[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Atlantis Stärcke und List gebraucht/ und dadurch den Draco beydes eingeschläset/ und hingerichtet. Atlas war/ wie gedacht/ ein König in Mauritanien/ der den Himmel auf seinen Achseln getragen/ das ist/ welcher zu erst den Lauff der Sonnen/ des Mondens/ und des gantzen Gestirns Umgang durch seinen Fleiß und Mühe erkundiget. Von diesem dichtet man/ dem Perseo/ welchen er von der Danae gebohren/ wohl vorsehen sollte. nachdem sich aber Atlas desselbigen Gesellschafft gäntzlich entschlagen/ hätte es deselben dermassen verdrossen / daß er auf Rache gedacht/ und ihm eines Tages der Medusoe Haubt vorgezeiget / durch welches Anschauen er alsbald in einen solchen hohen Berg verwandelt worden / dessen Spitze man für den Wolcken nicht sehen können. Dahero die Fabel entstanden/ daß Hercules den Himmel flützte/ und ihn mit seinen Schultern unterhielte/ welches dann von denen jenigen pflegt gesagt zu werden/ die sich mit vielen grossen und beschwerlichen Geschäfften beladen/ und ihnen dadurch selbsten alles Ungemach auf den Hals ziehen. Regenten Stand. Atlas wird hier als ein Kegente/ der mit vielen Regierungs-Sachen beladen ist/ vorgestellet/ und schreibet man von Ihme/ daß Er sich des Herculis Kath/ wegen seiner Klugheit und hohen Vestandes / in vielen Dingen gebrauchet/ und also derselbe nebenst Ihme den Himmel / das ist/ die Kegiments-Last hätte tragen helffen. Wann ein Potentate vor sich klug ist/ und zugleich erfahrne Leute um sich hat/ da pflegt das gemeine Wesen zu blühen. Deß Einen sein Stand bestehet in Regieren und Beschützen/ deß Andern aber in Rathen. Könige und Grosse sind wegen der Unterthanen/ diese aber nicht wegen Jener. Nicht den Schafen gebühret auf die Hirten/ sondern diesen auf Jene Acht zu haben. Das Verhängnis und die Schuld der Natur macht zwischen Königen und Unterthanen keinen Unterscheid/ und die Gräber dieser Allen geben hier genugsamen Beweiß. Weßwegen man auch von den Heyden dieses lieset: Was sind viel Jahr/ und langes Leben? Wir Alle sind dem Tod ergeben: Ein hohes Haubt/ ein hoher Sinn liegt/ da man geht darüber hin: Die Reiche/ wie sie zu Uns kommen; So werden sie auch weggenommen: Man braucht sie nur von Hand zur Hand; So ungewiß ist hoher Stand. Zwey Dinge sind Feinde der Regierung und des geistlichen Standes/ nemlich ein karger und gietziger König/ und ein ungelehrter Geistlicher. Viel unzeitige Urthel müssen öffters grosse Herren über sich ergehen lassen. Valerius Maxim. lib. 4. c. 6. Nulla tam modesta felicitas est, quae malignitatis dentes vitare potest: Kein Mensch ist in der Welt so glückseelig/ der sich nicht von den Läster-Zungen durch die Banck ziehen lassen muß: Dannenhero auch Keyser Theodosius sich seines guten Gewissens tröstete/ und sagte: Daß/ weil man Ihm nichts ungeräumtes beymessen könne/ Er auch das jenige/ was man fälschlich von Ihme ausgäbe/ nicht achte. Wer seine Regierung also anstellet/ daß man zugleich geliebet und gefürchtet wird / dessen Ansehen ist nicht ge- Atlantis Stärcke und List gebraucht/ und dadurch den Draco beydes eingeschläset/ und hingerichtet. Atlas war/ wie gedacht/ ein König in Mauritanien/ der den Himmel auf seinen Achseln getragen/ das ist/ welcher zu erst den Lauff der Sonnen/ des Mondens/ und des gantzen Gestirns Umgang durch seinen Fleiß und Mühe erkundiget. Von diesem dichtet man/ dem Perseo/ welchen er von der Danae gebohren/ wohl vorsehen sollte. nachdem sich aber Atlas desselbigen Gesellschafft gäntzlich entschlagen/ hätte es deselben dermassen verdrossen / daß er auf Rache gedacht/ und ihm eines Tages der Medusoe Haubt vorgezeiget / durch welches Anschauen er alsbald in einen solchen hohen Berg verwandelt worden / dessen Spitze man für den Wolcken nicht sehen können. Dahero die Fabel entstanden/ daß Hercules den Himmel flützte/ und ihn mit seinen Schultern unterhielte/ welches dann von denen jenigen pflegt gesagt zu werden/ die sich mit vielen grossen und beschwerlichen Geschäfften beladen/ und ihnen dadurch selbsten alles Ungemach auf den Hals ziehen. Regenten