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Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, [Nr. 1]. Berlin, 4. Juli 1874.

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Zur Unterhaltung und Belehrung. 151
[Beginn Spaltensatz]
Spartacus.

Die Grachen waren getödtet und in ihnen hatte das römische
Proletariat seine besten Volksvertreter verloren. Was noch die
Reaction überdauert, weilte schon längst nicht mehr auf italischem
Boden oder hielt sich in Schlupfwinkeln versteckt. Wieder glaubte
der römische Patricier die Ausbeutung seiner Sklaven ungestört
betreiben zu können, als plötzlich ein Aufstand sich erhob, der sich
in kurzer Zeit unter den schrecklichsten Zerstörungen über ganz
Jtalien verbreitete. Es war dies die Rebellion der römischen
Fechter im Jahre 73 vor Christi. Plutarch schildert den Aufstaud
folgendermaßen. Jn Capua hielt ein gewisser Lentulus Batiatus
eine Fechterschule. Zweihundert solcher Fechter, meist Gallier und
Thraker, die Batiatus gekauft und, ohne daß sie ein Verbrechen
begangen hätten, ungerechter und gewaltthätiger Weise eingesperrt
hatte, faßten den Plan zu entfliehen, wurden aber verrathen.
Nur achtundsiebenzig, welche dies merkten, kamen ihrem Herrn
zuvor, setzten sich in einer Küche in den Besitz von Messern und
Bratspießen und suchten das Weite. Als sie unterwegs einem
Wagen begegneten, der Fechterwaffen nach einer anderen Stadt
fahren sollte, plünderten sie denselben und bewaffneten sich. Hier-
auf nahmen sie eine feste Stellung ein und wählten drei Anführr,
deren Erster Spartacus war, ein Mann, der nicht nur einen
kühnen Geist und große Leibesstärke besaß, sondern auch vermöge
seines Verstandes und seines milden Charakters seine Genossen
weit überragte und mehr griechische Bildung hatte, als man in
dem Abkömmling einer thrakischen Nomadenhorde vermuthet hätte.
Man erzählt von ihm, als er das erste Mal zum Verkaufe nach
Rom gebracht worden sei, habe sich, während er schlief, eine
Schlange um sein Gesicht geschlungen, und seine Frau, aus dem-
selben Lande gebürtig, welche eine Wahrsagerin und in den bachi-
schen Geheimdienst eingeweiht war, habe erklärt, das bedeute
eine große und furchtbare Macht, die ein unglückliches Ende für
ihn nehmen werdc. Auch damals war seine Frau bei ihm, und
folgte ihm auf der Flucht.

Zuerst schlugen die Sklaven eine Schaar, die von Capua
aus gegen sie anrückte, aus dem Felde, und da ihnen bei dieser
Gelegenheit eine Menge Kriegswaffen in die Hände siel, ver-
tauschten sie dieselben mit Freuden gegen ihre Fechterwaffen, welche
sie als entehrend und an ihre barbarische Abkunft erinnernd weg-
warfen. Hierauf wurde von Rom der Prätor Clodius abge-
schickt, der die Fechter auf dem Berge belagerte und den engen
und beschwerlicheu Fußsteig besetzte, auf dem allein die überall
von steilen Ahhängen und schroffen Felsen umlagerte Höhe zu-
gänglich war. Da aber auf dem Berge viele wilde Weinstöcke
wuchsen, so schnitten die Feinde die tauglichen Ranken ab, floch-
ten daraus starke und lange Leitern, die oben befestigt und an
dem Abhang soweit hinabgelassen wurden, bis sie den flacheren
Boden erreichten, und stiegen bis auf einen Einzigen sicher an
denselben hinab. Dieser Eine war oben geblieben, um den An-
deren, nachdem diese hinabgestiegen waren, die Waffen nachzu-
werfen, und als er damit fertig war, stieg auch er als der Letzte
glücklich an der Leiter hinab. Da den Römern diese Vorgänge
verborgen blieben, so kamen ihnen die Feinde in den Rücken,
und diese jagten ihnen durch den plötzlichen Ueberfall solchen
Schrecken ein, daß sie in die Flucht trieben und sich ihres
Lagers bemächtigten. Jetzt schlossen sich viele Hirten und Schäfer
aus der Gegend, durchaus handfeste Leute und geübte Läufer,
an sie an, von welchen sie die Einen vollständig bewaffneten, die
Anderen als Streifzügler und leichte Truppen verwendeten.

