[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.und Gewalt vorgehet/ so hastu doch mit andern Menschen in diesem Leben AElian[unleserliches Material] lib. 3. variar. histor. c. 30. einerley Ein- und Ausgang. Nachdem die Olympias des Griechischen Königes Alexandri Magni Mutter hörete/ wie dieser Ihr Sohn nach dem Tode etliche Tage unbegraben gelegen hätte/ seuffzete Sie/ und sprach: O des erbärmlichen Elendes und ungewissen Ausganges der Menschen! Mein Sohn wendete vor weniger Zeit alle Mühe und Fleiß an/ wie er sich möchte von Göttlichen Stamme herrechnen; Anietzo aber muste er dasselbige entbehren/ und an dem Mangel leiden/ was sonsten dem geringsten Menschen wiederfähret! Seneca in Epist. 114. Der weise Seneca sagt; Es ist zu einem Tugendsamen und sittsamen Leben keine bessere Gelegenheit/ als wenn man offt und viel erweget/ wie unbeständig/ und hinfällig die Zeit des Lebens sey/ und daß man keine Stunde seines Todes versichert seyn könne. Der weise Heraclitus giebet vor/ es wären die meisten Wercke des Allerhöchsten dem Menschen wegen ihres Unglaubens auch unbekannt/ das ist/ der Mensch weiß nicht/ was GOTT in Verwaltung Himmels und der Erden thue/ und weil Er solches nicht kan begreiffen / so wird Er auch desto weniger geehret/ sondern vielmehr alles dem blinden Glücke zugeschrieben/ welches man darum blind nennet/ alldieweil der Mensch in solcher seiner eigenen Blindheit/ die Göttliche Versehung und Regierung nicht fassen kan. Die Menschlichen Fälle aber vergleichen sich nicht unfüglich dem vergänglichen Welt-Glücke. Das so denn steiget auf und nieder / Und ist wie Haasen gleich bewand; Es fliehet fort/ und kommt doch wieder / Und locket uns durch seine Hand: Dafern wir aber feste stehen / So wird der Sturm fürüber gehen. Denn die in Noth zur Tugend fliehen / Die kan kein Laster nie bezeihen. Es ist nicht ein geringes/ wenn Einer vergisset/ was Er verlohren. Man hat sich zwar über das/ was man in der Welt gewinnet/ zu erfreuen; Alldieweil aber das Glücke alles verändert und umkehret/ so soll man das Hertze also daran hängen / damit es nicht das Leben und die Wolfarth Die Welt. darüber verliere; Die Welt ist ein Haus/ darinnen das Gegenwärtige verschwindet / und das Vergangene hinweg ist. Sie betrübet und tröstet nicht; Sie verurtheilet/ und höret nicht; Sie raubet/ und giebt nichts wieder; Sie drohet/ und besudelt; Bey ihr ist keine Freude ohne Bekümmernis; keine Ehre ohne Mackel; kein Stand ohne Klage; kein Freund ohne Feind; keine Ruhe ohne Furcht; keine Vollkommenheit ohne Verbrechen; kein Liebkosen ohne Betrug; keine Treue ohne Falschheit; keine Ruhe ohne Unruhe; keine Aufrichtigkeit ohne Lügen; kein Weg ohne Gefahr; und kein Gutes ohne Böses. Der Geist wird schwach / der Kopf kahl/ der Athem stinkend/ der Leib krumm/ das Angesicht runzelicht / die Augen dunkel/ die Gleider schwach/ das Gehör blöde/ und das Hertze seufftzet/ indem Ihme alle diese Glieder nicht wie vormahls mit ihren Kräfften zu Hülffe kommen können/ also/ daß von diesen allen nichts als Mühe und Arbeit / nichts als Widerwille/ nichts als unbeständiges zu hoffen ist. Soll dahero wider diese unbeständige Dinge alle Etwas gelten/ so muß und Gewalt vorgehet/ so hastu