Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, Nr. 3. Berlin, 18. Juli 1874.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

Zur Unterhaltung und Belehrung. 172
[Beginn Spaltensatz] Theile: der erste ist für die Gottlosen, der zweite für die Ge-
rechten. -- Beginnen wir mit dem ersten Theile." -- Dieser
war sehr kurz und schloß mit folgender Apostrophe: "Nun, Jhr
verstockten Sünder, die Jhr Christum lästert und seine heiligen
Lehren verspottet; die Jhr aller Laster voll und der Reue
abhold seid, bin ich mit zu Ende. Erhebet Euch und verlasset
das Haus des Herrn, denn der zweite Theil meiner Rede ist nur
denen unter Euch gewidmet, welche reinen Herzens sind!" Keiner
der Anwesenden erhob sich, bevor das Amen fiel; sie waren alle
reinen Herzens.



Schulmeisterliche Weisheit.

Nach einer sehr anziehenden Beschreibung vom Himmel
suchte ein Lehrer die Kinder durch Rechtthun und Frommsein
dahin einzuladen. Ein Kind fällt ihm plötzlich mit der Frage
in die Rede: "Aber wie sieht's denn in der Hölle aus?" Der
Lehrer, der sich nicht gern will stören lassen, verweist es mit
den Worten zur Geduld: "Warte nur, da werden wir bald
hinkommen."



Album der Poesie.
Donna Clara.
Jn dem abendlichen Garten
Wandelt des Alkalden Tochter;
Pauken und Drommetenjubel
Klingt herunter von dem Schlosse.
"Lästig werden mir die Tänze
Und die süßen Schmeichelworte,
Und die Ritter, die so zierlich
Mich vergleichen mit der Sonne.
"Ueberlästig wird mir Alles,
Seit ich sah beim Strahl des Mondes
Jenen Ritter, dessen Laute
Nächtens mich ans Fenster lockte.
"Wie er stand so schlank und muthig,
Und die Augen leuchtend schossen
Aus dem edelblassen Antlitz,
Glich er wahrlich Sankt Georgen."
Also dachte Donna Clara,
Und sie schaute auf den Boden;
Wie sie aufblickt, steht der schöne,
Unbekannte Ritter vor ihr.
Händedrückend, liebeflüsternd
Wandeln sie umher im Mondschein,
Und der Zephyr schmeichelt freundlich,
Märchenartig grüßen Rosen.
Märchenartig grüßen Rosen,
Und sie glühn wie Liebesboten. --
Aber sage mir, Geliebte,
Warum du so plötzlich roth wirst?
"Mücken stachen mich, Geliebter,
Und die Mücken sind im Sommer
Mir so tief verhaßt, als wären's
Langenas'ge Judenrotten."
Laß die Mücken und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend.
[Spaltenumbruch] Von den Mandelbäumen fallen
Tausend weiße Blüthenflocken.
Tausend weiße Blüthenflocken
Haben ihren Duft ergossen. --
Aber sage mir, Geliebte,
Jst dein Herz mir ganz gewogen?
"Ja, ich liebe dich, Geliebter,
Bei dem Heiland sei's geschworen,
Den die gottverfluchten Juden
Boshaft tückisch einst ermordet."
Laß den Heiland und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend.
Jn der Ferne schwanken traumhaft
Weiße Lilien, lichtumflossen.
Weiße Lilien, lichtumflossen,
Blicken nach den Sternen droben. --
Aber sage mir, Geliebte,
Hast du auch nicht falsch geschworen?
"Falsch ist nicht in mir, Geliebter,
Wie in meiner Brust kein Tropfen
Blut ist von dem Blut des Mohren
Und des schmutz'gen Judenvolkes."
Laß die Mohren und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend;
Und nach einer Myrtenlaube
Führt er die Alkadentochter.
Mit den weichen Liebesnetzen
Hat er heimlich sie umflochten!
Kurze Worte, lange Küsse,
Und die Herzen überflossen.
Wie ein schmelzend süßes Brautlied
Singt die Nachtigall, die holde;
Wie zum Fackeltanze hüpfen
Feuerwürmchen auf dem Boden.
Jn der Laube wird es stiller,
Und man hört nur, wie verstohlen,
Das Geflüster kluger Myrten
Und der Blumen Athemholen.
Aber Pauken und Drommeten
Schallen plötzlich aus dem Schlosse.
Und erwachend hat sich Clara
Aus des Ritters Arm gezogen.
"Horch! da ruft es mich, Geliebter,
Doch, bevor wir scheiden, sollst du
Nennen deinen lieben Namen,
Den du mir so lang' verborgen."
Und der Ritter, heiter lächelnd,
Küsst die Finger seiner Donna,
Küsst die Lippen und die Stirne,
Und er spricht zuletzt die Worte:
Jch, Sennora, Eu'r Geliebter,
Bin der Sohn des vielbelobten,
Großen, schriftgelehrten Rabbi
Jsrael von Saragossa.
Heine.


