Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Social-politische Blätter. 2. Lieferung. Berlin, 3. Februar 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Zur Unterhaltung und Belehrung. 27
[Beginn Spaltensatz] somit die Löhne auch über die Grenze der Befriedigung der
äußersten Nothdurst manchmal hinausgehen, so ist dieses
kurze Wohlsein durchaus kein Ersatz für die Leiden, für
den Ruin des Menschen an seiner Gesundheit, an seinem
ganzen Wesen, welche ihm die durch Ueberproduktion ent-
standene Arbeitslosigkeit bereitet hat.

So bringt die planlose Produktion Verwirrung in die
Reihen der Kapitalistenklasse, so bringt sie das namenloseste
Elend unter die so wie so schon ausgebeutete Arbeiterklasse.

Diese planlose Produktion muß nun der organisirten
Arbeit auf socialem Gebiete ebenso Platz machen, wie die
Unfreiheit der vollen Freiheit auf politischem Gebiete in
einem durch das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht
eroberten Volksstaate Platz machen muß; dann ist der so-
cialistische Staat entstanden.

Die Organisation der Arbeit, welche die volle sociale
Gleichheit schaffen soll, beruht zunächst auf der gemein-
samen
Produktion, an welcher alle Staatsangehörigen
Theil nehmen. Durch Assoziationen gleicher Gewerbe wird
die Produktion im Großen betrieben durch möglichst voll-
kommene Produktionsinstrumente; auch die Theilung der
Arbeit bleibt bestehen, nur mit dem Unterschiede, daß bei
der kürzeren Arbeitszeit der Arbeiter nicht als Maschine,
sondern nur als Aufseher derselben dient und in seiner später
im Verhältnisse zur Gegenwart verdoppelten freien Zeit
des Menschenthums pflegen kann.

Dem Wesen der Produktivassoziationen selbst müssen
wir einen eigenen Artikel noch widmen, um das Arbeits-
verhältniß in einem socialistischen Staate genauer ausein-
ander zu setzen; für heute wollen wir uns begnügen, die
Einwirkung des Staates auf die organisirte Arbeit zu zei-
gen, wodurch zugleich festgestellt wird, daß, wenn in den
Produktivassoziationen das eherne ökonomische Lohngesetz
verschwindet, daß, wenn der Arbeiter den vollen Ertrag der
Arbeit erhält, die organisirte Arbeit zunächst bewirken wird,
daß jede Krisis von den Assoziationen fern bleibt und daß
dann auch nach und nach durch die gleichmäßigere Ausbil-
dung und Lebensweise der Arbeiter in einem socialistischen
Staate die volle sociale Gleichheit, allgemeine Opferwilligkeit
für das Gesammtwohl und somit die communistische Ge-
sellschaft herbeigeführt wird.

Jn den Produktivassoziationen auch in dem politisch
freiesten Staate, würden ohne Staatsüberwachung und
Ordnung Calamitäten eintreten können, welche durch plan-
lose Produktion entstanden wären, so daß die Mitglieder
einer Assoziation deren Produkte sehr karg auf dem Welt-
markte sich befänden, weßhalb eine flotte Produktion
verlangt würde, ein Wohlleben führen, während die Mitglie-
der einer andren Assoziation, deren Produkte gerade in
Ueberfülle vorhanden, momentan ein gedrücktes Leben führen
müßten. Wenngleich nun innerhalb einer gewissen Zeit diese
Schwankungen in umgekehrtem Maaße eintreten, so käme die
producirende Menschheit doch niemals zu sichrer Ruhe und
deßhalb auch nicht zum vollen Genusse.