doch mit andern Menschen in diesem Leben AElian[unleserliches Material] lib. 3. variar. histor. c. 30. einerley Ein- und Ausgang. Nachdem die Olympias des Griechischen Königes Alexandri Magni Mutter hörete/ wie dieser Ihr Sohn nach dem Tode etliche Tage unbegraben gelegen hätte/ seuffzete Sie/ und sprach: O des erbärmlichen Elendes und ungewissen Ausganges der Menschen! Mein Sohn wendete vor weniger Zeit alle Mühe uñ Fleiß an/ wie er sich möchte von Göttlichen Stam̃e herrechnen; Anietzo aber muste er dasselbige entbehren/ und an dem Mangel leiden/ was sonsten dem geringsten Menschen wiederfähret! Seneca in Epist. 114. Der weise Seneca sagt; Es ist zu einem Tugendsamen und sittsamen Leben keine bessere Gelegenheit/ als wenn man offt und viel erweget/ wie unbeständig/ und hinfällig die Zeit des Lebens sey/ und daß man keine Stunde seines Todes versichert seyn könne. Der weise Heraclitus giebet vor/ es wären die meisten Wercke des Allerhöchsten dem Menschen wegen ihres Unglaubens auch unbekannt/ das ist/ der Mensch weiß nicht/ was GOTT in Verwaltung Himmels und der Erden thue/ und weil Er solches nicht kan begreiffen / so wird Er auch desto weniger geehret/ sondern vielmehr alles dem blinden Glücke zugeschrieben/ welches man darum blind nennet/ alldieweil der Mensch in solcher seiner eigenen Blindheit/ die Göttliche Versehung und Regierung nicht fassen kan. Die Menschlichen Fälle aber vergleichen sich nicht unfüglich dem vergänglichen Welt-Glücke. Das so denn steiget auf und nieder / Und ist wie Haasen gleich bewand; Es fliehet fort/ und kommt doch wieder / Und locket uns durch seine Hand: Dafern wir aber feste stehen / So wird der Sturm fürüber gehen. Denn die in Noth zur Tugend fliehen / Die kan kein Laster nie bezeihen. Es ist nicht ein geringes/ wenn Einer vergisset/ was Er verlohren. Man hat sich zwar über das/ was man in der Welt gewinnet/ zu erfreuen; Alldieweil aber das Glücke alles verändert und umkehret/ so soll man das Hertze also daran hängen / damit es nicht das Leben und die Wolfarth Die Welt. darüber verliere; Die Welt ist ein Haus/ darinnen das Gegenwärtige verschwindet / und das Vergangene hinweg ist. Sie betrübet und tröstet nicht; Sie verurtheilet/ und höret nicht; Sie raubet/ uñ giebt nichts wieder; Sie drohet/ und besudelt; Bey ihr ist keine Freude ohne Bekümmernis; keine Ehre ohne Mackel; kein Stand ohne Klage; kein Freund ohne Feind; keine Ruhe ohne Furcht; keine Vollkom̃enheit ohne Verbrechen; kein Liebkosen ohne Betrug; keine Treue ohne Falschheit; keine Ruhe ohne Unruhe; keine Aufrichtigkeit ohne Lügen; kein Weg ohne Gefahr; und kein Gutes ohne Böses. Der Geist wird schwach / der Kopf kahl/ der Athem stinkend/ der Leib krumm/ das Angesicht runzelicht / die Augen dunkel/ die Gleider schwach/ das Gehör blöde/ und das Hertze seufftzet/ indem Ihme alle diese Glieder nicht wie vormahls mit ihren Kräfften zu Hülffe kommen können/ also/ daß von diesen allen nichts als Mühe und Arbeit / nichts als Widerwille/ nichts als unbeständiges zu hoffen ist. Soll dahero wider diese unbeständige Dinge alle Etwas gelten/ so muß <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0433" n="399"/> und Gewalt vorgehet/ so hastu doch mit andern Menschen in diesem Leben <note place="right">AElian<gap reason="illegible"/> lib. 3. variar. histor. c. 30.