Social-politische Blätter. 2. Lieferung. Berlin, 3. Februar 1873.Zur Unterhaltung und Belehrung. 33 [Beginn Spaltensatz]
Armen, Jhr werdet diesen Mann nicht tödten, Jhr seid keineHenker. Jhr werdet mir sein Leben schenken. -- Der Bischof hat uns zu viel leiden lassen. Auge um -- Wird Rache Eure früheren Leiden tilgen? Jhr, deren Die Landstreicher und die Leibeigenen schwiegen und bedroh- -- Eremit, Du bist der Freund der Armen. Wir gewäh- -- Wohl gesprochen Siegfried. Und wenn wir ruhen, soll -- Bischof, wähle! Willst Du Koch sein oder gehenkt -- Jhr Gotteslästerer! Nachdem Jhr mein Schloß ge- -- Schweige! Jesus von Nazareth, dessen Leben so rein -- Die Gottlosen wissen aber recht gut, was sie thun, in- -- Denke an Dein vergangenes Leben, und statt Dich zu -- Nun, meine Wölfe, sagte Siegfried, der Tag bricht an; Er trat nun zu der kleinen Gudrun, die auf den Stufen -- Armes Kind ohne Vater und Mutter, komm Du mit -- Jch folge Dir, Siegfried. Anfangs fürchtete ich mich -- So komm also und trockene Deine Thränen, kleine Gudrun; Als er den Eremiten herantreten sah, setzte er hinzu: -- Lebe wohl, Freund. Du hast das Leben eines bösen -- Siegfried, ich begleite Dich. -- Willst Du ganz zu uns treten? -- Ja. -- Du Eremit? Du, ein wahrhaft frommer Mann? -- Jesus hat gesagt: nicht die Gefunden bedürfen des Arztes, -- Willst Du uns von der Sucht heilen, die schlechten -- Jch habe schon angefangen. -- Einmal ist nicht Gewohnheit. -- Das wollen wir sehen. Auch sind noch andere Wunden -- Mönch, sprichst Du Wahrheit? fiel der Bischof halblaut -- Es ist meine Pflicht, diese Leute zu bessern. -- Diese Bösewichter zu bessern? -- Jch werde es versuchen. -- Diese Heiligthumschänder bessern, welche mein Schloß -- Hat die heilige Schrift nicht gesagt: "Das Schwerdt soll -- Gut? Die Menschen? fiel der Bischof [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]heftig ein -- und -- Schweige! Hatte nicht Jesus Worte des Mitleids für -- Ach, wohin werden die verfluchten Landstreicher mich -- Daran liegt wenig. Bessere Du Dich nur und bereue. -- Mein Gott, mein Gott, und keine Hoffnung, unterwegs -- Wer hat diese Zeiten gemacht? Nicht Jhr alle, Jhr -- Unsere Vorfahren waren unglückliche Götzendiener und Zur Unterhaltung und Belehrung. 33 [Beginn Spaltensatz]
Armen, Jhr werdet diesen Mann nicht tödten, Jhr seid keineHenker. Jhr werdet mir sein Leben schenken. — Der Bischof hat uns zu viel leiden lassen. Auge um — Wird Rache Eure früheren Leiden tilgen? Jhr, deren Die Landstreicher und die Leibeigenen schwiegen und bedroh- — Eremit, Du bist der Freund der Armen. Wir gewäh- — Wohl gesprochen Siegfried. Und wenn wir ruhen, soll — Bischof, wähle! Willst Du Koch sein oder gehenkt — Jhr Gotteslästerer! Nachdem Jhr mein Schloß ge- — Schweige! Jesus von Nazareth, dessen Leben so rein — Die Gottlosen wissen aber recht gut, was sie thun, in- — Denke an Dein vergangenes Leben, und statt Dich zu — Nun, meine Wölfe, sagte Siegfried, der Tag bricht an; Er trat nun zu der kleinen Gudrun, die auf den Stufen — Armes Kind ohne Vater und Mutter, komm Du mit — Jch folge Dir, Siegfried. Anfangs fürchtete ich mich — So komm also und trockene Deine Thränen, kleine Gudrun; Als