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Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 25. Juli 1874.

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Zur Unterhaltung und Belehrung. 175
[Beginn Spaltensatz] eine Maschine das Gesetzte hinunterschafft, und im unteren Raum,
zu ebner Erde, auf die Pressen bringt. Jn jedem Stockwerke
sind drei bis vier Reihen Tische.

Jm unteren Raume befinden sich, wie gesagt, die mechanischen
Pressen.

Links von diesem Gebäude stehen ungeheure andere, in de-
nen Papier, Schwärze und Lettern fabricirt werden; auch ist dort
das Magazin für die Rohstoffe und das verarbeitete Material,
wozu, um es hinzutransportiren, ein eigener Kanal mit Maschi-
nerie vorhanden ist. Ueberhaupt ist die Maschinerie aufs Höchste
getrieben; es werden durch sie an fünfzigtausend Arbeiter ersetzt,
wie wir hörten. Man denke sich, wie viel Mühe, Zeit, Menschen-
kräfte dadurch erspart und für andere Zwecke gesichert werden!
Besondere Maschinen bereiten das Papier und legen es zum
Falzen hin, in eine Werkstatt, die, nebst anderen großartigen Ge-
bäuden, sich rechts befindet, wo die weitere Verarbeitung in
Hefte und Bücher vor sich geht. Dort stehen auch die Nieder-
lagen der fertigen Bücher.

Sämmtliche Werkstätten und Arbeitende sind in diesem
Druckerei=Viertel vereinigt; es ist eine kleine Stadt. Eugen war
ganz entzückt über die Raumersparniß.

-- Sehen Sie, rief er, hier ist etwas zu lernen für man-
chen, der da meint, es gehe schon ohne das.

Jch pflichtete ihm gern bei; ich sah jetzt recht klar, wie un-
gewöhnliche Dinge ein solches Land hervorzubringen im Stande
sei, wo der Staat selbst in höchster Vollgewalt seiner Rechte sich
des Ganzen und der Theile kräftig und umsichtig annimmt.
Wenn so alle Jndustrien verwaltet werden, muß Unerhörtes er-
zeugt werden. -- Gleichwohl sah ich öfters nach der Uhr, und
ich fand, die sechste Stunde zögere.

Endlich kam sie, und mit dem Glockenschlag trat ich in den
Familiensalon des Walmor'schen Hauses. Jch war etwas be-
klommen; ward es aber noch mehr, als Korilla aufsprang und
mir mit den Worten entgegeneilte: Nun da ist er ja! ich will
ihn empfangen; so kommen Sie doch, William, was stehen Sie
da! hier mir die Hand gereicht, denn heute habe ich die Ehre,
Sie vorzustellen.

-- Mylord William Carisdall, redete mich der würdige
Greis mit ernst freundlichem Tone an, indem er mich bei der
Hand faßte, Mylord, ich bin noch heute froh in Erinnerung des
edlen Empfanges, der mir vor Jahren in England zu Theil
wurde, und so freue ich mich denn, wenn dieses mein Haus
Jhnen nicht mißfällt, wenn diese meine Familie Jhnen den
Aufenthalt in Jkaria angenehm macht. Jch rufe Sie ohne Um-
stände in den Kreis meiner Töchter und Großtöchter, und hier-
mit gebe ich Jhnen keinen kleinen Beweis meiner hohen Achtung,
meiner guten Meinung, die ich von Jhrem Charakter und von
Jhrer Ehre hege. Und ich glaube, Sie werden verzeihen, wenn
diese guten, heiteren Kinder in der Lustigkeit des jugendlichen
Herzens Sie schon jetzt als alten Bekannten behandeln! -- Er
schüttelte mir nochmals die Hand. Die Kinder drängten sich um
mich und begrüßten mich mit Vertraulichkeit. Jch war innerlich
tief bewegt.

-- Dinaros wird heute nicht zu uns kommen, sagte der
junge Walmor, denn er will daheim seine Mutter und Schwester
erwarten. Wollen Sie ihn besuchen?

