[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.gang/ und nahmen eine grosse Summa Geldes daraus. Der König fand etliche Küsten leer/ und das zu unterschiedenen mahlen. Damit Er aber hinter den Grund käme/ ließ Er ein subtilenes eisernes Netzlein machen/ und dasselbe um die Geld-Küsten spannen. Wie nun die beyden Brüder mehr Geld aus dem Schatze hohlen wollten/ fieng sich der Eine in dem Netze/ und ie mehr Er sich herauszuwickeln gedachte/ ie tieffer fiel Er darein. Derowegen rief Er seinem Bruder und sagte: Du siehest / daß ich gefangen bin/ Darum ziehe mich nackend aus/ haue Mir den Kopff ab / damit ich der Marter entübriget/ du und unsere Mutter aber des Lebens versichert/ und eurer beyderseits guter Nahme dadurch gerettet seyn möge. Und ob schon dieses dem Bruder beschwehrlich fiel/ gieng Er es doch ein/ nahm das Haupt/ und die Kleider/ nebenst einem guten Theile Geldes zu sich/ und machte das Loch wieder zu. Des morgens kam der König in seine Schatzkammer/ fand den Dieb in dem Netze ohne Haupt/ und weil Er nicht wuste/ wie es zugieng/ befahl Er den Dieb auf die Stadt-Mauer an den Galgen zu hencken/ bestellete darbey etliche Wächter/ und befahl/ daß/ solbald sie iemand sehen würden/ der den Todten beweinete/ oder beklagte/ den sollten Sie in Verharfft nehmen. Da dieses die Mutter des Diebes erfuhr/ wollte sie sich nicht eher zu Frieden geben/ diß daß der Sohn seines Brundern Cörper von Galgen hinweg brächte/ und begrübe. Dem Sohne kame es zwar List über List. unmöglich vor/ iedoch erdachte Er diese List. Er belud zwey Esel mit Weine / trieb sie an den Ort/ da die Wächter waren/ und stellete sich/ als wenn Ihm die eine Last/ die Er doch selbst los band/ entfiele/ und der Wein herauslieffe. Da dieses die Wächter sahen/ lieffen sie mit Geschirren hinzu / und samleten den auslauffenden Wein. Der Dieb stellete sich anfangs gengen sie zornig/ ließsich aber bald wieder begütigen/ und/ weil Sie Ihm/ dem Ansehen nach/ alle hülffliche hand geboten/ gab Er Ihnen zur Verehrung noch darzu eine Flasche Wein/ worüber die Wächter lustig und endlich toll und voll wurden/ bis sie für Trunkenheit hinfielen/ und endlich einschlieffen. Der Dieb ersahe seine Gelegenheit/ nahm den Dieb von dem Galgen/ lud Ihn auf einen Esel/ schor den Wächtern die halben Bärte ab/ und machte sich damit aus dem Staube. Wie man dieses des Morgens dem Könige hinterbrachte/ erbitterte Er sich dermassen darüber/ daß Er durchaus den Dieb haben wollte/ und lies zu dem Ende in ein besonder Gemach seine Tochter (wo dieses anders wahr) bey Allen denen jenigen schlaffen/ die Ihr zuvor durch einen Schwure alle böse und kluge Thaten/ so sie die Zeit ihres Lebens begangen/ geoffenbahret hätten/ und dafern sich Einer fände/ der des Diebstahls erwehnete/ den sollte Sie greiffen/ und/ biß man darzu käme/ feste halten. Der Dieb vermeinete dem Könige noch einen Diebes-Griff zu beweisen/ lösete seines ertödteten Bruders rechte Hand von dem Leibe/ fassete Sie unter den Mantel/ und gab sich damit beydes Königes Tochter im Gemach an. Und nachdem Sie Ihn fragete/ was Er in seinem Leben am klügesten und bösesten begangen? Gab er zur Antwort: Die böseste That wäre diese/ daß Er seinem Bruder in der königlichen Schatzkammer/ weil Er verstricket gewesen / das Haupt abgeschnitten; Die klügeste aber/ daß Er/ nachdem man seinen Bruder heirauf an Galgen gehencket/ denen hierzu bestellten Wächtern die halben Bärte abgeschoren/ und seines Bruders Leib darvon gebracht hätte. Da dieses die königliche Princessin hörete/ grief Sie nach Ihn/ und machte ein Geschrey / der Dieb gang/ und