[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.die ihre Fragen also verblühmet eingerichtet/ daß/ wenn man ihr eine Zweifels-Frage aufgelöset/ sie dargegen viel andere auf die Bahne gebracht. Weil nun Hercules so wohl ein Mann mit Tapfferkeit/ als Weißheit und Verstande begabet/ so wäre das/ was ietzo gedacht/ dahin zu verstehen. Dannenhero auch das Sprichwort erwachsen/ daß derjenige/ welcher einmahl in ein Unglücke / Streit/ und Widerwärtigkeit geräth/ und sich jemahls wieder so bald herauswickeln könne/ eine Hydra zerhaue. Man hat sich aber dißfalls als ein kluger Schiffmann zu verhalten/ welcher bey guter Wind-Stille das Seinige auf dem Schiffe also beobachtet/ damit er für dem ereigneten Sturm-Wetter bestehe / und gleichsam die grausamsten Wellen/ Blitzen/ und Donner überwinde. Als Carl Andegavensis vernahm/ daß seine Lands-Leute die Frantzosen auf einmahl theils aus Sicilien/ theils aus dem Königreiche Neapoli verjagt und erbärmlich hingerichtet/ sprach Er: O GOTT straff mich doch nicht auf einmahl/ sondern vielmehr nach und nach/ auf daß ich dasjenige/ was ich geschwinde erobert / auch wieder langsam verliehre. Wenn es donnert/ so regnet es gemeiniglich darauf: gleicher Gestalt führet auch offters ein Unglücke das andere an dem Reihen. Man soll aber wissen/ daß ein jeder Tag/ und ein jedes Ding einer Finsternis unterworffen. Denn derjenige kan sich niemahls für glückseelig schätzen/ der nicht weiß/ was Glück und Unglück sey. Der beruffene Carolus Borvomoeus ward durch einen unverhofften Brand aller seiner Pferde und bey sich habenden Sachen verlustiget/ nichts desto weniger aber verspürte man an ihm kein Zeichen eintziger Bewegung/ sondern er verehrete vielmehr den Wärtern / wegen seines erlittenen Schadens/ hundert Ducaten. Alle Tugenden müssen sich an den Stab der Standhafftigkeit halten/ wollen sie nicht wie ein Schatten an der Wand bestehen. Keyser Constantinus hatte an seinem Ring-Kragen ein güldenes Hertz hangen/ um welches allerley Arten der Marter hiengen/ mit dieser Beyschrifft: Nihil, das ist/ durch nichts soll man von GOTT abweichen. Ein beständiger Mann ist gleich einem hohen Felsen in der See/ an welchen die Wellen zwar mit unaufhörlicher Ungestimmigkeit schlagen/ denselben aber weder schwächen/ noch schaden. Weil derohalben man sich durch das Gegenwärtige nicht beugen/ noch durch das Zukünfftige erschrecken lassen soll/ so soll man sich der Vorsichtigkeit eines Blinden bedienen/ der alle seine Tritte mit dem Stecken abmisset/ und sich also eines guten Grundes versichert. Der gefürchtete Minotaurus. Ovid. in Metamorphos. lib. 8. c. 4. Zezes. Servius. Von dem Minotauro, oder Wunder-Thier tichten die Poeten wie er halb Mensch und halb Ochse gewesen/ und von der Pasiphae/ des Königes Minois in Creta Gemahlin im Ehebruche erzeuget/ hernacher aber in einem Labyrinth/ oder Irre-Garten eingeschlossen/ und mit Menschen-Fleisch gespeiset worden. Diese Fabel will man historischer weise auslegen/ als hätte die Königin Pasiphae mit einem ihres Gemahls Krieges-Obristen/ Taurus genannt/ zugehalten / und darauf ein Knäblein gebohren/ dem man theils nach dero rechtmässigen Gemahl/ theils nach dem Ehebrecher/ den Nahmen Minotaurus gegeben. Etliche aber wollen/ daß Taurus des Königes Minos geheimbter Schriber gewesen/ welcher in Abwesenheit desselbigen mit seiner Gemahlin der Pasiphae in des Daedali Hause Ehebruch begangen/ und weil die Pasiphae/ hierauf Zwillinge gebohren/ deren Einer dem Minoi/ der Ander aber dem Tauro ähnlich gesehen/ so hätte diese Fabel dahero ihren Uhrsprung genommen. die ihre Fragen also verblühmet eingerichtet/ daß/ wenn man ihr eine Zweifels-Frage aufgelöset/ sie dargegen viel andere auf die Bahne gebracht. Weil nun Hercules so wohl ein Mann mit Tapfferkeit/ als Weißheit und Verstande begabet/ so wäre das/ was ietzo gedacht/ dahin