[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.ringe. Cron und Scepter sollen auch nach heilsamen Rathschlägen eingerichtet seyn / wann sie einen beständigen Grund erfassen wollen. Nirgends besser kan man einen Schatz verwahren/ als in seiner Unterthanen Beutel. Und gleichwie ein Regente sich nicht unbillig einem Weber vergleichet/ der zu seiner Arbeit einen geschickten Leib/ gesunde Vernunfft/ helle Augen/ und fertige Arme und Hände haben muß/ damit er nicht allein das jenige/ was er vor sich/ zu Stande bringe/ sondern auch das/ was darzwischen zerbricht/ stecken bleibet/ oder verwirret wird/ wieder ergäntze: Also gebühret auch denenselben solche Leute um sich zu haben/ die Ihme seine Mühe und Arbeit erleichtern helffen. Keyser Friedrich der Dritte sagte/ daß Er die jenigen Räthe/ welche ihr Absehen auf des gemeinen Wesens Frieden richteten/ und GOtt mehr als Ihn fürchteten/ am allermeisten liebete. Mehr Könige sind aus Mangel verständiger Leute zu Grund und Boden gegangen/ als durch euserliche Macht und Gewalt. Räthe sind Augen eines Fürsten/ die er nicht verletzen/ sondern an ihrem behörigen Ort stehen lassen muß. Bey allen Rathschlägen soll der Nutzen des gemeinen Wesens der Mittelpunct seyn/ doch der Gestalt/ daß sie in gleicher Weite von demselben stehen. Der jenige/ so seinem eigenen Kopf folget/ der leidet letzlich Mangel an gutem Rathe: Rath aber geben/ ohne Erwegung eines Dunges/ ist ein verborgener Betrug/ und die Macht und Stärcke ohne Recht eine Wahnsinnigkeit. Soll aber alles beydes eine gewisse Harmoni geben/ und ein Königreich in steter Glückseeligkeit leben/ so muß Verstand/ Weisheit/ Rath/ Macht und Gewalt gleichsam zusammen gefesselt/ und auf das genaueste miteinander verbunden seyn. Höllische Furien. Virgilius. Die Poeten nennen des höllischen Flusses Acherontis Töchter/ welche er von der Nacht erzeiget hätte / Noctigenas, die sich niemahls kiener Freude theilhafftig machten/ sondern in steter Traurigkeit lebeten: Die jenigen aber/ so sich bey denen Sterblichen aufhalten/ Furien/ alldieweil sie denen Menschen allerhand Zorn und Geitz einblaseten/ und gleichsam unterschiedenes Ungeziefer in den Busen setzten / das hernachmahls dieselben zur Raserey und Unsinnigkeit brächte/ und wären ihre Häubter/ an statt der Haare/ mit Schlangen umflochten. Dieses giebet uns Gelegenheit Lactantius lib. 6. de vero cultu. denenselben nachzudencken. Drey Furien zehlet man/ welche die menschliche Gemüter/ als abscheuliche Höllenhunde/ ohne Unterlaß plagen: Diese sind nichts als dreyerley Affecten/ die in der Welt die Menschen zu vielerley bösen Thaten verleiten/ als da ist der Zorn/ welcher nichts als Rache verlanget: Die Begierde viel Geld/ Gut/ Ehre/ Hoheit und Reichthum zu erlangen/ es geschehe gleich mit Recht/ und Unrecht/ oder des Nechsten höchsten Schaden; und die Geilheit der Wollust/ die sich/ gleich einer Fledermaus/ niemahls als des Nachts sehen lässet. Wie nun das gute Gewissen in dem Menschen ein GOTT: Also ist hingegen das böse sein Hencker und sein Teusel. Jhrer viel fürchten sich in der Welt für einen bösen Nachklang/ und sind doch derer eine unzehlbare Zahl / die vorsätzlich ihr eigenes/ Gewissen in Gefahr setzen. Die höllischen Furien sind nichts anders/ als das böse Gewissen eines boshafftigen und mit allerhand Schanden angefüllten Menschens. Dieses ist unser unwiedertreiblicher Zeuge aller Ubelthaten/ so wir beydes im Alter und in der Jugend begangen: Und weil es jederzeit böser