Jch fand mich gern dazu bereit, und wir machten Miene zu
gehen, da rief die schöne Korilla: So? das ist vortrefflich; man
soll zu Hause sitzen, während der Herr Bruder und der Gast-
freund fortlaufen? -- Hier setzte sie sich den Hut auf das dunkle
Lockenhaar -- und wenn ich und die arme Celine einmal aus-
gehen wollen, läßt man uns allein spazieren! Nicht so, wir be-
gleiten diesmal; Celine, gieb Walmor den Arm, ich führe
[Spaltenumbruch] William heute. -- Und so machten wir uns auf den Weg. Jch
bin sonst etwas schüchtern mit Frauen, aber ich weiß nicht, wie
es zuging, ich fühlte mich ganz wohlgemuth an Korilla's Seite.
Sie war so unschuldig und dabei so geistreich! so frei und dabei
so maßvoll! Jch fand mich sogar kühn genug, ihr zu sagen,
meine Zuneigung und Hochachtung für Walmor und die Familie
überhaupt verdiene zwar, vielleicht von Seiten meiner liebens-
würdigen Gefährtin einige Rücksicht, doch müsse ich gestehen, so
glücklich ich dadurch sei, ich könnte nicht umhin, zu glauben, ich
hätte selbige noch nicht ganz verdient.

Sie lachte herzlich über diese etwas gedrechselte Rede. Jch
verstehe, was Sie meinen, William, sagte sie; es wundert Sie,
daß meine Freundschaft so blitzschnell geht; mit andern Worten,
Sie stutzen ein bischen ob meines hastigen und lauten Wesens?
Nun, beruhigen Sie sich; unsere ikarische Republik weiß auch,
so schlau wie die europäischen Gewalthaber, zu spioniren, und
ich muß es Jhnen geradezu sagen, man hat Sie schon ziemlich
ausgekundschaftet, mein bester Herr Britte, und Sie sind von
Spähern umgeben. Das wollen Sie nicht glauben? Jhr treuer
Begleiter, Jhr John, ist ein schrecklicher Verräther; er hat
unserm Walmor auf Befragen viele Jhrer Missethaten erzählt.
Auch wissen wir auf einem andern Wege, durch den Brief eines
unserer Freunde, der vor einiger Zeit durch einen Theil Englands
reiste, daß Sie ein Verbrecher sind: z. B. wir wissen jetzt, daß
Sie für einige fünfzig Nothleidende daß Hospital gestiftet, wovon
Großvater gestern sprach; wir wissen, daß Sie eine Schule für
die kleinen Mädchen der Armen auf den Jhnen gehörigen Län-
dereien errichtet; wir wissen, daß Jhr Name von dem Munde
der Unglücklichen auf Jhren großen Besitzungen nur mit Liebe
und Achtung ausgesprochen wird, daß er so zu sagen, gesegnet
wird. Und dann, ich selbst unterzog sie am ersten Abende einem
Verhöre, ohne daß Sie etwas merkten, mein Herr; ich habe
herausgebracht, daß Sie Blumen und Kinder und Musik gern
mögen, und dies ist, denke ich, der Beweis einer reinen Seele.
Kurz, wir wissen jetzt, daß Sie ein edles Herz haben, und da
nun in unsern Augen die Güte die beste aller Eigenschaften ist,
und der Großvater Sie achtet und liebt, so sehen wir nicht ein,
weshalb wir nicht auch Sie achten und lieben sollen. Nun ist
wohl Alles abgemacht, Alles verständigt, lassen Sie uns also
nicht weiter davon schwatzen. Uebrigens, hier in dies Haus
gehen wir hinein, hier wohnt Dinaros. Aber wir wollen doch
Walmor und die Schwester abwarten, die sind weit hinter uns;
wir sind merkwürdig schnell gelaufen.

So plauderte die liebenswürdige Jkarierin.

Man stellte mich dem jungen Professor vor; sein Benehmen,
sein Aeußeres, seine Gesichtszüge sagten mir ungemein zu. Auch
war der Empfang, dessen ich mich seinerseits zu erfreuen hatte,
von einer Art, wie ich ihn nicht besser wünschen konnte. Da
die Damen, die er anfänglich zu erwarten beschlossen, erst fol-
genden Tages kommen wollten, begleitete er uns zu Walmor's
Vater.

