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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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Je mehr Geld/ ie mehr Recht /

Je mehr Lohn/ iemehr Knecht.

Silber und Gold schicken sich zu allen Dingen. Die Welt ist nichts anders/ als das grosse Meer/ und das Geld der verschlagene Schiffmann/ welcher bey bösem und gutem Winde dieselbe zu durchfahren pfleget. Der Gesetz-Geber Lycurgus befahl/ daß kein Bürger reicher als der andere seyn dürffte/ und als Er deßwegen gefragt/ gab Er zur Antwort: Die Mühe und Arbeit/ welche der Mensch in der Welt ausstehen müste/ würde nicht so sehr verursachet wegen deß Jenigen / so Er in seinem Leben bedürffte/ als wegen dessen/ was Er nach seinem Tode denen Laerti[unleserliches Material] Seinigen hinterlassen wollte. Da den weisen Aeschines Einer seines Armuths wegen verspottete/ sprach dieser: Ich schwöhre bey den unsterblichen Göttern/ daß mich deiner vielmehr erbarmet: Denn / du bemühest dich viel Geld und Gut zu sammlen/ unterstehest dich solches mit Gefahr zu bewahren/ und mit Ungelegenheit zu verthädigen; ja/ was das ärgste / so lieget allbereit dein Hertze an dem Orte/ wo du dein Geld Herodotus. verwahret hast/ begraben. In die Balearischen Insuln durffte man weder Gold noch Silber/ noch Edelgesteine bringen/ woraus erfolgete/ daß man Sie in etlichen hundert Jahren nicht bekriegete. Der Aegyptische König Prometheus verbott in seinem Königreiche kein Geld zu müntzen / weil Er darfür hielte/ daß der Geitz nicht in Sammlung vieler Lebens-Mittel / sondern in der Zusammenscharrung vielen Geldes bestünde.

Der Welt Geld-Mangel. Und/ ob man wohl von denen Unterthanen des Jahres über eine fast unzehlhare Summa Geldes einzutreiben/ und hinwiederum unter dieselben zu zertheilen pfleget/ so blicket doch der Mangel dessen überall/ mehr als der Uberfluß herfür. Der bösen Gewonheit folget das Armuth auf dem Fusse: Denn/ wenn ein Jeder in seinem Stande verbliebe/ und thäte was Ihme zukäme/ so dürffte Er nicht darein gerathen. Wenn man alle Menschen in der Welt zu Hauffe nehme/ und theilete sie auf dem Erdboden ein / so würde ein Jeder genug zu leben haben. Es will aber der Mensch lieber zu Hauffe über einem Orth/ da nichts sonderliches zu leben ist/ wohnen/ als anderwerts arbeiten. Keine Revier ist so geringe/ die nicht so viel Erdreich / die Ihrigen zu ernehren/ um sich habe. Den Erdboden bauen ist eines der ehrlichen Zünffte/ und der rechtmässige Wucher ohne Sünde/ wo dieses unterbleibet/ da folget darauf eine unzuläßliche Nahrung/ die weder Grund noch Bestand hat. Ein Kaufmann/ der ohne Compagnie und Gesellschafft lebet / verdirbet eher als ein anderer/ so sich in dergleichen begiebet. Mit Unterthanen ist es nichts anders. Hilfft man Ihnen nicht auf/ so müssen Sie unter der Lasterliegen. Der meiste Theil der Menschen siehet einander an/ nicht / daß Sie einander in der Noth wollen beyspringen/ sondern vielmehr ihre Mängel und Gebrechen entdecken. Niemand nimmet Sich des Nächsten an/ und ein Jeder gedencket/ wenn Er demselben mit etwas beyspränge/ so gehe es Ihm an seiner Nahrung ab. Geld und Gut ist offters ein Ursprung alles Armuths. Ihrer viel/ so dasselbe nicht haben/ leiden die gröste Noth/ und verscherzen offt den Himmel darüber/ alldieweil Sie das/ was die Natur selbst so wenig gegeben/ in grösserer Menge haben wollen. Arbeit ist die rechte Müntze/ welche bey der Natur gangbar. Und/ wie das Geld/ die Lar-

Je mehr Geld/ ie mehr Recht /

Je mehr Lohn/ iemehr Knecht.