Wenn nun aber der Staat durch seinen Organismus
eingreift, der Staat, welcher nur im Jnteresse der Gesammt-
heit und der Regelung der Arbeitsverhältnisse vorhanden
ist, so ist leicht zu begreifen, daß er durch seine Verkehrs-
[Spaltenumbruch] mittel, durch die Telegraphie, durch seine Beamten
immer in den Stand gesetzt ist, genaue Kenntniß der Pro-
duktion und auch der Konsumtion, da er ja auch die Ein-
fuhr und Ausfuhr der Produkte übersehen kann, zu haben.
Darauf ist es ihm ein Leichtes, eine Assoziation zu etwas
geringerer Produktion zu veranlassen, andere Assoziationen
wieder zu größerer Produktion anzuspornen. Die Asso-
ziationen würden bald das Segensreiche dieses Eingreifens
des Staates verspüren und willig nach seinem Rathe
handeln; andernfalls aber ständen dem Staate im Jnteresse
der Gesammtheit auch die Machtmittel zu Gebote, seinen
Willen durchzusetzen.

Nun aber kommt zunächst noch eine Frage in Betracht.
Wenn nämlich unter den Assoziationen, welche dieselben
Bedürfnißgegenstände produciren, vermöge besserer Ver-
waltung oder der besseren Arbeitskräfte einiger, ein solcher
Unterschied in der Quantität und der Qualität der Pro-
dukte einträte, daß die einen nur gut gestellte Mitglieder,
die anderen aber nur verhältnißmäßig schlecht gestellte
Mitglieder besäßen, so könnte diese Erscheinung dem sorg-
samen Staate nicht entgehen und er würde, die Fähigkeiten
und die Arbeitskraft vertheilend, leicht einschreiten können
und so wieder eine größere Gleichheit herstellen.

Daß nun das Einschreiten des Staates nicht in der
Weise geschehen soll, daß die natürliche Entwicklungsweise
der Assoziationen gehemmt wird, ist wohl selbstverständlich.
Aber leicht ist es zu begreifen, daß der Zeitpunkt rasch
herannahet für die Mitglieder der Assoziation eines socia-
listischen Staates, wo durch gleichmäßigere Erziehung, gleich-
mäßigere Lebensweise auch gleichmäßigere Fähigkeiten und
Bedürfnisse eintreten. Die Letzteren würden allerdings
bald auf einen Höhepunkt anlangen, den sich die jetzige
Menschheit gar nicht träumen läßt; Fähigkeiten, Pro-
duktion und die Bedürfnisse, sie würden so rie-
senhaft steigen,
daß dann die sogenannte "graue Zücht-
lingsjacke der Gleichheit" selbst für einen in der Gegenwart
verwöhnten Menschen ein angenehmes Bekleidungsstück
wäre.

Und so ginge der auf Produktivassoziationen beruhende
socialistische Staat nach und nach in den communistischen, in
den vollen Gleichheitsstaat auf. Die Entwickelung des
Menschengeschlechts würde den Uebergangspunkt gar nicht
einmal ersichtlich machen.

Wir, sagten, daß erstens in einer Produktivassozia-
tion der Ertrag der Arbeit den gesammten Mitgliedern
zufällt, daß zweitens die Ueberwachung des Staates vor
Ueberproduktion und somit vor Arbeitskrisen schützt und da-
durch wieder die gesicherte größere Gleichheit im Verhältniß
der Assoziationen zu einander bewirkt und daß drittens der
Staat für eine möglichst gleichmäßige Vertheilung der
Fähigkeiten bei der Produktion sorgt; durch diese Organi-
sation der Arbeit entsteht die Gleichheit in der Produktion.
Durch das gleichmäßige Zusammenarbeiten, durch die Thä-
tigkeit im Jnteresse der Gesammtheit und die hiermit zu-
sammenhängende Entwickelung der Menschen wird der
Egoismus aufgehoben und es entsteht die Gleichmäßigkeit der
Bedürfnisse und des Genusses -- die communistische
[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 27
[Beginn Spaltensatz] somit die Löhne auch über die Grenze der Befriedigung der
äußersten Nothdurst manchmal hinausgehen, so ist dieses
kurze Wohlsein durchaus kein Ersatz für die Leiden, für
den Ruin des Menschen an seiner Gesundheit, an seinem
ganzen Wesen, welche ihm die durch Ueberproduktion ent-
standene Arbeitslosigkeit bereitet hat.

