[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.heit und des Müssigganges enthalten. Viel Haab und Güter besitzen/ und dieselben nicht recht anwenden/ ist eben so viel/ als wenn ein Blinder ein schönes Gemälde ansiehet / und will sich daran ergetzen. Man besitzet sie blind/ und blind muß man sie wieder verlassen. Einjeder warte das Seine ab. Der allweise Gott hat allen Ständen in der Welt seine Grentz-Mahle gesetzt/ welche zu überschreiten sie nicht befugt/ als da sind Geistliche/ und Beygehülffen in der Kirche GOttes/ und Weltliche von allerhand Ständen. Denen allen Er ihre Maaß austheilet/ einem jeden das Seinige / was ihme auferleget/ verschaffet. Ein jeder mus arbeiten mit seinen Händen / in Treue und Aufrichtigkeit/ in Vorsichtichkeit und Redlichkeit. Ein Geistlicher versiehet sein Amt; Ein Haus-Vater seine Haushaltung; Ein Wirth seine Wirthschafft; Ein Handwercks-Mann seine Arbeit; Ein Bauer seinen Pflug / und ein Kauffmann seinen Handel und Wandel. Alles soll mit redlicher Hand geschehen. Es ist der Natur gemäs/ daß der Mensch zur Arbeit gebohren. Einer Spinne tauert um einer Mücke willen keine Arbeit/ und die Ameyse scheuet weder die Hitze noch des Wetters Ungelegenheit. Die Heyden selbst geben vor/ daß bey dem Gott Jupiter um der Arbeit willen/ alles zu feilen Kauffe gehe. Sir. 3, I. Der ist reich/ welcher die Haut dran strecket/ und sammlet Geld. Fleissige Hände machen einen grossen Hauffen/ und wer sich darmit nähret/ der Ps. 128. v. 2, 4. hat des Guten genug. Hingegen die Faulheit ist wie Einer/ der vom Schlaffe aufstehet. Faul- und Trägheit ist eine Schwester des Diebstahls/ und ist ärger als dieser selbst: Denn ein Dieb stielet behende/ ein Faulentzer aber stielet der Zeit alle Stunden und Augenblicke abe. Er Prov. 24, 31. Ecclesiast. c. 3. bringet das Seine um; Seine Aecker und Weinberge werden zu Disteln und Nesseln/ und das Armuth übereilet ihn wie ein Fußgänger. Suchen und verlieren/ hat seine Zeit: Suchen ist nichts anders/ als wenn man sich um gewisse Dinge bearbeitet/ bemühet/ darnach strebet/ und sie endlich erlanget und besitzet; Verlieren aber/ da man die gesuchten und erhaltenen Güter mißbrauchet/ sie muthwillig verschwendet/ oder damit schindet/ und schabet/ bis uns GOTT aus gerechtem Eifer wieder entziehet. Gewerb und Kaufmannschafft ist zwar eine zulässige Nahrung/ als wie I. König. 10. v. 28. Es. 23. 3. Salomo sein Gewerb in Aegypten und Ophir/ die zu Tyro bey allen Völckern trieben/ und die Stadt Ninive so viel Kaufleute und Krahmer/ als Sterne am Himmel in sich hatte; Allein/ wenn man Einem eine böse und verlegene Waare mit tausend süssen und betrüglichen Worten auf bürdet/ Ihn mit Eyd-Schwüren hinan locket/ die Mängel der Waaren verschweiget/ mit denenselben zur Unzeit aufschläget/ den gemeinen Mann bewuchert/ das Geld aus dem Beutel lüget/ mit List und Betrug überladet / betrüglicher Weise Wechsel von sich stellet/ Wittben und Waisen hintergehet / und noch darzu mit jenem Genueser Kauffmann zu sagen pfleget: Chi no sa l[unleserliches Material] Arte, serra la Bottega: Wer nicht die Kunst meisterlich zu betrügen weis/ der mache den Laden bey Zeiten zu! Dasselbe alles ist betrügerisch/ und in den Rechten verbotten. Dahero folget gemeiniglich darauf/ daß bey solchen und dergleichen Betrug/ Wucher und Schinderen/ falsche Wage/ Gewicht und Ellen / weder Glück noch Seegen anzutreffen/ sondern es wird zuweilen das zusammengescharrete Vermögen entweder unverhofft auf der See ersäufft/ durch Krieg geraubet/ durch heit und des Müssigganges enthalten. Viel Haab und Güter besitzen/ und dieselben nicht recht anwenden/ ist eben so viel/ als wenn