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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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ser als Silber und Gold. Heutiges Tags aber heists: von dem man viel Nutzen hat/ dahin verwendet man auch seine Freundschafft. Die Welt ist voller Untreue. Solange der Mensche in gutem Glücke und Stande lebet/ da finden sich Freunde genug/ wenn aber das Glücke hinweg/ so verkehret sich die Freundschafft. Die Scythen hielten die für die Reichesten/ welche die meisten Freunde hatten. Jetzo aber heist es: Ubi opes, ibi amici. Wo Geld/ dahin hält sich auch die Welt. Geld ist ein Herr / dem Jederman dienet/ und sollte es auch mit der grösten Sclaverey geschehen. Der Reichen Güter gebähren den Armen die gröste Mißgunst. Der tapfere Epaminon das pflegte zu sagen/ man sollte nicht eher zu Hause kehren/ man hätte denn zu seinen alten Freunden sich einen neuen geschaffet. Eines vortrefflichen Pferdes Tugenden erkennet man im Kriege: Eines guten Freundes aber in Widerwärtigkeit: Keine Nahrung bestehet ohne Freundschafft. Diese ist ein Spiegel/ darinen man einen Willen/ eine Gunst/ einen Sinn/ und eine Seele in zweyen Leibern warzunehmen hat. Als man den Diogenem vermahnete/ daß Er sich für Etlichen / die Jhm heimlich nachstelleten/ sollte vorsehen/ sprach Er: Es gebühret sich mit Freunden und Feinden umzugehen/ damit man sich für diesen hüten/ und jenen sich vertrauen könne: Wer sich aber für beyde hütet/ den fällt das Leben am beschwehrlichsten. Der Philosophus Sextus sagte: Man soll keinen um des Nutzens Willen erwehlen/ alldieweil solche Freundschafft nicht lange währet. Die Welt stehet auf Seulen. Diese sind nichts anders ald des Menschen Herze/ welches voller List und Betrug stecket. Unsere Gedanken verkauffen wir offters um eine Händvoll Ehre/ und unsere Seeligkeit um einen zeitlichen Vortheil. Sobald man Geld und Gut vermercket/ da hält man Mord und Todschlag für Nichts. Der Mensch hat nicht Ursach sich in die Welt zu verlieben: Denn Sie ist ein stinckendes Leilach/ an der man sich allenthalben beflecket. Wo stete Gottlosigkeit/ da ist keine Frömmigkeit. Mit der Welt ist es auch also beschaffen: Sie ist voller bösen Buben/ darinnen der Teufel Wirth. Jhre Freude währet ein Augenblick/ und wenn sie hin/ so ist Sie als wenn Sie nie da gewesen. Sie ist Jhr iederzeit gleich gewesen: Gleich an Bosheit; Gleich an List und Betrug: Gleich an Mord und Todschlag: Gleich an Behendigkeit: Gleich an Fällen: Gleich am Ubel/ Aergern und Aergesten: und was kan Gutes an Jhr seyn/ alldieweil Sie stets in dem Argen liegt/ und mit Nichts/ als Betrug umgehet. Es ist in Jhr nichts vollkommenes / sondern alles mangelhafftig. Unser Hertz ist böse von Jugend auf. Wir sind alle Abtrünnige/ und verdorben wie Ertzt und Eiseln. Wie keine Fische ohne Grät: Also ist auch Niemand ohne Fehler. Wir sind in unserm Thun und Wesen eben beschaffen/ wie Einer/ der auf der See schiffet/ welcher Jhm gut Wetter/ und eine glückliche Schiffarth wündschet/ die Seegel nach dem Winde ordnet/ und das Schiff/ so gut als Einer kan/ regieret/ daß aber dasselbe nicht hin und her wancke/ und von den Wellen nicht auf- und abgetrieben werde/ Solches vermag Er nicht zu wehren. Wo ein Funken der Treue und Redlichkeit/ da ist dagegen eine ganze Handvoll Unruhe anzutreffen. Der beste Freund ist ein Feind. Die Gebehrden sind vorwerts Holdseelig/ und die Gedanken falsch. Das Gesichte ist freundlich/ und das Herze feindlich. Die Worte gütig/ und das Gemüthe gifftig.