So bringt die planlose Produktion Verwirrung in die
Reihen der Kapitalistenklasse, so bringt sie das namenloseste
Elend unter die so wie so schon ausgebeutete Arbeiterklasse.

Diese planlose Produktion muß nun der organisirten
Arbeit auf socialem Gebiete ebenso Platz machen, wie die
Unfreiheit der vollen Freiheit auf politischem Gebiete in
einem durch das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht
eroberten Volksstaate Platz machen muß; dann ist der so-
cialistische Staat entstanden.

Die Organisation der Arbeit, welche die volle sociale
Gleichheit schaffen soll, beruht zunächst auf der gemein-
samen
Produktion, an welcher alle Staatsangehörigen
Theil nehmen. Durch Assoziationen gleicher Gewerbe wird
die Produktion im Großen betrieben durch möglichst voll-
kommene Produktionsinstrumente; auch die Theilung der
Arbeit bleibt bestehen, nur mit dem Unterschiede, daß bei
der kürzeren Arbeitszeit der Arbeiter nicht als Maschine,
sondern nur als Aufseher derselben dient und in seiner später
im Verhältnisse zur Gegenwart verdoppelten freien Zeit
des Menschenthums pflegen kann.

Dem Wesen der Produktivassoziationen selbst müssen
wir einen eigenen Artikel noch widmen, um das Arbeits-
verhältniß in einem socialistischen Staate genauer ausein-
ander zu setzen; für heute wollen wir uns begnügen, die
Einwirkung des Staates auf die organisirte Arbeit zu zei-
gen, wodurch zugleich festgestellt wird, daß, wenn in den
Produktivassoziationen das eherne ökonomische Lohngesetz
verschwindet, daß, wenn der Arbeiter den vollen Ertrag der
Arbeit erhält, die organisirte Arbeit zunächst bewirken wird,
daß jede Krisis von den Assoziationen fern bleibt und daß
dann auch nach und nach durch die gleichmäßigere Ausbil-
dung und Lebensweise der Arbeiter in einem socialistischen
Staate die volle sociale Gleichheit, allgemeine Opferwilligkeit
für das Gesammtwohl und somit die communistische Ge-
sellschaft herbeigeführt wird.

Jn den Produktivassoziationen auch in dem politisch
freiesten Staate, würden ohne Staatsüberwachung und
Ordnung Calamitäten eintreten können, welche durch plan-
lose Produktion entstanden wären, so daß die Mitglieder
einer Assoziation deren Produkte sehr karg auf dem Welt-
markte sich befänden, weßhalb eine flotte Produktion
verlangt würde, ein Wohlleben führen, während die Mitglie-
der einer andren Assoziation, deren Produkte gerade in
Ueberfülle vorhanden, momentan ein gedrücktes Leben führen
müßten. Wenngleich nun innerhalb einer gewissen Zeit diese
Schwankungen in umgekehrtem Maaße eintreten, so käme die
producirende Menschheit doch niemals zu sichrer Ruhe und
deßhalb auch nicht zum vollen Genusse.

Wenn nun aber der Staat durch seinen Organismus
eingreift, der Staat, welcher nur im Jnteresse der Gesammt-
heit und der Regelung der Arbeitsverhältnisse vorhanden
ist, so ist leicht zu begreifen, daß er durch seine Verkehrs-
[Spaltenumbruch] mittel, durch die Telegraphie, durch seine Beamten
immer in den Stand gesetzt ist, genaue Kenntniß der Pro-
duktion und auch der Konsumtion, da er ja auch die Ein-
fuhr und Ausfuhr der Produkte übersehen kann, zu haben.
Darauf ist es ihm ein Leichtes, eine Assoziation zu etwas
geringerer Produktion zu veranlassen, andere Assoziationen
wieder zu größerer Produktion anzuspornen. Die Asso-
ziationen würden bald das Segensreiche dieses Eingreifens
des Staates verspüren und willig nach seinem Rathe
handeln; andernfalls aber ständen dem Staate im Jnteresse
der Gesammtheit auch die Machtmittel zu Gebote, seinen
Willen durchzusetzen.