Wir passirten einen Theil des Stadtviertels, welches den
Namen "Athen" trägt. Mir fiel auf, keinen Laden, kein Maga-
zin, keinen Speicher zu sehen. Jch fragte Walmor, ob das so
in der ganzen Hauptstadt sich verhalte? und bekam zur Antwort:
es sei auch dies wieder eine der Wohlthaten der ikarischen Staats-
organisation, welche keine Privatläden dulde und dadurch dem
Leiden und Kummer der Ladenbesitzer ein glückliches Ende, ein
für alle Male, gesetzt habe. Jn der That, fügte er hinzu, die
Aergernisse und Besorgnisse, welche die Kaufleute in den Privat-
läden zu bestehen haben, sind nicht klein in allen übrigen Län-
dern, und Jkarien mag sich preisen, davon befreit zu sein.

Der Großvater forderte Dinaros auf, mir über die mannig-
[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 175
[Beginn Spaltensatz] eine Maschine das Gesetzte hinunterschafft, und im unteren Raum,
zu ebner Erde, auf die Pressen bringt. Jn jedem Stockwerke
sind drei bis vier Reihen Tische.

Jm unteren Raume befinden sich, wie gesagt, die mechanischen
Pressen.

Links von diesem Gebäude stehen ungeheure andere, in de-
nen Papier, Schwärze und Lettern fabricirt werden; auch ist dort
das Magazin für die Rohstoffe und das verarbeitete Material,
wozu, um es hinzutransportiren, ein eigener Kanal mit Maschi-
nerie vorhanden ist. Ueberhaupt ist die Maschinerie aufs Höchste
getrieben; es werden durch sie an fünfzigtausend Arbeiter ersetzt,
wie wir hörten. Man denke sich, wie viel Mühe, Zeit, Menschen-
kräfte dadurch erspart und für andere Zwecke gesichert werden!
Besondere Maschinen bereiten das Papier und legen es zum
Falzen hin, in eine Werkstatt, die, nebst anderen großartigen Ge-
bäuden, sich rechts befindet, wo die weitere Verarbeitung in
Hefte und Bücher vor sich geht. Dort stehen auch die Nieder-
lagen der fertigen Bücher.

Sämmtliche Werkstätten und Arbeitende sind in diesem
Druckerei=Viertel vereinigt; es ist eine kleine Stadt. Eugen war
ganz entzückt über die Raumersparniß.

— Sehen Sie, rief er, hier ist etwas zu lernen für man-
chen, der da meint, es gehe schon ohne das.

Jch pflichtete ihm gern bei; ich sah jetzt recht klar, wie un-
gewöhnliche Dinge ein solches Land hervorzubringen im Stande
sei, wo der Staat selbst in höchster Vollgewalt seiner Rechte sich
des Ganzen und der Theile kräftig und umsichtig annimmt.
Wenn so alle Jndustrien verwaltet werden, muß Unerhörtes er-
zeugt werden. — Gleichwohl sah ich öfters nach der Uhr, und
ich fand, die sechste Stunde zögere.

Endlich kam sie, und mit dem Glockenschlag trat ich in den
Familiensalon des Walmor'schen Hauses. Jch war etwas be-
klommen; ward es aber noch mehr, als Korilla aufsprang und
mir mit den Worten entgegeneilte: Nun da ist er ja! ich will
ihn empfangen; so kommen Sie doch, William, was stehen Sie
da! hier mir die Hand gereicht, denn heute habe ich die Ehre,
Sie vorzustellen.

— Mylord William Carisdall, redete mich der würdige
Greis mit ernst freundlichem Tone an, indem er mich bei der
Hand faßte, Mylord, ich bin noch heute froh in Erinnerung des
edlen Empfanges, der mir vor Jahren in England zu Theil
wurde, und so freue ich mich denn, wenn dieses mein Haus
Jhnen nicht mißfällt, wenn diese meine Familie Jhnen den
Aufenthalt in Jkaria angenehm macht. Jch rufe Sie ohne Um-
stände in den Kreis meiner Töchter und Großtöchter, und hier-
mit gebe ich Jhnen keinen kleinen Beweis meiner hohen Achtung,
meiner guten Meinung, die ich von Jhrem Charakter und von
Jhrer Ehre hege. Und ich glaube, Sie werden verzeihen, wenn
diese guten, heiteren Kinder in der Lustigkeit des jugendlichen
Herzens Sie schon jetzt als alten Bekannten behandeln! — Er
schüttelte mir nochmals die Hand. Die Kinder drängten sich um
mich und begrüßten mich mit Vertraulichkeit. Jch war innerlich
tief bewegt.