Silber und Gold schicken sich zu allen Dingen. Die Welt ist nichts anders/ als das grosse Meer/ und das Geld der verschlagene Schiffmann/ welcher bey bösem und gutem Winde dieselbe zu durchfahren pfleget. Der Gesetz-Geber Lycurgus befahl/ daß kein Bürger reicher als der andere seyn dürffte/ und als Er deßwegen gefragt/ gab Er zur Antwort: Die Mühe und Arbeit/ welche der Mensch in der Welt ausstehen müste/ würde nicht so sehr verursachet wegen deß Jenigen / so Er in seinem Leben bedürffte/ als wegen dessen/ was Er nach seinem Tode denen Laërti[unleserliches Material] Seinigen hinterlassen wollte. Da den weisen Aeschines Einer seines Armuths wegen verspottete/ sprach dieser: Ich schwöhre bey den unsterblichen Göttern/ daß mich deiner vielmehr erbarmet: Denn / du bemühest dich viel Geld und Gut zu sammlen/ unterstehest dich solches mit Gefahr zu bewahren/ und mit Ungelegenheit zu verthädigen; ja/ was das ärgste / so lieget allbereit dein Hertze an dem Orte/ wo du dein Geld Herodotus. verwahret hast/ begraben. In die Balearischen Insuln durffte man weder Gold noch Silber/ noch Edelgesteine bringen/ woraus erfolgete/ daß man Sie in etlichen hundert Jahren nicht bekriegete. Der Aegyptische König Prometheus verbott in seinem Königreiche kein Geld zu müntzen / weil Er darfür hielte/ daß der Geitz nicht in Sammlung vieler Lebens-Mittel / sondern in der Zusammenscharrung vielen Geldes bestünde.

Der Welt Geld-Mangel. Und/ ob man wohl von denen Unterthanen des Jahres über eine fast unzehlhare Summa Geldes einzutreiben/ und hinwiederum unter dieselben zu zertheilen pfleget/ so blicket doch der Mangel dessen überall/ mehr als der Uberfluß herfür. Der bösen Gewonheit folget das Armuth auf dem Fusse: Denn/ wenn ein Jeder in seinem Stande verbliebe/ und thäte was Ihme zukäme/ so dürffte Er nicht darein gerathen. Wenn man alle Menschen in der Welt zu Hauffe nehme/ und theilete sie auf dem Erdboden ein / so würde ein Jeder genug zu leben haben. Es will aber der Mensch lieber zu Hauffe über einem Orth/ da nichts sonderliches zu leben ist/ wohnen/ als anderwerts arbeiten. Keine Revier ist so geringe/ die nicht so viel Erdreich / die Ihrigen zu ernehren/ um sich habe. Den Erdboden bauen ist eines der ehrlichen Zünffte/ und der rechtmässige Wucher ohne Sünde/ wo dieses unterbleibet/ da folget darauf eine unzuläßliche Nahrung/ die weder Grund noch Bestand hat. Ein Kaufmann/ der ohne Compagnie und Gesellschafft lebet / verdirbet eher als ein anderer/ so sich in dergleichen begiebet. Mit Unterthanen ist es nichts anders. Hilfft man Ihnen nicht auf/ so müssen Sie unter der Lasterliegen. Der meiste Theil der Menschen siehet einander an/ nicht / daß Sie einander in der Noth wollen beyspringen/ sondern vielmehr ihre Mängel und Gebrechen entdecken. Niemand nimmet Sich des Nächsten an/ und ein Jeder gedencket/ wenn Er demselben mit etwas beyspränge/ so gehe es Ihm an seiner Nahrung ab. Geld und Gut ist offters ein Ursprung alles Armuths. Ihrer viel/ so dasselbe nicht haben/ leiden die gröste Noth/ und verscherzen offt den Himmel darüber/ alldieweil Sie das/ was die Natur selbst so wenig gegeben/ in grösserer Menge haben wollen. Arbeit ist die rechte Müntze/ welche bey der Natur gangbar. Und/ wie das Geld/ die Lar-