Nun aber kommt zunächst noch eine Frage in Betracht.
Wenn nämlich unter den Assoziationen, welche dieselben
Bedürfnißgegenstände produciren, vermöge besserer Ver-
waltung oder der besseren Arbeitskräfte einiger, ein solcher
Unterschied in der Quantität und der Qualität der Pro-
dukte einträte, daß die einen nur gut gestellte Mitglieder,
die anderen aber nur verhältnißmäßig schlecht gestellte
Mitglieder besäßen, so könnte diese Erscheinung dem sorg-
samen Staate nicht entgehen und er würde, die Fähigkeiten
und die Arbeitskraft vertheilend, leicht einschreiten können
und so wieder eine größere Gleichheit herstellen.

Daß nun das Einschreiten des Staates nicht in der
Weise geschehen soll, daß die natürliche Entwicklungsweise
der Assoziationen gehemmt wird, ist wohl selbstverständlich.
Aber leicht ist es zu begreifen, daß der Zeitpunkt rasch
herannahet für die Mitglieder der Assoziation eines socia-
listischen Staates, wo durch gleichmäßigere Erziehung, gleich-
mäßigere Lebensweise auch gleichmäßigere Fähigkeiten und
Bedürfnisse eintreten. Die Letzteren würden allerdings
bald auf einen Höhepunkt anlangen, den sich die jetzige
Menschheit gar nicht träumen läßt; Fähigkeiten, Pro-
duktion und die Bedürfnisse, sie würden so rie-
senhaft steigen,
daß dann die sogenannte „graue Zücht-
lingsjacke der Gleichheit“ selbst für einen in der Gegenwart
verwöhnten Menschen ein angenehmes Bekleidungsstück
wäre.

Und so ginge der auf Produktivassoziationen beruhende
socialistische Staat nach und nach in den communistischen, in
den vollen Gleichheitsstaat auf. Die Entwickelung des
Menschengeschlechts würde den Uebergangspunkt gar nicht
einmal ersichtlich machen.