Der zweite Feldherr, der gegen sie ausgesandt wurde, war
Publius Varinus. Zuerst lieferten sie seinem Legaten Furius,
der an der Spitze von zweitausend Mann stand, ein Treffen,
und schlugen ihn in die Flucht; hierauf lauerte Spartacus dem
Rathgeber und Amtsgenossen desselben, Cossinius, der mit einer
starken Truppenabtheilung ausgeschickt worden war, bei Salinä,
einem kleinen Flecken in der Landschaft Campanien, auf, als er
eben dort badete, und wenig fehlte, so hätte er ihn dort aufge-
hoben. Nachdem er sich mit Mühe und Noth durch die Flucht
gerettet hatte, bemächtigte sich Spartacus sogleich seines Gepäcks,
setzte ihm dann, um ihn nicht entkommen zu lassen, auf dem
Fuße nach und eroberte unter großem Blutvergießen das römische
Lager, wobei auch Cossinius fiel. Den Prätor selbst bestegte er
in mehreren anderen Gefechten, und zuletzt fielen ihm die Lictoren
und das Pferd desselben in die Hände, so daß jetzt seine Macht
eine furchtbare Höhe erreicht hatte.

[Spaltenumbruch]

Dessen ungeachtet hegte er keine allzu kühnen Hoffnungen
und hielt es für unwahrscheinlich, daß er die Macht der Römer
würde überwältigen können. Er meinte, seine Leute sollten über
die Alpen in ihre Heimath Thrakien und Gallien zurückkehren,
und setzte sich deshalb mit seinem Heere dorthin in Bewegung.
Aber diese stark an Zahl und voll Selbstvertrauen, wollten nichts
davon hören, sondern durchzogen Jtalien, um sich hier Haus und
Heerd zu erstreiten.

Jetzt wurde der Senat in Rom, der die Selavenrevolte
anfangs mit Geringschätzung beachtet, von der drohenden Gefahr
in Unruhe und Angst versetzt; er sandte die Consuln ab, da, wie
er sah, es sich um einen der größeen und schwierigsten Kriege
handelte. Der Eine derselben, Geilius, übersiel unvermuthet
die germanische Schaar, die sich von Spartacus getrennt hatte
und rieb sie gänzlich auf. Lentulus schloß den Spartacus mit
großen Heerhaufen ein; aber dieser rückte auf den Feind los,
llieferte ihm ein Treffen, besiegte die Legaten des Consuls und
bemächtigte sich alles Gepäcks. Als sich Spartacus dann nach
den Alpen durchschlagen wollte, kam ihm Cassius, der Proconsul
in Gallien am Po, mit einem zehntausend Mann starken Heere
entgegen; aber auch dieser wurde geschlagen, verlor in dem
Treffen viele seiner Leute und konnte nur mit Mühe durch die
Flucht sich selbst retten.

Als der Senat diese Niederlagen erfuhr, befahl er den
Consuln, den Oberbefehl niederzulegen und übertrug die Führung
des Krieges dem durch seinen Reichthum bekannten Crassus.
Jhm folgten viele der vornehmen Römer in's Feld, theils ange-
lockt durch seinen Namen, theils, weil sie ihm befreundet waren.
Während nun Crassus selber seine Stellung an der Grenze von
Picenum nahm, um den Spartacus auf seinem Marsche dorthin
zu erwarten, befahl er seinem Legaten Mummius, in einem
Bogen um die Feinde herumzuschwenken und ihnen von hinten
zu folgen, schärfte ihm aber ein. sich in kein Gefecht einzulassen
und sich aller Neckereien zu enthalten. Dieser aber ließ sich zu
schnell von der Siegeshoffnung zu einer Schlacht verleiten und
erlitt eine Niederlage. Viele seiner Leute kamen um, ein großer
Theil rettete sich nach Wegwerfung der Waffen durch die Flucht.
Crassus empfing den Mummius mit harten Vorwürfen, und von
den Soldaten verlangte er, indem er sie mit neuen Waffen ver-
sah, Bürgen dafür, um dieselben in Zukunft nicht mehr im Stich
zu lassen. Fünfhundert aber, die in den vordersten Linien ge-
standen und hauptsächlich die Flucht veranlaßt hatten, theilte er
in funfzig Haufen von je zehn Mann, und ließ aus jedem Hau-
fen je einen nach dem Loos hinrichten.