</note> einerley Ein- und Ausgang. Nachdem die Olympias des Griechischen Königes Alexandri Magni Mutter hörete/ wie dieser Ihr Sohn nach dem Tode etliche Tage unbegraben gelegen hätte/ seuffzete Sie/ und sprach: O des erbärmlichen Elendes und ungewissen Ausganges der Menschen! Mein Sohn wendete vor weniger Zeit alle Mühe uñ Fleiß an/ wie er sich möchte von Göttlichen Stam̃e herrechnen; Anietzo aber muste er dasselbige entbehren/ und an dem Mangel leiden/ was sonsten dem geringsten Menschen wiederfähret! <note place="right">Seneca in Epist. 114.</note> Der weise Seneca sagt; Es ist zu einem Tugendsamen und sittsamen Leben keine bessere Gelegenheit/ als wenn man offt und viel erweget/ wie unbeständig/ und hinfällig die Zeit des Lebens sey/ und daß man keine Stunde seines Todes versichert seyn könne. Der weise Heraclitus giebet vor/ es wären die meisten Wercke des Allerhöchsten dem Menschen wegen ihres Unglaubens auch unbekannt/ das ist/ der Mensch weiß nicht/ was GOTT in Verwaltung Himmels und der Erden thue/ und weil Er solches nicht kan begreiffen / so wird Er auch desto weniger geehret/ sondern vielmehr alles dem blinden Glücke zugeschrieben/ welches man darum blind nennet/ alldieweil der Mensch in solcher seiner eigenen Blindheit/ die Göttliche Versehung und Regierung nicht fassen kan. Die Menschlichen Fälle aber vergleichen sich nicht unfüglich dem vergänglichen Welt-Glücke.</p> <p>Das so denn steiget auf und nieder /</p> <p>Und ist wie Haasen gleich bewand;</p> <p>Es fliehet fort/ und kommt doch wieder /</p> <p>Und locket uns durch seine Hand:</p> <p>Dafern wir aber feste stehen /</p> <p>So wird der Sturm fürüber gehen.</p> <p>Denn die in Noth zur Tugend fliehen /</p> <p>Die kan kein Laster nie bezeihen.</p> <p>Es ist nicht ein geringes/ wenn Einer vergisset/ was Er verlohren. Man hat sich zwar über das/ was man in der Welt gewinnet/ zu erfreuen; Alldieweil aber das Glücke alles verändert und umkehret/ so soll man das Hertze also daran hängen / damit es nicht das Leben und die Wolfarth <note place="right">Die Welt.</note> darüber verliere; Die Welt ist ein Haus/ darinnen das Gegenwärtige verschwindet / und das Vergangene hinweg ist. Sie betrübet und tröstet nicht; Sie verurtheilet/ und höret nicht; Sie raubet/ uñ giebt nichts wieder; Sie drohet/ und besudelt; Bey ihr ist keine Freude ohne Bekümmernis; keine Ehre ohne Mackel; kein Stand ohne Klage; kein Freund ohne Feind; keine Ruhe ohne Furcht; keine Vollkom̃enheit ohne Verbrechen; kein Liebkosen ohne Betrug; keine Treue ohne Falschheit; keine Ruhe ohne Unruhe; keine Aufrichtigkeit ohne Lügen; kein Weg ohne Gefahr; und kein Gutes ohne Böses. Der Geist wird schwach / der Kopf kahl/ der Athem stinkend/ der Leib krumm/ das Angesicht runzelicht / die Augen dunkel/ die Gleider schwach/ das Gehör blöde/ und das Hertze seufftzet/ indem Ihme alle diese Glieder nicht wie vormahls mit ihren Kräfften zu Hülffe kommen können/ also/ daß von diesen allen nichts als Mühe und Arbeit / nichts als Widerwille/ nichts als unbeständiges zu hoffen ist. Soll dahero wider diese unbeständige Dinge alle Etwas gelten/ so muß </p> </div> </body> </text> </TEI> [399/0433]