zu verstehen. Dannenhero auch das Sprichwort erwachsen/ daß derjenige/ welcher einmahl in ein Unglücke / Streit/ und Widerwärtigkeit geräth/ und sich jemahls wieder so bald herauswickeln könne/ eine Hydra zerhaue. Man hat sich aber dißfalls als ein kluger Schiffmann zu verhalten/ welcher bey guter Wind-Stille das Seinige auf dem Schiffe also beobachtet/ damit er für dem ereigneten Sturm-Wetter bestehe / und gleichsam die grausamsten Wellen/ Blitzen/ und Donner überwinde. Als Carl Andegavensis vernahm/ daß seine Lands-Leute die Frantzosen auf einmahl theils aus Sicilien/ theils aus dem Königreiche Neapoli verjagt und erbärmlich hingerichtet/ sprach Er: O GOTT straff mich doch nicht auf einmahl/ sondern vielmehr nach und nach/ auf daß ich dasjenige/ was ich geschwinde erobert / auch wieder langsam verliehre. Wenn es donnert/ so regnet es gemeiniglich darauf: gleicher Gestalt führet auch offters ein Unglücke das andere an dem Reihen. Man soll aber wissen/ daß ein jeder Tag/ und ein jedes Ding einer Finsternis unterworffen. Denn derjenige kan sich niemahls für glückseelig schätzen/ der nicht weiß/ was Glück und Unglück sey. Der beruffene Carolus Borvomoeus ward durch einen unverhofften Brand aller seiner Pferde und bey sich habenden Sachen verlustiget/ nichts desto weniger aber verspürte man an ihm kein Zeichen eintziger Bewegung/ sondern er verehrete vielmehr den Wärtern / wegen seines erlittenen Schadens/ hundert Ducaten. Alle Tugenden müssen sich an den Stab der Standhafftigkeit halten/ wollen sie nicht wie ein Schatten an der Wand bestehen. Keyser Constantinus hatte an seinem Ring-Kragen ein güldenes Hertz hangen/ um welches allerley Arten der Marter hiengen/ mit dieser Beyschrifft: Nihil, das ist/ durch nichts soll man von GOTT abweichen. Ein beständiger Mann ist gleich einem hohen Felsen in der See/ an welchen die Wellen zwar mit unaufhörlicher Ungestimmigkeit schlagen/ denselben aber weder schwächen/ noch schaden. Weil derohalben man sich durch das Gegenwärtige nicht beugen/ noch durch das Zukünfftige erschrecken lassen soll/ so soll man sich der Vorsichtigkeit eines Blinden bedienen/ der alle seine Tritte mit dem Stecken abmisset/ und sich also eines guten Grundes versichert. Der gefürchtete Minotaurus. Ovid. in Metamorphos. lib. 8. c. 4. Zezes. Servius. Von dem Minotauro, oder Wunder-Thier tichten die Poeten wie er halb Mensch und halb Ochse gewesen/ und von der Pasiphae/ des Königes Minois in Creta Gemahlin im Ehebruche erzeuget/ hernacher aber in einem Labyrinth/ oder Irre-Garten eingeschlossen/ und mit Menschen-Fleisch gespeiset worden. Diese Fabel will man historischer weise auslegen/ als hätte die Königin Pasiphae mit einem ihres Gemahls Krieges-Obristen/ Taurus genannt/ zugehalten / und darauf ein Knäblein gebohren/ dem man theils nach dero rechtmässigen Gemahl/ theils nach dem Ehebrecher/ den Nahmen Minotaurus gegeben. Etliche aber wollen/ daß Taurus des Königes Minos geheimbter Schriber gewesen/ welcher in Abwesenheit desselbigen mit seiner Gemahlin der Pasiphae in des Daedali Hause Ehebruch begangen/ und weil die Pasiphae/ hierauf Zwillinge gebohren/ deren Einer dem Minoi/ der Ander aber dem Tauro ähnlich gesehen/ so hätte diese Fabel dahero ihren Uhrsprung genommen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0568" n="542"/> die ihre Fragen also verblühmet eingerichtet/ daß/ wenn man ihr eine Zweifels-Frage aufgelöset/ sie dargegen viel andere auf die Bahne gebracht. Weil nun Hercules so wohl ein Mann mit Tapfferkeit/ als Weißheit und Verstande begabet/ so wäre das/ was ietzo gedacht/ dahin zu verstehen. Dannenhero auch das Sprichwort erwachsen/ daß derjenige/ welcher einmahl in ein Unglücke / Streit/ und Widerwärtigkeit geräth/ und sich jemahls wieder so bald herauswickeln könne/ eine Hydra zerhaue. Man hat sich aber dißfalls als ein kluger Schiffmann zu verhalten/ welcher bey guter Wind-Stille das Seinige auf dem Schiffe also beobachtet/ damit er für dem ereigneten Sturm-Wetter bestehe / und gleichsam die grausamsten Wellen/ Blitzen/ und Donner überwinde.