Nachdem er auf diese Weise die Soldaten zu ihrer Pflicht
zurückgeführt hatte, brach er mit ihnen gegen die Feinde auf.
Aber Spartacus zog sich vor ihm zurück und nahm seinen Weg
durch Lucanien nach dem Meere zu. Als er zufällig an der
Meerenge kilikische Seeräuberschiffe antraf, so faßte er den Plan,
einen Einfall in Sicilien zu machen und zweitausend Mann
nach dieser Jnsel zu werfen, um durch sie den Sklavenkrieg
wieder anzufachen, der erst seit Kurzem unterdrückt worden war
und zu seiner Erneuerung nur eines gelinden Zündstoffs bedurfte.
Jedoch die Unterhandlungen, die er deswegen angeknüpft, schlugen
leider fehl. Er brach darum wieder von der Meeresküste auf
und bezog auf der Halbinsel der Rheginer ein Lager.

Crassus zog ihm dorthin nach, und indem er bemerkte, wie
die Beschaffenheit dieser Gegend ihm von selbst an die Hand
gebe, was er zu thun habe, beschloß er, die Landspitze ( Calabrien )
durch eine Mauer abzuschließen, theils um den Feinden die Zufuhr
abzuschneiden, theils auch um seine Soldaten nicht müßig zu lassen.
So groß und schwierig die Arbeit war, so führte er sie doch in
unerwartet kurzer Zeit aus; er zog über die Landenge von einem
Meere zum anderen einen langen und fünfzehn Fuß breiten und
tiefen Graben und errichtete noch eine Mauer von außerordent-
licher Höhe und Stärke. Spartacus blickte Anfangs mit Sorg-
losigkeit und Verachtung auf diese Arbeiten; als aber die Beute
ausblieb, und er vorrücken wollte, sah er, daß er gänzlich ein-
geschlossen sei. Nunmehr wartete er, weil die Halbinsel gänzlich
ausgesogen war, eine Nacht ab, in welcher Schnee fiel und ein
kalter Wind wehte, füllte eine nicht gar große Strecke des Gra-
bens mit Erde, Holz und Baumzweigen aus, und brachte den
dritten Theil seines Heeres hinüber.

Crassus befürchtete nun, Spartacus möchte jetzt schnell auf
den Gedanken kommen, auf Rom loszugehen; doch fühlte er sich
wieder beruhigt, als ein starker Haufe aus Uneinigkeit sich von
ihm lossagte und ein besonderes Lager an einem See in der
[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 151
[Beginn Spaltensatz]
Spartacus.