und Gewalt vorgehet/ so hastu doch mit andern Menschen in diesem Leben einerley Ein- und Ausgang. Nachdem die Olympias des Griechischen Königes Alexandri Magni Mutter hörete/ wie dieser Ihr Sohn nach dem Tode etliche Tage unbegraben gelegen hätte/ seuffzete Sie/ und sprach: O des erbärmlichen Elendes und ungewissen Ausganges der Menschen! Mein Sohn wendete vor weniger Zeit alle Mühe uñ Fleiß an/ wie er sich möchte von Göttlichen Stam̃e herrechnen; Anietzo aber muste er dasselbige entbehren/ und an dem Mangel leiden/ was sonsten dem geringsten Menschen wiederfähret! Der weise Seneca sagt; Es ist zu einem Tugendsamen und sittsamen Leben keine bessere Gelegenheit/ als wenn man offt und viel erweget/ wie unbeständig/ und hinfällig die Zeit des Lebens sey/ und daß man keine Stunde seines Todes versichert seyn könne. Der weise Heraclitus giebet vor/ es wären die meisten Wercke des Allerhöchsten dem Menschen wegen ihres Unglaubens auch unbekannt/ das ist/ der Mensch weiß nicht/ was GOTT in Verwaltung Himmels und der Erden thue/ und weil Er solches nicht kan begreiffen / so wird Er auch desto weniger geehret/ sondern vielmehr alles dem blinden Glücke zugeschrieben/ welches man darum blind nennet/ alldieweil der Mensch in solcher seiner eigenen Blindheit/ die Göttliche Versehung und Regierung nicht fassen kan. Die Menschlichen Fälle aber vergleichen sich nicht unfüglich dem vergänglichen Welt-Glücke.
AElian_ lib. 3. variar. histor. c. 30.
Seneca in Epist. 114. Das so denn steiget auf und nieder /
Und ist wie Haasen gleich bewand;
Es fliehet fort/ und kommt doch wieder /
Und locket uns durch seine Hand:
Dafern wir aber feste stehen /
So wird der Sturm fürüber gehen.
Denn die in Noth zur Tugend fliehen /
Die kan kein Laster nie bezeihen.
Es ist nicht ein geringes/ wenn Einer vergisset/ was Er verlohren. Man hat sich zwar über das/ was man in der Welt gewinnet/ zu erfreuen; Alldieweil aber das Glücke alles verändert und umkehret/ so soll man das Hertze also daran hängen / damit es nicht das Leben und die Wolfarth darüber verliere; Die Welt ist ein Haus/ darinnen das Gegenwärtige verschwindet / und das Vergangene hinweg ist. Sie betrübet und tröstet nicht; Sie verurtheilet/ und höret nicht; Sie raubet/ uñ giebt nichts wieder; Sie drohet/ und besudelt; Bey ihr ist keine Freude ohne Bekümmernis; keine Ehre ohne Mackel; kein Stand ohne Klage; kein Freund ohne Feind; keine Ruhe ohne Furcht; keine Vollkom̃enheit ohne Verbrechen; kein Liebkosen ohne Betrug; keine Treue ohne Falschheit; keine Ruhe ohne Unruhe; keine Aufrichtigkeit ohne Lügen; kein Weg ohne Gefahr; und kein Gutes ohne Böses. Der Geist wird schwach / der Kopf kahl/ der Athem stinkend/ der Leib krumm/ das Angesicht runzelicht / die Augen dunkel/ die Gleider schwach/ das Gehör blöde/ und das Hertze seufftzet/ indem Ihme alle diese Glieder nicht wie vormahls mit ihren Kräfften zu Hülffe kommen können/ also/ daß von diesen allen nichts als Mühe und Arbeit / nichts als Widerwille/ nichts als unbeständiges zu hoffen ist. Soll dahero wider diese unbeständige Dinge alle Etwas gelten/ so muß
Die Welt.
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