verharrest/ gutwillig der Gefahr und Widerwärtigkeit. Worauf Jener sprach: Deine Rede und meine Meinung stimmen nicht überein. Hastu nicht gehöret/ daß derjenige/ welcher mit Betrug umgehet/ seine Rechnung mit Zittern und Furcht ableget/ und hingegen der/ so recht thut/ auch GOtt zum Freund hat? Ich habe niemahls den sehen verlohren gehen/ welcher auf dem rechten Wege verblieben ist. Ein Räuber gehöret für den Hencker; Ein Dieb an Galgen: ein Mißhändler für den Richter; Ein Verbrecher für die Justiz. Wer aber nichts Böses thut/ und bleibet bey seiner Demuth/ der hat sich dessen nicht zu befürchten. Da der gute Freund sahe/ daß derselbe bey seinem Vorhaben verharrete/ erzehlete Er Ihm eine Fabel von dem Fuchse/ wie derselbe einesmahls die Flucht gar plötzlich ergriffen/ und als man Ihn nach der Ursache gefraget/ hätte Er gesaget/ wie Er gehöret/ daß man die Camele mit Gewalt fange/ und die Last zu tragen zwünge; Zu welchem ein Anderer gesprochen: Du Narr! was gehen dich die Camele an/ bistu doch ihres Gleichens nicht! Hätte der Fuchs wieder geantwortet: Schweig nur stille; Denn wenn meine Feinde nur sagen würden/ dieser ist auch ein Camel/ so würde man mich gleicher Gestalt auffangen/ und/ wer wollte sich denn meiner in so geschwinder Eil annehmen / sich meines <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0389" n="357"/> seits Diebe; hingegegen/ wann die abgeschafft/ so werden die Renthen grösser/ <note place="right">Die Glükseeligkeit des Hofes ist veränderlich.</note> und das Einkommen vermehret sich um so viel desto mehr. Ihrer viel stehen in den Gedancken/ es könte keine grössere Glückseeligkeit / als bey Hofe seyn/ da man täglich mit gnädigen Augen angesehen/ geliebet/ und einen unhinderlichen Zutritt hätte. Alles was man begehrete/ das würde Einem gewillfahret. Jederman erzeigete sich gegen denselben ehrerbietig und freundlich: Alle Höfligkeiten würden Ihm erwiesen/ und mit denen Geschencken stecke man nicht feste. Erlangte man durch Ihn bey der Herrschafft einen Zutritt / da wären lauter göldene Berge; das Glück werffe Ihm Alles zu/ und Er allein wäre der Glückseeligste. Erweget und besiehet man aber dieses alles genauer/ so wird öffters ein Solcher/ ehe man es am wenigsten vermeinet/ um einer geringen Ursache willen schimpflich verstossen/ abgesetzet und verworffen/ und ziehet nachmahls Niemands gerne den Hut vor Ihm ab. Einer mit Nahmen Pannonius stund bey dem Griechischen Almenide in grossen Gnaden/ da Er aber mit Ihme den Ballen schlug/ und zwischen beyden eintzige Wortwechselung vorlief/ verlohr Er darüber seinen Kopf. Craterus hatte bey dem Alexandro Magno den grösten Stein im Brete/ nichts desto weniger büsete Er darüber sein Leben ein. Dem Königlichen Cammer-Juncker gieng es bey dem Keyser Domitiano: Dem Secretario Fausto bey dem Epyrotischen Könige Pyrrho: Dem Seneca bey dem Keyser Nerone: Dem Patricio bey dem Diocletiano/ und vielen Andern nicht viel anders. Woraus erhellet/ daß man mit grosser Herren Gunst und Gnade muß wie mit dem Feuer umgehen/ bey welchem man sich zwar wärmen/ darbey aber auch/ wenn man sich nicht wohl fürsiehet / heftig verbrennen kan. Man soll zugleich bey Hofe leiden/ und denn auch nachgeben. Nicht Allen bekömmt das Hofe-Leben. Ein guter Freund fragte einsmahls den Andern um Rath/ wie Er gesonnen/ den Rest seines Lebens zu Hofe zuzubringen? Deme dieser zur Antwort gab: Mein Freund! der Könige und Potentaten Dienste sind zweyerley: Nemlich die Hoffnung zu Erlangung eines Stücke Brods / und die Gefahr zum Tode. Es halten aber die Weisen dafür/ daß man um einer eiteln Hofnung willen sein Leben nicht in die Gefahr setzen solle. Entweder bleib bey deinem geringen Vermögen/ oder unterwirff dich/ wann du ja auf deinem Vorsatze verharrest/ gutwillig der Gefahr und Widerwärtigkeit. Worauf Jener sprach: Deine Rede und meine Meinung stimmen nicht überein. Hastu nicht gehöret/ daß derjenige/ welcher mit Betrug umgehet/ seine Rechnung mit Zittern und Furcht ableget/ und hingegen der/ so recht thut/ auch GOtt zum Freund hat? Ich habe niemahls den sehen verlohren gehen/ welcher auf dem rechten Wege verblieben ist. Ein Räuber gehöret für den Hencker; Ein Dieb an Galgen: ein Mißhändler für den Richter; Ein Verbrecher für die Justiz. Wer aber nichts Böses thut/ und bleibet bey seiner Demuth/ der hat sich dessen nicht zu befürchten. Da der gute Freund sahe/ daß