[Ende Spaltensatz]

Jnhalt der 7. Lieferung. Nr. 3. 1. Der Klassengegensatz. -- 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) -- 3. Am Krankenbett eines
Kindes. -- 4. Wer hat die meiste Tinte verbraucht. -- 5. Feine Geistesgegenwart. -- 6. Ein gutes Mittel. -- 7. Schulmeisterliche
Weisheit. -- 8. Album der Poesie.



Druck und Verlag von C. Jhring's Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. -- Verantwortlich für die Redaction: L. Pfeiffer in Berlin.

Zur Unterhaltung und Belehrung. 172
[Beginn Spaltensatz] Theile: der erste ist für die Gottlosen, der zweite für die Ge-
rechten. — Beginnen wir mit dem ersten Theile.“ — Dieser
war sehr kurz und schloß mit folgender Apostrophe: „Nun, Jhr
verstockten Sünder, die Jhr Christum lästert und seine heiligen
Lehren verspottet; die Jhr aller Laster voll und der Reue
abhold seid, bin ich mit zu Ende. Erhebet Euch und verlasset
das Haus des Herrn, denn der zweite Theil meiner Rede ist nur
denen unter Euch gewidmet, welche reinen Herzens sind!“ Keiner
der Anwesenden erhob sich, bevor das Amen fiel; sie waren alle
reinen Herzens.



Schulmeisterliche Weisheit.

Nach einer sehr anziehenden Beschreibung vom Himmel
suchte ein Lehrer die Kinder durch Rechtthun und Frommsein
dahin einzuladen. Ein Kind fällt ihm plötzlich mit der Frage
in die Rede: „Aber wie sieht's denn in der Hölle aus?“ Der
Lehrer, der sich nicht gern will stören lassen, verweist es mit
den Worten zur Geduld: „Warte nur, da werden wir bald
hinkommen.“