er den Eremiten herantreten sah, setzte er hinzu: — Lebe wohl, Freund. Du hast das Leben eines bösen — Siegfried, ich begleite Dich. — Willst Du ganz zu uns treten? — Ja. — Du Eremit? Du, ein wahrhaft frommer Mann? — Jesus hat gesagt: nicht die Gefunden bedürfen des Arztes, — Willst Du uns von der Sucht heilen, die schlechten — Jch habe schon angefangen. — Einmal ist nicht Gewohnheit. — Das wollen wir sehen. Auch sind noch andere Wunden — Mönch, sprichst Du Wahrheit? fiel der Bischof halblaut — Es ist meine Pflicht, diese Leute zu bessern. — Diese Bösewichter zu bessern? — Jch werde es versuchen. — Diese Heiligthumschänder bessern, welche mein Schloß — Hat die heilige Schrift nicht gesagt: „Das Schwerdt soll — Gut? Die Menschen? fiel der Bischof [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]heftig ein — und — Schweige! Hatte nicht Jesus Worte des Mitleids für — Ach, wohin werden die verfluchten Landstreicher mich — Daran liegt wenig. Bessere Du Dich nur und bereue. — Mein Gott, mein Gott, und keine Hoffnung, unterwegs — Wer hat diese Zeiten gemacht? 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Die Wölfe werden niemals<lb/> Lämmer. </p><lb/> <p>— Hat die heilige Schrift nicht gesagt: „Das Schwerdt soll<lb/> verwandelt werden in ein Messer, um den blühenden Weinstock<lb/> zu beschneiden; die friedliche, fruchtbare Erde wird ihre Früchte<lb/> für alle Menschen tragen; der Löwe wird liegen neben dem Reh, der<lb/> Wolf neben dem Schafe, und ein kleines Kind wird sie alle<lb/> leiten?“ Lästere nicht; der Schöpfer hat das Geschöpf gemacht<lb/> nach seinem Bilde; er schuf es gut, damit es glücklich sei. Heilen<lb/> wir also die Unwissenheit, die Armuth, die Verblendung; sie<lb/> werden dann gut werden und sich selbst, wie die anderen glück-<lb/> lich machen. </p><lb/> <p>— Gut? Die Menschen? fiel der Bischof <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="6"/>heftig ein — und<lb/> die Frauen wahrscheinlich auch? Vielleicht gar auch die, welche<lb/> meine Beischläferin war? Sieh einmal die Schamlose in dem<lb/> gelben Kleide, den silbergestickten rothen Strümpfen am Arme<lb/> jenes großen, schwarzhaarigen Banditen. Die Ehrlose! </p><lb/> <p>— Schweige! Hatte nicht Jesus Worte des Mitleids für<lb/> die Buhlerin Magdalena und für eine Ehebrecherin? Wolltest<lb/> Du es wagen, den ersten Stein auf die Frau zu werfen, welche<lb/> Deine Buhlerin war? Komm, Deine Knie schlottern, Du jam-<lb/> merst mich; stütze Dich auf meinen Arm, sonst wirst Du ohn-<lb/> mächtig. </p><lb/> <p>— Ach, wohin werden die verfluchten Landstreicher mich<lb/> führen? </p><lb/> <p>— Daran liegt wenig. Bessere Du Dich nur und bereue. </p><lb/> <p>— Mein Gott, mein Gott, und keine Hoffnung, unterwegs<lb/> befreit zu werden! Die Wege sind jetzt so verödet. Niemand<lb/> reiset aus Furcht vor den Landstreichern und den Schaaren der<lb/> Dänen, welche die Städte plündern. Ach; wir leben in schlim-<lb/> men Zeiten. </p><lb/> <p>— Wer hat diese Zeiten gemacht? 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Zur Unterhaltung und Belehrung. 33
Armen, Jhr werdet diesen Mann nicht tödten, Jhr seid keine
Henker. Jhr werdet mir sein Leben schenken.