derselbe bey seinem Vorhaben verharrete/ erzehlete Er Ihm eine Fabel von dem Fuchse/ wie derselbe einesmahls die Flucht gar plötzlich ergriffen/ und als man Ihn nach der Ursache gefraget/ hätte Er gesaget/ wie Er gehöret/ daß man die Camele mit Gewalt fange/ und die Last zu tragen zwünge; Zu welchem ein Anderer gesprochen: Du Narr! was gehen dich die Camele an/ bistu doch ihres Gleichens nicht! Hätte der Fuchs wieder geantwortet: Schweig nur stille; Denn wenn meine Feinde nur sagen würden/ dieser ist auch ein Camel/ so würde man mich gleicher Gestalt auffangen/ und/ wer wollte sich denn meiner in so geschwinder Eil annehmen / sich meines </p> </div> </body> </text> </TEI> [357/0389]
seits Diebe; hingegegen/ wann die abgeschafft/ so werden die Renthen grösser/ und das Einkommen vermehret sich um so viel desto mehr. Ihrer viel stehen in den Gedancken/ es könte keine grössere Glückseeligkeit / als bey Hofe seyn/ da man täglich mit gnädigen Augen angesehen/ geliebet/ und einen unhinderlichen Zutritt hätte. Alles was man begehrete/ das würde Einem gewillfahret. Jederman erzeigete sich gegen denselben ehrerbietig und freundlich: Alle Höfligkeiten würden Ihm erwiesen/ und mit denen Geschencken stecke man nicht feste. Erlangte man durch Ihn bey der Herrschafft einen Zutritt / da wären lauter göldene Berge; das Glück werffe Ihm Alles zu/ und Er allein wäre der Glückseeligste. Erweget und besiehet man aber dieses alles genauer/ so wird öffters ein Solcher/ ehe man es am wenigsten vermeinet/ um einer geringen Ursache willen schimpflich verstossen/ abgesetzet und verworffen/ und ziehet nachmahls Niemands gerne den Hut vor Ihm ab. Einer mit Nahmen Pannonius stund bey dem Griechischen Almenide in grossen Gnaden/ da Er aber mit Ihme den Ballen schlug/ und zwischen beyden eintzige Wortwechselung vorlief/ verlohr Er darüber seinen Kopf. Craterus hatte bey dem Alexandro Magno den grösten Stein im Brete/ nichts desto weniger büsete Er darüber sein Leben ein. Dem Königlichen Cammer-Juncker gieng es bey dem Keyser Domitiano: Dem Secretario Fausto bey dem Epyrotischen Könige Pyrrho: Dem Seneca bey dem Keyser Nerone: Dem Patricio bey dem Diocletiano/ und vielen Andern nicht viel anders. Woraus erhellet/ daß man mit grosser Herren Gunst und Gnade muß wie mit dem Feuer umgehen/ bey welchem man sich zwar wärmen/ darbey aber auch/ wenn man sich nicht wohl fürsiehet / heftig verbrennen kan. Man soll zugleich bey Hofe leiden/ und denn auch nachgeben. Nicht Allen bekömmt das Hofe-Leben. Ein guter Freund fragte einsmahls den Andern um Rath/ wie Er gesonnen/ den Rest seines Lebens zu Hofe zuzubringen? Deme dieser zur Antwort gab: Mein Freund! der Könige und Potentaten Dienste sind zweyerley: Nemlich die Hoffnung zu Erlangung eines Stücke Brods / und die Gefahr zum Tode. Es halten aber die Weisen dafür/ daß man um einer eiteln Hofnung willen sein Leben nicht in die Gefahr setzen solle. Entweder bleib bey deinem geringen Vermögen/ oder unterwirff dich/ wann du ja auf deinem Vorsatze verharrest/ gutwillig der Gefahr und Widerwärtigkeit. Worauf Jener sprach: Deine Rede und meine Meinung stimmen nicht überein. Hastu nicht gehöret/ daß derjenige/ welcher mit Betrug umgehet/ seine Rechnung mit Zittern und Furcht ableget/ und hingegen der/ so recht thut/ auch GOtt zum Freund hat? Ich habe niemahls den sehen verlohren gehen/ welcher auf dem rechten Wege verblieben ist. Ein Räuber gehöret für den Hencker; Ein Dieb an Galgen: ein Mißhändler für den Richter; Ein Verbrecher für die Justiz. Wer aber nichts Böses thut/ und bleibet bey seiner Demuth/ der hat sich dessen nicht zu befürchten. Da der gute Freund sahe/ daß derselbe bey seinem Vorhaben verharrete/ erzehlete Er Ihm eine Fabel von dem Fuchse/ wie derselbe einesmahls die Flucht gar plötzlich ergriffen/ und als man Ihn nach der Ursache gefraget/ hätte Er gesaget/ wie Er gehöret/ daß man die Camele mit Gewalt fange/ und die Last zu tragen zwünge; Zu welchem ein Anderer gesprochen: Du Narr! was gehen dich die Camele an/ bistu doch ihres Gleichens nicht! Hätte der Fuchs wieder geantwortet: Schweig nur stille; Denn wenn meine Feinde nur sagen würden/ dieser ist auch ein Camel/ so würde man mich gleicher Gestalt auffangen/ und/ wer wollte sich denn meiner in so geschwinder Eil annehmen / sich meines
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/389>, abgerufen am 26.06.2024. |