Händel gewohnet/ so schrecket und bellet es uns endlich mit solcher Hefftigkeit an/ daß man dafür weder Ruhe noch Rast hat/ weßwegen man auch ringe. Cron und Scepter sollen auch nach heilsamen Rathschlägen eingerichtet seyn / wann sie einen beständigen Grund erfassen wollen. Nirgends besser kan man einen Schatz verwahren/ als in seiner Unterthanen Beutel. Und gleichwie ein Regente sich nicht unbillig einem Weber vergleichet/ der zu seiner Arbeit einen geschickten Leib/ gesunde Vernunfft/ helle Augen/ und fertige Arme und Hände haben muß/ damit er nicht allein das jenige/ was er vor sich/ zu Stande bringe/ sondern auch das/ was darzwischen zerbricht/ stecken bleibet/ oder verwirret wird/ wieder ergäntze: Also gebühret auch denenselben solche Leute um sich zu haben/ die Ihme seine Mühe und Arbeit erleichtern helffen. Keyser Friedrich der Dritte sagte/ daß Er die jenigen Räthe/ welche ihr Absehen auf des gemeinen Wesens Frieden richteten/ und GOtt mehr als Ihn fürchteten/ am allermeisten liebete. Mehr Könige sind aus Mangel verständiger Leute zu Grund und Boden gegangen/ als durch euserliche Macht und Gewalt. Räthe sind Augen eines Fürsten/ die er nicht verletzen/ sondern an ihrem behörigen Ort stehen lassen muß. Bey allen Rathschlägen soll der Nutzen des gemeinen Wesens der Mittelpunct seyn/ doch der Gestalt/ daß sie in gleicher Weite von demselben stehen. Der jenige/ so seinem eigenen Kopf folget/ der leidet letzlich Mangel an gutem Rathe: Rath aber geben/ ohne Erwegung eines Dunges/ ist ein verborgener Betrug/ und die Macht und Stärcke ohne Recht eine Wahnsinnigkeit. Soll aber alles beydes eine gewisse Harmoni geben/ und ein Königreich in steter Glückseeligkeit leben/ so muß Verstand/ Weisheit/ Rath/ Macht und Gewalt gleichsam zusam̃en gefesselt/ und auf das genaueste miteinander verbunden seyn. Höllische Furien. Virgilius. Die Poeten nennen des höllischen Flusses Acherontis Töchter/ welche er von der Nacht erzeiget hätte / Noctigenas, die sich niemahls kiener Freude theilhafftig machten/ sondern in steter Traurigkeit lebeten: Die jenigen aber/ so sich bey denen Sterblichen aufhalten/ Furien/ alldieweil sie denen Menschen allerhand Zorn und Geitz einblaseten/ und gleichsam unterschiedenes Ungeziefer in den Busen setzten / das hernachmahls dieselben zur Raserey und Unsinnigkeit brächte/ und wären ihre Häubter/ an statt der Haare/ mit Schlangen umflochten. Dieses giebet uns Gelegenheit Lactantius lib. 6. de vero cultu. denenselben nachzudencken. Drey Furien zehlet man/ welche die menschliche Gemüter/ als abscheuliche Höllenhunde/ ohne Unterlaß plagen: Diese sind nichts als dreyerley Affecten/ die in der Welt die Menschen zu vielerley bösen Thaten verleiten/ als da ist der Zorn/ welcher nichts als Rache verlanget: Die Begierde viel Geld/ Gut/ Ehre/ Hoheit und Reichthum zu erlangen/ es geschehe gleich mit Recht/ und Unrecht/ oder des Nechsten höchsten Schaden; und die Geilheit der Wollust/ die sich/ gleich einer Fledermaus/ niemahls als des Nachts sehen lässet. Wie nun das gute Gewissen in dem Menschen ein GOTT: Also ist hingegen das böse sein Hencker und sein Teusel. Jhrer viel fürchten sich in der Welt für einen bösen Nachklang/ und sind doch derer eine unzehlbare Zahl / die vorsätzlich ihr eigenes/ Gewissen in Gefahr setzen. Die höllischen Furien sind nichts anders/ als das böse Gewissen eines boshafftigen und mit allerhand Schanden angefüllten Menschens. Dieses ist unser unwiedertreiblicher Zeuge aller Ubelthaten/ so wir beydes im Alter und in der Jugend begangen: Und weil es jederzeit böser Händel gewohnet/ so schrecket und bellet es uns endlich mit solcher Hefftigkeit an/ daß man dafür weder Ruhe noch Rast hat/ weßwegen man auch <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0578" n="552"/> ringe. Cron und Scepter sollen auch nach heilsamen Rathschlägen eingerichtet seyn / wann sie einen beständigen Grund erfassen wollen. Nirgends besser kan man einen Schatz verwahren/ als in seiner Unterthanen Beutel. Und gleichwie ein Regente sich nicht unbillig einem Weber vergleichet/ der zu seiner Arbeit einen geschickten Leib/ gesunde Vernunfft/ helle Augen/ und fertige Arme und Hände haben muß/ damit er nicht allein das jenige/ was er vor sich/ zu Stande bringe/ sondern auch das/ was darzwischen zerbricht/ stecken bleibet/ oder verwirret wird/ wieder ergäntze: Also gebühret auch denenselben solche Leute um sich zu haben/ die Ihme seine Mühe und Arbeit erleichtern helffen. Keyser Friedrich der Dritte sagte/ daß Er die jenigen Räthe/ welche ihr Absehen auf des gemeinen Wesens Frieden richteten/ und GOtt mehr als Ihn fürchteten/ am allermeisten liebete. Mehr Könige sind aus Mangel verständiger Leute zu Grund und Boden gegangen/ als durch euserliche Macht und Gewalt. Räthe sind Augen eines Fürsten/ die er nicht verletzen/ sondern an ihrem behörigen Ort stehen lassen muß. Bey allen Rathschlägen soll der Nutzen des gemeinen Wesens der Mittelpunct seyn/ doch der Gestalt/ daß sie in gleicher Weite von demselben stehen. Der jenige/ so seinem eigenen Kopf folget/ der leidet letzlich Mangel an gutem Rathe: Rath aber geben/ ohne Erwegung eines Dunges/ ist ein verborgener Betrug/ und die Macht und Stärcke ohne Recht eine Wahnsinnigkeit. Soll aber alles beydes eine gewisse Harmoni geben/ und ein Königreich in steter Glückseeligkeit leben/ so muß Verstand/ Weisheit/ Rath/ Macht und Gewalt gleichsam zusam̃en gefesselt/ und auf das genaueste miteinander verbunden seyn.</p> <p><note place="left">Höllische Furien. 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Drey Furien zehlet man/ welche die menschliche Gemüter/ als abscheuliche Höllenhunde/ ohne Unterlaß plagen: Diese sind nichts als dreyerley Affecten/ die in der Welt die Menschen zu vielerley bösen Thaten verleiten/ als da ist der Zorn/ welcher nichts als Rache verlanget: Die Begierde viel Geld/ Gut/ Ehre/ Hoheit und Reichthum zu erlangen/ es geschehe gleich mit Recht/ und Unrecht/ oder des Nechsten höchsten Schaden; und die Geilheit der Wollust/ die sich/ gleich einer Fledermaus/ niemahls als des Nachts sehen lässet. Wie nun das gute Gewissen in dem Menschen ein GOTT: Also ist hingegen das böse sein Hencker und sein Teusel. Jhrer viel fürchten sich in der Welt für einen bösen Nachklang/ und sind doch derer eine unzehlbare Zahl / die vorsätzlich ihr eigenes/ Gewissen in Gefahr setzen. Die höllischen Furien sind nichts anders/ als das böse Gewissen eines boshafftigen und mit allerhand Schanden angefüllten Menschens. Dieses ist unser unwiedertreiblicher Zeuge aller Ubelthaten/ so wir beydes im Alter und in der Jugend begangen: Und weil es jederzeit böser Händel gewohnet/ so schrecket und bellet es uns endlich mit solcher Hefftigkeit an/ daß man dafür weder Ruhe noch Rast hat/ weßwegen man auch </p> </div> </body> </text> </TEI> [552/0578]