nahmen eine grosse Summa Geldes daraus. Der König fand etliche Küsten leer/ und das zu unterschiedenen mahlen. Damit Er aber hinter den Grund käme/ ließ Er ein subtilenes eisernes Netzlein machen/ und dasselbe um die Geld-Küsten spannen. Wie nun die beyden Brüder mehr Geld aus dem Schatze hohlen wollten/ fieng sich der Eine in dem Netze/ und ie mehr Er sich herauszuwickeln gedachte/ ie tieffer fiel Er darein. Derowegen rief Er seinem Bruder und sagte: Du siehest / daß ich gefangen bin/ Darum ziehe mich nackend aus/ haue Mir den Kopff ab / damit ich der Marter entübriget/ du und unsere Mutter aber des Lebens versichert/ und eurer beyderseits guter Nahme dadurch gerettet seyn möge. Und ob schon dieses dem Bruder beschwehrlich fiel/ gieng Er es doch ein/ nahm das Haupt/ und die Kleider/ nebenst einem guten Theile Geldes zu sich/ und machte das Loch wieder zu. Des morgens kam der König in seine Schatzkammer/ fand den Dieb in dem Netze ohne Haupt/ und weil Er nicht wuste/ wie es zugieng/ befahl Er den Dieb auf die Stadt-Mauer an den Galgen zu hencken/ bestellete darbey etliche Wächter/ und befahl/ daß/ solbald sie iemand sehen würden/ der den Todten beweinete/ oder beklagte/ den sollten Sie in Verharfft nehmen. Da dieses die Mutter des Diebes erfuhr/ wollte sie sich nicht eher zu Frieden geben/ diß daß der Sohn seines Brundern Cörper von Galgen hinweg brächte/ und begrübe. Dem Sohne kame es zwar List über List. unmöglich vor/ iedoch erdachte Er diese List. Er belud zwey Esel mit Weine / trieb sie an den Ort/ da die Wächter waren/ und stellete sich/ als wenn Ihm die eine Last/ die Er doch selbst los band/ entfiele/ und der Wein herauslieffe. Da dieses die Wächter sahen/ lieffen sie mit Geschirren hinzu / und samleten den auslauffenden Wein. Der Dieb stellete sich anfangs gengen sie zornig/ ließsich aber bald wieder begütigen/ und/ weil Sie Ihm/ dem Ansehen nach/ alle hülffliche hand geboten/ gab Er Ihnen zur Verehrung noch darzu eine Flasche Wein/ worüber die Wächter lustig und endlich toll und voll wurden/ bis sie für Trunkenheit hinfielen/ und endlich einschlieffen. Der Dieb ersahe seine Gelegenheit/ nahm den Dieb von dem Galgen/ lud Ihn auf einen Esel/ schor den Wächtern die halben Bärte ab/ und machte sich damit aus dem Staube. Wie man dieses des Morgens dem Könige hinterbrachte/ erbitterte Er sich dermassen darüber/ daß Er durchaus den Dieb haben wollte/ und lies zu dem Ende in ein besonder Gemach seine Tochter (wo dieses anders wahr) bey Allen denen jenigen schlaffen/ die Ihr zuvor durch einen Schwure alle böse und kluge Thaten/ so sie die Zeit ihres Lebens begangen/ geoffenbahret hätten/ und dafern sich Einer fände/ der des Diebstahls erwehnete/ den sollte Sie greiffen/ und/ biß man darzu käme/ feste halten. Der Dieb vermeinete dem Könige noch einen Diebes-Griff zu beweisen/ lösete seines ertödteten Bruders rechte Hand von dem Leibe/ fassete Sie unter den Mantel/ und gab sich damit beydes Königes Tochter im Gemach an. Und nachdem Sie Ihn fragete/ was Er in seinem Leben am klügesten und bösesten begangen? Gab er zur Antwort: Die böseste That wäre diese/ daß Er seinem Bruder in der königlichen Schatzkammer/ weil Er verstricket gewesen / das Haupt abgeschnitten; Die klügeste aber/ daß Er/ nachdem man seinen Bruder heirauf an Galgen gehencket/ denen hierzu bestellten Wächtern die halben Bärte abgeschoren/ und seines Bruders Leib darvon gebracht hätte. Da dieses die königliche Princessin hörete/ grief Sie nach Ihn/ und machte ein Geschrey / der Dieb <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0490" n="456"/> gang/ und