Wir, sagten, daß erstens in einer Produktivassozia-
tion der Ertrag der Arbeit den gesammten Mitgliedern
zufällt, daß zweitens die Ueberwachung des Staates vor
Ueberproduktion und somit vor Arbeitskrisen schützt und da-
durch wieder die gesicherte größere Gleichheit im Verhältniß
der Assoziationen zu einander bewirkt und daß drittens der
Staat für eine möglichst gleichmäßige Vertheilung der
Fähigkeiten bei der Produktion sorgt; durch diese Organi-
sation der Arbeit entsteht die Gleichheit in der Produktion.
Durch das gleichmäßige Zusammenarbeiten, durch die Thä-
tigkeit im Jnteresse der Gesammtheit und die hiermit zu-
sammenhängende Entwickelung der Menschen wird der
Egoismus aufgehoben und es entsteht die Gleichmäßigkeit der
Bedürfnisse und des Genusses — die communistische
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0003" n="27"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Zur Unterhaltung und Belehrung.</hi> 27</fw><cb type="start"/>
somit die Löhne auch über die Grenze der Befriedigung der<lb/>
äußersten Nothdurst manchmal hinausgehen, so ist dieses<lb/>
kurze Wohlsein durchaus kein Ersatz für die Leiden, für<lb/>
den Ruin des Menschen an seiner Gesundheit, an seinem<lb/>
ganzen Wesen, welche ihm die durch Ueberproduktion ent-<lb/>
standene Arbeitslosigkeit bereitet hat.</p><lb/>
        <p>So bringt die planlose Produktion Verwirrung in die<lb/>
Reihen der Kapitalistenklasse, so bringt sie das namenloseste<lb/>
Elend unter die so wie so schon ausgebeutete Arbeiterklasse.</p><lb/>
        <p>Diese planlose Produktion muß nun der organisirten<lb/>
Arbeit auf socialem Gebiete ebenso Platz machen, wie die<lb/>
Unfreiheit der vollen Freiheit auf politischem Gebiete in<lb/>
einem durch das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht<lb/>
eroberten Volksstaate Platz machen muß; dann ist der so-<lb/>
cialistische Staat entstanden.</p><lb/>
        <p>Die Organisation der Arbeit, welche die volle sociale<lb/>
Gleichheit schaffen soll, beruht zunächst auf der <hi rendition="#g">gemein-<lb/>
samen</hi> Produktion, an welcher alle Staatsangehörigen<lb/>
Theil nehmen. Durch Assoziationen gleicher Gewerbe wird<lb/>
die Produktion im Großen betrieben durch möglichst voll-<lb/>
kommene Produktionsinstrumente; auch die Theilung der<lb/>
Arbeit bleibt bestehen, nur mit dem Unterschiede, daß bei<lb/>
der kürzeren Arbeitszeit der Arbeiter nicht als Maschine,<lb/>
sondern nur als Aufseher derselben dient und in seiner später<lb/>
im Verhältnisse zur Gegenwart verdoppelten freien Zeit<lb/>
des Menschenthums pflegen kann.</p><lb/>
        <p>Dem Wesen der Produktivassoziationen selbst müssen<lb/>
wir einen eigenen Artikel noch widmen, um das Arbeits-<lb/>
verhältniß in einem socialistischen Staate genauer ausein-<lb/>
ander zu setzen; für heute wollen wir uns begnügen, die<lb/>
Einwirkung des Staates auf die organisirte Arbeit zu zei-<lb/>
gen, wodurch zugleich festgestellt wird, daß, wenn in den<lb/>
Produktivassoziationen das eherne ökonomische Lohngesetz<lb/>
verschwindet, daß, wenn der Arbeiter den vollen Ertrag der<lb/>
Arbeit erhält, die organisirte Arbeit zunächst bewirken wird,<lb/>
daß jede Krisis von den Assoziationen fern bleibt und daß<lb/>
dann auch nach und nach durch die gleichmäßigere Ausbil-<lb/>
dung und Lebensweise der Arbeiter in einem socialistischen<lb/>
Staate die volle sociale Gleichheit, allgemeine Opferwilligkeit<lb/>
für das Gesammtwohl und somit die communistische Ge-<lb/>
sellschaft herbeigeführt wird.</p><lb/>
        <p>Jn den Produktivassoziationen auch in dem politisch<lb/>
freiesten Staate, würden ohne Staatsüberwachung und<lb/>
Ordnung Calamitäten eintreten können, welche durch plan-<lb/>