ringe. Cron und Scepter sollen auch nach heilsamen Rathschlägen eingerichtet seyn / wann sie einen beständigen Grund erfassen wollen. Nirgends besser kan man einen Schatz verwahren/ als in seiner Unterthanen Beutel. Und gleichwie ein Regente sich nicht unbillig einem Weber vergleichet/ der zu seiner Arbeit einen geschickten Leib/ gesunde Vernunfft/ helle Augen/ und fertige Arme und Hände haben muß/ damit er nicht allein das jenige/ was er vor sich/ zu Stande bringe/ sondern auch das/ was darzwischen zerbricht/ stecken bleibet/ oder verwirret wird/ wieder ergäntze: Also gebühret auch denenselben solche Leute um sich zu haben/ die Ihme seine Mühe und Arbeit erleichtern helffen. Keyser Friedrich der Dritte sagte/ daß Er die jenigen Räthe/ welche ihr Absehen auf des gemeinen Wesens Frieden richteten/ und GOtt mehr als Ihn fürchteten/ am allermeisten liebete. Mehr Könige sind aus Mangel verständiger Leute zu Grund und Boden gegangen/ als durch euserliche Macht und Gewalt. Räthe sind Augen eines Fürsten/ die er nicht verletzen/ sondern an ihrem behörigen Ort stehen lassen muß. Bey allen Rathschlägen soll der Nutzen des gemeinen Wesens der Mittelpunct seyn/ doch der Gestalt/ daß sie in gleicher Weite von demselben stehen. Der jenige/ so seinem eigenen Kopf folget/ der leidet letzlich Mangel an gutem Rathe: Rath aber geben/ ohne Erwegung eines Dunges/ ist ein verborgener Betrug/ und die Macht und Stärcke ohne Recht eine Wahnsinnigkeit. Soll aber alles beydes eine gewisse Harmoni geben/ und ein Königreich in steter Glückseeligkeit leben/ so muß Verstand/ Weisheit/ Rath/ Macht und Gewalt gleichsam zusam̃en gefesselt/ und auf das genaueste miteinander verbunden seyn.
Die Poeten nennen des höllischen Flusses Acherontis Töchter/ welche er von der Nacht erzeiget hätte / Noctigenas, die sich niemahls kiener Freude theilhafftig machten/ sondern in steter Traurigkeit lebeten: Die jenigen aber/ so sich bey denen Sterblichen aufhalten/ Furien/ alldieweil sie denen Menschen allerhand Zorn und Geitz einblaseten/ und gleichsam unterschiedenes Ungeziefer in den Busen setzten / das hernachmahls dieselben zur Raserey und Unsinnigkeit brächte/ und wären ihre Häubter/ an statt der Haare/ mit Schlangen umflochten. Dieses giebet uns Gelegenheit denenselben nachzudencken. Drey Furien zehlet man/ welche die menschliche Gemüter/ als abscheuliche Höllenhunde/ ohne Unterlaß plagen: Diese sind nichts als dreyerley Affecten/ die in der Welt die Menschen zu vielerley bösen Thaten verleiten/ als da ist der Zorn/ welcher nichts als Rache verlanget: Die Begierde viel Geld/ Gut/ Ehre/ Hoheit und Reichthum zu erlangen/ es geschehe gleich mit Recht/ und Unrecht/ oder des Nechsten höchsten Schaden; und die Geilheit der Wollust/ die sich/ gleich einer Fledermaus/ niemahls als des Nachts sehen lässet. Wie nun das gute Gewissen in dem Menschen ein GOTT: Also ist hingegen das böse sein Hencker und sein Teusel. Jhrer viel fürchten sich in der Welt für einen bösen Nachklang/ und sind doch derer eine unzehlbare Zahl / die vorsätzlich ihr eigenes/ Gewissen in Gefahr setzen. Die höllischen Furien sind nichts anders/ als das böse Gewissen eines boshafftigen und mit allerhand Schanden angefüllten Menschens. Dieses ist unser unwiedertreiblicher Zeuge aller Ubelthaten/ so wir beydes im Alter und in der Jugend begangen: Und weil es jederzeit böser Händel gewohnet/ so schrecket und bellet es uns endlich mit solcher Hefftigkeit an/ daß man dafür weder Ruhe noch Rast hat/ weßwegen man auch
Höllische Furien. Virgilius.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/578>, abgerufen am 25.06.2024. |