nahmen eine grosse Summa Geldes daraus. Der König fand etliche Küsten leer/ und das zu unterschiedenen mahlen. Damit Er aber hinter den Grund käme/ ließ Er ein subtilenes eisernes Netzlein machen/ und dasselbe um die Geld-Küsten spannen. Wie nun die beyden Brüder mehr Geld aus dem Schatze hohlen wollten/ fieng sich der Eine in dem Netze/ und ie mehr Er sich herauszuwickeln gedachte/ ie tieffer fiel Er darein. Derowegen rief Er seinem Bruder und sagte: Du siehest / daß ich gefangen bin/ Darum ziehe mich nackend aus/ haue Mir den Kopff ab / damit ich der Marter entübriget/ du und unsere Mutter aber des Lebens versichert/ und eurer beyderseits guter Nahme dadurch gerettet seyn möge. Und ob schon dieses dem Bruder beschwehrlich fiel/ gieng Er es doch ein/ nahm das Haupt/ und die Kleider/ nebenst einem guten Theile Geldes zu sich/ und machte das Loch wieder zu. Des morgens kam der König in seine Schatzkammer/ fand den Dieb in dem Netze ohne Haupt/ und weil Er nicht wuste/ wie es zugieng/ befahl Er den Dieb auf die Stadt-Mauer an den Galgen zu hencken/ bestellete darbey etliche Wächter/ und befahl/ daß/ solbald sie iemand sehen würden/ der den Todten beweinete/ oder beklagte/ den sollten Sie in Verharfft nehmen. Da dieses die Mutter des Diebes erfuhr/ wollte sie sich nicht eher zu Frieden geben/ diß daß der Sohn seines Brundern Cörper von Galgen hinweg brächte/ und begrübe. Dem Sohne kame es zwar <note place="left">List über List.</note> unmöglich vor/ iedoch erdachte Er diese List. Er belud zwey Esel mit Weine / trieb sie an den Ort/ da die Wächter waren/ und stellete sich/ als wenn Ihm die eine Last/ die Er doch selbst los band/ entfiele/ und der Wein herauslieffe. Da dieses die Wächter sahen/ lieffen sie mit Geschirren hinzu / und samleten den auslauffenden Wein. Der Dieb stellete sich anfangs gengen sie zornig/ ließsich aber bald wieder begütigen/ und/ weil Sie Ihm/ dem Ansehen nach/ alle hülffliche hand geboten/ gab Er Ihnen zur Verehrung noch darzu eine Flasche Wein/ worüber die Wächter lustig und endlich toll und voll wurden/ bis sie für Trunkenheit hinfielen/ und endlich einschlieffen. Der Dieb ersahe seine Gelegenheit/ nahm den Dieb von dem Galgen/ lud Ihn auf einen Esel/ schor den Wächtern die halben Bärte ab/ und machte sich damit aus dem Staube. Wie man dieses des Morgens dem Könige hinterbrachte/ erbitterte Er sich dermassen darüber/ daß Er durchaus den Dieb haben wollte/ und lies zu dem Ende in ein besonder Gemach seine Tochter (wo dieses anders wahr) bey Allen denen jenigen schlaffen/ die Ihr zuvor durch einen Schwure alle böse und kluge Thaten/ so sie die Zeit ihres Lebens begangen/ geoffenbahret hätten/ und dafern sich Einer fände/ der des Diebstahls erwehnete/ den sollte Sie greiffen/ und/ biß man darzu käme/ feste halten. Der Dieb vermeinete dem Könige noch einen Diebes-Griff zu beweisen/ lösete seines ertödteten Bruders rechte Hand von dem Leibe/ fassete Sie unter den Mantel/ und gab sich damit beydes Königes Tochter im Gemach an. Und nachdem Sie Ihn fragete/ was Er in seinem Leben am klügesten und bösesten begangen? Gab er zur Antwort: Die böseste That wäre diese/ daß Er seinem Bruder in der königlichen Schatzkammer/ weil Er verstricket gewesen / das Haupt abgeschnitten; Die klügeste aber/ daß Er/ nachdem man seinen Bruder heirauf an Galgen gehencket/ denen hierzu bestellten Wächtern die halben Bärte abgeschoren/ und seines Bruders Leib darvon gebracht hätte. Da dieses die königliche Princessin hörete/ grief Sie nach Ihn/ und machte ein Geschrey / der Dieb </p> </div> </body> </text> </TEI> [456/0490]