— Der Bischof hat uns zu viel leiden lassen. Auge um
Auge, Zahn um Zahn.
— Wird Rache Eure früheren Leiden tilgen? Jhr, deren
Väter die Welt durch ihre edelmüthige Tapferkeit in Erstaunen
setzten, wollt kaltblütig einen wehrlosen Mann morden? Wäret
Jhr feig geworden, Jhr Angelsachsen?
Die Landstreicher und die Leibeigenen schwiegen und bedroh-
ten den Bischof nicht mehr.
— Eremit, Du bist der Freund der Armen. Wir gewäh-
ren Dir das Leben dieses Mannes, aber er muß uns auf unsern
Zügen folgen.
— Wohl gesprochen Siegfried. Und wenn wir ruhen, soll
er kochen. Er ist Feinschmecker der Bischof, so wahr ich Wolfs-
zahn heiße, wir werden also vortrefflich essen!
— Bischof, wähle! Willst Du Koch sein oder gehenkt
werden?
— Jhr Gotteslästerer! Nachdem Jhr mein Schloß ge-
plündert und in Brand gesteckt, wollt Jhr mich zwingen, Euer
Koch zu werden? Mönch, Du hörst sie und hast keinen Fluch
für sie? Vertheidigest Du mich so? Hast Du mir das
Leben gerettet, um Dich an meiner Entwürdigung zu weiden?
— Schweige! Jesus von Nazareth, dessen Leben so rein
war wie das Deinige voll Berbrechen, Jesus sagte mitten unter
römischen Soldaten, die ihn verhöhnten und verspotteten, nichts
weiter als: „Vater vergieb ihnen; sie wissen nicht, was sie
thun.“
— Die Gottlosen wissen aber recht gut, was sie thun, in-
dem sie mich als Koch annehmen. Du wagst mir zu rathen, die
Schändlichkeit zu verzeihen?
— Denke an Dein vergangenes Leben, und statt Dich zu
beklagen, wirst Du dem Himmel danken.
— Nun, meine Wölfe, sagte Siegfried, der Tag bricht an;
lasset uns die Beute auf den Wagen des Bischofs fortschaffen;
nun vorwärts! Welch schöner Tag für die guten, armen Leute in
der Nähe! Vor unserem Aufbruche aber noch zwei Worte an
dieses Kind.
Er trat nun zu der kleinen Gudrun, die auf den Stufen
des Altares saß und alles dies erstaunt angehört hatte, fast ohne
die Augen von ihm abzuwenden. Er sagte zu ihr:
— Armes Kind ohne Vater und Mutter, komm Du mit
uns; fürchte nichts; bei uns, siehst Du, ist verkehrte Welt: der
Leibeigene und der Arme sind uns heilig; wir hassen nur
den erobernden Reichen. Fürchtest Du Dich vor unserm aben-
teuer- und gefahrenreichen Leben, so wird der Eremit, unser
Freund, ob er gleich den großen Fehler hat, uns daran zu hin-
dern, Leute wie den Bischof zu henken, Dich in irgend eine Stadt
zu einer gutmüthigen Seele bringen.
— Jch folge Dir, Siegfried. Anfangs fürchtete ich mich
vor Dir, aber als Du sprachst, wurde Dein Blick so sanft wie
Deine Stimme. Jch bin Leibeigene und Waise, setzte sie
weinend hinzu, was soll ich also thun? Wohin soll ich gehen,
wenn nicht mit dem Ersten, der freundlich zu mir sagt:
komm!
— So komm also und trockene Deine Thränen, kleine Gudrun;
unter den Wölfen weint man nicht. Du steigst auf einen Wagen
des Bischofs, auf welchen wir, wie Du siehst, die Beute fort-
schaffen. Komm, nimm meinen Arm und laß uns gehen, armes
Kind.