ein Blinder ein schönes Gemälde ansiehet / und will sich daran ergetzen. Man besitzet sie blind/ und blind muß man sie wieder verlassen. Einjeder warte das Seine ab. Der allweise Gott hat allen Ständen in der Welt seine Grentz-Mahle gesetzt/ welche zu überschreiten sie nicht befugt/ als da sind Geistliche/ und Beygehülffen in der Kirche GOttes/ und Weltliche von allerhand Ständen. Denen allen Er ihre Maaß austheilet/ einem jeden das Seinige / was ihme auferleget/ verschaffet. Ein jeder mus arbeiten mit seinen Händen / in Treue und Aufrichtigkeit/ in Vorsichtichkeit und Redlichkeit. Ein Geistlicher versiehet sein Amt; Ein Haus-Vater seine Haushaltung; Ein Wirth seine Wirthschafft; Ein Handwercks-Mann seine Arbeit; Ein Bauer seinen Pflug / und ein Kauffmann seinen Handel und Wandel. Alles soll mit redlicher Hand geschehen. Es ist der Natur gemäs/ daß der Mensch zur Arbeit gebohren. Einer Spinne tauert um einer Mücke willen keine Arbeit/ und die Ameyse scheuet weder die Hitze noch des Wetters Ungelegenheit. Die Heyden selbst geben vor/ daß bey dem Gott Jupiter um der Arbeit willen/ alles zu feilen Kauffe gehe. Sir. 3, I. Der ist reich/ welcher die Haut dran strecket/ und sammlet Geld. Fleissige Hände machen einen grossen Hauffen/ und wer sich darmit nähret/ der Ps. 128. v. 2, 4. hat des Guten genug. Hingegen die Faulheit ist wie Einer/ der vom Schlaffe aufstehet. Faul- und Trägheit ist eine Schwester des Diebstahls/ und ist ärger als dieser selbst: Denn ein Dieb stielet behende/ ein Faulentzer aber stielet der Zeit alle Stunden und Augenblicke abe. Er Prov. 24, 31. Ecclesiast. c. 3. bringet das Seine um; Seine Aecker und Weinberge werden zu Disteln und Nesseln/ und das Armuth übereilet ihn wie ein Fußgänger. Suchen und verlieren/ hat seine Zeit: Suchen ist nichts anders/ als wenn man sich um gewisse Dinge bearbeitet/ bemühet/ darnach strebet/ und sie endlich erlanget und besitzet; Verlieren aber/ da man die gesuchten und erhaltenen Güter mißbrauchet/ sie muthwillig verschwendet/ oder damit schindet/ und schabet/ bis uns GOTT aus gerechtem Eifer wieder entziehet. Gewerb und Kaufmannschafft ist zwar eine zulässige Nahrung/ als wie I. König. 10. v. 28. Es. 23. 3. Salomo sein Gewerb in Aegypten und Ophir/ die zu Tyro bey allen Völckern trieben/ und die Stadt Ninive so viel Kaufleute und Krahmer/ als Sterne am Himmel in sich hatte; Allein/ wenn man Einem eine böse und verlegene Waare mit tausend süssen und betrüglichen Worten auf bürdet/ Ihn mit Eyd-Schwüren hinan locket/ die Mängel der Waaren verschweiget/ mit denenselben zur Unzeit aufschläget/ den gemeinen Mann bewuchert/ das Geld aus dem Beutel lüget/ mit List und Betrug überladet / betrüglicher Weise Wechsel von sich stellet/ Wittben und Waisen hintergehet / und noch darzu mit jenem Genueser Kauffmann zu sagen pfleget: Chi no sà l[unleserliches Material] Arte, serra là Bottèga: Wer nicht die Kunst meisterlich zu betrügen weis/ der mache den Laden bey Zeiten zu! Dasselbe alles ist betrügerisch/ und in den Rechten verbotten. Dahero folget gemeiniglich darauf/ daß bey solchen und dergleichen Betrug/ Wucher und Schinderen/ falsche Wage/ Gewicht und Ellen / weder Glück noch Seegen anzutreffen/ sondern es wird zuweilen das zusammengescharrete Vermögen entweder unverhofft auf der See ersäufft/ durch Krieg geraubet/ durch <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0494" n="470"/> heit und des Müssigganges enthalten. Viel Haab und Güter besitzen/ und dieselben nicht recht anwenden/ ist eben so viel/ als wenn ein Blinder ein schönes Gemälde ansiehet / und will sich daran ergetzen. Man besitzet sie blind/ und blind muß man sie wieder verlassen.