Album der Poesie.
Donna Clara.
Jn dem abendlichen Garten
Wandelt des Alkalden Tochter;
Pauken und Drommetenjubel
Klingt herunter von dem Schlosse.
„Lästig werden mir die Tänze
Und die süßen Schmeichelworte,
Und die Ritter, die so zierlich
Mich vergleichen mit der Sonne.
„Ueberlästig wird mir Alles,
Seit ich sah beim Strahl des Mondes
Jenen Ritter, dessen Laute
Nächtens mich ans Fenster lockte.
„Wie er stand so schlank und muthig,
Und die Augen leuchtend schossen
Aus dem edelblassen Antlitz,
Glich er wahrlich Sankt Georgen.“
Also dachte Donna Clara,
Und sie schaute auf den Boden;
Wie sie aufblickt, steht der schöne,
Unbekannte Ritter vor ihr.
Händedrückend, liebeflüsternd
Wandeln sie umher im Mondschein,
Und der Zephyr schmeichelt freundlich,
Märchenartig grüßen Rosen.
Märchenartig grüßen Rosen,
Und sie glühn wie Liebesboten. —
Aber sage mir, Geliebte,
Warum du so plötzlich roth wirst?
„Mücken stachen mich, Geliebter,
Und die Mücken sind im Sommer
Mir so tief verhaßt, als wären's
Langenas'ge Judenrotten.“
Laß die Mücken und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend.
[Spaltenumbruch] Von den Mandelbäumen fallen
Tausend weiße Blüthenflocken.
Tausend weiße Blüthenflocken
Haben ihren Duft ergossen. —
Aber sage mir, Geliebte,
Jst dein Herz mir ganz gewogen?
„Ja, ich liebe dich, Geliebter,
Bei dem Heiland sei's geschworen,
Den die gottverfluchten Juden
Boshaft tückisch einst ermordet.“
Laß den Heiland und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend.
Jn der Ferne schwanken traumhaft
Weiße Lilien, lichtumflossen.
Weiße Lilien, lichtumflossen,
Blicken nach den Sternen droben. —
Aber sage mir, Geliebte,
Hast du auch nicht falsch geschworen?
„Falsch ist nicht in mir, Geliebter,
Wie in meiner Brust kein Tropfen
Blut ist von dem Blut des Mohren
Und des schmutz'gen Judenvolkes.“
Laß die Mohren und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend;
Und nach einer Myrtenlaube
Führt er die Alkadentochter.
Mit den weichen Liebesnetzen
Hat er heimlich sie umflochten!
Kurze Worte, lange Küsse,
Und die Herzen überflossen.
Wie ein schmelzend süßes Brautlied
Singt die Nachtigall, die holde;
Wie zum Fackeltanze hüpfen
Feuerwürmchen auf dem Boden.
Jn der Laube wird es stiller,
Und man hört nur, wie verstohlen,
Das Geflüster kluger Myrten
Und der Blumen Athemholen.
Aber Pauken und Drommeten
Schallen plötzlich aus dem Schlosse.
Und erwachend hat sich Clara
Aus des Ritters Arm gezogen.
„Horch! da ruft es mich, Geliebter,
Doch, bevor wir scheiden, sollst du
Nennen deinen lieben Namen,
Den du mir so lang' verborgen.“
Und der Ritter, heiter lächelnd,
Küsst die Finger seiner Donna,
Küsst die Lippen und die Stirne,
Und er spricht zuletzt die Worte:
Jch, Sennora, Eu'r Geliebter,
Bin der Sohn des vielbelobten,
Großen, schriftgelehrten Rabbi
Jsrael von Saragossa.
Heine.


[Ende Spaltensatz]

Jnhalt der 7. Lieferung. Nr. 3. 1. Der Klassengegensatz. — 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) — 3. Am Krankenbett eines
Kindes. — 4. Wer hat die meiste Tinte verbraucht. — 5. Feine Geistesgegenwart. — 6. Ein gutes Mittel. — 7. Schulmeisterliche
Weisheit. — 8. Album der Poesie.



