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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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nichts anders als Karten und Würffel/ die bald wenig/ bald viel gelten/ und auf die einer bald schilt und flucht; Ein Ander aber Sie drücket und liebkoset. Vielmahls siehet man/ daß/ wenn Einer vermeinet/ Er gehe am sichersten/ Er am allerersten ein Bein oder Arm zerbricht. Keiner bilde sich ein/ daß das Feuer/ ob es schon verdeckt liege/ nicht brenne. Keiner/ daß der Hof so beständig/ welcher Ihn nicht stürzen könne. Man frage einen Jeden Hof-Mann/ wie es Ihm gehe? So wird Er bald antworten: So mißlich/ bekümmert/ veracht/ und nicht viel Geld! Alle die Jenigen/ so anfangs nach Hofe kommen/ vermeinen daselbsten die Alleransehnlichsten und reichesten zu werden/ sobald Sie aber arm/ vergessen / und unerhöhet bleiben/ so schätzen sie sich selbst für die Unglückseeligsten / Sie haben aber nicht Ursache sich darüber zu beschweren: Denn weil Ihr Wille selbst gewesen/ dahin zu kommen/ so sind Sie selbsten Schuld daran; Wollen derohalben Sie länger daselbsten verbleiben/ so richten sie sich nach der Zeit und Gelegenheit: Tragen Sie verlangen/ befördert zu werden/ so bemühen sie sich um dieselbe Beförderung: Gefället es Ihnen bey Hofe wohl/ so schweigen Sie / und dulden/ was zu dulden stehet/ gefället Ihnen aber das Hof-Leben nicht / so entschlagen sie sich desselben. Denn es sind zu Hofe zwey Mittel/ warum man sich nach demselben dringet und reisset/ nemlich daß der Arme reich/ und der Reiche daselbst höher zu werden und ans Bret zu kommen gedencket. Die Frömmesten sind zu Hofe am dünnesten gesäet. In Aegypten war Moses an des Pharaonis Hofe der Eintzige: Tobias an dem Ninivitischen/ und Daniel an dem Babylonischen. Grosse Herren/ saget man/ theilen allein die Gnade aus: Die Ehre den Verdienst: Das Glücke das gute Gerüchte: GOtt aber giebet die Weißheit und den Verstand alleine denen/ welchen Er will.

Des eine Glücke ist offters des andern Unglücke. Zu Hofe erlanget man offters die Gnade mit grosser Mühe/ und verschertzet Sie hinwieder durch den geringsten Fehler. Nichts desto weniger aber soll man an eines grossen Herren Gnade nicht zweiffeln. Denn Ihrer viel kommen deswegen nicht fort/ weil Sie vermeinen unglückseelig zu seyn/ und bloß/ weil Sie blöde/ und sich für Andern nicht herfür zu thun vermögen. Daß Etliche befördert / und darüber reich/ gewaltig/ und zu grossen Ehren kommen/ geschiehet weder um Fressen/ Sauffen noch der Faulheit/ sondern um Ihrer Arbeit und Emsigkeit willen. Daß aber Etliche jähling empor steigen/ geschiehet um des willen/ weil Er es entweder würdig/ oder daß solches ein Anderer/ welchen man abgesetzet / verursachet. Bey dem Keyser Constantino war anfangs Einer/ mit Nahmen Aemilius / in grossen Gnaden. Er fiel aber hernach/ und kam an seine Stelle Lysander. Als nun ein Freund des Lysandri Ihme seine Undanckbarkeit verwiese/ sprach dieser: Daß mich der Keyser befördert/ dasselbe ist mehr um des Aemilii Verbrechen/ als durch Vorbitte deiner geschehen! Der Hof gleichet sich einem siedend-heissen Topfe/ daran sich ihrer viel/ welche allzu begierig/ das Maul verbrennen. Als ein alter Hof - Mann gefraget ward/ wie es zu Hofe zugienge? sagte Er: Injurias accipiendo, & gratias agendo: Man muß daselbst allerhand Unrecht erdulden/ und Sich noch darfür bedancken. Besser wäre es dem aufrichtigen Urias gewesen/ wenn Er nicht nach Hofe kommen/ als daß Er darüber aufgeopfertwerden muste. Da der Prophet Micha zu dem Könige Achab gen Hofe kam/ empfieng Er/ daß Er dem Könige die Warheit sagte/ und Ihn für Schaden war-