</p> <p>Einjeder warte das Seine ab. Der allweise Gott hat allen Ständen in der Welt seine Grentz-Mahle gesetzt/ welche zu überschreiten sie nicht befugt/ als da sind Geistliche/ und Beygehülffen in der Kirche GOttes/ und Weltliche von allerhand Ständen. Denen allen Er ihre Maaß austheilet/ einem jeden das Seinige / was ihme auferleget/ verschaffet. Ein jeder mus arbeiten mit seinen Händen / in Treue und Aufrichtigkeit/ in Vorsichtichkeit und Redlichkeit. Ein Geistlicher versiehet sein Amt; Ein Haus-Vater seine Haushaltung; Ein Wirth seine Wirthschafft; Ein Handwercks-Mann seine Arbeit; Ein Bauer seinen Pflug / und ein Kauffmann seinen Handel und Wandel. Alles soll mit redlicher Hand geschehen. Es ist der Natur gemäs/ daß der Mensch zur Arbeit gebohren. Einer Spinne tauert um einer Mücke willen keine Arbeit/ und die Ameyse scheuet weder die Hitze noch des Wetters Ungelegenheit. Die Heyden selbst geben vor/ daß bey dem Gott Jupiter um der Arbeit willen/ alles zu feilen Kauffe gehe. <note place="left">Sir. 3, I.</note> Der ist reich/ welcher die Haut dran strecket/ und sammlet Geld. Fleissige Hände machen einen grossen Hauffen/ und wer sich darmit nähret/ der <note place="left">Ps. 128. v. 2, 4.</note> hat des Guten genug. Hingegen die Faulheit ist wie Einer/ der vom Schlaffe aufstehet. Faul- und Trägheit ist eine Schwester des Diebstahls/ und ist ärger als dieser selbst: Denn ein Dieb stielet behende/ ein Faulentzer aber stielet der Zeit alle Stunden und Augenblicke abe. Er <note place="left">Prov. 24, 31. Ecclesiast. c. 3.</note> bringet das Seine um; Seine Aecker und Weinberge werden zu Disteln und Nesseln/ und das Armuth übereilet ihn wie ein Fußgänger. Suchen und verlieren/ hat seine Zeit: Suchen ist nichts anders/ als wenn man sich um gewisse Dinge bearbeitet/ bemühet/ darnach strebet/ und sie endlich erlanget und besitzet; Verlieren aber/ da man die gesuchten und erhaltenen Güter mißbrauchet/ sie muthwillig verschwendet/ oder damit schindet/ und schabet/ bis uns GOTT aus gerechtem Eifer wieder entziehet.</p> <p>Gewerb und Kaufmannschafft ist zwar eine zulässige Nahrung/ als wie <note place="left">I. König. 10. v. 28. Es. 23. 3.</note> Salomo sein Gewerb in Aegypten und Ophir/ die zu Tyro bey allen Völckern trieben/ und die Stadt Ninive so viel Kaufleute und Krahmer/ als Sterne am Himmel in sich hatte; Allein/ wenn man Einem eine böse und verlegene Waare mit tausend süssen und betrüglichen Worten auf bürdet/ Ihn mit Eyd-Schwüren hinan locket/ die Mängel der Waaren verschweiget/ mit denenselben zur Unzeit aufschläget/ den gemeinen Mann bewuchert/ das Geld aus dem Beutel lüget/ mit List und Betrug überladet / betrüglicher Weise Wechsel von sich stellet/ Wittben und Waisen hintergehet / und noch darzu mit jenem Genueser Kauffmann zu sagen pfleget: Chi no sà l<gap reason="illegible"/> Arte, serra là Bottèga: Wer nicht die Kunst meisterlich zu betrügen weis/ der mache den Laden bey Zeiten zu! Dasselbe alles ist betrügerisch/ und in den Rechten verbotten. Dahero folget gemeiniglich darauf/ daß bey solchen und dergleichen Betrug/ Wucher und Schinderen/ falsche Wage/ Gewicht und Ellen / weder Glück noch Seegen anzutreffen/ sondern es wird zuweilen das zusammengescharrete Vermögen entweder unverhofft auf der See ersäufft/ durch Krieg geraubet/ durch </p> </div> </body> </text> </TEI> [470/0494]
heit und des Müssigganges enthalten. Viel Haab und Güter besitzen/ und dieselben nicht recht anwenden/ ist eben so viel/ als wenn ein Blinder ein schönes Gemälde ansiehet / und will sich daran ergetzen. Man besitzet sie blind/ und blind muß man sie wieder verlassen.