gang/ und nahmen eine grosse Summa Geldes daraus. Der König fand etliche Küsten leer/ und das zu unterschiedenen mahlen. Damit Er aber hinter den Grund käme/ ließ Er ein subtilenes eisernes Netzlein machen/ und dasselbe um die Geld-Küsten spannen. Wie nun die beyden Brüder mehr Geld aus dem Schatze hohlen wollten/ fieng sich der Eine in dem Netze/ und ie mehr Er sich herauszuwickeln gedachte/ ie tieffer fiel Er darein. Derowegen rief Er seinem Bruder und sagte: Du siehest / daß ich gefangen bin/ Darum ziehe mich nackend aus/ haue Mir den Kopff ab / damit ich der Marter entübriget/ du und unsere Mutter aber des Lebens versichert/ und eurer beyderseits guter Nahme dadurch gerettet seyn möge. Und ob schon dieses dem Bruder beschwehrlich fiel/ gieng Er es doch ein/ nahm das Haupt/ und die Kleider/ nebenst einem guten Theile Geldes zu sich/ und machte das Loch wieder zu. Des morgens kam der König in seine Schatzkammer/ fand den Dieb in dem Netze ohne Haupt/ und weil Er nicht wuste/ wie es zugieng/ befahl Er den Dieb auf die Stadt-Mauer an den Galgen zu hencken/ bestellete darbey etliche Wächter/ und befahl/ daß/ solbald sie iemand sehen würden/ der den Todten beweinete/ oder beklagte/ den sollten Sie in Verharfft nehmen. Da dieses die Mutter des Diebes erfuhr/ wollte sie sich nicht eher zu Frieden geben/ diß daß der Sohn seines Brundern Cörper von Galgen hinweg brächte/ und begrübe. Dem Sohne kame es zwar unmöglich vor/ iedoch erdachte Er diese List. Er belud zwey Esel mit Weine / trieb sie an den Ort/ da die Wächter waren/ und stellete sich/ als wenn Ihm die eine Last/ die Er doch selbst los band/ entfiele/ und der Wein herauslieffe. Da dieses die Wächter sahen/ lieffen sie mit Geschirren hinzu / und samleten den auslauffenden Wein. Der Dieb stellete sich anfangs gengen sie zornig/ ließsich aber bald wieder begütigen/ und/ weil Sie Ihm/ dem Ansehen nach/ alle hülffliche hand geboten/ gab Er Ihnen zur Verehrung noch darzu eine Flasche Wein/ worüber die Wächter lustig und endlich toll und voll wurden/ bis sie für Trunkenheit hinfielen/ und endlich einschlieffen. Der Dieb ersahe seine Gelegenheit/ nahm den Dieb von dem Galgen/ lud Ihn auf einen Esel/ schor den Wächtern die halben Bärte ab/ und machte sich damit aus dem Staube. Wie man dieses des Morgens dem Könige hinterbrachte/ erbitterte Er sich dermassen darüber/ daß Er durchaus den Dieb haben wollte/ und lies zu dem Ende in ein besonder Gemach seine Tochter (wo dieses anders wahr) bey Allen denen jenigen schlaffen/ die Ihr zuvor durch einen Schwure alle böse und kluge Thaten/ so sie die Zeit ihres Lebens begangen/ geoffenbahret hätten/ und dafern sich Einer fände/ der des Diebstahls erwehnete/ den sollte Sie greiffen/ und/ biß man darzu käme/ feste halten. Der Dieb vermeinete dem Könige noch einen Diebes-Griff zu beweisen/ lösete seines ertödteten Bruders rechte Hand von dem Leibe/ fassete Sie unter den Mantel/ und gab sich damit beydes Königes Tochter im Gemach an. Und nachdem Sie Ihn fragete/ was Er in seinem Leben am klügesten und bösesten begangen? Gab er zur Antwort: Die böseste That wäre diese/ daß Er seinem Bruder in der königlichen Schatzkammer/ weil Er verstricket gewesen / das Haupt abgeschnitten; Die klügeste aber/ daß Er/ nachdem man seinen Bruder heirauf an Galgen gehencket/ denen hierzu bestellten Wächtern die halben Bärte abgeschoren/ und seines Bruders Leib darvon gebracht hätte. Da dieses die königliche Princessin hörete/ grief Sie nach Ihn/ und machte ein Geschrey / der Dieb
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/490>, abgerufen am 24.06.2024. |