Stand. Atlas wird hier als ein Kegente/ der mit vielen Regierungs-Sachen beladen ist/ vorgestellet/ und schreibet man von Ihme/ daß Er sich des Herculis Kath/ wegen seiner Klugheit und hohen Vestandes / in vielen Dingen gebrauchet/ und also derselbe nebenst Ihme den Him̃el / das ist/ die Kegiments-Last hätte tragen helffen. Wann ein Potentate vor sich klug ist/ und zugleich erfahrne Leute um sich hat/ da pflegt das gemeine Wesen zu blühen. Deß Einen sein Stand bestehet in Regieren und Beschützen/ deß Andern aber in Rathen. Könige und Grosse sind wegen der Unterthanen/ diese aber nicht wegen Jener. Nicht den Schafen gebühret auf die Hirten/ sondern diesen auf Jene Acht zu haben. Das Verhängnis und die Schuld der Natur macht zwischen Königen und Unterthanen keinen Unterscheid/ und die Gräber dieser Allen geben hier genugsamen Beweiß. Weßwegen man auch von den Heyden dieses lieset: Was sind viel Jahr/ und langes Leben? Wir Alle sind dem Tod ergeben: Ein hohes Haubt/ ein hoher Sinn liegt/ da man geht darüber hin: Die Reiche/ wie sie zu Uns kommen; So werden sie auch weggenommen: Man braucht sie nur von Hand zur Hand; So ungewiß ist hoher Stand. Zwey Dinge sind Feinde der Regierung und des geistlichen Standes/ nemlich ein karger und gietziger König/ und ein ungelehrter Geistlicher. Viel unzeitige Urthel müssen öffters grosse Herren über sich ergehen lassen. Valerius Maxim. lib. 4. c. 6. Nulla tam modesta felicitas est, quae malignitatis dentes vitare potest: Kein Mensch ist in der Welt so glückseelig/ der sich nicht von den Läster-Zungen durch die Banck ziehen lassen muß: Dannenhero auch Keyser Theodosius sich seines guten Gewissens tröstete/ und sagte: Daß/ weil man Ihm nichts ungeräumtes beymessen könne/ Er auch das jenige/ was man fälschlich von Ihme ausgäbe/ nicht achte. Wer seine Regierung also anstellet/ daß man zugleich geliebet und gefürchtet wird / dessen Ansehen ist nicht ge- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0577" n="551"/> Atlantis Stärcke und List gebraucht/ und dadurch den Draco beydes eingeschläset/ und hingerichtet. Atlas war/ wie gedacht/ ein König in Mauritanien/ der den Himmel auf seinen Achseln getragen/ das ist/ welcher zu erst den Lauff der Sonnen/ des Mondens/ und des gantzen Gestirns Umgang durch seinen Fleiß und Mühe erkundiget. Von diesem dichtet man/ dem Perseo/ welchen er von der Danae gebohren/ wohl vorsehen sollte. nachdem sich aber Atlas desselbigen Gesellschafft gäntzlich entschlagen/ hätte es deselben dermassen verdrossen / daß er auf Rache gedacht/ und ihm eines Tages der Medusoe Haubt vorgezeiget / durch welches Anschauen er alsbald in einen solchen hohen Berg verwandelt worden / dessen Spitze man für den Wolcken nicht sehen können. Dahero die Fabel entstanden/ daß Hercules den Himmel flützte/ und ihn mit seinen Schultern unterhielte/ welches dann von denen jenigen pflegt gesagt zu werden/ die sich mit vielen grossen und beschwerlichen Geschäfften beladen/ und ihnen dadurch selbsten alles Ungemach auf den Hals ziehen.</p> <p><note place="right">Regenten Stand.</note> Atlas wird hier als ein Kegente/ der mit vielen Regierungs-Sachen beladen ist/ vorgestellet/ und schreibet man von Ihme/ daß Er sich des Herculis Kath/ wegen seiner Klugheit und hohen Vestandes / in vielen Dingen gebrauchet/ und also derselbe nebenst Ihme den Him̃el / das ist/ die Kegiments-Last hätte tragen helffen. Wann ein Potentate vor sich klug ist/ und zugleich erfahrne Leute um sich hat/ da pflegt das gemeine Wesen zu blühen. Deß Einen sein Stand bestehet in Regieren und Beschützen/ deß Andern aber in Rathen. Könige und Grosse sind wegen der Unterthanen/ diese aber nicht wegen Jener. Nicht den Schafen gebühret auf die Hirten/ sondern diesen auf Jene Acht zu haben. Das Verhängnis und die Schuld der Natur macht zwischen Königen und Unterthanen keinen Unterscheid/ und die Gräber dieser Allen geben hier genugsamen Beweiß. Weßwegen man auch von den Heyden dieses lieset:</p> <p>Was sind viel Jahr/ und langes Leben?