Einjeder warte das Seine ab. Der allweise Gott hat allen Ständen in der Welt seine Grentz-Mahle gesetzt/ welche zu überschreiten sie nicht befugt/ als da sind Geistliche/ und Beygehülffen in der Kirche GOttes/ und Weltliche von allerhand Ständen. Denen allen Er ihre Maaß austheilet/ einem jeden das Seinige / was ihme auferleget/ verschaffet. Ein jeder mus arbeiten mit seinen Händen / in Treue und Aufrichtigkeit/ in Vorsichtichkeit und Redlichkeit. Ein Geistlicher versiehet sein Amt; Ein Haus-Vater seine Haushaltung; Ein Wirth seine Wirthschafft; Ein Handwercks-Mann seine Arbeit; Ein Bauer seinen Pflug / und ein Kauffmann seinen Handel und Wandel. Alles soll mit redlicher Hand geschehen. Es ist der Natur gemäs/ daß der Mensch zur Arbeit gebohren. Einer Spinne tauert um einer Mücke willen keine Arbeit/ und die Ameyse scheuet weder die Hitze noch des Wetters Ungelegenheit. Die Heyden selbst geben vor/ daß bey dem Gott Jupiter um der Arbeit willen/ alles zu feilen Kauffe gehe. Der ist reich/ welcher die Haut dran strecket/ und sammlet Geld. Fleissige Hände machen einen grossen Hauffen/ und wer sich darmit nähret/ der hat des Guten genug. Hingegen die Faulheit ist wie Einer/ der vom Schlaffe aufstehet. Faul- und Trägheit ist eine Schwester des Diebstahls/ und ist ärger als dieser selbst: Denn ein Dieb stielet behende/ ein Faulentzer aber stielet der Zeit alle Stunden und Augenblicke abe. Er bringet das Seine um; Seine Aecker und Weinberge werden zu Disteln und Nesseln/ und das Armuth übereilet ihn wie ein Fußgänger. Suchen und verlieren/ hat seine Zeit: Suchen ist nichts anders/ als wenn man sich um gewisse Dinge bearbeitet/ bemühet/ darnach strebet/ und sie endlich erlanget und besitzet; Verlieren aber/ da man die gesuchten und erhaltenen Güter mißbrauchet/ sie muthwillig verschwendet/ oder damit schindet/ und schabet/ bis uns GOTT aus gerechtem Eifer wieder entziehet.
Sir. 3, I.
Ps. 128. v. 2, 4.
Prov. 24, 31. Ecclesiast. c. 3. Gewerb und Kaufmannschafft ist zwar eine zulässige Nahrung/ als wie Salomo sein Gewerb in Aegypten und Ophir/ die zu Tyro bey allen Völckern trieben/ und die Stadt Ninive so viel Kaufleute und Krahmer/ als Sterne am Himmel in sich hatte; Allein/ wenn man Einem eine böse und verlegene Waare mit tausend süssen und betrüglichen Worten auf bürdet/ Ihn mit Eyd-Schwüren hinan locket/ die Mängel der Waaren verschweiget/ mit denenselben zur Unzeit aufschläget/ den gemeinen Mann bewuchert/ das Geld aus dem Beutel lüget/ mit List und Betrug überladet / betrüglicher Weise Wechsel von sich stellet/ Wittben und Waisen hintergehet / und noch darzu mit jenem Genueser Kauffmann zu sagen pfleget: Chi no sà l_ Arte, serra là Bottèga: Wer nicht die Kunst meisterlich zu betrügen weis/ der mache den Laden bey Zeiten zu! Dasselbe alles ist betrügerisch/ und in den Rechten verbotten. Dahero folget gemeiniglich darauf/ daß bey solchen und dergleichen Betrug/ Wucher und Schinderen/ falsche Wage/ Gewicht und Ellen / weder Glück noch Seegen anzutreffen/ sondern es wird zuweilen das zusammengescharrete Vermögen entweder unverhofft auf der See ersäufft/ durch Krieg geraubet/ durch
I. König. 10. v. 28. Es. 23. 3.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/494>, abgerufen am 16.06.2024. |