</p> <p>Als Carl Andegavensis vernahm/ daß seine Lands-Leute die Frantzosen auf einmahl theils aus Sicilien/ theils aus dem Königreiche Neapoli verjagt und erbärmlich hingerichtet/ sprach Er: O GOTT straff mich doch nicht auf einmahl/ sondern vielmehr nach und nach/ auf daß ich dasjenige/ was ich geschwinde erobert / auch wieder langsam verliehre. Wenn es donnert/ so regnet es gemeiniglich darauf: gleicher Gestalt führet auch offters ein Unglücke das andere an dem Reihen. Man soll aber wissen/ daß ein jeder Tag/ und ein jedes Ding einer Finsternis unterworffen. Denn derjenige kan sich niemahls für glückseelig schätzen/ der nicht weiß/ was Glück und Unglück sey. Der beruffene Carolus Borvomoeus ward durch einen unverhofften Brand aller seiner Pferde und bey sich habenden Sachen verlustiget/ nichts desto weniger aber verspürte man an ihm kein Zeichen eintziger Bewegung/ sondern er verehrete vielmehr den Wärtern / wegen seines erlittenen Schadens/ hundert Ducaten. Alle Tugenden müssen sich an den Stab der Standhafftigkeit halten/ wollen sie nicht wie ein Schatten an der Wand bestehen. Keyser Constantinus hatte an seinem Ring-Kragen ein güldenes Hertz hangen/ um welches allerley Arten der Marter hiengen/ mit dieser Beyschrifft: Nihil, das ist/ durch nichts soll man von GOTT abweichen. Ein beständiger Mann ist gleich einem hohen Felsen in der See/ an welchen die Wellen zwar mit unaufhörlicher Ungestimmigkeit schlagen/ denselben aber weder schwächen/ noch schaden. Weil derohalben man sich durch das Gegenwärtige nicht beugen/ noch durch das Zukünfftige erschrecken lassen soll/ so soll man sich der Vorsichtigkeit eines Blinden bedienen/ der alle seine Tritte mit dem Stecken abmisset/ und sich also eines guten Grundes versichert.</p> <p><note place="left">Der gefürchtete Minotaurus. Ovid. in Metamorphos. lib. 8. c. 4. Zezes. Servius.</note> Von dem Minotauro, oder Wunder-Thier tichten die Poeten wie er halb Mensch und halb Ochse gewesen/ und von der Pasiphae/ des Königes Minois in Creta Gemahlin im Ehebruche erzeuget/ hernacher aber in einem Labyrinth/ oder Irre-Garten eingeschlossen/ und mit Menschen-Fleisch gespeiset worden. Diese Fabel will man historischer weise auslegen/ als hätte die Königin Pasiphae mit einem ihres Gemahls Krieges-Obristen/ Taurus genannt/ zugehalten / und darauf ein Knäblein gebohren/ dem man theils nach dero rechtmässigen Gemahl/ theils nach dem Ehebrecher/ den Nahmen Minotaurus gegeben. Etliche aber wollen/ daß Taurus des Königes Minos geheimbter Schriber gewesen/ welcher in Abwesenheit desselbigen mit seiner Gemahlin der Pasiphae in des Daedali Hause Ehebruch begangen/ und weil die Pasiphae/ hierauf Zwillinge gebohren/ deren Einer dem Minoi/ der Ander aber dem Tauro ähnlich gesehen/ so hätte diese Fabel dahero ihren Uhrsprung genommen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [542/0568]
die ihre Fragen also verblühmet eingerichtet/ daß/ wenn man ihr eine Zweifels-Frage aufgelöset/ sie dargegen viel andere auf die Bahne gebracht. Weil nun Hercules so wohl ein Mann mit Tapfferkeit/ als Weißheit und Verstande begabet/ so wäre das/ was ietzo gedacht/ dahin zu verstehen. Dannenhero auch das Sprichwort erwachsen/ daß derjenige/ welcher einmahl in ein Unglücke / Streit/ und Widerwärtigkeit geräth/ und sich jemahls wieder so bald herauswickeln könne/ eine Hydra zerhaue. Man hat sich aber dißfalls als ein kluger Schiffmann zu verhalten/ welcher bey guter Wind-Stille das Seinige auf dem Schiffe also beobachtet/ damit er für dem ereigneten Sturm-Wetter bestehe / und gleichsam die grausamsten Wellen/ Blitzen/ und Donner überwinde.