lose Produktion entstanden wären, so daß die Mitglieder<lb/><hi rendition="#g">einer</hi> Assoziation deren Produkte sehr karg auf dem Welt-<lb/>
markte sich befänden, weßhalb eine flotte Produktion<lb/>
verlangt würde, ein Wohlleben führen, während die Mitglie-<lb/>
der einer <hi rendition="#g">andren</hi> Assoziation, deren Produkte gerade in<lb/>
Ueberfülle vorhanden, momentan ein gedrücktes Leben führen<lb/>
müßten. Wenngleich nun innerhalb einer gewissen Zeit diese<lb/>
Schwankungen in umgekehrtem Maaße eintreten, so käme die<lb/>
producirende Menschheit doch niemals zu sichrer Ruhe und<lb/>
deßhalb auch nicht zum vollen Genusse.</p><lb/>
        <p>Wenn nun aber der Staat durch seinen Organismus<lb/>
eingreift, der Staat, welcher <hi rendition="#g">nur</hi> im Jnteresse der Gesammt-<lb/>
heit und der Regelung der Arbeitsverhältnisse vorhanden<lb/>
ist, so ist leicht zu begreifen, daß er durch seine Verkehrs-<lb/><cb n="2"/>
mittel, durch die Telegraphie, durch seine Beamten <choice><abbr>ec.</abbr></choice> <choice><abbr>ec.</abbr></choice><lb/>
immer in den Stand gesetzt ist, genaue Kenntniß der Pro-<lb/>
duktion und auch der Konsumtion, da er ja auch die Ein-<lb/>
fuhr und Ausfuhr der Produkte übersehen kann, zu haben.<lb/>
Darauf ist es ihm ein Leichtes, <hi rendition="#g">eine</hi> Assoziation zu etwas<lb/>
geringerer Produktion zu veranlassen, <hi rendition="#g">andere</hi> Assoziationen<lb/>
wieder zu größerer Produktion anzuspornen. Die Asso-<lb/>
ziationen würden bald das Segensreiche dieses Eingreifens<lb/>
des Staates verspüren und willig nach seinem Rathe<lb/>
handeln; andernfalls aber ständen dem Staate im Jnteresse<lb/>
der Gesammtheit auch die Machtmittel zu Gebote, seinen<lb/>
Willen durchzusetzen.</p><lb/>
        <p>Nun aber kommt zunächst noch <hi rendition="#g">eine</hi> Frage in Betracht.<lb/>
Wenn nämlich unter den Assoziationen, welche dieselben<lb/>
Bedürfnißgegenstände produciren, vermöge besserer Ver-<lb/>
waltung oder der besseren Arbeitskräfte einiger, ein solcher<lb/>
Unterschied in der Quantität und der Qualität der Pro-<lb/>
dukte einträte, daß die einen nur gut gestellte Mitglieder,<lb/>
die anderen aber nur verhältnißmäßig schlecht gestellte<lb/>
Mitglieder besäßen, so könnte diese Erscheinung dem sorg-<lb/>
samen Staate nicht entgehen und er würde, die Fähigkeiten<lb/>
und die Arbeitskraft vertheilend, leicht einschreiten können<lb/>
und so wieder eine größere Gleichheit herstellen.</p><lb/>
        <p>Daß nun das Einschreiten des Staates nicht in der<lb/>
Weise geschehen soll, daß die natürliche Entwicklungsweise<lb/>
der Assoziationen gehemmt wird, ist wohl selbstverständlich.<lb/>
Aber leicht ist es zu begreifen, daß der Zeitpunkt rasch<lb/>
herannahet für die Mitglieder der Assoziation eines socia-<lb/>
listischen Staates, wo durch gleichmäßigere Erziehung, gleich-<lb/>
mäßigere Lebensweise auch gleichmäßigere Fähigkeiten und<lb/>
Bedürfnisse eintreten. Die Letzteren würden allerdings<lb/>
bald auf einen Höhepunkt anlangen, den sich die jetzige<lb/>
Menschheit gar nicht träumen läßt; <hi rendition="#g">Fähigkeiten, Pro-<lb/>
duktion und die Bedürfnisse, sie würden so rie-<lb/>
senhaft steigen,</hi> daß dann die sogenannte &#x201E;graue Zücht-<lb/>
lingsjacke der Gleichheit&#x201C; selbst für einen in der Gegenwart<lb/>
verwöhnten Menschen ein angenehmes Bekleidungsstück<lb/>
wäre.</p><lb/>
        <p>Und so ginge der auf Produktivassoziationen beruhende<lb/>
socialistische Staat nach und nach in den communistischen, in<lb/>
den vollen Gleichheitsstaat auf. Die Entwickelung des<lb/>
Menschengeschlechts würde den Uebergangspunkt gar nicht<lb/>
einmal ersichtlich machen.</p><lb/>
        <p>Wir, sagten, daß erstens in einer Produktivassozia-<lb/>