</p> <p>Wir Alle sind dem Tod ergeben:</p> <p>Ein hohes Haubt/ ein hoher Sinn</p> <p>liegt/ da man geht darüber hin:</p> <p>Die Reiche/ wie sie zu Uns kommen;</p> <p>So werden sie auch weggenommen:</p> <p>Man braucht sie nur von Hand zur Hand;</p> <p>So ungewiß ist hoher Stand.</p> <p>Zwey Dinge sind Feinde der Regierung und des geistlichen Standes/ nemlich ein karger und gietziger König/ und ein ungelehrter Geistlicher. Viel unzeitige Urthel müssen öffters grosse Herren über sich ergehen lassen. <note place="right">Valerius Maxim. lib. 4. c. 6.</note> Nulla tam modesta felicitas est, quae malignitatis dentes vitare potest: Kein Mensch ist in der Welt so glückseelig/ der sich nicht von den Läster-Zungen durch die Banck ziehen lassen muß: Dannenhero auch Keyser Theodosius sich seines guten Gewissens tröstete/ und sagte: Daß/ weil man Ihm nichts ungeräumtes beymessen könne/ Er auch das jenige/ was man fälschlich von Ihme ausgäbe/ nicht achte. Wer seine Regierung also anstellet/ daß man zugleich geliebet und gefürchtet wird / dessen Ansehen ist nicht ge- </p> </div> </body> </text> </TEI> [551/0577]
Atlantis Stärcke und List gebraucht/ und dadurch den Draco beydes eingeschläset/ und hingerichtet. Atlas war/ wie gedacht/ ein König in Mauritanien/ der den Himmel auf seinen Achseln getragen/ das ist/ welcher zu erst den Lauff der Sonnen/ des Mondens/ und des gantzen Gestirns Umgang durch seinen Fleiß und Mühe erkundiget. Von diesem dichtet man/ dem Perseo/ welchen er von der Danae gebohren/ wohl vorsehen sollte. nachdem sich aber Atlas desselbigen Gesellschafft gäntzlich entschlagen/ hätte es deselben dermassen verdrossen / daß er auf Rache gedacht/ und ihm eines Tages der Medusoe Haubt vorgezeiget / durch welches Anschauen er alsbald in einen solchen hohen Berg verwandelt worden / dessen Spitze man für den Wolcken nicht sehen können. Dahero die Fabel entstanden/ daß Hercules den Himmel flützte/ und ihn mit seinen Schultern unterhielte/ welches dann von denen jenigen pflegt gesagt zu werden/ die sich mit vielen grossen und beschwerlichen Geschäfften beladen/ und ihnen dadurch selbsten alles Ungemach auf den Hals ziehen.
Atlas wird hier als ein Kegente/ der mit vielen Regierungs-Sachen beladen ist/ vorgestellet/ und schreibet man von Ihme/ daß Er sich des Herculis Kath/ wegen seiner Klugheit und hohen Vestandes / in vielen Dingen gebrauchet/ und also derselbe nebenst Ihme den Him̃el / das ist/ die Kegiments-Last hätte tragen helffen. Wann ein Potentate vor sich klug ist/ und zugleich erfahrne Leute um sich hat/ da pflegt das gemeine Wesen zu blühen. Deß Einen sein Stand bestehet in Regieren und Beschützen/ deß Andern aber in Rathen. Könige und Grosse sind wegen der Unterthanen/ diese aber nicht wegen Jener. Nicht den Schafen gebühret auf die Hirten/ sondern diesen auf Jene Acht zu haben. Das Verhängnis und die Schuld der Natur macht zwischen Königen und Unterthanen keinen Unterscheid/ und die Gräber dieser Allen geben hier genugsamen Beweiß. Weßwegen man auch von den Heyden dieses lieset:
Regenten Stand. Was sind viel Jahr/ und langes Leben?
Wir Alle sind dem Tod ergeben:
Ein hohes Haubt/ ein hoher Sinn
liegt/ da man geht darüber hin:
Die Reiche/ wie sie zu Uns kommen;
So werden sie auch weggenommen:
Man braucht sie nur von Hand zur Hand;
So ungewiß ist hoher Stand.
Zwey Dinge sind Feinde der Regierung und des geistlichen Standes/ nemlich ein karger und gietziger König/ und ein ungelehrter Geistlicher. Viel unzeitige Urthel müssen öffters grosse Herren über sich ergehen lassen. Nulla tam modesta felicitas est, quae malignitatis dentes vitare potest: Kein Mensch ist in der Welt so glückseelig/ der sich nicht von den Läster-Zungen durch die Banck ziehen lassen muß: Dannenhero auch Keyser Theodosius sich seines guten Gewissens tröstete/ und sagte: Daß/ weil man Ihm nichts ungeräumtes beymessen könne/ Er auch das jenige/ was man fälschlich von Ihme ausgäbe/ nicht achte. Wer seine Regierung also anstellet/ daß man zugleich geliebet und gefürchtet wird / dessen Ansehen ist nicht ge-
Valerius Maxim. lib. 4. c. 6.
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