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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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nicht unbillich solche Furien denen höllischen Richtern/ als Dienerinnen zugesellet/ alldieweil sie denen Verurtheilten die Gedancken und Ausflüchte ihrer Laster zu verläugnen benehmen/ in allerhand Leichfertigkeit die Gemüther verstärcken/ und letzlich die vorgebildete Freude in den grösten Schmertz verwandeln helffen. Gleichwie wir aber alle die jenigen Laster/ so uns bewust/ als da ist Neid/ Haß / Feindschafft/ Widerwillen/ Verfolgung oder Hoffnung durch unbefugte Mittel viel Virgilius lib. 7. AEneid. Reichthum und Güter zu gewinnen/ zu unserm Behuf gebrauchen: Also werden auch bey Anschauung und Betrachtung dieser drey Furien/ als da ist bey der Alecto die Bestraffung der aus Neid entstandenen Mißhandlungen: Bey der Tisiphone der unaufhörliche Verlust / und die zu spat erfolgende Reue/ welche aus dem Kützel der Wollust erzeuget wird/ Ovidius. und der Poet also beschreibet:

Nec mora, Tisiphone madefactam sanguine sumit

Importuna facem, fluidoque cruore rubentem

induitur pallam, tortoque incingitur angue,

egrediturque domo: Luctus comitatur euntem,

& pavor, & terror, trepidoque insania vultu.

Vald nimmt Tisiphone von Blute gantz besprenget

die Fackel voller Grimm/ und legt mit allem Fleiß

den blutgen Mantel an: Wenn dann der Gifft vermenget;

So gehet sie herfür; Jhr folget hauffenweis

Leid/ Schrecken/ Zittern/ Furcht.

Bey der Megära aber/ die aus Rache/ Mord/ Todtschlag/ Haß und Zorn herrührende Laster bedeutet/ welche letzere Furia dann der Poete in Claudianus de Laudibus Stiliconis. Folgenden vorstellet:

Improba mox surgit tristi de sede Megaera,

quam penes insani fremitus, animique profanus

Error, & undantis spumis furialibus Irae.

Daß man ferner vorgegeben/ es wären solche drey Töchter der Nacht/ darinn hat man sonder Zweifel das Absehen auf die Unwissenheit der Verstorbenen/ und auf das/ was sich künfftig zutragen möchte/ gehabt; daß man aber den Plutonem und die Proserpinam auch für ihre Eltern gehalten/ hat man auf den Ursprung und Grund aller Laster gesehen/ indem man den Plutonem über das Reichthum/ und die Proserpinam für den Uberfluß aller Früchte und Erd-Gewächse gesetzet; Und nachdem über dieses die Alten gedichtet/ daß die Furien den Eingang zu der untern Welt/ und das Ufer des höllischen Flusses in Verwahrung hätten/ so haben sie dadurch nichts anders verstehen wollen/ als wie insonderheit die Gemüther der Sterbenden/ durch Erinnerung ihrer vorigen Sünden ohue Unterlaß beunruhiget werden. Mit einem Worte: Die Höllischen Furien sehen sich stets mit den Augen ihrer Laster an/ und geben an den Tag/ daß nichts so Grosses / nichts so Lasterhafftiges/ und nichts

nicht unbillich solche Furien denen höllischen Richtern/ als Dienerinnen zugesellet/ alldieweil sie denen Verurtheilten die Gedancken und Ausflüchte ihrer Laster zu verläugnen benehmen/ in allerhand Leichfertigkeit die Gemüther verstärcken/ und letzlich die vorgebildete Freude in den grösten Schmertz verwandeln helffen. Gleichwie wir aber alle die jenigen Laster/ so uns bewust/ als da ist Neid/ Haß / Feindschafft/ Widerwillen/ Verfolgung oder Hoffnung durch unbefugte Mittel viel Virgilius lib. 7. AEneid. Reichthum und Güter zu gewinnen/ zu unserm Behuf gebrauchen: Also werden auch bey Anschauung und Betrachtung dieser drey Furien/ als da ist bey der Alecto die Bestraffung der aus Neid entstandenen Mißhandlungen: Bey der Tisiphone der unaufhörliche Verlust / und die zu spat erfolgende Reue/ welche aus dem Kützel der Wollust erzeuget wird/ Ovidius. und der Poet also beschreibet:

Nec mora, Tisiphone madefactam sanguine sumit

Importuna facem, fluidoque cruore rubentem

induitur pallam, tortoque incingitur angue,

egrediturque domo: Luctus comitatur euntem,

& pavor, & terror, trepidoque insania vultu.

Vald nimmt Tisiphone von Blute gantz besprenget

die Fackel voller Grimm/ und legt mit allem Fleiß

den blutgen Mantel an: Wenn dann der Gifft vermenget;

So gehet sie herfür; Jhr folget hauffenweis

Leid/ Schrecken/ Zittern/ Furcht.