nichts anders als Karten und Würffel/ die bald wenig/ bald viel gelten/ und auf die einer bald schilt und flucht; Ein Ander aber Sie drücket und liebkoset. Vielmahls siehet man/ daß/ wenn Einer vermeinet/ Er gehe am sichersten/ Er am allerersten ein Bein oder Arm zerbricht. Keiner bilde sich ein/ daß das Feuer/ ob es schon verdeckt liege/ nicht brenne. Keiner/ daß der Hof so beständig/ welcher Ihn nicht stürzen könne. Man frage einen Jeden Hof-Mann/ wie es Ihm gehe? So wird Er bald antworten: So mißlich/ bekümmert/ veracht/ und nicht viel Geld! Alle die Jenigen/ so anfangs nach Hofe kommen/ vermeinen daselbsten die Alleransehnlichsten und reichesten zu werden/ sobald Sie aber arm/ vergessen / und unerhöhet bleiben/ so schätzen sie sich selbst für die Unglückseeligsten / Sie haben aber nicht Ursache sich darüber zu beschweren: Denn weil Ihr Wille selbst gewesen/ dahin zu kommen/ so sind Sie selbsten Schuld daran; Wollen derohalben Sie länger daselbsten verbleiben/ so richten sie sich nach der Zeit und Gelegenheit: Tragen Sie verlangen/ befördert zu werden/ so bemühen sie sich um dieselbe Beförderung: Gefället es Ihnen bey Hofe wohl/ so schweigen Sie / und dulden/ was zu dulden stehet/ gefället Ihnen aber das Hof-Leben nicht / so entschlagen sie sich desselben. Denn es sind zu Hofe zwey Mittel/ warum man sich nach demselben dringet und reisset/ nemlich daß der Arme reich/ und der Reiche daselbst höher zu werden und ans Bret zu kommen gedencket. Die Frömmesten sind zu Hofe am dünnesten gesäet. In Aegypten war Moses an des Pharaonis Hofe der Eintzige: Tobias an dem Ninivitischen/ und Daniel an dem Babylonischen. Grosse Herren/ saget man/ theilen allein die Gnade aus: Die Ehre den Verdienst: Das Glücke das gute Gerüchte: GOtt aber giebet die Weißheit und den Verstand alleine denen/ welchen Er will.

Des eine Glücke ist offters des andern Unglücke. Zu Hofe erlanget man offters die Gnade mit grosser Mühe/ und verschertzet Sie hinwieder durch den geringsten Fehler. Nichts desto weniger aber soll man an eines grossen Herren Gnade nicht zweiffeln. Denn Ihrer viel kommen deswegen nicht fort/ weil Sie vermeinen unglückseelig zu seyn/ und bloß/ weil Sie blöde/ und sich für Andern nicht herfür zu thun vermögen. Daß Etliche befördert / und darüber reich/ gewaltig/ und zu grossen Ehren kommen/ geschiehet weder um Fressen/ Sauffen noch der Faulheit/ sondern um Ihrer Arbeit und Emsigkeit willen. Daß aber Etliche jähling empor steigen/ geschiehet um des willen/ weil Er es entweder würdig/ oder daß solches ein Anderer/ welchen man abgesetzet / verursachet. Bey dem Keyser Constantino war anfangs Einer/ mit Nahmen Aemilius / in grossen Gnaden. Er fiel aber hernach/ und kam an seine Stelle Lysander. Als nun ein Freund des Lysandri Ihme seine Undanckbarkeit verwiese/ sprach dieser: Daß mich der Keyser befördert/ dasselbe ist mehr um des Aemilii Verbrechen/ als durch Vorbitte deiner geschehen! Der Hof gleichet sich einem siedend-heissen Topfe/ daran sich ihrer viel/ welche allzu begierig/ das Maul verbrennen. Als ein alter Hof - Mann gefraget ward/ wie es zu Hofe zugienge? sagte Er: Injurias accipiendo, & gratias agendo: Man muß daselbst allerhand Unrecht erdulden/ und Sich noch darfür bedancken. Besser wäre es dem aufrichtigen Urias gewesen/ weñ Er nicht nach Hofe kom̃en/ als daß Er darüber aufgeopfertwerden muste. Da der Prophet Micha zu dem Könige Achab gen Hofe kam/ empfieng Er/ daß Er dem Könige die Warheit sagte/ und Ihn für Schaden war-