Als Carl Andegavensis vernahm/ daß seine Lands-Leute die Frantzosen auf einmahl theils aus Sicilien/ theils aus dem Königreiche Neapoli verjagt und erbärmlich hingerichtet/ sprach Er: O GOTT straff mich doch nicht auf einmahl/ sondern vielmehr nach und nach/ auf daß ich dasjenige/ was ich geschwinde erobert / auch wieder langsam verliehre. Wenn es donnert/ so regnet es gemeiniglich darauf: gleicher Gestalt führet auch offters ein Unglücke das andere an dem Reihen. Man soll aber wissen/ daß ein jeder Tag/ und ein jedes Ding einer Finsternis unterworffen. Denn derjenige kan sich niemahls für glückseelig schätzen/ der nicht weiß/ was Glück und Unglück sey. Der beruffene Carolus Borvomoeus ward durch einen unverhofften Brand aller seiner Pferde und bey sich habenden Sachen verlustiget/ nichts desto weniger aber verspürte man an ihm kein Zeichen eintziger Bewegung/ sondern er verehrete vielmehr den Wärtern / wegen seines erlittenen Schadens/ hundert Ducaten. Alle Tugenden müssen sich an den Stab der Standhafftigkeit halten/ wollen sie nicht wie ein Schatten an der Wand bestehen. Keyser Constantinus hatte an seinem Ring-Kragen ein güldenes Hertz hangen/ um welches allerley Arten der Marter hiengen/ mit dieser Beyschrifft: Nihil, das ist/ durch nichts soll man von GOTT abweichen. Ein beständiger Mann ist gleich einem hohen Felsen in der See/ an welchen die Wellen zwar mit unaufhörlicher Ungestimmigkeit schlagen/ denselben aber weder schwächen/ noch schaden. Weil derohalben man sich durch das Gegenwärtige nicht beugen/ noch durch das Zukünfftige erschrecken lassen soll/ so soll man sich der Vorsichtigkeit eines Blinden bedienen/ der alle seine Tritte mit dem Stecken abmisset/ und sich also eines guten Grundes versichert.
Von dem Minotauro, oder Wunder-Thier tichten die Poeten wie er halb Mensch und halb Ochse gewesen/ und von der Pasiphae/ des Königes Minois in Creta Gemahlin im Ehebruche erzeuget/ hernacher aber in einem Labyrinth/ oder Irre-Garten eingeschlossen/ und mit Menschen-Fleisch gespeiset worden. Diese Fabel will man historischer weise auslegen/ als hätte die Königin Pasiphae mit einem ihres Gemahls Krieges-Obristen/ Taurus genannt/ zugehalten / und darauf ein Knäblein gebohren/ dem man theils nach dero rechtmässigen Gemahl/ theils nach dem Ehebrecher/ den Nahmen Minotaurus gegeben. Etliche aber wollen/ daß Taurus des Königes Minos geheimbter Schriber gewesen/ welcher in Abwesenheit desselbigen mit seiner Gemahlin der Pasiphae in des Daedali Hause Ehebruch begangen/ und weil die Pasiphae/ hierauf Zwillinge gebohren/ deren Einer dem Minoi/ der Ander aber dem Tauro ähnlich gesehen/ so hätte diese Fabel dahero ihren Uhrsprung genommen.
Der gefürchtete Minotaurus. Ovid. in Metamorphos. lib. 8. c. 4. Zezes. Servius.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/568 |
Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/568>, abgerufen am 25.06.2024. |