Die Grachen waren getödtet und in ihnen hatte das römische
Proletariat seine besten Volksvertreter verloren. Was noch die
Reaction überdauert, weilte schon längst nicht mehr auf italischem
Boden oder hielt sich in Schlupfwinkeln versteckt. Wieder glaubte
der römische Patricier die Ausbeutung seiner Sklaven ungestört
betreiben zu können, als plötzlich ein Aufstand sich erhob, der sich
in kurzer Zeit unter den schrecklichsten Zerstörungen über ganz
Jtalien verbreitete. Es war dies die Rebellion der römischen
Fechter im Jahre 73 vor Christi. Plutarch schildert den Aufstaud
folgendermaßen. Jn Capua hielt ein gewisser Lentulus Batiatus
eine Fechterschule. Zweihundert solcher Fechter, meist Gallier und
Thraker, die Batiatus gekauft und, ohne daß sie ein Verbrechen
begangen hätten, ungerechter und gewaltthätiger Weise eingesperrt
hatte, faßten den Plan zu entfliehen, wurden aber verrathen.
Nur achtundsiebenzig, welche dies merkten, kamen ihrem Herrn
zuvor, setzten sich in einer Küche in den Besitz von Messern und
Bratspießen und suchten das Weite. Als sie unterwegs einem
Wagen begegneten, der Fechterwaffen nach einer anderen Stadt
fahren sollte, plünderten sie denselben und bewaffneten sich. Hier-
auf nahmen sie eine feste Stellung ein und wählten drei Anführr,
deren Erster Spartacus war, ein Mann, der nicht nur einen
kühnen Geist und große Leibesstärke besaß, sondern auch vermöge
seines Verstandes und seines milden Charakters seine Genossen
weit überragte und mehr griechische Bildung hatte, als man in
dem Abkömmling einer thrakischen Nomadenhorde vermuthet hätte.
Man erzählt von ihm, als er das erste Mal zum Verkaufe nach
Rom gebracht worden sei, habe sich, während er schlief, eine
Schlange um sein Gesicht geschlungen, und seine Frau, aus dem-
selben Lande gebürtig, welche eine Wahrsagerin und in den bachi-
schen Geheimdienst eingeweiht war, habe erklärt, das bedeute
eine große und furchtbare Macht, die ein unglückliches Ende für
ihn nehmen werdc. Auch damals war seine Frau bei ihm, und
folgte ihm auf der Flucht.

Zuerst schlugen die Sklaven eine Schaar, die von Capua
aus gegen sie anrückte, aus dem Felde, und da ihnen bei dieser
Gelegenheit eine Menge Kriegswaffen in die Hände siel, ver-
tauschten sie dieselben mit Freuden gegen ihre Fechterwaffen, welche
sie als entehrend und an ihre barbarische Abkunft erinnernd weg-
warfen. Hierauf wurde von Rom der Prätor Clodius abge-
schickt, der die Fechter auf dem Berge belagerte und den engen
und beschwerlicheu Fußsteig besetzte, auf dem allein die überall
von steilen Ahhängen und schroffen Felsen umlagerte Höhe zu-
gänglich war. Da aber auf dem Berge viele wilde Weinstöcke
wuchsen, so schnitten die Feinde die tauglichen Ranken ab, floch-
ten daraus starke und lange Leitern, die oben befestigt und an
dem Abhang soweit hinabgelassen wurden, bis sie den flacheren
Boden erreichten, und stiegen bis auf einen Einzigen sicher an
denselben hinab. Dieser Eine war oben geblieben, um den An-
deren, nachdem diese hinabgestiegen waren, die Waffen nachzu-
werfen, und als er damit fertig war, stieg auch er als der Letzte
glücklich an der Leiter hinab. Da den Römern diese Vorgänge
verborgen blieben, so kamen ihnen die Feinde in den Rücken,
und diese jagten ihnen durch den plötzlichen Ueberfall solchen
Schrecken ein, daß sie in die Flucht trieben und sich ihres
Lagers bemächtigten. Jetzt schlossen sich viele Hirten und Schäfer
aus der Gegend, durchaus handfeste Leute und geübte Läufer,
an sie an, von welchen sie die Einen vollständig bewaffneten, die
Anderen als Streifzügler und leichte Truppen verwendeten.

Der zweite Feldherr, der gegen sie ausgesandt wurde, war
Publius Varinus. Zuerst lieferten sie seinem Legaten Furius,
der an der Spitze von zweitausend Mann stand, ein Treffen,
und schlugen ihn in die Flucht; hierauf lauerte Spartacus dem
Rathgeber und Amtsgenossen desselben, Cossinius, der mit einer
starken Truppenabtheilung ausgeschickt worden war, bei Salinä,
einem kleinen Flecken in der Landschaft Campanien, auf, als er
eben dort badete, und wenig fehlte, so hätte er ihn dort aufge-
hoben. Nachdem er sich mit Mühe und Noth durch die Flucht
gerettet hatte, bemächtigte sich Spartacus sogleich seines Gepäcks,
setzte ihm dann, um ihn nicht entkommen zu lassen, auf dem
Fuße nach und eroberte unter großem Blutvergießen das römische
Lager, wobei auch Cossinius fiel. Den Prätor selbst bestegte er
in mehreren anderen Gefechten, und zuletzt fielen ihm die Lictoren
und das Pferd desselben in die Hände, so daß jetzt seine Macht
eine furchtbare Höhe erreicht hatte.