Druck und Verlag von C. Jhring's Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. — Verantwortlich für die Redaction: L. Pfeiffer in Berlin.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0008" n="172"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Zur Unterhaltung und Belehrung.</hi> 172</fw><cb type="start"/>
Theile: der erste ist für die Gottlosen, der zweite für die Ge-<lb/>
rechten. &#x2014; Beginnen wir mit dem ersten Theile.&#x201C; &#x2014; Dieser<lb/>
war sehr kurz und schloß mit folgender Apostrophe: &#x201E;Nun, Jhr<lb/>
verstockten Sünder, die Jhr Christum lästert und seine heiligen<lb/>
Lehren verspottet; die Jhr aller Laster voll und der Reue<lb/>
abhold seid, bin ich mit zu Ende. Erhebet Euch und verlasset<lb/>
das Haus des Herrn, denn der zweite Theil meiner Rede ist nur<lb/>
denen unter Euch gewidmet, welche reinen Herzens sind!&#x201C; Keiner<lb/>
der Anwesenden erhob sich, bevor das Amen fiel; sie waren alle<lb/>
reinen Herzens.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head>Schulmeisterliche Weisheit.</head><lb/>
        <p>Nach einer sehr anziehenden Beschreibung vom Himmel<lb/>
suchte ein Lehrer die Kinder durch Rechtthun und Frommsein<lb/>
dahin einzuladen. Ein Kind fällt ihm plötzlich mit der Frage<lb/>
in die Rede: &#x201E;Aber wie sieht's denn in der Hölle aus?&#x201C; Der<lb/>
Lehrer, der sich nicht gern will stören lassen, verweist es mit<lb/>
den Worten zur Geduld: &#x201E;Warte nur, da werden wir bald<lb/>
hinkommen.&#x201C;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head>Album der Poesie. </head><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head><hi rendition="#g">Donna Clara</hi>.</head><lb/>
            <lg n="1">
              <l>Jn dem abendlichen Garten</l><lb/>
              <l>Wandelt des Alkalden Tochter;</l><lb/>
              <l>Pauken und Drommetenjubel</l><lb/>
              <l>Klingt herunter von dem Schlosse.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>&#x201E;Lästig werden mir die Tänze</l><lb/>
              <l>Und die süßen Schmeichelworte,</l><lb/>
              <l>Und die Ritter, die so zierlich</l><lb/>
              <l>Mich vergleichen mit der Sonne.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>&#x201E;Ueberlästig wird mir Alles,</l><lb/>
              <l>Seit ich sah beim Strahl des Mondes</l><lb/>
              <l>Jenen Ritter, dessen Laute</l><lb/>
              <l>Nächtens mich ans Fenster lockte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>&#x201E;Wie er stand so schlank und muthig,</l><lb/>
              <l>Und die Augen leuchtend schossen</l><lb/>
              <l>Aus dem edelblassen Antlitz,</l><lb/>
              <l>Glich er wahrlich Sankt Georgen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Also dachte Donna Clara,</l><lb/>
              <l>Und sie schaute auf den Boden;</l><lb/>
              <l>Wie sie aufblickt, steht der schöne,</l><lb/>
              <l>Unbekannte Ritter vor ihr.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Händedrückend, liebeflüsternd</l><lb/>
              <l>Wandeln sie umher im Mondschein,</l><lb/>
              <l>Und der Zephyr schmeichelt freundlich,</l><lb/>
              <l>Märchenartig grüßen Rosen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Märchenartig grüßen Rosen,</l><lb/>
              <l>Und sie glühn wie Liebesboten. &#x2014;</l><lb/>
              <l>Aber sage mir, Geliebte,</l><lb/>
              <l>Warum du so plötzlich roth wirst?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>&#x201E;Mücken stachen mich, Geliebter,</l><lb/>
              <l>Und die Mücken sind im Sommer</l><lb/>
              <l>Mir so tief verhaßt, als wären's</l><lb/>
              <l>Langenas'ge Judenrotten.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Laß die Mücken und die Juden,</l><lb/>
              <l>Spricht der Ritter, freundlich kosend.</l><lb/>
              <cb n="2"/>
              <l>Von den Mandelbäumen fallen</l><lb/>
              <l>Tausend weiße Blüthenflocken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Tausend weiße Blüthenflocken</l><lb/>
              <l>Haben ihren Duft ergossen. &#x2014;</l><lb/>
              <l>Aber sage mir, Geliebte,</l><lb/>
              <l>Jst dein Herz mir ganz gewogen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>&#x201E;Ja, ich liebe dich, Geliebter,</l><lb/>