tion der Ertrag der Arbeit den gesammten Mitgliedern<lb/>
zufällt, daß zweitens die Ueberwachung des Staates vor<lb/>
Ueberproduktion und somit vor Arbeitskrisen schützt und da-<lb/>
durch wieder die gesicherte größere Gleichheit im Verhältniß<lb/>
der Assoziationen zu einander bewirkt und daß drittens der<lb/>
Staat für eine möglichst gleichmäßige Vertheilung der<lb/>
Fähigkeiten bei der Produktion sorgt; durch diese Organi-<lb/>
sation der Arbeit entsteht die Gleichheit in der Produktion.<lb/>
Durch das gleichmäßige Zusammenarbeiten, durch die Thä-<lb/>
tigkeit im Jnteresse der Gesammtheit und die hiermit zu-<lb/>
sammenhängende Entwickelung der Menschen wird der<lb/>
Egoismus aufgehoben und es entsteht die Gleichmäßigkeit der<lb/>
Bedürfnisse und des Genusses &#x2014; <hi rendition="#g">die communistische</hi><lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0003] Zur Unterhaltung und Belehrung. 27 somit die Löhne auch über die Grenze der Befriedigung der äußersten Nothdurst manchmal hinausgehen, so ist dieses kurze Wohlsein durchaus kein Ersatz für die Leiden, für den Ruin des Menschen an seiner Gesundheit, an seinem ganzen Wesen, welche ihm die durch Ueberproduktion ent- standene Arbeitslosigkeit bereitet hat. So bringt die planlose Produktion Verwirrung in die Reihen der Kapitalistenklasse, so bringt sie das namenloseste Elend unter die so wie so schon ausgebeutete Arbeiterklasse. Diese planlose Produktion muß nun der organisirten Arbeit auf socialem Gebiete ebenso Platz machen, wie die Unfreiheit der vollen Freiheit auf politischem Gebiete in einem durch das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht eroberten Volksstaate Platz machen muß; dann ist der so- cialistische Staat entstanden. Die Organisation der Arbeit, welche die volle sociale Gleichheit schaffen soll, beruht zunächst auf der gemein- samen Produktion, an welcher alle Staatsangehörigen Theil nehmen. Durch Assoziationen gleicher Gewerbe wird die Produktion im Großen betrieben durch möglichst voll- kommene Produktionsinstrumente; auch die Theilung der Arbeit bleibt bestehen, nur mit dem Unterschiede, daß bei der kürzeren Arbeitszeit der Arbeiter nicht als Maschine, sondern nur als Aufseher derselben dient und in seiner später im Verhältnisse zur Gegenwart verdoppelten freien Zeit des Menschenthums pflegen kann. Dem Wesen der Produktivassoziationen selbst müssen wir einen eigenen Artikel noch widmen, um das Arbeits- verhältniß in einem socialistischen Staate genauer ausein- ander zu setzen; für heute wollen wir uns begnügen, die Einwirkung des Staates auf die organisirte Arbeit zu zei- gen, wodurch zugleich festgestellt wird, daß, wenn in den Produktivassoziationen das eherne ökonomische Lohngesetz verschwindet, daß, wenn der Arbeiter den vollen Ertrag der Arbeit erhält, die organisirte Arbeit zunächst bewirken wird, daß jede Krisis von den Assoziationen fern bleibt und daß dann auch nach und nach durch die gleichmäßigere Ausbil- dung und Lebensweise der Arbeiter in einem socialistischen Staate die volle sociale Gleichheit, allgemeine Opferwilligkeit für das Gesammtwohl und somit die communistische Ge- sellschaft herbeigeführt wird. Jn den Produktivassoziationen auch in dem politisch freiesten Staate, würden ohne Staatsüberwachung und Ordnung Calamitäten eintreten können, welche durch plan- lose Produktion entstanden wären, so daß die Mitglieder einer Assoziation deren Produkte sehr karg auf dem Welt- markte sich befänden, weßhalb eine flotte Produktion verlangt würde, ein Wohlleben führen, während die Mitglie- der einer andren Assoziation, deren Produkte gerade in Ueberfülle vorhanden, momentan ein gedrücktes Leben führen müßten. Wenngleich nun innerhalb einer gewissen Zeit diese Schwankungen in umgekehrtem Maaße