— Dinaros wird heute nicht zu uns kommen, sagte der
junge Walmor, denn er will daheim seine Mutter und Schwester
erwarten. Wollen Sie ihn besuchen?

Jch fand mich gern dazu bereit, und wir machten Miene zu
gehen, da rief die schöne Korilla: So? das ist vortrefflich; man
soll zu Hause sitzen, während der Herr Bruder und der Gast-
freund fortlaufen? — Hier setzte sie sich den Hut auf das dunkle
Lockenhaar — und wenn ich und die arme Celine einmal aus-
gehen wollen, läßt man uns allein spazieren! Nicht so, wir be-
gleiten diesmal; Celine, gieb Walmor den Arm, ich führe
[Spaltenumbruch] William heute. — Und so machten wir uns auf den Weg. Jch
bin sonst etwas schüchtern mit Frauen, aber ich weiß nicht, wie
es zuging, ich fühlte mich ganz wohlgemuth an Korilla's Seite.
Sie war so unschuldig und dabei so geistreich! so frei und dabei
so maßvoll! Jch fand mich sogar kühn genug, ihr zu sagen,
meine Zuneigung und Hochachtung für Walmor und die Familie
überhaupt verdiene zwar, vielleicht von Seiten meiner liebens-
würdigen Gefährtin einige Rücksicht, doch müsse ich gestehen, so
glücklich ich dadurch sei, ich könnte nicht umhin, zu glauben, ich
hätte selbige noch nicht ganz verdient.

Sie lachte herzlich über diese etwas gedrechselte Rede. Jch
verstehe, was Sie meinen, William, sagte sie; es wundert Sie,
daß meine Freundschaft so blitzschnell geht; mit andern Worten,
Sie stutzen ein bischen ob meines hastigen und lauten Wesens?
Nun, beruhigen Sie sich; unsere ikarische Republik weiß auch,
so schlau wie die europäischen Gewalthaber, zu spioniren, und
ich muß es Jhnen geradezu sagen, man hat Sie schon ziemlich
ausgekundschaftet, mein bester Herr Britte, und Sie sind von
Spähern umgeben. Das wollen Sie nicht glauben? Jhr treuer
Begleiter, Jhr John, ist ein schrecklicher Verräther; er hat
unserm Walmor auf Befragen viele Jhrer Missethaten erzählt.
Auch wissen wir auf einem andern Wege, durch den Brief eines
unserer Freunde, der vor einiger Zeit durch einen Theil Englands
reiste, daß Sie ein Verbrecher sind: z. B. wir wissen jetzt, daß
Sie für einige fünfzig Nothleidende daß Hospital gestiftet, wovon
Großvater gestern sprach; wir wissen, daß Sie eine Schule für
die kleinen Mädchen der Armen auf den Jhnen gehörigen Län-
dereien errichtet; wir wissen, daß Jhr Name von dem Munde
der Unglücklichen auf Jhren großen Besitzungen nur mit Liebe
und Achtung ausgesprochen wird, daß er so zu sagen, gesegnet
wird. Und dann, ich selbst unterzog sie am ersten Abende einem
Verhöre, ohne daß Sie etwas merkten, mein Herr; ich habe
herausgebracht, daß Sie Blumen und Kinder und Musik gern
mögen, und dies ist, denke ich, der Beweis einer reinen Seele.
Kurz, wir wissen jetzt, daß Sie ein edles Herz haben, und da
nun in unsern Augen die Güte die beste aller Eigenschaften ist,
und der Großvater Sie achtet und liebt, so sehen wir nicht ein,
weshalb wir nicht auch Sie achten und lieben sollen. Nun ist
wohl Alles abgemacht, Alles verständigt, lassen Sie uns also
nicht weiter davon schwatzen. Uebrigens, hier in dies Haus
gehen wir hinein, hier wohnt Dinaros. Aber wir wollen doch
Walmor und die Schwester abwarten, die sind weit hinter uns;
wir sind merkwürdig schnell gelaufen.