[Spaltenumbruch]

Dessen ungeachtet hegte er keine allzu kühnen Hoffnungen
und hielt es für unwahrscheinlich, daß er die Macht der Römer
würde überwältigen können. Er meinte, seine Leute sollten über
die Alpen in ihre Heimath Thrakien und Gallien zurückkehren,
und setzte sich deshalb mit seinem Heere dorthin in Bewegung.
Aber diese stark an Zahl und voll Selbstvertrauen, wollten nichts
davon hören, sondern durchzogen Jtalien, um sich hier Haus und
Heerd zu erstreiten.

Jetzt wurde der Senat in Rom, der die Selavenrevolte
anfangs mit Geringschätzung beachtet, von der drohenden Gefahr
in Unruhe und Angst versetzt; er sandte die Consuln ab, da, wie
er sah, es sich um einen der größeen und schwierigsten Kriege
handelte. Der Eine derselben, Geilius, übersiel unvermuthet
die germanische Schaar, die sich von Spartacus getrennt hatte
und rieb sie gänzlich auf. Lentulus schloß den Spartacus mit
großen Heerhaufen ein; aber dieser rückte auf den Feind los,
llieferte ihm ein Treffen, besiegte die Legaten des Consuls und
bemächtigte sich alles Gepäcks. Als sich Spartacus dann nach
den Alpen durchschlagen wollte, kam ihm Cassius, der Proconsul
in Gallien am Po, mit einem zehntausend Mann starken Heere
entgegen; aber auch dieser wurde geschlagen, verlor in dem
Treffen viele seiner Leute und konnte nur mit Mühe durch die
Flucht sich selbst retten.

Als der Senat diese Niederlagen erfuhr, befahl er den
Consuln, den Oberbefehl niederzulegen und übertrug die Führung
des Krieges dem durch seinen Reichthum bekannten Crassus.
Jhm folgten viele der vornehmen Römer in's Feld, theils ange-
lockt durch seinen Namen, theils, weil sie ihm befreundet waren.
Während nun Crassus selber seine Stellung an der Grenze von
Picenum nahm, um den Spartacus auf seinem Marsche dorthin
zu erwarten, befahl er seinem Legaten Mummius, in einem
Bogen um die Feinde herumzuschwenken und ihnen von hinten
zu folgen, schärfte ihm aber ein. sich in kein Gefecht einzulassen
und sich aller Neckereien zu enthalten. Dieser aber ließ sich zu
schnell von der Siegeshoffnung zu einer Schlacht verleiten und
erlitt eine Niederlage. Viele seiner Leute kamen um, ein großer
Theil rettete sich nach Wegwerfung der Waffen durch die Flucht.
Crassus empfing den Mummius mit harten Vorwürfen, und von
den Soldaten verlangte er, indem er sie mit neuen Waffen ver-
sah, Bürgen dafür, um dieselben in Zukunft nicht mehr im Stich
zu lassen. Fünfhundert aber, die in den vordersten Linien ge-
standen und hauptsächlich die Flucht veranlaßt hatten, theilte er
in funfzig Haufen von je zehn Mann, und ließ aus jedem Hau-
fen je einen nach dem Loos hinrichten.

Nachdem er auf diese Weise die Soldaten zu ihrer Pflicht
zurückgeführt hatte, brach er mit ihnen gegen die Feinde auf.
Aber Spartacus zog sich vor ihm zurück und nahm seinen Weg
durch Lucanien nach dem Meere zu. Als er zufällig an der
Meerenge kilikische Seeräuberschiffe antraf, so faßte er den Plan,
einen Einfall in Sicilien zu machen und zweitausend Mann
nach dieser Jnsel zu werfen, um durch sie den Sklavenkrieg
wieder anzufachen, der erst seit Kurzem unterdrückt worden war
und zu seiner Erneuerung nur eines gelinden Zündstoffs bedurfte.
Jedoch die Unterhandlungen, die er deswegen angeknüpft, schlugen
leider fehl. Er brach darum wieder von der Meeresküste auf
und bezog auf der Halbinsel der Rheginer ein Lager.