              <l>Bei dem Heiland sei's geschworen,</l><lb/>
              <l>Den die gottverfluchten Juden</l><lb/>
              <l>Boshaft tückisch einst ermordet.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Laß den Heiland und die Juden,</l><lb/>
              <l>Spricht der Ritter, freundlich kosend.</l><lb/>
              <l>Jn der Ferne schwanken traumhaft</l><lb/>
              <l>Weiße Lilien, lichtumflossen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="13">
              <l>Weiße Lilien, lichtumflossen,</l><lb/>
              <l>Blicken nach den Sternen droben. &#x2014;</l><lb/>
              <l>Aber sage mir, Geliebte,</l><lb/>
              <l>Hast du auch nicht falsch geschworen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>&#x201E;Falsch ist nicht in mir, Geliebter,</l><lb/>
              <l>Wie in meiner Brust kein Tropfen</l><lb/>
              <l>Blut ist von dem Blut des Mohren</l><lb/>
              <l>Und des schmutz'gen Judenvolkes.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Laß die Mohren <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> die Juden,</l><lb/>
              <l>Spricht der Ritter, freundlich kosend;</l><lb/>
              <l>Und nach einer Myrtenlaube</l><lb/>
              <l>Führt er die Alkadentochter.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l>Mit den weichen Liebesnetzen</l><lb/>
              <l>Hat er heimlich sie umflochten!</l><lb/>
              <l>Kurze Worte, lange Küsse,</l><lb/>
              <l>Und die Herzen überflossen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="17">
              <l>Wie ein schmelzend süßes Brautlied</l><lb/>
              <l>Singt die Nachtigall, die holde;</l><lb/>
              <l>Wie zum Fackeltanze hüpfen</l><lb/>
              <l>Feuerwürmchen auf dem Boden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="18">
              <l>Jn der Laube wird es stiller,</l><lb/>
              <l>Und man hört nur, wie verstohlen,</l><lb/>
              <l>Das Geflüster kluger Myrten</l><lb/>
              <l>Und der Blumen Athemholen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Aber Pauken und Drommeten</l><lb/>
              <l>Schallen plötzlich aus dem Schlosse.</l><lb/>
              <l>Und erwachend hat sich Clara</l><lb/>
              <l>Aus des Ritters Arm gezogen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>&#x201E;Horch! da ruft es mich, Geliebter,</l><lb/>
              <l>Doch, bevor wir scheiden, sollst du</l><lb/>
              <l>Nennen deinen lieben Namen,</l><lb/>
              <l>Den du mir so lang' verborgen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>Und der Ritter, heiter lächelnd,</l><lb/>
              <l>Küsst die Finger seiner Donna,</l><lb/>
              <l>Küsst die Lippen und die Stirne,</l><lb/>
              <l>Und er spricht zuletzt die Worte:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l>Jch, Sennora, Eu'r Geliebter,</l><lb/>
              <l>Bin der Sohn des vielbelobten,</l><lb/>
              <l>Großen, schriftgelehrten Rabbi</l><lb/>
              <l>Jsrael von Saragossa.</l>
            </lg>
          </lg><lb/><lb/>
          <bibl> <hi rendition="#right">Heine.</hi> </bibl>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb type="end"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="contents" n="1">
        <p>Jnhalt der 7. Lieferung. Nr. 3. 1. Der Klassengegensatz. &#x2014; 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) &#x2014; 3. Am Krankenbett eines<lb/>
Kindes. &#x2014; 4. Wer hat die meiste Tinte verbraucht. &#x2014; 5. Feine Geistesgegenwart. &#x2014; 6. Ein gutes Mittel. &#x2014; 7. Schulmeisterliche<lb/>
Weisheit. &#x2014; 8. Album der Poesie.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
    <back>
      <div type="imprint" n="1">