So plauderte die liebenswürdige Jkarierin.

Man stellte mich dem jungen Professor vor; sein Benehmen,
sein Aeußeres, seine Gesichtszüge sagten mir ungemein zu. Auch
war der Empfang, dessen ich mich seinerseits zu erfreuen hatte,
von einer Art, wie ich ihn nicht besser wünschen konnte. Da
die Damen, die er anfänglich zu erwarten beschlossen, erst fol-
genden Tages kommen wollten, begleitete er uns zu Walmor's
Vater.

Wir passirten einen Theil des Stadtviertels, welches den
Namen „Athen“ trägt. Mir fiel auf, keinen Laden, kein Maga-
zin, keinen Speicher zu sehen. Jch fragte Walmor, ob das so
in der ganzen Hauptstadt sich verhalte? und bekam zur Antwort:
es sei auch dies wieder eine der Wohlthaten der ikarischen Staats-
organisation, welche keine Privatläden dulde und dadurch dem
Leiden und Kummer der Ladenbesitzer ein glückliches Ende, ein
für alle Male, gesetzt habe. Jn der That, fügte er hinzu, die
Aergernisse und Besorgnisse, welche die Kaufleute in den Privat-
läden zu bestehen haben, sind nicht klein in allen übrigen Län-
dern, und Jkarien mag sich preisen, davon befreit zu sein.

Der Großvater forderte Dinaros auf, mir über die mannig-
[Ende Spaltensatz]