Crassus zog ihm dorthin nach, und indem er bemerkte, wie
die Beschaffenheit dieser Gegend ihm von selbst an die Hand
gebe, was er zu thun habe, beschloß er, die Landspitze ( Calabrien )
durch eine Mauer abzuschließen, theils um den Feinden die Zufuhr
abzuschneiden, theils auch um seine Soldaten nicht müßig zu lassen.
So groß und schwierig die Arbeit war, so führte er sie doch in
unerwartet kurzer Zeit aus; er zog über die Landenge von einem
Meere zum anderen einen langen und fünfzehn Fuß breiten und
tiefen Graben und errichtete noch eine Mauer von außerordent-
licher Höhe und Stärke. Spartacus blickte Anfangs mit Sorg-
losigkeit und Verachtung auf diese Arbeiten; als aber die Beute
ausblieb, und er vorrücken wollte, sah er, daß er gänzlich ein-
geschlossen sei. Nunmehr wartete er, weil die Halbinsel gänzlich
ausgesogen war, eine Nacht ab, in welcher Schnee fiel und ein
kalter Wind wehte, füllte eine nicht gar große Strecke des Gra-
bens mit Erde, Holz und Baumzweigen aus, und brachte den
dritten Theil seines Heeres hinüber.

Crassus befürchtete nun, Spartacus möchte jetzt schnell auf
den Gedanken kommen, auf Rom loszugehen; doch fühlte er sich
wieder beruhigt, als ein starker Haufe aus Uneinigkeit sich von
ihm lossagte und ein besonderes Lager an einem See in der
[Ende Spaltensatz]