Bey der Megära aber/ die aus Rache/ Mord/ Todtschlag/ Haß und Zorn herrührende Laster bedeutet/ welche letzere Furia dann der Poete in Claudianus de Laudibus Stiliconis. Folgenden vorstellet:

Improba mox surgit tristi de sede Megaera,

quam penes insani fremitus, animique profanus

Error, & undantis spumis furialibus Irae.

Daß man ferner vorgegeben/ es wären solche drey Töchter der Nacht/ darinn hat man sonder Zweifel das Absehen auf die Unwissenheit der Verstorbenen/ und auf das/ was sich künfftig zutragen möchte/ gehabt; daß man aber den Plutonem und die Proserpinam auch für ihre Eltern gehalten/ hat man auf den Ursprung und Grund aller Laster gesehen/ indem man den Plutonem über das Reichthum/ und die Proserpinam für den Uberfluß aller Früchte und Erd-Gewächse gesetzet; Und nachdem über dieses die Alten gedichtet/ daß die Furien den Eingang zu der untern Welt/ und das Ufer des höllischen Flusses in Verwahrung hätten/ so haben sie dadurch nichts anders verstehen wollen/ als wie insonderheit die Gemüther der Sterbenden/ durch Erinnerung ihrer vorigen Sünden ohue Unterlaß beunruhiget werden. Mit einem Worte: Die Höllischen Furien sehen sich stets mit den Augen ihrer Laster an/ und geben an den Tag/ daß nichts so Grosses / nichts so Lasterhafftiges/ und nichts

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[553/0579] nicht unbillich solche Furien denen höllischen Richtern/ als Dienerinnen zugesellet/ alldieweil sie denen Verurtheilten die Gedancken und Ausflüchte ihrer Laster zu verläugnen benehmen/ in allerhand Leichfertigkeit die Gemüther verstärcken/ und letzlich die vorgebildete Freude in den grösten Schmertz verwandeln helffen. Gleichwie wir aber alle die jenigen Laster/ so uns bewust/ als da ist Neid/ Haß / Feindschafft/ Widerwillen/ Verfolgung oder Hoffnung durch unbefugte Mittel viel Reichthum und Güter zu gewinnen/ zu unserm Behuf gebrauchen: Also werden auch bey Anschauung und Betrachtung dieser drey Furien/ als da ist bey der Alecto die Bestraffung der aus Neid entstandenen Mißhandlungen: Bey der Tisiphone der unaufhörliche Verlust / und die zu spat erfolgende Reue/ welche aus dem Kützel der Wollust erzeuget wird/ und der Poet also beschreibet: Virgilius lib. 7. AEneid. Ovidius. Nec mora, Tisiphone madefactam sanguine sumit Importuna facem, fluidoque cruore rubentem induitur pallam, tortoque incingitur angue, egrediturque domo: Luctus comitatur euntem, & pavor, & terror, trepidoque insania vultu. Vald nimmt Tisiphone von Blute gantz besprenget die Fackel voller Grimm/ und legt mit allem Fleiß den blutgen Mantel an: Wenn dann der Gifft vermenget; So gehet sie herfür; Jhr folget hauffenweis Leid/ Schrecken/ Zittern/ Furcht. Bey der Megära aber/ die aus Rache/ Mord/ Todtschlag/ Haß und Zorn herrührende Laster bedeutet/ welche letzere Furia dann der Poete in Folgenden vorstellet: Claudianus de Laudibus Stiliconis. Improba mox surgit tristi de sede Megaera, quam penes insani fremitus, animique profanus Error, & undantis spumis furialibus Irae. Daß man ferner vorgegeben/ es wären solche drey Töchter der Nacht/ darinn hat man sonder Zweifel das Absehen auf die Unwissenheit der Verstorbenen/ und auf das/ was sich künfftig zutragen möchte/ gehabt; daß man aber den Plutonem und die Proserpinam auch für ihre Eltern gehalten/ hat man auf den Ursprung und Grund aller Laster gesehen/ indem man den Plutonem über das Reichthum/ und die Proserpinam für den Uberfluß aller Früchte und Erd-Gewächse gesetzet; Und nachdem über dieses die Alten gedichtet/ daß die Furien den Eingang zu der untern Welt/ und das Ufer des höllischen Flusses in Verwahrung hätten/ so haben sie dadurch nichts anders verstehen wollen/ als wie insonderheit die Gemüther der Sterbenden/ durch Erinnerung ihrer vorigen Sünden ohue Unterlaß beunruhiget werden. Mit einem Worte: Die Höllischen Furien sehen sich stets mit den Augen ihrer Laster an/ und geben an den Tag/ daß nichts so Grosses / nichts so Lasterhafftiges/ und nichts

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/579>, abgerufen am 16.06.2024.