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Dort stehen auch die Nieder- lagen der fertigen Bücher. Sämmtliche Werkstätten und Arbeitende sind in diesem Druckerei=Viertel vereinigt; es ist eine kleine Stadt. Eugen war ganz entzückt über die Raumersparniß. — Sehen Sie, rief er, hier ist etwas zu lernen für man- chen, der da meint, es gehe schon ohne das. Jch pflichtete ihm gern bei; ich sah jetzt recht klar, wie un- gewöhnliche Dinge ein solches Land hervorzubringen im Stande sei, wo der Staat selbst in höchster Vollgewalt seiner Rechte sich des Ganzen und der Theile kräftig und umsichtig annimmt. Wenn so alle Jndustrien verwaltet werden, muß Unerhörtes er- zeugt werden. — Gleichwohl sah ich öfters nach der Uhr, und ich fand, die sechste Stunde zögere. Endlich kam sie, und mit dem Glockenschlag trat ich in den Familiensalon des Walmor'schen Hauses. 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Und ich glaube, Sie werden verzeihen, wenn diese guten, heiteren Kinder in der Lustigkeit des jugendlichen Herzens Sie schon jetzt als alten Bekannten behandeln! — Er schüttelte mir nochmals die Hand. Die Kinder drängten sich um mich und begrüßten mich mit Vertraulichkeit. Jch war innerlich tief bewegt. — Dinaros wird heute nicht zu uns kommen, sagte der junge Walmor, denn er will daheim seine Mutter und Schwester erwarten. Wollen Sie ihn besuchen? Jch fand mich gern dazu bereit, und wir machten Miene zu gehen, da rief die schöne Korilla: So? das ist vortrefflich; man soll zu Hause sitzen, während der Herr Bruder und der Gast- freund fortlaufen? — Hier setzte sie sich den Hut auf das dunkle Lockenhaar — und wenn ich und die arme Celine einmal aus- gehen wollen, läßt man uns allein spazieren! Nicht so, wir be- gleiten diesmal; Celine, gieb Walmor den Arm, ich führe William heute. — Und so machten wir uns auf den Weg. Jch bin sonst etwas schüchtern mit Frauen, aber ich weiß nicht, wie es zuging, ich fühlte mich ganz wohlgemuth an Korilla's Seite. Sie war so unschuldig und dabei so geistreich! so frei und dabei so maßvoll! Jch fand mich sogar kühn genug, ihr zu sagen, meine Zuneigung und Hochachtung für Walmor und die Familie überhaupt verdiene zwar, vielleicht von Seiten meiner liebens- würdigen Gefährtin einige Rücksicht, doch müsse ich gestehen, so glücklich ich dadurch sei, ich könnte nicht umhin, zu glauben, ich hätte selbige noch nicht ganz verdient. Sie lachte herzlich über diese etwas gedrechselte Rede. Jch verstehe, was Sie meinen, William, sagte sie; es wundert Sie, daß meine Freundschaft so blitzschnell geht; mit andern Worten, Sie stutzen ein bischen ob meines hastigen und lauten Wesens? Nun, beruhigen Sie sich; unsere ikarische Republik weiß auch, so schlau wie die europäischen Gewalthaber, zu spioniren, und ich muß es Jhnen geradezu sagen, man hat Sie schon ziemlich ausgekundschaftet, mein bester Herr Britte, und Sie sind von Spähern umgeben. Das wollen Sie nicht glauben? Jhr treuer Begleiter, Jhr John, ist ein schrecklicher Verräther; er hat unserm Walmor auf Befragen viele Jhrer Missethaten erzählt. Auch wissen wir auf einem andern Wege, durch den Brief eines unserer Freunde, der vor einiger Zeit durch einen Theil Englands reiste, daß Sie ein Verbrecher sind: z. B. wir wissen jetzt, daß Sie für einige fünfzig Nothleidende daß Hospital gestiftet, wovon Großvater gestern sprach; wir wissen, daß Sie eine Schule für die kleinen Mädchen der Armen auf den Jhnen gehörigen Län- dereien errichtet; wir wissen, daß Jhr Name von dem Munde der Unglücklichen auf Jhren großen Besitzungen nur mit Liebe und Achtung ausgesprochen wird, daß er so zu sagen, gesegnet wird. Und dann, ich selbst unterzog sie am ersten Abende einem Verhöre, ohne daß Sie etwas merkten, mein Herr; ich habe herausgebracht, daß Sie Blumen und Kinder und Musik gern mögen, und dies ist, denke ich, der Beweis einer reinen Seele. Kurz, wir wissen jetzt, daß Sie ein edles Herz haben, und da nun in unsern Augen die Güte die beste aller Eigenschaften ist, und der Großvater Sie achtet und liebt, so sehen wir nicht ein, weshalb wir nicht auch Sie achten und lieben sollen. Nun ist wohl Alles abgemacht, Alles verständigt, lassen Sie uns also nicht weiter davon schwatzen. Uebrigens, hier in dies Haus gehen wir hinein, hier wohnt Dinaros. Aber wir wollen doch Walmor und die Schwester abwarten, die sind weit hinter uns; wir sind merkwürdig schnell gelaufen. So plauderte die liebenswürdige Jkarierin. Man stellte mich dem jungen Professor vor; sein Benehmen, sein Aeußeres, seine Gesichtszüge sagten mir ungemein zu. Auch war der Empfang, dessen ich mich seinerseits zu erfreuen hatte, von einer Art, wie ich ihn nicht besser wünschen konnte. Da die Damen, die er anfänglich zu erwarten beschlossen, erst fol- genden Tages kommen wollten, begleitete er uns zu Walmor's Vater. Wir passirten einen Theil des Stadtviertels, welches den Namen „Athen“ trägt. Mir fiel auf, keinen Laden, kein Maga- zin, keinen Speicher zu sehen. Jch fragte Walmor, ob das so in der ganzen Hauptstadt sich verhalte? und bekam zur Antwort: es sei auch dies wieder eine der Wohlthaten der ikarischen Staats- organisation, welche keine Privatläden dulde und dadurch dem Leiden und Kummer der Ladenbesitzer ein glückliches Ende, ein für alle Male, gesetzt habe. Jn der That, fügte er hinzu, die Aergernisse und Besorgnisse, welche die Kaufleute in den Privat- läden zu bestehen haben, sind nicht klein in allen übrigen Län- dern, und Jkarien mag sich preisen, davon befreit zu sein. Der Großvater forderte Dinaros auf, mir über die mannig-

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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 25. Juli 1874, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0704_1874/3>, abgerufen am 21.11.2024.