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[151/0007] Zur Unterhaltung und Belehrung. 151 Spartacus. Die Grachen waren getödtet und in ihnen hatte das römische Proletariat seine besten Volksvertreter verloren. Was noch die Reaction überdauert, weilte schon längst nicht mehr auf italischem Boden oder hielt sich in Schlupfwinkeln versteckt. Wieder glaubte der römische Patricier die Ausbeutung seiner Sklaven ungestört betreiben zu können, als plötzlich ein Aufstand sich erhob, der sich in kurzer Zeit unter den schrecklichsten Zerstörungen über ganz Jtalien verbreitete. Es war dies die Rebellion der römischen Fechter im Jahre 73 vor Christi. Plutarch schildert den Aufstaud folgendermaßen. Jn Capua hielt ein gewisser Lentulus Batiatus eine Fechterschule. Zweihundert solcher Fechter, meist Gallier und Thraker, die Batiatus gekauft und, ohne daß sie ein Verbrechen begangen hätten, ungerechter und gewaltthätiger Weise eingesperrt hatte, faßten den Plan zu entfliehen, wurden aber verrathen. Nur achtundsiebenzig, welche dies merkten, kamen ihrem Herrn zuvor, setzten sich in einer Küche in den Besitz von Messern und Bratspießen und suchten das Weite. Als sie unterwegs einem Wagen begegneten, der Fechterwaffen nach einer anderen Stadt fahren sollte, plünderten sie denselben und bewaffneten sich. Hier- auf nahmen sie eine feste Stellung ein und wählten drei Anführr, deren Erster Spartacus war, ein Mann, der nicht nur einen kühnen Geist und große Leibesstärke besaß, sondern auch vermöge seines Verstandes und seines milden Charakters seine Genossen weit überragte und mehr griechische Bildung hatte, als man in dem Abkömmling einer thrakischen Nomadenhorde vermuthet hätte. Man erzählt von ihm, als er das erste Mal zum Verkaufe nach Rom gebracht worden sei, habe sich, während er schlief, eine Schlange um sein Gesicht geschlungen, und seine Frau, aus dem- selben Lande gebürtig, welche eine Wahrsagerin und in den bachi- schen Geheimdienst eingeweiht war, habe erklärt, das bedeute eine große und furchtbare Macht, die ein unglückliches Ende für ihn nehmen werdc. Auch damals war seine Frau bei ihm, und folgte ihm auf der Flucht. Zuerst schlugen die Sklaven eine Schaar, die von Capua aus gegen sie anrückte, aus dem Felde, und da ihnen bei dieser Gelegenheit eine Menge Kriegswaffen in die Hände siel, ver- tauschten sie dieselben mit Freuden gegen ihre Fechterwaffen, welche sie als entehrend und an ihre barbarische Abkunft erinnernd weg- warfen. Hierauf wurde von Rom der Prätor Clodius abge- schickt, der die Fechter auf dem Berge belagerte und den engen und beschwerlicheu Fußsteig besetzte, auf dem allein die überall von steilen Ahhängen und schroffen Felsen umlagerte Höhe zu- gänglich war. Da aber auf dem Berge viele wilde Weinstöcke wuchsen, so schnitten die Feinde die tauglichen Ranken ab, floch- ten daraus starke und lange Leitern, die oben befestigt und an dem Abhang soweit hinabgelassen wurden, bis sie den flacheren Boden erreichten, und stiegen bis auf einen Einzigen sicher an denselben hinab. Dieser Eine war oben geblieben, um den An- deren, nachdem diese hinabgestiegen waren, die Waffen nachzu- werfen, und als er damit fertig war, stieg auch er als der Letzte glücklich an der Leiter hinab. Da den Römern diese Vorgänge verborgen blieben, so kamen ihnen die Feinde in den Rücken, und diese jagten ihnen durch den plötzlichen Ueberfall solchen Schrecken ein, daß sie in die Flucht trieben und sich ihres Lagers bemächtigten. Jetzt schlossen sich viele Hirten und Schäfer aus der Gegend, durchaus handfeste Leute und geübte Läufer, an sie an, von welchen sie die Einen vollständig bewaffneten, die Anderen als Streifzügler und leichte Truppen verwendeten. Der zweite Feldherr, der gegen sie ausgesandt wurde, war Publius Varinus. Zuerst lieferten sie seinem Legaten Furius, der an der Spitze von zweitausend Mann stand, ein Treffen, und schlugen ihn in die Flucht; hierauf lauerte Spartacus dem Rathgeber und Amtsgenossen desselben, Cossinius, der mit einer starken Truppenabtheilung ausgeschickt worden war, bei Salinä, einem kleinen Flecken in der Landschaft Campanien, auf, als er eben dort badete, und wenig fehlte, so hätte er ihn dort aufge- hoben. Nachdem er sich mit Mühe und Noth durch die Flucht gerettet hatte, bemächtigte sich Spartacus sogleich seines Gepäcks, setzte ihm dann, um ihn nicht entkommen zu lassen, auf dem Fuße nach und eroberte unter großem Blutvergießen das römische Lager, wobei auch Cossinius fiel. Den Prätor selbst bestegte er in mehreren anderen Gefechten, und zuletzt fielen ihm die Lictoren und das Pferd desselben in die Hände, so daß jetzt seine Macht eine furchtbare Höhe erreicht hatte. Dessen ungeachtet hegte er keine allzu kühnen Hoffnungen und hielt es für