        <p> <hi rendition="#c">Druck und Verlag von C. <hi rendition="#g">Jhring's</hi> Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. &#x2014; Verantwortlich für die Redaction: L. <hi rendition="#g">Pfeiffer</hi> in Berlin.</hi> </p>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[172/0008] Zur Unterhaltung und Belehrung. 172 Theile: der erste ist für die Gottlosen, der zweite für die Ge- rechten. — Beginnen wir mit dem ersten Theile.“ — Dieser war sehr kurz und schloß mit folgender Apostrophe: „Nun, Jhr verstockten Sünder, die Jhr Christum lästert und seine heiligen Lehren verspottet; die Jhr aller Laster voll und der Reue abhold seid, bin ich mit zu Ende. Erhebet Euch und verlasset das Haus des Herrn, denn der zweite Theil meiner Rede ist nur denen unter Euch gewidmet, welche reinen Herzens sind!“ Keiner der Anwesenden erhob sich, bevor das Amen fiel; sie waren alle reinen Herzens. Schulmeisterliche Weisheit. Nach einer sehr anziehenden Beschreibung vom Himmel suchte ein Lehrer die Kinder durch Rechtthun und Frommsein dahin einzuladen. Ein Kind fällt ihm plötzlich mit der Frage in die Rede: „Aber wie sieht's denn in der Hölle aus?“ Der Lehrer, der sich nicht gern will stören lassen, verweist es mit den Worten zur Geduld: „Warte nur, da werden wir bald hinkommen.“ Album der Poesie. Donna Clara. Jn dem abendlichen Garten Wandelt des Alkalden Tochter; Pauken und Drommetenjubel Klingt herunter von dem Schlosse. „Lästig werden mir die Tänze Und die süßen Schmeichelworte, Und die Ritter, die so zierlich Mich vergleichen mit der Sonne. „Ueberlästig wird mir Alles, Seit ich sah beim Strahl des Mondes Jenen Ritter, dessen Laute Nächtens mich ans Fenster lockte. „Wie er stand so schlank und muthig, Und die Augen leuchtend schossen Aus dem edelblassen Antlitz, Glich er wahrlich Sankt Georgen.“ Also dachte Donna Clara, Und sie schaute auf den Boden; Wie sie aufblickt, steht der schöne, Unbekannte Ritter vor ihr. Händedrückend, liebeflüsternd Wandeln sie umher im Mondschein, Und der Zephyr schmeichelt freundlich, Märchenartig grüßen Rosen. Märchenartig grüßen Rosen, Und sie glühn wie Liebesboten. — Aber sage mir, Geliebte, Warum du so plötzlich roth wirst? „Mücken stachen mich, Geliebter, Und die Mücken sind im Sommer Mir so tief verhaßt, als wären's Langenas'ge Judenrotten.“ Laß die Mücken und die Juden, Spricht der Ritter, freundlich kosend. Von den Mandelbäumen fallen Tausend weiße Blüthenflocken. Tausend weiße Blüthenflocken Haben ihren Duft ergossen. — Aber sage mir, Geliebte, Jst dein Herz mir ganz gewogen? „Ja, ich liebe dich, Geliebter, Bei dem Heiland sei's geschworen, Den die gottverfluchten Juden Boshaft tückisch einst ermordet.“ Laß den Heiland und die Juden, Spricht der Ritter, freundlich kosend. Jn der Ferne schwanken traumhaft Weiße Lilien, lichtumflossen. Weiße Lilien, lichtumflossen, Blicken nach den Sternen droben. — Aber sage mir, Geliebte, Hast du auch nicht falsch geschworen? „Falsch ist nicht in mir, Geliebter, Wie in meiner Brust kein Tropfen Blut ist von dem Blut des Mohren Und des schmutz'gen Judenvolkes.“ Laß die Mohren und die Juden, Spricht der Ritter, freundlich kosend; Und nach einer Myrtenlaube Führt er die Alkadentochter. Mit den weichen Liebesnetzen Hat er heimlich sie umflochten! Kurze Worte, lange Küsse, Und die Herzen überflossen. Wie ein schmelzend süßes Brautlied Singt die Nachtigall, die holde; Wie zum Fackeltanze hüpfen Feuerwürmchen auf dem Boden. Jn der Laube wird es stiller, Und man hört nur, wie verstohlen, Das Geflüster kluger Myrten Und der Blumen Athemholen. Aber Pauken und Drommeten Schallen plötzlich aus dem Schlosse. Und erwachend hat sich Clara Aus des Ritters Arm gezogen. „Horch! da ruft es mich, Geliebter, Doch, bevor wir scheiden, sollst du Nennen deinen lieben Namen, Den du mir so lang' verborgen.“ Und der Ritter, heiter lächelnd, Küsst die Finger seiner Donna, Küsst die Lippen und die Stirne, Und er spricht zuletzt die Worte: Jch, Sennora, Eu'r Geliebter, Bin der Sohn des vielbelobten, Großen, schriftgelehrten Rabbi Jsrael von Saragossa. Heine. Jnhalt der 7. Lieferung. Nr. 3. 1. Der Klassengegensatz. — 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) — 3. Am Krankenbett eines Kindes. — 4. Wer hat die meiste Tinte verbraucht. — 5. Feine Geistesgegenwart. — 6. Ein gutes Mittel. — 7. Schulmeisterliche Weisheit. — 8. Album der Poesie. Druck und Verlag von C. Jhring's Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. — Verantwortlich für die Redaction: L. Pfeiffer in Berlin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0703_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0703_1874/8
Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, Nr. 3. Berlin, 18. Juli 1874, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0703_1874/8>, abgerufen am 13.06.2024.