eintreten, so käme die producirende Menschheit doch niemals zu sichrer Ruhe und deßhalb auch nicht zum vollen Genusse. Wenn nun aber der Staat durch seinen Organismus eingreift, der Staat, welcher nur im Jnteresse der Gesammt- heit und der Regelung der Arbeitsverhältnisse vorhanden ist, so ist leicht zu begreifen, daß er durch seine Verkehrs- mittel, durch die Telegraphie, durch seine Beamten immer in den Stand gesetzt ist, genaue Kenntniß der Pro- duktion und auch der Konsumtion, da er ja auch die Ein- fuhr und Ausfuhr der Produkte übersehen kann, zu haben. Darauf ist es ihm ein Leichtes, eine Assoziation zu etwas geringerer Produktion zu veranlassen, andere Assoziationen wieder zu größerer Produktion anzuspornen. Die Asso- ziationen würden bald das Segensreiche dieses Eingreifens des Staates verspüren und willig nach seinem Rathe handeln; andernfalls aber ständen dem Staate im Jnteresse der Gesammtheit auch die Machtmittel zu Gebote, seinen Willen durchzusetzen. Nun aber kommt zunächst noch eine Frage in Betracht. Wenn nämlich unter den Assoziationen, welche dieselben Bedürfnißgegenstände produciren, vermöge besserer Ver- waltung oder der besseren Arbeitskräfte einiger, ein solcher Unterschied in der Quantität und der Qualität der Pro- dukte einträte, daß die einen nur gut gestellte Mitglieder, die anderen aber nur verhältnißmäßig schlecht gestellte Mitglieder besäßen, so könnte diese Erscheinung dem sorg- samen Staate nicht entgehen und er würde, die Fähigkeiten und die Arbeitskraft vertheilend, leicht einschreiten können und so wieder eine größere Gleichheit herstellen. Daß nun das Einschreiten des Staates nicht in der Weise geschehen soll, daß die natürliche Entwicklungsweise der Assoziationen gehemmt wird, ist wohl selbstverständlich. Aber leicht ist es zu begreifen, daß der Zeitpunkt rasch herannahet für die Mitglieder der Assoziation eines socia- listischen Staates, wo durch gleichmäßigere Erziehung, gleich- mäßigere Lebensweise auch gleichmäßigere Fähigkeiten und Bedürfnisse eintreten. Die Letzteren würden allerdings bald auf einen Höhepunkt anlangen, den sich die jetzige Menschheit gar nicht träumen läßt; Fähigkeiten, Pro- duktion und die Bedürfnisse, sie würden so rie- senhaft steigen, daß dann die sogenannte „graue Zücht- lingsjacke der Gleichheit“ selbst für einen in der Gegenwart verwöhnten Menschen ein angenehmes Bekleidungsstück wäre. Und so ginge der auf Produktivassoziationen beruhende socialistische Staat nach und nach in den communistischen, in den vollen Gleichheitsstaat auf. Die Entwickelung des Menschengeschlechts würde den Uebergangspunkt gar nicht einmal ersichtlich machen. Wir, sagten, daß erstens in einer Produktivassozia- tion der Ertrag der Arbeit den gesammten Mitgliedern zufällt, daß zweitens die Ueberwachung des Staates vor Ueberproduktion und somit vor Arbeitskrisen schützt und da- durch wieder die gesicherte größere Gleichheit im Verhältniß der Assoziationen zu einander bewirkt und daß drittens der Staat für eine möglichst gleichmäßige Vertheilung der Fähigkeiten bei der Produktion sorgt; durch diese Organi- sation der Arbeit entsteht die Gleichheit in der Produktion. Durch das gleichmäßige Zusammenarbeiten, durch die Thä- tigkeit im Jnteresse der Gesammtheit und die hiermit zu- sammenhängende Entwickelung der Menschen wird der Egoismus aufgehoben und es entsteht die Gleichmäßigkeit der Bedürfnisse und des Genusses — die communistische

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social02_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social02_1873/3
Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Lieferung. Berlin, 3. Februar 1873, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social02_1873/3>, abgerufen am 13.06.2024.