Als er den Eremiten herantreten sah, setzte er hinzu:
— Lebe wohl, Freund. Du hast das Leben eines bösen
Bischofs auf dem Gewissen.
— Siegfried, ich begleite Dich.
— Willst Du ganz zu uns treten?
— Ja.
— Du Eremit? Du, ein wahrhaft frommer Mann?
Du willst mit uns Wölfen, mit uns Teufeln von Landstreichern
ziehen?
— Jesus hat gesagt: nicht die Gefunden bedürfen des Arztes,
sondern die Kranken.
— Willst Du uns von der Sucht heilen, die schlechten
Bischöfe zu henken?
— Jch habe schon angefangen.
— Einmal ist nicht Gewohnheit.
— Das wollen wir sehen. Auch sind noch andere Wunden
an Euch zu heilen..
— Mönch, sprichst Du Wahrheit? fiel der Bischof halblaut
ein. Du willst mich nicht verlassen? Du willst mich schützen
gegen die Philister, gegen diese Moabiter?
— Es ist meine Pflicht, diese Leute zu bessern.
— Diese Bösewichter zu bessern?
— Jch werde es versuchen.
— Diese Heiligthumschänder bessern, welche mein Schloß
geplündert, meine schönen Becher, meine Vasen, mein Gold,
mein Silber geraubt haben? Die Wölfe werden niemals
Lämmer.
— Hat die heilige Schrift nicht gesagt: „Das Schwerdt soll
verwandelt werden in ein Messer, um den blühenden Weinstock
zu beschneiden; die friedliche, fruchtbare Erde wird ihre Früchte
für alle Menschen tragen; der Löwe wird liegen neben dem Reh, der
Wolf neben dem Schafe, und ein kleines Kind wird sie alle
leiten?“ Lästere nicht; der Schöpfer hat das Geschöpf gemacht
nach seinem Bilde; er schuf es gut, damit es glücklich sei. Heilen
wir also die Unwissenheit, die Armuth, die Verblendung; sie
werden dann gut werden und sich selbst, wie die anderen glück-
lich machen.
— Gut? Die Menschen? fiel der Bischof ______heftig ein — und
die Frauen wahrscheinlich auch? Vielleicht gar auch die, welche
meine Beischläferin war? Sieh einmal die Schamlose in dem
gelben Kleide, den silbergestickten rothen Strümpfen am Arme
jenes großen, schwarzhaarigen Banditen. Die Ehrlose!
— Schweige! Hatte nicht Jesus Worte des Mitleids für
die Buhlerin Magdalena und für eine Ehebrecherin? Wolltest
Du es wagen, den ersten Stein auf die Frau zu werfen, welche
Deine Buhlerin war? Komm, Deine Knie schlottern, Du jam-
merst mich; stütze Dich auf meinen Arm, sonst wirst Du ohn-
mächtig.
— Ach, wohin werden die verfluchten Landstreicher mich
führen?
— Daran liegt wenig. Bessere Du Dich nur und bereue.
— Mein Gott, mein Gott, und keine Hoffnung, unterwegs
befreit zu werden! Die Wege sind jetzt so verödet. Niemand
reiset aus Furcht vor den Landstreichern und den Schaaren der
Dänen, welche die Städte plündern. Ach; wir leben in schlim-
men Zeiten.
— Wer hat diese Zeiten gemacht? Nicht Jhr alle, Jhr
neuen Hohenpriester? Unsere Väter sahen das Angelsachsenland
friedlich und blühend; aber damals war es frei, entgegnete der
Eremit bitter. Die blutige Eroberung, die Jhr herbeigeführt
habt, Jhr deutschen Beischöfe, rechtfertigt diese beklagenswerthen
Vergeltungsmaßregeln.
— Unsere Vorfahren waren unglückliche Götzendiener und
klappern jetzt in alle Ewigkeit mit den Zähnen, fiel der Bischof
ein, während wir den rechten Glauben haben, weshalb auch der
Herr entsetzliche Strafen für die Elenden bestimmt hat, welche es
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