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[528/0552] Je mehr Geld/ ie mehr Recht / Je mehr Lohn/ iemehr Knecht. Silber und Gold schicken sich zu allen Dingen. Die Welt ist nichts anders/ als das grosse Meer/ und das Geld der verschlagene Schiffmann/ welcher bey bösem und gutem Winde dieselbe zu durchfahren pfleget. Der Gesetz-Geber Lycurgus befahl/ daß kein Bürger reicher als der andere seyn dürffte/ und als Er deßwegen gefragt/ gab Er zur Antwort: Die Mühe und Arbeit/ welche der Mensch in der Welt ausstehen müste/ würde nicht so sehr verursachet wegen deß Jenigen / so Er in seinem Leben bedürffte/ als wegen dessen/ was Er nach seinem Tode denen Seinigen hinterlassen wollte. Da den weisen Aeschines Einer seines Armuths wegen verspottete/ sprach dieser: Ich schwöhre bey den unsterblichen Göttern/ daß mich deiner vielmehr erbarmet: Denn / du bemühest dich viel Geld und Gut zu sammlen/ unterstehest dich solches mit Gefahr zu bewahren/ und mit Ungelegenheit zu verthädigen; ja/ was das ärgste / so lieget allbereit dein Hertze an dem Orte/ wo du dein Geld verwahret hast/ begraben. In die Balearischen Insuln durffte man weder Gold noch Silber/ noch Edelgesteine bringen/ woraus erfolgete/ daß man Sie in etlichen hundert Jahren nicht bekriegete. Der Aegyptische König Prometheus verbott in seinem Königreiche kein Geld zu müntzen / weil Er darfür hielte/ daß der Geitz nicht in Sammlung vieler Lebens-Mittel / sondern in der Zusammenscharrung vielen Geldes bestünde. Laërti_ Herodotus. Und/ ob man wohl von denen Unterthanen des Jahres über eine fast unzehlhare Summa Geldes einzutreiben/ und hinwiederum unter dieselben zu zertheilen pfleget/ so blicket doch der Mangel dessen überall/ mehr als der Uberfluß herfür. Der bösen Gewonheit folget das Armuth auf dem Fusse: Denn/ wenn ein Jeder in seinem Stande verbliebe/ und thäte was Ihme zukäme/ so dürffte Er nicht darein gerathen. Wenn man alle Menschen in der Welt zu Hauffe nehme/ und theilete sie auf dem Erdboden ein / so würde ein Jeder genug zu leben haben. Es will aber der Mensch lieber zu Hauffe über einem Orth/ da nichts sonderliches zu leben ist/ wohnen/ als anderwerts arbeiten. Keine Revier ist so geringe/ die nicht so viel Erdreich / die Ihrigen zu ernehren/ um sich habe. Den Erdboden bauen ist eines der ehrlichen Zünffte/ und der rechtmässige Wucher ohne Sünde/ wo dieses unterbleibet/ da folget darauf eine unzuläßliche Nahrung/ die weder Grund noch Bestand hat. Ein Kaufmann/ der ohne Compagnie und Gesellschafft lebet / verdirbet eher als ein anderer/ so sich in dergleichen begiebet. Mit Unterthanen ist es nichts anders. Hilfft man Ihnen nicht auf/ so müssen Sie unter der Lasterliegen. Der meiste Theil der Menschen siehet einander an/ nicht / daß Sie einander in der Noth wollen beyspringen/ sondern vielmehr ihre Mängel und Gebrechen entdecken. Niemand nimmet Sich des Nächsten an/ und ein Jeder gedencket/ wenn Er demselben mit etwas beyspränge/ so gehe es Ihm an seiner Nahrung ab. Geld und Gut ist offters ein Ursprung alles Armuths. Ihrer viel/ so dasselbe nicht haben/ leiden die gröste Noth/ und verscherzen offt den Himmel darüber/ alldieweil Sie das/ was die Natur selbst so wenig gegeben/ in grösserer Menge haben wollen. Arbeit ist die rechte Müntze/ welche bey der Natur gangbar. Und/ wie das Geld/ die Lar- Der Welt Geld-Mangel.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/552>, abgerufen am 21.11.2024.