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[361/0393] nichts anders als Karten und Würffel/ die bald wenig/ bald viel gelten/ und auf die einer bald schilt und flucht; Ein Ander aber Sie drücket und liebkoset. Vielmahls siehet man/ daß/ wenn Einer vermeinet/ Er gehe am sichersten/ Er am allerersten ein Bein oder Arm zerbricht. Keiner bilde sich ein/ daß das Feuer/ ob es schon verdeckt liege/ nicht brenne. Keiner/ daß der Hof so beständig/ welcher Ihn nicht stürzen könne. Man frage einen Jeden Hof-Mann/ wie es Ihm gehe? So wird Er bald antworten: So mißlich/ bekümmert/ veracht/ und nicht viel Geld! Alle die Jenigen/ so anfangs nach Hofe kommen/ vermeinen daselbsten die Alleransehnlichsten und reichesten zu werden/ sobald Sie aber arm/ vergessen / und unerhöhet bleiben/ so schätzen sie sich selbst für die Unglückseeligsten / Sie haben aber nicht Ursache sich darüber zu beschweren: Denn weil Ihr Wille selbst gewesen/ dahin zu kommen/ so sind Sie selbsten Schuld daran; Wollen derohalben Sie länger daselbsten verbleiben/ so richten sie sich nach der Zeit und Gelegenheit: Tragen Sie verlangen/ befördert zu werden/ so bemühen sie sich um dieselbe Beförderung: Gefället es Ihnen bey Hofe wohl/ so schweigen Sie / und dulden/ was zu dulden stehet/ gefället Ihnen aber das Hof-Leben nicht / so entschlagen sie sich desselben. Denn es sind zu Hofe zwey Mittel/ warum man sich nach demselben dringet und reisset/ nemlich daß der Arme reich/ und der Reiche daselbst höher zu werden und ans Bret zu kommen gedencket. Die Frömmesten sind zu Hofe am dünnesten gesäet. In Aegypten war Moses an des Pharaonis Hofe der Eintzige: Tobias an dem Ninivitischen/ und Daniel an dem Babylonischen. Grosse Herren/ saget man/ theilen allein die Gnade aus: Die Ehre den Verdienst: Das Glücke das gute Gerüchte: GOtt aber giebet die Weißheit und den Verstand alleine denen/ welchen Er will. Zu Hofe erlanget man offters die Gnade mit grosser Mühe/ und verschertzet Sie hinwieder durch den geringsten Fehler. Nichts desto weniger aber soll man an eines grossen Herren Gnade nicht zweiffeln. Denn Ihrer viel kommen deswegen nicht fort/ weil Sie vermeinen unglückseelig zu seyn/ und bloß/ weil Sie blöde/ und sich für Andern nicht herfür zu thun vermögen. Daß Etliche befördert / und darüber reich/ gewaltig/ und zu grossen Ehren kommen/ geschiehet weder um Fressen/ Sauffen noch der Faulheit/ sondern um Ihrer Arbeit und Emsigkeit willen. Daß aber Etliche jähling empor steigen/ geschiehet um des willen/ weil Er es entweder würdig/ oder daß solches ein Anderer/ welchen man abgesetzet / verursachet. Bey dem Keyser Constantino war anfangs Einer/ mit Nahmen Aemilius / in grossen Gnaden. Er fiel aber hernach/ und kam an seine Stelle Lysander. Als nun ein Freund des Lysandri Ihme seine Undanckbarkeit verwiese/ sprach dieser: Daß mich der Keyser befördert/ dasselbe ist mehr um des Aemilii Verbrechen/ als durch Vorbitte deiner geschehen! Der Hof gleichet sich einem siedend-heissen Topfe/ daran sich ihrer viel/ welche allzu begierig/ das Maul verbrennen. Als ein alter Hof - Mann gefraget ward/ wie es zu Hofe zugienge? sagte Er: Injurias accipiendo, & gratias agendo: Man muß daselbst allerhand Unrecht erdulden/ und Sich noch darfür bedancken. Besser wäre es dem aufrichtigen Urias gewesen/ weñ Er nicht nach Hofe kom̃en/ als daß Er darüber aufgeopfertwerden muste. Da der Prophet Micha zu dem Könige Achab gen Hofe kam/ empfieng Er/ daß Er dem Könige die Warheit sagte/ und Ihn für Schaden war- Des eine Glücke ist offters des andern Unglücke.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/393>, abgerufen am 23.11.2024.