ser als Silber und Gold. Heutiges Tags aber heists: von dem man viel Nutzen hat/ dahin verwendet man auch seine Freundschafft. Die Welt ist voller Untreue. Solange der Mensche in gutem Glücke und Stande lebet/ da finden sich Freunde genug/ wenn aber das Glücke hinweg/ so verkehret sich die Freundschafft. Die Scythen hielten die für die Reichesten/ welche die meisten Freunde hatten. Jetzo aber heist es: Ubi opes, ibi amici. Wo Geld/ dahin hält sich auch die Welt. Geld ist ein Herr / dem Jederman dienet/ und sollte es auch mit der grösten Sclaverey geschehen. Der Reichen Güter gebähren den Armen die gröste Mißgunst. Der tapfere Epaminon das pflegte zu sagen/ man sollte nicht eher zu Hause kehren/ man hätte denn zu seinen alten Freunden sich einen neuen geschaffet. Eines vortrefflichen Pferdes Tugenden erkennet man im Kriege: Eines guten Freundes aber in Widerwärtigkeit: Keine Nahrung bestehet ohne Freundschafft. Diese ist ein Spiegel/ darinen man einen Willen/ eine Gunst/ einen Sinn/ und eine Seele in zweyen Leibern warzunehmen hat. Als man den Diogenem vermahnete/ daß Er sich für Etlichen / die Jhm heimlich nachstelleten/ sollte vorsehen/ sprach Er: Es gebühret sich mit Freunden und Feinden umzugehen/ damit man sich für diesen hüten/ und jenen sich vertrauen könne: Wer sich aber für beyde hütet/ den fällt das Leben am beschwehrlichsten. Der Philosophus Sextus sagte: Man soll keinen um des Nutzens Willen erwehlen/ alldieweil solche Freundschafft nicht lange währet. Die Welt stehet auf Seulen. Diese sind nichts anders ald des Menschen Herze/ welches voller List und Betrug stecket. Unsere Gedanken verkauffen wir offters um eine Händvoll Ehre/ und unsere Seeligkeit um einen zeitlichen Vortheil. Sobald man Geld und Gut vermercket/ da hält man Mord und Todschlag für Nichts. Der Mensch hat nicht Ursach sich in die Welt zu verlieben: Denn Sie ist ein stinckendes Leilach/ an der man sich allenthalben beflecket. Wo stete Gottlosigkeit/ da ist keine Frömmigkeit. Mit der Welt ist es auch also beschaffen: Sie ist voller bösen Buben/ darinnen der Teufel Wirth. Jhre Freude währet ein Augenblick/ und wenn sie hin/ so ist Sie als wenn Sie nie da gewesen. Sie ist Jhr iederzeit gleich gewesen: Gleich an Bosheit; Gleich an List und Betrug: Gleich an Mord und Todschlag: Gleich an Behendigkeit: Gleich an Fällen: Gleich am Ubel/ Aergern und Aergesten: und was kan Gutes an Jhr seyn/ alldieweil Sie stets in dem Argen liegt/ und mit Nichts/ als Betrug umgehet. Es ist in Jhr nichts vollkommenes / sondern alles mangelhafftig. Unser Hertz ist böse von Jugend auf. Wir sind alle Abtrünnige/ und verdorben wie Ertzt und Eiseln. Wie keine Fische ohne Grät: Also ist auch Niemand ohne Fehler. Wir sind in unserm Thun und Wesen eben beschaffen/ wie Einer/ der auf der See schiffet/ welcher Jhm gut Wetter/ und eine glückliche Schiffarth wündschet/ die Seegel nach dem Winde ordnet/ und das Schiff/ so gut als Einer kan/ regieret/ daß aber dasselbe nicht hin und her wancke/ und von den Wellen nicht auf- und abgetrieben werde/ Solches vermag Er nicht zu wehren. Wo ein Funken der Treue und Redlichkeit/ da ist dagegen eine ganze Handvoll Unruhe anzutreffen. Der beste Freund ist ein Feind. Die Gebehrden sind vorwerts Holdseelig/ und die Gedanken falsch. Das Gesichte ist freundlich/ und das Herze feindlich. Die Worte gütig/ und das Gemüthe gifftig.