unwahrscheinlich, daß er die Macht der Römer würde überwältigen können. Er meinte, seine Leute sollten über die Alpen in ihre Heimath Thrakien und Gallien zurückkehren, und setzte sich deshalb mit seinem Heere dorthin in Bewegung. Aber diese stark an Zahl und voll Selbstvertrauen, wollten nichts davon hören, sondern durchzogen Jtalien, um sich hier Haus und Heerd zu erstreiten. Jetzt wurde der Senat in Rom, der die Selavenrevolte anfangs mit Geringschätzung beachtet, von der drohenden Gefahr in Unruhe und Angst versetzt; er sandte die Consuln ab, da, wie er sah, es sich um einen der größeen und schwierigsten Kriege handelte. Der Eine derselben, Geilius, übersiel unvermuthet die germanische Schaar, die sich von Spartacus getrennt hatte und rieb sie gänzlich auf. Lentulus schloß den Spartacus mit großen Heerhaufen ein; aber dieser rückte auf den Feind los, llieferte ihm ein Treffen, besiegte die Legaten des Consuls und bemächtigte sich alles Gepäcks. Als sich Spartacus dann nach den Alpen durchschlagen wollte, kam ihm Cassius, der Proconsul in Gallien am Po, mit einem zehntausend Mann starken Heere entgegen; aber auch dieser wurde geschlagen, verlor in dem Treffen viele seiner Leute und konnte nur mit Mühe durch die Flucht sich selbst retten. Als der Senat diese Niederlagen erfuhr, befahl er den Consuln, den Oberbefehl niederzulegen und übertrug die Führung des Krieges dem durch seinen Reichthum bekannten Crassus. Jhm folgten viele der vornehmen Römer in's Feld, theils ange- lockt durch seinen Namen, theils, weil sie ihm befreundet waren. Während nun Crassus selber seine Stellung an der Grenze von Picenum nahm, um den Spartacus auf seinem Marsche dorthin zu erwarten, befahl er seinem Legaten Mummius, in einem Bogen um die Feinde herumzuschwenken und ihnen von hinten zu folgen, schärfte ihm aber ein. sich in kein Gefecht einzulassen und sich aller Neckereien zu enthalten. Dieser aber ließ sich zu schnell von der Siegeshoffnung zu einer Schlacht verleiten und erlitt eine Niederlage. Viele seiner Leute kamen um, ein großer Theil rettete sich nach Wegwerfung der Waffen durch die Flucht. Crassus empfing den Mummius mit harten Vorwürfen, und von den Soldaten verlangte er, indem er sie mit neuen Waffen ver- sah, Bürgen dafür, um dieselben in Zukunft nicht mehr im Stich zu lassen. Fünfhundert aber, die in den vordersten Linien ge- standen und hauptsächlich die Flucht veranlaßt hatten, theilte er in funfzig Haufen von je zehn Mann, und ließ aus jedem Hau- fen je einen nach dem Loos hinrichten. Nachdem er auf diese Weise die Soldaten zu ihrer Pflicht zurückgeführt hatte, brach er mit ihnen gegen die Feinde auf. Aber Spartacus zog sich vor ihm zurück und nahm seinen Weg durch Lucanien nach dem Meere zu. Als er zufällig an der Meerenge kilikische Seeräuberschiffe antraf, so faßte er den Plan, einen Einfall in Sicilien zu machen und zweitausend Mann nach dieser Jnsel zu werfen, um durch sie den Sklavenkrieg wieder anzufachen, der erst seit Kurzem unterdrückt worden war und zu seiner Erneuerung nur eines gelinden Zündstoffs bedurfte. Jedoch die Unterhandlungen, die er deswegen angeknüpft, schlugen leider fehl. Er brach darum wieder von der Meeresküste auf und bezog auf der Halbinsel der Rheginer ein Lager. Crassus zog ihm dorthin nach, und indem er bemerkte, wie die Beschaffenheit dieser Gegend ihm von selbst an die Hand gebe, was er zu thun habe, beschloß er, die Landspitze ( Calabrien ) durch eine Mauer abzuschließen, theils um den Feinden die Zufuhr abzuschneiden, theils auch um seine Soldaten nicht müßig zu lassen. So groß und schwierig die Arbeit war, so führte er sie doch in unerwartet kurzer Zeit aus; er zog über die Landenge von einem Meere zum anderen einen langen und fünfzehn Fuß breiten und tiefen Graben und errichtete noch eine Mauer von außerordent- licher Höhe und Stärke. Spartacus blickte Anfangs mit Sorg- losigkeit und Verachtung auf diese Arbeiten; als aber die Beute ausblieb, und er vorrücken wollte, sah er, daß er gänzlich ein- geschlossen sei. Nunmehr wartete er, weil die Halbinsel gänzlich ausgesogen war, eine Nacht ab, in welcher Schnee fiel und ein kalter Wind wehte, füllte eine nicht gar große Strecke des Gra- bens mit Erde, Holz und Baumzweigen aus, und brachte den dritten Theil seines Heeres hinüber. Crassus befürchtete nun, Spartacus möchte jetzt schnell auf den Gedanken kommen, auf Rom loszugehen; doch fühlte er sich wieder beruhigt, als ein starker Haufe aus Uneinigkeit sich von ihm lossagte und ein besonderes Lager an einem See in der

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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, [Nr. 1]. Berlin, 4. Juli 1874, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0701_1874/7>, abgerufen am 21.11.2024.