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ser als Silber und Gold.                      Heutiges Tags aber heists: von dem man viel Nutzen hat/ dahin verwendet man                      auch seine Freundschafft. Die Welt ist voller Untreue. Solange der Mensche in                      gutem Glücke und Stande lebet/ da finden sich Freunde genug/ wenn aber das                      Glücke hinweg/ so verkehret sich die Freundschafft. Die Scythen hielten die für                      die Reichesten/ welche die meisten Freunde hatten. Jetzo aber heist es: Ubi                      opes, ibi amici. Wo Geld/ dahin hält sich auch die Welt. Geld ist ein Herr /                      dem Jederman dienet/ und sollte es auch mit der grösten Sclaverey geschehen.                      Der Reichen Güter gebähren den Armen die gröste Mißgunst. Der tapfere Epaminon                      das pflegte zu sagen/ man sollte nicht eher zu Hause kehren/ man hätte denn zu                      seinen alten Freunden sich einen neuen geschaffet. Eines vortrefflichen Pferdes                      Tugenden erkennet man im Kriege: Eines guten Freundes aber in Widerwärtigkeit:                      Keine Nahrung bestehet ohne Freundschafft. Diese ist ein Spiegel/ darinen man                      einen Willen/ eine Gunst/ einen Sinn/ und eine Seele in zweyen Leibern                      warzunehmen hat. Als man den Diogenem vermahnete/ daß Er sich für Etlichen /                      die Jhm heimlich nachstelleten/ sollte vorsehen/ sprach Er: Es gebühret sich                      mit Freunden und Feinden umzugehen/ damit man sich für diesen hüten/ und jenen                      sich vertrauen könne: Wer sich aber für beyde hütet/ den fällt das Leben am                      beschwehrlichsten. Der Philosophus Sextus sagte: Man soll keinen um des Nutzens                      Willen erwehlen/ alldieweil solche Freundschafft nicht lange währet. Die Welt                      stehet auf Seulen. Diese sind nichts anders ald des Menschen Herze/ welches                      voller List und Betrug stecket. Unsere Gedanken verkauffen wir offters um eine                      Händvoll Ehre/ und unsere Seeligkeit um einen zeitlichen Vortheil. Sobald man                      Geld und Gut vermercket/ da hält man Mord und Todschlag für Nichts. Der Mensch                      hat nicht Ursach sich in die Welt zu verlieben: Denn Sie ist ein stinckendes                      Leilach/ an der man sich allenthalben beflecket. Wo stete Gottlosigkeit/ da                      ist keine Frömmigkeit. Mit der Welt ist es auch also beschaffen: Sie ist voller                      bösen Buben/ darinnen der Teufel Wirth. Jhre Freude währet ein Augenblick/ und                      wenn sie hin/ so ist Sie als wenn Sie nie da gewesen. Sie ist Jhr iederzeit                      gleich gewesen: Gleich an Bosheit; Gleich an List und Betrug: Gleich an Mord und                      Todschlag: Gleich an Behendigkeit: Gleich an Fällen: Gleich am Ubel/ Aergern                      und Aergesten: und was kan Gutes an Jhr seyn/ alldieweil Sie stets in dem Argen                      liegt/ und mit Nichts/ als Betrug umgehet. Es ist in Jhr nichts vollkommenes /                      sondern alles mangelhafftig. Unser Hertz ist böse von Jugend auf. Wir sind alle                      Abtrünnige/ und verdorben wie Ertzt und Eiseln. Wie keine Fische ohne Grät:                      Also ist auch Niemand ohne Fehler. Wir sind in unserm Thun und Wesen eben                      beschaffen/ wie Einer/ der auf der See schiffet/ welcher Jhm gut Wetter/ und                      eine glückliche Schiffarth wündschet/ die Seegel nach dem Winde ordnet/ und                      das Schiff/ so gut als Einer kan/ regieret/ daß aber dasselbe nicht hin und                      her wancke/ und von den Wellen nicht auf- und abgetrieben werde/ Solches                      vermag Er nicht zu wehren. Wo ein Funken der Treue und Redlichkeit/ da ist                      dagegen eine ganze Handvoll Unruhe anzutreffen. Der beste Freund ist ein Feind.                      Die Gebehrden sind vorwerts Holdseelig/ und die Gedanken falsch. Das Gesichte                      ist freundlich/ und das Herze feindlich. Die Worte gütig/ und das Gemüthe                      gifftig.</p>
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[487/0511] ser als Silber und Gold. Heutiges Tags aber heists: von dem man viel Nutzen hat/ dahin verwendet man auch seine Freundschafft. Die Welt ist voller Untreue. Solange der Mensche in gutem Glücke und Stande lebet/ da finden sich Freunde genug/ wenn aber das Glücke hinweg/ so verkehret sich die Freundschafft. Die Scythen hielten die für die Reichesten/ welche die meisten Freunde hatten. Jetzo aber heist es: Ubi opes, ibi amici. Wo Geld/ dahin hält sich auch die Welt. Geld ist ein Herr / dem Jederman dienet/ und sollte es auch mit der grösten Sclaverey geschehen. Der Reichen Güter gebähren den Armen die gröste Mißgunst. Der tapfere Epaminon das pflegte zu sagen/ man sollte nicht eher zu Hause kehren/ man hätte denn zu seinen alten Freunden sich einen neuen geschaffet. Eines vortrefflichen Pferdes Tugenden erkennet man im Kriege: Eines guten Freundes aber in Widerwärtigkeit: Keine Nahrung bestehet ohne Freundschafft. Diese ist ein Spiegel/ darinen man einen Willen/ eine Gunst/ einen Sinn/ und eine Seele in zweyen Leibern warzunehmen hat. Als man den Diogenem vermahnete/ daß Er sich für Etlichen / die Jhm heimlich nachstelleten/ sollte vorsehen/ sprach Er: Es gebühret sich mit Freunden und Feinden umzugehen/ damit man sich für diesen hüten/ und jenen sich vertrauen könne: Wer sich aber für beyde hütet/ den fällt das Leben am beschwehrlichsten. Der Philosophus Sextus sagte: Man soll keinen um des Nutzens Willen erwehlen/ alldieweil solche Freundschafft nicht lange währet. Die Welt stehet auf Seulen. Diese sind nichts anders ald des Menschen Herze/ welches voller List und Betrug stecket. Unsere Gedanken verkauffen wir offters um eine Händvoll Ehre/ und unsere Seeligkeit um einen zeitlichen Vortheil. Sobald man Geld und Gut vermercket/ da hält man Mord und Todschlag für Nichts. Der Mensch hat nicht Ursach sich in die Welt zu verlieben: Denn Sie ist ein stinckendes Leilach/ an der man sich allenthalben beflecket. Wo stete Gottlosigkeit/ da ist keine Frömmigkeit. Mit der Welt ist es auch also beschaffen: Sie ist voller bösen Buben/ darinnen der Teufel Wirth. Jhre Freude währet ein Augenblick/ und wenn sie hin/ so ist Sie als wenn Sie nie da gewesen. Sie ist Jhr iederzeit gleich gewesen: Gleich an Bosheit; Gleich an List und Betrug: Gleich an Mord und Todschlag: Gleich an Behendigkeit: Gleich an Fällen: Gleich am Ubel/ Aergern und Aergesten: und was kan Gutes an Jhr seyn/ alldieweil Sie stets in dem Argen liegt/ und mit Nichts/ als Betrug umgehet. Es ist in Jhr nichts vollkommenes / sondern alles mangelhafftig. Unser Hertz ist böse von Jugend auf. Wir sind alle Abtrünnige/ und verdorben wie Ertzt und Eiseln. Wie keine Fische ohne Grät: Also ist auch Niemand ohne Fehler. Wir sind in unserm Thun und Wesen eben beschaffen/ wie Einer/ der auf der See schiffet/ welcher Jhm gut Wetter/ und eine glückliche Schiffarth wündschet/ die Seegel nach dem Winde ordnet/ und das Schiff/ so gut als Einer kan/ regieret/ daß aber dasselbe nicht hin und her wancke/ und von den Wellen nicht auf- und abgetrieben werde/ Solches vermag Er nicht zu wehren. Wo ein Funken der Treue und Redlichkeit/ da ist dagegen eine ganze Handvoll Unruhe anzutreffen. Der beste Freund ist ein Feind. Die Gebehrden sind vorwerts Holdseelig/ und die Gedanken falsch. Das Gesichte ist freundlich/ und das Herze feindlich. Die Worte gütig/ und das Gemüthe gifftig.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/511>, abgerufen am 26.11.2024.